Wörld of Drecksäck - Gerd Knebel - E-Book

Wörld of Drecksäck E-Book

Gerd Knebel

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Beschreibung

Bereits in den 80ern erlangte Gerd Knebel als Sänger der Frankfurter Kult-Band „Flatsch“ einen bundesweiten Bekanntheitsgrad. Heute ist der Comedian und Musiker in zahlreiche Musik- und Theaterprojekte involviert und genießt als die eine Hälfte des Comedy-Duos „Badesalz“ Kultstatus. In diesem Buch verarbeitet er geselllschaftiche Themen auf seine unverwechselbare satirische Art.

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Gerd Knebel

World of Drecksäck

Mit Illustrationen von Moritz von Wolzogen

 Impressum:   CharlesVerlag, Mathias Müller & Marcel Dax GbR, Frankfurt am Main, alle Rechte vorbehalten, eine Veröffentlichung, auch in Auszügen, ist nur mit Genehmigung des CharlesVerlag gestattet.www.charlesverlag.de   Druck: Booksfactory Umschlaggestaltung: Marcel Dax Coverbild: Ingo Römling Illustrationen: Moritz von Wolzogen   ISBN 978-3-940387-85-1   1. Auflage 2018   Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek. Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet unterhttp://dnb.dbb.deabrufbar.

Der Autor:  

29-Euro-Flüge

Was die Rettung der Umwelt anbelangt, hab' ich ja lange Zeit auf die jungen Leute gebaut, auf diese Protestbewegungstypen, die zum Beispiel in den Occupy-Zeltstädten wohnen, aber selbst bei denen sehe ich inzwischen schwarz.

Die regen sich vielleicht noch über reiche Typen und Muttis auf, die mit ihren SUVs die Umwelt verpesten, haben aber gleichzeitig nicht das geringste Problem damit, mal kurz zum Kiffen mit irgendeinem anderen Fusselheini nach Barcelona zu fliegen. Kost' ja nur 29 Euro.

Und weil die auch nicht jeden Tag zur Arbeit, sondern höchstens mal die Dreadlocks ihrer Freundin entlausen müssen, können sie sich jederzeit diese Billigflüge fern ab der Hauptzeiten nehmen.

»Du, ich hab' letzte Woche 'nen Kumpel in Irland besucht. 29 Euro. Geil, oder?«

»Voll, so. Und weißt du, wo ich letzte Woche war, Alter? In Florenz. Gab's für achtnzwanzigfuffzig bei Lidl.«

Warum greift da eigentlich der Schäuble nicht ein, der hat doch sonst so gute Ideen. Zum Beispiel die mit dem Flugzeuge-Abschießen. Er wollte uns doch noch vor ein paar Jahren durch das gezielte Abschießen von Passagierflugzeugen vor Terroranschlägen beschützen. Natürlich nur, wenn irgendwie Gefahr im Verzug wäre.

Jetzt ist verdammt nochmal Gefahr im Verzug! Jetzt geht es sogar um die Rettung der Welt! Warum ruft Schäuble nicht bei de Maizière an und sagt ihm, er soll endlich diese verkackten Billigflieger mitsamt ihren 29-Euro-Passagieren vom Himmel ballern lassen?

Abgelehnte Wette

»Wetten, dass?« ist ja jetzt Gottschalkseidank endlich vorbei.

Die Wetten, der Moderator und sein Nachfolger – alles wurde immer langweiliger.

Dabei hätte man mit guten Wettideen so viel aus der Sendung machen können! Ich schätze, der Laden war einfach schlecht beraten. Warum sonst haben die meinen Wettvorschlag abgelehnt?

Er ging so:

»Wetten, dass Sie keine 10 Mütter mit ihren in Biblis geborenen, zweiköpfigen Kindern auf die Bühne bekommen werden, die doppeltes Kindergeld beziehen?«

Ich erhielt noch nicht einmal ein Absageschreiben.

Genommen wurde aber meine zweite Wettidee: »Wetten, dass sie keine 10 Matrosen finden die alle Smutje heißen, steppen und gleichzeitig dazu La Paloma ohe rülpsen können?«

Also ehrlich: Dem Laden war wirklich nicht mehr zu helfen.

Anwaltslogik

In der Schweiz stand im Juli 2011 ein Mann vor Gericht, der einen Fußballfan ins Gesicht geschlagen hatte, sodass dieser mit dem Kopf auf den Bordstein aufschlug und seitdem querschnittsgelähmt ist.

Der Anwalt des Schlägers meinte dazu: »Nicht der Schlag, sondern der Aufprall auf den Boden führte zu der Querschnittslähmung.«

Gut, das klingt natürlich erst einmal nicht besonders mitfühlend, aber ich muss Ihnen sagen: Mich hat das sehr überzeugt! Es beweist doch, dass es sich immer lohnt, die Dinge mal von einer anderen, meinetwegen auch nüchterneren Warte aus zu betrachten. Seitdem kommt mir die Berichterstattung in den Medien oftmals erschreckend einseitig vor. Neulich erst wieder. Da hätte es logischerweise heißen müssen: »Nicht der Schubser führte zum Tod des Opfers, sondern die zu diesem Zeitpunkt einfahrende U-Bahn.« Ich bitte Sie, es ist doch wahr!: Wäre die U-Bahn nämlich später gekommen, … Na, sehen Sie.

In der Öffentlichkeit, die ja vieles nicht so logisch und nüchtern betrachtet wie der Anwalt und ich, hat das Statement des Anwalts für große Empörung gesorgt. Eine Bürgerinitiative hat daher jetzt einen hilfreichen Fragebogen entwickelt, den sich Gewalttäter und solche, die es werden wollen, vor der Tat von ihren Opfern ausfüllen lassen müssen.

In diesem Fragebogen werden wichtige Punkte für das weitere Vorgehen abgeklärt:

1. Wäre es Ihnen angenehmer,

A - auf einer Wiese

B - auf einem Kiesweg

C - auf Parkettboden

D - auf einem Waldweg oder

E - auf Kopfsteinpflaster niedergeschlagen zu werden?

(Zutreffendes bitte ankreuzen.)

2. Leiden Sie unter Herzproblemen?

ja

nein

3. Wohin möchten Sie bei einem Messerangriff vorzugsweise gestochen werden?

A - in die Nieren

B - in den Bauch

C - in den Brustkorb

D - in den oberen Rücken

E - in die Gliedmaße

F - in den Hals

G - direkt ins Gesicht

Auf Seite 2, Punkt 4. des Fragebogens kann man anhand exemplarischer Bilder entscheiden, wie man im Todesfall beseitigt werden möchte, also ob man beispielsweise lieber in den Fluss geworfen, einbetoniert oder kleingehackt in einen Altkleidercontainer gesteckt werden möchte.

Seite 3 besteht aus einem freien Feld mit der Überschrift »Sonderwünsche« und dem letzten Abschnitt:

Für den gegebenenfalls von Passanten alarmierten Rettungsdienst:

Sind Sie Organspender/in?

Welche Blutgruppe haben Sie?

Ich bin der festen Überzeugung, dass sich dank dieser Fragebögen viele Missverständnisse in puncto Tathergang vermeiden lassen – sowohl im Sinne der Opfer wie auch der Täter.

Arzt oder TÜV?

Viele Menschen träumen ja von Berufen, in denen sie mehr verdienen könnten als in ihrem eigenen, vergessen dabei aber, dass es in so manchem besser bezahlten Beruf auch viele unangenehme Dinge gibt.

Zum Beispiel gibt es Berufszweige, in denen man auf gar keinen Fall sagen darf, was man denkt. Man denkt sich was, aber darf es nicht sagen. Bloß nicht, niemals, unter gar keinen Umständen.

Kürzlich musste ich zum Röntgen. Im Wartezimmer saßen außer mir ein Mann und sechs dicke Frauen. Eine ca. drei Zentner schwere Dame sagte zu einer ca. zweieinhalb Zentner schweren Dame:

»Die ganze Zeit warn die Knie in Ordnung. Ich hätt' die Gartenarbeit net mache' solle', des war's.«

Als ich das mitbekam, hätte ich ihr am liebsten gesagt: »Falsch, Sie Doppel-Whopper. Sie hätten in den letzten 20 Jahren besser 4.000 Hamburger und 800 Zentner Pommes Frites weniger essen sollen. Vielleicht wär's auch ratsam gewesen, die 200 Eimer Mayo wegzulassen und dafür ab und zu mal eine Treppe hochzulaufen.« Hab' ich natürlich nicht gesagt, aber gereizt hat es mich schon. Und wetten, dass es dem Arzt, der sie dann untersuchen musste, genau so ergangen ist wie mir?

Ein Freund von mir träumte lange Zeit davon, Frauenarzt zu werden. Warum spielt jetzt keine Rolle, er fand einfach, das müsste ein ganz toller Job sein. »Stell dir vor«, hab ich zu ihm gesagt, »stell dir vor, du bist Frauenarzt, und da kommt alle paar Wochen dieselbe Tante reingeschneit und erzählt dir einen: ,wisse' Sie, Herr Doktor, erst wollt' ich ja gar net mit, aber dann hat de' Jonny mir noch fünf Ramazotti ausgegebbe', und danach hab' ich den mit ganz annere Augen gesehen. Verstehe' Sie, ja, wir habbe' uns plötzlich unheimlich gut verstande'. Und wie's halt so is', wenn mer sich gut versteht, bin ich dann mit ihm hoch auf sei' Zimmer … Ei ja ... ich konnt' ja net wisse, dass er 'nen Tripper hat! Ich sach' Ihne', sowas is' mir ja noch nie passiert, weder mit'm Rainer noch mit'm Chrissi, mit'm Tommi, mit'm Walter, mit'm Rolf mit'm Günter, mit'm Marlon, mit'm Pierre, mit'm Christoph oder mit'm Matze. Gut, wegen dem Matze hatte ich neulich die Chlamydien, und die Dellwarzen letzten Herbst (meine Güte, wissen Sie noch, wie unappetitlich die waren, Herr Doktor?), die können eigentlich nur vom Axel gekommen sein. Oder von Herbert. Oder vom Michi. Aber Tripper?! Da hätte der feine Herr ja schon mal besser uffpasse können. Aber der geht ja mit jeder mit, wenn Sie wissen, was ich meine …«

 Mein Freund schaute mich angewidert an. »Siehste«, sagte ich, »da würdest du doch bestimmt am liebsten sagen: ,Gute Frau, bitte nehmen Sie diese Kiste Antibiotika, verlassen sie meine Praxis und kommen Sie bitte nie nie nie wieder.' Kannste aber nicht machen, als Frauenarzt. Das musst du alles zurückhalten und unterdrücken, und das kann ja auf Dauer nicht gesund sein.«

Inzwischen hat sich mein Freund einen Job beim TÜV gesucht, weil: Da kann man den Leuten alle möglichen Dinge sagen, auch solche, die man als Frauenarzt sehr gerne loswerden würde: »Und mit so 'nem runtergerockten Ding cruisen sie hier noch durch die Gegend?! Ich glaub', es geht los! Ich leg' Ihnen die Kiste still, da läuft nix mehr, is' das klar?«

»Aber … aber … Könne' Sie denn kei' Ausnahme mache'?«

Aus lauter Wut Arsen

In Japan ist im Juni 2005 eine 43-jährige Frau zum Tode verurteilt worden, weil sie mit vergiftetem Curry vier Menschen getötet und 63 weitere vergiftet hat. Sie hatte 1998 bei einem Sommerfest im westjapanischen Sonobe rund ein Kilo Arsen ins Essen gekippt.

Die Mutter von vier Kindern hatte sich anscheinend darüber geärgert, dass ihre Nachbarn ihr vorhielten, zu spät zu dem Fest gekommen zu sein, zu dem sie das Currygericht mitbringen sollte.

Die Dame hieß übrigens Masumi Hayashi.

Masumi Hayashi, also bei dem Namen wär' ich ja gleich misstrauisch geworden, denn Masumi klingt eh schon ein bisschen wie Massenmörder, und Hayashi klingt für mich nach verkohltem Hai. Hay Ashi, halt.

Ihr Name hätte den anderen Gästen schon zu denken geben können, oder?

Okay, hinterher ist man ja immer schlauer.

Sollte also mal jemand zu spät zu Ihrer Grillparty kommen, seien Sie besser vorsichtig mit dem, was Sie sagen. Vor allem, wenn es ein Buffet gibt.

Die Frage allerdings, die mich am meisten beschäftigt, lautet: Wieso hatte Frau Hayashi überhaupt Arsen dabei? Ihr Mann, so war zu lesen, arbeitete als Kammerjäger, weshalb immer genügend Arsen im Haus war. Das ist sehr praktisch, wenn man einmal selbst Gäste eingeladen hat. Aber zur Grillparty mitnehmen? Und dann auch gleich noch ein ganzes Kilo? Oder nimmt man in Japan prinzipiell zu jeder Grillparty ein Kilo Arsen mit, nur für den Fall, dass die Fete mal langweilig wird?

Für heimische Feste steht vermutlich in jedem japanischen Haushalt ein Döschen Arsen im Gewürzregal. Falls einem jemand blöd kommt, wird halt entsprechend nachgewürzt.

»Was habt Ihr euch nur für einen scheußlichen Schrank gekauft, Akihisa? Sieht ja unglaublich billig aus! Übrigens: Wann gibt es Essen?«

»Glei-heich! Muss nur noch ein bisschen würzen! (Na, wo isses denn, mein Lieblingsgewürz? Hmm. Ingwer … Miso … Chili … Szechuanpfeffer … Ach, da steht es ja, das gute Arsen!)« Auch bei uns in Europa wär so ein Döschen Arsen kein Fehler. Zum Beispiel, wenn mal ungebetene Gäste vorbeikommen,

»Guten Tag! Die Müllabfuhr wünscht Ihnen ein schönes neues Jahr!«

»Ach wie schön! Kleinen Moment bitte. Ich habe zufällig einen schönen Kuchen gebacken, den bringe ich Ihnen. Es muss nur noch etwas Puderzucker darauf …«

Oder zu Halloween: »Süßes oder Saures!«

»Augenblickchen, ihr Süßen, ich hole euch etwas. (Glaubt mir, ihr bekommt gleich Saures.) Da bin ich wieder! Sagt mal, ihr kleinen Monsterchen: Wer von euch hat mir denn letztes Jahr den Hundehaufen in den Briefkasten gestopft? Hmm? Nur heraus mit der Sprache! Ich bin auch nicht böse!«

»Das war ich, Frau Müller … Tut mir leid, ich mach' das auch bestimmt nie wieder.«

»Ei Bub, komm, dafür, dass du so ehrlich warst, bekommst du dieses Jahr etwas besonders Gutes von mir. Probier mal die Praline hier … Na, schmeckt’s?«

»Hmmm, ja, lecker! Darf ich vielleicht noch eine haben?«

»Da, nimm ruhig noch zwei. Aber mein Briefkasten bleibt sauber, gell?«

»Ja, Frau Müller, versprochen: Ich mach sowas nie wieder!«

»Oh, da bin ich mir auch hundertprozentig sicher, mein Schätzchen …«

Der Amberbaum

So, und jetzt mal ein kleiner Beitrag aus dem Bereich Naturkunde.

Ich ging neulich in einem Park spazieren und schaute mir in aller Ruhe die Bäume an. Das war interessant, denn vor jedem Baum stand ein Schild mit lehrreichen Informationen.

Bevor ich Ihnen nun berichte, was da über den Amberbaum zu erfahren war, eine Bitte an die Leserinnen: Nehmen Sie es nicht persönlich, es geht ja nur um wissenschaftliche Fakten:

Der Amberbaum –

Im Mai bildet er gelbgrüne Blätter,

die männlichen stehen aufrecht,

Die weiblichen ... hängen.

Aufzug ins Weltall

Vor einigen Monaten las ich, dass Wissenschaftler einen Aufzug ins Weltall planen. Klingt unglaublich, soll aber technisch möglich sein.

Die wollen an einen Satelliten ein Seil montieren, an dem der Aufzug dann hochfahren kann, suchen aber noch das optimale Material dafür.

Das Ganze wird wahrscheinlich Milliarden kosten.

Jetzt werden bestimmt viele sagen: Was für ein Quatsch! Wozu einen Aufzug in den Weltraum bauen?

Ich hätte da eine Idee: Das wär' doch die Chance, beispielsweise all die Deppen loszuwerden, die bei jeder Werbeaktion zu Tausenden zu Segmüller, Saturn oder Media Markt rasen, nur um zwei Euro zu sparen. Man müsste ihnen bloß irgendwie weismachen, dass es da oben gerade sämtliche Artikel ohne Mehrwertsteuer zu kaufen gibt. Und wenn die dann erst einmal alle da oben sind, zieht man das Seil wieder weg und hat endlich seine Ruhe.

Jetzt werden wieder welche einwenden, so eine tolle Erfindung dürfe doch auf keinen Fall nur von Tölpeln benutzt werden.

Beten in der Nordsee

Neulich beobachtete ich ein älteres Ehepaar in der Nordsee – also in diesem Fischrestaurant, sonst hätte ich ja »an der Nordsee« schreiben müssen.

Die beiden hatten gerade ihr Seelachsfilet mit Remouladensoße vor sich hingestellt und fingen nun an, zu beten.

Dass Menschen vor dem Essen beten, ist mir zwar bekannt, aber ehrlich gesagt, habe ich es weder in der Nordsee noch in irgendeinem anderen Restaurant je gesehen, soweit man jetzt die Nordsee überhaupt als Restaurant bezeichnen kann.

Die Eheleute falteten also ihre Hände und brummelten vor sich hin. Ich konnte nicht verstehen, was sie da beteten, daher nehme ich an, es war ungefähr so etwas in dieser Art: »Lieber Gott, lass' diesen Fisch nicht verdorben sein, lass' uns keine Fischvergiftung erleiden, denn wir haben nur einen Plastikeimer zu Hause, in den wir dann heute Nacht zu zweit brechen müssten. Auch wenn wir uns beide von ganzem Herzen lieben, möchten wir dies doch gerne vermeiden. Deswegen bitten wir dich, lieber Gott, lass dieses Seelachsfilet vor uns frisch sein.«

Oder beteten sie vielleicht das hier?: »Lieber Gott, auch wenn wir Seelachsfilet genommen haben und Filet ja eigentlich grätenfrei sein sollte, ist es doch nicht ausgeschlossen, dass beim Entgräten etwas übersehen wurde. Deshalb, Allmächtiger, lass bitte keine Gräten drin sein, an denen wir ersticken könnten, denn weder ich noch meine Frau haben je einen Erste-Hilfe-Kurs besucht.«

Wahrscheinlich aber haben sie sich einfach nur für das Essen bedankt: »Lieber Gott, wir danken dir für dieses quecksilberhaltige Fischgericht, das uns eines Tages davon befreien wird, eigene Entscheidungen treffen zu müssen, da wir dazu aufgrund der Quecksilber-Ablagerungen in unseren Gehirnen nicht mehr fähig sein werden. Gepriesen seist du in deiner unendlichen Weitsicht, denn wenn wir einst bräsig sind, können wir uns noch mehr auf solche billigen Speisen freuen, deren Herkunft und Qualität uns vollkommen schnurz ist, Hauptsache, sie kosten uns nicht mehr als 3 Euro 40 und sind mit Remouladensoße. Danke lieber Gott, und segne bitte alle Nordsee-Filialen auf dieser Welt.«

Denke, das könnt’s gewesen sein, oder?

Betreuungsgeld

Ich finde, das mit dem Betreuungsgeld war eine Superidee, doch leider wurde es ja dann 2015 wieder abgeschafft.

Man kann nur hoffen, dass sie es bald wieder einführen.

Sie wissen, um was es dabei geht, oder?

Eltern, die ihre Kinder bis zum 3. Lebensjahr daheim lassen und nicht in den Kindergarten oder eine Krippe stecken, bekommen pro Kind 150 Euro. Anfangs waren es nur 100, dann 150.

Und meine Güte, was wurde da herumgemeckert, als man nach einem Jahr herausfand, dass eher sogenannte bildungsferne als bildungsnahe Familien das Betreuungsgeld in Anspruch nehmen?

Was heißt bildungsfern eigentlich genau? Wenn die nächste Buchhandlung oder Volkshochschule 5 Kilometer entfernt liegt? Egal, die Asos nahmen auf jeden Fall eher die Kohle, als ihre Gören in die Kita zu stecken. Gab halt ein paar Euro mehr für die Haushaltskasse.

Ich finde das mit dem Betreuungsgeld supergut, ehrlich. Man sollte es allerdings an die Auflage knüpfen, dass die Eltern mit ihren Kindern zu Hause bleiben. Damit sie ihre Blagen nicht in Cafés mitschleppen, wo sie Gästen, die in Ruhe lesen oder sich unterhalten wollen, den Tag vermiesen:

»Lars, hörst du, das will der Mann nicht … nein, nicht treten, Lars, und nicht den Kakao auf die Jacke von dem Mann schütten … La-haars, bitte lass das. Die Frau möchte ihre Tomatensuppe ohne deine Spucke essen. Und die Mama wird ganz, ganz traurig, wenn du nicht aufhörst, allen stundenlang ins Ohr zu schreien …«

Prinzipiell sollte man allen Menschen, die daheim bleiben und also nicht blöd im öffentlichen Raum herumnerven, ein Betreuungsgeld zahlen. Sollen sich doch die Ehepartner um sie kümmern.

Eine Freundin von mir meinte neulich, man solle allen Frauen 200 Euro zahlen, die darauf verzichten, bei Musik- und Theaterveranstaltungen während der Pause auf die Damentoilette zu gehen. Dann hätte sie selbst endlich auch mal eine Chance, rechtzeitig vor Pausenende Pipi zu machen. Von den 200 Euro könnten sich diese Damen dann hochwertige saugfähige Windeln kaufen – und hätten locker noch etliche Euro für andere Dinge zur Verfügung.

Ich würde allen 200 Euro zahlen die darauf verzichten, im Sommer ihren dicken Hintern ins Freibad zu schleppen, wo sie dann walrossmäßig im Wasser vor sich hindümpeln und allen, die einfach ihre Bahnen ziehen wollen, im Weg sind.

Ach ja, und unbedingt 500 Euro für alle, die auf Popcornbecher, Nachos und Gummibärtüten im Kino verzichten. Damit man sich endlich mal wieder einen Film anschauen kann, ohne dieses ständige Geraschel und Geknister und Geschmatze von Leuten hören zu müssen, die offenbar nur ins Kino gehen, um sich die Wampe vollzustopfen.

Bin ich Rassist?

Im Oktober 2012 gab es im Spiegel einen sehr interessanten Artikel von einer Soziologin, die dem Neuköllner Bürgermeister Buschkowsky Rassismus vorwarf, weil er in seinem Buch über das Verhalten einiger Bürger mit Migrationshintergrund schrieb, und zwar auf eine Art, die ihrer Meinung nach zu rassistischen Verallgemeinerungen führen könnte.

Während ich das las und darüber nachdachte, ging mir plötzlich auf, dass ich mich, um nicht als Rassist zu erscheinen, oftmals überkorrekt verhalte, obwohl ich Political Correctness eigentlich schrecklich finde. Ich habe an mir entdeckt, dass ich in bestimmten Situationen Ausländer oder Mitbürger ausländischer Herkunft höflicher behandele als Deutsche. Besonders im Straßenverkehr.

Nicht, dass ich die Deutschen unhöflich behandeln würde, das nicht. Ich behandle sie einfach nicht ganz so höflich wie die ausländischen Mitbürger bzw. Mitbürger mit Migrationshintergrund.

Wenn ich mit dem Auto unterwegs bin, achte ich zum Beispiel besonders darauf, dass ich Ausländern bzw. Mitbürgern ausländischer Herkunft das gefahrlose Überqueren der Straße ermögliche, ja, dass ich selbst an Stellen anhalte, an denen ich für jemanden, der deutsch aussieht niemals anhalten würde. (Ich gebe zu, es ist nicht gut, aber manchmal ertappe ich mich auch bei folgendem Gedanken: Selbst wenn ich diesen Deutschen da jetzt überfahre, was ich natürlich nicht vorhabe, aber nur mal so angenommen, dann gibt es ja immer noch rund 8o Millionen …)

Inzwischen bin ich dahintergekommen, warum ich gegenüber Ausländern bzw. Mitbürgern ausländischer Herkunft viel zuvorkommender und geduldiger bin. Ich möchte ihnen mit meinem Verhalten zeigen: Seht her, es gibt auch Deutsche, die höflich zu euch sind. An mir könnt Ihr sehen, dass zumindest ich aus dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte gelernt habe!

Und ich sage Ihnen: Wenn man an den unmöglichsten Stellen hält, um eine marokkanische Mutti oder einen pakistanischen Opa über die Straße zu lassen, bekommt man unheimlich viel zurück. Das sind wirklich glückliche Momente – für beide Seiten! Wahrscheinlich liegt das daran, dass unsere ausländischen Mitbürger jederzeit damit rechnen, von einem Deutschen über den Haufen gefahren zu werden, und deshalb sind sie umso dankbarer, wenn es eben doch nicht dazu kommt. Jedenfalls bedanken sie sich oft überschwänglich:

»Dankeschön, vielle Dank und eine schöne Tag vor Sie!«

Richtig verblüfft gucken vor allem die türkischstämmigen Möchtegern-Gangsterrapperjungs in ihren Angeberautos. Wenn du die aus einer Einfahrt auf die Hauptstraße lässt, können die das oft gar nicht glauben. Die starren einen sekundenlang fassungslos an und denken vermutlich: »Was is' das für'n schwuler Idiot? Isch schwöre, isch hätte misch nisch vorgelassen.« Aber selbst, wenn sie das denken, ist es mir egal. Ich lasse sie vor – und siehe da, sie bedanken sich und winken.

Von Deutschen hingegen: kaum eine nette Geste. Im Gegenteil: Die schauen einen auch noch vorwurfsvoll an, als wollten sie sagen: »Das wurde aber auch Zeit, du Arschgeige. Hättest ja auch schon etwas früher anhalten können.«

Aber was ich hier schreibe, klingt verdächtig nach rassistischer Verallgemeinerung, oder?

Bis 18 Uhr

Ich liebe große Inszenierungen im Theater, aber noch mehr liebe ich große Inszenierungen im Alltag. Ich meine diese fantastischen Emotionsdarsteller, denen man überall und jederzeit begegnen kann, so zum Beispiel neulich in der Sparkasse:

»Puh, hab isch misch ebe' abgehetzt … heijeijeijeijei!«

»Aber wir haben doch bis 18 Uhr geöffnet, Frau Schmitt.«

»Was, bis 18 Uhr ? Und isch hetzt' mich so ab? … Des gibt's doch net! Hätt' isch des gewusst …!«

»Das tut mir natürlich leid, Frau Schmitt, aber wir haben doch schon seit Längerem bis 18 Uhr offen.«

»Ja? Un' da hetz' isch misch so ab, lass' alles stehe und liege, nur um noch rechtzeitisch … Puh, also des glaub' isch einfach net. Wie isch misch ebe' ins Zoisch gelegt hab', des könne' Se sisch gar net vorstelle!«

Frau Schmitt atmet schwer, zieht ein Taschentuch aus ihrem Mantel und tupft sich die schweißnasse Stirn ab.

»Da renn' isch die U-Bahn-Treppe hoch, stürz' noch fast, dabei habbe' Sie bis 18 Uhr uff. Na Frollein, Sie habbe' ja vielleischt Nerven!«

»Na, jetzt sind Sie ja da, Frau Schmitt. Was kann ich denn für Sie tun?«

»400 Euro hätt' isch gern. Nee, nee, was hab isch misch abgehetzt. Hätt' isch nur gewusst, dass sie bis 18 Uhr uffhabbe', da hätt' isch ja …«

»Frau Schmitt, wie möchten Sie die 400 Euro denn gerne haben?«

»In … ei, isch muss erst mal wieder zu Luft komme' … Momentsche … Gebbe Se’s mir in … puh … Zwanzigern un' in … puh … Fuffzigern, bitte.«

»Gern. 40, 60, 80, 100 … 400, bitte. Und einen schönen Tag wünsche ich Ihnen dann noch Frau Schmitt.«

»Schöne' Tag, Sie sind lustig! Wo isch misch so abgehetzt hab'! Nächstes Mal hetz' isch misch wieder ab, um vor 18 Uhr da zu sein, und dann habbe' sie vielleischt bis 19 Uhr uff! Habbe' Sie schon mal was von Kundenfreundlischkeit gehört, Frollein? Jetzt muss ich erste mal ins Café, 'en Stück Schwarzwälder esse', uff den Schreck. Dass da wieder Ruhe einkehrt in de' Körper …«

»Lassen Sie sich's schmecken!«

Frau Schmitt verlässt, ohne sich zu bedanken, die Bank.

»Schmecke' lasse, blöd' Kuh. Sie zahlt's ja net, un' alles wegen dene ihre blöde Öffnungszeite' … Lasse Se sich's schmecke' … dumm Futt.«

Und da werden am Staatstheater Millionen für üppige Produktionen verschwendet …

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