Wolfsmale - Inspector Rebus 3 - Ian Rankin - E-Book
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Wolfsmale - Inspector Rebus 3 E-Book

Ian Rankin

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Beschreibung

Chief Inspector John Rebus auf Dienstreise in London: Als Experte für Serienmörder soll er bei der Suche nach dem geheimnisvollen »Wolfman« helfen, einem scheinbar wahnsinnigen Killer, der seine Opfer grausam entstellt und tiefe Bisswunden auf ihnen hinterlässt. Doch die Londoner Kollegen sind wenig begeistert über die Hilfestellung aus dem Norden – und machen dem eigenbrötlerischen Rebus fast genauso zu schaffen wie der intelligente Mörder, der einfach keine brauchbaren Spuren hinterlässt …

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Buch

Dank seiner Expertise auf dem Gebiet der Serienmorde wird Chief Inspector John Rebus, der melancholische Cop mit so einigen Ecken und Kanten, von Edinburgh nach London gerufen. Diesen Ausflug verdankt er seinen »Profiler« -Qualitäten. Er stellt Serienmörder, indem er ihr Verhalten, ihren »Modus operandi«, bloßlegt. Nur allzu verständlich, dass seine Londoner Kollegen nicht so begeistert sind, jemanden vor die Nase gesetzt zu bekommen, der anscheinend alles besser weiß und der zudem noch einen starken Akzent aus dem Norden mitbringt. In Rebus haben sie es außerdem mit einem eigenbrötlerischen Kauz zu tun, der auch mal in puncto Dienstvorschrift Fünfe gerade sein lässt. Für Zündstoff zwischen den Kollegen ist gesorgt. Aber um Vorurteile zwischen Engländern und Schotten aus dem Weg zu räumen, ist er nicht gekommen. Seine Mission heißt, einen Serienmörder zu stellen: In London geht der »Wolfsmann« um. Seinen Spitznamen bekam er, weil sein erstes Opfer in der Wolf Street gefunden wurde. Aber, was noch schlimmer und grausamer ist: Die Opfer tragen die Abdrücke eines menschlichen Gebisses. Rebus gräbt sich in das kranke Wesen des Täters ein, und nicht zuletzt durch die Tipps einer attraktiven Psychologin gelingt es ihm, die Fährte des Mörders aufzunehmen …

Autor

Ian Rankin, 1960 in Fife geboren, lebte in Edinburgh und London, bevor er mit seiner Frau nach Südfrankreich zog. Sein erster Roman erschien 1986 und wurde von der Kritik gefeiert. Der internationale Durchbruch beim Lesepublikum gelang ihm schließlich mit seinem melancholischen Serienhelden John Rebus, der mittlerweile aus den britischen Bestsellerlisten nicht mehr wegzudenken ist.

Inhaltsverzeichnis

Über den AutorWidmungPrologDie SchreckenskammerUndergroundEinen Happen essenFlunkereienChurchillDu must wissen, Frau …Die GalerieFamilienangelegenheitenDANKCopyright

Noch einmal für Miranda,aber diesmal auch für Mugwump …

»So viele Wölfe spüren wir auf unseren Fersen, wo doch unsere wahren Feinde einen Schafspelz tragen.«

Malcolm Lowry, Unter dem Vulkan

Prolog

Sie stößt mit dem Messer zu.

Dieser Moment, das weiß sie aus früheren Erfahrungen, ist sehr intim. Ihre Hand hält den kühlen Griff des Messers umklammert, und die Wucht lässt die Klinge bis zum Heft in die Kehle eindringen, bis ihre Hand die Kehle berührt. Fleisch auf Fleisch. Erst Jacke oder Wollpullover, Baumwollbluse oder T-Shirt, dann Fleisch. Jetzt dehne. Das Messer bewegt sich hektisch hin und her wie ein schnupperndes Tier. Warmes Blut fließt über Heft und Hand. (Die andere Hand hält den Mund zu, um Schreie zu ersticken.) Das ist der große Augenblick. Eine Begegnung. Eine Berührung. Der Körper ist heiß, klafft auf, ist warm vom Blut. Siedet innerlich, während sich das Innere nach außen ergießt. Brodelt. Viel zu schnell ist der Augenblick vorbei.

Und sie verspürt immer noch Hunger. Das ist nicht richtig, ist ungewöhnlich, doch sie verspürt ihn. Sie entfernt einen Teil der Kleidung, sogar eine ganze Menge Kleidung, vielleicht mehr als nötig ist. Und sie tut, was sie tun muss. Wieder gleitet das Messer hin und her. Sie hat die Augen fest zugekniffen. Diesen Teil mag sie nicht. Sie hat ihn noch nie gemocht, nicht damals, nicht jetzt. Aber besonders nicht damals.

Schließlich nimmt sie die Zähne aus dem Mund und drückt sie tief in den weißen Bauch, bis sie einen ansehnlichen Bissen gepackt haben, und flüstert, wie sie es immer tut, dieselben fünf Wörter.

»Es ist nur ein Spiel.«

Es ist bereits Abend, als George Flight den Anruf erhält. Sonntagabend. Der Sonntag sollte doch eigentlich der Entspannung dienen – Rinderbraten mit Yorkshire Pudding, die Füße vor dem Fernseher hoch gelegt, dass einem die Zeitung vom Schoß rutscht. Aber er hatte schon den ganzen Tag ein merkwürdiges Gefühl gehabt. Am Mittag im Pub hatte er es gespürt, ein Kribbeln in den Eingeweiden, als ob dort Würmer wären, kleine blinde weiße Würmer, hungrige Würmer, Würmer, die keine Ruhe geben würden. Er wusste, woher sie kamen, und sie wussten, woher sie kamen. Und dann hatte er auch noch bei der Pub-Tombola den dritten Preis gewonnen: einen ein Meter großen, orange-weißen Teddybär. Selbst die Würmer hatten ihn in dem Moment ausgelacht, und er hatte gewusst, dass der Tag übel enden würde.

Wie er es nun auch tat, wo das Telefon so penetrant klingelte wie die Glocke zur letzten Runde. Es würde eine schlechte Nachricht bringen, die nicht bis zum nächsten Morgen warten konnte. Er wusste natürlich, was das bedeutete. Hatte er nicht während der letzten Wochen die ganze Zeit darauf gewartet? Trotzdem hatte er keine Lust, den Hörer abzunehmen. Schließlich tat er es doch.

»Flight am Apparat.«

»Es hat einen weiteren gegeben, Sir. Der Wolfsmann. Er hat einen weiteren Mord begangen.«

Flight starrte auf den stummen Fernseher. Highlights aus dem Rugbyspiel vom vergangenen Tag. Erwachsene Männer, die hinter einem eigenartig geformten Ball herliefen, als ginge es um ihr Leben. Und gegen eine Seite des Fernsehers gelehnt saß dieser süffisant grinsende Preis, der Teddybär. Was, zum Teufel, sollte er mit einem Teddybären anfangen?

»Okay«, sagte er, »sagen Sie mir einfach, wo …«

»Schließlich ist es doch nur ein Spiel.«

Rebus nickte dem Engländer ihm gegenüber am Tisch lächelnd zu. Dann starrte er wieder aus dem Fenster und tat so, als würde ihn die vorbeifliegende dunkle Landschaft interessieren. Der Engländer hatte es nicht nur einmal, er hatte es ein Dutzend Mal gesagt. Und er hatte kaum etwas anderes während der Fahrt gesagt. Außerdem nahm er Rebus immer mehr kostbare Beinfreiheit, während seine Sammlung leerer Bierdosen sich immer weiter auf dem Tischchen ausbreitete, in Rebus’ Hälfte eindrang und gegen den ordentlich gefalteten Stapel von Zeitungen und Zeitschriften stieß.

»Fahrkarten, bitte!«, brüllte der Schaffner vom anderen Ende des Wagens.

Also suchte Rebus seufzend zum dritten Mal, seit er in Edinburgh abgefahren war, nach seiner Fahrkarte. Sie war nie dort gewesen, wo sie seiner Meinung nach hätte sein müssen. In Berwick hatte er geglaubt, sie wäre in seiner Hemdtasche. Da war sie in der Brusttasche seiner Harris-Tweedjacke gewesen. In Durham hatte er dann in der Jacke nach ihr gesucht und sie schließlich unter einer der Zeitschriften auf dem Tisch gefunden. Nun, zehn Minuten vor Peterborough, war sie in die Gesäßtasche seiner Hose gewandert. Er nahm sie heraus und hielt sie in der Hand, bis der Schaffner bei ihm war.

Die Fahrkarte des Engländers war da, wo sie immer gewesen war, halb versteckt unter einer Bierdose. Obwohl Rebus beinah jedes Wort auswendig kannte, warf er erneut einen Blick auf die Rückseite einer seiner Sonntagszeitungen. Er hatte sie aus reinem Übermut oben auf den Stapel gelegt, weil er sich an den großen schwarzen Buchstaben der Schlagzeile erfreute: Scots Wha Hae! – dem Anfang der inoffiziellen schottischen Nationalhymne: Schotten, die ihr habt … Darunter wurde über den dramatischen Calcutta Cup am gestrigen Tag in Murrayfield berichtet. Und es war wirklich ein Drama gewesen, kein Tag für Leute mit schwachen Nerven, sondern für solche mit tapferen Herzen und voller Entschlossenheit. Die Schotten hatten schließlich mit dreizehn zu zehn Punkten triumphiert, und hier saß Rebus nun am Sonntagabend in einem Zug voller enttäuschter englischer Rugbyfans, die zurück nach London fuhren.

London. Das war noch nie eine von Rebus’ Lieblingsstädten gewesen. Nicht dass er häufig dort war. Aber diesmal war es sowieso nicht zum Vergnügen. Es war rein dienstlich, und als Vertreter der Polizei von Lothian und Borders war er gehalten, sich gut zu benehmen. Oder, wie sein Boss es kurz und bündig gesagt hatte: »Keinen Scheiß, John.«

Nun ja, er würde sein Bestes geben. Nicht dass er glaubte, überhaupt viel tun zu können, egal, ob richtig oder falsch. Aber er würde tun, was er konnte. Und wenn das bedeutete, ein sauberes Hemd mit Krawatte zu tragen, blank geputzte Schuhe und ein anständiges Jackett, dann würde er sich eben fügen.

»Alle Fahrkarten, bitte.«

Rebus reichte dem Schaffner seine Fahrkarte. Irgendwo weiter vorn im Gang, in dem Niemandsland des Speisewagens zwischen erster und zweiter Klasse, rezitierten einige Stimmen laut einen Vers aus Blakes Jerusalem. Der Engländer gegenüber von Rebus lächelte.

»Nur ein Spiel«, sagte er zu den Dosen vor sich. »Nur ein Spiel.«

Der Zug fuhr mit fünf Minuten Verspätung in den Bahnhof King’s Cross ein. Es war Viertel nach elf. Rebus hatte keine Eile. Die Metropolitan Police hatte ihm freundlicherweise ein Hotelzimmer mitten in London reserviert. In der Jackentasche hatte er eine getippte Liste mit Hinweisen und einer Wegbeschreibung, die ihm ebenfalls von London geschickt worden war. Er hatte nicht viel Gepäck mitgebracht, da er glaubte, dass sich die Freundlichkeit der Metropolitan Police damit wohl mehr oder weniger erschöpft hätte. Er rechnete damit, dass er höchstens zwei bis drei Tage hier sein würde, dann wäre gewiss selbst denen klar, dass er ihnen nicht sonderlich bei ihren Ermittlungen helfen konnte. Also: ein kleiner Koffer, eine Reisetasche, eine Aktentasche. Der Koffer enthielt zwei Anzüge, ein zweites Paar Schuhe, mehrere Paar Socken, Unterhosen und zwei Hemden (mit passenden Krawatten). In der Reisetasche waren ein kleiner Kulturbeutel, ein Handtuch, zwei Taschenbuchromane (einer teilweise gelesen), ein Reisewecker, eine Fünfunddreißig-Millimeter-Kamera mit Elektroblitz und Film, ein T-Shirt, ein Taschenschirm, Sonnenbrille, Transistorradio, Terminkalender, Bibel, ein Fläschchen mit siebenundneunzig Paracetamol-Tabletten und eine weitere Flasche (in das T-Shirt gewickelt) mit dem besten Islay-Maltwhisky.

Mit anderen Worten, nur das Allernotwendigste. In der Aktentasche befanden sich Notizblock, Stifte, ein Kassettenrecorder, mehrere leere und einige bespielte Bänder sowie ein dicker Ordner. Dieser enthielt Kopien von Papieren der Metropolitan Police, fünfundzwanzig mal dreißig Zentimeter große Farbfotos, die von einer Ringbindung zusammengehalten wurden, und Zeitungsausschnitte. Auf dem Ordner klebte ein weißes Etikett, auf das ein einziges Wort getippt war. WOLFSMANN.

Rebus hatte keine Eile. Die Nacht – oder was davon noch übrig war – gehörte ihm. Am Montagmorgen musste er um zehn bei einer Besprechung sein, doch seine erste Nacht in der Hauptstadt konnte er verbringen, wie er wollte. Er nahm an, dass er sie voraussichtlich in seinem Hotelzimmer verbringen würde. Bis die anderen Fahrgäste den Zug verlassen hatten, blieb er sitzen, dann nahm er seine Reisetasche und die Aktentasche von der Gepäckablage und ging zu der Schiebetür an einem Ende des Wagens, neben der im Gepäckabteil sein Koffer stand. Nachdem er die Sachen durch die Zugtür und auf den Bahnsteig bugsiert hatte, blieb er einen Augenblick stehen und atmete ein. Es roch irgendwie anders als auf anderen Bahnhöfen. Ganz gewiss nicht wie in der Waverley Station in Edinburgh. Die Luft stank nicht gerade, aber irgendwie kam sie Rebus völlig verbraucht und schal vor. Plötzlich war er sehr müde. Und noch etwas anderes drang in seine Nase, etwas, das süß und widerlich zugleich war. Ihm fiel nicht ein, woran es ihn erinnerte.

In der Bahnhofshalle steuerte er nicht gleich auf die U-Bahn zu, sondern ging erst in einen Buchladen. Dort kaufte er ein A-Z von London und schob es in seine Aktentasche. Die Zeitungen vom nächsten Morgen kamen gerade an, doch er ignorierte sie. Heute war Sonntag, nicht Montag. Sonntag war der Tag des Herrn, aus diesem Grund hatte er vielleicht auch eine Bibel eingepackt. Er war schon seit Wochen nicht mehr in der Kirche gewesen … vielleicht sogar seit Monaten. Nicht mehr, seit er versuchsweise in der Kathedrale auf dem Palmerson Place gewesen war. Das war eine schöne Kirche, hell und freundlich, aber zu weit von seiner Wohnung entfernt, um praktikabel zu sein. Und im Übrigen war das immer noch organisierte Religion, und er hatte sein Misstrauen gegen organisierte Religion nicht abgelegt. Wenn überhaupt, dann war er heute misstrauischer denn je. Außerdem hatte er Hunger. Vielleicht sollte er auf dem Weg zum Hotel ein Häppchen essen …

Er kam an zwei Frauen vorbei, die sich lebhaft unterhielten.

»Ich hab es erst vor zwanzig Minuten im Radio gehört.«

»Schon wieder eine umgebracht?«

»Das haben sie gesagt.«

Die Frau schauderte. »Ich mag gar nicht darüber nachdenken. Haben sie gesagt, dass es eindeutig er war?«

»Nicht eindeutig, aber das weiß man einfach, oder?«

Da war was Wahres dran. Also war Rebus gerade rechtzeitig gekommen, um zu erleben, wie ein weiterer Teil des Dramas ablief. Ein weiterer Mord; damit waren es insgesamt vier. Vier im Zeitraum von drei Monaten. Er war ein eifriger kleiner Mann, dieser Mörder, den sie Wolfsmann getauft hatten. Sie hatten ihn Wolfsmann getauft, und dann hatten sie an Rebus’ Boss geschrieben. Leih uns deinen Mann, hatten sie gesagt. Mal sehen, was er tun kann. Rebus’ Boss, Chief Superintendent Watson, hatte ihm den Brief gezeigt.

»Sie sollten ein paar silberne Kugeln mitnehmen, John«, hatte er gesagt. »Sieht so aus, als wären Sie deren letzte Hoffnung.« Und dann hatte er laut gelacht, weil er genauso gut wie Rebus selbst wusste, dass er bei dem Fall wenig würde helfen können.

Doch Rebus hatte nur auf seiner Unterlippe herumgekaut und schweigend vor seinem Vorgesetzten gestanden, einem typischen Schreibtischhengst. Er würde tun, was er konnte. Er würde alles tun, was er konnte. Bis sie ihn durchschauten und wieder nach Hause schickten.

Außerdem brauchte er vielleicht mal eine Abwechslung. Watson schien ebenfalls froh, ihn los zu sein.

»Auch wenn’s nichts bringt, zumindest gehen wir beide uns für eine Weile mal nicht auf die Nerven.«

Der Chief Superintendent, der aus Aberdeen stammte, hatte den Spitznamen »Farmer Watson«, ein Spitzname, der jedem Polizeibeamten unter seinem Rang in Edinburgh geläufig war. Aber dann war Rebus eines Tages, als er ein Schlückchen Malt zu viel intus hatte, der Spitzname vor Watson persönlich herausgerutscht. Seitdem musste er feststellen, dass ihm mehr als das übliche Pensum an lästigem Kleinkram, an Schreibtischtätigkeiten, Observierungen und Fortbildungskursen aufs Auge gedrückt wurde.

Fortbildungskurse! Zumindest hatte Watson Sinn für Humor. Der letzte Kurs hatte »Management für höhere Beamte« geheißen und war ein kleineres Desaster gewesen – nur Psychologie und wie man nett zu untergeordneten Beamten war. Wie man sie involvierte, wie man sie motivierte, wie man eine Beziehung zu ihnen herstellte. Rebus war in seine Dienststelle zurückgekehrt und hatte es einen Tag lang probiert, einen ganzen Tag involviert, motiviert und Beziehungen hergestellt. Am Ende des Tages hatte ein Detective Constable Rebus lächelnd auf den Rücken geklopft.

»Verdammt harte Arbeit heute, John. Aber mir hat’s Spaß gemacht.«

»Nehmen Sie gefälligst Ihre Hand von meinem Rücken«, hatte Rebus ihn angefaucht. »Und nennen Sie mich nicht John.«

Dem DC war der Unterkiefer heruntergeklappt. »Aber Sie haben doch gesagt …«, begann er, machte sich aber nicht die Mühe, den Satz zu beenden. Der Spaß war vorbei. Rebus hatte versucht, ein »Manager« zu sein. Hatte es versucht und gehasst.

Mitten auf der Treppe zur U-Bahn blieb er plötzlich stehen, stellte seinen Koffer und die Aktentasche ab, zog den Reißverschluss an seiner Reisetasche auf und nahm das Transistorradio heraus. Er schaltete es ein und hielt es mit einer Hand ans Ohr, während er mit der anderen am Senderknopf drehte. Schließlich fand er irgendwo Kurznachrichten und hörte zu, während die anderen Fahrgäste an ihm vorbeiströmten. Einige starrten ihn an, aber die meisten ignorierten ihn. Endlich hörte er, worauf er gewartet hatte, schaltete das Radio aus und warf es wieder in die Reisetasche. Nun öffnete er die beiden Verschlüsse an seiner Aktentasche und zog das A – Z heraus. Als er hinten in den Seiten mit den Straßennamen blätterte, wurde ihm wieder bewusst, wie groß London tatsächlich war. Groß und dicht bevölkert. Um die zehn Millionen Einwohner oder so? War das nicht doppelt so viel wie die gesamte Bevölkerung von Schottland? Da mochte man gar nicht drüber nachdenken. Zehn Millionen Seelen.

»Zehn Millionen und eine«, flüsterte Rebus vor sich hin, als er den Namen fand, nach dem er gesucht hatte.

Die Schreckenskammer

»Kein schöner Anblick.«

Detective Inspector George Flight sah sich um und fragte sich, ob der Sergeant wohl die Leiche oder die Umgebung gemeint hatte. Man konnte über den Wolfsmann sagen, was man wollte, auf jeden Fall war er nicht wählerisch, was die Örtlichkeiten anging. Diesmal war es ein Pfad an einem Flussufer. Nicht dass Flight den Lea je als richtigen »Fluss« betrachtet hätte. Es war ein Ort, an den Einkaufswagen kamen, um zu sterben, ein Streifen Wasser, der auf einer Seite von Marschland gesäumt wurde und auf der anderen von Industriegelände und Flachbauten. Anscheinend konnte man am Lea entlang von der Themse bis rauf nach Edmonton gehen. Der schmale Fluss lief wie eine gesprenkelte schwarze Ader vom Osten Zentrallondons bis in die nördlichsten Regionen der Hauptstadt und noch weiter. Ein großer Teil der Londoner wusste nicht mal, dass er existierte.

George Flight kannte ihn jedoch genau. Er war in Tottenham Hale aufgewachsen, nicht weit vom Lea entfernt. Sein Vater hatte auf dem befahrbaren Teil des Flusses geangelt, zwischen den Schleusen Stonebridge und Tottenham. Er selbst hatte als Kind auf dem Marschland Fußball gespielt, mit seiner Clique im hohen Gras heimlich Zigaretten geraucht und auf dem Ödland auf der anderen Seite des Flusses, gleich gegenüber der Stelle, an der er gerade stand, an der ein oder anderen Bluse oder dem ein oder anderen BH herumgefummelt.

Er war häufig diesen Pfad entlangspaziert. Es war ein beliebter Ort an warmen Sonntagnachmittagen. Es gab Pubs direkt am Fluss, wo man draußen stehen, ein Pint trinken und dabei die Sonntagssegler in ihren Booten beobachten konnte. Aber in der Nacht benutzten nur Betrunkene, Leichtsinnige und Mutige diesen einsamen und schlecht beleuchteten Pfad. Betrunkene, Leichtsinnige, Mutige … und die Anwohner. Jean Cooper war eine Anwohnerin. Seit der Trennung von ihrem Mann hatte sie mit ihrer Schwester in einer kleinen, erst kürzlich erbauten Siedlung in der Nähe des Treidelpfads gewohnt. Sie arbeitete in einem Wein- und Spirituosenladen auf der Lea Bridge Road und hatte um sieben Uhr frei. Der Uferpfad war der kürzeste Weg nach Hause.

Ihre Leiche war um Viertel vor zehn von zwei jungen Männern gefunden worden, die auf dem Weg zu einem der Pubs waren. Sie waren zur Lea Bridge Road zurückgelaufen und hatten einen vorbeifahrenden Polizeiwagen angehalten. Danach lief alles rein routinemäßig wie von selbst. Der Polizeiarzt kam und wurde von Detectives der Polizeiwache Stoke Newington in Empfang genommen, die, als sie den erkannten, Flight verständigten.

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