Wohnungseigentumsrecht für Praktiker - Michael Schmuck - E-Book

Wohnungseigentumsrecht für Praktiker E-Book

Michael Schmuck

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Beschreibung

Die 3. Auflage berücksichtigt die WEG-Reform 2020. Komplizierte juristische Zusammenhänge kurz und bündig darzustellen ist auch in der Neuauflage wieder das Motto. Erläutert werden die alltäglichen Fragen des Wohnungseigentums anhand von Beispielen prägnant und anschaulich. Eingegangen wird dabei vor allem auf die Formalien der WEG-Verwaltung, vor allem auf die Beschlüsse der Eigentumsversammlungen, die neue Möglichkeit der virtuellen Teilnahme, die neuen, erforderlichen Mehrheiten, die Abstimmungsmodalitäten und die Vertretungs- und Beschlussvollmachten. Gerade zu Formalien der WEG haben die Gerichte in den vergangenen Jahren einige neue, wichtige Entscheidungen getroffen. Diese Rechtsprechung fließt in die vielen Tipps, Muster und Erläuterungen ein. Auch das beliebte Glossar ist aktualisiert und erweitert.

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Wohnungseigentumsrecht für Praktiker

Leitfaden für Käufer, Eigentümer,Verwalter, Planer und Anwälte

von

Michael SchmuckRechtsanwalt und Journalist, Berlin

unter Mitarbeit von

Rainer SchonsRechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht sowie für Baurecht

Mit Grafiken von Jan Hagen Philipps.

3. aktualisierte Auflage

Verlag W. Kohlhammer

3. Auflage 2023

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-038994-6

E-Book-Formate:

pdf: ISBN 978-3-17-038995-3

epub: ISBN 978-3-17-038996-0

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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Die 3. Auflage berücksichtigt die WEG-Reform 2020. Komplizierte juristische Zusammenhänge kurz und bündig darzustellen ist auch in der Neuauflage wieder das Motto.

Erläutert werden die alltäglichen Fragen des Wohnungseigentums anhand von Beispielen prägnant und anschaulich. Eingegangen wird dabei vor allem auf die Formalien der WEG-Verwaltung, vor allem auf die Beschlüsse der Eigentumsversammlungen, die neue Möglichkeit der virtuellen Teilnahme, die neuen, erforderlichen Mehrheiten, die Abstimmungsmodalitäten und die Vertretungs- und Beschlussvollmachten. Gerade zu Formalien der WEG haben die Gerichte in den vergangenen Jahren einige neue, wichtige Entscheidungen getroffen. Diese Rechtsprechung fließt in die vielen Tipps, Muster und Erläuterungen ein. Auch das beliebte Glossar ist aktualisiert und erweitert.

Michael Schmuck, Rechtsanwalt, Journalist und WEG-Verwalter.

Vorwort

Liebe Wohnungskäuferinnen und -käufer, Verkäuferinnen und Verkäufer, Verwalterinnen und Verwalter, Anwältinnen und Anwälte, Notarinnen und Notare,*

das ist nun schon die dritte Auflage des Praxisleitfadens. Für Sie, die Sie in der Praxis mit Eigentumswohnungen zu tun haben, ist dieses Buch geschrieben. Wieder biete ich Ihnen praktische Tipps und möglichst einfache Lösungen zu den typischen Problemen des Wohnungs­eigentums – auch, wenn manche praxisfernen, skurrilen Urteile das erschweren.

Seit Dezember 2020 gibt es viele neue Regelungen im Wohnungseigentumsgesetz. Das neue Gesetz ist etwas unübersichtlich geworden; vieles ist nun über viele Paragrafen verstreut, obwohl es sachlich zusammengehört. Die Handhabung ist unpraktisch. Die Folge dieses Durch­ein­anders ist, dass Teile des Buches anders gegliedert und umgestellt werden mussten. Darum hat es auch etwas gedauert mit der Neuauflage.

Auch wenn einige wichtige Punkte bei der Versammlung, der Verwaltung, der Rechtsform der WEG, der Vertretung und den Mehrheiten verändert wurden, so werden doch die meisten Eigentümer im Alltag des Wohnungs­eigen­tums wenig davon bemerken. Das meiste bleibt in der Hand des Ver­walters, der nun allerdings mehr Macht hat. Bei Abstimmungen in den Versammlungen wird es aber deutlich: Die Eigen­tümer können zum Beispiel nun auch virtuell an einer Versammlung teilnehmen, es gibt keine Mindest­teilnehmerzahl mehr. Und Bauprojekte können leichter beschlossen werden. Die wichtigsten Änderungen für die Praxis finden Sie gleich zu An­fang des Buches aufgelistet. Eine ganz wichtige Änderung hat der Gesetzgeber vergessen: Den Verwalter als ein „Muss“ einzuführen. Noch immer kann es verwalterlose Gemein­schaften geben. Das ist im doppelten Sinne verant­wortungs­los.

Probleme mit dem Wohnungseigentum beginnen nicht erst nach dem Kauf; schon eine falsche Auswahl und eine fehlerhafte Finan­zie­rung können Spätfolgen haben, die zu viel Ärger führen und in letzter Konsequenz zum Verkauf oder gar zur Ver­steigerung der einstigen Traumwohnung. Auch Beziehungen und das Familienleben können darunter leiden, dass die Wohnung über­stürzt ausgewählt wurde. Daran müssen Käufer denken; aber auch Anwälte und Notare sollten solche Pro­ble­me beachten, wenn sie beraten und einen Kaufvertrag entwerfen.

Zunächst führe ich den potenziellen Käufer und dabei auch den Verkäufer und deren Berater in die Fragen bei Auswahl und Kauf ein: Worauf muss man achten, wenn man sich entschließt, eine Eigentumswohnung zu kaufen? Sei es, um sie selbst zu bewohnen oder um sie zu vermieten. Dann folgen eine praxisorientierte Darstellung der wichtigsten Probleme im Alltag der Wohnungseigentümer und eine Erläuterung der Begriffe des Wohnungseigentums. Dabei behandele ich nicht alle Detail­probleme; denn oft haben beinah „mikroskopische“ Betrachtungen ausschließlich akademischen Wert oder sind so ver­worren, dass selbst Fachleute daran verzweifeln.

Vielfach sind gerade wichtige praktische Fragen nicht Bestandteil der rechtlichen Betrachtung, spielen aber eine große Rolle für die Wohnungseigentümer. Aus juristischer Sicht können zum Beispiel Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung der Wohnungseigentumsgemeinschaft völlig in Ordnung sein, aber es stecken erhebliche praktische Probleme darin, etwa Um­bau­rechte oder Nutzungsrechte anderer Eigentümer, die die Nutzung der Eigentumswohnung be­schrän­ken. Darum sollten Käufer dringend einen Blick in die Gemeinschaftsordnung werfen.

Ein anderer Punkt sind Streitigkeiten innerhalb einer Wohnungseigentumsgemeinschaft. Wenn Wohnungseigentümer sich in die Haare kriegen, kann das – wie bei allen Nachbarschaftsstreitigkeiten – zu erbitterten, jahrelangen juristischen Aus­ein­ander­setzungen führen. So hat der Bundesgerichtshof zum Beispiel nach 15 Jahren einen Streit um einen Heckenrückschnitt be­endet.1 Auch um eine Kamera im Klingeltableau am Hauseingang wurde bis zum BGH gestritten.2 Das Landgericht Köln musste als 2. Instanz über die gerechte Verteilung von vier Fahrradwandhaken unter vier Wohneinheiten befinden.3 Und selbst­verständlich musste auch der Streit um einen Gartenzwerg entschieden werden.4 Der Rechtsweg ist meist der schlech­tere Weg. Dieses Buch gibt Tipps, wie Streitigkeiten ohne Gerichte beigelegt oder gemildert werden können. Es stellt das Wohnungseigentumsrecht aus Sicht der Praktiker dar, sowohl bei der Gliederung als auch bei der Formulierung. Klare Sprache und übersichtliche Darstellung machen es nicht nur den Laien einfacher, das oft komplizierte Recht zu verstehen; auch Anwälte und Notare werden sich darüber freuen.

Wie so oft bei Rechtsausführungen, gibt es bei vielen Kapiteln und Abschnitten Überschneidungen. Auf umständliche Quer­verweise habe ich wenn möglich verzichtet. Darum finden Sie einige Probleme und Fragen an mehreren Stellen erwähnt. Doppelte Ausführungen sind wegen der besseren Lesbarkeit als gewollt anzusehen.

Fachlich unterstützt mich auch bei dieser Auflage Rechtsanwalt Rainer Schons, Fachanwalt für Miet- und Wohnungs­eigen­tumsrecht sowie für Baurecht. Seinem kritischen fachanwaltlichen Blick musste das Manuskript standhalten.

Möge dieses Buch Ihnen auch das neue Wohnungseigentumsrecht näherbringen und Sie für die Probleme und Eigenheiten sensibilisieren.

*Zu guter Letzt: Liebe Leserinnen, seien Sie nicht böse, wenn ich überwiegend die männliche Form benutze und auf Sternchen und Doppelpunkt verzichte. Es geht dabei einzig um die bessere Lesbarkeit.

Michael SchmuckBerlin, im Juli 2022

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Abkürzungsverzeichnis

Vorab: Wichtige Neuerungen des Wohnungseigentumsrechts seit 1. Dezember 2020

Kapitel A:Die Auswahl der Eigentumswohnung

I.Besichtigung3

1.Allgemeines3

a)Die Finanzen3

b)Ist eine Eigentumswohnung überhaupt das Richtige?5

2.Konkretes7

II.Der Kaufentschluss11

1.Guter Rat ist teuer – keiner oft viel teurer16

2.Sonderproblem: Schallschutz – Lärmemission16

III.Die vermietete Eigentumswohnung18

1.Kauf zur Eigennutzung18

2.Kauf als Kapitalanlage19

Kapitel B:Der Kauf

I.Kauf einer bereits bestehenden Wohnung. Objekt, Gegenleistung, Beteiligte21

a)Wer verkauft?23

b)Wer kauft?23

c)Was kaufe ich?24

d)Wann bezahle ich?24

e)Wann bekomme ich die Wohnung?25

f)Eigentumsübergang – Risiken vermeiden25

g)Wann wird der Kaufpreis fällig?26

h)Welchen Zustand hat die Wohnung?27

i)Wer trägt welche Kosten?27

j)Die Bank spielt immer mit29

II.Kauf einer Wohnung in einem noch zu errichtenden Haus: das Bauträgermodell29

Kapitel C:Das Wohnungseigentum: My home is our castle – Mein Heim ist unsere Burg

I.Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum33

II.Rechte und Pflichten des Wohnungseigentümers – die WEG-Familie47

1.Die WEG-Familie im Innenverhältnis47

2.Die WEG-Familie im Außenverhältnis63

Kapitel D:Die Verwaltung

I.Die Gemeinschaft65

II.Der Verwalter76

1.Allgemeines76

2.Bestellung/Berufung des Verwalters78

a)Bestellung/Berufung78

b)Ungültige Berufung81

c)Abberufung82

3.Der Verwaltervertrag83

4.Verwalterhonorar86

5.Rechte und Pflichten des Verwalters88

6.Haftung des Verwalters98

7.Der Verwaltungsbeirat99

a)Mitglieder des Verwaltungsbeirates100

b)Haftung des Verwaltungsbeirats100

Kapitel E:Baumaßnahmen und Reparaturen

I.Die Begriffe: Erhaltungsmaßnahmen und bauliche Veränderung102

II.Die verschiedenen Maßnahmen103

1.Erhaltungen: Instandhaltungen und Instandsetzungen103

a)Erhaltungen mit Modernisierungscharakter103

b)Ordnungsgemäße Maßnahmen104

c)Erstmalige Instandsetzung104

d)Notwendige Erhaltungsmaßnahmen104

e)Betreten einer Wohnung105

f)Maßnahmen eines Eigentümers am Gemeinschaftseigentum106

g)Besondere Zuständigkeitsregeln in der Gemeinschaftsordnung106

h)Kosten der Erhaltungsmaßnahmen107

2.Bauliche Veränderungen107

a)Die Vielschichtigkeit der unterschiedlichen Möglichkeiten108

b)Die Kostenverteilung – das Korrektiv111

c)Rückbau112

d)Beispiele für Baumaßnahmen und ihren Charakter114

Kapitel F:Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung

I.Teilungserklärung121

1.Miteigentumsanteile123

2.Die Abgeschlossenheitsbescheinigung125

II.Gemeinschaftsordnung128

Kapitel G:Besondere Bau-Situationen

I.Nachträglicher Dachgeschossausbau134

II.Der sanierte Altbau137

Kapitel H:Die Eigentümerversammlung

I.Nichtöffentlichkeit – Teilnahmeberechtigte139

II.Vertretung140

III.Einladung142

IV.Ablauf der Versammlung147

V.Die Beschlüsse149

VI.Stimmrechtsausschluss154

VII.Der Beschluss ohne Versammlung155

VIII.Die Beschluss-Sammlung155

IX.Das Versammlungsprotokoll156

Kapitel I:Wirtschaftsplan und Jahresrechnung

I.Wirtschaftsplan158

II.Jahresabrechnung162

III.Vermögensbericht164

IV.Darstellung des Wirtschaftsplans und der Jahresabrechnung165

V.Aufstellung haushaltsnaher Dienstleistungen165

Kapitel J:Glossar – Die wichtigsten Begriffe im WEG

Anhänge

Anhang 1Wohnungseigentumsgesetz (WEG)173

Anhang 2Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Bescheinigungen nach dem Wohnungseigentumsgesetz (AVA)193

Anhang 3Bescheinigung nach § 7 Abs. 4 Nr. 2/§ 32 Abs. 2 Nr. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes196

Anhang 4Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch zur Maklerprovision197

Anhang 5Verordnung über die Prüfung zum zertifizierten Verwalter nach dem Wohnungseigentumsgesetz (Zertifizierter-Verwalter – Prüfungsverordnung – ZertVerwV)198

Anhang 6Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten (Betriebskostenverordnung)202

Anhang 7Auszug aus der Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (Zweite Berechnungsverordnung – II. BV)206

Anhang 8Muster: Notarieller Kaufvertrag208

Anhang 9Muster: Regelung zum Ausbau eines Dachgeschosses212

Anhang 10Muster: Verwaltervertrag für Wohneigentum215

Anhang 11Muster: Ankündigung der Eigentümerversammlung218

Anhang 12Muster: Einladung zur Eigentümerversammlung220

Anhang 13Muster: Vollmacht222

Anhang 14Muster: Jahresrechnung und Wirtschaftsplan223

Anhang 15Muster: Kontostand225

Anhang 16Muster: Bescheinigung nach § 35a EstG226

Anhang 17Muster: Anlage zur Bescheinigung nach § 35a EStG: Zusammensetzung der Reparaturkosten227

Anhang 18Muster: Protokoll der Eigentümerversammlung228

Anhang 19Muster: Beschluss-Sammlung232

Stichwortverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abs.AbsatzAVWEGAusführungsverordnung zum WEGAVAAllgemeine Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Bescheinigungen nach dem WEGBetrKoVBetriebskostenverordnungBGBBürgerliches GesetzbuchBGHBundesgerichtshofBNotOBundesnotarordnungdBDezibeld. h.das heißtDINDeutsches Institut für NormungDNotODienstnotarordnungEStGEinkommenssteuergesetzff.fortfolgendeFn.FußnoteGBOGrundbuchordnungGdWEGemeinschaft der Wohnungseigentümerggf.gegebenenfallsHeizKVHeizkostenverordnungh. M.herrschende Meinungi. d. F.in der Fassung vonKGKammergerichtLGLandgerichtOLGOberlandesgerichtRdNr.RandnummerS.Seitesog.so genannt (-e, -er, -es)u. a.unter anderemuswund so weiteru. U.unter UmständenUrt.Urteilv.vom, Urteil vom, Beschluss vomvgl.vergleicheWEWohnungseigentumsrecht (Zeitschrift)WEGWohnungseigentumsgesetz, Wohnungseigentümergemeinschaftz. B.zum BeispielZVGZwangsversteigerungsgesetz

Vorab in Kürze: 12 praxisrelevante Neuerungen des Wohnungseigentumsrechts

 1.  Die Eigentümergemeinschaft ist nun ähnlich einer Gesellschaft ein eigenes Rechtssubjekt mit mehr Eigenständigkeit nach außen und heißt nun „Gemeinschaft der Wohnungs­eigentümer“ GdWE.

 2.  Der Verwalter vertritt diese GdWE wie ein Geschäftsführer, hat nun mehr Rechte und kann ohne Beschluss der Gemeinschaft/Versammlung viele Ent­schei­dungen zu Instand­haltungen allein treffen und Aufträge vergeben. Der Verwalter soll nun noch genauer vom Verwaltungsbeirat kontrolliert werden und kann im Gegen­zug zu seiner neuen Machtfülle jederzeit abberufen werden, ganz gleich wie lange der Vertrag gilt.

 3.  Ab 1. Januar 2023 brauchen WEGs einen besonders zertifizierten Verwalter. Verwalter, die bereits vor dem 1. Dezem­ber 2020 Verwalter einer WEG wahren, gelten in dieser WEG bis zum 1. Juni 2024 als zertifizierter Verwalter, dürfen also bis dahin dieses Amt dort ausüben.

 4.  Es darf nun beliebig viele Verwaltungsbeiratsmitglieder geben, nicht mehr genau drei.

 5.  Eine einberufene Versammlung kann un­ab­hän­gig von der Hö­he der anwesenden oder ver­tre­te­nen Eigentümer und An­tei­le Beschlüsse fassen. Die Ver­samm­lung ist also be­reits voll be­schluss­fä­hig, wenn nur ein einziger Woh­nungs­ei­gen­tü­mer er­schei­nt oder ver­­treten ist. Also Achtung!

 6.  An der Eigentümerversammlung können die Eigentümer nun auch elektronisch/digital teilnehmen, wenn die Versamm­lung das zuvor so beschlossen hat.

 7.  Versammlungs-Vollmachten sind auch per E-Mail oder Fax gültig. Der Vollmachtgeber muss aber trotzdem klar erkenn­bar und die Vollmacht verifizierbar sein.

 8.  Die Einberufungsfrist zur Eigentümerversammlung beträgt nun drei statt bisher zwei Wochen.

 9.  Zur Jahresabrechnung kommt ein Vermögensbericht hinzu. Darin sind die Instand­haltungs­rück­lage, alle immateriellen Güter und die überschüssigen Wohngeld­zahlungen aufzu­führen. Auch die überschüssigen Wohngeld­zahlungen ge­hören zum Gemeinschaftsvermögen; darum sollten zu viel gezahlte Wohngelder künftig rasch an die jeweiligen Eigentümer zurückbezahlt werden. Zudem muss die Rücklage noch klarer vom gesamten Geldbestand getrennt auf­geführt werden.

10.  Baumaßnahmen aller Art können mit einer einfachen Mehrheit beschlossen werden. Die qualifi­zierten Mehrheiten für Modernisierungen und bauliche Veränderungen fallen weg. Achtung: So kann eine kleine Minderheit in der Ver­samm­lung teure und weitreichende Baumaßnahmen beschließen, wenn nur wenige Eigentümer an der Ver­sammlung teilnehmen. Allerdings – jetzt wird´s kompliziert ­– tragen nur dann alle Eigentümer die Kosten von Baumaß­nahmen, wenn die Maßnahmen mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen wurden oder sich in angemes­sener Zeit „amortisieren“. Ohne einer dieser beiden Voraussetzungen tragen nur die Eigentümer die Kosten, die die Maß­nahmen – mit Mehrheit – beschlossen haben. Die Eigentümer, die so keine Kosten tragen, dürfen die neu gebauten Einrichtungen dann aber nicht benutzen.

11.  Eigentümer haben – auf eigene Kosten – Anspruch auf eine Ladestation für ihr Elektroauto, einen Glasfaser-Anschluss fürs Internet, einbruchssichere Türen für ihre Wohnung und behindertengerechte Einbauten.

12.  Viele Teilungs­erklärungen/Gemeinschafts­ordnungen müssen nun geprüft werden, denn sie werden in vielen Teilen unwirksam, vor allem dort, wo sie schlicht den alten gesetz­lichen Regelungen entsprechen. Was wie genau unwirksam ist, muss jeweils konkret geprüft werden. Darum ist es sinnvoll, die Gemeinschaftsordnung alsbald neu zu fassen. Und: Nach neuem Recht müssen auch alte Beschlüsse (vor dem 1.12.2020), die aufgrund einer sogenannten Öffnungsklausel Regeln der Gemeinschaftsordnung modifizierten, nachträglich ins Grundbuch eingetragen werden.

Kapitel A:Die Auswahl der Eigentumswohnung

I.Besichtigung

1Nach meist langer Suche und vielen Besichtigungsterminen hat der Käufer endlich seine Wohnung gefunden – die richtige Größe und der richtige Stil in der richtigen Gegend. Liebe auf den ersten Blick. Dann geht es ganz schnell: Finanzierung, Notartermin, Einzug. Doch das ist oft zu schnell: Nach dem Einzug kommen die ersten Probleme. Die Darlehensrate ist zu hoch, weil nun Renovierungen in der Wohnung oder neue Möbel anstehen. Oder im Haus müssen teure Reparaturen durchgeführt werden, mit denen man beim Kauf nicht gerechnet hat. Oder das Wohngeld, die monatlichen Umlagen fürs Haus, steigen. Oder die Nachbarn entpuppen sich als Krachmacher und Streithähne. Oder, oder, oder. Das alles muss der Käufer vorher bedenken. Bevor er sich entschließt, eine Wohnung zu kaufen. Denn sonst kann schon nach wenigen Monaten die Traumwohnung zum Albtraum werden. Oft verliebt sich der Käufer aber in die Vorstellung der noch gar nicht gebauten Wohnung: beim Bauträgermodell, einem Art „Blind-Date“. Das birgt wie bei jedem Bind-Date große Risiken in sich.

Was der Käufer beachten sollte, wenn er eine Eigentumswohnung kaufen will, lesen Sie im Folgenden:

1.Allgemeines

2a) Die Finanzen. Welchen Preis kann ich mir leisten? Was ist eine realistische Darlehensrate? Habe ich genügend Eigenkapital?

Einer der schlimmsten Fehler ist die finanzielle Überlastung. Der Käufer darf nicht die typische falsche Weichenstellung vornehmen: Zunächst einmal viele Wohnungen anschauen, einige schön finden, vielleicht sogar schon die Traumwohnung entdecken. Doch oft ist die Traumwohnung dann im Grunde viel zu teuer. Man möchte sich den Traum aber unbedingt erfüllen, hat das gewisse Blitzen in den Augen, denkt sich in die Wohnung hinein, lebt schon im Geiste darin – und legt damit den Grundstein für eine enorme Überbelastung, die dann später sogar zu psychischen Problemen führen kann.

Wenn man sich grundsätzlich entschlossen hat, Wohnungseigentümer zu werden, muss der erste Weg der Weg zur Bank sein, Wichtig ist eine seriöse und realistische Beratung. Berater, die Luftschlösser bauen, sind die falschen. Zur Beratung ist eine komplette Liste aller aktuellen Kosten wichtig. Bedacht werden müssen aber auch Kosten, die nach dem Kauf lauern. Wer eine Wohnung kauft, möchte irgendwann auch in Urlaub fahren, neue Möbel kaufen, vielleicht ein neues Auto, einen neuen Fernseher, eine neue Waschmaschine oder einen neuen Kühlschrank kaufen. Daher ist ein Puffer von 20 Prozent der Aufwendungen für die Wohnung monatlich wichtig, um für Unvorhergesehenes zu sparen.

Aber auch schon mit dem Wohngeld, der monatlichen Umlage, mit der die laufenden Kosten des Hauses beglichen werden, muss der Käufer rechnen; ebenso mit Renovierungen im Haus, die kurz nach dem Kauf anstehen können und die über so ge­nannte Sonderumlagen (siehe dazu RdNr. 146 und RdNr. 163) von den Eigentümern finanziert werden. Achtung: Der Käufer haftet auch für eine Sonderumlage, die vor dem Eigentumswechsel des Sonder­eigentums be­schlossen wurde.5

Außerdem wird gern vergessen, dass der Wohnungskauf selbst Kosten mit sich bringt: Der Makler will meist eine Gebühr von bis zu 7,14 Prozent des Kaufpreises, der Notar und das Grundbuchamt schlagen mit einer Größenordnung von etwa 1,5 bis 2,5 Prozent Kosten zu Buche und das Finanzamt verlangt Grunderwerbsteuer zwischen 3,5 Prozent (z. B. in Hamburg und Bayern) und 5,5 % (im Saarland). Zusammen sind das rund zwölf Prozent, die zum Kaufpreis hinzukommen, entsprechend weniger, wenn der Käufer keinen Makler bezahlen muss.

Achtung!

Beim Immobilienkauf gilt nicht das Bestellerprinzip, das 2015 für Mietwohnungen für Verbraucher eingeführt wurde.6 Maklerkosten können in aller Regel als Kaufnebenkosten nicht steuerlich geltend gemacht werden.

Für Verbraucher, die eine Wohnung oder ein Einfamilienhaus kaufen oder verkaufen, gilt allerdings seit Dezember 2020:

Ein Maklervertrag muss in Textform, also nicht nur mündlich, abgeschlossen werden.

Sollen Käufer und Verkäufer Maklerprovision zahlen, so müssen das beide in gleicher Höhe tun. Der Makler kann somit auch nicht nur einem die Provision erlassen. Erlässt er sie dem Verkäufer, gilt das auch für den Käufer und umgekehrt.7

3Eine Wohnung, ebenso wie ein Haus, kann nur kaufen, wer genügend Eigenkapital mitbringt. Eine Finanzierung mit zu wenig oder sogar ohne Erspartes ist in aller Regel unrealistisch und nicht zu empfehlen. 20 Prozent Eigenkapital sollte vorhanden sein. Schon das ist eine Größe, an der man ablesen kann, wie teuer die Wohnung sein darf. Kostet die Wohnung 300.000 Euro, sollten rund 60.000 Euro bereit liegen. Lassen Sie sich von günstigen Zinsen nicht zu einer Vollfinanzierung verlocken. Solche Angebote sind in aller Regel wenig seriös.

Wohnungen sind stark überteuert und werden vermutlich in den nächsten Jahren an Wert verlieren. Zinsen werden wieder steigen und die niedrigen sind nur für maximal zehn Jahre vereinbar.

Beispielsrechnung

Kaufpreis

300.000 Euro

Grunderwerbsteuer, bei 3,5 % z. B.in NRW, Hessen, Thüringen 5 %

 10.500 Euro (15.000 Euro)

Notar, Grundbuchamt rd. 2 %

  6.000 Euro

Makler, 7,14 %

 21.420 Euro

Summe

337.920 Euro

Nun kommen die üblichen Renovierungen hinzu und vielleicht einige neue Möbel. Als Käufer sollte man bei einem Kaufpreis von 300.000 Euro also realistisch mit mindestens 360.000 Euro rechnen, die zur Anschaffung insgesamt benötigt werden. Das benötigte Eigenkapital von 20 Prozent beträgt hier somit rund 72.000 Euro.

4Experten raten auch, das Kaufpreis-Mietverhältnis zu beachten: Damit ein Kaufpreis angemessen ist, sollte er 20 Jahres­mieten (ohne Betriebskosten) eines entsprechenden Objektes entsprechen, also beispielsweise muss ein Kaufpreis von 500.000 Euro somit mit 20 x 25.000 Euro entsprechen, was wiederum einer Monatsmiete von 2083 Euro entspricht. Das ist schon ein dicker Batzen. Bei etwa 25 Jahresmieten sollte man es bleiben lassen. Zahlen Sie also ca. 1.500 Euro Miete, so wären das bei 500.000 Euro Kaufpreis rund 28 Jahresmieten. Lassen Sie sich also seriös und kritisch beraten. Dringend auch den Vertrag von einem wirklich unabhängigen Experten prüfen lassen.

5b) Ist eine Eigentumswohnung überhaupt das Richtige?. Wer Wohnungseigentum erwirbt, weiß oft nicht, dass er sich in eine Wohnungseigentumsgemeinschaft „einkauft“ und sich an die Regeln dieser Gemeinschaft halten muss. Hier gilt nicht die Regel „my home is my castle“ sondern „my home is our castle“, also „mein Heim ist unsere Burg“ (siehe RdNr. 36). Die anderen Eigentümer können den einzelnen Eigentümer bei Fragen überstimmen, die das Haus insgesamt betreffen, zum Beispiel Reparaturen und Farbgestaltungen. Nur innerhalb der Wohnung ist der Eigentümer „Burgherr“; er kann sie nach Belieben bewohnen, vermieten, verpachten oder anders nutzen (§ 13 Abs. 1 WEG) – aber nur soweit er die anderen Eigentümer nicht beeinträchtigt (§ 14 WEG). In der Praxis ist zum Beispiel nur wenigen Eigentümern bewusst, dass die „eigene“ Wohnungseingangstür zwingend zum Gemeinschaftseigentum gehört und sie nur aufgrund eines Gemeinschaftsbeschlusses anders lackiert oder gar umgebaut werden darf.8 Der Käufer sollte sich auch über die anderen Eigentümer informieren und sich fragen, ob er mit ihnen in einer Gemeinschaft wohnen kann. Wer lieber ungestört und autark für sich wohnt, sollte ein Einfamilienhaus in Einzellage bevorzugen.

Je kleiner eine Wohnungseigentumsgemeinschaft ist, umso größer können die Probleme mit den Miteigentümern werden. Besteht eine Gemeinschaft aus nur fünf, oder gar nur zwei Eigentümern, ist große Vorsicht geboten – es sei denn, man kennt die anderen Eigentümer sehr gut. Selbst das ist keine Garantie für Harmonie. Wenn eine Wohnung verkauft oder zwangsversteigert wird, wohnt zum Beispiel bei einem Dreifamilienhaus plötzlich die kinderreiche und musikliebende Familie über dem ruhebedürftigen Eigentümer.

Duo infernale

Von einer Zweier-Gemeinschaft, also zwei Eigentümer mit je einer Wohnung, sollten Sie ganz großen Abstand halten. Finger weg! Die Zweier-Gemeinschaft ist im Grunde „nicht im Sinne des Erfinders“ und sie dürfte es gar nicht geben. Wenn Sie mit dem anderen „Burgherrn“ aus irgendeinem Grund oder wegen irgendeines Streitpunktes nicht klar­kommen, gibt es meist ein Patt – und oft nur den Ausweg zum Gericht.9 Bis zum BGH stritten zum Beispiel zwei Eigentümer um die Gartennutzung.10 Auf dem Weg dorthin, hatte das Landgericht Karlsruhe vergeblich versucht über ein Wechsel­nutzungssystem (an geraden Tagen der eine, an ungeraden der andere) Frieden zu schaffen.11 Auch die Zweier-Gemeinschaft braucht „eigentlich“ einen Verwalter. Das kann in aller Regel nur ein nervenstarker neutraler Dritter sein,12 jedenfalls nicht die uner­fahrene, daher inkompetente Tochter (oder der Sohn) des Mehrheitseigentümers13 – auch wegen der einseitigen Verban­delung. Doch meist wird in Zweier­ge­meinschaften kein Verwalter berufen.

Der BGH hat im Fall einer verwalterlosen Zweier-Gemeinschaft entschieden: Ein Eigentümer, der eine Rechnung für die Gemeinschaft bezahlt hat, kann den Anteil des anderen nicht schlicht von ihm verlangen, sondern – so streng formal ist das – nur von der Gemeinschaft. Er muss gegen die WEG klagen, die dann – anders kann es ja nicht sein – vom anderen Eigen­tü­mer vertreten wird.14 Ähnlich formal hat das Landgericht Frankfurt entschieden, als es unter anderem darum ging, ob der eine Eigen­tümer ein Gartenhäuschen in den von ihm genutzten Gartenteil bauen und eine Schuhablage ins Gemeinschafts­eigen­tum stellen durfte.15

Ein friedliches Ende nimmt eine Zweier-Gemeinschaft meist nur, wenn einer der beiden seinen Teil der Burg verkauft. Manche versuchen sogar zuvor den anderen Burgherrn mit Hilfe des Gerichts zum Verkauf zu zwingen.16 Darum: Finger weg von der Zweier-Gemeinschaft!

6Auseinandersetzungen unter wenigen sind erfahrungsgemäß heftiger und persönlicher als Streitigkeiten unter vielen, z. B. unter dreißig Eigentümern. Kommt es bei anderen Eigentümern zu finanziellen Problemen und können sie ihr Wohngeld nicht mehr zahlen, kann das bei einer kleinen Gemeinschaft mit weniger Eigentümern schnell zum Problem für die anderen werden, wenn auf dem Gemeinschaftskonto nicht mehr genügend Geld ist, um die laufenden Kosten zu tragen. Dann müssen die solventen Eigentümer die Kasse füllen (s. dazu RdNr. 146).

Auch bei sehr großen Wohnungseigentumsgemeinschaften von hundert und mehr Eigentümern, sollte der Käufer vorsichtig sein. Oft wohnen dort nicht die Eigentümer, sondern sie nutzen ihre Wohnungen als Geldanlage und haben sie vermietet. Für die Kapitalanleger besteht oft kein emotionales Interesse an den Wohnungen und der Anlage insgesamt; meist hat der Verwalter (s. dazu RdNr. 62 ff.) viele Stimmvollmachten in den Eigentümerversammlungen, vertritt also dort viele Eigentümer und kann nach eigenem Geschmack und eigenen Vorstellungen schalten und walten. Das kann – je nach Vorstellung des Käufers – auch Vorteile haben, vor allem dann, wenn er selbst die Wohnung als Geldanlage vermieten will (zur vermieteten Eigentumswohnung, siehe RdNr. 18 ff.).

Wer als Eigentümer in einer überwiegend vermieteten Eigentumsanlage wohnt, kommt sich oftmals verloren vor als einziger oder vereinzelter Wächter über sein Eigentum oder über das Eigentum insgesamt. Häufig gibt es Probleme mit solchen Mietern, die mit der Eigentumsanlage nicht sorgfältig umgehen, sei es zum Beispiel bei der Müllbeseitigung oder der Sauberkeit in Haus und Hof. Oft haben Mieter mehr Rechte gegen den Vermieter, also den Eigentümer, als dieser gegen die Miteigentümer. So kommt man sich als Eigentümer benachteiligt vor. Hinzu tritt, dass ein vermietender Eigentümer an einer Verschönerung der Anlage meistens kein Interesse hat. Zum Beispiel bringt das Umbauen der Mülltonnen mit einer Pergola oder eine besonders hübsche Haustür keinen Cent Miete mehr, der tägliche Anblick stört oder freut den fernen Investor nicht, den eigennutzenden Eigentümer schon.

Gern wird auch beim Kauf vergessen, dass es – zum Beispiel, wenn Ehepartner kaufen – zu erheblichen Verpflichtungen innerhalb einer Beziehung und dadurch zu schwerwiegenden Spannungen und Schieflagen kommen kann.

Abb. 1: Beziehungsgeflecht In der Rechtspraxis beschränken sich die Rechtsbeziehungen nicht auf einen Käufer, einen Verkäufer und den Notar. Verkäufer und Käufer sind häufig Ehepaare, Verkäufer oft auch Erbengemeinschaft. Beteiligt sind ­außerdem Makler, Grundbuchamt, die Wohnungseigentumsgemeinschaft und die finanzierenden Banken. Dieses Beziehungsgeflecht wird beim Kauf oft vergessen.

2.Konkretes

7Sind die allgemeinen Fragen geklärt, kann die Besichtigung beginnen. Vor Ort stellen sich dann weitere konkrete Fragen. Bei der Wohnungsbesichtigung darf der Käufer den Verkäufer oder Makler durchaus mit Fragen löchern – ja er muss es sogar, wenn er den Kauf nicht irgendwann bereuen will. Aufgepasst, wenn der Makler die Fragen beantwortet, die schriftlichen Unterlagen jedoch dafür fehlen. Aussagen des Maklers sind in der Regel nicht verbindlich. Nur wenn die Aussagen später im notariellen Kaufvertrag festgehalten werden, gilt es zwischen den Parteien, und dies sind nur der Käufer und der Verkäufer – nicht der Makler. Nur aus den Vereinbarungen und Versprechungen im Kaufvertrag kann der Käufer Ansprüche geltend machen oder eventuell den Kaufvertrag rückabwickeln.

Die wichtigste Frage: Was genau wird verkauft? Ist es nur die Wohnung? Ist es auch der Kellerraum oder Dachbodenanteil? Wem gehört der Balkon? Was also ist im Preis enthalten?

Vorab etwas zu den Begriffen: Die Eigentumswohnung heißt juristisch „Wohnungseigentum“ (§ 1 Abs. 1 Satz 1 WEG). Gewerberäume, Kellerräume, Dachböden und andere Räume, die nicht zu Wohnzwecken bestimmt sind, heißen Teileigentum (§ 1 Abs. 1 Satz 2 WEG). Der Oberbegriff für beides ist „Sondereigentum“ (§ 5 WEG; siehe dazu RdNr. 37). Gemeinschaftseigentum sind – vereinfacht gesagt – die gemeinsam genutzten oder gemeinsam zu nutzenden Räume und Flächen. Sie gehören also allen Eigentümern zusammen, jedem ein Anteil nach seinem Miteigentumsanteil, den er beim Kauf erwirbt. An Teilen des Gemeinschaftseigentums kann einem Eigentümer allerdings ein Sondernutzungsrecht eingeräumt werden, zum Beispiel am Garten.

Kellerräume und Dachbodenverschläge zum Beispiel können Teileigentum sein oder aber sie bleiben im Gemeinschafts­eigentum aller Wohnungseigentümer. Im letzteren Fall können Sondernutzungsrechte bestellt und (nur) einem einzelnen Eigentum zugeordnet werden. Sprechen Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung und Grundbuch also von einem Sondernutzungsrecht, erwirbt der Käufer nur die Erlaubnis, diese Fläche allein zu nutzen; die anderen Eigentümer dürfen sie nicht nutzen. Eigentümer jedoch bleibt die Wohnungseigentümergemeinschaft.

Ein Garten oder Gartenanteil oder eine ebenerdige Terrasse kann nach neuem Recht seit Dezember 2020 nun auch als Sondereigentum – aber nur zusammen mit der Wohnung – verkauft werden. Zuvor konnte es daran nur ein Sonder­nutzungsrecht geben. Eigentümer am gesamten Grundstück blieb die Gemeinschaft. Beim Sondereigentum kann der Eigentümer darüber prinzipiell verfügen, wie er möchte, beim Sondernutzungsrecht darf zwar nur er den Gartenteil benutzen, aber er muss die Gemeinschaft fragen, wenn er zum Beispiel Bäume oder Hecken abschneiden oder pflanzen möchte. Größere Veränderungen gehen über das Sondernutzungsrecht hinaus. Hier gibt es in der Praxis oft Streit zwischen Gartennutzern und der Gemeinschaft (dazu RdNr. 37 ff.). Das könnte allerdings auch beim Sondereigentum so bleiben, wenn der etwa große Baum die Nutzung des Gemeinschaftseigentums oder andere Eigentümer stört. Wo genau die Unterschiede zwischen Sondereigentum an einer Gartenfläche und einem Sondernutzungsrecht in der Praxis liegen werden, wird sich noch zeigen.

Parkplätze auf dem Grundstück können nun auch als Sondereigentum verkauft werden, auch wenn sie nicht zum Haus selbst gehören. Das war bis Dezember 2022 anders. Nur Stellplätze in einer Parkgarage im Haus konnten auch schon nach alten Recht wie ein Kellerraum verkauft oder auch nur über das Sondernutzungsrecht wie Parkplätze benutzt werden.17

Balkone gehören in aller Regel nicht zum Sondereigentum, also nicht zur Eigentumswohnung, weil sie als Teil der Fassade angesehen werden. Meist ist nur der Belag, also z. B. die Fliesen, alleiniges Eigentum des Wohnungseigentümers. Trotzdem kann er gemäß Gemeinschaftsordnung allein zur Instandhaltung und Instandsetzung verpflichtet sein. Anders kann es bei einem innenliegenden Balkon, also einer Loggia aussehen. Die Abgrenzung ist wichtig, wenn es einmal um Mängel, insbesondere den Abfluss von Balkonen geht. Noch problematischer können Dachterrassen sein. Wem gehört was? Wer trägt die Wartungs- und Reparaturkosten? Und wer zahlt, wenn der Belag undicht ist und Wasser in die Wohnung darunter läuft? Meist regelt das die Gemeinschaftsordnung – wenn sie gut, sorgfältig und weitsichtig verfasst ist (siehe RdNr. 113 ff.). Sonst gilt die gesetzliche Regelung. Aber die ist naturgemäß allgemein und abstrakt gehalten und sagt nichts Konkretes zu dem speziellen Problem.

8Eine weitere wichtige Frage: Wie groß ist der Miteigentumsanteil, also der Anteil am gesamten Haus? Entspricht er in etwa der Wohnungsgröße im Verhältnis zur gesamten Fläche des Hauses? Gelegentlich wird der Miteigentumsanteil nicht nur nach der Wohnungsgröße bestimmt, sondern auch nach der Lage, zum Beispiel Vorderhaus oder Hinterhaus, 1. Obergeschoss oder Dachgeschoss, Norden oder Süden. Wohnungen im Vorderhaus und in den unteren Etagen sind oft höher bewertet als Wohnungen im Hinterhaus und in den oberen Etagen.

Eine gesetzliche oder eine gerichtliche Vorgabe oder Leitlinie gibt es dafür nicht. Die Bestimmung des Miteigentumsanteil obliegt letztlich dem Ermessen und damit auch der Willkür des aufteilenden Bauherrn oder Alteigentümer des Hauses (s. dazu RdNr. 106 ff.). Der einzige objektive Maßstab ist die Wohnungsgröße. Sie sollte zumindest zu 90 Prozent in die Berechnung des Miteigentumsanteils einfließen, 10 Prozent könnten subjektive Kriterien wie die Lage sein, ins­besondere die Himmelsrichtung, Geschosshöhe und damit die Helligkeit. Die Miteigentumsanteile der Wohnungseigentümer sollten annähernd dem Verhältnis der Wohnungsgrößen zueinander entsprechen. Das erscheint als praxisnahe und gerechte Aufteilung. Das ist auch wichtig, um Betriebskosten auf Mieter umzulegen.

Wichtig ist der Miteigentumsanteil meistens bei der Höhe des Wohngeldes. Je höher der Miteigentumsanteil, desto höher können die Umlagen für Gemeinschaftsausgaben sein und umso höher ist die Haftung des Eigentümers. Richtet sich der Miteigentumsanteil nicht zum allergrößten Teil nach der Wohnungsgröße, ist die Aufteilung des Wohngeldes nicht gerecht. Zum anderen kann sich der Miteigentumsanteil bei den Abstimmungen in der Eigentümerversammlung auswirken. Wenn die Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung die Abstimmung nach Miteigentumsanteilen vorsieht, richtet sich die Macht des Wohnungseigentümers nach seinem Anteil. Ist nun der Miteigentumsanteil nur deshalb geringer, weil eine Wohnung im Hinterhaus liegt, so erscheint es ungerecht, wenn der Wohnungseigentümer bei gleicher Fläche seiner Wohnung deutlich weniger Stimmkraft hat als ein Eigentümer im Vorderhaus.

Fragen stellen ist also wichtig. Wie der Käufer dann die Antworten für sich bewertet, bleibt ihm überlassen. Er muss nur wissen, was er für sein Geld kauft. Viele Antworten finden sich in der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung (dazu mehr unter RdNr. 102 ff.), die der Käufer sich darum unbedingt anschauen muss, bevor er die Wohnung kauft. Bei der Besichtigung wird er die Antworten auf die wichtigsten Fragen aber erst einmal vom Verkäufer oder Makler bekommen. Beide sollten ihm die Fragen auch offen und ausführlich beantworten. Ein unzufriedener Interessent oder Käufer, der sich vielleicht sogar bei der Besichtigung oder dem Kauf über den Tisch gezogen fühlt, kann ihm später viel Ärger bereiten. Eine falsche Beratung kann unter Umständen zu Schadenersatz führen.18

9Wichtige Fragen zur Wohnung und zum Haus bei der Besichtigung:

–  Wie groß ist mein Miteigentumsanteil am Haus? Entspricht er annähernd dem Anteil der Wohnungsgröße an der Gesamtfläche? (s. RdNr. 102 ff.)

–  Was gehört zur Wohnung?

–  Wem gehört der Kelleranteil?

–  Wem gehört der Stellplatz/Parkplatz? Darf ich einen Carport bauen? Darf ich pflastern?

–  Wie hoch ist das Wohngeld und wie setzt es sich zusammen?

–  Wie wird geheizt? Gas-Etagenheizung, Zentralheizung? Wie hoch sind die monatlichen Heizkosten? Wie alt ist die Heizung? Wem gehören die Heizkörper der Zentralheizung? Sondereigentum oder Gemeinschaftseigentum?

–  Gibt es einen Energieausweis?

–  Wie alt sind die Versorgungsleitungen? Wasser, Abwasser, Elektro?

–  Wie steht es um den Trittschall? Ist die Wohnung hellhörig?

–  Darf ich Wände innerhalb der Wohnung verändern oder gar entfernen? Darf ich Durchbrüche herstellen?

–  Wer muss die Außenfenster instandhalten, also vor allem für den Anstrich sorgen?

–  Wem gehören die Rollläden? Wer muss sie instandhalten?

–  Wie sind die Nachbarn? Gibt es Streit im Haus? Gab es oder gibt es Rechtsstreitigkeiten unter den Eigentümern? Wie ist die Hausgemeinschaft? Gibt es Störenfriede im Haus?

–  Wie hoch ist die angesparte Rücklage für Investitionen?

–  Welche Investitionen, Renovierungen, größeren Reparaturen sind im Haus geplant?

–  Sind Sonderumlagen für solche Investitionen geplant oder bereits beschlossen?

–  Liegen für alle geplanten oder vom Verkäufer versprochenen Baumaßnahmen die Baugenehmigungen vor? Fehlende Baugenehmigungen können, verschweigt der Verkäufer sie, ein Sachmangel der Wohnung sein und eine Rück­abwicklung des Kaufs begründen.19

–  Gibt es spezielle örtliche Beschränkungen des Kaufs bzw. Verkauf von Wohnungseigentum?20

–  Gibt es oder gab es Ungezieferbefall oder Hausschwamm in der Wohnung oder im Haus? Das kann je nach Stärke des Befalls ein Rückabwicklungsgrund sein.21

–  Kann ich die Beschlusssammlung und alle Pläne einsehen?

10Wie wichtig Fragen sein können, zeigt ein Fall aus Berlin. Dort hat ein Käufer einen ehemaligen Schuppen im Hof einer Wohnungseigentumsanlage erworben. Diesen Schuppen hat er wunderschön zu einem Einfamilienhaus umgebaut – aber es war rechtlich nur eine Wohnung/ein Sondereigentum in einer Wohnungseigentumsanlage und kein Einfamilienhaus. Beim Um- und Ausbau hatten alle anderen Eigentümer, also die Gemeinschaft mitzubestimmen, soweit es Außenwände, Fenster, Dach und Außentüren betraf. Das hatte der Eigentümer nicht bedacht oder ignoriert. Er renovierte nach eigenem Gutdünken und bekam Ärger mit anderen Miteigentümern. Ein langes Gerichtsverfahren war die Folge. Ganz gleich, wer dann gewinnt: Der Ärger bleibt und führt zu erheblichen Spannungen in der Gemeinschaft.

Ähnlich ist es, wenn eine Reihenhaussiedlung oder ein Doppelhaus als Wohnungseigentumsanlage konzipiert ist. Jeder Käufer glaubt, er habe ein Häuschen, er hat aber „nur“ eine Eigentumswohnung erworben. Womöglich darf er nicht einmal seinen „eigenen“ Garten gestalten, wie er möchte. Die damit verbundenen Fragen will ich hier nicht weiter vertiefen. Häufig wissen diese Erwerber eben nicht, wie es rechtlich um ihr Eigentum bestellt ist und fühlen sich daher von einem Buch wie diesem, also zum Wohnungseigentumsrecht gar nicht angesprochen.

Ein Hinweis zu den öffentlichen Versorgungsanlagen wie Strom, Wasser und Kabel für die Reihenhausanlage:

Es ist bekannt, dass jeder öffentliche Anschluss erhebliche Kosten verursacht, die lange nicht so hoch wären, wenn die Anschlüsse privat in Auftrag gegeben werden können. Also bestellt der Verkäufer einen einzigen öffentlichen Anschluss für alle Einheiten und legt dann mit privaten (Ring-)Leitungen die Versorgung an die einzelnen Häuser. Sollte später etwas kaputt gehen, müssen einzelne Eigentümer den Zutritt zu ihren Gärten dulden, um die Leitungen für den Nachbarn reparieren zu lassen. Darum müssen solche Dinge im Grundbuch oder in der Gemeinschaftsordnung klar geregelt sein.

II.Der Kaufentschluss

11Hat der Käufer nach den Besichtigungen eine Auswahl getroffen und interessiert er sich konkret für eine oder mehrere Wohnungen, muss er die Fragen aus Abschnitt I. (Besichtigung, RdNr. 9) nun auch konkreter stellen und sich intensiver mit der Wohnung befassen. Zunächst muss er vier Dinge dringend erledigen:

–  die Protokolle der jüngsten Eigentümerversammlungen lesen, um einen Eindruck von den Diskussionen zu bekommen. Meist genügt es, sich drei Protokolle anzuschauen. In guten Protokollen steht auch, wie über die Tages­ordnungspunkte diskutiert wurde. Protokolle, die lediglich die Beschlüsse wiedergeben, stehen für eine etwas bequeme Verwaltung. Im Gesetz (§ 24 Abs. 6 WEG) ist lediglich geregelt, dass eine „Niederschrift“ über die Versammlung zu führen ist. Wie die im Detail auszusehen hat, ist dort nicht festgelegt. Sind die Protokolle kaum mehr als bloße Wiedergaben der Beschlüsse, sollte der Käufer sich im Haus bei mehreren Eigentümern umhören, wie die Diskussionskultur ist.

–  die Beschluss-Sammlung(s. RdNr. 81 und Muster dazu in Anhang 19, RdNr. 198) vom Verwalter anfordern und lesen. Darin finden sich alle Beschlüsse der Eigentümerversammlungen (mindestens seit Juli 2007; seitdem muss der Verwalter eine Beschluss-Sammlung führen, § 24 Abs. 7 und 8 WEG). Aus den Beschlüssen kann der Käufer insbesondere ersehen, ob und in welchem Umfang Investitionen, insbesondere größere Reparaturen, geplant sind und welche Rechtsstreitigkeiten die Eigentümergemeinschaft in den vergangenen Jahren geführt hat. Die Beschluss-Sammlung ist sehr wichtig, weil durch Beschlüsse Regelungen der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung geändert worden sein können (vgl. hierzu RdNr. 81 und RdNr. 102 ff.).

–  die Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung – in beglaubigter Abschrift – verlangen und lesen oder besser von einem spezialisierten Anwalt lesen lassen (s. RdNr. 102 ff.). Vor allem ist darin zu sehen, wie groß der Miteigentumsanteil im Verhältnis zum gesamten Eigentum und im Verhältnis zu den anderen Eigentümern ist und was alles genau zu der Wohnung gehört. Zudem steht gegebenenfalls darin, welche Umbau- und Aus­bau­rechte an die Wohnung geknüpft sind und welche Belastungen.

–  den Grundbuchauszug der Wohnung anschauen. Dort können Dinge eingetragen und geregelt sein, die in der Gemeinschaftsordnung nicht zu finden sind.

12Die Begriffe „Teilungserklärung“ und „Gemeinschaftsordnung“ werden oft nicht genau unterschieden, da sie in einem Dokument zusammengefasst sind. Die Teilungserklärung legt fest, in welche Sondereigentumsflächen (vor allem Wohnungen, Gewerberäume und Kellerräume) das Haus aufgeteilt ist. Die Gemeinschaftsordnung regelt die Verhältnisse der Eigentümer untereinander.

Eine gute Gemeinschaftsordnung ist möglichst kurz, aber speziell auf das Haus, auf die Wohnungseigentumsanlage zuge­schnitten. Sie berücksichtigt Eigenheiten des Hauses, vor allem bei Altbauten, und regelt vorausschauend alle Eventualitäten, die in der konkreten Eigentumsanlage auftreten können. Dazu gehören Sondernutzungsrechte, Ausbau- und Umbaurechte sowie Kostenverteilung bei Instandhaltungen, etwa der Fenster, eine mögliche gewerbliche oder teilgewerbliche Nutzung von Wohnungen oder eine Nutzung von Gewerbeflächen als Wohnung. Die Frage, ob ich in einem Wohnungseigentum arbeiten oder in einem Teileigentum wohnen darf, sollte großzügig gehandhabt werden. Je mehr Nutzungsmöglichkeiten bestehen, umso höher ist der Wert der Wohnung, weil der Kreis der potenziellen Käufer größer ist. Ist das eng geregelt, sollte man prüfen, ob das mit den eigenen Vorstellungen übereinstimmt. Klar geregelte Verhältnisse vermeiden sehr oft Streitigkeiten, vor allem gerichtliche Auseinandersetzungen.

Eine lange Gemeinschaftsordnung ist – vor allem für allgemeinen Regelungen – nicht nötig; denn fast alles ist im Ge­setz ausführlich und im Grunde auch gut geregelt. Eine Gemeinschaftsordnung, die nur das Gesetz wiederholt, ist wenig sinnvoll. Dabei besteht sogar die Gefahr, dass die Gemeinschaftsordnung irgendwann Dinge anders und schlechter regelt als das Gesetz, ohne dass das gewollt ist – und zwar dann, wenn sich das Gesetz ändert. So ist es im Dezember 2020 ja geschehen: Das Wohnungseigentumsgesetz wurde verbessert, den aktuellen Erfordernissen angepasst – und viele Ge­mein­schafts­ord­nungen enthalten ältere, schlechtere, überholte Regelungen. So kann zum Beispiel die Gemeinschafts­ord­nung be­stim­men, dass Einladungen zur Eigentümerversammlung nur per Briefpost verschickt werden dürfen. Oder Beschlussmehrheiten sind strenger geregelt als im neuen Gesetz. Damit hat allerdings die Gesetzesreform von 2020 aufgeräumt. Überholte, nachteilige Regelungen in der Gemeinschaftsordnung sind nun unwirksam. Es gilt das neue Gesetz; das regelt dort § 47. Aber Achtung: Das muss bei jeder Regelung genau geprüft werden. Es wird also nun sehr viel komplizierter, die Gemeinschaftsordnung zu lesen.

Die Kaufentscheidung wird an einzelnen Punkten der Gemeinschaftsordnung selten scheitern. Wer aber einen Hund oder eine Katze hat, wird keine Wohnung kaufen wollen, wenn die Gemeinschaftsordnung Hunde und Katzen im Haus verbietet. Nichtraucher werden sich freuen, wenn bereits die Gemeinschaftsordnung Rauchen im Treppenhaus verbietet.

Gegenstand der eigentlichen Teilungserklärung ist der amtliche Aufteilungsplan, auf den die Teilungserklärung verweist. Dort sind die Wohnungen in einem Grundrissplan eingezeichnet und die einzelnen Räume mit der Wohnungsnummer versehen, so dass man genau sehen kann, was baulich zu der Wohnung gehört. Zu oft stimmt das Eingezeichnete allerdings nicht mit der Realität überein. Differenzen gibt es meist bei den Flächengrößen und der Dicke der Wände. Von einer sehr dünnen Trennwand zwischen zwei Wohnungen sollte man zumindest wissen, wenn man kauft. Der Käufer muss also den Plan vor Ort mit den Gegebenheiten vergleichen. Die meistverbreitete Unstimmigkeit herrscht bei den Kellerplänen; in vielen Fällen weichen sie von den Örtlichkeiten ab.

Achtung!

Es gelten nur die Pläne, nicht die Örtlichkeiten, selbst dann, wenn die falsche Nutzung seit Jahren besteht.

13Um die Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung prüfen zu können, muss man erst einmal in den Besitz dieser Doku­mente gelangen. Es hat sich im Rechtsverkehr durchgesetzt, dass den Kaufinteressenten eine Kopie zur Einsicht überlassen wird. Jeder Wohnungseigentümer sollte jedoch im Besitz einer beglaubigten Abschrift der Teilungserklärung und Gemein­schafts­­­ordnung sein. Diese erkennt man daran, dass das Schriftstück ein notarielles Dienstsiegel aus Papier trägt und die Seiten miteinander so verbunden sind, dass sie sich nicht ohne Zerstörung lösen, in der Regel also mit einer Öse. Früher wurden die Seiten sogar zusammengenäht. Ein Papierstapel, der nur geheftet ist, ist unbrauchbar: Es können Seiten fehlen oder es ist eine schlechte Kopie, die kaum mehr lesbar ist. Oft handelt es sich nur um den Entwurf der Teilungserklärung. Trauen Sie nur der beglaubigten Abschrift.

Die Teilungserklärung befindet sich auch beim Grundbuchamt. Wer die Teilungserklärung dort einsehen will, kann nicht einfach dort hingehen und sie anschauen oder kopieren. Das darf nur der Eigen­tümer selbst oder ein Anderer mit berech­tig­tem Interesse; dazu zählt allerdings nicht das Kaufinteresse. Außerdem be­findet sich die Teilungs­­erklärung nicht zur Einsicht in den Wohnungs­grundbuchblättern, sondern in der Grundbuchakte, die früher das ge­samte ungeteilte Grundstück betraf.

14Sind die vier grundsätzlichen Punkte erledigt, kommen die nächsten beiden Schritte:

–  Die Eigentümer oder zumindest einige Eigentümer kennenlernen. Ebenso wichtig wie eine gute Teilungserklärung ist eine gute Hausgemeinschaft. Konnte der Käufer bei der Besichtigung zunächst nur danach fragen, muss er jetzt Eigentümer ansprechen. Nur ein einziger Störenfried im Haus kann Beschlüsse blockieren oder Anderen sehr auf die Nerven gehen. Der Wert einer Eigentumswohnung hängt auch entscheidend von der Gemeinschaft ab. Um grob einzuschätzen, wer so alles im Haus wohnt, bietet es sich heute an, den ein oder anderen Namen an der Klingelplatte zu googeln.

TIPP: Der Verkäufer muss (§ 311 Abs. 2 BGB) unaufgefordert darauf hinweisen, wenn es seit Jahren Streit in der Gemeinschaft gibt. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.22 Der Fall zeigt die angesprochenen Probleme deutlich: Der Verkäufer hatte zwei wichtige Umstände verschwiegen. Der Nachbar störte seit Jahren absichtlich die Nachtruhe und die Wände waren extrem hellhörig. Der BGH: „Wenn die Nachbarn, wie die Kläger behaupten, seit Jahren die Nachtruhe durch absichtliches Lärmen (böswilliges Auf- und Ablassen der Rollläden, sinnloses Treppensteigen, Klavierspiel, lauter Radio- und Fernsehempfang) störten, so war dies ein Umstand, den der Verkäufer bei den Vertragsverhandlungen ungefragt hätte offenbaren müssen.“

Der Käufer durfte den Kaufvertrag rückabwickeln. Es ist allerdings nicht bekannt, ob der Verkäufer auch finanziell in der Lage war, den Kaufpreis zurückzuzahlen und wie viele Jahre der Rechtsstreit insgesamt gedauert hat. Im schlimmsten Fall vergehen zehn Jahre vom Kauf bis zum rechtskräftigen Urteil und der Verkäufer ist mittlerweile insolvent. Drum prüfe, wer sich ewig an eine Wohnung bindet!

Andere typische Gründe, den Vertrag rückabzuwickeln, können sein: Hausschwamm23, Ungezieferbefall24, sehr feuchter Keller25, gesundheitsgefährdende Baustoffe26, fehlende Baugenehmigungen27, Denkmalschutz des Gebäudes28, die Sozialbindung der Wohnung29 – falls der Verkäufer diese Mängel verschweigt und sie das Wohnen bzw. die Nutzung erheblich beeinträchtigen. Der Verkäufer muss den Mangel mindestens für möglich halten und zumindest ahnen („billigend in Kauf nehmen“), dass der Käufer die Wohnung nicht gekauft hätte, wenn er den Mangel gekannt hätte.30 Bei mehreren Verkäufern genügt das arglistige Täuschen durch einen Verkäufer.31

15–  Der zweite Schritt ist ein ausführliches Gespräch mit der Hausverwaltung – wenn sie nicht schon bei der Besichtigung Rede und Antwort gestanden hat. Auch der Hausverwalter ist sehr wichtig für die Gemeinschaft und das Haus. Kümmert sich der Verwalter ausreichend um die Anliegen der Eigentümer? Ist die Verwaltung stets ansprechbar? Erledigt sie die Beschlüsse der Gemeinschaft schnell, professionell, effektiv und kostengünstig? Viele Verwaltungen machen kaum mehr als nur verwalten, ohne besonderes Interesse an dem Haus. Das muss nicht zwingend schlecht sein, führt aber dazu, dass die Eigentümer mit ihren Problemen oft allein gelassen sind.

Häufig entstehen Probleme und Rechtsstreitigkeiten sogar nur deshalb, weil der Verwalter zu spät tätig wird und nicht schon, wenn die Probleme zu entstehen drohen (zum Verwalter s. RdNr. 62 ff.). Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass es nicht Aufgabe der Verwaltung ist, jedem Kaufinteressenten Rede und Antwort zu stehen. Die Höhe des monatlichen Verwalterhonorars (s. RdNr. 69) rechtfertigt es nicht, dass der Ver­walter einen Teil der Kaufvertragsverhandlung führt, indem er Auskünfte erteilt. Für den Verwalter gilt: Er ist nicht Partei des Kaufvertrages, seine Aussagen sind daher nicht verbindlich. Sie werden nur ver­bindlich, in dem sie die Parteien im Kaufvertrag vereinbaren. Der Verwalter kann aber ohnehin keine sicheren Prognosen für die Zukunft treffen. Er kann nicht alle denkbaren Instandsetzungen vorhersehen und weiß nicht, was die Gemeinschaft so alles beschließen wird.

Allerdings: Angaben im Makler-Expose müssen stimmen. Wenn etwa darin steht, dass der Keller trocken ist, muss das auch so sein. Es spielt keine Rolle, ob das Expose vom Verkäufer stammt oder vom Makler selbst. Alle öffentlichen Äußerungen des Maklers müssen richtig sein.32 Für ihre öffentliche Äußerung über ein Grundstück haften Veräußerer oder Makler nur dann nicht, wenn die Äußerung nachweislich nicht zur Kaufentscheidung beigetragen hat, § 434 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2 BGB. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der notariellen Beurkundung, nicht der Zeitpunkt zu dem sich der Erwerber entschlossen hat, das Grundstück zu erwerben.33

Nun ist auch ein genauerer Blick auf das Wohngeld wichtig: Was ist darin alles enthalten? Bei einer Zentralheizung etwa sind auch die Heizkosten enthalten, bei einer Gasetagenheizung nicht. Wie hoch sind die Rücklagen? Es ist wenig sinnvoll, ein relativ niedriges Wohngeld zu verlangen, dann aber jede etwas größere Reparatur über Sonderumlagen zu finanzieren, also Extra-Geld von den Eigentümern zu verlangen. Ein hoher Anteil für Reparaturen und für Investitionsrücklagen spricht also eher für eine vernünftige Verwaltung (s. dazu RdNr. 50 ff., 78 ff.). Der Käufer sollte sich die letzten drei Jahresrechnungen zeigen lassen, um zu prüfen, wie im Haus gewirtschaftet wird.

1.Guter Rat ist teuer – keiner oft viel teurer

16Da der Käufer das alles meist nicht bewerten kann, sollte er tunlichst den Rat eines Anwalts und, wenn nötig, eines Architekten in Anspruch nehmen. Wer viel Geld für eine Wohnung ausgibt, darf nicht bei der Kaufberatung sparen. Das kann später sehr teuer werden. Gerade dann, wenn man sich in eine Wohnung verliebt hat, sind objektive, sachorientierte Ratschläge wichtig für die Entscheidung. Argumente wie „Das Risiko gehen wir ein“ oder „Das hat doch seit Jahren in der Gemeinschaft geklappt“ oder „Das regeln wir noch“ haben bei einer Kaufentscheidung für eine Eigentumswohnung nichts zu suchen. Je eher Rat eingeholt wird, umso mehr kann der Käufer sich noch emotional trennen. Später ist er vernünftigen Argumenten nicht mehr zugänglich. Fehlt eine Beratung, heißt es später: „Hätten wir das gewusst, hätten wir nicht gekauft.“ Jeder Käufer kann alles wissen und auf eine rechtlich verbindliche Art alle Fragen klären – aber bitte frühzeitig.

Vertrauen Sie nicht blind dem Makler. Vorsichtig: Makler verdienen am meisten an Wohnungen. Es ist ihr Ge­schäft, Ihnen eine Wohnung schmackhaft zu machen, selbst wenn sie seriös beraten.34

2.Sonderproblem: Schallschutz – Lärmemission

17Bei der Kaufentscheidung muss man sich auch über mögliche Lärmbelästigungen klarwerden. Ein Miteigentümer hat nicht jeden Lärm zu dulden, der innerhalb der öffentlich-rechtlichen zulässigen Lärmschutzgrenzen liegt. Es kommt entscheidend darauf an, dass einem Wohnungseigentümer kein vermeidbarer Nachteil nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG entsteht35. Lärm ist an dieser „Vermeidbaren-Nachteil-Grenze“ zu messen.

Es handelt sich um eine tückische Falle beim Wohnungskauf. Kein Käufer kann erkennen, mit welchen Schallpegeln er an welchen Tagen und zu welchen Uhrzeiten rechnen muss. Die Geräusche können von außen hereindringen: quietschende Straßenbahngleise, Fußweg von Schülern, monatlicher Flohmarkt. Sie können natürlich auch vom Nachbarn herrühren.

Es gibt drei Arten der Schallübertragung.

Alle drei Schallarten werden vom menschlichen Ohr höchst individuell wahrgenommen:

–  Zum Luftschall gehören Sprechen, Musizieren, Radio, Fernsehen. Dabei wird die Luft in Schwingungen versetzt, die dann die Wand oder Decke in Biegungsschwingungen versetzen und die wiederum die Luftteilchen des Nachbarraumes in Schwingungen versetzen.

–  Beim Körperschall, wird die Wand oder Decke durch mechanische Beanspruchung in Schwingungen versetzt, z. B. beim Türen schließen, Lichtschalter betätigen, WC-Spülung, Strömungsgeräusche der Wasserleitung.

–  Trittschall entsteht durch das Begehen des Fußbodens, das zu Schwingungen in der darunter liegenden Decke führt.

Die zulässigen Schallschutzwerte ergeben sich aus der alten bzw. neuen DIN 4109.

Grundlage des Wohnungseigentums sind immer die Schallschutzanforderungen bei Errichtung des Gebäudes.36 Die DIN 4109 erlaubt z. B. in der Fassung von 1962 maximal 63 dB, während in der Fassung von 1989 nur noch 53 dB erlaubt sind. Die Herstellung eines Zustandes nach der neuen, verbesserten DIN 4109 kann nur verlangt werden, wenn das Gebäude bereits unter dieser Geltung erbaut worden ist.37 Ausnahmsweise kann das Schallschutzniveau sich aber aus der Ge­mein­schaftsordnung ergeben38.

Tückisch ist, wenn eine Baumaßnahme durchgeführt wird, die den Trittschall betrifft. Handelt es sich nur um eine kleinere Reparatur, gilt nicht die neue DIN, weil die alte DIN „Vertragsgrundlage“ des Wohnungseigentums ist. So gilt bei Austausch des Bodenbelages, zum Beispiel von Teppichboden gegen Fliesen oder Laminat, der ursprüngliche Schallschutz weiter.39 Es muss nur der Schallschutz eingehalten werden, der bei Errichtung des Gebäudes nach DIN vorgeschrieben war. Der darüber hinausgehende vorhandene Schallschutz muss nicht bei­behalten werden. Wird also anstelle eines Teppichbodens ein Parkettboden eingebaut, ohne die gemeinschaftliche Decke/Boden zu verändern, muss nur der alte, DIN-Schallschutz beachtet werden.40 Ebenso bei Ersatz von Teppichboden durch Fliesen. Es muss nur der Trittschall nach DIN 4109 eingehalten werden, auch wenn bei Austausch des Bodenbelages der darunter befindliche Bodenbelag mangelhaft ist und darum der erforderliche Trittschall nicht eingehalten werden kann. Durch neuen Boden darf der alte Schallschutz des Unter­bodens/Estrichs lediglich nicht verschlechtert werden.41 Kommt die Maßnahme allerdings einer Neuherstellung oder einer grundlegenden Renovierung gleich, sind die Anforderungen der neuen DIN einzuhalten, also der aktuelle Schallschutz, etwa beim nachträglichen Ausbau des Dach­geschosses.42 Das Landgericht Berlin hat das alles auch auf Geräuschbelästigungen durch Fließwassergeräusche bezogen.43

Wird die Eigentumsanlage erst neu erstellt, schuldet der Bauträger mindestens die Einhaltung der neuen DIN 4109. Der vertraglich geschuldete Schallschutz ist durch Auslegung des Kauf­ver­trages zu ermitteln. Insbesondere gibt das Beiblatt 2 zur DIN 4109 die Messwerte für einen „erhöhten Schallschutz“ an, die im Fall ihrer Vereinbarung ebenfalls das Mindestmaß ergeben. Der Schallschutz muss auch gewährleistet sein, wenn bestim­mungsgemäß Fußbodenbeläge vorhanden sind, die die Anforderungen an den Boden und an die Decke erhöhen. Eine Kernsanierung ist wie ein Neubau: Wird kernsaniert, muss der Schallschutz aktuell sein. Verpflichtet sich ein Bauträger zur umfassenden Modernisierung und Renovierung eines Altbaus, darf der Käufer erwarten, dass das Gebäude auf einen zeitgemäßen Standard gebracht wird.44

III.Die vermietete Eigentumswohnung

1.Kauf zur Eigennutzung

18Wer eine vermietete Eigentumswohnung kaufen möchte, um selbst einzuziehen, muss vor allem an eines denken: Einziehen kann er nur, wenn der Mieter auszieht. Das klingt banal, ist aber sehr oft ein Problem, das übersehen oder ignoriert wird. Der Verkäufer muss dem Käufer also verbindlich zusagen, dass der Mieter zu einem bestimmten Termin auszieht, und zwar im Kaufvertrag!

Das ist aber faktisch nur möglich, wenn der Mieter seinerseits schriftlich verspricht, zu dem Termin auszuziehen. Ob er sein Versprechen dann auch wahr macht, bleibt Spekulation. Zwar kann der neue Eigentümer ihn in diesem Fall mit einer Räumungs­klage zum Auszug zwingen, aber das kann ein langwieriger Rechtsstreit und noch eine längere Zeit der Zwangs­räumung werden und dazu erhebliche Kosten auslösen. Gerichte, Anwalt, Gerichtsvollzieher und der „Zwangsumzugwagen“ müssen meist erst einmal vom Vermieter verauslagt werden. Ob er die mehreren tausend Euro vom Mieter wiederbekommt, ist zweifelhaft, im Fall von sogenannten Mietnomaden ausgeschlossen.

Sollte der Verkäufer den Mietvertrag gekündigt haben, der Mieter aber noch nicht ausgezogen sein, ist größte Vorsicht ge­boten. Ob die Kündigung wirksam ist, hängt von den Rechtsverhältnissen zwischen Verkäufer und Mieter ab. In diese hat der Käufer keinen Einblick. Für den Käufer bleibt nur eine Möglichkeit dieses Risiko auszuschließen: Eine Vereinbarung, wonach er den Kaufpreis erst zahlt, wenn der Mieter tatsächlich geräumt hat. Das ist für den Verkäufer ein Risiko, denn auch er weiß nicht, ob der Mieter räumt, er glaubt es nur mehr oder weniger sicher. Wenn er sich irrt, hat er die Wohnung verkauft, erhält seinen Kaufpreis nicht und schuldet ohne weitere vertragliche Regelungen dem Erwerber sogar Schadensersatz, der sich nicht nur auf die umsonst aufgewendeten Makler- und Notarkosten erstreckt (§§ 434 Abs. 1 Satz 2, 437 Nr. 3 iVm 280 Abs. 1 BGB).

Wichtig ist, sich den Mietvertrag genau anzusehen oder von einem Fachmann ansehen zu lassen. Da der Mietvertrag nicht notariell abgeschlossen wird, sondern in der Regel einfach nur schriftlich, hat allerdings der Erwerber zunächst keine Garantie dafür, dass es sich bei seiner Kopie auch um das vollständige Vertragsexemplar handelt. Ob der Mieter einmalige Vorauszahlungen geleistet hat oder Einbauten Mietereigentum sind, ist dem Mietvertrag nicht zu entnehmen. Deshalb gilt auch insoweit, dass der Käufer Zusicherungen darüber im Kaufvertrag aufnehmen lassen sollte.

Die Mieter können ein gesetzliches Vorkaufsrecht an der Wohnung haben. Nach § 577 BGB hat der Mieter ein Vorkaufsrecht, wenn er bereits vor Aufteilung des Hauses in Wohnungseigentum Mieter war. Kommt ein Vorkaufsrecht in Betracht, kann der Mieter vor Abschluss des notariellen Kaufvertrages zwischen Verkäufer und Käufer darauf nicht verzichten. Er muss also erst den Kaufvertrag kennen und hat dann zwei Monate Zeit (§ 469 Abs. 2 Satz 1 BGB) sich zu entscheiden, ob er die Wohnung kaufen möchte. Ob der neue Käufer überhaupt Eigentümer werden kann, entscheidet daher der Mieter nach Abschluss des Kaufvertrages. Das ist eine unangenehme Wartezeit für den Käufer, weil er „sein“ Zuhause möglicherweise nicht bekommt, obwohl er alles sorgfältig geprüft hat und seine Finanzierung steht.

Die Frage des Vorkaufsrechtes steht also ebenfalls am Anfang einer Kaufentscheidung. Wer den ganzen Prüfungsaufwand und damit Kosten hat und nach dem Kaufvertrag noch zwei Monate warten muss, ob sich der Mieter für „seine“ Wohnung ent­scheidet, nimmt vielleicht gleich davon Abstand oder lässt sich diese Lage mit einem Kaufpreisabschlag aus­gleichen.

2.Kauf als Kapitalanlage

19Wenn der Käufer die Wohnung als Kapitalanlage kauft und weiterhin an den Mieter vermieten will, ist die Frage der Miet­höhe natürlich die Wichtigste. Es gibt zum Beispiel öffentlich geförderten, preisgebundenen Wohnraum, für den zwingend die Neubaumietenverordnung gilt. Der Mietpreis und die Betriebskostenabrechnung sind vorgeschrieben. Die Ab­rechnung der Betriebskosten hat nach der Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten (Betriebs­kosten­verordnung/BetrKV) zu erfolgen (Anhang 6, RdNr. 185), eine Abweichung von der BetrKV ist nicht möglich. Ob eine Wohnung preisgebunden ist, müssen Makler und Verkäufer zumeist bereits im Angebot angeben. Der Käufer sollte dennoch vorsichtshalber fragen und eine Garantie im Kaufvertrag vereinbaren.

Wie setzt sich die gezahlte Miete zusammen? Wünschenswerter Weise enthält der Mietvertrag die Größe der Wohnung, eine Nettokaltmiete, d. h. ohne Betriebs- und Heizkosten, eine Vorschusszahlung für die Heizkostenund eine Vorschusszahlung für Betriebskosten. Das Gegenstück hiervon ist ein Bruttomietzins: Der Mieter zahlt eine Summe, die die Betriebskosten ent­hält.

20Die Betriebskosten sind nicht identisch sind mit dem Wohngeld. Eine lapidare Aussage des Verkäufers, das Wohngeld zahle der Mieter, ist falsch. Sie enthält gleich zwei Fehler:

–  Es kann nur auf den Mieter umgelegt werden, was mit diesem vereinbart wurde. Das steht im Mietvertrag.

–  Wohnungsmieter zahlen keine Instandhaltungsrücklagen, keine Reparaturkosten, keine Verwaltergebühren, keine Ver­schönerungsarbeiten. Sie gehören nicht zur Betriebskostenabrechnung.

Für den Mieter hatte früher die Wohngeldabrechnung wenig Bedeutung. Zwar sind darin die Nebenkosten der Wohnung aufgelistet, aber für den Mieter waren sie kein Maßstab seiner Nebenkosten. Der häufigste Umrechnungsmaßstab der Wohnungs­­eigentumsgemeinschaft ist der Miteigentumsanteil, der Umrechnungsmaßstab für den Mieter war aber allein seine Mietfläche. Umlageschlüssel kann aber nun nach neuem Recht statt der Fläche auch der Umlageschlüssel der WEG sein, also in aller Regel der Miteigentumsanteil. Allerdings nur, wenn das nicht billigem Ermessen widerspricht, also in keinem Ver­hält­nis steht. Das regelt nun § 556a Abs. 3 Satz 1 BGB. Es gilt aber nicht, wenn im Mietvertrag ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist.

Wie unter RdNr. 8 angesprochen und unter RdNr. 106 ff. erläutert, kann das Verhältnis von Mit­eigentumsanteil und Fläche auseinanderfallen; gleich große Wohnungen können unterschiedliche Miteigentumsanteile haben. Hinzu kommt: Es gibt verschiedene Methoden, Flächen in Gebäuden zu berechnen:

–  DIN 283 – Wohnungen, Teil 1 und 2

–  Zweite Berechnungsverordnung (II. BV) – bis 31.12. 2003

–  Wohnflächenverordnung (WoFIV) – ab 1.1. 2004

–  DIN 277 – Grundflächen und Rauminhalte von Bauwerken im Hochbau

Wenn keine Berechnungsgrundlage vereinbart ist, gilt die Berechnung der Wohnflächenverordnung45. Wichtig sind die Rechenvorschriften gemäß § 4 Wohnflächenverordnung, zum Beispiel sind Räume mit mindestens einem Meter und weniger als zwei Meter Höhe nur zur Hälfte ihrer Fläche zu berechnen. Balkone in der Regel zu einem Viertel, höchstens jedoch zur Hälfte.

Einer Größenangabe darf der Käufer nicht blind vertrauen. (mehr dazu unter RdNr. 108). Bei Altbauten z. B. gibt es Abweichungen, weil die Wandstärken wegen der früheren statischen Annahmen pro Stockwerk dünner werden.

Auch wenn Sie alle Parteien nerven, messen Sie als Käufer nach. Makler