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Beschreibung

Die Zeitschrift für Medienwissenschaft steht für eine kulturwissenschaftlich orientierte Medienwissenschaft, die Untersuchungen zu Einzelmedien aufgreift und durchquert, um nach politischen Kräften und epistemischen Konstellationen zu fragen. Sie stellt Verbindungen zu internationaler Forschung ebenso her wie zu verschiedenen Disziplinen und bringt unterschiedliche Schreibweisen und Textformate, Bilder und Gespräche zusammen, um der Vielfalt, mit der geschrieben, nachgedacht und experimentiert werden kann, Raum zu geben. Heft 18, Medienökonomien, widmet sich den Fragen der Ökonomie, von denen die Theorietradition der Medienwissenschaft auf vielfältige Weise durchwirkt ist. Die Bandbreite der Beiträge reicht von Argumentationsfiguren, dass wirtschaftliches Handeln und ökonomische Strukturen die Lage mitbestimmen, in die Medien uns versetzen, über die kritische Theorie, die Cultural Studies, die Filmwissenschaft sowie historische und volkswirtschaftliche Perspektiven. Das Heft wird herausgegeben von Monika Dommann, Vinzenz Hediger und Florian Hoof.

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Seitenzahl: 419

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EDITORIAL

Medienwissenschaft zu betreiben bedeutet immer auch, sich zu fragen, was die Voraussetzungen und Bedingungen der eigenen Forschung sind. Die Medialität von Dingen und Ereignissen wird häufig erst in der Beschäftigung mit ihrer Theorie und Geschichte, ihrer Technik und Ästhetik freigelegt. In diesem Sinne betreibt die ZfM eine kulturwissenschaftlich orientierte Medienwissenschaft, die Untersuchungen zu Einzelmedien aufgreift und durchquert, um nach politischen Kräften und epistemischen Konstellationen zu fragen.

Unter dieser Prämisse sind Verbindungen zu internationaler Forschung ebenso wichtig wie die Präsenz von Wissenschaftler_innen verschiedener disziplinärer Herkunft. Die ZfM bringt zudem verschiedene Schreibweisen und Textformate, Bilder und Gespräche zusammen, um der Vielfalt, mit der geschrieben, nachgedacht und experimentiert werden kann, Raum zu geben.

Jedes Heft eröffnet mit einem SCHWERPUNKTTHEMA, das von einer Gastredaktion konzipiert wird. Unter EXTRA erscheinen aktuelle Aufsätze, die nicht auf das Schwerpunktthema bezogen sind. DEBATTE bietet Platz für theoretische und/oder (wissenschafts-)politische Stellungnahmen. Die Kolumne WERKZEUGE reflektiert die Soft- und Hardware, die Tools und Apps, die an unserem Forschen und Lehren mitarbeiten. In den BESPRECHUNGEN werden aktuelle Veröffentlichungen thematisch in Sammelrezensionen diskutiert. Die LABORGESPRÄCHE setzen sich mit wissenschaftlichen oder künstlerischen Forschungslaboratorien und Praxisfeldern auseinander. Von Gebrauch, Ort und Struktur visueller Archive handelt die BILDSTRECKE. Aus gegebenen Anlässen konzipiert die Redaktion ein INSERT.

Getragen wird die ZfM von den Mitgliedern der Gesellschaft für Medienwissenschaft, aus der sich auch die Redaktion (immer wieder neu) zusammensetzt. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich an der ZfM zu beteiligen: (1) die Entwicklung und redaktionelle Betreuung eines Schwerpunktthemas, (2) die Einreichung von Aufsätzen und Reviewessays für das Heft und (3) von Buchrezensionen und Tagungsberichten für die Website. Die Veröffentlichung der Aufsätze erfolgt nach einem Peer-Review-Verfahren. Alle Beiträge sind im Open Access verfügbar. Auf www.zfmedienwissenschaft.de befinden sich das Heftarchiv, aktuelle Besprechungen und Beiträge in den Web-Extras, der Gender-Blog sowie genauere Hinweise zu Einreichungen.

ULRIKE BERGERMANN, DANIEL ESCHKÖTTER, PETRA LÖFFLER, KATHRIN PETERS, FLORIAN SPRENGER, STEPHAN TRINKAUS, THOMAS WAITZ, BRIGITTE WEINGART

INHALT

Editorial

MEDIENÖKONOMIEN

MONIKA DOMMANN/VINZENZ HEDIGER/FLORIAN HOOF

Medienökonomien Einleitung in den Schwerpunkt

MICHAEL HUTTER

Wertung in Medienwirtschaft und Medienökonomien

ANNE SCHREIBER

Organisation durch Kommunikation Medien des Managements in den USA Anfang des 20. Jahrhunderts

ARMIN BEVERUNGEN

‹Kognitiver Kapitalismus›? Nichtbewusste Kognition und Massenintellektualität

LISA CONRAD/TIMON BEYES

Mischverhältnisse Zur Beziehung von Medien- und Organisationstheorie

JENS SCHRÖTER

Das Geld und die Medientheorie

JASON POTTS im Gespräch mit VINZENZ HEDIGER

Die vierte Regierungstechnologie Über Blockchain

BILDSTRECKE

JULIA AMBROSCHÜTZ vorgestellt von MONIKA DOMMANN und FLORIAN HOOF

Der Rest ist Papier: mediale Infrastrukturen der Finanzmärkte

LABORGESPRÄCHE

THOMAS SCHMICKL im Gespräch mit JAN MÜGGENBURG und MARTIN WARNKE

Perverse Bienen Artificial Life und der Apfel der Erkenntnis

MAREN GRIMM/OLIVER LEISTERT und SIRI KEIL im Gespräch mit ULRIKE BERGERMANN

Die Formatfrage stellen Das alternative MedienzentrumFC⚡MC zum G20-Gipfel

EXTRA

WENDY HUI KYONG CHUN

Queerying HomophilyMuster der Netzwerkanalyse

MISHA KAVKA

Trump, Fernsehen und das neue Camp

JOHANNES SALIM ISMAIEL-WENDT

Richt-MikrofoneGutachten zu Fragen nach möglicher «sonischer Segregation» im sogenannten NSU-Prozess

DEBATTEN

Für gute Arbeit in der Wissenschaft – Teil V

ELISABETH MAGDLENER Crip Time

DORIS ARZTMANN K_eine Zeit

KODEX FÜR GUTE ARBEIT IN DER MEDIENWISSENSCHAFT

WERKZEUGE

STEFAN RIEGER

Prof. Über Beratungsresistenz

TILL A. HEILMANN

Literaturverwaltungsprogramme und ‹Privatstile› Ein Vorschlag zur freiwilligen Selbstkontrolle

BESPRECHUNGEN

ELISA LINSEISEN Werden/Weiter/DenkenRekapitulation eines Post-Cinema-Diskurses

AUTOR_INNEN

BILDNACHWEISE

IMPRESSUM

MEDIENÖKONOMIEN

Screenshot aus: The Roaring Twenties, Regie: Raoul Walsh, USA1939

MEDIENÖKONOMIEN

Einleitung in den Schwerpunkt

I.Medien versus Ökonomie? Eine Bestandsaufnahme

Die deutsche Medienwissenschaft hielt es mit dem Geld lange so wie das Schweizer Bürgertum: Darüber wurde nicht gesprochen. Wohl galt, dass Medien unsere Lage bestimmen. Im Unbestimmten blieb aber, dass Medien nicht einfach nur tüftelnd und bastelnd, quasiparthogenetisch zur Welt gebracht werden oder autopoetisch emergieren, sondern auch ihren Preis haben. Ein Gastrecht genoss die Ökonomie dort, wo an der Schnittstelle zwischen Literatur- und Medienwissenschaft die Frage nach einer Poetik des homo oeconomicus gestellt1 oder wo die Warenzirkulation als Modell der Zirkulation von Zeichen verstanden wurde.2 Die Erweiterung eines Ansatzes, der nach der kulturellen Semantik der modernen Ökonomie fragt, führte allerdings rasch zu Missverständnissen zwischen der Medien- und der Wirtschafts- und Sozialgeschichte, die sich in gegenseitigen Unzuständigkeitserklärungen verfestigten.3

In einem Moment, in dem die Bewirtschaftung medialer Kommunikation traditionelle Wirtschaftsbereiche an Wachstum und Dynamik bei weitem übertrifft und teilweise substituiert, in einem Moment also, in dem Ökonomie immer mehr zur Medienökonomie wird, stellt sich die Frage nach dem Verhältnis von Medien und Ökonomie, und von Medienwissenschaft und Ökonomik bzw. Mediengeschichte und Wirtschaftsgeschichte, gerade auch jenseits neuerer Studien zur kulturellen Semantik des Ökonomischen4 noch einmal neu. Es geht in diesem Sinne im Folgenden um eine Bestandsaufnahme und ein Erproben unterschiedlicher Ansätze der Modellierung des Verhältnisses von Ökonomie und Medien. Den Umriss einer Bestandsaufnahme soll diese Einleitung leisten, Beiträge zum Erproben möglicher Modellierungen bietet der Schwerpunkt selbst.

Zunächst die Bestandsaufnahme: Ein Forschungsfeld mit dem Titel «Medienökonomien» gibt es schon länger, ebenso wie vereinzelte Professuren mit entsprechenden Denominationen. Diese sind in der Regel in kommunikationswissenschaftlichen oder soziologischen Instituten angesiedelt. Im Fokus dieser Forschung stehen dabei die sogenannten Massenmedien und insbesondere die Besitzverhältnisse von Medienunternehmen wie Zeitungsverlagen, Fernsehsendern oder Filmstudios. Who owns the media? ist der Titel einer viel zitierten Studie des Ökonomen Andrei Shleifer und seiner Forschungsgruppe, die weltweit die Besitzverhältnisse von Leitmedien untersucht und zu dem Schluss kommt, dass sich diese überwiegend in Regierungs- und Familienbesitz befinden und die Besitzer_innen erstaunlicherweise nur bedingt von reinen Profitmotiven getrieben sind.5Who owns the media? ist auch der Titel eines gemeinsamen Forschungsprojektes von Benjamin Compaine und Douglas Gomery, das Konzentrationsprozesse in den Massenmedien rekonstruiert.6Medien-Macht und Massen-Wirkung lautet der Titel eines Kompendiums zur Struktur der Kulturindustrien des Soziologen Dieter Prokop, das zugleich die Reichweite und die Einschränkungen dieses Ansatzes benennt: Massenmedien werden von Prokop im Sinne der klassischen Kommunikationsforschung als Machtinstrumente mit messbaren Wirkungen verstanden und die Besitzverhältnisse von Medienunternehmen liefern den Schlüssel zur Analyse gesellschaftlicher Macht.7 So unverzichtbar die Offenlegung solcher Strukturen ist: Dass Macht das Subjekt nicht einfach von außen trifft, sondern dieses durchquert, und dass und auf welche Weise Medien an einer solchen Mikropolitik der Macht Anteil haben, kommt in diesen Ansätzen nicht zur Sprache, ebenso wenig wie es Raum für die Frage gibt, ob das Verhältnis von Medien und Ökonomie noch anders zu denken wäre als nur in Begriffen von Eigentumsverhältnissen von Unternehmen. Zudem tragen solche Ansätze der Medienökonomieforschung nicht der Tatsache Rechnung, dass Medien nicht nur in Medienunternehmen, sondern in allen Unternehmen vorkommen.

Forschungsansätze, die Medien als konstitutive Faktoren von Wirtschaftsordnungen auffassen, haben sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten aus der Managementtheorie, der Wirtschafts- und Sozialgeschichte und auch aus der Medienwissenschaft heraus entwickelt. Die medienwissenschaftlichen Arbeiten erweitern dabei Ansätze, die an der Schnittstelle von Wissenschafts- und Mediengeschichte nach der konstitutiven Funktion von Medien für wissenschaftliches Wissen fragen, und wenden diese auf den Zusammenhang von Medien und Ökonomie an.8 Dieser economic turn versteht wirtschaftliche Prozesse nicht mehr nur als eine Nebenbedingung medialer Bedeutungsproduktion und als Anwendungsfeld der Film- und Medientheorie, sondern als eine grundsätzliche Dimension, die es in ihrer Spezifität zu untersuchen und für die es neue interdisziplinäre Konstellationen und neue methodische Zugänge zu etablieren gilt. Daraus ist ein Strang der Film- und Mediengeschichte hervorgegangen, der sich mit wirtschaftlichen Prozessen auseinandersetzt und Überlappungen zur Wissens- und Unternehmensgeschichte aufweist. Im Hintergrund stehen dabei Ansätze wie die von JoAnne Yates und James R. Beniger entwickelten wirtschaftshistorischen Perspektiven auf Kommunikation und Kontrolle,9 Jan-Otmar Hesses Studie über das Postsystem als Wirtschaftsmedium,10 der von Adam Tooze entwickelte historische Zugang auf statistische Verfahren,11 Elspeth H. Browns Analyse von Medien als Teil der «corporate culture»,12 sowie kulturhistorische Perspektiven auf Wirtschaft, Industrialisierung und Rationalisierung.13 In der Filmwissenschaft nahm die Industriefilmforschung den Gebrauchsfilm als Element und Faktor wirtschaftlicher Logiken und Funktionssysteme in den Blick.14 Daran und an Ansätze aus der Wirtschaftsgeschichte anknüpfend, die sich explizit mit der visuellen Kultur von Wirtschaftsorganisationen und dem Management auseinandersetzten,15 etablierte sich in den letzten Jahren ein neues Feld medienökonomischer Forschung. Dieses verengt den Horizont nicht auf Medienunternehmen und eine reduktive Konzeption von Macht, sondern analysiert den generellen Stellenwert medialer Prozesse, Apparaturen und Standards innerhalb wirtschaftlicher Zusammenhänge. Namentlich verbindet sich hier Medienforschung mit Ansätzen der Science Studies zu einem Konzept der historisch epistemologischen Medienwirtschaftsforschung, die sich anschlussfähig an Disziplinen wie die Sozialtheorie, Wirtschaftsgeschichte und -soziologie zeigt.16

Die Anschlussmöglichkeiten sind dabei reich an der Zahl. In der Wirtschaftsgeschichte, der Wirtschaftssoziologie und der Kulturanthropologie sind in den letzten Jahren vermehrt die kulturtechnischen Faktoren der Mechanisierung, Automatisierung und Digitalisierung sowie die Verflechtungen von Infrastrukturen und ökonomischen Organisationsstrukturen studiert worden. Der Begründer der Unternehmensgeschichte Alfred D. Chandler stellt bereits 1977 den Zusammenhang zwischen dem Aufbau des Eisenbahn-, Telefon-, Post- und Telegrafennetzwerkes und der Emergenz des Managements her, das er als jene «visible hands» bezeichnet, die in den neu entstehenden Firmenstrukturen ab der Mitte des 19. Jahrhunderts neue Koordinationsaufgaben übernehmen.17 Die räumliche Ausdehnung der Telegrafie mittels Verbindungs- und Anschlussleitungen und die Aufrechterhaltung der Geschwindigkeit des Nachrichtentransfers bedurfte der Kooperation und schuf zugleich eine organisatorische Grundlage für Preisabsprachen und Monopolstrukturen. Der Aufbau von Informationsnetzen und die Globalisierung der Finanzmärkte verlaufen symbiotisch, was sich beispielsweise darin zeigt, dass die interkontinentalen Seekabel aufgrund der hohen Preise hauptsächlich für Börsennachrichten verwendet wurden. Aus der zeitlichen Diskrepanz zwischen dem Eintreffen der Informationen über Warentransporte und dem Eintreffen der Waren selbst ergaben sich dabei neue Spielräume für Spekulation. Der Telegraf schuf den sogenannten Informationsvorsprung, und beflügelte damit die Entstehung zahlreicher kapitalistischer Praktiken wie den Terminhandel. Im gegenwärtigen computerisierten Hochfrequenzhandel (high-frequency trading, HFT) sind die materielle Beschaffenheit der Kabel und die Geodäsie zu zentralen Faktoren für dessen Geschwindigkeit avanciert.18 Die kürzeste Route der Kabel zwischen zwei Punkten wird zum Handelsvorteil. Mit seiner Erforschung des HFT führt Donald MacKenzie das für medienökonomische Fragen unmittelbar einschlägige Unterfangen einer Finanzsoziologie fort, das er zusammen mit dem ANT-Theoretiker Michel Callon begründet hatte.19 Das zentrale Argument ist dabei zum einen, dass die Ökonomik als Wissenschaft die Wirtschaft nicht einfach beschreibt, sondern selbst konstitutiv mitgestaltet, sie sei «an engine not a camera», wie es MacKenzie mittels eines zweckentfremdeten Zitats Milton Friedmans auf den Punkt gebracht hat.20 Und zum anderen, dass das Zusammenspiel von kognitiven Leistungen (beispielsweise mathematische Modellierung) und technischen Artefakten (insbesondere Computer und Kommunikationstechnologien) die Finanzmärkte bestimmt.

Ähnlich wie seit geraumer Zeit die Wissenschaftsgeschichte zu einem produktiven Feld für die Medientheorie und -geschichte geworden ist, scheinen ferner nun auch die wissenshistorisch angelegte Wirtschaftsgeschichte, die Wirtschaftswissenschaften und die Sozial- und Organisationstheorie zu einem solchen vielversprechenden Pol zu werden. In diesen Zusammenhängen entwickelten sich neue interdisziplinäre Perspektiven auf Medienökonomien, mit denen es zunehmend gelingt, bislang unterbelichtete epistemologische Strukturen und Handlungszusammenhänge in den Blick zu nehmen, etwa die soziale Funktion von paper work in der kapitalistischen Schuldenökonomie,21 den Einfluss rechnergestützter Extrapolationen auf Statistik und Prognostik oder die Rolle von Medientechniken für die Etablierung und Veränderung von Märkten, beispielsweise die Funktion des stochastischen Modells für Finanzmärkte, des Elektrozählers in Strommärkten,22 die Rolle des Börsentickers23 oder der Finanzanalyst_innen24 für die Finanzmärkte. Zu diesem Themenspektrum zählt nicht zuletzt auch die Relevanz von Medien im Bereich des Organisationshandelns, etwa in der Bürokratie des Sozialstaats oder von Großunternehmen. Informations- und Kommunikationstechnologie fungiert dort als Infrastruktur, standardisiert und prozessiert Daten, setzt diese in visuelle Oberflächen um, etwa in der Form von «decision-environments» wie «chart-rooms» bei der Steuerung von Großunternehmen,25 der Simulation volatiler Absatzmärkte oder bei der Beratung von Unternehmen und staatlichen Behörden. Medienökonomien stellen sich so weniger als nebensächlich in Bezug zu Technik, zu Kultur oder Sozialem heraus, sondern erscheinen als eine epistemologische Bedingung, die sich neben grundsätzliche mediale Kategorien wie ‹Übertragen›, ‹Speichern› und ‹Prozessieren› einordnen lässt.

Die Wirtschaftswissenschaft selbst hat sich zuletzt vermehrt der Frage der Medien zugewandt. Jenseits der bereits skizzierten, soziologisch orientierten Ansätze der Medienökonomie werfen mediale Bedeutungsproduktion und mediale Kommunikation für die Wirtschaftswissenschaft eine Reihe von grundlegenden Problemen auf. Medienprodukte sind Informationsgüter und zeichnen sich durch Merkmale aus, die sie von herkömmlichen Gütern unterscheiden. Weder an Ressourcen für Informationsgüter noch an diesen selbst herrscht jemals Knappheit: Von einhundert Drehbüchern wird in Hollywood eines verfilmt, und der resultierende Film konkurriert mit jährlich 600 amerikanischen, 1.500 indischen, 1.000 nigerianischen und 700 europäischen Filmen um die Aufmerksamkeit des Publikums. Fertige Medienprodukte dienen zugleich als Input für die Herstellung neuer Medienprodukte, sei es als Referenz, Vorlage oder Inspiration. Die Herstellung von Informationsgütern verläuft so in «Informationsspiralen», wie es Michael Hutter nennt.26 Zugleich sind Medienprodukte Gegenstand extremer Ungewissheit. Neoklassische Marktmodelle gehen von vollständiger Information aus: Alle Markteilnehmer_innen wissen alles, was sie wissen müssen, um in einer Transaktion den Preis der Ware korrekt bestimmen zu können. Die Auseinandersetzung mit dem Gebrauchtwagenhandel führte George Akerlof in den 1960er Jahren zur Einsicht, dass in manchen Märkten asymmetrische Information herrscht: Ob ein Gebrauchtwagen überhaupt noch etwas taugt, weiß zum Beispiel besser, wer ihn anbietet, und nicht, wer ihn kauft. In Märkten für Informationsgüter nun herrscht symmetrische Ignoranz,27 oder wie es der Drehbuchautor William Goldman einmal formulierte «Nobody knows anything.»28 Das Publikum weiß nicht, worauf es sich einlässt, und die Produzent_innen wissen nicht, ob es für ihre Angebote ein Publikum gibt. Weil die eigene Ungewissheit nicht zu überwinden ist, orientieren sich Medienkonsument_innen an den Präferenzen anderer Leute und schauen sich Programme und Formate an, die bereits erfolgreich sind. Die Mehrheit der Angebote bleibt aber ohne Resonanz; 80 Prozent aller Filme sind Flops, während die verbleibenden 20 Prozent für 80 Prozent aller Einnahmen sorgen. Mit Verweis auf die spezifische Gütercharakteristik von Medienprodukten erklärt die Wirtschaftswissenschaft zunächst die Organisationsformen ihrer Produktion. So werden Filme vorzugsweise von großen Studios mit globalen Verleihorganisationen in Portfolios produziert. Der globale Verleih multipliziert die Publikumskontakte und damit die Erfolgschancen, das Portfolio erlaubt die Verteilung der Risiken auf ein ganzes Bündel von Filmen, unter denen statistisch gesehen einige Hits sein werden. Ferner werden Medienprodukte zum großen Teil unter Vertragsbedingungen von Teams hergestellt, die nur projektweise zusammenkommen.29 So ging Hollywood bereits in den 1950er Jahren zu einem Laboratorium der flexiblen Spezialisierung über, ein Vierteljahrhundert vor der Automobilindustrie, zumal im Zuge der Emergenz des Internets die Einsicht wuchs, dass Wertschöpfung in Märkten für Informationsgüter in Netzwerken stattfindet.30 Soziale Netzwerke sind Märkte, wie Jason Potts, John Hartley, Stuart Cunningham und Paul Ormerod darlegten, und mehr noch: Die Teilnahme an diesen Informationsmärkten ist eigentlich die relevante Produktionsform in den sogenannten creativeindustries.31 Jason Potts legt im Gespräch in diesem Schwerpunkt dar, dass sich ein neues Modell abzeichnet, wie die Aufmerksamkeit des Publikums an Werbekunden verkauft werden kann: Der dominante Geschäftsplan von Medienunternehmen von TV bis Facebook wird durch einen ersetzt, bei dem Inhalt und Interesse ohne Vermittlung durch ein Unternehmen zueinander finden. Das Publikum wird dabei für sein Interesse direkt entlohnt.

Das hier skizzierte heuristische Potenzial einer Verschränkung von medienwissenschaftlichen mit wirtschaftswissenschaftlichen, wirtschaftssoziologischen, organisationstheoretischen und wirtschaftshistorischen Ansätzen will der vorliegende Schwerpunkt mit einer Reihe von Beiträgen erproben, die den Umriss eines neuen Forschungsfeldes der Ökonomie mit einem medienwissenschaftlichen Schwerpunkt liefern können.

II.Beiträge des Schwerpunkts

MICHAEL HUTTER bestimmt in seinem Eingangsbeitrag die Eigenheiten von Medienwirtschaft und Medienökonomien am Leitfaden des Konzepts der Wertung. Den Ausgangspunkt bildet die Beobachtung, dass sich Medienprodukte von anderen Produktformen dadurch unterscheiden, dass an ihnen kein Mangel herrscht, was wiederum die Frage aufwirft, wie Wertungsvorgänge in der Medienwirtschaft ablaufen. Dazu greift er auf den systemtheoretischen Begriff der Koppelung loser Elemente zurück. Medienwirtschaft bestimmt er als Verschränkung der Kommunikation im Transaktionsmedium Geld mit der Kommunikation über Inhalte in unterschiedlichen Trägermedien oder Kanälen. Den Horizont seiner Untersuchungen bildet dabei die Feststellung, dass unter den Bedingungen der Digitalisierung regional getrennte «Mediennetze» zu einem globalen Netzwerk zusammengeschaltet worden sind, was wiederum weitreichende Konsequenzen für die unterschiedlichen Wertungsvorgänge hat. Er macht damit eine Auseinandersetzung mit medienökonomischen Problemlagen aus Sicht einer Soziologie der Wertung anschlussfähig für im engeren Sinne medienwissenschaftliche Ansätze.

Aus einer wissens- und medienhistorischen Perspektive untersucht ANNE SCHREIBER die zwischen 1924 und 1932 bei General Electrics durchgeführten Hawthorne-Experimente. Forscher der Harvard Business School beschäftigten sich dabei in psychologischen Experimenten mit der Bedeutung von sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz. Schreiber stellt die dort verwendeten Visualisierungsverfahren in den Mittelpunkt und beschreibt diese als Instrumente für eine in der Entwicklung begriffene Managementlehre, bei der sich die Kontrolle von der körperlichen Disziplinierung hin zur Steuerung und Gestaltung des sozialen Raums verlagert. Damit schließt sie an bereits bestehende Forschung zu Medien des Managements an und ergänzt diese mit einer Fallstudie zu Management von sozialen Beziehungen.

In seinem Beitrag zum kognitiven Kapitalismus beschäftigt sich ARMIN BEVERUNGEN mit dem algorithmischen Hochfrequenzhandel der Finanzmärkte, mit teil-automatisierten Managementsystemen in Unternehmen und mit plattformbasiertem algorithmischem Management. An diesen Beispielen legt er seine These dar, dass gegenwärtiges wirtschaftliches Handeln nicht nur von kognitiver menschlicher Arbeitskraft abhängt. Digitale Medientechnologien, so seine Argumentation, unterstützen diese nicht nur, sondern besitzen selbst kognitive Kapazitäten, die sich profitabel einsetzen lassen. Dies führe zu einer Veränderung des kognitiven Gefüges von Märkten, Organisationen und Management. Im Gegensatz zu post-operaistischen Positionen, die den kognitiven Kapitalismus wieder verstärkt an die Arbeitskraft gebunden sehen, argumentiert Beverungen, dass die kognitiven Kapazitäten digitaler Medientechnologien wirtschaftliche Interessen unabhängiger von kognitiver Arbeitskraft machen.

TIMON BEYES und LISA CONRAD untersuchen die Mischverhältnisse zwischen Medien- und Organisationstheorie. Sie argumentieren für einen prozesstheoretisch formierten Organisationsbegriff, der Organisationen als ein Gefüge heterogener soziotechnischer Ordnungsprozesse versteht. Diesem stellen sie einen logistisch gedachten Medienbegriff zur Seite, der Medien als technologische Bedingung für die Organisation von Zeit, Raum und Macht begreift. Mit dieser Kombination, so ihr Argument, lässt sich der Wandel von Medien- und Organisationsverhältnissen beschreiben und analysieren.

JENS SCHRÖTER begibt sich auf eine Spurensuche der Zusammenhänge zwischen Geld- und Medientheorie und widmet sich in seinem Beitrag der Frage, was die Medientheorie zur Diskussion über das Geld beitragen könnte, was andere mit Geld befasste Disziplinen (Wirtschaftswissenschaft, Soziologie, Politische Theorie, Philosophie) nicht leisten können. Schröter sieht in der Geschichte der Debatten um Geld Medientheorien avant la lettre und plädiert entgegen einseitig zeichentheoretischer Vorstellungen von Geld für eine Betrachtung der Waren als Speichermedien für Informationen, als Zeichen für ihren Wert.

JASON POTTS erörtert schließlich im Gespräch mit VINZENZ HEDIGER seine These, dass die Blockchain-Technologie nach dem Staat, der Firma und dem Markt die vierte große Regierungstechnologie der Geschichte darstellt. Mit ihren dezentralisierten Techniken der Identifikation und der Vertrauensproduktion könnten Blockchains in allen Bereichen des Wirtschaftens, aber auch der politischen Organisation Transaktionskosten signifikant herabsetzen und damit effiziente Substitute für bestehende Protokolle des Regierens schaffen. Blockchain hat das Potenzial, die Wertschöpfungsketten von traditionellen Firmen auseinanderzubrechen und wichtige Funktionen der Verifikation und der Dokumentation von Identitäten und Eigentumstiteln zu übernehmen, die bislang von klassischen Bürokratien geleistet werden. Insbesondere im Bereich der Medien und der sozialen Netzwerke sind von Blockchain signifikante Umbrüche zu erwarten, etwa durch neue Transaktionsformen für Aufmerksamkeit. Die Hauptgefahr besteht darin, dass Unternehmen und Regierungen die Potenziale von Blockchains absorbieren und damit neutralisieren.

An den Schwerpunkt schließt eine gemeinsam von JULIA AMBROSCHÜTZ, MONIKA DOMMANN und FLORIAN HOOF konzipierte Bildstrecke an. Unter dem Titel «Der Rest ist Papier: Mediale Infrastrukturen der Finanzmärkte» nähert sie sich der Spekulationsarbeit an der Börse als ein filmisch schwer darstellbares Sujet. Filmstills, entnommen aus Börsen- und Spielfilmen der 1920er bis 1980er Jahre, werfen ein Schlaglicht auf die gebräuchlichen Visualisierungsstrategien von Börsengegner_innen wie -befürworter_innen. Wegen der Unsichtbarkeit der Spekulation rücken die Akteur_innen, Infrastrukturen und Medien wie der Börsenticker oder das Handeln mit Papier in den Mittelpunkt und prägen so die gesellschaftliche Vorstellung von den Börsen als zentrale Schaltstellen der Finanzmärkte.

III.Forschungsperspektiven

In ihrem Zusammenhang eröffnen die Beiträge eine Vielzahl von neuen Forschungsperspektiven, die auch zwischen den jeweils entwickelten Zugängen und Ansätzen liegen. Einige der möglichen Themen und Perspektiven weiterführender Forschung seien hier zum Abschluss konkret benannt: An der Schnittstelle von Mediengeschichte und Wirtschaftsgeschichte und im Speziellen von Mediengeschichte und Unternehmensgeschichte stellen sich u. a. Fragen zur Geschichte von Wachstum und Verschuldung, zu medialen Faktoren der Effizienz, der Prognose, der Konstitution informeller Märkte und der Rolle von mimetischen Praktiken für die Entstehung neuer Märkte;32 ferner zur Geschichte der Unternehmung als Organisation, als Adresse von Innovation und als Nutzer und Treiber der Medienentwicklung.

In einer historisch-epistemologischen Perspektive stellt sich die Frage nach den parallelen Geschichten von Medientheorie und Wirtschaftstheorie und insbesondere von wirtschaftstheoretischen Ordnungsvorstellungen und Modellierungen. Die Untersuchung der Medien- und Kulturtechniken des Ökonomischen (Buchhaltung, Protokolle, Visualisierungen und Narrative, Modelle, Standardisierungen) lässt sich mit entwicklungsökonomischen Modellen zusammenführen und für die Untersuchung von Wissensordnungen und ihrer technologischen Transformation fruchtbar machen. Im Anschluss an die neue Medienökonomik und die Kulturökonomik lassen sich für die Medienwissenschaft neue Modelle der medialen Bedeutungsproduktion entwickeln, die Prozesse kultureller Innovation durch ‹Informationsspiralen› oder die Produktivität von Unsicherheit bei Medienumbrüchen in den Blick nehmen und zugleich die etablierten Dichotomien von Ökonomie und Ästhetik überwinden.33

Schließlich lässt sich ausgehend von der systemtheoretischen These vom Geld als generalisiertem Kommunikationsmedium so etwas wie der Umriss einer neuen politischen Ökonomie entwickeln. Die Fantasie einer einschränkungslosen Selbstbestimmtheit, die populistische Bewegungen unter der Rubrik der nationalstaatlichen ‹Souveränität› zurückzugewinnen hoffen, konkretisiert sich in der Euro-Aversion, die französische Linksnationalisten von Jean-Luc Mélenchon bis Emmanuel Todd mit dem Front National teilen, in der Pfund-Bindung der Brexit-Befürworter_innen, aber auch in der Begeisterung deutscher Rechtsradikaler für die D-Mark und, unter anderen Gesichtspunkten, für die Kryptowährung Bitcoin. Das generalisierte Kommunikationsmedium Geld ist zum Medium einer regressiven Identitätspolitik geworden. Für eine Medienwissenschaft, die sich als kritische Disziplin versteht, stellt dieser Zusammenhang von Medien und Ökonomie eine weitere Aufgabe dar.

MONIKADOMMANN, VINZENZHEDIGER, FLORIANHOOF

1 Vgl. Joseph Vogl: Kalkül und Leidenschaft. Poetik des ökonomischen Menschen, Berlin 2002.

2 Hartmut Winkler entwickelt diese Analogie in seinem Buch, das die Warenzirkulation als Modell der Zirkulation von Zeichen ansetzt, zugleich aber einer möglichen ‹Ökonomisierung› der Medienwissenschaft entschlossen entgegentritt. Vgl. ders.: Diskursökonomie. Versuch über die innere Ökonomie der Medien, Frankfurt/M. 2004.

3 Für die äußerst kritische Rezeption von Vogl in der Wirtschaftsgeschichte vgl. Jan-Otmar Hesse: Rezension zu: Vogl, Joseph: Das Gespenst des Kapitals. Zürich 2011, in: H-Soz-Kult, 22.3.2011, www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-16181, gesehen am 2.3.2018; für die Sozialtheorie ebenfalls kritisch vgl. Dirk Baecker: Der blinde Fleck des «Kapitalismus»: Zu Joseph Vogls Buch Der Souveränitätseffekt, in: Zeitschrift für Germanistik, Neue Folge XXV, Nr. 3, 2015, 635–642; vgl. auch Luc Boltanski, Arnaud Esquerre: Enrichissement. Une Critique de la Marchandise, Paris 2017.

4 Vgl. dazu insbesondere Archiv für Mediengeschichte, Nr. 17: Medien der Finanz, hg. v. Friedrich Balke, Joseph Vogl, Bernhard Siegert, München 2017.

5Simeon Djankov, Caralee McLiesh, Tatiana Nenova, Andrei Shleifer: Who Owns the Media?, in: The Journal of Law and Economics, Vol. 46, Nr. 2, 2003, 341–382.

6 Benjamin Compaine, Douglas Gomery: Who Owns the Media? Competition and Concentration in the Mass Media Industry?, Mahwah 2000.

7 Dieter Prokop: Medien-Macht und Massen-Wirkung. Ein geschichtlicher Überblick, Freiburg 1995.

8 Florian Hoof: Engel der Effizienz. Eine Mediengeschichte der Unternehmensberatung, Konstanz 2015; Lee Grieveson: Cinema and the Wealth of Nations. Media, Capital, and the Liberal World System, Berkeley 2018.

9 JoAnne Yates: Control through Communication. The Rise of System in American Management, London 1989; James R. Beniger: The Control Revolution, Cambridge, Mass., 1986.

10 Jan-Otmar Hesse: Im Netz der Kommunikation. Die Reichs-Post- und Telegraphenverwaltung 1876–1914, München 2002.

11 Adam Tooze: Die Vermessung der Welt. Ansätze zu einer Kulturgeschichte der Wirtschaftsstatistik, in: Hartmut Berghoff, Jakob Vogel (Hg.): Wirtschaftsgeschichte als Kulturgeschichte. Dimensionen eines Perspektivenwechsels, Frankfurt/M. 2004, 325–351.

12 Elspeth H. Brown: The Corporate Eye: Photography and the Rationalization of American Commercial Culture, 1884–1929, Baltimore 2005.

13 Anson Rabinbach: Motor Mensch. Kraft, Ermüdung und die Ursprünge der Moderne, Wien 2001; Philipp Sarasin, Jakob Tanner: Physiologie und industrielle Gesellschaft, Frankfurt/M. 1998; Berghoff u. a. (Hg.): Wirtschaftsgeschichte als Kulturgeschichte; Christof Dejung, Monika Dommann, Daniel Speich Chassé (Hg.): Auf der Suche nach der Ökonomie. Historische Annäherungen, Tübingen 2014.

14 Vinzenz Hediger, Patrick Vonderau (Hg.): Films that Work. Industrial Film and the Productivity of Media, Amsterdam 2009; Charles R. Acland, Haidee Wasson (Hg.): Useful Cinema, Durham, NC, 2011.

15 JoAnne Yates: Graphs as a Managerial Tool. A Case Study of Du Pont’s Use of Graphs in the Early Twentieth Century, in: The Journal of Business Communication, Vol. 22, Nr. 1, 1985, 5–33.

16 Florian Hoof: Medien managerialer Entscheidungen. Decision-Making ‹At a Glance›, in: Soziale Systeme. Zeitschrift für soziologische Theorie, Bd. 20, Nr. 1, 2015, 23–51; ders.: Engel der Effizienz, 45–62.

17 Alfred D. Chandler: The Visible Hand. The Managerial Revolution in American Business, Cambridge, Mass., 1977. Vgl. dazu auch den medienwissenschaftlichen Gewährsmann: Karl Knies: Der Telegraph als Verkehrsmittel. Mit Erörterungen über den Nachrichtenverkehr überhaupt, Tübingen 1857.

18 Donald MacKenzie: Capital’s Geodesic. Chicago, New Jersey, and the Material Sociology of Speed, in: Judy Wajcman, Nigel Dodd (Hg.), The Sociology of Speed: Digital, Organizational, and Social Temporalities, Oxford 2016, 55–71.

19 Michel Callon (Hg.): The Laws of the Markets, Oxford, Malden, Mass., 1998.

20 Donald MacKenzie: An Engine, not a Camera. How Financial Models Shape Markets, Cambridge, Mass., 2008.

21 Mischa Suter: Rechtstrieb. Schulden und Vollstreckung im liberalen Kapitalismus 1800–1900, Konstanz 2016.

22 Vgl. das Promotionsprojekt von Jonas Schädler zur Geschichte des Elektrozählers: www.zgw.ethz.ch/de/doktoratsprogramm/research-project-jonas-schaedler.html, gesehen am 20.2.2018.

23 Urs Stäheli: Spektakuläre Spekulation. Das Populäre der Ökonomie, Frankfurt/M. 2007.

24 Stefan Leins: Stories of Capitalism. Inside the Role of Financial Analysts, Chicago 2018.

25 Hoof: Engel der Effizienz, 109–136.

26 Michael Hutter: Neue Medienökonomik, München 2006; ders.: Ernste Spiele. Geschichten vom Aufstieg des ästhetischen Kapitalismus, München 2016.

27 Arthur De Vany: Hollywood Economics. How Extreme Uncertainty Shapes the Film Industry, London, New York 2004.

28 William Goldman: Adventures in the Screen Trade, New York, 1983, 39.

29 Richard Caves: Creative Industries. Contracts Between Arts and Commerce, Cambridge, Mass., 2000.

30 Johannes M. Bauer, Michael Latzer: Handbook on the Economics of the Internet, Cheltenham 2016.

31 Jason Potts, Stuart Cunningham, John Hartley, Paul Ormerod: Social Network Markets: A New Definition of Creative Industries, in: Journal of Cultural Economics, Vol. 32, Nr. 3, 2008, 167–185.

32 Vgl. Werkstatt Geschichte, Bd. 26, Nr. 74: Produktive Imitationen, hg. v. Gleb Albert, Wendelin Brühwiler, Essen 2017.

33 Florian Hoof: Live Sports, Piracy and Uncertainty: Understanding Illegal Streaming Aggregation Platforms, in: Ramon Lobato, James Meese (Hg.): Geoblocking and Global Video Culture, Amsterdam 2015, 86–93.

MICHAEL HUTTER

WERTUNG IN MEDIENWIRTSCHAFT UND MEDIENÖKONOMIEN

I.Wertungsalternativen

Digitale Technologie hat dazu geführt, dass aus regional und professionell getrennten ‹Mediennetzen› ein einziges globales Netz geworden ist. Umso relevanter wird die Frage, ob sich Kommunikationsgemeinschaften, in denen bisher das Wertmaß der dort hervorgebrachten Inhalte selbst bestimmt wurde, im globalen digitalen Netz noch erhalten und neu gebildet werden können oder ob alle in einer einheitlichen globalen Wirtschaft verschmelzen.

Die Gesetzmäßigkeiten der Versorgung einer Gesellschaft mit Gütern und Leistungen diktieren eine einheitliche Rationalität des Tausches, die längst global geworden ist. Entscheidend für diese Entwicklung war die Institution des ‹Mediums› Geld, in dessen Einheiten der Knappheitswert der Tauschgüter ausgedrückt und, als Kredit oder Schuld, sogar aufbewahrt werden kann. Schwankungen der Wertrelation zwischen verschiedenen Währungen und Geldformen werden auf Devisen- und Finanzmärkten ständig beobachtet und zu eigenen Gewinnen genutzt. In der Wirtschaft gilt Bereicherung, gemessen am eigenen Zufluss der Menge an Geldeinheiten, als legitime Motivation des Handelns, weil im Wettbewerb derer, die reich werden wollen, immer neue Güter und Leistungen bereitgestellt werden, die dann von denen, die sie erstrebenswert finden, gekauft werden. «Medien» agieren in der Wirtschaft als gewinnorientierte Unternehmen, die Kommunikationsprodukte wie Zeitungen, Bücher und Filme verkaufen, die ihrerseits «Medien» genannt werden.1

In diesen wenigen Zeilen ist der Begriff «Medium» in vier verschiedenen Bedeutungen verwendet worden: als Medium der Übertragung von Signalen, der wirtschaftlichen Transaktion, der Kommunikation und der Organisation, die Kommunikationsmittel produziert. Um diese unterschiedlichen Interpretationen vergleichbar zu machen, ist es deshalb hilfreich, von dem sehr allgemeinen Begriff des Mediums als einer Menge lose gekoppelter Elemente auszugehen, die in den für sie spezifischen Formen strikt gekoppelt sind. «Medium» ist demnach nur eine Seite der Medium-/Form-Unterscheidung, sodass die Bedeutung des Begriffs von der Kommunikationseigenschaft der jeweiligen Formen abhängt.2 Die Mediennetze der Übertragung etwa bestehen aus den Elementen der elektromagnetischen Ladung, aus denen Signale geformt sind. In den Medien der Kommunikation werden lose Elemente von Wörtern, Klängen und Bildern zur Form des Romans, der Fernsehserie oder des Videospiels. Die produzierenden Organisationen werden personifiziert als ‹Medien›, weil sie mit den so geschaffenen Inhalten im politischen Diskurs auftauchen.

Etwas aufwendiger ist es, das Transaktionsmedium Geld in dieser Definition unterzubringen. Niklas Luhmann schlägt eine Unterscheidung zwischen Verbreitungs- und Erfolgsmedien vor. Zu der ersten Kategorie gehören Sprache, Schrift, Druck und digitale Netze, zur zweiten gehören Kommunikationsmedien, die ‹symbolisch generalisiert› sind. Die Generalisierung erlaubt es, mithilfe solcher Medien bestimmte Problemlagen in der Gesellschaft effektiver zu bewältigen. Mit einem Medium, dessen einzelne lose Elemente als Symbole für ‹Knappheit› anerkannt sind, gelingen Tauschgeschäfte auch ohne direkten Warentausch. Wirtschaftlicher Wert nimmt in der bezahlten Geldsumme Form an. Erfolgsmedien haben sich aber auch in anderen gesellschaftlichen Zusammenhängen entwickelt, etwa Medien der Machtausübung in der Politik oder Medien der Wahrheitsprüfung in der Wissenschaft.

Von der Medienwirtschaft zu sprechen verknüpft also zwei unterschiedliche Definitionen: die der Kommunikation mithilfe des Geldmediums und die der Kommunikation mithilfe von Inhalten, die über Trägermedien zu denen gelangen, die sie verwenden. Ich werde in Teil II einige Konsequenzen diskutieren, die sich daraus ergeben, dass Kommunikationsmittel den Voraussetzungen einer an Knappheit orientierten Wirtschaft nicht entsprechen. In Teil III werde ich darauf eingehen, dass sich Wertungen in den Spielfeldern, die rund um bestimmte Inhaltsformen entstanden sind, deutlich von den auf den Märkten gebildeten Geldwerten unterscheiden. Diese ‹Spiele› konstituieren eigene Bedeutungswelten, in denen ständig die ‹Qualität› der dort kommunizierten Inhalte bewertet wird. Jedes der Wertespiele konstituiert in dieser Lesart eine Ökonomie, deren Teilnehmer_innen nach eigenen Wertmaßstäben handeln und empfinden. In Teil IV wird der Prozess der Wertung in Medienökonomien genauer analysiert. Teil V versucht eine Antwort auf die Eingangsfrage.

II.Eigenarten der Medienwirtschaft

Medienprodukte sind überwiegend (1) immateriell, (2) inklusiv, (3) neu und (4) ‹nabennetzförmig›. Das sind Eigenschaften, die von denen der traditionell auf Märkten gehandelten Produkte abweichen. Genauso abweichend entwickeln sich die Marktformen in diesem Sektor der Wirtschaft.

(1) In materiellen Industrien entstehen Kosten durch Rohstoffe und durch deren Umwandlung in Produkte, die dann zu ihren Käufer_innen transportiert werden. Die Produkte werden von denjenigen, die sich die ausschließliche Nutzung erkauft haben, aufgebraucht. Der Wert wird beim Kauf in Geld gemessen, er ist irgendwie im Produktionsverfahren entstanden.3 In den Medienindustrien entstehen Kosten durch die einmalige Aufnahme und Speicherung von (immateriellen) Inhalten in sowie durch den Einsatz von (analogen und digitalen) Kopiermaschinen und Verteilungsnetzen. Die Kosten einer master copy sind also hoch, aber die Kosten pro verteilter Kopie werden mit jedem Exemplar geringer – größeres Volumen ermöglicht geringe Durchschnittskosten. Solche Märkte ähneln den Märkten, über die materielle Infrastrukturen, wie Schienen- oder Stromnetze, bereitgestellt werden – in beiden Fällen beherrschen «natürliche Monopole» die Teilmärkte. Wirtschaftspolitische Gegenmaßnahmen reichen von Aufsichtsbehörden, die Obergrenzen von Marktanteilen überwachen, bis zu «Körperschaften des öffentlichen Rechts», die ihren Betrieb über Zwangsgebühren finanzieren.4

(2) Inhalte, also Informationsbündel, werden von Verwender_innen in einer besonderen Weise kopiert. Bedeutungen werden aufgenommen durch die kognitive Leistung menschlicher Gehirne und Bewusstseine. So werden Medieninhalte zu erinnerten Erlebnissen und damit zu Erfahrungen derer, die sie verwenden. Durch das kopierende Wahrnehmen wird die originale Information nicht vermindert, sondern steht anderen für deren Erfahrungen zur Verfügung. Unklar bleibt dann allerdings, wer für den Aufwand der Produktion und Verteilung solcher inklusiver, öffentlicher Güter bezahlt. Das Problem wird in der Mehrzahl der heute gültigen Rechtsordnungen so gelöst, dass Inhalte wie Sacheigentum behandelt werden, sodass die Wertzurechnung so behandelt werden kann wie bei privaten Verbrauchsgütern. Unter «geistigem Eigentum» werden die institutionellen Konstrukte des Patent-, Urheber-, Marken- und Leistungsrechts zusammengefasst, durch die, wenn auch mit schwindendem Erfolg, versucht wird, die Fiktion ausschließbarer Nutzung von Medieninhalten aufrechtzuerhalten.5

(3) Inhalte gewinnen durch Überraschung an Erlebniswert. Wenn die Verwender_innen den Actionfilm, die Inszenierung oder den Leitartikel zu kennen glauben, dann sinkt ihr Interesse am nochmaligen Kauf. Deshalb sorgen die Produzent_innen dafür, dass ständig neue Inhalte zur Verfügung stehen. Die Inhalte sind so konstruiert, dass sie vertraut, gleichzeitig aber in einigen Aspekten unerwartet sind.6 Weil neue Inhalte notwendigerweise unbekannt sind, müssen die Verwender_innen informiert werden, damit sie am Kauf interessiert sind. Dabei bleibt weitgehend offen, welchen Inhalten es gelingt, überhaupt wahrgenommen zu werden. Die Konsequenz sind Geschäftspraktiken, die Neueinführungen durch hohe Werbeausgaben unterstützen oder die das Verlustrisiko auf viele unterschiedliche Angebote verteilen.

Der ständige Bedarf an Neuheiten lässt einen bislang vernachlässigten Faktor bei der Produktion von Inhalten hervortreten – den der Kreativität. Die Mitarbeitenden oder Lieferant_innen, von denen die neuen Inhalte stammen, sind keine Lohnarbeiter_innen, die einen Auftrag erfüllen. Ihre Kompetenz liegt darin, Neuheiten zu schöpfen, sodass Produzent_innen und später Verwender_innen auf sie aufmerksam werden und bereit sind, für den Zugang zu den neuen Inhalten zu zahlen. Auf der Basis dieser Argumentation ist seit den 1980er Jahren der Sektor der Kreativindustrien identifiziert worden – erst abgeleitet von Adornos abfällig konnotierter «Kulturindustrie», schließlich erweitert zu vier großen Komplexen: Traditionskultur, Kunstaufführungen und -objekte, gedruckte und audiovisuelle Kopien und Gestaltung von Gebäuden, Kleidung, materiellen Objekten und Werbebotschaften.7 Die vier Komplexe bestehen ihrerseits aus kleineren Teilindustrien, in denen ein ständiger Strom neuer Werke meist projektförmig erzeugt wird.

(4) Wenn es um das Aufspüren neuer, wertvoller Inhalte geht, dann richtet sich die Aufmerksamkeit auf Kanäle, die man kennt, und auf Mediator_innen, denen man vertraut. Es gibt also Schlüsselinhalte und Schlüsselspieler_innen im jeweiligen Medienfeld, mit denen man sich bevorzugt verknüpft. Unter solchen Bedingungen des preferentialattachment entstehen Singularitäten, also Bestseller, Stars und Celebrities, die dann die Großknoten oder hubs in den Netzwerken der Aufmerksamkeit bilden.8 Die Gewinne sind entsprechend asymmetrisch verteilt, wenigen Gewinner_innen stehen sehr viele Verlierer_innen, gemessen an der Relation von Aufwand und Ertrag, gegenüber. Die wirtschaftspolitischen Konsequenzen der Ertragsungleichheit werden dadurch verschärft, dass geistiges Eigentum ohne Ortsbindung auskommt. Unternehmensgewinne können deshalb mit geringem Aufwand in Steueroasen vor der Umverteilung durch die Staatsorganisationen derjenigen Länder, in denen die Verwender_innen leben, geschützt werden.9

Die Rede von ‹Kanälen› und ‹Mediatoren› verdeckt allerdings, dass in der Kommunikation über Medienprodukte nicht nur technische Information abgerufen wird. In den Sendeanstalten und von den Expert_innen werden hauptsächlich Wertungen über bestimmte Inhalte aufgestellt, die dann von anderen bestritten oder geteilt werden. Das sind die Eigenwertungen innerhalb einzelner Kommunikationsgemeinschaften, die sich um bestimmte Produktgenres gebildet haben. Sie unterscheiden sich von der Wertung durch Kauf in einem entscheidenden Merkmal: das verwendete Erfolgsmedium sind nicht Geldsummen, sondern nebulöse, aber erstaunlich resiliente Zuschreibungen von ‹Qualität›. Diese Qualitätszuschreibungen waren gemeint, als eingangs vom selbstbestimmten ‹Wertmaß› der Kommunikationsgemeinschaften die Rede war. Können sie ersetzt oder zumindest simuliert werden durch kommerzielle Kennzahlen? Bildet etwa der Kunstauktionsmarkt bereits die Wertmaße einer globalisierten Kunstszene ab? Um solche Fragen beantworten zu können, müssen wir uns die sozialen Vorgänge in solchen Wertungsprozessen erst einmal genauer ansehen.

III.Eigenwertung in Medienökonomien

Öffentlichkeiten rund um bestimmte Problemlagen finden sich überall in der Gesellschaft. Über die Probleme der Güterversorgung, der Herrschaft oder auch die des Weiterlebens nach dem Tod wird intensiv kommuniziert, und diese Kommunikationen verdichten sich zu Öffentlichkeiten. Luhmann postuliert selbstreproduzierende soziale Kommunikationssysteme, die Erfolgsmedien wie Glaube, Geld, Macht, Recht und Wissen entwickelt haben. Boltanski und Thévenot identifizieren worlds of worth, in denen Wertschätzungen zugewiesen und im Streitfall ausgehandelt werden.10 In den so eingegrenzten sozialen Verdichtungen wird es möglich, den Kontext, in dem eine Kommunikation Gültigkeit beansprucht, im Verständigungsereignis selbst ebenfalls mitzuteilen. Genau das ist das kommunikationslogische Charakteristikum von Spielen – zu wissen, mit welcher Unterscheidung von Gewinnen und Verlieren die Spielzüge angelegt sind. Diese Eigenart macht sie zu ernsthaften sozialen Formen.11 Innerhalb der «Metakommunikation»12 des so vermittelten Spielrahmens eignen sich die Mitspielenden Kompetenzen an, um Inhalte im eigenen Spiel zu schaffen und zu genießen, und sie entwickeln ein Gefühl für die gemeinsam verstandene Rangfolge in Qualitätsskalen. Diese Modellierung der Medienfelder als Spiele, in denen dauernd etwas vorgestellt und bewertet wird, ist umfassend einsetzbar. Die großen, gesellschaftsdurchdringenden ‹ernsten Spiele›, die um verschiedene Erfolgsmedien der Kommunikation herum entstanden sind und die ihren jeweils eigenen Code und ihre jeweils eigenen Regeln entwickelt haben, finden täglich vor unseren Augen statt. Sie sind beobachtbar in einer Vielzahl von regionalen und lokalen Einzelspielen.

Ich beschränke meine Beobachtungen auf eine spezielle Sorte der ernsten Spiele, nämlich diejenigen, über die sich Gesellschaft mit kollektiv geteilten Vorstellungsformaten versorgt.13 Die einzelnen Vorstellungsformen werden in sinnlich erfahrbaren Ausdrucksmedien realisiert. ‹Ausdrucksmedien› bilden eine fünfte Auslegungsvariante: Hier geht es um die Medien der menschlichen Wahrnehmung, in denen die Vorstellungen als Wörter, Bilder, Klänge und Geschmackserlebnisse ihre Formen erhalten. So werden sie dann entweder als physische Aufführungen, meist zusammen mit anderen, erlebt, oder die ‹Eindrücke› erfolgen über Abspielgeräte, in individuell gestalteter Umgebung. Medienprodukte sind deshalb immer auch Ausdrucksmedienprodukte.

Die Mitspieler_innen in solchen ‹ästhetischen Spielen› schaffen also ständig neue Aufführungen in Arenen, deren Form sich von den Amphitheater-Sandkreisen der Antike über die Guckkastenbühne bis zu Aufnahmestudios gewandelt hat. Zwischen den Aufführungen agieren sie in der nur selten physischen Arena der Wertung.14 Wertungskommunikationen benötigen ebenfalls ein Medium aus losen Elementen, aus denen Mitspielende die jeweils neue Wertung formen können. Das Wertmedium der Wirtschaft, mit seinem Arsenal an Knappheitszeichen, ist nur eine, wenn auch besonders genau messbare Variante.15 Aber auch die Möglichkeit, auf ein anderes Wertmedium zuzugreifen, macht ein Spielgeschehen zur ‹Ökonomie›, zu einem Haushalt, in dem Beiträge mit einem einheitlichen Maßstab verglichen werden können.16

Mitspielende sprechen, für die Beteiligten gut unterscheidbar, von der «Qualität» der Inhalte und vom «Prestige» der Werke und ihrer Schöpfer_innen. «Qualität» bezieht sich auf den Fluss der unmittelbaren Wirkungen von Werken, wie sie von den verschiedenen Spieler_innen erlebt werden. «Prestige» ist eine Bestandsgröße, eine Form von Wertkapital, die Werken und beteiligten Akteur_innen zugerechnet werden kann. Prestige ist «kulturelles Kapital»,17 das nur in der jeweiligen Spielkultur einer Medienökonomie, etwa der des Hip-Hop oder der des klassischen Balletts, Gültigkeit hat. Diese Eigenschaft macht Beobachtung ‹von außen› so schwierig. Im Gegensatz zum Wirtschaftsspiel, dessen Wertmedium die meisten, die es beobachten, selbst verwenden, sind die Wertmedien der einzelnen Medienökonomien jenseits ihrer insularen Gültigkeit bedeutungslos.

Der Einblick in ein Spiel verbessert sich, wenn man weiß, wer die Mitspielenden sind und in welchen Positionen sie ihre Züge setzen. Die vorhergehenden Überlegungen haben die unterschiedlichen Positionen schon berücksichtigt: Vorstellungsspiele operieren mit der grundlegenden Unterscheidung zwischen Aufführenden und Zuschauenden. Auf der Innenseite des Spiels, bei den Aufführenden, wird zwischen Urheber_innen und Produzent_innen unterschieden, wobei noch einmal differenziert wird, wer kuratierende und wer leitende Funktion hat. Die Zuschauenden18 werden in engagierte und neugierige unterteilt. Zu den ersteren gehören Expert_innen, etwa Kritiker_innen, und Amateur_innen,19 etwa Fans oder Sammler_innen.20 Über ihr Engagement und ihre Wertungen beeinflussen sie die Auswahl an Werken, die dann überhaupt erst die Gelegenheit bekommen, das Interesse der neugierigen Zuschauer_innen zu erregen.21 Aus den Beiträgen all dieser am Spiel Beteiligten setzt sich die Wertung in jeder der Medienökonomien zusammen.

IV.Stadien der Wertung

Die Mikrosoziologie der Wertung ist erst in jüngster Zeit zu einem Forschungsfeld geworden, in dem Praktiken der Wertung, insbesondere in den Spielen von Wissenschaft und Kunst, systematisch beobachtet werden.22 Drei Varianten von Wertungspraktiken werden generell unterschieden: Valorisierung, durch die der Wertstatus eines Inhalts oder eines mitspielenden Akteurs geschaffen, erhöht oder verringert wird; Evaluation, durch die Wertstatus erfasst und eingeordnet wird; Kauf, bei dem der bezahlte Preis den Wert des Produkts symbolisiert. Doch in welchem Verhältnis stehen die drei Varianten zueinander? Ich schlage vor, die drei Varianten als verschiedene Stadien der Schöpfung desjenigen Wertmediums zu interpretieren, das die Identität, das Selbstverständnis der Mitspielenden in einer bestimmten Medienökonomie ausmacht. Die im Folgenden beispielhaft zitierten Praktiken werden in allen vier Bereichen der creative industries verwendet – in den Spielen des Kunsthandwerks und des Kulturtourismus, denen der Aufführungskünste und der Bildkunst, in den Spielen, in denen gedruckte und audiovisuelle Kopien eingesetzt werden, und in den Spielen der Mode, der Gastronomie, des Designs, der Architektur und der Werbung.23

a. Valorisieren

In den Wettbewerbspartien der Spiele, etwa den Biennalen für Bildkunst oder den Festivals für Kinofilme, werden neue Werke vorgestellt. Nach der Vorstellung werden die Werke von denjenigen, die sie gesehen und erlebt haben, beurteilt. In diesen Urteilen nimmt die Wertschätzung der Urheber_innen und jener, die produzieren, kritisieren, sammeln oder nur neugierig zuschauen, in einem geeigneten Wertmedium Form an. Die Urteile schöpfen Wert, sie sind Prozesse der Aufwertung, der Valorisierung.24 Die Urteile mögen aus wenigen Adjektiven bestehen («ganz toll»), können aber trotzdem in engen Netzwerken als Mundpropaganda Wert schaffen. Sie können ausführliche schriftliche Begründungen enthalten, und sie können in dreister Weise die Qualität eines angepriesenen Werks mit der wertvollen Qualität bestimmter früherer Werke verknüpfen. Professionelle Valorisierung nimmt immer häufiger die Form der Zuerkennung von Preisen an. Die Preise gewinnen die Werthöhe der Auszeichnung durch das Prestige ihrer Jurymitglieder – meist Urheber_innen und Expert_innen – und das der bisherigen Preisträger_innen.25 Für die Romanliteratur ist ein dichtgestaffeltes Arsenal von Preisen entstanden.26

Valorisierung kann aber auch negativ praktiziert werden, als Abwertung gegenüber den Wertbehauptungen anderer Mitspieler_innen.27 «Kritisieren» bezeichnet diese negative Form der Wertschätzung. Die Theateraufführung oder der neue Film wird mit früher aufgeführten, ähnlichen Werken verglichen und im Maßstab verschiedener Qualitätskriterien für mangelhaft erklärt. Als Vergleichsmaßstab eignen sich auch Ideale, die aus kunstfernen Bereichen kommen können. Die Spiele von Religion und Politik liefern dazu die Referenzgrößen.

Spielzüge des Preisens und Kritisierens beruhen auf eigenen Erfahrungen mit Medienprodukten, die auch andere Spieler_innen erleben, vielleicht sogar mit produziert haben. Das resultierende Maß an Wert, das einer Opernkomposition oder der Feuilletonredaktion einer Zeitung innerhalb der jeweiligen Medienökonomie zugerechnet wird, wird deshalb selten vollständig und nie dauerhaft von den Interessen und den Machtressourcen einzelner Spieler_innen bestimmt.

b. Evaluieren

Evaluations- oder Bewertungsurteile stehen in Distanz zu den Urteilen der Wertschätzung, die eigenes Erleben der Inhalte voraussetzen. Sie dienen dazu, anderen Mitspielenden eine Einschätzung von Inhalten oder Personen zu erlauben, deren Medienprodukte sie nicht oder kaum kennen.

In dieser Variante der Wertungsurteile werden die von Inhalten und Personen gewonnenen Wertmaße in bereits vorhandene Qualitätsskalen des jeweiligen Spiels eingeordnet.

Das Einordnen kann beispielsweise über einen Algorithmus erfolgen, der vorgegebene Wertindikatoren akkumuliert und zu einer Indexzahl verdichtet. Manchmal genügt auch die schlichte Aggregation online abgegebener Fünf-Punkte-Wertungen, um vergleichbare Produkte auf einer numerischen Skala einzuordnen.

Die Prüfverfahren sind deutlich komplexer, wenn die Leistungen ganzer Organisationen zu bewerten sind. Produktionseinheiten wie Museen oder Forschungsgruppen werden von Kommissionen, die mit prestigereichen Kolleg_innen besetzt sind, ‹evaluiert›. Die Evaluierenden erfassen die Qualitätspunkte, die von dem Team in einer Zeitperiode gewonnen wurden, sie stützen sich aber auch auf die eigene Erfahrung. Wenn ein Produkt zu komplex ist, um rasch vollständig erfasst zu werden, dann können Proben hilfreich sein. Bei Evaluationsverfahren heißen die Proben «Begehungen». Bei einfacheren Medienprodukten werden Demo-Versionen, Geschmacksproben, Verkostungen oder Trailer zugänglich gemacht und verteilt.

Inhalte, die im eigenen Medienspiel hoch geschätzt sind, werden auch in den Wertordnungen der anderen Spieltypen reflektiert. Bildkunstwerke, Musikstile und Texte sind schon früh nach religiösen und politischen Maßstäben eingeschätzt worden. In der Gegenwart interessiert primär die Einordnung in die Skala des Geldmediums. Wenn etwa ein Auktionshaus Schätzpreise für zu versteigernde Objekte bekannt gibt oder wenn ein Unterhaltungsunternehmen die Einnahmen aus einem noch zu produzierenden Film abzuschätzen versucht, dann ordnen sie das Objekt prospektiv in die Matrix der bisher erzielten Auktionspreise bzw. Einspielergebnisse für ähnliche Werke ein.

Vermutlich haben die weniger auffälligen, alltäglichen Praktiken des Einschätzens die größere Bedeutung. Im täglichen Geschehen der Zeit zwischen den Spielpartien begegnen sich Spieler_innen und sprechen über Aufführungsereignisse. Ständige Einschätzungen steuern die Kontakte mit bestimmten Spieler_innen und die Selektion derjenigen Inhalte, für die sich Galerist_innen, Kurator_innen oder Korrespondent_innen Zeit nehmen. Bewertungen stabilisieren nicht nur vorhergegangene Wertzuschreibungen, sondern steuern auch die Auswahl der Inhalte, die überhaupt vor (vielleicht) Zuschauenden aufgeführt werden.

c. Kaufen und schenken

Praktiken der Valorisierung und der Bewertung spielen sich hauptsächlich als sprachliche und schriftliche Kommunikation ab. Sie haben keinen unmittelbaren Einfluss auf die Verfügbarkeit und Zugänglichkeit der bewerteten Inhalte. Um solchen Einfluss zu bekommen, muss politische Macht eingesetzt oder Kaufkraft hergegeben werden. Kaufkraft hergeben ist ein Zug im Wirtschaftsspiel. Im Kaufakt werden Rechte der Verfügbarkeit getauscht, sodass diejenigen, die eine Geldsumme hergeben, sich dafür die Kontrolle über den Zugang zum gekauften Inhalt nehmen. Zahlungen sind institutionell präzise programmierte Handlungen, die ihrerseits das Rechtsinstitut des Eigentums voraussetzen. Auch wenn Medieninhalte materiell nicht greifbar sind, so ermöglichen Lizenzen, Patente, Leistungs- und Urheberrechte dennoch sanktionsbewehrte Ansprüche auf ‹geistiges Eigentum›. In vielen, wenn auch bei weitem nicht in allen Medienökonomien ist so ein eigenes Wirtschaftsspiel, ein Markt für die dort aufgeführten und für die kopierten Inhalte entstanden. Diese Märkte funktionieren, wenn der Verfügungsanspruch auf ein materielles Objekt gerichtet ist, wie bei Bildern oder bei (kopiergeschützten) DVDs. Bei digital produzierten, verteilten und bewerteten Inhalten bleiben die Spieler_innen oft im zahlungsfreien Modus der gegenseitigen Schenkung, weil zu wenige bereit sind, für Zugriffe zu bezahlen, die sie sich auch ohne Abgabe von Kaufkraft nehmen können.

Die Höhe des bezahlten Preises macht die Wertmaße gekaufter Inhalte vergleichbar. Alle verkauften Eintrittskarten, Kopien, Senderabonnements und sämtliche anderen Produkte sind Teil der Medienwirtschaft, aber deren Preise werden gleichzeitig in der jeweiligen Medienökonomie als Zeichen der Bewertung oder gar der Valorisierung wahrgenommen. Die so erzielten Umsätze sind auch kommensurabel mit Produkten in anderen Sektoren der Wirtschaft, weil dort nach den gleichen Regeln Produkte bezahlt und in Besitz genommen werden. Diese Konvertibilität hat etwa im Bildkunstspiel dazu geführt, dass Spieler_innen aus der Finanzwirtschaft, die nach neuen Spekulations- und Anlagewerten suchen, die Nachfrage und damit die Preise der angebotenen, entsprechend geschätzten Objekte nach oben treiben.

Geldzahlungen müssen nicht notwendig zum Kauf eingesetzt werden, sondern können auch als Geschenk gegeben werden. Geschenke zu geben ist Teil einer Interaktion, bei der Leistungen des oder der Beschenkten gewürdigt oder erwartet werden. In vielen Fällen sind Preisauszeichnungen mit einem Geldgeschenk verbunden, sodass das Qualitätsurteil durch die Höhe der Geldsumme gestützt wird.

Auch die finanzielle Förderung durch öffentliche Träger oder private Stiftungen, etwa bei Musik-, Theater- oder Filmproduktionen, ist eine Form des Schenkens. Zwar werden bei diesen Praktiken die verbindlich erwarteten Leistungen spezifiziert, sodass man den Förderungszuschlag als einen bezahlten Auftrag interpretieren könnte. Aber aus der Perspektive der Spielenden im jeweiligen Medienspiel erscheinen die zu gewinnenden Fördergelder als Bestätigungen des Werts der bisherigen Arbeiten der Antragsteller_innen und als Ausdruck des Vertrauens, dass zukünftige Arbeiten noch mehr Wert schöpfen werden.

V.Perspektivenwechsel

Der Prozess der Wertschöpfung in Medienökonomien – von der auf- und abwertenden Wertschätzung über die verankernde Einschätzung bis zur Spiegelung des Wertmaßes im gezahlten oder geschenkten Preis – ergibt ein Geschehen, das die Aufführungsereignisse in den Spielpartien zeitlich und räumlich umhüllt. Dieses Geschehen hat seine eigenen medienrelevanten Ereignisse, etwa bei Preisverleihungen oder bei Auktionen, und es engagiert alle Mitspielenden. Die Arena der Wertung ist also die jeweilige Medienökonomie selbst. Dieselben Spieler_innen treten, mit sehr unterschiedlichem Geld- und Kreditvermögen, auch in ihren Branchenspielen der Wirtschaft an, um Mittel für ihre Vorstellungen einnehmen und verwenden zu können. Aus der Sicht der im Wirtschaftsspiel Agierenden finden diese Aktivitäten in einem Teilsektor statt, dessen Eigenarten Grundannahmen der Wertzurechnung verletzen, dessen Märkte aber, mit etlichen Spielregelanpassungen, leidlich gut funktionieren.

Die Mitspieler_innen in den einzelnen Medienökonomien sehen sehr wohl, dass ihr Spiel nur einen Bruchteil der tatsächlichen Interaktionen ausmacht. Die Umgebung jenseits des Spiels ist dennoch voll von möglichen Wertquellen für das eigene Spiel. Diese Quellen sprudeln in anderen Medienökonomien, wenn deren hochgeschätzte oder unterschätzte Werke angeeignet und umgeformt werden können. Sie sprudeln auch in den anderen ernsten Spielen unserer Gesellschaft, in den Spielen der Religionen, der Herrschaftsgewalten, der Wissensträger und insbesondere in den Spielen, in denen die Mitspielenden ihre Kaufkräfte messen. Kaufkraft ist auch notwendig, um Projekte in ästhetischen Wertespielen fortzusetzen. Dafür werden alte Vermögen aufgebraucht, Lohnarbeiten angenommen und Wettbewerbe um Preisgeschenke bestritten. Aber die Perspektive bleibt durchweg bestimmt von den im jeweiligen Medienspiel gültigen Wertungen, an denen dessen Mitspielende beteiligt sind. In dieser Perspektive ist Medienwirtschaft ein Horizont, kein Handlungsrahmen.

Dieser Perspektivenwechsel ermöglicht Antworten auf die eingangs gestellte Frage nach der Gefahr der Einschmelzung der Medienökonomien in einer universalen, hegemonistischen, von Gelderlösen getriebenen Medienwirtschaft. Nein, der Kunstauktionsmarkt bildet nicht die Wertmaßstäbe der globalisierten Kunstszene ab. Nein, Preisbegründungen, Kritik von Kolleg_innen und Fanbegeisterung können nicht ersetzt oder simuliert werden durch kommerzielle Kennzahlen. Die nähere Beobachtung der Wertungspraktiken in den Medienökonomien zeigt, dass Wertung durch Kauf erst möglich wird, wenn Valorisierung und Evaluation stattgefunden haben. Zunehmender Druck durch Kommerzialisierung macht das Verhältnis von Medienwirtschaft und Medienökonomien nicht einfacher, sondern verwickelter.

1 Vgl. Gillian Doyle: Understanding media economics, London 2002.

2 «Dies erklärt auch, daß Medien nur an der Kontingenz der Formbildungen erkennbar sind, die sie ermöglichen», schreibt Luhmann, der diese Definition und Unterscheidung maßgeblich entwickelt hat. Niklas Luhmann: Die Kunst der Gesellschaft, Frankfurt/M. 1995, 168.

3 Über die Wertzurechnung zu Arbeiter_innen, Kapitalgebenden und Unternehmer_innen inner-halb der Produktionsstätte wird seit Beginn der industriellen Produktion gestritten.

4 Michael Hutter: Besonderheiten der digitalen Wirtschaft – Herausforderungen an die Theorie, in: WISU – das Wirtschaftsstudium, Bd. 12, 2000, 1659–1665.

5 Vgl. Martin Kretschmer: The Failure of Property Rules in Collective Administration: Rethinking Copyright Societies as Regulatory Instruments, in: European Intellectual Property Review, Vol. 23, Nr. 3, 2002, 126–137.

6 Neuheit kommt zwar auch in konventionellen Industrien vor. Dort wird sie aber als Verbesserung verstanden, sodass das neue Objekt – eine Maschine, ein Verfahren, ein Konsumgut – das alte ersetzt. Bei den Inhalten wäre dagegen statt von Problemlösungen eher von Problemerfindungen – insbesondere bei fiktiven Inhalten – zu sprechen. Vgl. Michael Hutter: Der Begriff der Innovation in der Kunst, in: Birgit Blättel-Mink, Ingo Schulz-Schaeffer (Hg.): Handbuch der Innovationsforschung, Heidelberg 2018.

7 Vgl. Michael Hutter: Zur Rolle des Neuen in der Erlebniswirtschaft, in: Werner Rammert, Hubert Knoblauch, Arnold Windeler, Michael Hutter (Hg.): Innovationsgesellschaft heute. Perspektiven, Felder und Fälle, Wiesbaden 2016, 157–174.

8 Die formale Theorie zentrierter Netzwerke ist entwickelt in Albert-Laszlo Barabási: Linked. The New Science of Networks, Cambridge 2001. Folgerungen für die Kreativindustrien hat daraus vor allem Georg Franck gezogen. Vgl. etwa ders.: Mentaler Kapitalismus. Eine politische Ökonomie des Geistes, München 2005. Die soziologischen Konsequenzen der Orientierung an Singularitäten werden diskutiert in Andreas Reckwitz: Die Gesellschaft der Singularitäten, Berlin 2017.

9 Vgl. John R. M. Hand, Lev Baruch (Hg.): Intangible Assets: Values, Measures, and Risks, Oxford 2003.

10 Siehe Niklas Luhmann: Die Gesellschaft der Gesellschaft, Frankfurt/M. 1997, sowie Luc Boltanski, Laurent Thévenot: On Justification: Economies of Worth, Princeton 2006.

11 «Der Ernst des Spiels liegt darin, daß das Spiel etwas über die Unterscheidungen sagt, aus denen wir uns unsere Welt konstruieren.» Dirk Baecker: Ernste Kommunikation, in: Karl Heinz Bohrer (Hg.): Sprachen der Ironie – Sprachen des Ernstes, Frankfurt/M. 2000, 389–403, hier 403. Siehe auch Michael Hutter: Ernste Spiele. Geschichten vom Aufstieg des ästhetischen Kapitalismus, Paderborn 2015, 21.

12 Vgl. Gregory Bateson: A Theory of Play and Fantasy, in: Psychiatric Research Reports, Vol. 2, 1955, 39–51.

13 Die Ambivalenz von «Vorstellung» umfasst sowohl Werke, die imaginations auslösen (vgl. John Brewer: The Pleasures of the Imagination. English Culture in the eighteenth Century, New York 1997), als auch Aufführungen, die collective imaginaries aufrufen (vgl. Cornelius Castoriadis: The imaginary Institution of Society, London 1987).

14 Eine Ausnahme sind talkshows