Zeitenwende und Vermögen. Chancen · Entscheidungen · Lebensqualität. Teil 1: Beständig ist allein der Wandel - Boris Olschewski - E-Book

Zeitenwende und Vermögen. Chancen · Entscheidungen · Lebensqualität. Teil 1: Beständig ist allein der Wandel E-Book

Boris Olschewski

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Beschreibung

Die Welt erlebt eine Zeitenwende. Nicht zum ersten Mal, auch wenn es uns so erscheint. Wir sind eingetreten in eine Phase der Krisen: Die Pandemie wird überschattet von einem neuen Ost-West-Konflikt um die globale Führung im 21. Jahrhundert. Überdies fällt die Welt aktuell in eine schwere Wirtschaftskrise, die Existenzgrundlagen und Weltbilder aus den Angeln hebt. Welche Gefahren kommen auf uns zu? Und welche Chancen eröffnen sich? Wie erlebten Menschen früherer Zeiten solche Umbruchszeiten und welche Muster lassen sich erkennen? Unsere zweiteilige Publikation möchte den Lesern Orientierung und Hilfestellungen für die nun angebrochene Zeit des fundamentalen Wandels bieten. Im Fokus steht dabei sowohl die Sicherung der materiellen Lebensgrundlagen (äußeres Vermögen) als auch die Entfaltung mentaler Stärke, um Umbruchszeiten proaktiv nutzen zu können (inneres Vermögen). Im 1. Teil (»Zeitenwende und Vermögen: Beständig ist allein der Wandel«) schauen wir zunächst in die Vergangenheit und geben einen Überblick über vergleichbare Umbruchsphasen der letzten Jahrhunderte. Wiederkehrende Strukturen des Wandels werden dabei sichtbar und schaffen Orientierung. Vieles von heute erkennen wir dabei wieder und so eröffnet uns die Rückschau in der Gegenwart, was potenziell vor uns in der Zukunft liegt. Auf dieser Grundlage veranschaulichen wir dann im 2. Teil (»Zeitenwende und Vermögen: Chancen des Wandels«) die großen gegenwärtigen und zukünftigen Trends in Gesellschaft, Ökonomie und Weltpolitik. Gefahren und Chancen können so ausgemacht und gewinnbringend verwandelt werden. Wie lässt sich die Zeitenwende konkret nutzen, um bisherige Grenzen zu überwinden? Welche Lösungsmethoden, Checklisten und To-Do-Listen gibt es, um selbst von dramatischen Entwicklungen noch persönlich und familiär zu profitieren? Zeiten des Umbruchs, ob familiär oder gesellschaftlich, stellen erhebliche mentale Herausforderungen dar. Beide Teile behandeln somit auch das Vermögen, Krisenzeiten mit geistiger Stärke zu meistern und dabei persönliche Potenziale zu entfalten. Außerdem geht es um die Frage, wie wir unser generationales Erbe und die Lebensbedingungen unserer Kinder gestalten, wenn wir die epochale Zeitenwende bewusst in den Blick nehmen. Die zweiteilige Publikation fordert Sie auf und hilft Ihnen konkret, das eigene Schicksal und das Ihrer Anvertrauten bewusst und beherzt in die Hand zu nehmen und über bisherige Grenzen hinaus zu dem Menschen zu werden, der bislang nur potenziell existiert und darauf wartet, in Erscheinung zu treten.

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BORIS OLSCHEWSKI / DIETMAR PEETZ

ZEITENWENDE UNDVERMÖGEN

CHANCEN • ENTSCHEIDUNGEN • LEBENSQUALITÄT

TEIL 1:BESTÄNDIG IST ALLEIN DERWANDEL

1. Auflage 2023

© 2023 Dr. Boris Olschewski, Dr. Dietmar Peetz

ISBN Softcover: 978-3-347-85760-5

ISBN Hardcover: 978-3-347-85761-2

ISBN E-Book: 978-3-347-85762-9

Umschlagabbildung: © baona; iStock 1182774155

Druck und Distribution im Auftrag der Autoren:

tredition GmbH, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt.

Für die Inhalte sind die Autoren verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autoren, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung »Impressumservice«, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Deutschland.

Die Autoren

Dr. Boris Olschewski

ist Experte für Epochenwandel, Geopolitik und Potenzialisierung. Er arbeitete ab 2002 an der Universität Trier in einem historischen Forschungsprojekt zu Umbruchszeiten in Europa. Nach seiner Promotion 2006 zu den Themen Herrschaftswechsel und Epochenwandel vertrat er an der Universität Trier die Assistentur im Fach Neuere und Neueste Geschichte. Herr Olschewski interessierte sich darüber hinaus für die inneren Beweggründe des Menschen und begann parallel seine Ausbildung zum Coach und schloss diese 2009 ab. Anschließend machte er sich selbständig und berät und schult seitdem Menschen in Einzelsitzungen, ⇨Gruppenveranstaltungen und anderen Kontexten. Herr Olschewski veranstaltet seit über 12 Jahren Workshops und Führungskräftecoachings zu den Themen Potenzialentfaltung, Konfliktmanagement, Partnerschaft, historischer Wandel in Geschichte und Gegenwart, Mentalstärke in persönlichen und kollektiven Extremsituationen. In Seminarreihen vermittelt er des Weiteren die Grundlagen und Anwendungen der innerseelischen Arbeit zur Aufdeckung von unbewussten Blockaden und zur Mobilisierung des tatsächlichen eigenen Potenzials. Herr Olschewski ist Autor zahlreicher Fachpublikationen zu den Themen Herrschaftswechsel und historischer Umbruch in Geschichte und Gegenwart. Er ist verheiratet, Vater von drei Kindern, und lebt mit seiner Familie in der Nähe von Trier.

Dr. Dietmar Peetz

ist Experte für Soziokybernetik, Makrosoziologie und Systemtheorie. Er verfügt über mehr als 20 Jahre praktische Erfahrung in der Verwaltung großer Vermögen an internationalen Finanzmärkten. Mehrere Jahre leitete er erfolgreich Europas größten Rohstofffonds. Herr Peetz sammelte wichtige Erfahrungen im Umgang mit Finanzkrisen beim Platzen der New Economy Blase im Jahre 2000. Sein Bedürfnis zu verstehen, wie es dazu kommen konnte, führte zu einer systematischen praktischen und wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Krisenphänomen generell. Im Jahre 2006 promovierte er zum Thema Rückkopplungseffekte ⇨ durch Herdentrieb in Finanzkrisen. Seine Forschungserkenntnisse halfen Herrn Peetz dabei, die Ereignisse, die zur Finanzkrise 2008/09 führen sollten, rechtzeitig zu erkennen und die richtigen Maßnahmen für seine Portfolios zu treffen. Damit gehörte er zu den wenigen, die dank Absicherungsstrategien Gewinne verbuchen konnten. In seiner letzten Position als Leiter des Portfoliomanagements in einem Joint Venture zwischen der Credit Suisse und der ETH Zürich entwickelte Herr Peetz mit internationalen Wissenschaftlern erfolgreich Krisenindikatoren zur Portfoliosteuerung. Herr Peetz ist Autor zahlreicher Fachpublikationen zum Thema Vermögensmanagement. Er ist verheiratet, Vater von drei Kindern, und lebt mit seiner Familie in der Nähe von Zürich.

Unseren Eltern und unseren Kindern Fionn, Doran und Tristan sowie Julian, Lena und Laurenz, die einer sich rasant ändernden Zukunft entgegengehen.

 

Haftungsausschluss: Die Aussagen in diesem Buch spiegeln die persönlichen Ansichten und Meinungen der Autoren wider, sind rein didaktischer Natur und nicht als Finanzberatung oder Anlageempfehlung im Sinne des deutschen Wertpapierhandelsgesetzes zu verstehen. Vermögensanlagen in Aktien, Anleihen, Bankguthaben, Edelmetalle, Rohstoffe, andere Finanzprodukte und Immobilien sind mit beträchtlichen Verlustgefahren verbunden. Die historischen, aktuellen und zukünftigen Daten, die in diesem Buch enthalten sind, bieten keine Gewähr für künftige Renditen oder Erträge. Die Autoren geben keine Garantie für die Richtigkeit der Daten, Berechnungen und Aussagen. Eine Haftung für Schäden, die aus der Anwendung und Befolgung der in diesem Buch enthaltenden Informationen, Hinweise und Empfehlungen resultieren, wird nicht übernommen.

Inhalt

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

Die Autoren

Prolog

Kapitel 1: Ausgangslage: Aufstieg und Niedergang alter und neuer GroßMächte

1.1 Zeitenwende damals und heute

1.2 Die globale US-Vorherrschaft und ihre Herausforderer9

1.3 Am Wendepunkt

Kapitel 2: Wandel verstehen: Die Allgegenwart von Zyklen in der Natur und der Welt des Menschen

2.1 Zyklen in der Ökonomie und im Laufe der Geschichte

2.2 Unser Dasein wird geprägt von großen und unbeachteten Zyklen der Geschichte

2.2.1 Hegemoniezyklus

2.2.2 Ost-West-Zyklus

2.2.3 Zivilisationszyklus

Kapitel 3: Wandel meistern: Überblick verschaffen, Realitäten akzeptieren, Aktivitäten entwickeln

3.1 Der Blick in die Vergangenheit öffnet die Augen fürs Zukünftige

3.2 Ausblick: Wo stehen wir? Was kommt auf uns zu? Wie gehen wir damit um?

Zusammenfassung

Worüber handelt das Buch und was Müssen Sie wissen?

Anmerkungen

Zeitenwende und Vermögen. Chancen · Entscheidungen · Lebensqualität. Teil 1: Beständig ist allein der Wandel

Cover

Kapitel 1: Ausgangslage: Aufstieg und Niedergang alter und neuer GroßMächte

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Zeitenwende und Vermögen. Chancen · Entscheidungen · Lebensqualität. Teil 1: Beständig ist allein der Wandel

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Prolog

»Viele von uns fragen sich, wann sich die Dinge wieder normalisieren werden. Die kurze Antwort lautet: niemals. Nichts wird jemals wieder so sein wie zuvor. (…) Die Welt, wie wir sie in den ersten Monaten des Jahres 2020 kannten, gibt es nicht mehr, sie hat sich im Kontext der Pandemie aufgelöst. Es kommen derart radikale Veränderungen auf uns zu, dass manche Experten bereits von der Zeit ›vor Corona‹ (BC) und ›nach Corona‹ (AC) sprechen.«

Klaus Schwab/Thierry Malleret: Covid-19: Der große Umbruch (2020), S. 12. Klaus Schwab ist Gründer und geschäftsführender Vorsitzender des Weltwirtschaftsforums (WEF).

»The Global Zeitenwende. How to Avoid a New Cold War in a Multipolar Era.

The world is facing a ›Zeitenwende‹: an epochal tectonic shift. Russia’s war of aggression against Ukraine has put an end to an era. New powers have emerged or reemerged, including an economically strong and politically assertive China. In this new multipolar world, different countries and models of government are competing for power and influence.«

Olaf Scholz: The Global Zeitenwende. In: »Foreign Affairs« (Januar/Februar 2023).1

Es gibt bedeutende historische Umbruchszeiten, Tipping Points der Geschichte, Momente der Unumkehrbarkeit. Der Beginn der gegenwärtigen neuen 20er Jahre ist gleich aus mehreren Gründen so ein Moment: Die Corona-Pandemie und der russische Ukraine-Krieg, die erneute Spaltung in Ost und West samt Wirtschaftskrieg, Inflation und Weltwirtschaftskrise. Die Auslöser dafür scheinen klar. Doch die tieferen und langfristigen Ursachen für diese Entwicklung sind vielmehr in der Schwerpunktverlagerung der Weltwirtschaft nach Asien zu suchen, in der Verschiebung globaler Machtverhältnisse und auch im großen Schuldenzyklus, an dessen Ende wir angekommen sind. Diese brisante Gemengelange birgt das ungute Potenzial, durch eruptive Schockmomente, wie etwa ein Attentat à la Sarajewo oder das Zünden der Atombombe, die derzeit aufbrechenden Konflikte zu einem Flächenbrand ausarten zu lassen.

Wenn wir zeitlich weiter zurückgehen, entdecken wir schnell weitere dieser Kipp-Punkte historischen Ausmaßes: 9/11 etwa; der Moment, an dem die Welt den Atem anhielt und live miterlebte, wie zwei Flugzeuge in die Twin Towers in New York rasten. Alle, die dieses Ereignis miterlebten, wissen noch genau, wo sie sich damals aufhielten. Dieser Moment ist Teil jeder persönlichen Biographie geworden. Große historische Ereignisse und Situationen schreiben sich ein in die Weltgeschichte und betreffen ebenso jeden Einzelnen. 2001 änderte der Westen seine außenpolitischen Maxime und begann einen 20 Jahre währenden Krieg gegen den Terror in fernen Ländern und auch bei uns zu Hause.

Ein anderer historischer Umbruch ereignete sich 1989. Die große Weltpolitik kippte seinerzeit in eine neue Ordnung, Familien und ganze Staaten wurden wiedervereinigt und ungeahnte unternehmerische Chancen taten sich für die einen auf, während für die anderen Karrierehoffnungen zerplatzten und Weltbilder erodierten – vor allem im post-sowjetischen Raum. Kaum etwas wiegt so schwer im Denken des Menschen, wie der Verlust seines Selbstbildes, wenn Gewohntes oder Geliebtes wegbricht und sich lange Schlangen vor den wenigen Broten in den Bäckereien bilden oder auf den leeren Regalen der Schuhgeschäfte noch ganze drei paar Schuhe stehen. Schwere Wirtschaftskrisen, galoppierende Inflationsraten und Massenarbeitslosigkeit sind keine Phänomene ausschließlich früherer Zeiten, wie wir gerade erfahren.

Eine Zeitenwende stellt immer eine ungeheure Gefahr dar und ist gleichzeitig immer auch eine Riesenchance. Ist es Schicksal, ob wir in Umbruchzeiten zu Gewinnern oder Verlierern werden? Oder haben wir unser Schicksal selbst in der Hand? Es beginnt ganz still und unscheinbar im Kopf mit einer Entscheidung: Wer wollen wir sein? Um die besonderen Möglichkeiten in besonderen Zeiten wahrzunehmen zu können, sind ein Hinschauen und eine gewisse Flexibilität vonnöten sowie die Fähigkeit, unkonventionelle Entscheidungen treffen zu können.

Diese Fähigkeit bezeichnet die aristotelische Philosophie als »Vermögen«: Das Ausschöpfen von noch nicht genutzten Möglichkeiten und des tatsächlichen eigenen Potenzials, das sich in der bisherigen Konstellation des beruflichen und privaten Lebens noch nicht voll entfalten konnte. Wir glauben zu wissen, wer oder was wir sind – das ist vielleicht unser größter Irrtum, denn da ist noch weitaus mehr!

Zum »Vermögen« zählen wir somit nicht nur die materiellen und immateriellen Güter einer Person oder Familie, sondern auch die Fähigkeit zur eigenen Potenzialentfaltung; unter »Vermögenswahrung« verstehen wir den Erhalt des bisher Erreichten, wie auch seine Mehrung durch Entfaltung und Ausschöpfen des ganzen geschäftlichen und persönlichen Potenzials. Dabei ist es unerheblich, wie viel jemand bereits erreicht hat; wie viel er verdient, gespart, sich erarbeitet oder über sich selbst herausgefunden hat – immer finden wir weitere, bislang ungenutzte Potenziale in uns und um uns herum. Wir müssen nur ausreichend dazu angeregt werden, die sich bietenden Chancen durch unkonventionelle und bewusste Entscheidungen zu nutzen. Eine spezifische Form des Nonkonformismus ist eine Grundeigenschaft, um erfolgreich zu sein bei dem, was man macht – egal was es ist; nach Rainer Zitelmann ist es ein grundlegendes psychisches Charakteristikum von Hochvermögenden.2 Umbruchssituationen im Privatleben, in der Gesellschaft wie auch in der Weltpolitik bieten überaus zahlreiche Gelegenheiten, dass etwas Neues in unserem Leben erzeugt wird und in Erscheinung zu treten »vermag«.

Viele Menschen, genaugenommen die meisten, scheuen jedoch die Veränderung. Denn auch wenn der Mensch von Natur aus neugierig ist, zu neuen Ufern aufbrechen möchte und dabei erfinderisch ist, so schätzt er andererseits doch das Vertraute und das Beständige und hält sich gedanklich und materiell an vermeintlichen Sicherheiten fest. Dabei richtet sich sein Sinn zumeist auf das »Haben-Wollen«; auf das, was er erlangt hat und schützen will. Oder auf das, was er noch nicht hat, aber (vermeintlich) für sein Glück braucht. Immer ist er getrieben, sei es von seinem Bedürfnis, mehr haben zu wollen oder von seiner Angst, es wieder zu verlieren. Dies macht ihn anfällig und damit schwach in Zeiten der Veränderung. Ein umfassendes Bewusstsein vom eigenen »Vermögen« hingegen – also etwa von seiner »Fähigkeit«, Dinge beginnen und erschaffen zu können, dabei Erfahrungen zu sammeln und diese wiederholen zu können – schafft eine tiefe Zuversicht in das eigene Sein. Wieder errichten zu können, was verloren gehen kann, schafft eine nachhaltige Lebensqualität und ein Gefühl von Sicherheit, das kein Produkt aus dem Portfolio eines Versicherungsvertreters hervorrufen könnte.

Es ist ein signifikanter Unterschied, ob man aktiv eine neue Situation gestaltet oder passiv auf eine Veränderung reagiert. Aktivität erfordert ein Hinsehen und das Sammeln und Verarbeiten neuer Informationen; es ist dem Leugnen und dem Wegschauen vielfach überlegen. Dieses Buch versteht sich als Anregung, sich bewusst mit den heraufziehenden Veränderungen zu befassen und es kann als Ergänzung zum gegebenenfalls schon vorhandenen Informationsmanagement im Rahmen der »Asset Protection« verstanden werden. Es möchte dort Zusammenhänge und Entwicklungszyklen aufzeigen, wo tägliche Abendnachrichten und Briefings den Hergang und Prozessverlauf partikularisieren. So gesehen möchte das Buch eine Interpretationshilfe geben, um zu erkennen, wo man mit seiner persönlichen Lebenswirklichkeit im Gesamtsystem gesellschaftlicher, ökonomischer und politischer Veränderungen steht und wohin diese nach unserem Dafürhalten tendieren.

»Wandel« wird dabei, je nach Betrachtungsstandpunkt, unterschiedlich verstanden. Man kann darunter ganz allgemein und quasi synonym »Veränderungen« verstehen, wie etwa die sozialen und wirtschaftlichen Wandlungen beim Übergang von der Agargesellschaft über die Industriegesellschaft bis hin zur Digitalgesellschaft. Wandel kann aber auch als etwas Eigenes verstanden werden und die »Reaktion« einer Gesellschaft oder eines Menschen auf Veränderungen im Sinne Armin Nassehis bezeichnen:

»Veränderung entsteht nicht durch Wandel, sondern Wandel entsteht durch Veränderung.«

So verstanden, ist Wandel eine Antwort auf Krisen, wenn die Gesellschaft oder der Mensch gezwungen ist, seine Komfortzone zu verlassen und auf Veränderungen zu reagieren. Diese Reaktion kann dabei entweder unbewusst geschehen und den Entwicklungen gewissermaßen nachlaufen, sie kann aber auch bewusst erfolgen und die laufenden Veränderungen proaktiv nutzen und gestalten.3 Ersteres geschieht leider viel zu häufig, zu Letzterem möchten wir mit diesem Buch anregen. Und ganz gleich ob wir uns Dauerhaftigkeit oder Frieden in Bezug auf unsere persönlichen Umstände wünschen oder nicht, sind herausfordernde Veränderungen und damit auch der Wandel (ob bewusst oder unbewusst gestaltet) schlichtweg ein Faktum unserer Existenz auf diesem Planeten – denn beständig ist allein der Wandel.

Wir möchten uns daher in diesem 1. Teil von »Zeitenwende und Vermögen« mit bestimmten Prozessen der Veränderung bzw. des Wandels befassen und insbesondere zyklisch wiederkehrende Umbrüche in den Blick nehmen. Andere Zeiten haben das erlebt, was den meisten von uns bislang in den letzten fünfundsiebzig Jahren erspart blieb: Fundamentale politische und wirtschaftliche Umwälzungen sowie epochale Zeitenwenden. Und weil wir es noch nicht erlebt haben, fällt uns die Vorstellung schwer, dass sich derlei historisch Gravierendes auch zu unseren Lebzeiten ereignen könnte; dass wir bereits mittendrin sind.

Doch auch wenn viele davor gerne ihre Augen verschließen möchten, wird es dennoch geschehen. Denn auch unsere heutige Gesellschaft reiht sich auf dem großen Zeitstrahl ein in die normale Abfolge aus Werden und Vergehen sozialer Systeme wie zu allen Zeiten. Auch in unserer Zeit vermögen wir es noch nicht, von internationalen Rivalitäten und Streitigkeiten abzusehen, sondern forcieren sie stattdessen. Somit werden wir auch die Folgen dieser Streitigkeiten erfahren, wie schon Menschen früherer Epochen. Historischer Wandel ist eine Konstante. Ignorieren wir dies, ereilt uns der epochale Umbruch als »Schwarzer Schwan«. Nassim Nicholas Taleb bezeichnet damit scheinbar unvorhersehbare Ereignisse und Entwicklungen, die zwar unwahrscheinlich erscheinen, aber dennoch eintreten können.

Nur der Blick in die Vergangenheit vermag es, unsere Vorstellungskraft für noch nicht persönlich Erlebtes zu erweitern. Das ist ein erster wesentlicher Schritt zur mentalen Resilienz, also zur geistigen Widerstandskraft. Menschen haben bereits in früheren Zeiten die immensen Auswirkungen eines »Hegemoniewechsels« zwischen zwei globalen Mächten erfahren oder den Umbruch infolge des »Ost-West-Zyklus« und sogar auch das Ende von Zivilisationen erlebt (vgl. Kapitel 2.2). Auch wenn sich die großen historischen Umbruchsphasen im Detail selbstverständlich unterscheiden, so lassen sich abstrahiert doch auch strukturelle Ähnlichkeiten in ihrem grundsätzlichen Verlauf erkennen. Aus dem Geschehen der Vergangenheit lassen sich Lehren für das Hier und Jetzt ziehen. Mehr noch: Der Blick zurück gibt den Blick frei auf das, was vor uns liegt. Doch »wer die Vergangenheit vergisst, ist verdammt, sie zu wiederholen« (George Santayana).

Auf der Grundlage des vorliegendes Buches wenden wir uns dann im 2. Teil (»Zeitenwende und Vermögen: Chancen des Wandels«) den uns bevorstehenden Veränderungen in der Gesellschaft, Ökonomie und Weltpolitik zu. Unterschiedliche potenzielle Trendverläufe sind hier auszumachen. Die kommenden zehn Jahre werden sich grundlegend von den vergangenen sieben Dekaden unterscheiden; hier wird sich entscheiden, welche politischen Akteure die Geschicke der Menschheit prägen werden – und dies schließt selbstverständlich auch unsere persönlichen beruflichen und privaten Lebensumstände ein.

Derzeit deutet vieles darauf hin, dass wir einen klassischen globalen Hegemoniewechsel erleben, der zeitlich zusammenfällt mit einer neuen Industriellen Revolution (Industrie 4.0) und überdies parallel läuft mit der epochalen Verschiebung des globalen wirtschaftlichen und machtpolitischen Schwerpunkts nach Asien; also ein Wechsel im Ost-West-Zyklus wie zuletzt vor rund 500 Jahren.

Üblicherweise vollzogen sich die Hegemoniewechsel der Vergangenheit im Zuge global ausgetragener Kriege. Und mit Blick auf die aktuell grassierenden weltweiten politischen und militärischen Spannungen, kommt man nicht umhin, die Möglichkeit einzubeziehen, dass sich dieser Vorgang abermals wiederholen könnte. Doch die Welt ist heute komplexer und die Waffensysteme sind zerstörerischer geworden, so dass eine entfesselte hegemoniale Konfrontation – anders als in den vergangenen 500 Jahren – fundamentale Auswirkungen auf den heute erreichten zivilisatorischen Höhenkamm hätte. Das Ende eines »Zivilisationszyklus« ist keine Erfindung apokalyptischer US-Blockbuster, sondern ein mehrfach wiederholter Vorgang in der Menschheitsgeschichte – in Europa zuletzt am Ende der Antike um 500 n. Chr. und davor in der ausgehenden Bronzezeit um 1200 v. Chr.

Wie können wir darauf reagieren? Sollen wir den Kopf in den Sand stecken und lieber nicht hinschauen? Oder schicksalsergeben die Hände in den Schoß legen und behaupten, daran ohnehin nichts ändern zu können? Nicht gut! Denn es geht nicht nur um uns, sondern auch um das Leben und die Lebensbedingungen unserer Kinder. Welche Startbedingungen schaffen wir für sie? Wie bereiten wir sie auf solche Zeiten vor?

Anders ausgedrückt: Welche Chancen des Wandels und welche unterschiedlichen Optionen zur Vermögenswahrung im oben genannten Sinne können in dieser Zeitenwende mit ihren unterschiedlichen »Megatrends« und »METATRENDS« ausgemacht und genutzt werden? Wie gingen Menschen in früheren Zeiten mit historischem Wandel um? Es ist ausgesprochen interessant, die Gewinnerstrategien und den Generationentransfer erfolgreicher Familien und Unternehmen in früheren Phasen des Hegemoniewechsels oder beim Übergang in einen neuen Zivilisationszyklus zu studieren.

Zeiten historischen Umbruchs stellen ganz erhebliche mentale Belastungen dar. Dieser Umstand wird jedoch gemeinhin unterschätzt und daher vernachlässigt. Der 2. Teil behandelt somit auch die Mobilisierung eines persönlichen »Meta-Bewusstseins« für ein konstruktives und emotional intelligentes Umgehen mit Wandel.

Häufig bedingen falsche Entscheidungen in Stresssituationen fatale Konsequenzen, doch was subjektiv überhaupt als Stress wahrgenommen wird, ist nicht in Stein gemeißelt. Mentale Resilienz eginnt mit dem Verarbeiten wichtiger Informationen, geht jedoch auch weit darüber hinaus.

Wir müssen tief eintauchen in unser emotionales Selbst, um unbewusste innere Zeitbomben rechtzeitig zu entschärfen, bevor sie – entzündet von äußeren Extremereignissen – tief in uns explodieren und zu Handlungsunfähigkeit in der Krise führen. Mentale Resilienz stellt jedoch nur eine Zwischenstation dar zu dem, was Nassim Nicholas Taleb »Antifragilität« nennt: Die Bewusstwerdung und Potenzialisierung unseres unbewussten Selbst mobilisiert selbst dort verborgene Talente und Lebensqualität, wo andere lediglich eine katastrophale Entwicklung wahrnehmen: Wo die einen scheitern, vermögen andere zu wachsen. Es lohnt sich außerordentlich, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, wie sich dies selbst angesichts der im Buch behandelten Themen realisieren lässt.

Ferner stellt sich in Teil 2 die Frage, was wir unseren Nachfahren in einer veränderten Zeit hinterlassen wollen. Wie gestalten wir unser generationales Erbe und die Lebensbedingungen unserer Kinder, wenn wir bewusst den historischen Wandel in den Blick nehmen?

Wir werden einst zu den Ahnen unserer Nachfahren zählen. Es ist an uns Eltern, nicht nur die besonderen Herausforderungen der Gegenwart zu erkennen, sondern darüber hinaus auch die unbewussten emotionalen Belastungen aus unserer Kindheit und dem Leben unserer Vorfahren nicht ungewollt weiterzugeben an die nächste Generation.

Wenn es uns gelingt, ein Meta-Bewusstsein für diese Zusammenhänge zu entwickeln, kann ein bewusster und systematischer Generationentransfer von Werten und Erfahrungen geleistet werden. Vermögen wir es so, eine sich verbunden fühlende Generationenfolge zu gründen, erfährt unser lebenslanges Streben und Schaffen große Nachhaltigkeit und einen tiefen Sinn. Nach Erkenntnissen der Salutogenese-Forschung gibt es mehrere innere Faktoren mentaler Resilienz. Doch insbesondere tiefe »Sinnhaftigkeit«, die über das eigene Leben hinausreicht, überwindet alle Hindernisse, schaut selbst über schwere Krisenzeiten hinaus und entdeckt Potenziale für sich selbst und die Familie.

Ihnen hierfür Überblick, Hilfestellung und Impulse zu geben, ist uns ein großes Anliegen.

Zürich im Februar 2023

Boris Olschewski & Dietmar Peetz

Kapitel 1

Ausgangslage: Aufstieg und Niedergang alter und neuer Großmächte

1.1 Zeitenwende damals und heute

Fortschrittsgläubigkeit

Unsere Wahrnehmung gleicht der einer Eintagsfliege, wenn es um große gesellschaftliche und politische Veränderungsprozesse geht: Wir erkennen zwar die täglichen und quartalsmäßigen Schwankungen in ihrem Verlauf, doch die ganz großen Rahmenbedingungen erleben wir als unabänderliches Kontinuum: Die technologische Entwicklung unserer Zivilisation, aber auch die Vorherrschaft und kulturelle Dominanz der USA erscheinen uns immerwährend, denn wir sind damit aufgewachsen und sie ist zu einer Selbstverständlichkeit unseres Weltbildes geworden. Alles was sich davor zutrug, wie auch die Vergangenheit insgesamt, dient uns nur noch als Kulisse in Historienfilmen, betrifft uns aber (gefühlt) nicht wirklich in unserem alltäglichen Leben. In unserem Bewusstsein wabern Vorstellungen linearer Fortschrittsgläubigkeit, die sich vom Kutschenzeitalter über die Industrialisierung hin zu unserem gegenwärtigen Informationszeitalter ziehen und irgendwann in einer fortgeschrittenen Zukunft à la Star Trek münden. Doch es wird anders kommen! Es ist bislang immer anders gekommen.

Der Aufstieg und Fall von Zivilisationen und Hegemonien ist der historische Normalfall. Und im Hinblick auf aktuelle gesellschaftliche und internationale politische Spannungsfelder deutet nichts, aber auch gar nichts, darauf hin, dass wir die Autobahn des historischen Normalverlaufs verlassen haben sollten. Zwar hoffen wir darauf und prognostizieren ein kommendes Goldenes Zeitalter, in dem die Völker und Kulturen für immer friedlich miteinander leben und wir Krankheiten und das Klima in den Griff bekommen werden, doch auch in diesen visionären Wunschvorstellungen ähneln wir unseren Vorfahren: Über die Widrigkeiten der Gegenwart sollten schon immer Hoffnungen auf eine schönere Zukunft hinweghelfen.

Für alle diejenigen, die wichtige Entscheidungen für die Zukunft treffen müssen und eine realistische Sicht auf die Dinge bevorzugen, ist es notwendig, die Vorstellungen eines immerwährenden Kontinuums gegenwärtiger Rahmenbedingungen aufzubrechen: Um den Blick zu weiten für die Kontinuität des Wandels und den historischen Normalverlauf und um zu erkennen, an welcher Stelle der Entwicklung wir uns gerade befinden.

Dieser Verlauf ließe sich mit einem eigenen zeitlichen Maßstab am Schicksal der Römer, Maya und Ägypter veranschaulichen, doch je tiefer man in die entfernte Historie ausgreift, um ein Exemplum hervorzuziehen, desto schwerer fällt aufgrund der kulturellen Differenz die Übertragung auf die Gegenwart – und genau um diese geht es schließlich.

Betrachten wir also die Entwicklung einiger noch existierender Staaten, die allesamt einmal eine dominante hegemoniale (vorherrschende) Stellung in Hinblick auf Wirtschaftskraft, Innovation und politisch-militärische Macht innehatten, diese aber nach einer gewissen Zeit wieder verloren. Im Verlauf der ganzen Neuzeit (ab 1500 n. Chr.) konkurrierten mehrere potentielle Hegemonialmächte um die Vorherrschaft in Europa und der Welt und suchten einander zu übertrumpfen durch Heiratspolitik und Interventionismus, mit Eroberungen und in Kriegen. Ihr wechselnder Erfolg dabei lässt sich summarisch an der Stellung der Leitwährungen ihrer Reiche, also am Wechsel der Welthandelswährungen ablesen. Die Leitwährung bezeichnet eine Währung, die über nationale Grenzen und Währungsräume hinweg in bedeutendem Umfang als Transaktions-, Anlage- und Reservewährung genutzt wird. Etwa, wenn 1930 eine schwedische Werft in Hamburg Schiffspropeller bestellt und in US-Dollar bezahlt. Die heutige Vormachtstellung der US-Währung, die vielen derzeit unangreifbar und immerwährend erscheint und aktuell etwa 88% aller weltweiten Devisentransaktionen umfasst, nahm um 1900 noch das britische Pfund ein. Im 17. Jahrhundert war es der holländische Gulden, als die Niederlande in ihrem »Goldenen Zeitalter« die wirtschaftliche und kulturelle Vorherrschaft in der Welt innehatten. Dieser zyklische Wechsel der dominierenden Weltmächte samt ihren Währungen tritt umso klarer hervor, je weiter man den Betrachtungshorizont auf dem historischen Zeitstrahl ausdehnt.

Hegemonien und Welthandelswährungen im Laufe der letzten 500 Jahre. Quelle: KuR Research.4

Welthandelswährungen

Innerhalb der vergangenen fünf Jahrhunderte betrug die durchschnittliche Lebensdauer einer Welthandelswährung 95 Jahre, wobei der spanische Real und das britische Pfund mit 110 Jahren am längsten eine dominante Stellung einnahmen. Der Status einer Welthandelswährung steht in einem engen wechselseitigen Verhältnis zur jeweiligen hegemonialen Vormachtstellung eines Staates in politischer, militärischer, wirtschaftlicher, kultureller und technologischer Hinsicht. Eine Hegemonie strahlt über den Herrschaftsbereich ihrer staatlichen Grenzen hinaus und übernimmt die Führungsrolle in einem offenen System mit unterschiedlicher Reichweite und in vielen Dimensionen. Andere Akteure in diesem System besitzen nur eingeschränkte Möglichkeiten, ihre eigenen Vorstellungen und Interessen durchzusetzen. Wir erleben dies gerade aktuell. Der Leitwährungsstatus beschert der jeweils führenden Hegemonie ganz erhebliche wirtschaftliche und machtpolitische Vorteile.

So gelingt es etwa den USA, als Emittent der Weltwährung durch die Bereitstellung internationaler Dollar-Liquidität beträchtliche Geldschöpfungsgewinne zu realisieren oder mit Hilfe des Petrodollars außenpolitischen Druck auszuüben. Zudem besitzen die Vereinigten Staaten mit dem US-Dollar – wie alle Hegemonien mit Weltleitwährungen zuvor – das »exorbitante Privileg« (Valéry Giscard d’Estaing), sich exorbitant verschulden zu können, ohne fürchten zu müssen, dass sich Investoren von den USA abwenden. Denn der US-Dollar ist nicht nur das Geld der USA, sondern auch das der ganzen Welt. Alle Hegemonien haben stets reichlich Gebrauch von diesem speziellen Privileg gemacht. Und lange erscheint es stets so, als wäre die gegenwärtige Weltleitwährung wie auch die Stellung des aktuellen Hegemons zeit- und alternativlos. In diesem Irrtum unterscheiden sich die Menschen heute kaum von den Zeitgenossen früherer Jahrhunderte. Und doch ereigneten und ereignen sich Hegemoniewechsel. Immer wieder. Und die Phase des Übergangs verläuft in aller Regel alles andere als friedlich.

Hegemoniewechsel

Während ein »Herrschaftswechsel« (etwa 03.10.1990 DDR ⇨ BRD; 15.08.2021 Afghanistan) in der Regel nach einer vorbereitenden Phase an einem bestimmten Datum mit politischsymbolischen Akten vollzogen wird (Auswechseln der Hoheitszeichen, Publikation von Besitznahmeerklärungen etc.),5 erstreckt sich ein »Hegemoniewechsel« über einen längeren Zeitraum, in dem es in der Regel zu einem konkurrierenden Nebeneinander des bisherigen Hegemons und seines Herausforderers kommt.

Betrachten wir den letzten Hegemoniewechsel genauer (GB ⇨ USA), fällt auf, dass es auch dabei zu einer typischen, vielschichtigen und längeren Übergangsphase kam. Dies ist insofern relevant, als wir uns gerade aktuell in einer solchen Übergangsphase befinden. Großbritannien seinerseits beseitigte mit Napoleon

1815 seinen letzten ernstzunehmenden Gegner und entrollte im Laufe eines Jahrhunderts seine Hegemonie über die gesamte Weltkarte. Dabei übernahm das Empire die Rolle eines »Weltpolizisten« und erhob die »Pax Britannica« zur Staatsdoktrin. Das kommt uns heute ebenso bekannt vor, wie die Tatsache, dass die britische Außenpolitik davon geprägt war, andere Mächte in Konflikten gebunden zu halten und mittels einer führenden Finanz- und Wirtschaftspolitik auch in jene Staaten maßgeblich einzugreifen, die nominell eigenständig waren.

Diese hegemoniale Hoch-Zeit endete für Großbritannien mit Beginn des Ersten Weltkrieges 1914, obgleich sich die Machtausdehnung noch bis 1919 hinzog. Dies ist ein wichtiger Aspekt: Denn obwohl sich der Machtbereich noch ausdehnte und außenpolitische Rivalen (Deutsches Kaiserreich) erfolgreich niedergerungen werden konnten, setzte der Niedergang allmählich ein. Nach Amsterdam (17. Jh.) und London (19. Jh.) stieg nun New York im 20. Jh. zum führenden Finanzzentrum auf. Einschlägigen Untersuchungen zufolge überholte der US-Dollar das britische Pfund als führende Welthandelswährung Mitte der 1920er Jahre.6 Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs büßte das britische Pfund auf der Bretton Woods-Konferenz 1944 auch formal seine Funktion als dominante Welthandelswährung ein, als ein neues globales Währungssystem (Internationaler Währungsfonds und Weltbank) unter US-Führung errichtet wurde. Im Krieg verlor das Empire zudem in rascher Folge Gebiete in Ostasien und das Prestige als Kolonialmacht. Die Erkenntnis, dass Großbritannien nicht in der Lage war, das Empire zu verteidigen, alarmierte damals Australien und Neuseeland und führte zu einer Kooperation mit den Vereinigten Staaten und zum ANZUS-Abkommen im Jahre 1951. Der vollständig vollzogene Abstieg Großbritanniens zu einer Mittelmacht offenbarte sich schließlich in der Suezkrise 1956-57, als sich das Königreich außenpolitisch dem Druck der USA und der UdSSR beugen musste und eine Sterlingkrise forciert wurde.7 Und Mitte 1968 setzte dann die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (die internationale Zentralbank der Zentralbanken) das britische Pfund Sterling als bedeutende Reservewährung ab und degradierte das einst begehrteste Geld der Welt zu einer Währung zweiter Klasse.

Down Under

Nach 1991 verblieben die USA als einzige globale Hegemonialmacht und gebieten seither in der Rolle eines »Weltpolizisten« – wie andere Hegemonien zuvor – über Krieg und Frieden und regieren mit ihrer Finanz- und Wirtschaftspolitik seit vielen Jahrzehnten in andere Länder hinein. Wie sehr die US-Hegemonie dabei mittlerweile in die Jahre gekommen ist, veranschaulicht exemplarisch eine Studie aus Down Under: Australien ist (wieder einmal) alarmiert, weil der aktuelle Schutzpatron nicht im Stande sei, für Sicherheit in der Region zu sorgen. Eine Studie der University of Sydney (»Averting crisis: American Strategy, Military Spending and Collective Defence in the Indo-Pacific«, 2019)8 stellt fest, dass das US-Militär aufgrund der schieren Masse neuer chinesischer Präzisionsraketen mittlerweile höchst verwundbar sei und die militärische Überlegenheit der USA in der Region der Vergangenheit angehöre. Es scheint, als wiederhole sich mitunter die Geschichte.

1.2 Die globale US-Vorherrschaft und ihre Herausforderer9

Überschrittener Zenit

Wenn wir den Werdegang der US-Hegemonie genauer betrachten, lässt sich feststellen, dass zwischen 1914 und 1945 die Übernahme des Hegemonialmachtstatus erfolgte. Von 1945 bis Anfang der 1970er Jahre erlebte die US-Wirtschaft ihre Blütephase, die noch immer das USA-Bild in den Köpfen vieler Menschen prägt. Denn die hocheffiziente US-Kriegsindustrie wurde teilweise auf die Produktion von Konsumgütern umgestellt, wodurch günstige und hochwertige Konsumgüter in Massen auf den Markt strömten. Industrieregionen und Städte blühten exorbitant auf und die Welt staunte über den ersten Menschen auf dem Mond wie auch über Automobile, Kühlschränke, Farbfernseher und vieles mehr aus US-Produktion. Während die außenpolitische Machtausdehnung weiter expandierte, wurde jedoch der wirtschaftliche Zenit mit Ausbruch der ersten Ölpreiskrise 1973 überschritten. Der ehemalige »Manufacturing Belt« wandelt sich seither zum »Rust Belt« und bedeutende Industriestädte, wie etwa Detroit, begannen der Insolvenz entgegenzutaumeln. Doch der sowjetische Rivale konnte überwunden werden, die IT-Industrie boomte und Deregulierungen, Internationalisierung und unbegrenztes Fiatgeld übertünchte den Verfall der Fabriken, der Infrastruktur und auch der Gesellschaft. Während Produktionsstandorte nach Asien verlagert und die Reichen immer reicher wurden, erwachte der Mittelstand nach und nach aus seinem »American Dream« und fand sich in einer zunehmend gespaltenen Gesellschaft wieder. Spätestens mit Beginn der Anti-Terror-Kriege ab 2001 setzte der Niedergang ein.

PNAC

Der 1997 gegründete und hochkarätig besetzte Thinktank »Project for the New American Century« (PNAC) erkannte das nahende Ende des US-amerikanischen Jahrhunderts und überlegte in einem Papier im September 2000, dass die Fortführung der amerikanischen Hegemonie nur durch eine revolutionäre militärische Transformation samt umfangreicher Budgeterhöhung geschehen könne. Dies sei jedoch ein langwieriger Prozess, »da kein katastrophales und katalysierendes Ereignis vorliegt – wie bei einem neuen Pearl Harbor« (»Rebuilding America's Defenses: Strategies, Forces, And Resources For a New Century«, S. 51).10 Ob Zufall oder nicht: Exakt ein Jahr später wiederholte sich diesbezüglich tatsächlich die Geschichte am 11. September 2001 und die Vereinigten Staaten führten lange Kriege bis zur Erschöpfung. Die Phase des Niedergangs der US-Hegemonie seit 2001 lässt sich unter anderem an der Entwicklung des Goldpreises in USD ablesen – der Plan des Jahres 2000 scheint nicht aufgegangen zu sein.