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**Brich den Fluch der Wüste** Die junge Dayana, eben noch Adelstochter auf der Flucht, nun angehende Königin des Wüstenreiches Sulakan, weiß nicht, wo ihr der Kopf steht. Mit Falk, dem geheimnisvollen Fremden, der einst dem Ruf der Wüste folgte, verbindet sie neben einem Königreich auch tiefe Gefühle. Doch Frieden liegt in weiter Ferne: Nicht nur feindliche Stämme, die an alten Traditionen festhalten, machen der jungen Herrscherin zu schaffen. Als Fanatiker ihren Tempel angreifen, belegt eine Göttin das Wüstenreich mit einem Todesfluch. Gemeinsam mit Falks mysteriösem Cousin Neher begibt sich Dayana auf die Suche nach der rachsüchtigen Göttin, in der Hoffnung, den Fluch ein für alle Mal zu brechen und ihre Lieben zu befreien ... Folge dem magischen Ruf der Wüste! Ein sagenumwobenes Wüstenreich, mit einem Fluch belegt, der zwei außergewöhnliche Menschen zusammenbringt: eine Adelstochter und einen Wüstenprinzen. Dieser bezaubernde Roman weckt in jedem Leserherz Sehnsüchte nach einer magischen Liebe ... //Dies ist der zweite Band der fantastisch-geheimnisvollen »Wüsten«-Reihe. Alle Romane der Fantasy-Liebesgeschichte bei Impress: -- Band 1: Wüstenruf -- Band 2: Wüstenerbe -- Der fantastische Sammelband der geheimnisvoll-romantischen »Wüsten«-Serie// Diese Reihe ist abgeschlossen.
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Impress
Die Macht der Gefühle
Impress ist ein Imprint des Carlsen Verlags und publiziert romantische und fantastische Romane für junge Erwachsene.
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Christina M. Fischer
Wüstenerbe (Die Wüsten-Serie 2)
**Brich den Fluch der Wüste**Die junge Dayana, eben noch Adelstochter auf der Flucht, nun angehende Königin des Wüstenreiches Sulakan, weiß nicht, wo ihr der Kopf steht. Mit Falk, dem geheimnisvollen Fremden, der einst dem Ruf der Wüste folgte, verbindet sie neben einem Königreich auch tiefe Gefühle. Doch Frieden liegt in weiter Ferne: Nicht nur feindliche Stämme, die an alten Traditionen festhalten, machen der jungen Herrscherin zu schaffen. Als Fanatiker ihren Tempel angreifen, belegt eine Göttin das Wüstenreich mit einem Todesfluch. Gemeinsam mit Falks mysteriösem Cousin Neher begibt sich Dayana auf die Suche nach der rachsüchtigen Göttin, in der Hoffnung, den Fluch ein für alle Mal zu brechen und ihre Lieben zu befreien …
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Vita
Nachwort und Danksagung
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© privat
Christina M. Fischer, Jahrgang 1979, lebt mit ihrer Familie im schönen Main Spessart. Sobald sie lesen konnte, verschlang sie ein Märchenbuch nach dem anderen, später wechselte ihre Leidenschaft zu Fantasy. Mit vierzehn Jahren begann sie mit dem Schreiben eigener Geschichten. Ihre bevorzugten Genres sind Urban Fantasy, Dark Fantasy und Romance Fantasy.
Bevor die Explosionen begannen, nahm man die Veränderung in Sula durch einen unwirklichen Moment der Stille wahr. Die Stadt, sonst gebadet in den monotonen Geräuschen des Marktes und ihrer Bewohner, durchlief eine Veränderung, der sich niemand entziehen konnte. Plötzlich wurde die Stille von mehreren aufeinanderfolgenden Erschütterungen verdrängt, begleitet von Rufen, die sich aufgeregt in den Himmel erhoben.
Den Höflingen fiel es als erstes auf und sie eilten in Scharen zu den Terrassen, um nachzusehen, was los war.
Weskar selbst behielt seine Würde und versuchte sich weiterhin um seine Geschäfte zu kümmern. Seit Renya gestorben war, hatte er sich keine Frau genommen und das musste er, um neue Verbündete zu gewinnen, die ihm dabei halfen, den Thron zu halten. Durch eine Ehe mit ihren Töchtern stieg für ihre zukünftigen Enkelkinder die Chance, nach ihm auf den Thron zu folgen. Doch jedes Mal, wenn er kurz vor einem Treffen mit einer passenden Heiratskandidatin stand, hatte er die kleine Frau mit den grauen Augen im Kopf und sein Innerstes krümmte sich vor Schmerz.
Sie waren Kindheitsfreunde gewesen. Eine ungleiche Freundschaft – sie, die Tochter aus wohlhabendem Hause, und er, der Dieb aus Sulas Gosse. Eines Nachts hatte sie ihn dabei erwischt, wie er ein Brot stehlen wollte, aber sie hatte ihn nicht verraten oder ihn angeschrien, wie es die anderen Höflinge taten. Nein, die neunjährige Renya hatte ihm damals zu dem Brot noch ein Stück Fleisch und Orangen mitgegeben. Außerdem hatte sie ihm zugeflüstert jede Woche am Dienstag wiederzukommen, dann hätte sie weiteres Essen für ihn.
Diese Gelegenheit war zu gut, um wahr zu sein, das hatte ihn das Leben auf Sulas Straßen gelehrt, daher war er sofort misstrauisch geworden und hatte entschieden sie vorerst zu beobachten.
Er hatte es nicht geglaubt, aber sie wartete tatsächlich in dem schattigen Plätzchen hinter der Küche auf ihn. Da er Soldaten in den Nischen vermutete, war er gegangen, ohne sich zu erkennen zu geben, obwohl sein Magen vor Hunger geschmerzt hatte.
Die Woche darauf war sie wieder am verabredeten Treffpunkt erschienen und dieses Mal hatte er sich ihr gezeigt. Keine Soldaten hatten ihn festgenommen, stattdessen konnte er sich endlich seit langer Zeit den Bauch vollschlagen.
Renya hatte ihm auch zu einer Anstellung verholfen. Er hatte alles getan, um sich für diesen Gefallen erkenntlich zu zeigen, arbeitete unermüdlich und vermied jeden Fehler. Sein Eifer war Renyas Vater aufgefallen. Da er Weskars scharfen Verstand sogleich erkannte, nahm er ihn unter seine Fittiche. Er wurde auf teure Schulen geschickt, die ihn zu einem weisen Mann erziehen sollten.
Weskar war stolz auf sich gewesen und hatte geglaubt einer glücklichen Zukunft entgegen zu blicken. Sein Magen hatte seit seiner Begegnung mit Renya nicht mehr vor Hunger geknurrt und er trug die kostbarsten Gewänder Sulakans. Nichts erinnerte an den Straßenjungen, der er einst gewesen war.
Nach einigen Jahren begann er zu glauben, dass er dazu gehörte. Seine Lehrer ergossen sich in begeisterten Lobreden und prophezeiten ihm eine glorreiche Zukunft im Palast. Das weckte seinen Ehrgeiz, denn dem König persönlich zu dienen, war, was sich jeder Gelehrte Sulakans erhoffte. Aber für Renya hätte er diesen Traum aufgegeben. Was er wollte, war eine Anstellung, die es ihm ermöglichte, sie zu freien und zu seiner Frau zu machen. Dafür war er sogar nach Ashkan gereist, um zwei Jahre in der berühmtesten Universität Sulakans zu studieren.
Bei seiner Rückkehr hatte er geglaubt in einem Albtraum festzustecken, denn als er nach ihr sehen wollte, um ihr seine Gefühle zu gestehen, war sie schon zur Drittfrau des Königs geworden. Die Welt schien damals für ihn unterzugehen. Gegen jeden Werber hätte er vorgehen können, aber nicht gegen diesen Mann.
Danach war es schwerer geworden, sie zu treffen, da er den Harem nicht betreten durfte. Folglich hatte er nach anderen Möglichkeiten gesucht, sie zu sehen, und war zum Berater ihres Mannes aufgestiegen.
Die Jahre, in denen er in Ashkan für eine Zukunft studiert hatte, die nun nicht mehr eintreten würde, hatten sie verändert. Renya hatte ihre Lebenslust und ihre ungezügelte Wildheit verloren, aber sie hatte dem König dennoch ihr Herz geschenkt. Das war ihr größter Verrat …
»Mein Herr, ist alles in Ordnung?«
Palun, sein Leibwächter, hatte den Blick auf seine Hände gerichtet. Weskar fiel erst jetzt auf, wie stark das Dokument in seinem Griff zitterte. Hastig legte er es beiseite und stand von dem wuchtigen Thron auf, der sich am Kopfende der weitläufigen Halle befand. »Alles in Ordnung.«
Dann wandte er sich den Höflingen zu, die sich auf den breiten Balkon begeben hatten, von dem aus man die Hauptstadt am besten beobachten konnte. Sie drängten sich so eifrig gegen die Brüstung, dass sie fast nach unten gefallen wären. »Was zum Teufel geht da vor sich? Ist ein Gebäude eingestürzt?«
Manche Teile Sulas waren uralt und hätten längst abgerissen werden sollen, doch im Moment interessierten ihn wichtigere Angelegenheiten. Die Aufrüstung seiner Truppen hatte oberste Priorität.
»Ich habe Unket geschickt, um nachzusehen.«
Unket war Paluns rechte Hand und seine Augen, da er selbst niemals Weskars Seite verließ, sobald sie sich außerhalb seiner privaten Gemächer befanden.
Er verspürte den Drang der Neugierde ebenfalls, aber er wollte sich nicht auf eine Stufe mit den Höflingen stellen.
»Ich ziehe mich zurück«, verkündete er laut, doch keiner der Anwesenden reagierte auf ihn.
»Herr, gehen wir«, drängte Palun beunruhigt. »Ich will Euch in Euren Räumen sicher wissen.«
Weskar wusste, warum dem so war. Die Räumlichkeiten des Königs befanden sich an einem leicht zu verteidigenden Ort. Innerhalb des Palastes hatte man verschiedene Bereiche mit hochstehenden Mauern verstärkt, die sie wie Ringe umschlossen. Diese konnte man bei einem Angriff schließen und mit Leichtigkeit verteidigen. Die Angreifer mussten erst diese Barrieren überwinden, um zu seinen privaten Gemächern zu gelangen.
Palun war sich nicht sicher, ob ein Angriff bevorstand, aber er war ein umsichtiger Mann und er würde ihn zuerst in Sicherheit bringen und sich dann erkundigen, um was für eine Gefahr es sich handelte.
Weskar hatte den Mann für seinen Schutz ausgesucht, weil er ihn an sich selbst erinnerte und nicht aufgrund von reiner Nächstenliebe. Er war Renyas Familie in seiner Jugend so dankbar gewesen und hätte sogar sein Leben für sie gegeben. Diese Dankbarkeit nutzte er nun aus. Er hatte Palun aus Sulas Gassen geholt, nachdem die Gabe des jungen Mannes ersichtlich geworden war. Mit kostbarer Kleidung, einem Haus, in dem mehrere Frauen auf ihn warteten, und guten Dienern hatte er ihn ausgestattet und dafür Paluns Treue errungen. Der junge Mann würde ihn bis zu seinem letzten Atemzug verteidigen und darauf setzte Weskar.
Gemeinsam traten sie den Weg zu seinen Gemächern an. Unterwegs hörte er aus dem Harem die Stimmen der Frauen, die darauf hofften zu seiner Ehefrau aufzusteigen. Keine von ihnen war Renya, also ließ er sie zurück.
Vor seinen Gemächern lief Unket ihnen entgegen. Sein Gesichtsausdruck genügte, um ihn zu beunruhigen.
»Mein Herr, Sula wird angegriffen.«
Weskar erstarrte, doch nur kurz, denn er hatte Vorsichtsmaßnahmen für einen solchen Fall getroffen. »Dann schlagt den Aufstand nieder«, befahl er selbstsicher.
»Herr.« Unket verneigte sich, als wären ihm seine folgenden Worte unangenehm. »Die Rebellen greifen aus der Luft an und sie haben die Unterstützung von Sulas Bewohnern. Unsere eigenen Luftschiffe stehen aufgrund von Sabotage in Flammen und unsere Wachen haben alle Hände voll damit zu tun, die Aufstände in der Stadt niederzuschlagen.«
Sehr lange hatte Weskar dieses Gefühl nicht verspürt, doch nun fühlte er die Angst wie eiskalte Finger über seinen Rücken streicheln. »Aufstände?«
Unket nickte, ohne ihm in die Augen zu sehen. »Die Menschen laufen auf den Straßen und rufen aus, der rechtmäßige Herrscher Sulakans würde bald zurückkehren.«
Weskar schlug aufgebracht eine Vase vom Sockel, die den Flur zierte. »Welcher Herrscher? Dayorkan ist tot und davor hat er seinen verräterischen Bruder beseitigt. Alle anderen Söhne des Königs sind ebenfalls tot.«
»Herr, sie sprechen von dem jüngsten Spross. Er soll überlebt haben.«
Die Welt verschwand für einige Sekunde vor seinen Augen, als er diese schloss. Er erinnerte sich nur allzu gut an den Knaben mit Renyas Blick. Es hatte eine Zeit gegeben, da hätte er sich gewünscht den Jungen zu mögen. Doch jedes Mal hatte er den König in ihm gesehen, obwohl der Prinz vielmehr Renya aus dem Gesicht geschnitten war.
Unruhig ging Weskar weiter zu den Gärten vor seinen Gemächern. Er glaubte keine Luft zu bekommen. Berichte waren in den Palast vorgedrungen, denen zufolge Prinz Falukard in der offenen Wüste sein Ende gefunden hatte. Dayorkan hatte ihnen geglaubt und er hatte keinen Grund zu zweifeln gehabt, denn Renya war untröstlich gewesen.
Weskar schaute in den blauen Himmel, der immer dunkler wurde, da der Abend schnell über Sulakan hereinbrach. »Palun, wir verlassen die Stadt.«
Der junge Mann sah ihn überrascht an. »Herr?«
Bei all seinen Plänen hatte er eine Sache nicht bedacht. Er hatte nicht erwartet, dass die Bewohner Sulas sich gegen ihn wenden würden. Er hatte seine Flotte verloren und seine Wachen hatten gegen den wütenden Mob keine Chance, aber er würde den Krieg um die Herrschaft nicht verlieren. Sula war nur eine Stadt, er hatte Verbündete, die ihm dabei helfen würden, die Krone zurückzuerlangen. Und dann würde er diese verräterische Stadt für ihre Taten bezahlen lassen.
»Ich sagte, wir ziehen uns aus Sula zurück«, wiederholte er mit eisiger Stimme, während er den Flur verließ und den grünen Garten betrat.
»Wir sind gerade erst eingetroffen und Ihr wollt schon gehen?«
Beim Klang der spöttischen Stimme fuhren sie zu der Mauer herum, die seine privaten Gärten umschloss. Aus dem Schatten der Steinwand löste sich eine Gestalt.
Im ersten Moment glaubte Weskar, Renyas Sohn wäre hier, um über ihn zu richten, doch der Mann, der langsamen Schrittes auf sie zukam, war blond und hatte blaue Augen. Es konnte niemand anderes als Obosans Enkel Aidan sein. Hellhaarige Menschen waren in seinem Land eine Seltenheit und nur der alte Schwertmeister des jungen Prinzen Falukard hatte sich eine Frau aus Kidarka geholt. Er erinnerte sich mit Groll an den Alten. Alle Höflinge hatten sich nach seiner Thronübernahme gefügt, doch Obosan hatte ihm mit seinen Luftschiffen nur Probleme bereitet. Weskar hatte nicht nur darauf achten müssen, die Höflinge bei Laune zu halten, sondern auch die Verluste zu kompensieren, die diese Luftpiraten verursachten.
Wie hatte dieser Mann es geschafft, bis hierher vorzudringen? Nicht nur patrouillierten viele Wächter in den königlichen Gemächern, es gab auch Schutzzauber, die jeden Unbefugten vernichteten.
»Töte ihn, Unket«, befahl er.
Der Mann gehorchte seinem Befehl und ging auf den Neuankömmling los. Währenddessen baute Palun sich vor ihm auf, bereit, ihn gegen alle Gefahren zu verteidigen.
Weskar verzog abschätzig den Mund. Dieser Eindringling würde in Kürze sein Leben verlieren, nur war ihm dies nicht bewusst.
Während der Luftpirat gegen Unket focht, beobachtete Weskar neben den Kämpfenden auch seinen Leibwächter aufmerksam. Der junge Mann bewegte die Finger beider Hände in einem seltsamen Rhythmus.
Unket war ein außergewöhnlicher Schwertkämpfer, aber sein Gegner war ihm mehr als nur ebenbürtig. Dennoch würde er Paluns Magie nichts entgegensetzen können.
Kaum hatte er das gedacht, als sich ein tödlicher Feuerball aus Paluns nach vorne gereckten Händen löste, der direkt auf den Luftpiraten zielte.
Weskar lächelte triumphierend, bereit, das Ende seines Feindes mitzuerleben. Er genoss es, seinen Gegenspieler Obosan durch den Tod seines einzigen Nachfahren in Trauer zu stürzen.
Kurz bevor der Feuerball den Mann erreichen konnte, prallte er gegen einen unsichtbaren Schild. Das überraschte alle Anwesenden und die Kämpfenden lösten sich voneinander.
Die Miene des blonden Mannes verfinsterte sich. »Wir hatten eine Abmachung, Hermia. Du solltest dich verborgen halten.«
Mit wem sprach der Narr?
Noch ehe Weskar diesen Gedanken zu Ende gefasst hatte, löste sich eine weitere Person aus dem Schatten der Mauer. Die dunkelhäutige Frau war schön genug, um in seinem Harem zu gehören, und sie bedeutete Ärger. Ihre Anwesenheit beantwortete auch seine Frage. Eine Zauberin könnte jeden Schutzwall im Palast überwinden und den Feind bis ins Innerste führen.
Palun, der sofort erkannte, dass sie ebenfalls über Magie verfügte, setzte neue Prioritäten und wob einen weiteren Zauber, dieses Mal mit der Begabten als Ziel. Kaum hatte er damit begonnen, als sich eine wilde Kreatur aus der Luft auf ihn stürzte.
Weskar erhaschte nur einen kurzen Blick auf das Raubtier und wich erschrocken zurück. Der Raubvogel lenkte die Angriffe von Krallen und scharfem Schnabel immer wieder auf Paluns Gesicht, besser gesagt, auf seine Augen. Eines hatte er schon verloren, das andere würde folgen, wenn er nicht schnell genug handelte.
Während Weskar für wertvolle Sekunden nicht wusste, wie er reagieren sollte, kämpften die Schwertkämpfer weiter. Die Zauberin lenkte ihre Bemühungen darauf, das Tier vor Paluns magischen Attacken zu schützen.
Als Unket vom Schwert des Luftpiraten tödlich getroffen wurde, bekam Weskar es mit der Panik zu tun. All seine Intrigen und Pläne hatten ihn hierher geführt, aber er hatte niemals erwartet zu versagen.
Im nächsten Moment schaffte Palun es, das Tier zu treffen. Die Falkin entkam dank der Zauberin Paluns tödlichem Feuerangriff mit geringen Verbrennungen und zog sich zurück.
Palun packte Weskar und zog ihn tiefer in die Wohnbereiche des Königs. Er selbst hoffte auf ein Wunder, ansonsten würde er heute sein Leben verlieren.
Der Angreifer und die Zauberin näherten sich seinem Gemach. Er hörte sie argumentieren. Obosans Enkel forderte, dass sie sich aus den Kämpfen heraushielt. Was für ein Dummkopf, war er doch einzig und alleine ihretwegen am Leben.
»Die Garde!«, rief Palun aus. Sein linkes Auge war vollkommen zerstört, aber er richtete immer noch all seine Bemühungen darauf, ihn in Sicherheit zu bringen.
Kurz darauf hörte er das Näherkommen seiner Wachen.
»Es sind viele«, wandte Obosans Enkel ein.
»Lass mich das machen.« Diese Stimme gehörte der Frau, die Aidan Hermia genannt hatte.
Was sie als Nächstes hörten, waren schmerzhafte Schreie und das Prasseln von hungrigen Flammen.
Weskar fing an zu zittern. Sein letzter Plan musste nun greifen.
»Palun«, stieß er leise hervor. Von seinem Standort am Fenster aus sah er einen seiner Männer nach dem anderen fallen. Dieses Miststück drohte mit ihrer Magie all seine Bemühungen zu vernichten. »Wir müssen es jetzt tun«, drängte Weskar.
Sein Leibwächter nickte mit grimmiger Entschlossenheit, dann legte er seine eigene Magie um sich und begann sich zu verändern.
Weskar trat von Palun zurück. Den Mann, den er aus den Slums geholt hatte, um für ihn zu sterben, durchlief eine schmerzhafte Verwandlung. Die Struktur seines Körpers veränderte sich und nahm eine andere Form an. Die Jugend verschwand aus seinen Zügen, sein Gesicht wurde schmal und länglich, die Gestalt hager.
»Herr«, krächzte Palun mit einer Stimme, die der seinigen glich.
Weskar wäre am liebsten sofort geflohen, aber seine Rettung basierte darauf, dass Palun starb, damit er leben konnte. »Mein Junge, ich verdanke dir so viel.«
»Nein, Herr«, wandte Palun schweißüberströmt ein, da der Zauber ihn erschöpft hatte. »Ich verdanke Euch alles …«
Palun hatte nun seine Gestalt vollkommen übernommen. Weskar zog sich tiefer in seine Räume zurück.
»Macht schnell, Herr«, krächzte sein Leibwächter. »Ich versuche nachzukommen.«
Der arme Wicht glaubte sogar daran. »Ja, tu das.«
Hinter seinem Sekretär befand sich ein verbogener Mechanismus in der Wand, den er nachträglich hatte einbauen lassen. Dieser führte zu einem Geheimweg, der ihn sicher aus der Stadt brachte.
Er hatte sich gerade hinter der Mauer versteckt und die Tür des Geheimgangs geschlossen, als er die Stimmen seiner Angreifer hörte, gefolgt von einem Schrei. Dann wurde das Zimmer in Feuer gebadet.
Palun hatte seinen Zweck erfüllt.
Weskar wandte sich ab und folgte dem schmalen Pfad in die Tiefe. Unterwegs entdeckte er Leuchtsteine in einem Behälter, die flackernd ihr Licht verstrahlten, sobald er die Haube von ihnen nahm.
Diesen Fluchtweg hatte nur Palun gekannt und er war tot. Jemand anderem würde er auf diesem Weg nicht begegnen.
Ab und zu vernahm er Explosionen. Der Optimist in ihm riet ihm zu bleiben und zu kämpfen, aber wenn sie sich seiner Luftschiffe entledigt hatten und das Volk Sulas hinter den Rebellen stand, blieb ihm nur eine kleine Chance und er wollte kein Risiko eingehen.
Etwa eine Stunde lang war er in dem engen Gang unterwegs. Die Bauarbeiter für diesen geheimen Weg hatte er allesamt persönlich ausgewählt. Sie durften in der ganzen Bauzeit nicht ein einziges Mal die Baustelle verlassen, aber dafür hatte er ihre Familien entschädigt. Sie wären sogar noch versorgt, wenn die Leichen ihrer getöteten Söhne und Ehemänner auftauchen würden.
Auf den letzten Metern des unterirdischen Weges hörte er Tiergeräusche. Weskar hob den Kopf und schaute zur Steindecke über sich. Ab nun musste er Vorsicht walten lassen.
Der breite Raum, der sich am Ende der schmalen Treppe befand, kam in Sicht. Darin hatte er Proviant, Geld und unauffällige Kleidung gelagert. Er legte die Leuchtsteine zur Seite und schaute an sich hinab. Seine Kleider waren von außergewöhnlicher Qualität und es tat ihm in der Seele weh, seinen Kaftan mit den wunderschönen Stickereien auszuziehen, danach folgte die breite weiße Hose.
Weskar warf einen Blick in den unauffälligen Sack und verzog angewidert das Gesicht. Diese Kleidung war von niederer Qualität, der Stoff grob und kratzig, außerdem sahen Hose und Kaftan aus, als wären sie schon eine Woche lang getragen worden.
Weskar überwand seinen Ekel und zog sich rasch an, danach packte er etwas Geld und Proviant in den Reisebeutel. Zusätzlich hatte er sich gegen ein Schwert entschieden. Krieger wurden misstrauisch beäugt und Aufmerksamkeit wollte er am allerwenigsten. Stattdessen befand sich ein einfacher aber tödlicher Dolch bei der Kleidung. Die lange Klinge mit dem dunkelgrauen Griff musste genügen, um sich zu schützen.
Nachdem Weskar etwas nachlässig ein Tuch um sein Haupt gebunden hatte, schulterte er den Reisebeutel und machte sich auf den Weg nach oben. Die Leiter führte zu einer Falltür und nachdem er sie hochgestiegen war, betrat er das Gebäude, das er nur für den Fall einer Flucht gekauft hatte. Es grenzte an eine Karawanserei und war geschützt durch halbhohe Wände, sodass er rasch zum Eingang des Hauses huschte und dann den offenen Hof überquerte.
»Wer ist da?«
Weskar erstarrte. Aus dem Schatten des Hofes erhob sich ein Mann. Er trug abgewetzte Kleidung an seinem mageren Körper, der nur aus Haut und Knochen zu bestehen schien.
»Das hier ist mein Schlafplatz. Wie bist du hier reingekommen?«
Der wertlose Wurm stank gegen den Wind. Das war kein Wunder, da er aussah, als hätte er sich seit Jahren nicht gewaschen.
»Ich schlafe schon seit zwei Jahren hier, aber nie bin ich gierig geworden. Als Bettler sollte man so höflich sein zu fragen, ob man den Schlafplatz eines anderen benutzen darf.«
Weskar brodelte vor Zorn, denn er stimmte dem Mann von ganzem Herzen zu.
»Ich hab dich hier noch nie gesehen. Wieso sprichst du nicht? Hast du deine Zunge verschluckt?«
Würde der Bettler ihn erkennen?
Noch während er sich mit der Frage beschäftigte, gab es eine gewaltige Explosion auf der anderen Stadtseite.
»Ah, das muss die Garnison des alten Esels sein.«
Mittlerweile zitterte Weskar vor Zorn. Seine Garnison war mit Kriegern bestückt gewesen, die er sich mit viel Gold gekauft hatte. Und diese unwürdigen Hunde hatten alles zerstört.
Der Bettler schien ihn nicht zu beachten, sondern hatte den Blick über die Mauer gerichtet, wo ein rötlicher Schein die Dunkelheit des Himmels zu vertreiben versuchte. »Sie laufen durch die Straßen und verkünden, der Prinz würde zurückkehren. Was hältst du von dieser Entwicklung, Bruder?«
»Ich hoffe, er begleitet dich in den Tod.«
Bevor der Mann reagieren konnte, hatte Weskar dem Tölpel seinen Dolch in die Seite gerammt und eine Hand auf dessen Mund gepresst, um seinen Schmerzensschrei zu unterdrücken. Während der widerwärtige Bettler sich in seinen Armen wand, jagte Weskar ihm die Klinge tiefer ins Fleisch.
Es widerte ihn an, diesen Narren anfassen zu müssen, selbst das Blut auf seiner rechten Hand und der Speichel des Sterbenden an seiner linken fühlten sich ekelhaft an.
Viel zu lange lag es zurück, dass er sich selbst die Hände schmutzig gemacht hatte, aber das würde sich in Zukunft ändern.
Der Sterbende erschlaffte und fiel schließlich zu Boden. Weskar bückte sich, um seine Klinge und seine Hände an der Kleidung des Toten zu säubern. Ganz sauber wurden sie nicht, aber zumindest würde nicht jeder durch seine blutigen Finger alarmiert werden.
Weskar bückte sich nach seinem Hab und Gut und ging weiter. Obwohl er sich so gut wie möglich gesäubert hatte, hatte er immer noch das Gefühl, unrein zu sein. Am liebsten hätte er seine Hände in frisches Wasser getaucht, aber er brauchte jeden Schluck davon für die Reise, die er antreten musste.
Niemand beachtete ihn, als er zu der Karawanserei ging und dort ein Kamel kaufte. Mit ihm versuchten noch mehr Menschen aus der Stadt zu fliehen. Der Karawanenführer würde sich diese Gelegenheit, Geld zu verdienen, nicht entgehen lassen und so schnell wie möglich aufbrechen. Genau darauf hatte er gebaut, als die Rebellen die Stadt angegriffen hatten. Da seine Feinde damit beschäftigt waren, die Stadt einzunehmen, achtete man nicht auf die vielen Menschen, die in Panik versuchten Sula zu verlassen.
Die Dunkelheit hatte sich über das Land gesenkt, als Weskar sich der Stadt zuwandte, die sieben Jahre lang ihm gehört hatte. Feuer brannten in einigen Teilen der alten Hauptstadt, er sah sogar das Gerüst der Werft, in der man Luftschiffe baute und reparierte, und ballte zitternd die Hand zur Faust. Wie konnte man so gedankenlos alles zerstören?
Natürlich erkannte er Obosans Strategie dahinter, doch er hatte jedes dieser Schiffe in Auftrag gegeben und Unsummen dafür gezahlt. Ein Vermögen ging heute Nacht in Flammen auf.
Nur mit Mühe hielt er seine Wut im Zaum. Noch war nicht alles verloren. Er hatte einen Plan und aufgrund von Paluns Verwandlung würden seine Feinde annehmen, er wäre tot. Das verschaffte ihm einen Vorsprung und er würde gestärkt mit neuen Verbündeten nach Sula zurückkehren und diese Stadt in Schutt und Asche legen.
Dayana schloss die Augen und genoss den Wind, der ihr durch das lange Haar fuhr. An ihren Oberschenkeln spürte sie die Kraft des Hengstes, der sie durch eine Welt aus Sanddünnen trug. Teufel ritt schnell und ausdauernd, froh darüber, endlich der Box des Luftschiffes entkommen zu sein. Als sie sich lachend nach vorne lehnte, wurde er noch schneller. Fast konnte sie seine Freude, endlich wieder nach Herzenslust reiten zu können, körperlich spüren, denn sie teilte sie.
Nachdem Aidans Luftschiff sie kurz vor Sula in der Wüstenstadt Oboo abgesetzt hatte, war Dayana anfangs schnell ermüdet, obwohl Falk darauf geachtet hatte, dass sie sich in den größten Hitzeperioden ausruhten. Es wäre wesentlich bequemer gewesen, direkt nach Sula zu fliegen, doch Falk wollte sich in Oboo mit einigen wichtigen Würdenträgern treffen, daher legten sie die Strecke auf Kamelen zurück. Das diente einem weiteren Zweck. Er wollte die Bewohner Sulakans kennenlernen und sich auf seinem Weg in die Hauptstadt ihre Sorgen anhören.
Für seine Sicherheit sorgten Aizens Sandreiter, die als Leibwächter fungierten. Dayana war dem ehemaligen Hauptmann in ihrer Zeit als Ishars Auserwählte in die Hände gefallen. Später hatte Aizen Falk bei seiner Suche unterstützt, als die Häscher ihres ungewollten Verlobten sie entführt hatten. Nach ihrer Rettung hatte Aizen das nomadenhafte Leben eines Sandreiters für eine Anstellung beim König eingetauscht.
Eine neue Stellung hatte auch Falks früherer bester Freund Aidan bekommen. Als dessen Befehlshaber war er mit seiner Verlobten Hermia direkt zur Hauptstadt weitergeflogen, um alles für die Ankunft des Königs vorzubereiten.
»Mütterchen!«
Ein fast panisch ausgestoßener Ruf brachte sie dazu, nach hinten zu sehen. Der Sandreiter, der ihr dicht auf den Fersen blieb, war ihr nicht fremd. Toshiro war Aizens rechte Hand und hatte ihr diesen Spitznamen gegeben, da sie sich in ihrer Zeit als Auserwählte als alte Frau verkleidet hatte, um unbehelligt in Sulakan reisen zu können. Alleinreisende Frauen konnten von jedem Mann dazu genötigt werden, eine Ehe mit ihm einzugehen. Da Falk und Aizen sich im Lager mit einigen Würdenträgern unterhielten, war Toshiro dazu abgestellt worden, für ihre Sicherheit zu sorgen. Mehr als einmal hatte der grimmige Mann in den vergangenen Wochen betont, dass sie der Grund seiner grauen Haare sein würde. Eine glatte Lüge, denn wie Falk und Aizen besaß er rabenschwarzes Haar. Dieses hatte der Sandreiter unter einem weißen Tuch verborgen, daher fiel die rauchgraue Tätowierung auf der einen Seite seines Gesichts umso mehr auf.
Weil sie wusste, dass sein Pferd durchaus mit Teufel mithalten konnte, wandte sie sich wieder nach vorne und schloss die Augen. Der Schleier, den sie sich vor das Gesicht gebunden hatte, um den Sand von Nase und Mund fernzuhalten, drückte gegen ihre Lippen. Ihr leichter Kopfputz, den Hermia mit Spangen in ihren Locken befestigt hatte, kitzelte mit ihrem Haar ihre Schultern.
Wenn Falk sie sehen könnte, würde er ihr eine Predigt halten, aber sie waren so lange auf diesem Luftschiff eingepfercht gewesen, dass sie sogar gejubelt hatte, als er ihrem Wunsch nachgab, einen Ausritt zu der großen Oase in der Nähe von Oboo zu machen. Das hatte ihn viel Überwindung gekostet, denn noch waren sie nicht sicher und er witterte in allem eine Gefahr für sie.
»Mütterchen!«
Als Toshiro sie erneut bei dem Spitznamen rief, wandte sie sich ihm ein weiteres Mal zu und folgte seiner ausgestreckten Hand zu einer Palmenreihe, die sich rechts von ihr befand. Sobald Dayana den Hengst in diese Richtung lenkte, bauschte sich ihr Schleier auf und flog ihr vom Kopf. Sie konnte noch sehen, wie Toshiro den teuren Soff fluchend auffing, bevor sie Teufel erneut die Füße in die Flanken drückte, was ihm ein erfreutes Wiehern entlockte. Dayana lachte und war versucht die Zügel loszulassen, um die Arme auszustrecken, aber das hätte ihrem Leibwächter einen Herzinfarkt beschert. Daher begnügte sie sich damit, den Rausch der Geschwindigkeit mit gebührender Sicherheit zu genießen. Weil Teufel eines der schnellsten Pferde dieses Landes war, erreichte sie lange vor Toshiro die Wasserstelle. Sie zügelte den Hengst und saß ab, bevor sie ihn zum Wasser führte und seinen langen Hals streichelte.
Seit sie Sulakan erreicht hatten, trug sie die übliche Gewandung des Landes. Enge Beinkleider aus einem mit Goldfaden bestickten hellblauen Stoff und dazu das passende Leibchen, das sich knapp oberhalb des Nabels teilte und ihr in einer Art Rock bis zu den Knöcheln reichte. Auch hatte sie entschieden sich den Bauchnabel mit einem Schmuckstück durchstechen zu lassen, wie es in Sulakan Sitte war. An den Füßen lagen goldene Kettchen auf ihren Knöcheln und an den Handgelenken kunstvolle Armbänder. Das Fußkettchen war niedlich, aber die vielen Armbänder hatten sie gestört, weshalb sie sich nur für eines entschieden hatte. Das Verlobungsgeschenk von Falk. Dayana griff sich ins Haar und verzog das Gesicht, weil der Sand, der Nebeneffekt eines Wüstenlandes, seinen Weg überallhin fand. Sie hatte sich ihre Locken erst gestern gewaschen und schon wieder konnte sie Sandkörner unter ihren Fingern fühlen.
Wenig später erschien Toshiro auf seinem braunen Hengst und saß ab. Sein Gesicht war angespannt und sie verzog schuldbewusst ihres, als er auf sie zukam, den leuchtenden Stoff ihrer Kopfbedeckung in der Faust.
»Danke, dass du ihn aufgefangen hast.«
Toshiro schüttelte resigniert den Kopf. »Wenn mein König dich gesehen hätte, er hätte dir den Hintern versohlt.«
»Nein, hätte er nicht«, grinste sie ihn an. »Falk weiß, dass ich eine sichere Reiterin bin.«
»Das weiß ich auch und mir ist trotzdem flau im Magen geworden, weil ich die Vorstellung nicht loswerden konnte, wie du vom Pferd fällst und dir das Genick brichst.«
Dayana hielt inne und nahm den Sandreiter genauer in Augenschein. Toshiro sah tatsächlich etwas blass um die Nase aus. »Tut mir leid, dass du dich gesorgt hast. Es war nur so schön, den Wind zu spüren.«
»Und nicht die Wände dieses Luftschiffes, ich verstehe«, brummte der hochgewachsene Mann etwas sanfter, weil er eine furchtbare Abneigung gegen Flugschiffe hatte. »Trotzdem, wir haben hier keine Wachen abgestellt und ich bin für deine Sicherheit verantwortlich.«
Teufel trank in durstigen Zügen von dem Wasser, während Dayana sich nach einem schattigen Plätzchen umschaute.
»Ich habe in der Nähe ein Zelt, in dem ihr euch ausruhen könnt.«
Erst als die Person sprach, wurde ihnen bewusst, dass sie nicht alleine waren. Im Bruchteil einer Sekunde hatte Toshiro sein Schwert gezogen und sich beschützend vor ihr aufgebaut. »Bleib zurück!«
Das herzhafte Lachen offenbarte ihnen, dass es sich bei dem Neuankömmling um eine Frau handelte. Sie war ungewohnt groß, überragte Dayana um zwei Köpfe und trug ein schwarzes Gewand, das fast alles von ihr verhüllte. Ein seidiger Schleier in der gleichen Farbe bedeckte ihr Gesicht. Die Augen darüber waren von einem so tiefen Braun, dass Dayana nicht wegsehen konnte.
»Ich reise mit kleiner Gefolgschaft und obwohl mein Zelt nicht prächtig ist, ist es doch kühl und schattenspendend.«
Toshiro wäre am liebsten zurückgeritten, aber sie spürte keine bösen Absichten von der Frau ausgehen. Da der Sandreiter ahnte, wie ihre Antwort lauten würde, steckte er seufzend sein Schwert ein. »Die Höflichkeit gebietet es, sich vorzustellen«, verlangte er grummelnd.
»Das stimmt, verzeih. Ich bin Neher und unterwegs nach Sula, um den Feierlichkeiten des neuen Herrschers beizuwohnen.«
Dayana warf ihrem Begleiter einen zaghaften Blick zu. Neher wusste offenbar nicht, wen sie vor sich hatte. »Ich bin …«
»Yana«, fiel Toshiro ihr ins Wort. »Wir sind ebenfalls zu den Feierlichkeiten eingeladen.«
Ihre Gastgeberin musste lächeln, denn ihr Schleier verzog sich über ihrem Mund, als sie sie voran winkte. Das Zelt, welches sich direkt hinter der Palmenreihe befand, stellte sich, wie Neher gesagt hatte, als klein, aber überaus kühl heraus. Dayana ließ sich auf die bunten Kissen nieder und neigte dankbar den Kopf, als die Frau ihr einen Metallbecher hinhielt, in dem sich eine dunkle Flüssigkeit befand. Sie löste den Gesichtsschleier an einer Seite, um trinken zu können, doch bevor sie dazu ansetzen konnte, hatte Toshiro ihr den Kelch abgenommen, um daran zu riechen und selbst einen Schluck zu nehmen. Danach stellte er den Becher vor sich ab. Sie wusste, dass er es nicht tat, um sie zu bevormunden, sondern weil er Gift darin befürchtete.
»Toshiro, das ist unhöflich«, brachte sie matt hervor.
Neher beobachtete sie aufmerksam. »Mach dir keine Gedanken. Dein Wächter tut alles, um seinem Beruf gerecht zu werden. Ich nehme an seinem Verhalten keinen Anstoß.«
Nach Nehers Worten entspannte Dayana sich und kreuzte die Beine, bevor sie ihre Gastgeberin ansprach. »Vielen Dank für dein Verständnis.«
Neher trug immer noch ihren Gesichtsschleier, doch in manchen Teilen des Landes war es Brauch, sein Antlitz verhüllt zu lassen.
»Aus welchem Teil Sulakans kommst du?«, fragte Dayana neugierig. Es fiel ihr schwer, so viele Leute zu duzen, aber das gehörte zu Sulakans Brauch. Nur sehr hohe Herren wurden öffentlich formell angesprochen und da sie sich nicht als künftige Königin Sulakans vorgestellt hatte und sie nichts über Nehers Stand wusste, war die persönliche Anrede üblich.
»Ashkan. Hast du davon gehört?«
»Die Stadt des Wissens, hat F… mein Verlobter gesagt.«
Zum Glück hatte sie verhindern können Falks Namen zu erwähnen. Der Blick dieser dunklen Augen zeugte von Intelligenz. Neher konnte sicher zwei und zwei zusammenzählen.
»Dein Verlobter? Wann findet die Hochzeit statt?«
»Bald«, antwortete Toshiro für sie.
Neher lächelte erneut. »Vielleicht werde ich davon hören. Nun, Sandreiter, die Zeit dürfte ausreichend gewesen sein, um festzustellen, dass mein Dattelwein deiner Herrin nichts anhaben wird.«
Brummend hielt Toshiro ihr den Kelch hin. Dayana hob das Metall an die Lippen und nippte daran. Das Getränk war süß und schmeckte so herrlich, dass sie am liebsten weitergetrunken hätte, aber jeder hatte sie gewarnt Dattelwein mit Bedacht zu genießen, denn man schmeckte den Alkohol kaum heraus.
»Der ist gut«, rief sie entzückt aus. Toshiro nickte zustimmend.
»Meine Familie stellt den Wein seit vielen Generationen her. Dreißig Jahre schon beliefern wir den Palast, daher bin ich persönlich aufgebrochen, um mich zu vergewissern, dass das Abkommen weiterhin Bestand hat.«
Dayana konnte Nehers Beweggründe verstehen. Ein neuer Herrscher könnte neue Abkommen schließen und alte verwerfen.
»Wenn der König davon trinkt, glaube ich nicht, dass du dich darüber sorgen musst.«
Neher neigte ob des Kompliments den Kopf.
Als von außerhalb des Zeltes Stimmen zu hören waren, erhob Toshiro sich, um nachzuschauen. Wenn er nicht von Lorans magischem Geschenk, der Bernsteinkette, die sie beschützte, gewusst hätte, hätte er sie nicht alleine gelassen.
Dayana vermisste ihren alten Freund. Der Magier hatte viel für sie und Falk getan, sich aber seit ihrer letzten Begegnung nicht mehr gezeigt.
»Was für Zufälle es gibt«, sagte Neher leise.
Dayana richtete den Blick wieder auf ihre Gastgeberin und zuckte zusammen. Neher saß ihr gegenüber und doch schien sie ihr näher gekommen zu sein. »Was meinst du?«
»Gerüchte durchstreifen das Land. Sie erzählen von einer Frau, die nicht aus Sulakan stammt und doch unsere Königin werden soll. Ihre Schönheit soll das Herz unseres Herrschers erobert haben.«
Dayana fühlte sich verlegen und mied Nehers Blick, daher öffnete sie überrascht den Mund, als die andere Frau ihr Kinn anhob, um ihr in die Augen sehen zu können.
»Und nun sitzt Sulakans künftige Königin in meinem Zelt und trinkt von meinem Dattelwein.«
Weil sie nicht wusste, was sie sagen sollte, begegnete sie Nehers Blick und war für einen Moment sprachlos. Schließlich lächelte sie wieder. »Wäre ich diese Frau, könnte man unsere Begegnung wirklich als einen glücklichen Zufall betrachten.«
»Nicht wahr?« Neher zog die Hand zurück und schenkte sich selbst nach. »Nun, spätestens auf dem Hochzeitsfest werde ich die Wahrheit erfahren.«
»Was hältst du von der Idee einer fremdländischen Königin?«, wagte sie zu fragen.
»Gute Geschäftsbeziehungen«, lautete Nehers knappe Antwort und sie brachte Dayana zum Lachen.
»Du bist durch und durch eine Geschäftsfrau. Gut zu wissen.«
Nachdem sie ihren Becher leergetrunken hatte, stand sie auf und Neher tat es ihr gleich.
»Wir werden sehen, ob Sulakan deine Meinung teilen wird.«
Sie wollte das Zelt verlassen, doch Neher trat vor sie. Erst jetzt merkte Dayana wie groß die Frau wirklich war, fast so groß wie Falk.
»Ich warte gespannt auf unsere nächste Begegnung«, verkündete sie mit samtiger Stimme und drückte ihr eine Flasche mit einem langen Flaschenhals in die Hände. »Für die Verköstigung des neuen Königs. Nachdem sein Leibdiener sich vergewissert hat, dass das Geschenk nicht vergiftet ist, würde ich mich freuen, wenn du dich an Neher erinnerst.«
Sie überkam ein eigenartiges Gefühl in der Nähe der Frau. Es war nicht beunruhigend, sondern als gäbe es bei Neher ein Geheimnis zu entdecken, das sie geschickt verborgen hielt.
»Danke für dieses Geschenk. Solltest du in Sula angekommen sein, gib mir das zurück.«
Impulsiv zog sie den kostbaren Kopfputz aus ihrer Tasche und hielt ihn Neher hin. Etwas anderes hatte sie im Moment nicht bei sich, um sich bei ihrer Gastgeberin erkenntlich zu zeigen, doch auf dem Kopfputz befand sich das Zeichen des königlichen Hauses Sulakans. Jeder, der ein Gewand oder einen Gegenstand mit diesem Zeichen fand, wurde vor den König geführt. Dumm wäre es, wenn derjenige es gestohlen hätte. Mit ihrem Geschenk aber bekam Neher die Möglichkeit, Falk zu begegnen und ihm ihr Anliegen vorzutragen.
Neher verneigte sich leicht. »Ich werde es solange für dich verwahren.«
Dayana nickte ihr zu und ging nach draußen, wo sie Jem und Will vorfand, die ihnen gefolgt sein mussten. Es war eine Überraschung gewesen, dass ihr Vater Wills Wunsch nachgegeben hatte, Dayana zu begleiten. Ihr Bruder wollte die Kampfkunst Sulakans studieren und die politischen Beziehungen beider Länder stärken.
Auf der Sirfayn, dem Luftschiff, das sie und Falk vor so vielen Monaten nach Sulakan geflogen hatte, war ihr Jem begegnet. Der Schiffsjunge hatte sie ebenfalls in ihrer Zeit als Ishars Auserwählte unterstützt. Daher hatte Falk seinem Wunsch nachgegeben, ebenfalls ein Krieger Sulakans zu werden. In Sula würden beide Jungen in der Kaserne aufgenommen und ausgebildet werden. Seit ihrer Begegnung waren Will und Jem unzertrennlich. Und sie stellten zu Falk und Dayanas Leidwesen in letzter Zeit nur Unsinn an.
»Yana!«, rief Jem so übertrieben gekünstelt, dass es jedem auffallen musste. Toshiro, der die Jungen davon in Kenntnis gesetzt haben musste, dass sie inoffiziell hier war, zuckte zusammen und hätte am liebsten aufgestöhnt.
Dayana bemerkte die drei Diener erst jetzt, die hinter der kleinen Behausung einige Kamele versorgten.
»Wir werden zurückerwartet«, verkündete Toshiro mit einem Abschiedsgruß in Nehers Richtung. Diese sah ihnen stumm zu, wie sie aufsaßen und den Rückweg antraten.
»Was hast du von ihr bekommen?«, fragte der Sandreiter, nachdem sie eine gewisse Entfernung zurückgelegt hatten.
»Dattelwein für Falk. Keine Sorge, ich überlasse ihn dir zuerst.«
Toshiro nickte erleichtert.
Sie traten die Rückreise gemächlicher an, da Dayana die Zeit fernab der Gäste genoss, mit denen Falk sich unterhielt. Sie hatte nichts gegen die Höflinge, aber die Blicke mancher Männer waren ihr unangenehm, denn ihr Starren war kalt und herzlos.
»Wo hast du deinen Kopfputz gelassen, den ich gerettet habe?«, erkundigte sich Toshiro.
»Sie wird ihn mir in Sula zurückgeben.«
Der Sandreiter seufzte laut. »Mütterchen, du bist zu vertrauensselig.«
»Sie wollte uns nichts Böses«, entgegnete Dayana beharrlich.
»Nun gut. Lass uns ein schnelleres Tempo anschlagen. Falk erwartet uns bei Sonnenuntergang zurück und wenn wir nicht da sind, bricht die Hölle los.«
»Ein schnelleres Tempo?«, wiederholte Dayana grinsend.
Er brauchte einen Moment um zu begreifen. Bevor er ›Wag es ja nicht!‹ brüllen konnte, drückte sie Teufel lachend die Oberschenkel in die Flanken und der Hengst preschte los, den fluchenden Sandreiter und die quietschenden Jungen hinter sich lassend.
***
Sie hatte sich immer noch nicht an die Schnelligkeit gewöhnt, mit der die Nacht in der Wüste Einzug hielt.
Nach ihrer Rückkehr war sie von einigen Frauen, die Hermia als ihre Dienerinnen auserkoren hatte, frisiert und vorzeigbar gemacht worden. Nun schritt sie zu dem großen Zelt, in dem sich Oboos Würdenträger aufhielten. Bevor sie jedoch hineinging, beobachtete sie mit Toshiro im Rücken Falk dabei, wie er mit seinen Untertanen umging.
Er hatte die Miene des Königs aufgesetzt, ein Gesichtsausdruck, der seine wahren Gefühle verbarg. In dieser Rolle musste er gütig aber auch grausam handeln. Vor allem musste er um jeden Preis vermeiden schwach zu erscheinen. Selbst als der rechtmäßige Thronerbe Sulakans bekam er nicht die Unterstützung aller. Viele der Höflinge konnten ihm Steine in den Weg legen. Einige taten es bereits, da er als erste Amtshandlung die Sklaverei verboten und alle Schuldner freigesprochen hatte. Die nächste Hürde war eine fremdländische Königin. Dayana wusste, was für ein Spießrutenlauf sie erwartete. Obwohl Falk einen Vertrag unterzeichnet hatte, in dem er sich bereit erklärte nur sie zur Frau zu nehmen, würden die Höflinge immer wieder versuchen ihn dazu zu überreden, seinen Harem aufzufüllen. In der Hoffnung, dass gerade eine ihrer Töchter sein Herz erobern und sie von seiner Seite verdrängen könnte. Das war eine Tatsache, die sie von vornherein gewusst hatte, aber Falks Liebe würde sie stark bleiben lassen. Obwohl sie aus Khimo stammte, war sie Ishars Priesterin und die Frau, die er liebte.
»Mütterchen?«, fragte Toshiro behutsam, der ihr Zögern spürte.
Sie schüttelte den Kopf und ging los. Gerade als sie den Schatten der Palme verließ, begegnete sie Falks Blick. Ihr Geliebter hatte sich erhoben und wartete lächelnd auf sie. Viele der Anwesenden drehten sich verwirrt um.
Dayana hatte sich gewaschen und trug nun eine weite Stoffhose sowie ein knappes Oberteil. Den cremefarbenen Schleier hatte die freundliche Dienerin in ihren Locken befestigt, während eine andere die Haut ihres Bauches mit wundervollen Blumen in der traditionellen rotbraunen Farbe gezeichnet hatte. Ihre Augen waren von einem tiefschwarzen Lidstrich umgeben, der die dunkelgrünen Sprenkel im Braun ihrer Iris hervortreten ließ, von deren Existenz sie gar nicht gewusst hatte. Mit nur einem Blick in den Spiegel war ihr gewusst geworden, dass sie schön war, aber das würde nicht reichen, damit einige dieser Männer sie als Königin akzeptierten. Nichtsdestotrotz zögerte sie nicht ein einziges Mal, als sie Falk entgegenschritt. Sein Blick, der so brennend auf ihrer Gestalt lag, war das einzige, was zählte.
»Liebste.« Kurz bevor sie ihn erreichte, hielt Falk ihr die Hand hin und sie nahm neben ihm Platz.
Die Gäste des neuen Königs verschlangen sie mit Blicken. Viele Männer Sulakans erlagen der Schönheit des weiblichen Geschlechts und sie würden ihrem König eine solche Frau nicht neiden. Dayana schwor sich, dass sie nach und nach auch ihren Verstand zu spüren bekommen würden.
»Ich möchte euch allen meine Braut vorstellen«, begann Falk. »Dies hier ist die Blume meines Herzens. Dayana Levenstein, eine hohe Adelige aus unserem Nachbarreich Khimo, mit dem ich wichtige Geschäftsbeziehungen aufzunehmen gedenke.«
Ihre hohe Stellung war ein Pluspunkt. Außerdem würde Sulakan durch bessere Beziehungen zu Khimo profitieren, das konnte niemand bestreiten.
»Wahrlich, eine wunderschöne Blume«, machte ein Mann ihr ein Kompliment, hinter dem Sharuk Al’Far saß. Der junge Mann hatte Obosan und Aidan dabei unterstützt, Sula einzunehmen, doch selbst nach dieser Tat traute Falks Lehrmeister ihm nicht vollkommen. Wann immer Dayana ihm begegnet war, hatte er eine starre Miene aufgesetzt und ihren Blick gemieden. Der Mann, der gesprochen hatte, musste ein älteres Familienmitglied sein, denn er saß vor Sharuk und glich einem alten Fuchs.
»Ich hoffe, diese Blume betet zu Kadesh«, meinte ein anderer Höfling.
Und so beginnt es, dachte Dayana innerlich seufzend. Sie hatte gehofft dieses Thema vermeiden zu können, doch für den Fall, dass dies nicht geschah, hatte sie mit Falk und Aizen besprochen, was und wie sie es am besten sagen sollte.
»Wie jede Blume Sulakans, so bete ich zur weiblichen Göttin Ishar, auf dass ich mit gesunden Kindern gesegnet werde.«
Alle Frauen beteten zu Ishar, daraus konnte niemand ihr einen Strick drehen.
Der Mann, der sie angesprochen hatte, bedachte sie eines abschätzigen Blickes. Er war nicht davon begeistert, sie als seine künftige Königin zu haben.
»Devna Beruk, du starrst meine Braut an«, sagte Falk immer noch ruhig, aber mit einer Warnung in der Stimme.
Der rundliche Höfling verneigte sich vor Falk, aber Dayana sah ihm an, dass er diese Geste nicht ernst meinte.
Danach wurde sie den Anwesenden vorgestellt und lernte einige der Männer kennen, die Sulakan in Falks Abwesenheit mitregiert hatten. Die meisten von ihnen hatten Weskar gut gedient, nur wenige lehnten sich offen gegen ihn auf. Aidan hatte Falk vor einigen dieser Männer gewarnt, doch ihr Liebster wollte seine Feinde in Sichtweite haben.
Als Tochter eines Grafen hatte sie gelernt, was nötig war, um einem König zu dienen oder um ihn zu stürzen, daher wusste sie, was diese Männer taten. Sie warteten auf ein Zeichen der Schwäche.
Ihr schenkten sie nach der Vorstellung keine Aufmerksamkeit mehr, aber das lag an Sulakans Denkweise, die Frauen nicht den gleichen Intellekt einräumte wie den Männern. Während sie ihren Blick über die Gäste schweifen ließ, schwor sie sich sie für diese Nachlässigkeit büßen zu lassen.
***
Die Feierlichkeiten dauerten bis tief in die Nacht an. Es gab köstliche Speisen, Tänzerinnen, die ihren Körper in ein Wunderwerk der Kunst verwandelten, und Akrobaten, die eine Darbietung nach der anderen vorführten. Dayana hätte sich viel früher zurückziehen können, doch sie wartete auf Falk. Er schien ihren Wunsch zu teilen, denn mehrmals spürte sie seine Finger, die auf ihrer Hüfte lagen und sie zart streichelten.
Als der Morgen hereinbrach und die meisten Gäste sich zurückgezogen hatten, verließen sie gemeinsam das Zelt und stiegen eine Sanddüne nach oben, wo Falk eine Decke auf den Sand legte. Dayana ließ sich darauf nieder und lächelte ihm zu, als er sich neben sie setzte und sie an sich zog.
Im Hintergrund spürte sie Lamins und Toshiros Blicke, die beide geschworen hatten sie vor jedweder Gefahr zu bewahren. Wie der Sandreiter, so hatte auch Lamin die Aufgabe erhalten, über jemanden zu wachen. Er und sein kleiner Sohn waren vor Jahren mit Obosan geflohen, als es für Falks Unterstützer im Palast zu gefährlich wurde. Nun beschützte er Falk mit seinem Leben.
Trotz des Wissens, nicht vollkommen alleine zu sein, genoss Dayana Falks Nähe. Er war warm und seine Umarmung vertrieb die Kälte der Nacht.
»Ich liebe dich.«
Von seinen Worten überrascht, schaute sie zu ihm auf.
»Das habe ich die ganze Zeit gedacht, als ich dort unten saß und sie dich anstarrten. Mit jedem geringschätzigen Blick vergrößerte sich mein Zorn und ich wäre beinahe aus der Haut gefahren. Du bist meine Gefährtin und du bist so klug, aber sie können nicht über die Tatsache hinwegsehen, dass du eine Frau bist. Mehrere Male wollte ich sie packen und schütteln, damit ihnen klar wird, wie wertvoll du bist.«
Ihn das sagen zu hören, war genug. »Nicht alle dienen dir. Ich habe mir geschworen sie büßen zu lassen, sollten sie den Fehler machen, mich zu unterschätzen.«
Falk lachte herzhaft auf und presste einen Kuss auf ihre Stirn. »Genau diese Antwort habe ich von dir erwartet.«
Sehr lange saßen sie stumm da und genossen die Nähe zueinander und das Schauspiel der Natur, als sich der Himmel im Osten aufklarte und der neue Tag die letzten Sterne vertrieb.
»Wir haben uns versprochen unseren Weg zusammen zu gehen, aber erst jetzt begreife ich richtig, was uns das kosten kann. Wir werden nicht sicher sein, solange unsere Feinde am Leben sind.«
Dayana griff nach seiner Hand und presste ihre Lippen auf die Innenfläche, dann schaute sie ernst in seine Augen, die wie Eis schimmerten. »Attentate, Giftanschläge, Leibwächter, die einen auf Schritt und Tritt bewachen. Ich gehöre zum hohen Adel, Falk, und weiß daher, was das Spiel der Macht mit sich bringt. Als du mich fragtest, ob ich deine Königin werde, wusste ich, worauf ich mich einlasse. Ich bin nicht blind in diese Beziehung gegangen, aber es fühlt sich richtig an. Du wirst ein guter König sein. Für die Menschen deines Landes, damit es keine Sklaverei und keine Korruption mehr gibt. Ishar selbst wollte es so haben und Sulakan braucht einen Herrscher wie dich.«
Mit seiner Entscheidung, Sulakan von den anderen Reichen abzuschotten, hatte Weskar den Handel zum Erliegen gebracht. In vielen Teilen des Landes fehlte es am Nötigsten. Aus Falks Erzählungen war herauszuhören gewesen, dass sein Vater dafür gesorgt hatte, dass der Handel während seiner Regentschaft florierte und es den Menschen gut ging. Dies konnte wieder so werden.
»Wir entscheiden gemeinsam«, verkündete er entschlossen und genau das war der Punkt, in dem sie nicht mit ihm übereinstimmen konnte. Sie würde sich nicht unterdrücken lassen, aber gemeinsam zu herrschen bedeutete eine Frau über die Höflinge zu stellen. Als Ehefrau an seiner Seite würde man sie dulden, aber nicht als Königin, die ihnen Befehle erteilte. In diesem Punkt musste sie nicht mit Direktheit, sondern mit Raffinesse vorgehen.
»Wir entscheiden gemeinsam, aber …«
Falk, der ahnte, was sie sagen wollte, legte einen Finger auf ihre Lippen. »Ich werde dafür sorgen, dass wir genügend Verbündete haben und unangreifbar sind. Du wirst meine Königin sein, Dayana. Nichts und niemand wird dich bedrohen.«
Sie sah die Ernsthaftigkeit in seinem Blick und liebte ihn dadurch noch mehr. Für diesen einen Moment war sie sogar bereit zu vergessen, dass die Welt grausam war.
Die Hitze der Wüste machte ihm nichts aus. Er konnte das Brennen der Sonne ebenso ertragen wie den kratzenden sandigen Wind. Was er aber auf keinen Fall duldete, waren aufgeblasene Fatzken. Und genau ein solcher hatte heute das Dorf seines Vaters erreicht.
»Brudan Kel Kaffar.«
Seine Mundwinkel verzogen sich ohne sein Zutun. Am liebsten hätte er vor diesem unwürdigen und verwöhnten Hund ausgespien, aber jede Flüssigkeit war zu kostbar, um sie an die Wüste zu verschwenden, und das hier war das Dorf seines Vaters. Ihm würde sein Verhalten nicht zusagen.
»Wesir, diese Reise führt dich fernab deiner Stadt.«
Und ihm wäre es am liebsten, wenn sie ihn in den Tod geführt hätte.
»Ist der Dorfobere zu sprechen?«
Er wusste also, was Brudan von ihm hielt. Und er wollte ihn übergehen und gleich vor seinem Vater sprechen.
Brudan, der im Schatten seines Zeltes gesessen hatte, erhob sich zu seiner vollen Größe und trat vor den elenden Wurm. Die Wirkung, die er auf andere hatte, war ihm bewusst. Er war der größte und stärkste Mann dieses Landes und war noch nie im Kampf besiegt worden. Es überraschte ihn nicht, wenn seine Feinde ihn fürchteten, aber dass dieser kleine Wicht nicht eine Miene verzog, während er ihn um vier Köpfe überragte, war eine Überraschung. Fast gab er dem drängenden Verlangen nach, seine Hand auf den kleinen Schädel des Widerlings zu legen und zuzudrücken.
Als würde Weskar diesen rohen und tödlichen Wunsch spüren, wich er vor ihm zurück.
»Herr!«
Kerdu, die rechte Hand seines Vaters, kam aus einem der größeren Gebäude, als hätte er geahnt, dass der Erstgeborene seines Herrn dabei war, eine wichtige Geschäftsbeziehung zu zerstören.
Brudan unterdrückte seine Aggression, indem er sich versprach, sich später im Kampf zu verausgaben. Kerdus angespannte Schultern lockerten sich, was ihn zu einem Grinsen verleitete. Der kleine Mann war sein Lehrmeister gewesen und er hatte ihn gut unterrichtet, doch seit Brudan ihn im Kampf besiegt hatte, war er auf der Hut vor ihm. Vielleicht lag es auch daran, dass Brudan Kerdus andere beiden Schüler dabei getötet hatte.
Viele nannten ihn ein Monster oder Kadeshs Übel. Tatsache war, dass er es nicht anders gelernt hatte. Sein Vater Arudan Kel Kaffar füllte sein Haus mit großen und starken Frauen, die ihm allesamt starke Söhne und Töchter gebaren. In seinem Haushalt galt nur eine Regel, was die Söhne betraf: Nur einer konnte sein Nachfolger werden. Der Stärkere.
Schon von klein auf waren sie dazu animiert worden, einander zu belauern und auf jede Schwäche zu achten. Seinen ersten Menschen hatte er mit neun Jahren getötet, als die neue Lieblingsfrau seines Vaters ihm einen weiteren Erben geboren hatte. Das Baby war schwach gewesen und hatte sich nicht gewehrt. Das zweite Opfer war die Mutter des Neugeborenen gewesen. Aus Rachedurst hatte sie sich geradezu in seine Dolche geworfen. Was er von diesem Tag wusste, war der brennende Blick seines Vaters, der ihn voller Begeisterung dabei beobachtet hatte, wie er sein Fleisch und Blut tötete. Diese Erinnerung rumorte seitdem in seinem Verstand, lauerte wie eine Spinne in seinen Gedanken. Wann immer er sich eines weiteren Bruders entledigt hatte, hatte er diesen Blick vor Augen gehabt. Bereits mit vierzehn Jahren hatte er alle anderen Söhne von Arudan Kel Kaffar getötet. Seine drei Schwestern fürchteten ihn so sehr, dass sie ihren eigenen männlichen Nachwuchs erdrosselten, bevor er es tat.
Er konnte nicht mehr sagen, wann der Ausdruck im Gesicht seines Vaters sich verändert hatte, ab wann er ihn als Monster zu sehen begann. Der einst stolze Blick hatte sich in Verachtung verwandelt, als wäre sein Sohn durch einen Verrückten ersetzt geworden.
Obwohl Kerdu ihn nicht aufgefordert hatte, folgte Brudan ihm und dem unerwarteten Gast zum Haus seines Vaters. Wie üblich bei den Randstämmen, so waren ihre Dörfer nicht protzig, sondern besaßen nur das Nötigste. Das Haus des Stammesanführers aber hob sich von allen ab, um zu zeigen, wer hier das Sagen hatte.
Gemeinsam betraten sie das kühle Innere und wurden sogleich von der derzeitigen Hauptfrau des Stammesführers begrüßt. Brudan gönnte ihr nur einen kurzen Blick. Sie hasste ihn, um das zu wissen, musste er sie nicht ansehen, denn jede Frau tat das. Es hinderte ihn dennoch nicht daran sich jene zu nehmen, die ihm gefielen. Die einzigen Weiber, die er als tabu ansah, waren die Frauen seines Vaters.
Merima, die neue Hauptfrau, verneigte sich vor ihnen und führte sie tiefer in das Haus. Im Moment versuchte sein Vater alles, um sie zu schwängern, daher waren seine anderen Frauen für den Haushalt zuständig.
»Mein Herr empfängt Euch gleich.« Erneut verneigte sie sich.
Brudan regte sich verärgert. Sie hatte ihn nicht ein einziges Mal angesehen. Ob das ihre neue Art war, ihm zu trotzen?
Beinahe wäre ihm ein Schnauben entwichen. Merima teilte schon seit einem Jahr das Lager seines Vaters und trug immer noch kein Kind im Leib. Er kannte den Stammesführer. Nicht mehr lange und sie würde in der Gosse landen. Es musste nur eine wesentlich hübschere Frau seinen Weg kreuzen und das Schicksal dieses Weibes war besiegelt.
Abschätzend ließ er den Blick über ihre Gestalt gleiten. Sein Vater mochte Gefallen daran gefunden haben, aber er bevorzugte kleine und zierliche Frauen. Vielleicht hätte er sich Merimas erbarmt, wenn sie seinen Vorzügen entsprochen hätte, doch so konnte er nichts mit ihr anfangen.
Kerdu bewegte die Schultern und versuchte sich seine Unruhe nicht anmerken zu lassen. Brudan versenkte seinen Blick im Rücken seines ehemaligen Lehrmeisters. Er konnte sich noch zu gut an die Schläge erinnern, die er als Kind von ihm einstecken musste. All diese Prügel hatte er mit gleicher Münze vergolten. Er hätte eigentlich sterben sollen, aber es war sein eigener Vater, der Brudan daran gehindert hatte, Kerdu zu töten.
Brudan blickte auf seine Hand hinab, das Ereignis vor so vielen Jahren vor Augen. In diesem Moment drehte Kerdu sich um. Nein, er täuschte sich nicht. Der Mann wurde tatsächlich blasser und das genoss er. Je mehr Angst und Schrecken er verbreitete, umso weniger Widerstände würden ihn erwarten. Dreißig Jahre lang hatte er so gelebt und in den nächsten Jahren würde er garantiert nicht von diesem Pfad abkommen.
»Bitte, Herr.«
Merima hielt den Stoffvorhang für sie auf. Kerdu ging als Erster hinein, gefolgt von dem Unwürdigen. Das hätte sein Vorrecht sein sollen, er war Arudans Erbe. Um seine Wut zu zeigen, rammte er im Vorbeigehen Merima seinen Ellbogen in den Bauch. Sie krümmte sich keuchend und mit geweiteten Augen, dann versperrte der zurückfallende Vorhang ihm die Sicht auf sie.
Vor ihm breitete sich das private Gemach seines Vaters aus. Er konnte eine Dokumentenkiste erkennen, auf dem ein uraltes Siegel prangte. Brudan legte an Geschwindigkeit zu und erreichte die Mitte des Raumes zur gleichen Zeit wie Kerdu.
»Mein Herr.«
Der Angesprochene saß im Schatten der Hauswand, damit die Sonne ihn nicht blendete, und hielt sich ein Pergament vor das Gesicht.
Brudan fühlte sich unbehaglich bei diesem Anblick. Sein Vater war stark und allmächtig und doch hatte er einen Feind, den niemand besiegen konnte. Und dieser Feind machte nicht vor den Stärksten Halt, er war unsterblich und unzerstörbar … das Alter. Kein Mann würde Brudan besiegen und in die Knie zwingen können, aber das Alter würde es schaffen.
Während er diesen unangenehmen Gedanken von sich schob, richtete er seine Konzentration auf das beginnende Gespräch.
Arudan legte die Pergamentrolle beiseite und nahm seinen Gast in Augenschein. »Du liegst gut in der Zeit. Ich hatte dich frühestens morgen erwartet.«
Weskar ließ sich seine Überraschung nicht anmerken. »Die Schnelligkeit ist bei dem, was ich vorhabe, von größter Wichtigkeit.«
»Hm, was du vorhast? Das wird nur funktionieren, wenn du dir meine Hilfe gesichert hast.«
Stumm trat der Wesir einen Schritt an den alten Mann heran. Brudan war versucht ihn zurückzuhalten. Als hätte Arudan das vermutet, hob er den Blick und schaute ihn an. Nein, er wollte keine Unterbrechung, also entspannte Brudan die zu Fäusten geballten Hände.
»Dann sag mir, Wesir, was für eine Art Hilfe hast du dir vorgestellt?«
Weskar musste nervös sein, vielleicht sogar verängstigt, aber wenn es um Verhandlungen ging, ließ er sich nichts anmerken. Obwohl es Brudan störte, konnte er nicht umhin diesen Wicht für seine Standhaftigkeit zu bewundern.
»Ich sage dir fürs Erste, was du gewinnen wirst«, fuhr Weskar fort. »Die Lehren der Randstämme überall im Land. Ihre Gesetze werden in ganz Sulakan gelten. Sollten die Menschen sich nicht daran halten, kannst du mit ihnen verfahren, wie du das für richtig hältst.«
Sobald Weskar zu Ende gesprochen hatte, flammte der Blick seines Vaters auf. Anders konnte Brudan es nicht benennen. Der Stammesanführer war immerzu in Gedanken vertieft, beschäftigte sich mit Strategien und organisierte mehrmals im Jahr Treffen mit den anderen Randstämmen. Er wusste, dass ein Stamm alleine nichts ausrichten konnte, aber zusammen könnten sie sogar einen König in die Knie zwingen. Und doch hatte er dabei nie dieselbe Begeisterung gezeigt, die er fühlte, wenn er von seinem Glauben zu Kadesh sprach. Arudan war ein treuer Anhänger des Gottes und er wollte dessen Gesetze in jedem sulakanischen Herz verankert wissen. Was Weskar ihm also vorschlug, ließ ihn nicht kalt, sondern entfachte eine Begeisterung in ihm, die Brudan nur einmal zu sehen bekommen hatte.
Arudan kam auf die Beine. Er trug weite Pluderhosen und eine locker zugeschnürte Weste. Sein drahtiger Körper war nicht mehr so stark wie einst, aber er konnte im Kampf immer noch siegreich hervorgehen. »Wieso jetzt? Das alles hättest du mir früher anbieten können.«
Der Wesir trat einen weiteren Schritt an Brudans Vater heran. »Jetzt habe ich gemerkt, dass Verrat an jeder Ecke lauert, wenn man nicht die nötigen Verbündeten hat. Ich biete dir das Vorrecht an, wenn es darum geht, die Gesetze des Glaubens durchzusetzen. Was die Politik betrifft, wirst du dich nicht einmischen.«
Brudan zitterte aufgrund dieser Respektlosigkeit. »Vater, lass mich unserem Gast Manieren beibringen.«
Arudan hob die Hand um ihn zurückzuhalten, dabei musterte er Weskar lange. Schließlich ging er auf den Mann zu. »All das könnte ich auch alleine erreichen. Dazu brauche ich dich nicht.«
Der Wesir drehte sich nicht um seine Achse, um Arudan mit den Augen zu folgen, der begonnen hatte ihn langsam zu umkreisen. »Wie viele Jahre schon versuchst du die Randstämme zu vereinen? Und hat es funktioniert?«
Arudan gab ihm keine Antwort. Das musste er auch nicht, denn Weskar fuhr fort.
»Ich kann dir die Kooperation mit dem Stamm aus dem Norden zusichern. Damit wären wir nicht unbesiegbar, aber wir hätten eine Chance. Zumal du immer noch behauptest über die stärksten Krieger zu verfügen.«
Dafür musste sein Vater ihn töten. Brudan hätte es sofort getan.
Dieses Mal stellte Arudan sich ihm in den Weg, als würde er seine Gedanken lesen. Der dunkle, kalte Blick seines Vaters hielt ihn an Ort und Stelle und Brudan fühlte etwas, das er sonst nie fühlte – einen leisen Stich des Unbehagens, der sich allmählich in Angst verwandelte.
»Und wie willst du das erreichen, mein guter Wesir?«
Weskar wandte sich ihm nun zu. »Kario Beldar wünscht meine Vermählung mit seiner einzigen Tochter. Ich verdränge das Blut der alten Herrscher vom Thron und erschaffe eine neue Dynastie. Seine Tochter wird mit mir den Grundstein dafür legen.«
Arudan schnaubte leicht. »Kario hält zu viel am Weltlichen fest, wo doch das Göttliche am Ende siegen wird. Allerdings muss ich zugeben, dass er klug ist und es deswegen geschafft hat, die kleineren Stämme in seinem Herrschaftsbereich unter seinem Kommando zu vereinen.«
Soweit Brudan wusste, hatte Kario eine goldene Zunge. Der gewiefte Mann könnte einem ein halbtotes Kamel aufschwatzen und man würde ihn noch dafür loben, wie geschickt er dabei vorgegangen war.
»Er ist der einzige, der das jemals geschafft hat, das ist wahr. Ich habe in Erfahrung gebracht, dass er nun auf ein Bündnis mit einem weiteren Stamm aus ist. Wenn du dich mit ihm zusammentust, hätten wir die nötige Stärke, um Sulakan zu reinigen.«
»Und wie soll ich mich deiner Meinung nach mit ihm verbünden?«
»Deine Frau hat dir schon seit einem Jahr keinen weiteren Erben geschenkt. Kario hat eine jüngere Schwester. Seine einzige Bedingung ist ihre Unantastbarkeit, so wie die ihrer Kinder.«
Brudan fing an zu kochen und in genau diesem Moment schaute sein Vater ihn an. Kario wusste sehr wohl, wie man es in diesem Stamm handhabte, und er wollte ihn mit dieser Vereinbarung übergehen.
»Ich breche ihm jeden Knochen im Leib«, knurrte Brudan.
»Dafür müsstest du erst an ihn herankommen und zwischen dir und ihm stehen drei Stämme«, wagte Weskar zu sagen.
»Und zwischen uns steht niemand …«