Yrsa. Journey of Fate - Alexandra Bröhm - E-Book

Yrsa. Journey of Fate E-Book

Alexandra Bröhm

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Beschreibung

Yrsa ist eine junge Wikingerin, die sich seit vier Jahren allein um ihrem Bruder Sjalfi kümmert. Schmerzvoll haben die beiden ihre Mutter verloren. Als Yrsa eines Tages von der Jagd nach Hause kommt, ist Sjalfi verschwunden. Verzweifelt macht sie sich auf die Suche und den gefährlichen Weg nach Haithabu: durch dunkle Wälder, auf ihren Fersen ein Mann, der sie aufhalten will. Doch Yrsas Traum war immer schon, eine Kämpferin zu werden. Und dies hier wird ihr erster Kampf sein: gegen die unwirtliche Natur, gegen Männer, deren Geheimnisse sie nicht aufdecken soll, für den Glauben an das Gute. Und für die Liebe zu dem jungen Krieger Avidh.

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Yrsa. Journey of Fate

Alexandra Bröhm ist Historikerin und Journalistin. Die Epoche der Wikinger fasziniert sie seit langem. Als sie erfuhr, dass in einem bekannten Kriegergrab kein Mann, sondern eine Frau lag, war für sie klar: Sie wollte die Geschichte einer dieser Kämpferinnen erzählen. Mit dem Bogen trifft die Autorin, trotz eines Kurses, sehr viel schlechter als ihre Heldin.

»Sie zieht die Axt unter dem Fell hervor. Sie muss nun schnell handeln, will die Axt gerade in die Waffenkiste zurücklegen, als ihr ein Gedanke kommt. Sie braucht die Axt nicht mehr, um sich zu befreien, aber sie könnte ihr gute Dienste leisten. Das Gefühl, dass sie losziehen muss, um nach Sjalfi zu suchen, viel weiter als nur in die Wälder rund um das Dorf, wird immer stärker. Ganz allein, egal was sie da draußen erwartet. Njáll hat lange an dieser Axt gearbeitet, und er könnte sie teuer verkaufen. Sie weiß nicht, was für eine Strafe sie erwartet, wenn sie die Waffe stiehlt. Und sie weiß, Njálls Zorn wird groß sein. Sie zögert einen Moment. Dann steckt sie die Axt in ihren Gürtel, streicht über den langen Griff. Es fühlt sich gut an, sie spürt die Kraft der Kampfaxt und dass die Waffe sie beschützen wird.«

Alexandra Bröhm

Yrsa. Journey of Fate

Roman

Ullstein

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© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2024Umschlaggestaltung: www.buerosued.deUmschlagabbildung: www.buerosued.deAutorinnenfoto: © Thierry Bröhm / 6.4 photoE-Book by pepyrusISBN 978-3-8437-3230-7

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Inhalt

Das Buch

Titelseite

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Kapitel 61

Kapitel 62

Kapitel 63

Kapitel 64

Kapitel 65

Kapitel 66

Kapitel 67

Kapitel 68

Kapitel 69

Kapitel 70

Kapitel 71

Kapitel 72

Nachwort zum historischen Hintergrund

Dank der Autorin

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

Kapitel 1

Widmung

Für Thierry

Kapitel 1

Im Jahr 834

Nachtkalt ist die Luft, als Yrsa ins Freie tritt. Leise schließt sie die Hüttentüre, bleibt einen Moment stehen und zieht den Atem tief in die Lunge ein. Die Feuchte des Morgens prickelt ihr im Gesicht. Es ist noch früh, Yrsas Kopf schlaftrunken, aber im Osten schimmert bereits das erste Licht. Die Dunkelheit zieht sich in den Wald, die Höhlen, Ritzen und Spalten zurück. Yrsa packt ihren Bogen, die Pfeile, den Kamm, hängt sich den Eimer an den Arm und macht sich auf den Weg zum Bach. Das eisige Wasser wird die Dunkelheit auch aus ihrem Kopf verscheuchen. Zumindest einen Teil davon.

Barfuß läuft sie über die nasse Wiese. Sie trägt nur das lange dünne Leinenhemd, es flattert ihr um den Körper. Von ihrer Hütte ist es nicht weit bis zum Wald. Jetzt, zu dieser frühen Stunde, steht er da wie eine finstere, undurchdringliche Wand. Das Flüstern der Nachtelfen ist noch nicht ganz verhallt, die Luft riecht nach Harz, nach feuchter Erde. Der Bach fließt am Rand der Wiese zwischen den ersten Bäumen. Sie hat ihn fast erreicht, als in der Ferne ein Wolf heult. »Vor euch fürchte ich mich nicht«, murmelt Yrsa und legt die Hand an den Köcher. »Und vor dir auch nicht«, sagt sie in Richtung des Dorfes.

Am Bach kniet sie sich ans weiche Ufer. Das Wasser steht hoch, gurgelt um die Steine, bildet kleine Strudel. Sie hält die Hände hi­nein, die Kälte kriecht ihr in die Arme, sie spritzt sich das Wasser ins Gesicht, wäscht sich die schlechten Träume aus den Augen. Schließlich füllt sie den Eimer und neigt den Kopf nach vorne. Ihre langen braunen Haare streifen beinahe den Boden. Yrsa holt tief Luft, dann schüttet sie sich den Inhalt des Eimers über den Kopf. Sie prustet, schaudert, schüttelt sich und lacht. Jetzt kann der Tag kommen, er wird schwierig, aber sie hat das Herz einer Kriegerin. Sie drückt das Wasser aus und arbeitet sich mit dem Kamm aus Hirschgeweih durch die zerzausten Haare.

Vom anderen Ufer hört sie ein leises »Krakra«. Irgendwo dort in der Esche brüten zwei Nebelkrähen. Yrsas kleiner Bruder Sjalfi hat das Nest kürzlich entdeckt. Sie haben sich über die Krähen gefreut. Ihre Mutter hatte eine besondere Beziehung zu ihnen. Dass sie noch immer auftauchen, hat eine Bedeutung.

Yrsa macht sich auf den Weg zu der knorrigen Ulme. Sie steht mitten auf der Wiese, zwischen der Hütte und dem Bach, ihre Äste ächzen im Wind. Bevor sie den Baum erreicht, fällt ihr Blick auf etwas, das gestern nicht da war: Frische Spuren führen zur Ulme. Yrsa bückt sich, streicht über den Tau auf der Wiese. Sie berührt die eingedrückte Erde, lässt den Boden erzählen, wer hier wohl mitten in der Nacht nahe ihrer Hütte unterwegs war. Breite Füße, dünne Sohlen, zwei Männer, vielleicht vom Hof hinter der Mauer. Seltsam, sonst schleichen die hier nicht herum.

Sie folgt den Spuren. Kurz vor dem Baum enden sie, umrunden ihn und scheinen weiter in Richtung des Waldes zu führen. In wenigen Schritten ist Yrsa bei der Ulme, blickt nach oben. In einer Astgabel hängt ihre Scheibe, aus Stroh geflochten, jeden Tag schießt sie mit Pfeilen auf das Ziel. Es ist schon vorgekommen, dass die Scheibe zerpflückt in den Ästen hing. Dann hat sie das Stroh neu geflochten.

Aber heute ist die Zielscheibe unversehrt. Das Muster, das sie gestern mit den Pfeilspitzen gezeichnet hat, ist noch immer sichtbar. Jeden Morgen, meist nach dem Aufstehen, schießt sie fünf Pfeile, vierzig Schritte Abstand. Manchmal schließt sie die Augen, und Freyja lenkt ihre Hand.

Sie fährt über die rissige Rinde. Der Stamm ist so dick, dass Yrsa ihn nicht umfassen kann. In der Ferne kreischt eine Möwe. Yrsa hebt den Blick in den Himmel. Der Vogel erinnert sie daran, dass es bis zur Küste nur ungefähr eine Tagesreise ist. Doch ihr kommt es viel weiter vor. Jetzt, zwei Monde vor dem längsten Tag im Jahr, spürt sie eine Unruhe in sich. Sie denkt häufig daran, dass nun wieder die Schiffe von den Häfen und Küsten im Norden, Süden und Westen ablegen. Sehnlichst wünscht Yrsa sich, auch mit an Bord zu stehen, in die Weiten der See zu schauen, ins Ungewisse zu segeln.

Sie legt an, zielt auf die Scheibe, als ihr kleiner Bruder ruft. Sjalfi ist aufgewacht. »Ich bin gleich da«, ruft Yrsa zurück. Rasch lässt sie fünf Pfeile von der Sehne schnellen, lauscht ihrem Surren und schaut kurz zur Scheibe. Die ersten vier Pfeile bilden einen kleinen Kreis, in dessen Mitte der fünfte steckt. Yrsa macht sich auf den Weg zurück zur Hütte. Sie will Haferbrei kochen. Sjalfi kann das inzwischen auch selbst. Aber heute möchte sie es für ihn tun.

Kurz darauf sitzt sie mit Sjalfi auf der hölzernen Bank, draußen vor ihrer Hütte, ganz am Rand des Dorfes. Es ist ihr Zuhause, auch wenn sie es nicht liebt. Ihr kleiner Bruder möchte hier leben. Bis er groß ist, zählt nur das. Er ist der Einzige, den sie noch hat.

»Hast du die Stimmen gehört heut Nacht? Der Mond hat durch die Luke geblinzelt und mich geweckt«, sagt Sjalfi, wischt sich die blonden Locken aus den Augen und kratzt die Reste des Haferbreis aus dem Schälchen.

»Vielleicht die Knechte vom Nachbarhof«, sagt Yrsa, »sie haben gestern Bier gebraut.« Vielleicht erklärt das auch die Spuren, die ich gefunden habe, denkt Yrsa. Kürzlich hat der Bauer herumerzählt, sogar seine Knechte hätten jetzt Schuhe. Sie schiebt Sjalfi ihr Schälchen hin.

»Nimm das«, sagt sie, »ich bin nicht so hungrig heute Morgen.« Sie streicht sich über den Bauch, beschwört ihn, nicht zu rumpeln, ihr Bauch hält sich selten an ihre Wünsche. Sie ist erschrocken vorhin, als sie die Vorratskiste aufgestemmt hat. Gleich neben dem Eingang ihrer Hütte steht sie, in der Ecke hinten links, gegenüber dem Kuppelofen. Erneut ist fast nichts mehr übrig, ein langer, harter Winter liegt hinter ihnen. Und sie musste etwas tun, das sie nicht hatte tun wollen. Muss es heute, weil die Kiste beinahe leer ist, schon wieder tun.

»Es waren nicht die Knechte.« Sjalfi schaufelt die Reste ihres Breis in sich hinein. »Die Stimmen von denen kenn ich.« Er greift sich an den Gürtel, drückt das Säckchen mit seinem Talisman. Ein Haarbüschel ihrer Mutter und eine golden glänzende Glasperle bewahrt er darin auf. »Und der Mond …«

»Wer war es dann?« Yrsa lehnt sich gegen die Hüttenwand, ihre nackten Zehen streifen das taunasse Gras. Sie zieht die Knie an den Körper, fröstelt, aber die Frühlingssonne wärmt ihr Gesicht. Immer früher schaffen es die ersten Sonnenstrahlen jetzt über die Baumkronen. Ihr Brennholzvorrat schrumpft nicht mehr so schnell. Alles wird besser. Schon bald.

»Ich hab die Stimmen nicht erkannt«, sagt Sjalfi und leckt das Schälchen aus. »Es waren Fremde.«

Die Frühstücksbank verschieben sie mit dem Lauf der Sonne. Und es trifft sich gut. Torbjörns Langhaus liegt westlich von ihnen. Dorthin will Yrsa morgens nicht schauen. Dorthin will sie den ganzen Tag nicht schauen. Einst wohnten auch sie in diesem Langhaus, als Torbjörn und ihre Mutter sich liebten.

»Hast du vielleicht geträumt?«, sagt sie.

»Nein. Ich weiß doch, wenn ich wach bin. Du hast komische Sachen gemurmelt im Schlaf.« Sjalfi fährt sich mit der Zunge über den Schneidezahn, eine kleine Ecke fehlt oben rechts.

»Was für komische Sachen?« Manchmal schreckt Yrsa nachts auf, Schweiß auf der Stirn, sie will nicht, dass Sjalfi hört, was sie träumt.

»Weiß nicht.« Sjalfi wühlt in einem Beutel, der neben ihm liegt, zieht Vogelknochen heraus, fängt an, sie zu putzen. Auch seine selbst geschnitzte Flöte bewahrt er in dem Beutel auf. »Aber der Mond …«

»Was ist mit dem Mond? Er ist hell, war gerade erst ganz rund.«

»Er hat genau durch unsere kleine Luke geblinzelt heut Nacht.« Sjalfi schaut sie an, sorgenvoll, und seine braunen Augen erinnern Yrsa, je älter er wird, immer stärker an ihre Mutter. Das ist schön, und es ist traurig.

»Das macht der Mond manchmal auf seiner Reise.«

»Ja«, sagt Sjalfi, er atmet schwer. »›Rad der Zeit‹ nennen sie den Mond in der Schattenwelt.« Wieder schüttelt er das Säckchen mit dem Talisman, flüstert: »Alvíssmál, die Riesen, sagen: Husch, husch, beeile dich. Für die Zwerge ist er der Glänzende, und die Elfen zählen mit ihm die Jahre, aber die Götter …«

Yrsa streicht ihm über den Arm. »Sag es mir.«

»Die Götter sagen, der Mond verkündet Veränderungen. Der Feurige, der Wandler …« Er schluckt leer. »Ich geh nachher noch zum Schrein.«

»Zieh das Wollhemd über. Es weht ein kalter Wind.« Yrsa fährt sich mit den Fingern durch die Haare, sie sind nicht mehr so nass, reichen ihr bis zur Taille. Sie teilt sie in drei Stränge und flicht sie zu einem Zopf.

»Mir ist nicht kalt.«

»Zieh es trotzdem an. Der Fiebertroll geht um.«

Sjalfi macht eine Grimasse. »Es ist zerrissen und zu klein. Freyja und Mama beschützen mich.«

Yrsa seufzt. »Ich schau, ob ich ein anderes auftreiben kann.« Sjalfi ist nicht besonders groß und eher schmal für sein Alter, aber auch aus den Hosen ist er längst rausgewachsen.

»Kann ich ein Stück Fladenbrot mitnehmen? Ich muss Elf Miðrogar um etwas bitten.«

Yrsa überlegt einen Moment, sie brauchen die Gunst der Elfe, dann sagt sie: »Wir haben fast keines mehr.«

»Geht auch ohne, mach dir keine Sorgen.« Sjalfi nimmt ihre Hand, seine Finger sind klebrig vom Haferbrei.

»Ja, bestimmt«, sagt sie und zieht ihn kurz an sich. In seinen Haaren riecht sie den muffigen Geruch des alten Strohsacks, der auf ihrem Bettgestell liegt. Auch den will sie bald erneuern.

»Ich muss mich beeilen«, sagt Sjalfi. »Ich will nicht, dass mich am Schrein jemand sieht.«

»Das macht nichts«, sagt Yrsa, »du musst nicht verstecken, was du kannst.«

Sjalfi löst sich von ihr, schaut auf den Boden.

»Sie fürchten sich«, sagt er. »Vor Mama haben sie sich auch gefürchtet, aber da war Torbjörn noch auf unserer Seite.«

»Es ist egal, was sie denken. Du bist wie Mama, ihre Kräfte schlummern in dir.« Yrsa ist stolz darauf, dass ihre Mutter eine mächtige Seherin und Heilerin war.

»Ich muss los«, sagt Sjalfi, verschwindet in der Hütte und rennt kurz darauf in Richtung des Schreins.

Yrsa legt die Hand auf ihr Amulett. Hofft auf die Kraft, die in ihm steckt, sie braucht sie heute. Das Amulett hat die Form eines Kampfschilds und war ein Geschenk ihrer Mutter. Als sie es Yrsa um den Hals legte, flüsterte sie: »Für meine Kriegerin, es macht dich stärker.« Yrsa ahnte damals noch nicht, was ihre Mutter, einige Monde später, mit letzter Kraft zu ihr sagen würde. »Pass auf Sjalfi auf. Pass auf ihn auf, für mich«, waren ihre Worte, ganz kurz bevor sie starb. Das ist vier Winter her, und Yrsa kämpft seither für diesen letzten Wunsch.

Es ist mit jedem Winter schwieriger geworden, obwohl Sjalfi jetzt schon neun ist. Yrsa hält sich nicht an das, was die Menschen im Dorf erwarten, und fast alle haben sich von ihnen abgewendet. Auch jene, die das nicht bereits damals taten, als Torbjörns Frau Lügen über Yrsa verbreitete. Was damals wirklich geschah, weiß keiner, und sie will sich jetzt nicht daran erinnern.

Egal, sie braucht niemanden. Und vielleicht war das Blinzeln des Mondes ein gutes Omen. Sie muss Sjalfi überzeugen, dass es auch für ihn das Beste wäre, das Dorf zu verlassen. Auch wenn sie sich selbst ein bisschen davor fürchtet.

Seit sie klein war, träumt Yrsa davon, Kämpferin zu werden. Seit sie klein war, hat sie für dieses Ziel geübt. Sie wird sich einem Raubzug anschließen, wird am Bug stehen und in die ungewissen Weiten der See schauen. Nie mehr werden sie Hunger leiden. Und sie muss auch keine Dinge mehr tun, die sie nicht tun will. »Dort draußen«, sagte ihre Mutter immer, »dort draußen liegt die Freiheit. Du musst sie dir nur holen.« Und das hat sie fest vor.

Yrsa kniet im Gras vor der Hütte, die Sonne hat es inzwischen getrocknet. Sie schnitzt neue Pfeile, die Späne fliegen durch die Luft, bleiben an ihren Hosen kleben, kitzeln sie am Oberschenkel. Den langen Riss im wollenen Stoff wollte sie noch stopfen, bevor sie aufbricht. Schön schief, wie immer, wen kümmert’s. Sie lächelt. Und dann noch die Axt schleifen. Der schwierigste Teil der Vorbereitungen kommt am Schluss. Sie muss Sjalfi sagen, dass sie ein paar Tage wegmuss.

Ihre Nachbarin Eydris kommt über die Wiese. Ihr langes Kleid strahlt grün wie das frische Gras, über die Schultern hat sie sich ein wollenes Tuch gelegt. Schon von Weitem erkennt Yrsa, dass Eydris’ Laune heute nicht die beste ist. Mit zusammengekniffenen Lippen schaut Eydris auf ihren wallenden Rock, am Arm trägt sie einen Korb.

Eydris war eine Freundin von Yrsas Mutter, wohnt auf einem Hof nicht weit entfernt und ist die Einzige im Dorf, die ihnen noch hilft. Eydris wollte sie beide sogar aufnehmen, damals, als sie Torbjörns Langhaus verlassen mussten. Doch Eydris ist mit Torbjörns Bruder verheiratet. Der verbot es und sieht es nicht gern, wenn Eydris Yrsa hilft. Vor vielen Monden hat Yrsa zufällig einen Streit deswegen mitbekommen. Seither bittet sie Eydris nicht mehr um Vorräte. Sie fürchtet sich davor, ihre letzte Verbündete zu verlieren.

»Waren die Knechte gestern noch lange draußen?«, fragt Yrsa. Auf ihren Gruß hat Eydris nur mürrisch genickt.

»Nein, aber mein Kleinster war unruhig. Die ganze Nacht. Der Fiebertroll.«

Seltsam, denkt Yrsa, wen hat Sjalfi dann spätnachts gehört? Und wessen Spuren habe ich gefunden?

Eydris lässt sich auf die Bank vor Yrsas Hütte fallen, stützt den Kopf in beide Hände.

»Kann Sjalfi heute bei euch schlafen?«, fragt Yrsa. »Ich bin ein paar Tage unterwegs.« Sie steht auf, schüttelt sich die Späne von den Kleidern.

»Deine Hosen sind zerrissen«, sagt Eydris. Ihr Blick verengt sich. »Wann heiratest du endlich, Yrsa?«

»Lass uns nicht davon anfangen.«

»Doch«, sagt Eydris und schlägt mit der flachen Hand auf die Bank. »Es gibt viele Männer, die eine Frau suchen. Erst gestern habe ich von einem Bauernsohn im Nachbardorf gehört. Du bist schon achtzehn, in deinem Alter war ich seit drei Wintern verheiratet.«

»Bitte, Eydris. Ich habe andere Sorgen.« Yrsa schiebt die Pfeile in den Köcher.

»Eben, als Ehefrau wärst du die los.«

Ich hätte dafür andere, denkt Yrsa, aber sie will heute nicht mit Eydris streiten.

»Fragst du dich nicht, warum dir niemand außer mir hilft?«

»Nein, ich weiß es, und ich bin dir sehr dankbar«, sagt Yrsa und will noch hinzufügen: Das mit der Heirat ist nicht der einzige Grund. Aber sie lässt es bleiben. Sie waren die Neuen im Dorf, die Kinder der Seherin, die Torbjörn, den mächtigsten Mann des Dorfes, verzaubert hatte.

»Denk doch mal an Sjalfi, es wäre auch für ihn das Beste«, sagt Eydris. »Du willst das nicht hören, aber ich meine es gut.«

»Ich weiß. Lass uns ein anderes Mal darüber sprechen.«

»Auch deine Mutter hätte das gewollt.«

»Das ist nicht wahr.« Yrsa macht einen Schritt auf Eydris zu. »Meine Mutter hat meinen Wunsch, Kämpferin zu werden, immer unterstützt.«

»Da bin ich mir nicht so sicher.« Eydris steht auf, streicht sich den Rock glatt.

»Hör auf«, sagt Yrsa. Sie hat das laut gesagt, bemüht sich, leiser weiterzusprechen. »Sag keine falschen Sachen über meine Mutter. Sie hat sich nie darum gekümmert, was die anderen erzählen. Hat selbst nie geheiratet.« In ihrem Kopf versucht Yrsa ein Bild aufsteigen zu lassen, wie ihre Mutter sie fröhlich anlacht. Das hat ihre Mutter oft getan, aber die Erinnerungen wollen sich im Moment nicht zeigen.

»Das kannst du nicht vergleichen, für Seherinnen gelten nicht dieselben Regeln.«

Yrsa schüttelt den Kopf, wendet sich ab, kämpft gegen die Wut an, die in ihrem Bauch brodelt. Sie zwingt sich, nichts mehr zu entgegnen. Warum, denkt sie, müssen sich alle einmischen in das, was ich tue?

Eydris greift in ihren Korb, nimmt zwei Eier heraus, legt sie auf die Bank.

»Nimm das«, sagt sie, »das fällt meinem Mann nicht auf. Ich höre es bis hier drüben, wie dein Magen vor Hunger rumpelt. Und Sjalfi ist bei uns immer willkommen.« Eydris macht sich auf den Rückweg über die Wiese.

»Ich danke dir«, ruft Yrsa ihr nach.

Einige Zeit später ist Yrsa unterwegs. Das Wasser im Fluss jenseits des Dorfes steht hoch. Sie hüpft von Stein zu Stein, auf dem dritten Stein rutscht sie beinahe aus, kaltes Wasser dringt ihr in die Schuhe. Dann folgt sie dem breiten Weg in den Wald. Es ist der Monat des Kuckucks, der Schlehdorn am Wegrand trägt weiße Blüten, Freyja hat viel zu tun, es riecht nach Waldmeister, nach wildem Knoblauch. Bald blühen die Apfelbäume, Yrsa freut sich auf den ersten Biss in einen Apfel in einigen Monden.

Sie hat sich noch von Sjalfi verabschiedet. Er mag es nicht, wenn sie fortgeht. Sie mag es auch nicht. Der lange, harte Winter hat sie zu diesen Ausflügen getrieben. Irgendwann schien es die beste der schlechten Lösungen. Sie jagte, stellte Fallen, trotzdem gingen ihnen die Vorräte immer wieder aus. Sjalfi beklagte sich nicht, aber Yrsa konnte seine eingefallenen Wangen nicht ertragen, wollte nicht zuschauen, wie er Hunger litt. Und dann war da Njáll, der Schmied, und schließlich gab sie seinem Drängen nach.

Kapitel 2

Ihre Hand zittert nicht. Sie spannt die Sehne des Bogens, bis sie sich ihr in die Finger gräbt, atmet ruhig, spürt den Waldboden unter den dünnen Sohlen, lauscht, wie der Wind die Wipfel zerzaust, durch die Blätter fährt. Etwas nur stört sie. Es ist ihr Herzschlag, laut dröhnt er ihr in den Ohren. Yrsa kneift ein Auge zu, sieht Njálls Kopf, die braunen Haare. Der Pfeil würde sich dort hinten, wo es in der Mitte weicher ist, in seinen Schädel bohren. In Gedanken hört sie den Pfeil sirren, die Luft durchschneiden, ein Leben zerreißen. Eine winzige Bewegung nur. Jede Warnung käme zu spät.

Njáll kauert einige Schritte vor ihr, hinter einem dicken Stamm, und gibt ihr ein Zeichen. Sein Winken heißt: nach vorne schleichen, auf gleiche Höhe mit ihm, nach rechts hinter den weitverzweigten Busch. Yrsa löst die Finger, senkt den Bogen und den Blick. Sie muss jetzt bei jeder Bewegung mit den Bäumen verschmelzen, so sachte auftreten, dass kein Beutetier eine Erschütterung spürt.

Dann hockt sie hinter dem Busch, ein Zweig sticht ihr ins Ohr. Sie regt sich nicht, späht durch die Blätter, durch das Astgewirr vor ihren Augen. Jetzt sieht sie den Hasen, einen struppigen Braunen. Er sitzt ein Stück weiter vorne im Dickicht, mümmelt im Takt mit Yrsas Herzschlag. So wie der Wind weht, kann er sie nicht wittern. Wieder legt sie an, atmet ruhig, ihr Herz schlägt leise. Diese Beute ist für ihren Bruder. Sie zieht die Sehne an den Mundwinkel, hält die Luft an und lässt los. Ein Zischen, und der Pfeil steckt. Blut strömt dem Hasen seitlich über das Fell.

»Guter Schuss«, sagt Njáll und kommt aus der Deckung.

Seit zwei Tagen ist Yrsa mit Njáll im Wald unterwegs. Sie jagen zusammen, und Njáll hat Vorräte mitgebracht. Fordert aber auch etwas von ihr.

Sie sind kurz darauf zurück bei der Hütte. Der hölzerne Verschlag liegt gut versteckt im Unterholz. Efeu kriecht an seinen Holzplanken hinauf, Dornenzweige schlingen sich um alles Grün. Helles Moos überzieht das niedrige Dach. Yrsa sieht es schon von Weitem zwischen den Stämmen hervorblitzen. Seit einigen Monden trifft sie sich hier mit Njáll.

»Jetzt setz dich hierhin.« Njáll zeigt auf den Platz neben sich auf dem Stein. Der Stein ist massig, ein Riese muss ihn mitten im Wald abgelegt haben.

»Ich muss los.« Sie streicht sich die Haare aus dem Gesicht. Ein paar Strähnen haben sich aus dem Zopf gelöst.

»Setz dich. Ich mach uns etwas zu essen.« Njáll schichtet Holzscheite in die Feuerstelle vor dem Stein. Seine Arme sind fast so breit wie die Scheite.

»Mein kleiner Bruder wartet.«

»Dein Bruder wartet auch noch länger. Du solltest dich stärken. Spar dir, was du in deinem Beutel hast. Ich brate uns Fleisch von dem dicken Hasen, den du gerade geschossen hast.«

»Den wollte ich mitnehmen.«

»Du hast schon genug in deinem Beutel. Wir können uns bald wiedersehen.«

»Nein, so oft kann ich nicht.« Wenn sie sich treffen, glaubt Njáll, er könne alles bestimmen. Manchmal lässt sie ihn in dem Glauben, aber nicht immer.

Njáll klopft mit der Hand auf den Stein. »Hier.«

Sie zögert. Ihr Hunger ist groß, ihr Hemd klamm, die Kälte kriecht ihr unter die abgetragenen Kleider. Die Aussicht, am Feuer zu sitzen, ist verlockend. Eigentlich muss sie zurück. »Bleib nicht so lange weg«, sagt Sjalfi jedes Mal, wenn sie ihn zum Abschied fest an sich drückt. »Ich komme zurück, so schnell ich kann«, antwortet sie jeweils. Bis vor Kurzem sagte er immer: »Noch ein bisschen schneller als schnell.« Er rief es ihr nach, während sie schon fast im Wald verschwunden war. Beim »schnell« überschlug sich seine Stimme. Es war die Melodie, die sie auf ihren Jagdausflügen begleitete, sein Schutzzauber für sie. »Noch ein bisschen schneller als schnell, noch ein bisschen schneller als schnell.« Vor zwei Tagen sagte er das nicht, als sie losmusste. Auf ihr »Ich komme zurück, so schnell ich kann« nickte er nur und drückte sie kurz. Sie war stolz. Er ist jetzt alt genug und versteht, hat sie gedacht. Aber jetzt mischt sich ein ungutes Gefühl in den Stolz. Sie ist unruhig, will aufbrechen, zurückkehren zu ihm.

Doch schließlich setzt sie sich neben Njáll auf den Stein, beobachtet ihn von der Seite, die Ledermanschetten um seine Unterarme, die Zeichnung auf seiner Haut darunter, die kräftigen Hände. Njáll zupft an seinem Bart. Das tut er manchmal, wenn er in Gedanken ist, zwirbelt die braunen Haare zwischen den Fingern. Sie weiß nicht genau, wie alt Njáll ist, mindestens doppelt so alt wie sie. Er war noch ein Kind, als König Gudfred regierte. Sein langes Hemd und die Hosen sind aus wertvollem Wollstoff und wenig getragen. Njálls Schmiede und sein großer Hof stehen in einem Dorf nicht weit von ihrem.

»Du zitterst. Hast du noch keinen Umhang?«, sagt Njáll.

»Nein. Hast du vielleicht ein warmes Hemd für einen Neunjährigen, das ihr nicht mehr braucht?«

»Ich schaue nach. Und ich bringe dir nächstes Mal einen warmen Umhang. Was hast du mit dem Hacksilber gemacht, das ich dir vor zwei Monden dafür gegeben habe?« Er fasst Yrsa ans Handgelenk, schiebt ihren Ärmel nach hinten. »Und wo ist das Armband, das ich dir geschenkt habe?«

»Ich wollte nicht, dass ich auf der Jagd irgendwo hängen bleibe und es reißt.«

Njáll brummt und scheint ihr zu glauben. Sie hat das Armband im Nachbardorf für Vorräte und neue Schuhe für Sjalfi eingetauscht. Sie will kein Schmuckstück von Njáll tragen.

»Kürzlich kam ein alter Freund in unser Dorf«, sagt Njáll. »Ich bin vor vielen Wintern mit ihm als Wikinger über das Meer gereist. Die Wellen schlugen hoch über unser Boot. Aber er wusste immer, was zu tun war, übertönte mit seiner Stimme sogar die heranbrechenden Wellen. Nur die Götter wissen, wie er das schaffte.«

Njáll lacht und bläst in das Feuer, das er entfacht hat. Er erzählt gerne von früheren Heldentaten. Sie nickt meist nur und denkt an ihren Vater, der bestimmt viel Wilderes erlebt hat. So lange hat sie nichts mehr von ihm gehört.

»Warum kam dein Freund jetzt in euer Dorf?«

»Das will ich gerade erzählen. Sei nicht ungeduldig. Hol mir noch etwas zu trinken.«

Yrsa stößt ihn mit dem Ellbogen in die Seite. »Hol’s dir doch selbst.« Manchmal redet Njáll mit ihr, als wäre sie eine Magd. Vielleicht behandelt er seine Frau auch so, das weiß sie nicht. Er drückt ihr den leeren Becher gegen den Bauch. Sie steht auf, füllt den Becher und setzt sich wieder neben ihn. Sie schaut zu, wie er den Hasen vorbereitet. Ihr Bauch zieht sich vor Hunger zusammen.

»Damals, vor vielen Wintern …«, sagt Njáll, nimmt einen großen Schluck und stochert in der Glut.

»Nein, erzähl mir, warum dein Freund jetzt gekommen ist.« Sie kennt die Geschichte, die mit »damals, vor vielen Wintern« beginnt, schon.

»Bei Thors Hammer, du hast nicht viel Geduld.«

Das stimmt, denkt sie, vor allem nicht, wenn ich nach Hause möchte. »Plant er eine neue Reise?«

»Ja, sie wollen in Hollingstedt aufs Schiff und dann flussabwärts segeln, immer in Richtung der untergehenden Sonne. Die Flut trägt einen mit sich, zwischendurch muss man rudern. Der Fluss zieht weite Kurven, am Ufer versinken deine Füße tief. So kann dir niemand auflauern, um dich auszurauben. Und wenn Njórðr gute Winde schickt, siehst du am zweiten Tag das Meer.«

»Und dann? Wohin wollen sie? Erzähl schon.«

»Wenn sie das Meer erreichen, folgen sie der Küste, immer weiter in Richtung Dorestad.«

»Dorestad? Ich kenne diesen Namen.« Yrsa schaut einen Moment in die Glut. »Jetzt fällt es mir ein, meine Mutter hat mir von dieser Stadt erzählt. Dort leben Menschen, die an nur einen Gott glauben, hat sie gesagt. Und dass sie das, was meine Mutter konnte, nicht erlauben.« Trotzdem dachte sie damals, eine Reise nach Dorestad, das klingt aufregend.

»Nein. Glaube nicht alle Geschichten, die man dir erzählt.« Njáll dreht den Hasen auf dem Feuer.

»Das waren keine Geschichten. Meine Mutter wusste so was.« Yrsa rutscht auf dem Stein so weit wie möglich von ihm weg .

»Ich war noch nie in Dorestad«, sagt Njáll. »Aber man muss weiter reisen als Dorestad, um Orte zu finden, an denen Seherinnen nicht willkommen sind. Außerdem ist es gut für uns, wenn dort viele Menschen an nur einen Gott glauben. Sie bauen Häuser, in denen sie ihren Gott anbeten, und sie bauen noch größere Häuser, in denen sie wohnen und beten. Und die, die dort wohnen, können nicht kämpfen, tragen lange Gewänder. Aber vor allem lagern sie viel Gold und Silber in diesen Häusern. Es ist erstaunlich, wie leicht es ist, ihnen diese Schätze zu rauben.« Njáll nimmt Yrsas Arm und zieht sie wieder näher zu sich.

»Suchen sie noch Krieger, die mitreisen?« Sie streckt den Rücken, schaut Njáll an, spürt ein Kribbeln im Bauch. Schon als kleines Mädchen hat sie von einem Leben als Kriegerin geträumt, und ihr Vater hat das Kämpfen immer mit ihr geübt.

»Ja, er hat gefragt, ob ich wieder mitkomme. Aber ich habe abgewinkt.«

»Warum?« Sie schüttelt den Kopf. »So ein Angebot musst du annehmen. Ich würde sofort Ja sagen. Ich habe mir oft vorgestellt, wie es wäre, in ein fernes Land zu segeln, eine Axt oder vielleicht sogar ein Schwert am Gürtel.«

»Das sind Träume, mehr nicht. Du gehörst an meine Seite.«

»Nein, gehöre ich nicht. Wir üben auch manchmal den Kampf zusammen.«

Er winkt ab. »Das ist doch nichts Ernstes.«

»Für mich schon.« Wenn Sjalfi noch ein bisschen älter ist, denkt sie. Und wenn sie ihn überzeugt hat, mit ihr in die Ferne zu ziehen. Ihren Bruder interessiert das Kriegerleben nicht.

»Du wirst deine Meinung noch ändern. Es gibt bessere Beschäftigungen für Frauen als das Kämpfen.« Njáll legt seine Hand auf ihren Oberschenkel. Sie schiebt seine Hand weg.

Niemand weiß von ihren Treffen. Darauf hat sie bestanden. Für ihn spielt es keine Rolle. Eigentlich will er etwas anderes von ihr. »Komm und lebe mit mir als meine Frau«, sagte er vor einiger Zeit, mitten im Winter, und ließ den Blick über ihren Körper schweifen. Sie wäre seine zweite oder dritte Nebenfrau. »Du hast kein Land, und niemanden, der sich für dich einsetzt, sei froh über dieses Angebot«, sagte er, und sie wusste, dass er eigentlich recht hat.

»Nein.« Sie schaute ihm damals direkt in die Augen und fuhr sich über die kleine Narbe auf ihrer Backe. Die Narbe wird heiß, wenn die Gefühle in ihr wühlen. Sie will nicht als seine Frau leben, sie will niemanden heiraten. Yrsa hat nie vergessen, was mit ihrer Freundin Liv passiert ist. Liv musste heiraten, als sie beide vierzehn waren. Ihr Vater hatte einen Mann für Liv ausgesucht, der zwanzig Winter älter war und vier Tagesreisen entfernt lebte. Am Morgen der Abreise saß Liv hinten auf dem Ochsenkarren, war noch bleicher und schmaler als sonst, hatte sich, obwohl es warm war, in einen Umhang gehüllt und wischte sich Tränen aus dem Gesicht. Yrsa hat sie nie wiedergesehen. Damals schon dachte Yrsa: Nicht mit mir. Über mein Leben bestimme ich selbst. Auch wenn es nicht einfach ist.

Das Essen ist fertig. Njáll teilt das Fleisch, gibt ihr einen saftigen Brocken und beißt in ein großes Stück. Das Fett läuft ihm über die Finger, er leckt sie ab, jeden einzelnen. Yrsa schaut ins Feuer. Sie hat sich so manche Nacht gefragt, ob sie richtig entschieden hat.

Als Njáll einsah, dass sie ihn nicht heiraten würde, machte er ihr einen neuen Vorschlag: Vorräte gegen gemeinsame Nächte in der Hütte. Er bot sogar an, Waffen mitzubringen und das Kämpfen mit ihr zu üben. Als Schmied hat Njáll viele glänzende Waffen und Erfahrung mit ihnen. Sie zögerte, hungerte, hoffte auf einen anderen Ausweg. Aber der Winter wollte nicht enden.

Also willigte sie schließlich ein unter der Bedingung, dass er es niemandem erzählt. Es kostete sie Überwindung, als sie sich das erste Mal im Wald trafen. Es kostet sie noch immer Überwindung, wenn sie das Bett mit ihm teilt. Sie mag Njálls Geruch nicht, leicht säuerlich wie Milch, die zu lange im Eimer lagerte. Aber sie hat sich daran gewöhnt. Ein bisschen zumindest. Und sie tröstet sich mit den Vorteilen: Sjalfi hat genug zu essen und sie auch. Es geht vielen jungen Frauen wie ihr, aber sie haben weniger Freiheiten. Und sie kann ab und zu mit Waffen üben, an die sie sonst niemals käme. Sie ist überzeugt, dass diese Lösung auch für Sjalfi das Beste ist.

In letzter Zeit drängt Njáll aber öfter, sie solle zu ihm auf den Hof ziehen. Sie hofft, dass sie ihn bald nicht mehr treffen muss.

Nach dem Essen will Yrsa aufbrechen, die Wärme des Feuers und ihr voller Magen haben sie schläfrig gemacht. Für ein paar Momente nur kippt ihr Kopf nach vorne, und sie hört die Stimme ihrer Fylgja. Wie meist, wenn die Fylgja sie im Traum besucht, ist da zuerst nur die Stimme, hallt von Weitem über das Land. Dann rauscht sie, schneller als die Pfeile aus Yrsas Bogen, ganz nahe an ihr Ohr. Die Stimme klingt ein bisschen wie die Stimme ihrer Mutter. Sie braucht einen Moment, bis sie die Worte versteht, bis aus dem Rauschen an ihren Ohren eine Botschaft wird. Dann sieht sie die Fylgja auch, ihre roten Gewänder, sie sind immer rot, ihre Mutter trug nie Rot, ihren kahlen Schädel, es ist kein klares Bild, ungefähr so, wie wenn man unter Wasser die Augen öffnet. Aber sie vertraut der Fylgja, seit Generationen wacht sie über ihre Familie. Aus dem Hall werden Worte: »Du musst nach Hause, beschütze ihn, steh auf, beschütze ihn, hör auf meine Worte, mach dich auf den Weg.« Was ist los, will sie fragen, was ist passiert, ist etwas mit Sjalfi?

Sie zuckt zusammen. Njáll hat sich neben ihr bewegt, sie hebt den Kopf, ist wieder wach.

»Du bist eingenickt«, sagt Njáll.

»Ich muss zurück. Dringend. Etwas stimmt nicht. Die Fylgja hat es mir gesagt.« Angst kriecht in Yrsas Bauch.

»Wird nicht so schlimm sein«, brummt Njáll. Er versucht sie zu umarmen. »Komm noch einmal mit mir in die Hütte. Ich gebe dir dafür noch ein Säckchen Hafer und getrockneten Fisch mit.«

Sie stößt ihn weg. Heftig. »Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe? Ich muss los, jetzt gleich!«

»Das geht so nicht weiter.« Njáll stellt sich ihr in den Weg. »Du kannst dich nicht mehr lange mit deinem Bruder allein durchschlagen, wenn du so wenig Unterstützung in deinem Dorf hast. Ihr wärt ohne meine Hilfe nicht durch den Winter gekommen.«

Das stimmt. Zugeben will sie das aber nicht und keine Minute länger damit verschwenden, ihm zu erklären, warum sie so lebt, auch wenn es nicht einfach ist.

»Lass mich vorbei.« Er hat sich vor ihr aufgebaut, um ihr den Weg zu versperren. Sie will sich nicht mit ihm anlegen. Njáll ist breit, hat starke Arme und Schultern, das Schmieden des Eisens braucht viel Kraft. Doch sie ist wendiger als er und versucht es mit einem großen Satz zur Seite. Er bekommt ihren Zopf zu fassen, reißt an ihren Haaren und zieht sie zurück.

»Du tust mir weh, lass mich los.«

Er starrt sie an, ihre Haare fest in seiner Faust.

»Bitte, Njáll.«

Er lässt ihre Haare los und wendet sich ab.

»Den Rest der Vorräte behalte ich, du kannst sie dir das nächste Mal holen.« Er schüttelt den Kopf. »Nimm den Weg über die Anhöhe, das geht schneller«, sagt er noch. Sie rafft ihre Sachen zusammen, schaut ihn nicht mehr an und rennt los.

Kapitel 3

Die Zweige schlagen ihr ins Gesicht. Sie weicht aus, so gut sie kann. Der Pfad ist schmal, durch die Baumkronen fällt kaum Licht. Mit jedem Schritt gerät sie tiefer in ein undurchdringliches Gewirr aus Grün, das nach ihr zu greifen scheint, sie umschlingen will. Sie will jetzt aber zurück ins Dorf, so schnell es geht. Sie muss Sjalfi beschützen, muss dringend nach Hause, befürchtet Schlimmes.

Ein dicker Ast taucht auf, direkt vor ihrem Kopf. Hier gibt es kein Durchkommen, flüstern die Geister des Waldes. Sie duckt sich im letzten Moment, springt zur Seite, landet auf einer Wurzel, rutscht ab. Ein Stein bohrt sich durch die Sohle ihrer Schuhe. Sie rennt weiter. Der Boden ist schlammig, macht schmatzende Geräusche bei fast jedem Schritt.

Es war keine gute Idee, sich für diese Abkürzung durch den dichten Wald zu entscheiden. Beinahe scheint es ihr, als würden die Buchen vor ihren Augen näher zusammenrücken, die Birken ihre schmalen Stämme aufplustern. »Ich nehme es auf mit euch, Geister des Waldes«, sagt sie laut. Und denkt gleich daran, was sie gelernt hat. Sich mit den Geistern anzulegen ist selten eine gute Idee.

Sie hastet weiter. Dort scheint ein bisschen mehr Licht zwischen den Ästen hindurch. Sie ragen krumm in die engen Lücken, formen ein Netz vor ihr, in dem sie sich verfangen soll. Dickes Moos überzieht das Holz. Ein Schwert wäre gut, um sich einen Weg frei zu schlagen. Sie wünscht sich ein Schwert, aber sie hat keines.

Sie greift um einen Stamm, zieht sich zwei Schritte weiter, balanciert und schlüpft in die nächste Öffnung. Ihre Haare sind feucht, sie wischt sich über das Gesicht. Dass die Fylgja sie warnt, kam schon sehr lange nicht mehr vor. Es fühlt sich an, als halte eine Riesenhand ihren Magen umklammert. Als hindere sie etwas daran, tief Luft zu holen.

Dann verfängt sich ihr Bogen an einem tief hängenden Ast. Sie stolpert, flucht. Ihr Bogen, ihr geliebter Bogen! Aus dem Schaft am Gürtel zieht sie ihr Messer, durchtrennt das Grün mit einem Schlag. Fährt mit dem Finger kurz über das geschwungene Eschenholz, die gespannte Sehne, schultert den Bogen wieder, rennt weiter.

»Lasst mich durch«, flüstert sie, »bitte. Elf Miðrogar, besänftige sie, das nächste Mal lege ich etwas mehr Butter auf den Stein.« Sie bereut, dass sie sich für die schmale Öffnung am Ende der Lichtung entschieden hat.

Der Beutel hüpft auf ihrem Rücken im Rhythmus ihrer Schritte. Zwei Kaninchen, eine Gans und getrocknetes Fleisch trägt sie mit sich. Sjalfi wird sich freuen. Sie ärgert sich, dass sie so unaufmerksam war. Dass er ihr dieses Mal nicht nachgerufen hat, war ein Zeichen. Die Geister wollten sie warnen. Und sie hat es nicht verstanden, hat nur Njálls Versprechen im Kopf gehabt, ein Schwert mitzubringen und ihr einige Schläge zu zeigen.

Einen Moment lang ist sie so in Gedanken, dass sie ausrutscht, aufs Knie fällt. Nässe dringt durch ihre Hosen. »Hilf mir jetzt«, flüstert sie und umfasst ihr Amulett. »Weise mir den Weg, lass mich das Richtige tun. Ich bin zu lange fort gewesen. Wenn ihm etwas geschieht, ist es meine Schuld.«

Sie rennt, schwitzt, trotzdem kriecht Kälte in ihre Finger.

Nur noch wenige Schritte, und sie ist auf der Anhöhe. Hier oben ist der Boden trockener, das Grün weniger dicht, sie hofft schneller voranzukommen. Dann zuckt sie zusammen, hat etwas gehört. Ist unsicher, ob es Stimmen waren. Sie bleibt stehen, macht ein paar Schritte rückwärts, ganz leise, duckt sich hinter einen umgekippten Stamm, stützt sich auf die Rinde und lauscht. In der Ferne ruft ein Specht, der Wind spielt mit den Ästen der Buchen. Sonst ist es still. Vielleicht hat sie sich getäuscht.

In der Hocke schleicht sie bis zu einem großen Stein, kauert dort noch tiefer. Sie will gerade aufstehen, als sie wieder etwas hört: ein Knacken, ein Rascheln, dumpf nur, die Geräusche kommen von weiter unten. Sie zählt die Schritte von ein, zwei, vielleicht drei Männern und duckt sich etwas tiefer.

Sie weiß nicht, ob sie die Männer kennt, ist lieber vorsichtig, wenn sie allein unterwegs ist. Wieder meint sie Stimmen zu hören, unbekannte Stimmen. Zu gerne wüsste sie, worüber die Männer sprechen und wohin sie unterwegs sind. Aber sie ist zu weit weg. Es kommt nicht oft vor, dass man in diesen Wäldern Fremde trifft.

Erst als länger Stille ist, rennt sie wieder los.

Dann steht sie am Fluss. Ihr Herz pocht so stark, dass es ihr in den Ohren dröhnt. Nicht nur weil sie gerannt ist. Das Wasser steht zu hoch, um den Fluss einfach zu durchwaten. Es hat die ganze Nacht geregnet. Daran hat sie in ihrer Sorge nicht gedacht. Sie muss über diesen Fluss, um auf dem schnellsten Weg zum Dorf zu gelangen. Jetzt umzukehren würde Stunden kosten. Sie läuft am Ufer entlang, den Blick auf die Mitte des Stroms.

Einen Moment überlegt sie, etwas ins Wasser zu werfen, um die Geister zu besänftigen, entscheidet sich dagegen. Ich komme da schon rüber, denkt sie.

»Vatn, Vatn, lass mich durch dein Reich. Ich will die Wellen nur kurz durchqueren, besänftige sie für mich. Ich bringe bald wieder einen Dank. Im Moment kann ich nichts entbehren«, sagt sie mit lauter Stimme, um das Tosen des Wassers zu übertönen.

Sie hebt einen knorrigen Stock auf, er reicht ihr fast bis zur Schulter. Den bohrt sie nun am Ufer in den schlammigen Grund. Einen Schritt nach dem anderen, Yrsa, Tochter der Katla, du schaffst das.

Schon dringt das eisige Wasser durch das Leder ihrer Schuhe, umschließt ihre Waden, kriecht die Hosen hinauf. Schwer hängen sie an ihren Beinen. Sie hat erst ein paar Schritte gemacht, und das Wasser zerrt bereits an ihr, will sie mitziehen auf seinem Weg um die nächste Biegung, vorbei an Njálls Dorf, durch die Heide und weiter in Richtung Meer. »Ich will nicht mit«, ruft sie und stemmt sich mit dem Stock stärker gegen die Strömung.

Das Wasser zieht an ihrem Hemd, so tief ist sie schon im Fluss. Sie schiebt den Beutel nach oben, stemmt die Füße in den Grund. Macht kleine Schritte. Es ist tiefer, als sie vermutet hat, dem Sog kann sie kaum etwas entgegensetzen. Mit Wucht treffen die Fluten auf sie, wollen sie von den Füßen reißen.

Vatn, Vatn, nein, will sie rufen und spürt, wie ihr Wasser in den Mund dringt. Ein falscher Schritt, eine tiefere Stelle. Das Wasser erfasst den Beutel, den Bogen, ein plötzlicher Ruck, sie verliert das Gleichgewicht. Ein Gurgeln, Rauschen, sie sieht nur noch verschwommen, alles verliert Farbe, Konturen, sie kann nicht mehr atmen, verschluckt sich, das Wasser umschließt sie, sie taumelt, weiß nicht mehr, wo der Himmel ist. Rudert mit den Armen gegen die Strömung.

Hilf mir, Mama!, schreit sie im Innern. Noch immer spricht sie in Gedanken manchmal mit ihrer Mutter. Fragt sie um Rat, und ihre Mutter antwortet auf ihre Art. 

Der Stock, sie hält den Stock noch umklammert! Schafft es, ihn in den Grund zu rammen, rudert mit den Beinen, strampelt nach unten. Die Luft wird knapp, sie kämpft gegen den Impuls, tief zu atmen und Wasser in die Lunge zu ziehen. Dann spürt sie mit einem Zeh den Grund, irgendwie gelingt es ihr, einen Fuß und dann den zweiten wieder in den schlammigen Flussboden zu stoßen.

Am anderen Ufer lässt sie sich auf die Erde fallen, saugt die Luft ein und spürt, wie das Zittern ihren Körper in Besitz nimmt, zuerst nur die Hände, die Zähne, dann schüttelt es sie überall. Sie zieht die Beine zum Körper, legt die Arme um sie. Alles ist nass und kalt, ihr langer Zopf hängt schwer auf ihrem Rücken, der Beutel auch. Alle Vorräte sind nass.

Nicht so schlimm, dass Njáll mir den Hafer am Schluss nicht geben wollte, denkt sie. Der hätte sich jetzt mit Wasser vollgesogen.

Als sie sich etwas gesammelt hat, greift sie sich an den Hals. Das Amulett ihrer Mutter ist noch da. Den Bogen trägt sie auch noch über der Schulter. Ihre Hand geht zum Gürtel. Ihr Messer ist weg. Sie schluckt, blickt zum Fluss und sagt: »Du musstest dir etwas holen.« Ihre Stimme ist so leise, dass das Rauschen des Wassers sie übertönt, doch sie weiß, dass die Botschaft angekommen ist. Sie steht auf, wringt das Wasser aus den Kleidern und hetzt weiter. Wenn sie rennt, spürt sie auch die Kälte weniger.

Kurze Zeit später taucht das Dorf in der Ferne auf. Seit sechs Wintern lebt sie hier. Die Rauchsäulen tanzen über den Dächern der Langhäuser, der Hütten, Lager und Scheunen. Sie springt über einen kleinen Bach, umrundet ein Schlammloch und ist in ein paar Schritten auf dem breiten Weg, der ein Stück weiter vorne mitten durchs Dorf führt. Er teilt es in zwei Hälften, vier große Höfe auf der einen und drei auf der anderen Seite. Der Weg ist so breit, dass zwei Ochsenkarren bequem aneinander vorbeirumpeln können.

Sie weicht oft auf Pfade über die Wiesen und Felder aus. Den Blicken, dem Tuscheln mag sie sich nicht immer aussetzen. Heute bleibt sie auf dem Weg, beschleunigt ihren Schritt. Vielleicht trifft sie Sjalfi irgendwo. Sie sehnt sich danach, ihn in die Arme zu schließen.

Eine Kuh trottet über den Weg, als sie die ersten Häuser erreicht. Sie schaut nach links, über die niedrige Mauer, die das größte Grundstück mit seinen vielen Gebäuden umgibt. Hier wohnt Torbjörn, der reichste Mann des Dorfes, mit seiner Familie. Nahe am Weg steht seine Käserei, ein Knecht klappert mit Töpfen. Dahinter wachsen die ausladenden Apfelbäume, auf die sie immer gerne geklettert ist. Schweine wühlen mit der Schnauze im Schlamm, und der Wind trägt den Geruch des gärenden Mets von der kleinen Brauerei bis zu ihr. Schnell hält sie sich die Nase zu, kämpft gegen die Erinnerungen und die Übelkeit. Würde sie den Hals strecken, sähe sie sein Langhaus. Es steht hinter den vielen kleineren Gebäuden.

Hier war früher auch ihr Zuhause, zumindest eine Zeit lang. Zwei Winter haben ihre Mutter, Sjalfi und sie auf dem Hof verbracht. Auch nach dem Tod ihrer Mutter haben sie noch eine Zeit lang bei Torbjörn gelebt, bis zu jenem Abend, an den sie sich nicht erinnern will. Ihre Narbe brennt, wenn sie es tut. Seither dürfen sie nicht mehr in seinem Langhaus wohnen. Das alte Grubenhaus ganz am Rand des Dorfes ist jetzt ihr Zuhause. Das Haus stand lange leer. Als sie die Tür das erste Mal aufstemmte, schlug ihr modrige Luft entgegen, Staubwolken vernebelten ihr die Sicht.

Sie grüßt zwei Frauen. Sie sitzen vor einem Haus, sind in ein Gespräch vertieft. Eine der beiden bewegt den Kopf kurz in ihre Richtung. Starrt sie an, fragt sich vielleicht, warum ihr die Kleider nass am Körper kleben. Die Frau nickt Yrsa zu, so knapp und schief, als würde sie eine Fliege verscheuchen. Ich wünsche dir auch einen schönen Tag, denkt Yrsa und geht weiter.

Ihre Beine fühlen sich so schwer an wie die feuchten Kleider, die an ihr hängen. Fährt der Wind durch sie, kriecht ihr Gänsehaut über die Arme. Vielleicht wollte die Fylgja ihr einfach deutlich machen, dass sie schnell nach Hause muss. Aber das tut die Fylgja sonst nicht. Der Gedanke, dass etwas Schlimmes passiert ist, lässt Yrsa nicht los. Sie ist so schnell gekommen, wie sie konnte. Bestimmt noch rechtzeitig. Sie muss sich zusammenreißen, um nicht durchs Dorf zu rennen.

Heute Abend wird sie für Sjalfi die zartesten Stellen des Kaninchenfleischs auf dem Feuer braten. Sie stellt sich sein Grinsen vor, wenn er sich das Bratenfett mit dem Handrücken von den Lippen wischt.

Sie ist fast bei der Hütte, als die Sonne durch die tief hängenden Wolken drückt und ihr feuchtes Hemd wärmt. Der Wind hat nachgelassen. Es ist früher Nachmittag, aber es dauert noch, bis das Licht im Wald westlich des Dorfes versinkt. In rund zwei Monden wird die Sonne ihre längsten Bahnen ziehen.

Sie biegt vom Weg ab, steigt über eine kleine Mauer und überquert die Wiese. Das Gras steht hoch, streift ihr um die Beine. Ganz hinten steht die kleine Hütte, in der sie nun seit drei Wintern wohnen. Dort steigt kein Rauch auf. Manchmal sitzt Sjalfi im Gras, wenn sie nach Hause kommt, spielt auf seiner Flöte. Heute ist alles still. Sie rennt die letzten Schritte, kann es nicht erwarten, ihn zu sehen. Zwei Hühner flattern zur Seite. Sie nimmt die drei Stufen, die zu ihrem Zuhause hinunterführen. Die Hütte liegt leicht vertieft in einer Kuhle. Ihre Hand zittert, als sie die Türe aufdrückt.

Kapitel 4

Inzwischen zieht sich nicht mehr alles in ihrem Magen zusammen, wenn sie nach Hause kommt. Am Anfang, kurz nach ihrer Verbannung in die Hütte, hatte sie nur ein Gefühl: Ich muss fort von hier, ich will nicht mehr in diesem Dorf leben.

»Lass es uns irgendwo anders versuchen«, sagte sie damals zu Sjalfi. Sie saßen gerade um die kleine Feuerstelle in ihrer Hütte und aßen Eintopf.

»Nein, ich will nicht weg, ich will hierbleiben«, rief er und sprang auf. »Deinetwegen wohnen wir nicht mehr im Langhaus. Ich will hierbleiben. Hier im Dorf.« Er rannte aus der Hütte, schlug die Türe zu, sie hörte ihn schimpfen, verstand aber nicht, was er sagte. Nach kurzer Zeit kam er wieder in die Hütte und umarmte sie.

Die Hütte ist leer und düster. Kalte Luft strömt ihr entgegen. Sjalfi ist nicht da.

Einen Moment bleibt sie regungslos stehen. Etwas riecht anders als sonst, fremd irgendwie, aber sie kommt nicht darauf, was es ist. Die Angst meldet sich zurück. Sie redet sich gut zu, tagsüber sind sie selten in der Hütte. Meist arbeiten sie draußen. Sjalfi hilft, wann immer er kann, bei einem der Nachbarn. Mistet Ställe aus, sammelt Feuerholz, melkt Schafe, füttert Hühner, hilft Zäune zu ziehen. Und als Belohnung bekommt er manchmal eine Kleinigkeit zu essen zugesteckt.

Er ist bestimmt irgendwo.

Durch den Rauchabzug im Dach und die Luke rechts von der Türe fällt nur wenig Licht, und sie ist sparsam mit der Fischöllampe. Erst wenn die Sonne über der knorrigen Ulme auf dem Feld steht, schickt sie einen Lichtstrahl in die Hütte. Er ist schmal wie ein Speer und leuchtet von der Feuerstelle bis zum Bett. Sie bemühte sich damals, die Hütte wohnlich zu machen. Ihre Freundin Eydris schenkte ihnen einen Pelz. Der war ein bisschen löchrig, aber warm. Yrsa legte ihn auf das alte Holzgestell, das in einer Ecke der Hütte steht, und sie wickelten sich zum Schlafen darin ein. Und jedes Mal, wenn Sjalfi zu schimpfen begann, dass es in Torbjörns Langhaus viel schöner gewesen sei, sagte sie: »Wir brauchen niemanden, wir schaffen das schon.«

»Meine Freunde wohnen im Langhaus. Ich will wieder bei ihnen schlafen. Dort ist es viel wärmer, und Torbjörn erzählt abends Geschichten«, sagte Sjalfi und wischte sich die Locken, die ihm so oft ins Gesicht hingen, aus den Augen.

»Ich weiß.« Mehr fiel Yrsa damals nicht ein, um ihn zu trösten. Sie vermisste das Leben in der Gemeinschaft auch.

»Warum dürfen wir nicht mehr dort wohnen?« Das fragte Sjalfi noch eine Zeit lang. Yrsa gab ihm nie Antwort, lenkte ihn mit anderen Geschichten ab. Mit der Zeit fragte er nicht mehr so oft.

In der Feuerstelle glimmt noch Glut. Sie ist fast erloschen, mindestens einen halben Tag alt. In letzter Zeit schläft Sjalfi, wenn sie fort ist, manchmal allein in der Hütte. Ihr ist es lieber, wenn er bei Eydris auf dem Hof übernachtet, wie er es früher immer getan hat. Aber er will ihr beweisen, wie groß er schon ist.

Als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben, zuckt sie zusammen. Etwas ist nicht wie sonst.

In wenigen Schritten ist sie bei der Truhe aus dickem Eichenholz, die hinten in der Ecke steht. Sie gehörte einst ihrer Mutter und ist ihr wichtigster Besitz. Alles, was sie von ihr noch haben, liegt in dieser Truhe gleich neben dem Bett. Abends vor dem Schlafen öffnen sie die Truhe manchmal, und dann wünscht sich Sjalfi, dass sie Geschichten erzählt über die Dinge, die ihrer Mutter gehörten. Vor allem in der ersten Zeit nach ihrem Tod wollte er das fast jeden Abend. Wäre es nach ihr gegangen, wäre die Truhe lange verschlossen geblieben. Sie mochte die Vorstellung, dass alles so war, wie ihre Mutter es zuletzt benutzt hatte, und manche Dinge noch nach ihr rochen. Jetzt steht der Deckel der Truhe offen.

Schnell überprüft sie, ob etwas fehlt. Ein kleiner Beutel aus Schafsleder, den ihre Mutter manchmal am Gürtel trug, ist verschwunden. Darin bewahrte sie wertvolle Dinge auf, die ihr halfen, mit Freyja in Kontakt zu treten. Und eine Kette mit einem silbernen Freyja-Anhänger ist nicht mehr da. Sie fragt sich, ob Sjalfi diese Dinge genommen hat. Das hat er noch nie getan.

Sie fröstelt, schält sich aus den nassen Sachen und zieht das rote Kleid aus Leinen an, das ihrer Freundin Eydris nicht mehr passt. Yrsa hat keinen Webstuhl. Sie bekommt ausgetragene Kleider von Eydris geschenkt. Fürs Weben hat sie sich nie interessiert. Auf der Jagd trägt sie die alten, viel zu weiten Hosen, um die Unterschenkel wickelt sie Bänder. Mit einem Stück Tau hält sie die Hosen in der Taille zusammen.

Ihr Blick fällt auf eines der Holzbretter, die sie an der Wand befestigt haben. Dort liegt Sjalfis Messer. Seltsam, dass er es nicht bei sich hat. Sie schaut das Messer an, den hölzernen Griff, den Sjalfi verziert hat, fährt mit dem Finger über das drachenartige Wesen, das er geschnitzt hat, und verlässt die Hütte.

Wenig später erreicht sie den Hof, in dem Eydris wohnt. Es ist nicht weit, und doch ist sie gerannt, quer über das Land, entlang der steinernen Mauer, die den Hof von den umliegenden Wiesen abgrenzt. Sie hat die Schafe erschreckt. Sie knabberten gerade grüne Spitzen von den Ästen eines Baumes, sind blökend zur Seite gesprungen. Dann ist sie über die niedrige Mauer geklettert und hat gespürt: Die Unruhe wühlt wieder in ihr. Sie hofft, dass Sjalfi auf dem Hof von Eydris’ Familie ist.

Eydris arbeitet heute nicht im Gemüsegarten, wie sie es häufig tut. Einen Moment bleibt Yrsa stehen und denkt an den Streit, den sie und Eydris hatten, bevor sie aufgebrochen ist. Sie hofft, dass Eydris es ihr nicht mehr übel nimmt.

Durch die große Türe betritt sie das Langhaus. Es ist warm im Innern, kurz bleibt sie bei der Feuerstelle im vorderen Teil des Hauses stehen, streckt ihre Handflächen gegen die Flammen. Es riecht nach Brot und nach frisch aufgebrühter Minze.

»Eydris, bist du da?«

»Ich bin hier.«

Eydris’ Stimme klingt matt, kommt aus dem hinteren Teil des Langhauses. Dort hat Eydris’ Mann auf beiden Seiten entlang der Wände leicht erhöhte Holzpodeste gezimmert, wo Felle, Pelze und Kissen ausgebreitet sind. Ein Vorhang trennt den Schlafplatz zum Mittelgang hin ab, er ist halb zugezogen. Dort liegt Eydris, ihre langen Haare hängen seitlich über das Holz. Ihr Kleinster sitzt neben ihr und lädt Steine in ein Spielzeugschiff.

»Eydris, geht es dir nicht gut?«

Ihre Freundin hebt den Kopf, die Augen nur halb geöffnet, sie trägt ein leichtes Leinenhemd. Eydris ist blass, sogar die Sommersprossen scheinen blasser als sonst, und klingt matt, als sie antwortet.

»Ich habe Hitze in mir, mein Hals brennt.« Sie hustet. »Seit gestern Nacht. Ein Troll hat sich in mir breitgemacht. Er ist nicht so stark, aber ich muss mich ausruhen.«

»Soll ich dir Wasser holen? Einen Aufguss machen? Es tut mir leid, dass wir gestritten haben, bevor ich aufgebrochen bin.«

Eydris winkt müde mit der Hand. »Ist schon gut. Ja, bitte, etwas Wasser.«

»Weißt du, wo Sjalfi ist? Ich dachte, er wäre vielleicht hier.«

»Sjalfi habe ich heute noch nicht gesehen. Ich habe aber auch die meiste Zeit hier gelegen.« Eydris klingt heiser. »Mein Mann ist Holz schlagen. Die beiden Großen sind mitgegangen.«

»Ich hole dir frisches Wasser.« Yrsa läuft nach draußen, zieht einen Eimer aus dem Brunnen, es ist der tiefste Brunnen im ganzen Dorf, und trägt den Eimer zur Kochecke im Haus, die nahe dem Eingang liegt. Dort backt eine Magd gerade Fladenbrot.

»Hast du Sjalfi heute gesehen?«, fragt Yrsa die Magd.

Die Magd blickt auf, schüttelt ihre mit Mehl bedeckten Hände, überlegt kurz und sagt: »Nein, ich habe ihn gestern Abend gesehen, draußen. Er hat Holz geschlagen, zusammen mit Torbjörns Sohn.«

Mit einem Becher Wasser kehrt Yrsa zu Eydris zurück, hebt auf dem Weg eine wollene Decke auf und legt sie Eydris über die nackten Beine.

»Hat Sjalfi nicht bei euch übernachtet?«

»Letzte Nacht nicht, die Nacht zuvor schon. Er hat dich gestern schon erwartet. Er war unruhig den ganzen Tag, rastlos. Irgendetwas war nicht in Ordnung, aber er wollte mir nicht erzählen, was ihn bedrückt.« Eydris legt den Kopf wieder auf das Kissen und hustet.

»Ich konnte nicht früher zurückkommen.« Yrsa zupft am Ärmel ihres Kleides und schaut auf den Boden, als sie das sagt. »Hat Sjalfi dir erzählt, warum er die Truhe mit den Sachen unserer Mutter geöffnet hat? Das macht er sonst nicht.«

»Nein. Frag bei Torbjörn in seinem Langhaus nach ihm, oder vielleicht ist er im Wald oder hilft draußen auf den Feldern«, sagt Eydris und schließt die Augen.

Yrsa hat Torbjörns Hof nicht mehr betreten, seit sie ihn damals verlassen mussten. Torbjörns Land liegt auf der anderen Seite des Weges, gegenüber von Eydris’ Hof. Die schwere Türe seines Langhauses steht offen. Rechts und links des Eingangs hat Torbjörn zwei spitze Stöcke anbringen lassen. Er hat gehört, dass Jarls ihre Türen mit Speeren einfassen. Das Haus des Jarls in der Stadt ist aber viel größer als Torbjörns. Und der Jarl hat mehr Macht als Torbjörn. Macht hat Torbjörn keine, nur den größten Hof im Dorf. Ganz stimmt das nicht. Aber es geht ihr besser, wenn sie so denkt.

Die Spitzen der beiden Stöcke scheinen direkt auf sie zu zielen. »Nähere dich nicht«, flüstern sie, »wir sind die Wächter einer Welt, zu der du nie mehr gehören wirst.« Sie legt die Hand auf ihr Amulett und sagt: »Von euch lass ich mir den Eintritt nicht verwehren.« Auch die Kraft ihrer Mutter ist noch spürbar in diesem Langhaus. Hier ist sie gestorben. Die Menschen fürchten sich vor dieser Kraft. Das hat Yrsa oft geholfen.

Sie tritt über die Schwelle, bleibt kurz stehen, versucht die Bilder zu verscheuchen, die in ihrem Kopf aufsteigen, als ihr der Geruch von Eichenholz und von Wacholder in die Nase steigt. Und sie daran denken muss, was Torbjörn getan hat.

Es ist düster im Langhaus, aber nicht so düster wie in ihrer Hütte. In der Mitte des langen Raums knistern die Flammen in einer großen Feuerstelle aus Stein. Die Rauchsäule steigt steil nach oben und zieht durch die Öffnung weit oben im Dach. Gleich neben dem Eingang steht der Webstuhl, an dem Jorunn, Torbjörns Frau, oftmals sitzt. Yrsa ist erleichtert, sie jetzt nicht dort zu sehen. Jorunn mochte ihre Mutter nicht, und sie mag Yrsa nicht und gibt sich viel Mühe, ihr das jedes Mal zu zeigen, wenn sie einander begegnen.

Es duftet nach geräuchertem Fleisch. Direkt an der Außenwand liegt der Raum, in dem Torbjörns Familie Vorräte aufbewahrt. Die Kammer ist prall gefüllt. Yrsa und Sjalfi haben nur eine kleine Kiste für ihre Lebensmittel. Voll ist sie nie.

Torbjörn sitzt am Feuer und schnitzt. Im Licht der Flammen glänzen seine Haare und der buschige Bart rot. Auch das Bild hinter ihm, das auf die Wand des Langhauses gemalt ist, strahlt im Schein des Feuers. Es zeigt Torbjörn, wie er in dem Stuhl eines Jarls sitzt, zwei Drachenköpfe schmücken die Rückenlehne. Der Torbjörn auf der Wand schaut freundlicher als der echte.

Torbjörn blickt nicht auf. Sie weiß nicht, ob er sie wahrgenommen hat. Das Hemd spannt über seinem Bauch, um das Handgelenk trägt er noch immer den silbernen Armring, den Yrsas Mutter ihm einst schenkte. Mehrere dicke Drähte sind zu einem offenen Ring geschmiedet, die beiden Enden zeigen die Köpfe von Odins Raben, Huginn und Muninn. Obwohl der Armring ein Geschenk ihrer Mutter war, weckt er in Yrsa nur finstere Gedanken und Erinnerungen.