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Die Texte der spanischen Heiligen Teresa von Ávila (1515–1582) sind bis heute für Gläubige weltweit eine Quelle der Kraft und Zuversicht. Kern ihrer Lehre ist das »innere Beten«, die tiefe, teils mystische Kommunikation mit Gott und Christus, die Teresa »Verweilen bei einem Freund« nannte. Aus dieser Gottesfreundschaft entspringt bei Teresa aber keine entrückte Weltfremdheit, sondern im Gegenteil die Kraft, anderen Menschen mit Liebe und Freundschaft zu begegnen. Der vorliegende Band versammelt Auszüge aus Teresas Schriften, die durch ihre lebendige und einfallsreiche Ausdruckskraft bestechen.
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Seitenzahl: 59
Teresa von Ávila
Worte der Freundschaft
Herausgegeben und eingeleitetvon Maria Otto
Anaconda
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Die Originalausgabe erschien zuerst 1979 bei Herder in Freiburg.Originaltitel: Worte der Freundschaft © Verlag Herder GmbH, Freiburg 1979.Orthografie und Interpunktion wurden auf neue Rechtschreibung umgestellt.
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikationin der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografischeDaten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2023 by Anaconda Verlag, einem Unternehmender Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,Neumarkter Straße 28, 81673 München
Alle Rechte vorbehalten.
Umschlagmotiv: Teresa von Ávila, 17. Jh. Spanien; © Fine ArtImages / Bridgeman Images; Raster: missis / Shutterstock.com
Umschlaggestaltung: www.katjaholst.de
Satz und Layout: InterMedia – Lemke e. K., Heiligenhaus
ISBN 978-3-641-31140-7V001
www.anacondaverlag.de
Inhalt
Einleitung
I – Himmel auf Erden
II – Suche dich in mir
III – Mit der ganzen Welt
1. Kundgebung der Freude
2. Mit rechtem Verstand
IV – Führung in die Seelenburg
1. Mein Fehler war …
2. Winke für Anfänger
V – Werke will der Herr
VI – Der andere Himmel
Die Texte wurden entnommen aus
Einleitung
Eine solch intime Freundschaft mit Gott, die in ihren atemberaubenden Momenten den Menschen der Welt entrückt und ihn mit solcher Wonne erfüllt, dass ihm nachher alles Irdische wie Kehricht erscheint, das ist doch unserer heutigen »Weltfrömmigkeit«, so fremd wie nur möglich? Gerade darum hat uns die heilige Theresia von Ávila (1515–1582) vielleicht besonders viel zu sagen.
Man redet oft von Selbstfindung, vom Menschwerden des Menschen; aber wie sehr langweilt sich der Mensch an sich selber, wenn er sich nicht »unendlich übersteigt«. Es schadet vielleicht nichts, wenn in den sorgfältig gehüteten Glaubensrealismus und in die Alltagschristlichkeit einmal wieder das Wort »Himmel« einbricht. Nicht jedem nimmt man es ab.
Theresias Unbefangenheit, von ihren Erlebnissen mit Gott zu berichten, ist nur möglich und nur überzeugend, weil diese Erfahrung ihre ganze Natur durchdrungen hat. »Suche dich in mir«, hörte sie Gott zu ihr sprechen, und diesen Satz verteidigt sie mit ironischer Schlagkraft gegen vier Gottesgelehrte. Im Innersten seiner »Seelenburg« ist der Mensch eins mit Gott und Gott eins mit dem Menschen. So können die mystischen Erfahrungen die heilige Theresia nicht der Menschlichkeit und der Erde entführen, wenn auch alle ihre Tätigkeit – ganz »geschäftstüchtig« sei sie geworden, erzählt sie lächelnd –, Ordensreform, Klostergründungen, Visitationsreisen und ihr schriftstellerisches Werk, auf Gott gerichtet ist. Und deswegen kann auch das Weltliche sie nicht mehr von Gott trennen. Sie kann in der Welt nur sein, um den Menschen von ihm zu künden, als höchst seltsam »emanzipierte« Frau in der damaligen Zeit: oft furchtsamen Herzens, aber tapfer, listig (verdeckte Bezeichnungen in manchen Briefen), von keiner der Mächte jener Zeit zu beugen.
Sie teilt sich mit, temperamentvoll und demütig, manchmal sarkastisch, auf Wahrhaftigkeit erpicht, auf Genauigkeit bedacht, der Wissenschaft zugeneigt, mit intellektueller Redlichkeit – die häufig eingeflochtenen Einschränkungen »meines Erachtens«, »es scheint mir« sind bezeichnend; aber noch mehr ist sie daheim in der Bilderwelt der Natur, den Elementen, Wasser und Feuer.
Theresia bietet ihre ganze lebhafte Ausdruckskraft auf, den Anfängern im geistlichen Leben – und auch die Fortgeschrittensten werden immer wieder zu Anfängern, sagt sie – Wege vorzuschlagen, nicht nur einen, denn das Festlegen und Uniformieren liegt ihr nicht. Die Liebe zu Gott macht sie erfinderisch, »Mitliebende« zu gewinnen, Mitfreunde. Dem Wort von der Freundschaft begegnet man auffallend oft in ihren Schriften.
Hat sie wohl gerne gelacht? Zwischen feinsten Schilderungen der Seelenzustände, der eigenen und anderer, kehrt nicht selten die Bemerkung wieder: »Ich musste lachen …«, eine Wendung, die sekundenschnell all die sublimen Ansprüche mit der menschlichen Natur versöhnt.
Eine solche Gottesfreundschaft, die verständnisvoll und fantasievoll macht, glücklich und leidensfähig, realistisch und verklärt, diese mit allen Sinnen und ohne Sinne zu kostende »glorreiche« Trunkenheit könnte im nüchternen Menschen des nachrationalistischen Zeitalters einen heiligen Neid erwecken – und des Erweckens kannte Theresia mannigfaltige Arten: »wie durch einen rasch vorüberhuschenden Sternenlichtglanz oder einen plötzlichen Donner«, ein Wohlgefühl, eine leise Ansprache …, deren echte Herkunft sich immer im Antrieb zu guten Werken beweist.
I
Himmel auf Erden
Da wir gewissermaßen schon auf Erden den Himmel haben können, wollen wir den Herrn um seine Gnade bitten, dass wir uns nicht durch eigene Schuld dieses Glück verwehren. Er möge uns den Weg zeigen und uns Kraft geben, immer tiefer zu graben, bis wir auf den verborgenen Schatz stoßen, der in Wahrheit in uns selber ist. Das möchte ich euch verständlich machen, wenn der Herr mir die Gnade dazu gibt.
Seelenburg V, 1. 2
Das, was Gott in der Seele wirkt, übersteigt alle Freuden und Ergötzungen dieser Erde. Schon in der Wahrnehmung liegt ein Unterschied. Die irdischen Freuden streifen sozusagen nur die Haut, während die anderen bis ins Mark eindringen.
Seelenburg V, 1, 5
Was Gott hier der Seele in einem solchen Augenblick mitteilt, ist ein großes Geheimnis und erfüllt sie mit außerordentlicher Wonne, sodass ich es nur mit der himmlischen Glorie vergleichen kann, die der Herr einigen Menschen offenbart, damit sie erfahren, wie weit seine Liebe geht.
Bei der mystischen Vermählung ist es, wie wenn Wasser vom Himmel in einen Fluss oder in einen Brunnen fällt, wo die Wasser eins werden, sodass sie nicht mehr voneinander geschieden werden können … Oder es ist, wie wenn in ein Zimmer durch zwei Fenster helles Licht fällt; im Hereinfallen geschieden, wird es im Zimmer doch zu einem Licht.
Seelenburg VII, 2, 4
II
Suche dich in mir
Gott gibt den Menschen große Beweise seiner Liebe. Freilich, wenn einer dies nicht glaubt, wird er auch nichts davon erfahren. Denn der Herr liebt es, dass man seinen Werken keine Grenzen setzt.
Seelenburg I, 1, 4
Mitunter kam mir beim Gebet oder bei der Lesung ein Gefühl der Gegenwart Gottes, so sehr, dass ich nicht daran zweifeln konnte, er sei in mir und ich in ihm untergetaucht. Leben, 10. Kap.
Wenn wir von der Seele sprechen, sollten wir immer den Begriff von Fülle, Weite und Größe damit verbinden. Das ist keineswegs übertrieben, denn die Seele vermag viel mehr zu umfassen, als wir uns vorstellen können.
Seelenburg I, 2, 8
Ganz in seinem Innern gewahrt dieser Mensch, wie in einem tiefen Abgrund, die Anwesenheit Gottes.
Seelenburg VII, 1, 7
M