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Informatives Kompendium für naturinteressierte Menschen, die mehr wissen möchten über die vielen Wildpflanzen, die man auf der Schwäbischen Alb fast das ganze Jahr über in Wald und Flur, an Weges- und Feldrändern finden kann. Detailreiche Zeichnungen und genaue Beschreibungen der einzelnen Pflanzen werden ergänzt von Fotos, Hinweisen zu Sammelzeiten sowie Inhaltsstoffen, Tipps zur Anwendung in Haus und Garten und zur medizinischen Bedeutung. Wissenswertes und Interessantes aus Volksglauben und Erfahrungsmedizin runden das Ganze ab.
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Seitenzahl: 81
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BRIGITTE WALDE-FRANKENBERGERPAUL WALDE
Vorwort
FRÜHJAHR
Gundelrebe
Löwenzahn
Birke
Brennnessel
Hirtentäschel
Schafgarbe
Spitzwegerich
Gänsefingerkraut
SOMMER
Baldrian
Hopfen
Johanniskraut
Beinwell
Ackerschachtelhalm
Eibisch
Hauhechel oder Dornige Hauhechel
Thymian
HERBST
Bärentraube
Beifuß
Wildrose
Holunder
Blutwurz oder Tormentill
Wacholder
Wegwarte
Weißdorn
Wildapfel
ANHANG
Gundelrebe
Löwenzahn
Birke
Brennnessel
Hirtentäschel
Schafgarbe
Spitzwegerich
Gänsefingerkraut
Baldrian
Hopfen
Johanniskraut
Beinwell
Ackerschachtelhalm
Eibisch
Hauhechel
Thymian
Bärentraube
Beifuß
Wildrose
Holunder
Blutwurz
Wacholder
Wegwarte
Weißdorn
Wildapfel
Der Duft von Wacholder liegt in der Luft. Es ist der Duft der Schwäbischen Alb, dieser rauen, eigenwilligen Landschaft, die geprägt ist von Steinen, Felsen, kargen Böden und längst erloschenen Vulkanen. Auf den Wacholderheiden und mageren Wiesen weiden genügsame Schafe. Denn die Schwäbische Alb ist immer eine ländliche Region geblieben.
Wegen seiner geologischen Besonderheiten ist das Land auch dünn besiedelt. Und die Luft ist hier oben immer herber als anderswo, der Wind weht ungehindert darüber hinweg.
Die Schwäbische Alb hat ihre Ursprünglichkeit bewahrt. Sie hat einen ganz besonderen Zauber, eine liebenswerte Individualität, der man sich nicht entziehen kann. Und in der Abgeschiedenheit dieser Landschaft können Wildpflanzen unbehelligt wachsen. Auf der Schwäbischen Alb gedeihen heute wieder Blumenwiesen wie vor 100 Jahren, mit Glockenblume, Katzenpfötchen, Ochsenauge, Salbei, Küchenschelle, Hahnenfuß, Enzian, Hauhechel, Hirtentäschelkraut …
An den Bachläufen finden wir Sumpfherzblatt, Liliengewächse und die selten gewordene Sumpfdotterblume, die auch oben im Schopflocher Hochmoor wächst. Und all die vielen Pflanzen locken Insekten, Bienen, Hummeln und Schmetterlinge, Vögel und anderes Kleingetier an, mit denen sie eine Lebensgemeinschaft bilden. Eine heile Welt. Und es scheint, als finde hier eine sanfte Revolution gegen das Artensterben statt.
Die Wildkräuter und -früchte, die der Wanderer hier findet, haben universelle Kräfte, die längst nicht ausgeschöpft sind. Mit ihnen verfügen wir über enorme Ressourcen, denn sie wachsen stetig nach, mit einer bewundernswerten Beharrlichkeit und Anpassungsfähigkeit.
Die UNESCO hat 2009 die Region als »Biosphärengebiet Schwäbische Alb« ausgewiesen, als »eine gewachsene Kulturlandschaft, die weltweit einmalig ist und die es für zukünftige Generationen zu bewahren gilt«.
Erdenkränzlein, Guck-durch-den-Zaun, Donnerrebe, Erdefeu, Zickelkräutchen
WIRKSTOFFE: Gerbstoffe, ätherisches Öl, der Bitterstoff Glechomin, organische Säuren, viel Vitamin C, Saponine, Mineralstoffe.
VERWENDUNG: Erkrankungen der Atemwege, Appetitlosigkeit, Magenverstimmung. Für Galle, Leber und Niere.
EIGENSCHAFTEN: Schleimlösend, blutreinigend, entschlackend, verdauungsfördernd, appetitanregend, harntreibend, entzündungshemmend.
Die Frühjahrsblüher sind da. Beim Spaziergang durch Wald und Wiese zeigen sich Schlüsselblume, Veilchen und Buschwindröschen, Wiesenschaumkraut und Scharbockskraut, Taubnessel und Ehrenpreis. Die zartblauen Blüten der Gundelrebe leuchten aus dem Wiesengrund hervor. Guck-durch-den-Zaun oder Erdenkränzlein wird die Gundelrebe im Volksmund liebevoll genannt. Die Pflanze ist ein Lippenblütler. Sie kann bis 20 Zentimeter groß werden. Meist einen Teppich bildend wächst sie efeugleich auf nährstoffreicher, feuchter und lockerer Erde. Wir finden sie an Zäunen und Mauern, an Hecken und Wegen, auf Wiesen und in Auwäldern. Klein und kraftvoll von Gestalt blüht die Gundelrebe in den Monaten April bis Juni.
Im 16. und 17. Jahrhundert war ein Infus der Gundelrebe ein beliebtes Getränk armer Leute, das auf den Straßen feilgeboten wurde. Gesüßt mit Zucker, Honig oder Lakritze galt der Tee als hilfreich und stärkend bei nicht ausgeheiltem Husten und bei Schwindsucht. Und noch im vergangenen Jahrhundert nutzten Büchsenmacher und Maler die entgiftende Kraft der Gundelrebe: Um das giftige Blei aus dem Körper auszuschwemmen, tranken sie regelmäßig Gundelrebentee.
Glechoma hederacea
In der altgermanischen Mythologie war die Gundelrebe Donar geweiht, dem Gewitter- und Donnergott, dem Gott der Fruchtbarkeit und Potenz. Sie galt als ein antidämonisches Kraut. Und mit einem Kranz aus Gundelreben schützte man sich gegen Gewitter, Blitz und Zauberei.
In der Heilkunde verwendet man das ganze blühende Kraut. Man erntet es in den Monaten April bis Juni. Dabei schneidet man die Pflanze ab und hängt sie in kleinen Sträußen »kopfunter« zum Trocknen auf. Die würzigen, ölhaltigen Blättlein können das ganze Jahr über gesammelt und frisch verwendet werden.
Die Gundelrebe ist ein Vielheiler. Mit den Licht- und Wärmekräften der Frühlingssonne löst sie erstarrte Prozesse wie chronisch gewordene Atemwegserkrankungen des Winters, Husten, Rachenkatarrh, Bronchitis, leichtes Bronchialasthma und Schnupfen, aber auch Magen- und Darmkatarrhe. »Gund« ist das altgermanische Wort für Geschwür, Gift. In der Volksheilkunde wird die Pflanze auch heute noch bei schlecht heilenden Wunden und Geschwüren äußerlich gebraucht. Als Mittel gegen Melancholie und Lethargie wurde das getrocknete Kraut früher dem Schnupftabak beigefügt.
Hildegard von Bingen (ca. 1098–1179) weist auf die Heilwirkung bei Brust-, Lungen- und Hautleiden hin. Ebenso bei Magenverstimmung und Gelbsucht, bei Galle-, Leber- und Nierenbeschwerden. Der Arzt Tabernaemontanus (ca. 1522–1590) empfiehlt die Gundelrebe als Mittel zur Schärfung des Gehörs: »Gundelrebensaft in die Ohren getan bringt das verlorene Gehör zurück, und ist auch gut wider das Zahnweh.«
Eine aus frischen Pflanzen zubereitete Tinktur wird zur Behandlung von Bronchialkatarrhen, Asthma und gewissen Darmerkrankungen verwendet.
HEILSAMES WUNDÖL: In den Monaten Juni/Juli die frischen Blätter sammeln. Ein Schraubglas zu einem Drittel mit den Blättern füllen, diese dabei fest zusammenpressen und an die Sonne stellen. Nach einigen Tagen bildet sich eine helle Flüssigkeit, die sich am Boden sammelt. Diese seihen wir vorsichtig ab und bewahren sie an einem dunklen Ort auf.
BEI ISCHIAS UND GICHT: Für ein Bad nehmen wir 5 Handvoll Gundelrebenkraut, frisch oder getrocknet, und kochen es in 5 Liter Wasser ca. 10 Minuten bei geschlossenem Topf. Danach seihen wir ab und fügen die Flüssigkeit dem Badewasser zu.
Kuhblume, Wiesenlattich, Dotterblume, Pusteblume, Sonnenwirbel, Kettenblume, Pfaffenkraut, Mönchskopf, Bettpisserle
WIRKSTOFFE: Vitamine, Bitterstoffe, Triterpene, Sterole, Flavonoide, Gerbstoffe, Mineralstoffe, ätherisches Öl, Schleimstoffe, Fructose, Glykoside.
MEDIZINISCHE VERWENDUNG: Für Leber, Blut, Niere und Blase.
EIGENSCHAFTEN: Leberwirksam, galletreibend, harntreibend, stoffwechselfördernd, verdauungsfördernd, appetitanregend, regenerierend, reinigend.
Uns allen ist er vertraut, der bescheidene Löwenzahn. Im Frühjahr, wenn die Natur erwacht, blüht er mit seinen dottergelben Blüten tausendfach auf unseren Wiesen. Man nennt ihn Löwenzahn, weil die Zähnung der Blätter an das Gebiss eines Raubtiers erinnert. Und auch, weil die Pflanze über große therapeutische Kräfte – über Löwenkräfte – verfügt. Mehr als 500 Volksnamen bezeugen liebevoll die Volkstümlichkeit der Pflanze. Die zahlreichen Samen, als Fallschirme vom Winde verweht, keimen dank ihrer Lebenskraft fast überall. In Mauerritzen, Steinfugen, auf feuchten Äckern und Wiesen, an trockenen Wegrändern.
Der Löwenzahn gehört zur Familie der Korbblütler. Er kann bis zu 50 Zentimeter hoch werden und blüht vom Frühjahr bis zum Herbst. Dabei kennt die Pflanze keine Winterruhe, sondern treibt auch in der kalten Jahreszeit Blätter. Sie wächst in ganz Europa.
Taraxacum officinale
Als Frühjahrsblüher gehörte der Löwenzahn zu den Kultpflanzen der Germanen. Diese waren neben ihm: Gundelrebe, Brennnessel, Brunnenkresse, Sauerampfer, Bibernelle, Schafgarbe, Spitzwegerich, Scharbockskraut und Gänseblümchen.
In den Monaten April und Mai pflücken wir die noch zarten Blätter. Die Blüten ernten wir, wenn sie noch nicht voll entfaltet sind. Blätter und Blüten werden auf Holzrosten oder auf mit saugfähigem Papier ausgelegten Tabletts getrocknet. Im Herbst stechen wir die Wurzeln aus und hängen sie gereinigt und gebündelt zum Trocknen auf.
Das bedeutende Heilkraut wird von den großen Ärzten des Mittelalters gelobt. Der Arzt Tabernaemontanus (ca. 1522–1590) zum Beispiel nannte Saft und Wurzel »eine gebenedeyte Arzney«. Sie galt als Mittel gegen Wassersucht, Milz- und Leberleiden, Gicht, Lungenbluten und vor allem auch als Mittel bei Augenleiden.
Heute werden Blätter, Blüten und Wurzeln der Pflanze wissenschaftlich-medizinisch und in der Volksheilkunde gleichermaßen verwendet. So nimmt man den Löwenzahn bei Leberleiden und bei Stoffwechselstörungen. Er ist ein wertvolles Mittel bei Rheuma und Gicht, bei Zuckerkrankheit und Fettsucht. Als ein Amarum, ein Bittermittel, regt der Löwenzahn Galle und Leber, den Magen und die Bauchspeicheldrüse an. Nicht umsonst sagt der Volksmund: »Bitter im Mund, für den Magen gesund.«
Ganz besonders beliebt ist der Löwenzahn als blutreinigende und regenerierende Frühjahrskur. Und als ein Diuretikum, ein harntreibendes Mittel, regt er die Nieren an und fördert die Ausscheidung, weshalb er im Volksmund auch »Bettpisserle« heißt.
Das Mittel »Taraxum« wird bei Appetitlosigkeit, Magenbeschwerden, bei Leber- und Nierenleiden mit häufigem Harndrang gegeben. Auch bei Antriebsschwäche, Gallenbeschwerden und bei gallebedingten Kopfschmerzen.
Die vitalstoffreichen Löwenzahnblätter sind im Frühjahr als Salat oder Gemüse gesund. Löwenzahnknospen, als »falsche Kapern« eingelegt, sind im Winter eine Bereicherung unseres Speisezettels.
TEE ZUR ENTSCHLACKUNG: Ein wichtiges Anwendungsgebiet ist die Entschlackung in der Frühjahrskur. Eine solche Kur dauert 4 bis 6 Wochen. Dazu muss man zweimal täglich eine Tasse Tee trinken.
ZUBEREITUNG: 1–2 TL geschnittene, getrocknete Blätter und Wurzeln werden mit ¼ Liter kaltem Wasser übergossen, erhitzt und 1 Minute lang gekocht. Dann wird nach 10 Minuten abgeseiht.
Besenbirke, Harzbirke, Maibirke, Frühlingsbaum, Weißbirke
WIRKSTOFFE: Flavonoide, ätherische Öle, Harze, Bitterstoffe, Gerbstoffe, Saponine, Vitamin C. Der Saft enthält zusätzlich viel Zucker.
MEDIZINISCHE VERWENDUNG: Durchspülung der Harnwege. Bei Stoffwechselerkrankungen und Hautkrankheiten.
EIGENSCHAFTEN: Stoffwechselanregend, blutreinigend, galletreibend, harntreibend, stärkend. Wirkt antidepressiv.
Die lichte Birke gilt von alters her als Frühlingsbringerin. Der Name »Birke« stammt aus dem Indogermanischen und bedeutet glänzend, schimmernd. Birke und Espe sind die ältesten nacheiszeitlichen Bäume mit hoher kultischer Bedeutung. Mit ihrem schneeweißen, glänzenden Stamm, ihrer Vielzahl an heilenden und nährenden Kräften wurde die Birke von Kelten und Germanen als heiliger Baum verehrt und der keltischen Frühlingsgöttin Brigid, der Göttin des Lichts, der Reinheit und des Neubeginns geweiht.