Zu nachtschlafender Zeit - Udo Bahntje - E-Book

Zu nachtschlafender Zeit E-Book

Udo Bahntje

4,8

Beschreibung

Jemand, der gerne Geschichten liest oder hört, hat wohl meistens irgendwann zumindest gewünscht, sich auch selbst einmal kreativ an einem solchen Vorhaben zu versuchen. So erging es dem Verfasser Zeit seines Lebens. Und wenn dann einmal der Zündfunke übersprang oder ein geeigneter Katalysator einen Prozess auszulösen vermochte (z.B. die Gruppe LiTeeRat in Hamburg) wurden Ideen in die Tat, d.h. in Form von etwas selbst Geschriebenem, mit großer Lust an der Sache umgesetzt. So haben sich im Lauf der Jahre unter manchen anderen auch die hier ausgesuchten Erzählungen zum Thema Abend und Nacht angesammelt. Es sind Geschichten, in denen sich wie ineinander laufende Farben eines Aquarells die Grundfarben von Liebe und Freundschaft mit Farbtupfern des Grusels, des Humors, des spannenden Ereignisses und auch des Märchenhaften zu ganz unterschiedlichen Gesamtbildern vereinigen.

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Seitenzahl: 120

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For my dear oldest friend Kathleen M. in the U.K. who died Nov. 2015

Inhalt

Der Kuss

Eine Gastrolle des Teufels

Ein Zeichen des Himmels

Erster Fremder geht mit

Die Orgel

Der Spieler

Die Anhalterin

Der Schrank

Eine Gutenachtgeschichte

Halloweennacht

Zwischenfall im Dunkeln

Besuch zur Mitternacht

Besuch vom Weihnachtsmann

Die beiden Federn

Der Kuss

Konrads Blick wandert von dem großen goldenen Bild zu Christiane hin, die mit ihren Freundinnen Sandra und Melanie am Rande des Spiegelsaals sitzt und über Männer und andere Unwichtigkeiten witzelt. Es ist Pause in der vorletzten Tanzstunde vor dem viel besprochenen Abtanzball im Juni dieses Jahres 1967. Herr Meyerbeer, der leichtfüßig galante Tanzlehrer und Inhaber des ›Tanzpalasts‹, ist zurzeit im Hintergrund verschwunden.

Für Konrad waren es die ersten Tanzstunden seines Lebens. Er hat sich lange gesträubt und Ausreden ersonnen, doch hat er sich schließlich von seinen Eltern überreden lassen. Christiane hingegen darf diesen Grundkurs schon zum zweiten Mal mitmachen, und zwar als Gast, weil es gerade zu wenig Damen gab. Sie ist zwei Jahre älter als Konrad, nämlich schon beneidenswerte 18, und geht auf dasselbe Gymnasium wie er. Mit ihrem Temperament, ihren roten Haaren und den Sommersprossen auf Wangen und Nase wirkt sie erfrischend natürlich, und da sie außerdem eine gute Tänzerin ist und wo sie geht und steht den Gesprächsmittelpunkt bildet, nimmt es nicht wunder, dass Herr Meyerbeer gerade sie zu diesem Kurs eingeladen hat. Heute trägt sie knallenge Jeans und eine schneeweiße hoch geschlossene Bluse mit Stehkragen, um den an einem schmalen Lederbändchen ein schwarzweißer Yin und Yang Anhänger baumelt, auf den sich jeder selbst seinen Reim machen kann.

Das alles steht im Kontrast zu der etwas altmodisch wirkenden Umgebung, dem großen Spiegelsaal mit dem blanken Parkett und den beiden quadratischen spiegelverkleideten Säulen in der Mitte des Saals. Dazu viel Blattgold und überall fein überpudert eine Prise Jugendstil oder Art déco, wie Herr Meyerbeer, der diese Umgebung innig liebt, sich mit leichter geschichtlicher Ungenauigkeit aber um so größerer Vornehmheit auszudrücken beliebt. Insofern passend auch das besagte goldene Bild an der Wand. Es zeigt einen großen breiten Mann in einem prächtigen Patchworkmantel, der sich in stark dominierender Umarmung über eine blasse Frau beugt, von der man nur ein Stück ihres weißen Gesichts und eine schmale weiße Hand sieht, während das Übrige mit den golddurchwirkten Farben des Mantels und der Umgebung verschmilzt.

In der zweiten Tanzstunde, nach einem Exkurs über die geliebte Art déco, hatte Herr Meyerbeer gefragt, ob jemand wisse, wer dieses Bild gemalt habe. Keiner wusste es bis sich Konrad schließlich brav wie in der Schule meldete und sagte: »Der Maler heißt Gustav Klimt, und ich glaube, das Bild heißt ›Der Kuss‹. Daraufhin hatte Herr Meyerbeer anerkennend mit dem Kopf genickt und ein Lob gemurmelt bevor er im Hintergrund verschwand. Bei den Zuhörern bildete das goldene Gemälde mit diesem zu jugendlichen Fantasien anregenden Titel noch einige Zeit ein Gesprächsthema. Auch auf Christiane schien dieser kurze Dialog Eindruck gemacht zu haben, und als Konrad an der kleinen Getränkebar neben der Saaltür gerade eine Cola bestellt hatte, baute sie sich plötzlich vor ihm auf und fragte in ihrer unverblümten Art, ob er schon mal von einem Mädchen geküsst worden sei. Als er verlegen den Kopf schüttelte und den Blick senkte, hatte sie auf diese stumme Antwort nur erwidert: »Dann wird es aber Zeit!«, und Konrad, ehe sich’s dieser versah, einen schallenden Kuss auf die linke Wange gegeben. Das wurde allseits mit Gelächter quittiert, denn dieser Kuss wurde ja weniger als Kuss denn als gelungener Streich gewertet. Auch hätte ein selbstsicherer Adressat die Gelegenheit wohl genutzt und sich umgehend auf eine entsprechende Weise revanchiert, doch Konrad wandte sich nur zur Seite, um sich seine Verlegenheit nicht anmerken zu lassen. Doch wir sehen, dass das Bild langsam begann, auf seine Umgebung einzuwirken.

Das war also tatsächlich Konrads erster Kuss von einem erwachsenen Mädchen gewesen und seine einzige Sorge war dabei, dass seine Gesichtsfarbe nicht seine Verlegenheit widerspiegeln möge. Doch ein Blick in einen der großen Wandspiegel beruhigte ihn. Er konnte keine auffällige Veränderung an sich bemerken. Sicherlich deshalb, weil dieser Kuss eben wirklich nur äußerlich ein solcher, in Wirklichkeit jedoch ein frecher Streich war. Doch ganz so einfach lagen die Dinge dann auch wieder nicht. Der Kuss hatte bei Konrad eine Art Infekt ausgelöst. Das goldene Bild und Christianes Kuss wollten ihm nicht mehr aus dem Kopf gehen.

Heute nun, in der vorletzten Tanzstunde, als er Christiane bei einem langsamen Walzer etwas fester als erforderlich in den Armen hält, hat er die Gelegenheit endlich, und wie sich alsbald herausstellt viel zu spät beim vermeintlichen Schopf ergriffen und gefragt, ob er sie zum Abtanzball einladen dürfe. Aber Christiane schwenkte nur temperamentvoll ihre roten Haare in waagerechter Richtung. »Oh nein! Findest du diese Frage nicht etwas reichlich spät? Jochen hat mir schon in der zweiten Stunde das Versprechen abgenommen mit ihm zu gehen. Tut mir leid, aber versprochen ist versprochen.«

Das ist mal wieder typisch für Konrad. An sich sonst keine schlechten Voraussetzungen. Schlank, hoch aufgeschossen und sportlich, Klassenbester in Geschichte und Deutsch, aber zugleich eben viel zu träumerisch und zögernd, zuweilen noch ein richtiges Kind. Und keine Chance gegen einen so schneidigen, mit allen Wassern gewaschenen Jochen, der mit seinen 18 Jahren zwar schon zweimal eine Klasse wiederholen musste, doch schon reden kann wie ein Politiker, so dass man bei seinen Monologen in Gemeinschaftskunde am Ende so schlau ist wie am Beginn der Rede. Oder sind solche Gedanken etwa nur Neid? Hat er nicht selbst und allein schuld an seinen oft vertanen Chancen? Solche zu haben und sie auch sofort und kaltblütig zu nutzen sind zweierlei Dinge, die er im Zusammenspiel noch nicht ausreichend im Griff hat. Doch gleich darauf schämt er sich solcher Gedanken. Es ist doch schnurzpiepegal mit wem er den Abend des Abtanzballs zusammen verbringen wird. Herr Meyerbeer würde ihm schon eine Partnerin besorgen wenn diese vornehmen Dämchen hier alle bereits vergeben sind. Also abwarten und Tee trinken.

In der folgenden Woche geschieht in der nunmehr letzten Tanzstunde etwas Unerwartetes. Herr Meyerbeer, in Lackschuhe und vornehmes Schwarz gehüllt, klatscht schallend in die Hände und ordnet in seinem leicht näselnden, stets ein wenig ironischen Unterton Damenwahl an. Christiane steuert zielstrebig auf Konrad zu und schnappt ihn kurz und gekonnt der schwarzhaarigen Melanie weg, die ebenfalls auf Konrad zugegangen ist.

Ein Tango klingt auf. Gerade Tango, den Konrad immer so gemocht hat. Doch nun, weil es gerade Christiane ist mit ihrer wenn auch unverschuldeten Ablehnung, nimmt Konrad eine recht umständliche und distanzierte Haltung ein, was die missbilligenden Blicke von dem in der Nähe stehenden Herrn Meyerbeer auf sich zieht. Doch bevor sich dieser zum Eingreifen durchringen kann ist Christiane schon mit Konrad an ihm vorbei geschwenkt und hinter einer der Spiegelsäulen seinen Blicken entschwunden. »Stell’ dir vor«, beginnt sie ganz unvermittelt, »der Jochen darf in 14 Tagen mit seinen Eltern nach Florida fliegen. Sein Vater ist dort mit Familie von einem Geschäftspartner eingeladen und Jochen will sich natürlich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Daher hat er mir für den Abtanzball abgesagt. Hast du noch Lust mit mir zu gehen?« Das ist die schönste Frage, die Konrad seit langem gestellt wurde, und als er mit Christiane im Arm erneut im Blickfeld des gestrengen Herrn Meyerbeer erscheint, hat dieser an seiner Haltung nichts mehr auszusetzen.

Es wird, wie man so pathetisch zu sagen pflegt, eine rauschende Ballnacht. Christiane ist überraschenderweise in einem fast altmodisch wirkenden hellgrünen weiß gepunkteten Baumwollkleid erschienen, mit kurzen Puffärmeln und rundem Ausschnitt. Um den Hals trägt sie jetzt keine Lederschnur, sondern eine schmale Goldkette mit einem goldenen Kreuzanhänger mit rotem Stein in der Mitte. Ein Konfirmationsgeschenk, wie sie Konrad auf Befragen erklärt. Doch sonst ist sie ganz dieselbe geblieben: temperamentvoller Mittelpunkt des Tischgesprächs mit vielem Lachen und tanzenden Sommersprossen. Die roten Haare fliegen nur so und gleichen Fackeln, die die Stimmung auflodern lassen wohin sie sich auch wenden. Beneidenswerte Veranlagung, denkt Konrad, prostet Christiane zu und genießt diesen Abend, der sich schöner entwickelt als er es je zu träumen gewagt hat.

Mitgerissen von solcher Fröhlichkeit hat sich Konrad im Laufe des langen Abends ohne es recht zu bemerken mehr Gläser Wein als je zuvor eingeschenkt. Und auch Christiane hat tapfer mitgehalten. Gegen drei Uhr morgens, als es nun wirklich Zeit ist, bringt Konrad sie nach Hause, und zwar mit dem Taxi, denn seine Mutter hat ihn großzügig mit Geld ausgestattet für diesen ersten Ballabend seines Lebens. Anschließend will Konrad zu Fuß weiter wandern, um sich in der kühlen Nachtluft zu erfrischen und seine aufgewirbelten Gedanken in Ruhe zu ordnen.

Doch die Nachtluft erweist sich gar nicht als so kühl wie gedacht. Viel milder und auch heller ist es als er erwartet hat. Denn der Vollmond, vor dem nur ab und zu dünne Wolken in durchsichtigem Schleier vorüber ziehen, steht am Himmel und beleuchtet den Weg. Als Konrad die Gartenpforte aufklinkt und Christiane vor ihm auf dem Plattenweg durch den Vorgarten auf die Haustür zugeht, kann er deutlich die Umrisse von hohen Büschen mit heraus ragenden Zweigen am Wegesrand erkennen. Schau einer an: Plötzlich ist sie hinter einem hohen überhängenden Busch verschwunden, der in ein Sternenzelt weißer, im Mondschein funkelnder Jasminblüten eingehüllt ist. Der Jasmin duftet betäubend und verdichtet sich plötzlich zu einer riesenhaften Gestalt.

Der Mann im Patchworkmantel tritt hervor. Dort sind seine schwarzen Haare, und von der Frau, die er umschlungen hält, ist unter seiner massigen Gestalt fast nichts mehr zu sehen. Ist das bedrängend oder beschützend? Konrad findet es eher bedrängend und bleibt mit klopfendem Herzen stehen. Doch da ist es ja, das weiße Gesicht oben links neben der Schulter des Mannes, und plötzlich löst sich eine schmale Frauengestalt aus der riesenhaften Umarmung und tritt in das helle Mondlicht. Zum ersten Mal sieht Konrad die vollständige Frau im Bild.

»Was ist mit dir, Konrad? Willst du nicht weiter gehen?« Und als er weder antwortet noch weiter geht tritt die Frau ganz nahe an ihn heran, breitet die Arme aus und legt sie um seinen Hals. Er erkennt ein vertrautes Gesicht, das sich gegen ihn erhebt und die Lippen zum Kuss anbietet. Doch vorher flüstern sie, typisch Christiane und leise ihn neckend: »Nun bist du an der Reihe …«

Der Mann im Patchworkmantel ist machtlos geworden. Er hat seine bedrängende Dominanz verloren, und als Konrad nach unendlich langer Zeit aufblickt ist er verschwunden. Nur die Jasminblüten blitzen noch deutlich im Mondlicht. Er wird sich später immer wieder an sie erinnern.

Eine Gastrolle des Teufels

Es war im beginnenden Herbst des Jahres 1959, als in dem bayerischen Städtchen N. ein besonderes Theaterereignis bevorstand. Der erste Teil von Goethes Faust stand auf dem Programm, und am ersten Sonnabend im September sollte mit Beginn der Spielzeit die Premiere stattfinden.

Die Theaterleitung hatte für die Rolle des Mephisto den Schauspieler Helmut W. verpflichtet, der trotz seines jugendlichen Alters als aufsteigender Stern am Theaterhimmel gefeiert wurde und bereits auf großen Bühnen in Berlin und München gespielt und glänzende Kritiken erhalten hatte. Von seinem Privatleben wusste man wenig. Bekannt war nur ein gewisser Spleen, über den man hinter vorgehaltener Hand zu tuscheln und zu lächeln pflegte. Er war bekennender und grenzenloser Verehrer des großen Gustav Gründgens, den er oft zitierte und in allen seinen Eigenheiten nachzueifern suchte. Daher hatte es W. zur Bedingung gemacht und konnte es dank seines Rufes entgegen einer anfangs gefühlten Peinlichkeit des Direktors auch durchsetzen, dass er auf der Bühne des Provinzstädtchens N. in einem ganz ähnlichen Kostüm auftreten durfte wie der große Gründgens in Hamburg. So trug er in seiner Rolle einen eng anliegenden schwarzen Anzug mit schwarzen Handschuhen und rotem Mantel, das Gesicht weiß geschminkt, abgegrenzt durch schwarze Konturen und blutrote Lippen.

Wenige Tage vor der Premiere gab es einen jener Zwischenfälle, die bei einer fertigen Inszenierung so unbeliebt und gefürchtet sind. Der Schauspieler, der die Rolle Valentins, Gretchens Bruder, spielen sollte, erkrankte plötzlich schwer an einer als solche vermuteten Lebensmittelvergiftung und musste im Krankenhaus behandelt werden. Doch konnte nach eiligem Suchen ein auswärtiger, am Ort unbekannter Schauspieler mit dem Namen Richard L. gefunden werden, der nach eigener Darstellung die Rolle des Valentin bereits einmal gespielt hatte und beim Vorsprechen einen zwar nicht überwältigenden aber doch sicheren Eindruck machte. So wurde seine Bewerbung mit Erleichterung angenommen und der Termin zur Premiere war nicht mehr gefährdet.

Der Abend des großen Ereignisses war gekommen. Das Theater war bis auf den letzten Platz ausverkauft, und ein festlich gekleidetes Publikum wartete gespannt vor dem noch geschlossenen roten Vorhang. Und als sich dieser dann hob wurde es nicht enttäuscht. Faust und Mephisto lieferten sich kongeniale Rededuelle und nach jedem Senken des Vorhangs klang zwischen den einzelnen Bildern lebhafter Beifall auf.

Dann kam es zu jener Szene, die mit »Nacht« bezeichnet ist, und in der Valentin seinen Degen gegen Faust und Mephisto zieht, um die verlorene Ehre von Gretchen, seiner geliebten Schwester, zu rächen. Laut und vernehmlich hallten seine Worte durch den Saal:

»Wen lockst du hier? Beim Element!

Vermaledeiter Rattenfänger!

Zum Teufel erst das Instrument!

Zum Teufel hinterdrein den Sänger!«

Seit dem Beginn dieser kurzen Szene hatte die Souffleuse mit Erstaunen bemerkt, dass der Klang der Stimme des Mephistopheles plötzlich verändert erschien und sich verfremdet hatte. Hatte Helmut W. vor diesem Auftritt etwas getrunken? Doch hatte sie keine Zeit darüber nachzudenken und musste sich auf den Text konzentrieren. Und wieder überlief es sie wie mit einem kleinen Schauder, als Mephisto mit eben dieser verfremdeten Stimme nun entgegnete:

»Die Zither ist entzwei, an der ist nichts zu halten!«

und nach einer kurzen Entgegnung von Valentin:

»Herr Doktor, nicht gewichen! Frisch!

Hart an mich an, wie ich euch führe.

Heraus mit eurem Flederwisch!

Nur zugestoßen! Ich pariere.«

Es erfolgte das bekannte ungleiche Duell von zwei Fechtern gegen den einen braven Soldaten. Valentin schien erkennbar zu ermatten und rief in richtig gefühlter Erkenntnis der Situation:

»Ich glaub, der Teufel ficht!

Was ist denn das? Schon wird die Hand mir lahm.«

Und dann folgte, kaum sichtbar im Dunkel der nächtlichen Szene, der tödliche Stoß. Kam er von Faust, wie es dessen Rolle vorschreibt, oder von Mephisto? Weder vom Publikum noch selbst von der Souffleuse war das im Dunkel zu erkennen. Und wieder tönte die verfremdete spottende Stimme von Mephisto:

»Oh weh! Nun ist der Lümmel zahm!

Nun aber fort! Wir müssen gleich verschwinden!

Denn schon entsteht ein mörderlich Geschrei!«