Wieso immer ich? - Dörte Müller - E-Book

Wieso immer ich? E-Book

Dörte Müller

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Beschreibung

„Guten Morgen, hier Radio NRW, wen spreche ich?“ „Elke, Elke Herbst!“, rufe ich aufgeregt in den Hörer. Ich kann es gar nicht fassen. Ich bin durchgekommen. Schweißperlen treten auf meine Stirn. „Elke, gleich spielen wir mit dir eine Runde und du hast die große Chance, eine Reise nach Sydney zu gewinnen! Erzähl uns etwas über dich!“ „Ich, ich bin Elke Herbst, 53 Jahre, verheiratet, unser Sohn studiert in Köln, ich wohne in Düsseldorf, Mörsenbroich, ganz dicht am Mörsenbroicher Ei, das kennt man ja aus den Verkehrsnachrichten!“ Mein Gott, was erzähle ich für einen Blödsinn! Tausend Leute hören mir jetzt zu! Ich fasse es nicht. Ich vermassele wieder alles. Ulrich hat schon recht, wenn er immer sagt, dass ich nichts auf die Reihe kriege. „Elke, du bist witzig, ja, das Mörsenbroicher Ei erinnert uns an Ostern, das ja bald vor der Tür steht. Jetzt lass uns spielen. Pass auf, hier kommt deine Frage: Die wilden Hunde Australiens, sind das die a)Bingos oder b)Dingos?“ Ich bin so aufgeregt wie noch nie in meinem Leben. Die Frage ist einfach, ich kann es schaffen. Ich weiß, es sind die Dingos, das weiß doch jedes Kind. Jetzt keinen Fehler machen, wieso sage ich die Antwort nicht einfach? Doch meine Zunge ist wie gelähmt. In meinem Kopf schwirrt es herum: Dingos, Bingos, Dingos, Bingos. Ich werde noch wahnsinnig. Wieso habe ich vom Mörsenbroicher Ei erzählt? „Elke, bist du noch in der Leitung? Du hast noch 6 Sekunden. Sind es die Bingos oder die Dingos?“ „Bingos!“, höre ich mich sagen. Dann erschallt eine traurige Trompete. „Schade, Elke, du hast die Reise nicht gewonnen. Es sind natürlich die Dingos. Aber bleib in der Leitung, du bekommt noch ein Frühstücksbrett mit dem Logo unseres Senders!

 

Wieso immer ich? Diese Frage stellen sich die Protagonisten in diesem Kurzgeschichtenband. Viel Freude beim Lesen!

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Veröffentlichungsjahr: 2017

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Dörte Müller

Wieso immer ich?

Kurzgeschichten aus dem Alltag

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Das Drama im Badezimmer

 

Wer unter die Oberfläche dringt,

tut es auf eigene Gefahr.

(Oscar Wilde)

 

 

 

 Ich sitze auf den eisigen Fliesen im Badezimmer und heule. Wie ein Häufchen Elend sitze ich da. Ungeschminkt und ausgelaugt. Ich möchte gar nicht wissen, wie ich jetzt aussehe. Doch der Anblick im Spiegel ist mir glücklicherweise verwehrt. Ich, Pauline Kaufmann, 40 Jahre alt, Einzelhandelskauffrau, sitze hier in meinem Badezimmer wie eine irre Gestalt aus einer Tragikkomödie von Pedro Almodóvar. Dass es einmal so weit mit mir kommen würde ... Die Kälte kriecht mir den Rücken hoch und legt sich um mich wie ein schwerer Mantel. Ich spüre, wie sich eine Gänsehaut über den ganzen Körper ausbreitet. Eine unsichtbare eisige Hand scheint mir die Kehle zuzudrücken. Ich schluchze. Die Tränen sprudeln mir nur so aus den Augen und laufen an meinen Wangen herunter wie wahre Sturzbäche. Alles scheint vor meinen Augen zu verschwimmen. Nebel, überall weißer Nebel. Ich fühle mich wie auf Tauchstation. Immer tiefer zieht mich der Sog, alles dreht sich in meinem Kopf. Ich kann nicht mehr klar denken, schon lange nicht mehr. Doch das Weinen und Wimmern bringt mich auch nicht weiter. Was für ein schrecklicher Tag ... Freitag der 13.! Ich hätte es ahnen können, doch abergläubisch bin ich eigentlich noch nie gewesen. Bis zu dem heutigen Tag.

Wieso ist das gerade mir passiert? Wieso mir? Aber diese Frage stellt sich wohl jeder in meiner Situation. Hätte ich es verhindern können? Wieso war es ausgerechnet heute passiert? Habe ich in meinem früheren Leben etwas verbrochen und muss jetzt dafür büßen? Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll. Ich kann in diesem Zustand unmöglich auf die Straße, kann nicht zur Arbeit fahren, kann eigentlich gar nichts.

Dabei war heute Morgen alles noch so normal, so schön ... alles war in Ordnung. Toast in der Küche, der frisch gebrühte Kaffee, ...

Plötzlich sieht die Welt ganz anders aus – Ich schniefe vor mich hin. Tausend Fragen gehen mir durch den Kopf: Wann ist es passiert? Warum ist es passiert? Wie ist es passiert? Und vor allen Dingen: Wo ist es passiert? Das „Wo“ interessiert mich jetzt am meisten ... Doch so sehr ich mir das Hirn zermürbe: Ich komme einfach nicht drauf. Wahnsinn! Wo ist es bloß passiert? Ich schlage mir meine geballten Fäuste an die Stirn. Wo ist es passiert? Im Schlafzimmer? Auf dem Flur? In der Küche? „Denk` nach, Pauline, denk nach!“, schießt es mir durch den Kopf. Am liebsten würde ich mir jetzt selber durch den Kopf schießen ... Es kann praktisch überall passiert sein. Die Lage ist aussichtslos. Ich hasse mich selber dafür. Warum kann ich nicht besser aufpassen? Ich habe selber Schuld an der Misere. Ich versuche mich zu beruhigen und atme tief ein und aus. Das hilft ein wenig. Ich denke an meinen Yogakurs und versuche zu entspannen. Dann krabbele ich auf allen Vieren auf dem Boden entlang und stoße mich an dem Unterbauschrank. Das wird ein Horn geben. Auch das noch. Aber das ist das kleinere Übel. Ich stelle fest: So komme ich nicht weiter. Es hat alles keinen Zweck.

Schließlich bin ich an der Tür angelangt. Irgendwie. Ich taste nach vorne. Ja, das muss die Tür sein. Mit letzter Kraft ziehe ich mich hoch und öffne sie.

Dann brülle ich los, meine Stimme überschlägt sich: „Hans - Jürgen, hol` mir mal meine Brille, ich habe die verdammten Kontaktlinsen verloren!“