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Der neue Thriller von Bestsellerautor Marc Raabe! MORD VOR LAUFENDER KAMERA Auf der Eröffnungsveranstaltung der Berlinale wird zum Entsetzen aller ein Snuff-Film gezeigt. Das Opfer: die Tochter des Bürgermeisters Otto Keller. Tom Babylon vom LKA und die Psychologin Sita Johanns ermitteln unter Hochdruck. Doch eine Gruppe von Prominenten um Keller mauert. Was hat der Bürgermeister zu verbergen? Und wer ist die Zeugin, die aussieht wie Tom Babylons vor Jahren verschwundene Schwester? Die Ereignisse überschlagen sich, als ein weiterer Mord passiert. Plötzlich stellt Sita Johanns fest, es gibt eine Verbindung zwischen ihr und den Opfern: Ein furchtbares Ereignis in ihrer Jugend – und die Zahl Neunzehn.
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Seitenzahl: 560
Zimmer 19
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MARC RAABE, 1968 geboren, ist Geschäftsführer und Gesellschafter einer TV- und Medienproduktion. Schlüssel 17, Auftakt der Thriller-Serie mit Kommissar Tom Babylon, war monatelang in den Top Ten der LITERATUR SPIEGEL Paperback-Bestsellerliste. Raabes Romane sind in über zehn Sprachen übersetzt. Er lebt mit seiner Familie in Köln.
Auf der Eröffnungsveranstaltung der Berlinale wird zum Entsetzen aller ein Snuff-Film gezeigt. Das Opfer: die Tochter des Bürgermeisters Otto Keller. Tom Babylon vom LKA und die Psychologin Sita Johanns ermitteln unter Hochdruck. Doch eine Gruppe von Prominenten um Keller mauert. Was hat der Bürgermeister zu verbergen? Und wer ist die Zeugin, die aussieht wie Tom Babylons vor Jahren verschwundene Schwester? Die Ereignisse überschlagen sich, als ein weiterer Mord passiert. Plötzlich stellt Sita Johanns fest, es gibt eine Verbindung zwischen ihr und den Opfern: Ein furchtbares Ereignis in ihrer Jugend – und die Zahl Neunzehn.
Marc Raabe
Thriller
Ullstein
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Originalausgabe im Ullstein Taschenbuch1. Auflage September 2019© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2019Umschlaggestaltung: zero-media.net, MünchenTitelabbildung: © FinePic®, MünchenAutorenfoto: © Gerald von ForisE-Book-Konvertierung powered by pepyrus.comAlle Rechte vorbehalten. ISBN 978-3-8437-2119-6
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Titelei
Der Autor / Das Buch
Titelseite
Impressum
Prolog
Mittwochnacht
Kapitel 1
August 2001
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Donnerstag
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Donnerstagnacht
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Freitag und Samstag
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Kapitel 63
Kapitel 64
Kapitel 65
Kapitel 66
Kapitel 67
Kapitel 68
Kapitel 69
Kapitel 70
Kapitel 71
Kapitel 72
Sonntag
Kapitel 73
Kapitel 74
Anhang
Danke
Social Media
Vorablesen.de
Cover
Titelseite
Inhalt
Prolog
Für Rasmus und Janosch – macht, wovon ihr träumt.
Die Hölle, das bin ich.
Berlinale-EröffnungsveranstaltungTheater am Potsdamer PlatzMittwoch, 13. Februar 201919:17 Uhr
Was hat ihn bloß geritten?
Warum zum Teufel dieses Risiko, diese Öffentlichkeit?
Die Atemwolken von Tausenden Menschen steigen in die eisige Februarluft. Schweinwerfer schneiden Kegel in den Nebel. Am Fuß der imposanten Glasfassade leuchtet ein Dauerfeuer aus Blitzlichtern. Handys werden im Gedränge emporgereckt, die Namen von Stars geschrien. Auf einer turmhohen Gazefahne schwebt der Berlinale-Bär über allem, groß und rot.
Ist es, weil er vor der Kleinen angeben will? Ihr etwas bieten will? Der große alte Mann sein will, der alles möglich macht?
Trotz der lausigen Kälte ist ihm heiß. Er zieht sich die schwarze Schirmmütze mit dem Festivalemblem tiefer ins Gesicht und zerrt seine Begleiterin zum Seiteneingang, vorbei an den Fernsehleuten. Das hier sind keine Filmfestspiele mehr, das ist nicht mehr die gute, alte Berlinale. So stellt er sich das Gedränge bei den Oscars vor, auch wenn er noch nie in den Staaten war. Der riesige Bär kommt ihm vor wie King Kong, bereit, die weiße Frau zu entführen.
Im Berlinale-Palast summt es auf sechs Etagen wie in einem Bienenstock. Überall Gold und Rot, Rot, Rot.
Und jede Frau ein anderer Duft.
Er schleust seine Begleiterin an den Überwachungskameras vorbei. Sicher ist sicher. Man weiß nie, wer später einmal einen Blick darauf werfen wird. Deshalb hat er die Karten auch unter falschem Namen bestellt. Heute ist er Bernhard Krüger – mit Begleiterin. Sie heißt Finja, doch er weiß, dass es nicht ihr richtiger Name ist. Irgendwie ist heute alles falsch, kommt es ihm in den Sinn. Und dann noch ein weiterer Gedanke, der ihn eigentlich beruhigen sollte:
Wo könnten wir weniger auffallen als in diesem Gewühle.
Endlich sitzen sie im Saal. Parkett, elfte Reihe Mitte, in den weichen, tiefrot gepolsterten Kinosesseln. Eingekesselt von sündhaft teuren Kleidern, adrett gebundenen Fliegen, blitzenden Zähnen und tiefen Dekolletés, die ihm das Blut in den Kopf steigen lassen – und in die Lenden. Letztes Jahr hieß es noch MeToo, und fast alle kamen hochgeschlossen. Nur gut, dass seine Frau nicht hier ist. Gut, dass er heute jemand anders ist. Vielleicht sollte er das viel öfter tun. Krüger sein.
Er ruft sich zur Ordnung, sieht nach links, zu Finja. Ihre Augen sind groß und blank – für ihn die schönsten Augen der Welt – und fliegen neugierig hin und her. Der Saal ist riesig, so etwas hat sie sicher noch nie erlebt, tausendachthundert Plätze, und jeder ist besetzt.
Fünf Reihen vor ihnen sitzt der Berliner Innensenator Schiller, an seiner Seite die Staatsministerin für Kultur und Medien in einem schulterfreien Abendkleid. Eine Reihe weiter vorne entdeckt er den lichten Haarkranz des Regierenden Bürgermeisters – und plötzlich kommt ihm die bange Frage, ob ER vielleicht auch hier ist, der Mann, vor dem er die größte Angst hat. Der Mann, der sein Leben bestimmt hat – und es noch tut. Er könnte irgendwo hier sein, unter den vielen Gästen der Eröffnungsveranstaltung …
Oh Gott, wie konnte ich nur so unbedacht sein.
Er atmet tief ein. Und wieder aus. Versucht, Krüger zu sein, den keiner kennt.
Beruhige dich, er macht sich nichts aus Kultur! Alles Firlefanz. Das waren seine Worte!
Krüger lächelt angestrengt, schaut Finja an, und sein Herz geht auf.
Wenn es nur endlich losgehen würde mit dem Film. Dann wären sie sicher, im Schutz der Dunkelheit. Und die Aufmerksamkeit würde nur dem Film gelten. Doch Kurt Wagenbach, der Direktor der Berlinale, wird und wird nicht fertig mit seiner Eröffnungsrede. Nervös zupft Krüger an Finjas Mütze, schiebt eine vorwitzige Haarsträhne zurück unter den Saum. Seine Finger sind schon ganz feucht, und er kann spüren, dass sie es spürt. Sie mag seine feuchten Finger nicht.
»Ganz schön jung, Ihre Begleitung«, raunt eine hochgewachsene Frau mit brünettem Haar. Sie sitzt links neben Finja und zwinkert ihm über deren Kopf hinweg zu. Schauspielerin, denkt Krüger. Aber wie heißt sie noch gleich? Ihre Brüste sind vollendet, auf ihrer Haut schimmert goldener Sprühglitter. Der knapp bemessene Stoff ist vermutlich am Busen festgeklebt. Stars tun so etwas.
»Ist ’ne Ausnahme heute«, murmelt er.
»Ausnahme. Soso.« Die Zähne der Frau sind strahlend weiß.
»Was wollen Sie?«, zischt er. »Wenn die Berlinale mit einem Animationsfilm eröffnet wird, dann ist ja wohl nichts dagegen einzuwenden, oder?«
Das Lächeln der Frau wird dünner. »Sugar Daddy ist wohl etwas empfindlich, hm?« Sie zwinkert Finja zu.
Sugar Daddy! Krüger beißt sich auf die Lippen. Das hier läuft in die ganz falsche Richtung, denkt er.
Plötzlich brandet Applaus auf. Endlich. Wagenbach ist fertig. Die Saalbeleuchtung wird so langsam gedimmt, als ob die Sonne hinter einem Berg verschwindet. Ein letztes Glimmen, dann sitzen tausendachthundert Menschen im Dunkeln.
Finja fasst nach seiner Hand, trotz seiner feuchten Finger, und hält sie fest.
Ihm kommen beinah die Tränen, so schön ist das.
Es ist gut, hier zu sein. Krüger zu sein. Mit Finja. Und ein Film kann so eine schöne Sache sein; aufregend und harmlos zugleich, ein Animationsfilm, ein schönes gemeinsames, inspirierendes Erlebnis. Krüger entspannt sich in der Dunkelheit. Das Gemurmel verebbt. Hinter ihnen hustet jemand. Flüsternd gleitet der schwere Vorhang beiseite, gibt die Leinwand frei. Die Projektion ist seltsam klein und blass, als hätte der Vorführer einen Bock geschossen.
Ein Fehler?
Absicht?
Wer weiß das schon, heute wird einem ja jeder Mist als besonders verkauft. Im Saal scheint sich jedenfalls niemand zu wundern.
Auf der Leinwand ist eine Frau zu sehen, vielmehr ihr Hinterkopf, wasserstoffblond, mit Pagenschnitt. Sie geht vor der Kamera her, einen Kellergang entlang. Die Wände sind kahl, der Anstrich schmuddelig. Unter der Decke verlaufen Leitungen, Strom und Wasser. Weiße Haut blitzt auf, die Schultern der Frau sind nackt. Der Ton rauscht unnatürlich laut. Das Patschen ihrer Schritte ist zu hören. Die Schuhsohlen des Kameramanns knirschen. Was soll das sein? Doch wohl kaum der Eröffnungsfilm.
Ein Trailer?
Ein Scherz des Regisseurs?
Vor einer Fahrstuhltür bleibt die Frau stehen. Mattgrün lackiertes Metall, verschrammt. Offenbar ein Lastenaufzug. Die Kamera wartet, atmet. Oben – im ersten oder zweiten Rang – ruft jemand: »Falscher Film!«
Mit einem Ping schiebt sich die grüne Tür auf.
Die Frau bekommt einen Stoß, stürzt auf den Fahrstuhlboden, auf eine Plastikfolie. Sie trägt nur Unterwäsche. Eine kräftige Hand kommt kurz ins Bild. Latex, denkt Krüger alarmiert. Der Kerl trägt Latexhandschuhe. Die Kamera wackelt hektisch.
Krügers Mund wird trocken, und ihm wird ganz heiß.
Ich sollte nicht hier sein.
Der Saal hält den Atem an.
Der Kameramann reißt der Frau einhändig die Wäsche vom Leib, schlägt ihr ins Gesicht.
»Was soll der Mist? Macht das aus!«, schreit jemand im Publikum. Und erneut: »Falscher Film!« Gemurmel setzt ein. Rechts von Krüger lacht jemand.
Wie zum Teufel kann man darüber lachen?
Die Frau im Fahrstuhl schüttelt den Kopf. »Nein. Nein! Bitte nicht!«
Finja umklammert Krügers Hand. Rasch hält er ihr mit der anderen Hand die Augen zu.
Die Kamera geht tiefer, der Mann kniet sich hin. Für einen Augenblick ist ein steifes Glied zu erkennen; der Moment ist so schnell vorbei, dass man meinen könnte, man hätte nichts gesehen. Krüger würde gerne glauben, dass er nichts gesehen hat.
Finja windet sich, versucht, die Augen frei zu bekommen.
Die ersten Leute im Saal stehen auf.
Der Kameramann legt die Hand um die Kehle der Frau. Stößt und würgt. Immer weiter, immer wieder.
Finja will unbedingt etwas sehen, versucht, seine Finger wegzuschieben.
Krüger zieht ihr den Saum der Mütze über die Augen.
Nicht das, Finja. Nicht das! So etwas darfst du niemals sehen.
Er steht auf. Zerrt sie mit sich. Tritt auf die Füße der Leute, die noch sitzen. Pfiffe werden laut. »Aus«-Rufe erfüllen den Saal. Krüger schiebt das Mädchen vor sich her, drängelt sich zwischen Stuhllehnen und Knien hindurch, die Hände immer an Finjas Mütze, damit sie nur ja nichts sieht.
Auf der Leinwand erstarren die Augen der Frau. Plötzlich lässt der Kameramann die Kehle los. Mit einem tiefen, gierigen Atemzug holt die Frau Luft. Es klingt, als wollte sie alle Luft im Raum auf einmal in ihre Lungen saugen. Krüger bleibt stehen, kann nicht wegschauen. Der Mann löst sich von ihr, die Kamera wackelt, bebt, dann schnellt die linke Faust des Mannes ins Bild und schlägt auf den Brustkorb der Frau. Sie reißt Augen und Mund auf, ist einen schrecklichen Moment lang wie erstarrt. Der Kameramann nimmt seine Hand von ihrer Brust. Dort, wo das Herz ist, ragt ein übergroßer, langer Nagel aus ihrem weißen Körper.
»Das ist eine Fälschung, Leute«, ruft jemand.
Nein, denkt Krüger. Ist es nicht. Es sieht so verdammt echt aus.
Ein dunkles Rinnsal tritt neben dem Nagel aus dem Körper. Der Mund der Frau öffnet und schließt sich in einem verzweifelten Kampf.
Doch was Krüger am meisten entsetzt, ist die kleine Tätowierung, die er auf dem Unterarm des Kameramanns gesehen hat. Sie war nur kurz sichtbar, doch er glaubt sicher, eine Feder erkannt zu haben, und dann noch etwas anderes. Etwas, das er nicht versteht.
»Sieh hin«, flüstert der Kameramann, »dann weißt du, dass es einen Gott gibt.« Seine Stimme erfüllt den Saal. »Du hast mich gemacht. Und jetzt sieh, was euch erwartet.«
Finja zieht sich die Mütze vom Kopf. Krüger fasst sie am Arm und flüchtet mit ihr aus dem Saal.