Wunderbare 2800 km den Jakobsweg zu Fuß - Walter V. Frank - E-Book

Wunderbare 2800 km den Jakobsweg zu Fuß E-Book

Walter V. Frank

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Beschreibung

Wundervolle 2800 km zu Fuß Der Jakobsweg begeistert jedes Jahre Hunderttausende, nimmt sie in seinen Bann wie uns zwei Pilger. Wir sind von unserer Haustüre in Süddeutschland losgelaufen ohne großen Plan und nur das Nötigste im Rucksack. Am ersten Tag starteten wir um 7 Uhr und sollten an diesem Tag nach über 40 km in Braunsbach die erste Tagesetappe beenden. Unterwegs bei einer Rast kam ein Mofafahrer vorbei, hielt kurz an, schüttelte den Kopf und fuhr weiter. Als wir unsere Wanderung fortsetzten bemerkten wir den Grund, denn neben unserer Bank lagen drei leere Flaschen Rotwein. Und so erlebten wir über die 10 Etappen immer wieder skurrile Begebenheiten, lernten viele nette Menschen aus der ganzen Welt kennen, kamen durch unterschiedlichste Regionen, oft auch mit kulinarischen Köstlichkeiten, was für den Pilger auch eine Belohnung nach einer anstrengenden Etappe ist.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Etappe

Start in Assamstadt, Schwäbisch Hall, über die Fildern, durch den Schwarzwald nach Alpirsbach.

2. Etappe

Von Alpirsbach , Freiburg, bei Fessenheim über den Rhein nach Frankreich bis Belfort.

3. Etappe

Von Belfort nach Gy, Zisterzienserkloster Abbaye d‘ Acey, Mont Roland bis Saint-Jean-de-Losne.

4. Etappe

Von Saint-Jean-de-Losne nach Beaune in Burgund, dann Taizè, Cluny bis nach Pouilly-sous-Charlieu.

5. Etappe

Von Pouilly-sous-Charlieu nach St. Maurice-sur-Loire an der Loire nach Montverdun zur Burg Polignac in der Auvergne bis Le Puy en Velay.

6. Etappe

Von Le Puy nach Aubrac im Zentralmassiv nach St. Cóme-d`Olt am Lot, Conques bis Figeac.

7. Etappe

Von Figeac nach Cahors, Moissac, Condom mit den vier Musketieren bis nach Nogaro.

8. Etappe

Von Nogaro nach Aire-sur-L`Adour, St.-Jean-Pied-de-Port, französisch-spanische Grenze in den Pyrenäen nach Roncesvalles, Pamplona, Logrono, Santo Domingo de La Calzada, San Juan de Ortega, Burgos.

9. Etappe

Von Burgos nach Villalcázar de Sirga, Leon, Hospital de Orbigo bis Astorga.

10. Etappe

Von Astorga zum Cruz de Ferro, Ponferrada, Villafranca del Bierzo, O Cebreiro in Galicien, Samos, Monte do Gozo, Santiago de Compostela, Cee bis Finisterre, das Ende der Welt!

Dankesworte

Stimmen zum Buch

Vorwort

Ein Buch zu schreiben war ursprünglich nicht auf meiner Agenda. Doch werde ich immer wieder dahingehend inspiriert durch das Lesen von Büchern verschiedenster Literaturgattungen. Was ich immer gerne lese, sind Bücher aus der Geschichte als Roman verfasst. Ich möchte betonen, dass dieses Buch, welches du in der Hand hältst, mein erstes Buch ist, und dass alles, was ich in diesem Buch schreibe, meine persönliche Sichtweise widerspiegelt. Denn jeder Mensch sieht die Welt aus seiner Sicht und mit seinen eigenen Empfindungen. Mit diesem Buch möchte ich vor allem unterhalten mit Anekdoten, welche zum größten Teil das Erlebte wiedergeben, es sind aber auch manche Stellen dabei, die rein fiktiv sind oder zuweilen durch meine Vorstellungen ergänzt wurden.

Ich habe mir vorgenommen, mein Buch selbst zu schreiben, auch wenn es sicher viele bessere Schreiber als mich gibt, deshalb seht mir meine stilistische Unzulänglichkeit bitte nach. In diesem Buch möchte ich diesen Weg so authentisch wie möglich wiedergeben. Es gibt aber sicher sehr viel bessere Autoren, welche diesen Weg und das damit Erlebte besser beschreiben können. Aber nichtsdestotrotz möchte ich euch meine Erlebnisse und Begegnungen usw. aus meinem Blickwinkel mitgeben und nehme euch nun mit auf meine ca. 2800 km zu Fuß.

Diese Gedanken, etwas Neues wagen und in Angriff nehmen, beschäftigten mich schon eine geraume Zeit, man könnte auch sagen, es treibt mich schon Jahre um. Als ich anlässlich meines 50. Geburtstags meinen Horizont geographisch und kulturell erweitern wollte, beschloss ich - und das war schon lange bei mir verankert - eine Bergtour nach Nepal in den Himalaya mit Umrundung der Annapurnas mit Thorong-La-Pass, 5416 m, zu organisieren und durchzuführen. Das habe ich dann mit meiner Frau, meinem Sohn und meiner Tochter ein Jahr später auch verwirklicht. Diese Route hat mir kein geringerer als der Extrembergsteiger Reinhold Messner in einem persönlichen Gespräch empfohlen.

Doch das ist eine andere Geschichte.

Und so hat mich dann ein halbrunder Geburtstag gedanklich wieder in die Ferne schweifen lassen.

Bei jeder sich bietenden Gelegenheit, bei der ich etwas über den Jakobsweg lesen konnte, wurde ich immer neugieriger und interessierter. An meinem Geburtstag - es war eine Schnapszahl - wurde mir klar: Das gehst du an! Nach Abwägung, ob ich alleine gehe oder noch jemanden mitnehme, habe ich mich entschlossen, meinen ehemaligen Schulkameraden zu fragen, ob er mich begleiten möchte. Gesagt, getan.

Ich vereinbarte mit ihm einen Termin mit der Begründung, ich müsse etwas mit ihm besprechen. Es war ja auch kein Problem, wir wohnen im selben Ort. Nachdem ich ihm meine Pläne dargelegt hatte, war er erst einmal sprachlos, und ich merkte, dass er von den Worten total begeistert war. Wir machten am ersten Besprechungsabend gleich Nägel mit Köpfen. Er hat mir auch zu verstehen gegeben, dass er sich auch schon längere Zeit mit dem Jakobsweg beschäftigt und ihn dieses Thema reizt. Wir trafen uns noch ein zweites Mal, um ins Detail zu gehen und den Termin festzulegen, wann wir starten. Auch wurde besprochen, dass das Gewicht des Rucksacks maximal 8 kg betragen darf, darunter vor allem gutes Schuhwerk, dazu passende Socken, Trekkingstöcke, Lektüre über den ersten Teilabschnitt. Meine Vorgabe war, dass ich am Tag mehrere Stunden für mich allein gehen möchte, was wir auch so praktizierten. Ebenfalls wollte ich mich an dem zur Verfügung stehenden Kartenmaterial der jeweiligen Wanderführer und der Beschilderung orientieren, nicht mit GPS. Das habe ich bis ans Meer von Finistere auch durchgezogen.

Ich habe mich auch nie sehr verlaufen. Im Notfall schaute ich auf die Uhr und überprüfte: Wo steht die Sonne? Und wo möchte ich heute ankommen? Denn es waren Wegstrecken dabei, die sehr sparsam oder teilweise gar nicht ausgeschildert waren.

Übersichtskarte 1: Vom Heimatort durch Süddeutschland bis ins Elsass.

Erste Etappe

So kam es dann am ersten Tag zum Start auf den Jakobsweg. Es war Samstag, der 07.07.2007.

Der Start begann an meiner Haustüre. Ich verabschiedete mich herzlich von meiner Frau, die mir alles Gute wünschte, und holte meinen Pilgerfreund um 6.40 Uhr an seiner Haustüre ab. Unsere Begrüßung sowie unser Abschiedsgruß waren von nun an „Buen Camino!“, was so viel bedeutet wie „Einen guten Weg!“.

Das Ziel für diesen Tag war irgendwo zwischen Künzelsau und Schwäbisch Hall, eine Übernachtung hatten wir nicht gebucht. Ein Zitat von Konfuzius besagt: „Auch der weiteste Weg beginnt mit einem ersten Schritt.“ Schnell hatten wir die Ortsgrenze unserer Heimatgemeinde Assamstadt hinter uns gebracht. Über Laibach kamen wir durch einen kleinen Anstieg, anschließend durch Weinberge nach Dörzbach. Wir überquerten die Jagst Richtung St. Wendel am Stein. Auf der gegenüberliegenden Seite der Jagst verabschiedeten uns mein Freund, seinerzeit Bürgermeister von Dörzbach, und seine Frau. Über die Poststeige ging es nun Richtung Künzelsau. Bei einer Rast an den Ufern des Kochers kam ein Mofafahrer vorbei, hielt an, musterte uns, schüttelte den Kopf und fuhr wieder weiter. Wir sagten noch, was denn das solle, doch als wir unsere Wanderung fortsetzten, sahen wir, was er meinte. Denn neben der Bank, auf der wir saßen, lagen drei leere Flaschen Rotwein. Am Nachmittag kamen wir an der Tennisanlage des TC Morsbach vorbei. Sie hatten ein Heimspiel gegen den TC Wachbach. Da ich auch Tennis spiele, kannte ich einige Spieler, mit denen ich ein kurzes Gespräch führte. Nach über 40 km genossen wir in Braunsbach die erste Übernachtung. Vor Braunsbach steht eine renovierte Kapelle mit einem Stein am Eingang, welcher auf die drei wichtigsten Pilgerziele hinweist – Jerusalem, Rom und Santiago de Compostela. Und das gleich am ersten Tag! Wir ließen den Tag nun ausklingen und pflegten unsere Füße. Beim Abendessen kamen noch drei Frauen an unseren Tisch, die mit ihrem E-Bike unterwegs waren und auch in unserer Unterkunft nächtigten. So fand mit guter Unterhaltung dieser erste Pilgertag noch einen schönen Ausklang. Ich dachte mir: Das fängt ja gut an! Und ich sollte recht behalten.

Die Nacht war fürchterlich! Mein Weggefährte hatte nach meinem Empfinden die ganze Nacht geschnarcht wie ein Weltmeister. Am Frühstück sprach ich ihn darauf an, da meinte er: „Du hast die ganze Nacht geschnarcht.“ Dieses Problem begleitete uns auf unserer ganzen Pilgerreise.

Wir vereinbarten daraufhin, des Abends kein Bier mehr zu trinken, sondern Wein. Doch das hat, was das Schnarchen angeht, auch nicht geholfen. Am Sonntag früh ging es dann weiter mit der Etappe Rothenburg ob der Tauber Richtung Rottenburg am Neckar. Wir bemerkten, dass wir von da an auf dem gut ausgeschilderten Jakobsweg waren. In Geislingen besuchten wir den evangelischen Gottesdienst. In Schwäbisch Hall angekommen, besuchten wir die Michaelskirche mit der berühmten Freitreppe, auf der im Sommer die Freilichtspiele dargeboten werden. In der Kirche bekamen wir unseren ersten Pilgerstempel in unseren Pilgerpass. Den Pilgerpass benötigt man in Deutschland noch nicht unbedingt, in Frankreich und Spanien jedoch ist er unerlässlich.

An diesem Sonntag liefen wir nur 20 km und übernachteten in Uttenhofen. Der Montag brachte uns in den schwäbisch-fränkischen Naturwald. Die Wanderung führte uns stundenlang durch einsame Wälder mit schönem alten Baumbestand. In Wolfenbrück wurde mein Pilgerfreund von einer hübschen Fee an seinen Füßen mit Tanztherapie behandelt, denn es machten sich die ersten Anzeichen von Blasen bemerkbar und das kann schmerzen. In Murrhardt war für ihn das endgültige Aus - zuerst bei einer Fußpflege, im Anschluss bei einem Chirurgen, der ihn dann durch seine rabiaten Behandlungsmethoden außer Gefecht setzte. Er begleitete mich von jetzt an mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. In Sulzbach bei einem Italiener fanden wir ein Nachtquartier. Die Schmerzen betäubten wir, mit Unterstützung des ehemaligen Sparkassendirektors, mit diversen Weinen. Am folgenden Tag ging ich dann nach Winnenden, besichtigte die Schlosskirche St. Jakobus mit schönem Jakobus-Schnitzaltar aus dem Jahre 1520 und übernachtete in Stetten. Bei einem pensionierten evangelischen Pfarrer mit Frau konnten wir für einen kleinen Obolus übernachten. Sie waren sehr freundlich, nett und hilfsbereit.

Am nächsten Morgen, Mittwoch, 11.07.2007, musste mein Kamerad verletzungsbedingt endgültig schweren Herzens aufgeben. Wir verabschiedeten uns mit „Buen Camino“ und er trat die Heimreise mit Bus und Bahn an. Ich machte mich nun alleine auf den Weg, der durch Streuobstwiesen, Weinberge und die Schurwaldhöhe nach Esslingen führte. Die schöne Altstadt verlassend, komme ich nun auf den Weg durch die fruchtbaren Böden der Filder. Links und rechts des Weges, soweit das Auge reicht, werden Sonderkulturen wie Salate, Erdbeeren, sämtliche Kohlarten wie Weißkraut, Rotkraut usw. angepflanzt. Da schlägt mein Bauernherz höher, denn so eine Vielzahl an Pflanzen ist für mich ein Augenschmaus. Nach Denkendorf erreiche ich die prächtige Klosteranlage zum Heiligen Grab. Die Klosterkirche beherbergt in ihrer großen Krypta die Nachbildung des Heiligen Grabes Christi in Jerusalem. Sie war über Jahrhunderte Ersatzwallfahrtsort für eine Pilgerfahrt zur Grabeskirche in Jerusalem. Der Weg führt nun durch schön anmutende Ortschaften Richtung Tübingen und ich komme am sogenannten „Nabel des Landes“ vorbei oder wissenschaftlich gesprochen zum geographischen Mittelpunkt von Baden-Württemberg.

Tübingen, als Universitätsstadt bekannt, hat eine wunderschöne Altstadt und ist immer einen Besuch wert. Durch das Schlosstor erreichte ich Schloss Hohentübingen. Gerade zu diesem Zeitpunkt befanden sich viele Leute im Schlosshof. Es muss sich wohl um eine Burschenschaft gehandelt haben, denn sie hatten alle eine spezielle Anzugsordnung. Mein Weg führte durch einen Durchlass wieder in die freie Natur hinaus.

Der geografische Mittelpunkt Baden-Würrtembergs.

Nach ein paar Kilometern ging es dann den steilen Pfad hoch zur Wurmlinger Kapelle aus dem Jahr 1050 mit weitem Rundblick. Mein Ziel an diesem Tag war Rottenburg. Der Beweis für diese Route als alt eingesessener Pilgerweg nach Santiago de Compostela sind die vielen Jakobuskirchen. Seit Jahrhunderten ist Rottenburg am Neckar Bischofssitz für das Königreich Württemberg. Beim Verlassen der Stadt am Neckar führt der Weg am Landesgefängnis mit seinen zwei Meter dicken und acht Meter hohen Außenmauern vorbei. Vergeblich suchte ich nach der Beschilderung. War der Weg bis hierher gut ausgeschildert, fehlten die Wegezeichen, zumindest im Jahr 2007, gänzlich.

Die Wallfahrtskirche der Franziskaner in Weggental beeindruckte mich durch ihr barockes Aussehen. Gegen Mittag erreichte ich das Kloster Liebfrauenhöhe. Im letzten Winkel meines Hinterstübchens war mir dieser Ortsname ein Begriff, sicher war ich mir jedoch nicht. Beim Betreten der Klosteranlage begegnete mir eine junge Ordensfrau. Es war mir ein Bedürfnis, mit ihr eine Konversation zu führen. Im Dialog mit ihr erwähnte ich ganz vorsichtig, dass meine Tante, also die Schwester meines schon verstorbenen Vaters, Schönstatt-Ordensschwester sei und zu ihrer aktiven Zeit ca. 40 Jahre lang als Leiterin der „fahrbaren Mütterschule“ von Dorf zu Dorf gezogen sei und dabei der Bevölkerung das gute und gesunde Kochen und Backen gelehrt habe. Wie ich so erzählte, sagte sie zu mir: „Dann kommen Sie aus Assamstadt!“ Ich war darüber ganz perplex und sie klärte mich auf, dass dieses Kloster mit seiner Gnadenkapelle, die ich an diesem Tag auch aufsuchte, zur Schönstattbewegung gehört und sie sehr wohl meine Tante kannte. Daraufhin hat sie mich zum Mittagessen eingeladen. Ich bemerkte, dass auch diese junge Ordensschwester von meinem Erscheinen (aber nicht, weil ich ein Mann bin!) begeistert war, denn das Mittagessen servierte mir Schwester Edelberga, langjährige Dorfschwester meiner Heimatgemeinde. Ja, so klein ist denn zuweilen mal die Welt. Sie sorgte von nun an für mich mit Speisen und Getränken und wollte alles über ihre ehemalige Heimatgemeinde wissen. Es grenzte für mich an eine gewisse Art von Neugierde, aber ich gab gerne und bereitwillig, so gut ich wusste und konnte, Auskunft. Auch andere Schwestern, selbst die Mutter Oberin, begrüßten mich. Ich hätte auch übernachten können, doch meine Zielvorgabe dieses Tages war Horb am Neckar. Zum Schluss besuchte ich die Krönungskirche und das Pater-Kentenich-Begegnungshaus.

Daraufhin verabschiedete ich mich und bedankte mich für die herzliche Fürsorge bei den Ordensschwestern. Fünf Jahre später, im Jahre 2012, sollte ich noch einmal auf die Liebfrauenhöhe kommen, zur Beerdigung meiner Tante, Schwester Elisrita Frank.

Nun wurde es Zeit zum Aufbruch Richtung Horb. An einem prächtigen Aussichtsplatz mit Blick auf Horb kam ich zum steinernen Geschichtsgarten. Hier wird anschaulich dokumentiert, was es alles für Markierungen gibt, Landes-, Gemeinde-, Wald-, Jagd-, Kilometer-, Fischwasser- und Beisteine. Der Weg herab ins Tal, welchen ich einschlug, hörte gänzlich auf und so schlug ich mich durch Dickicht mit Dornen versetzt und landete auf einer Terrasse der ersten Häuser. Ich entschuldigte mich und kam hierbei ins Gespräch, bei dem ich dann tatsächlich zu Kaffee und Kuchen eingeladen wurde. Es war an einem Freitag gegen 16 Uhr. Danach suchte ich mir ein Nachtquartier. Bei meiner letzten Übernachtung der ersten Etappe wurde ich auch darauf angesprochen, ob ich wohl eine Pilgerin mit Hund gesehen hätte, sie komme aus Ostdeutschland, Nähe Dresden. Noch vor ein paar Tagen betrug der Abstand zu ihr drei Tage und zum Schluss war der Abstand nur noch ein halber Tag, wie mir berichtet wurde.

Nun brach mein letzter Tag der ersten Etappe auf dem Jakobsweg an. Was ich da noch nicht wusste: Es sollten noch neun Etappen bis nach Finistere folgen! Ich startete um 8 Uhr. Auf dem Weg gab es immer wieder Hinweise auf St. Jakobus, ob bei Leinstetten den Jakobsbrunnen oder bei Lossburg den Kinzigtäler Jakobsweg. Hier machte ich einen Abstecher zum „Gasthaus zur alten Kirche“. Es ist eine Einkehrmöglichkeit der besonderen Art. Mit den letzten 35 km endete an diesem Nachmittag, flankiert von herrlich anzusehenden Schwarzwaldhöfen, die erste Etappe in Alpirsbach. Meine Frau holte mich in Alpirsbach ab und die Wiedersehensfreude war groß. Ich war froh und dankbar, dass alles zumindest für mich gut gelaufen ist.

Das Fazit nach acht Pilgertagen: Es war beeindruckend, schön und anstrengend, das Herausgehobensein aus dem Alltags- und Berufsleben. Ja, so sollte es mir nach jeder Etappe ergehen, denn ich bestritt den Jakobsweg auf zehn Etappen. Und jedes Mal war ich auf der einen Seite froh, wenn ich eine Etappe gut geschafft hatte und wieder gut nach Hause gekommen bin. Sobald ein paar Wochen zu Hause ins Land gezogen waren, fing es auf der anderen Seite schon wieder an zu kribbeln bei mir angesichts der nächsten Etappe. Denn man sagt nicht von ungefähr, die Vorfreude ist die schönste Freude. Mein Weggefährte und ich machten uns Gedanken: Wann werden wir wieder aufbrechen? Wie kommen wir an unseren Ausgangspunkt? Denn wir starteten jedes Mal von der Stelle, an der wir das Jahr zuvor aufgehört hatten. Je weiter wir kamen, desto akribischer wurde die Anreise geplant und durchgeführt. Doch darüber später.

Zweite Etappe

Am 06.07.2008 war der Start zur zweiten Etappe. Meine Frau brachte meinen Pilgerfreund und mich mit dem Auto nach Alpirsbach. Dort angekommen besichtigten wir das Kloster, verabschiedeten uns und dann ging es zu Fuß weiter durch den schönen Schwarzwald in das malerische Schiltach. Von Anselm Grün lese ich den Pilgerspruch: Wir wandeln auf Wegen und die Wege wandeln uns. Aufgrund von Regen machten wir Rast im Stall von Maria und Josef.

Nach Übernachtung in Wolfach geht es am folgenden Tag bei Nieselregen nach Vorkirnach, Gutach, immer wieder vorbei an schön anzusehenden Schwarzwaldhäusern und anschließend aufwärts auf das Büchereck. Diese Abgeschiedenheit und Ruhe ohne die alltägliche Hektik und wunderschöne Landschaften bringen uns ins Schwärmen. Wir können uns fast nicht satt sehen und wie wir so begeistert die Natur genießen, hatten wir dann die erste Begegnung mit Pilgern. Es waren zwei Frauen, die uns ein Stück des Weges begleiteten. Wir überschritten den höchsten Punkt auf unserem Jakobsweg in Baden Württemberg mit 750 m. Übernachtet wurde in einem schönen Schwarzwaldbauernhaus in Niederwinden.

Am nächsten Morgen überraschte uns die Gastgeberin mit einem leckeren Frühstück mit heimischen Früchten und so gestärkt führte uns der Weg über Gutach nach Waldkirch. Bei der Besichtigung der Kirche St. Margarethen begegneten wir wieder den zwei Pilgerinnen vom Vortag und es gab einen regen Austausch. Doch das Ziel an diesem Tag war Freiburg, der Sitz unserer Erzdiözese mit dem damaligen Erzbischof Zollitsch. Die Übernachtung war grenzwertig, jedoch möchte ich aus Höflichkeit keinen Namen nennen. Beim Besuch des Münsters stellte ich für mich fest, dass dieses riesige Bauwerk auf mich eine negative Ausstrahlung hatte und so hielt sich meine Verweildauer in Grenzen.

Der Abend hingegen meinte es dann gut mit uns. Denn es ist das erste Juliwochenende und Dienstagabend. Rund um das Münster ist Markt, es sind Zelte aufgebaut und ab 17 Uhr ist zum Abschluss dieses Wochenendes alles zum halben Preis. Da mundet das ein oder andere Viertel doppelt so gut und wir konnten noch registrieren, dass es anderen Besuchern ähnlich erging. Es war eine ausgelassene und lustige Stimmung, ähnlich wie bei uns zu Hause an Fasnacht, denn der Tisch neben uns mit Frauen lief zur Höchstform auf. Auch das gehört zum Pilgern.

Am nächsten Tag hieß es dann: Tuet Buße! Denn wenn ich mich noch richtig erinnere, war das letzte Viertel Wein wahrscheinlich schlecht. Wir starteten rechtzeitig, unser Ziel war Frankreich. Der Weg führte uns über St. Georgen mit der schönen Kirche St. Georg und dem Hl. Jakobus, der in dieser Region immer wieder in geschnitzter Form dargestellt wird. Mein Reisegefährte musste zum Arzt wegen seiner vielen Blasen. Ich hatte ihn immer wieder verarztet, verbunden, gepflegt, doch die Schmerzen wurden für ihn immer unerträglicher. Wir verließen Deutschland über die Rheinbrücke bei Fessenheim, auch bekannt als Wasserkraftwerk Fessenheim.

Das Kernkraftwerk von Fessenheim liegt etwas südlicher. Den Weg säumten an diesem Tag Tabakfelder, abgeerntete Kartoffelfelder, Zucchinifelder, Weinberge und riesige Maisfelder. Wir waren mitten in der fruchtbaren Rheinebene. Am Donnerstag war für meinen Kameraden endgültig Schluss mit Pilgern.