Zuckerschnute - Thomas Tippner - E-Book

Zuckerschnute E-Book

Thomas Tippner

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Beschreibung

Alea bringt ihren Papa Marco das eine oder andere Mal an den Rand der Verzweiflung. Erobert sein Herz aber ebenso schnell, wie sie ihn manchmal fassungslos zurücklässt. Vorlaut und frech, navigiert Alea durch ihr kindliches Leben und weiß nicht, wie oft sie ihren Papa mit ihren Sprüchen und ihrer Weltsicht entzückt und verzaubert. Gleichzeitig muss sie lernen, was es heißt, langsam aber sicher die ersten Schritte ins Leben zu gehen.

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Table of Contents

Zuckerschnute

Impressum

Zitat

Kapitel 1

Kapitel 2

Grafik

Kapitel 3

Kapitel 4

Der Autor

Thomas Tippner

 

Zuckerschnute

 

Töchter, Vater und andere Katastrophen

 

BelletristikNovelle

 

 

 

Ashera Verlag

Impressum

 

Die Handlung und alle handelnden Personen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder realen Personen wäre rein zufällig.

 

 

 

Erste Auflage im Juni 2024

 

Copyright © 2024 dieser Ausgabe by

Ashera Verlag

Hochwaldstr. 38

51580 Reichshof

[email protected]

www.ashera-verlag.net

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder andere Verwertungen – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des Verlags.

Covergrafik: pixabay

Innengrafik: pixabay

Szenentrenner: pixabay

Coverlayout: Atelier Bonzai

Redaktion: Alisha Bionda

Lektorat & Satz: TTT

Vermittelt über die Agentur Ashera

(www.agentur-ashera.net)

Das Leben könnte eben sein, ist aber eine Achterbahn.

Kapitel I

 

Marco hatte erst kürzlich eine Aussage von Sir Arthur Conan Doyle gelesen, die ihm wieder in den Sinn kam, als er den Rewe betrat. Sie loderte in ihm auf, einem den nächtlichen Himmel erleuchtenden Sternenfunken gleich. Worte, die er niemals mit solch einer Kraft gesehen, geschweige denn verstanden hatte.

In dem Moment, als er seine Tochter da vor sich stehen sah, mit ihrem lilafarbenen Prinzessinnenkostüm ging ihm das Herz auf. Er musste nur den silbern glänzenden Zauberstab in ihrer Hand sehen, während in ihrem pechschwarzen Haar die billige Plastikkrone thronte, um die Aussage des großartigen, englischen Schriftstellers spüren zu können.

Es ist schon lange ein Grundsatz von mir, dass die kleinen Dinge definitiv die wichtigsten sind.

Marco, der im Eingangsbereich der Rewe-Filiale stand, den Blick auf seine Alea gerichtet, fühlte die väterliche Liebe in sich aufsteigen. Nicht nur, dass sie eines der niedlichsten Kinder war, die es auf der Welt gab, sondern deshalb, weil sie so selbstbewusst in den Laden gegangen war.

Ihren Zauberstab schwingend, die Krone richtend, ihre Brust geschwollen, auf den Lippen die Bemerkung: „Jeder liebt Prinzessinnen.“

Er liebte sie.

Abgöttisch.

Marco konnte sich nicht sattsehen an ihrer wie aus dunklem Porzellan gefertigten, schmalen Gestalt. An ihren fast schwarzen, immer vor Lebensfreude schimmernden Augen. Ihrer sanft getönten Haut und dem zierlichen, kleinen Mund, der unentwegt plapperte. Der eine Weisheit nach der anderen von sich gab und Marco mehr als einmal mit dem Gedanken hatte spielen lassen, all das aufzuschreiben, was sie den ganzen Tag von sich gab. Um dann wieder von der Idee abzukommen, weil hundert andere Dinge auf ihn einprasselten. So wie das Gespräch mit seiner ältesten Tochter, Mimi, und seiner zweiten, Lisa, deren Traum es war, nach Amerika zu fliegen. Für ein Jahr. Mit fünfzehn. Allein das raubte ihm den Atem. „Um Erfahrungen zu sammeln!“, hatte sie ihm gesagt.

Welche Erfahrungen?

Wie man eine Waffe entsicherte? Was es heißt, in einer Großstadt überfallen zu werden?

Was …

Er hatte die Fragen noch nicht zu Ende gedacht, da begriff er, dass er übertrieb. Dass er sich in seinen eigenen Ängsten verlor.

Und dass Alea Recht hatte, als sie ihm vor dem Kindergarten sagte: „Ich werde groß, weil es so ist.“

Womit sie richtiglag. Durch und durch. So war es auch mit Lisa. Sie musste ihren Weg gehen.

Obwohl er nicht immer hinterherkam, mit was für einer rasenden Schrittabfolge seine Mädchen ihren Weg in die Selbstständigkeit gingen, versuchte er es objektiv zu sehen. Weshalb ihm der Kopf rauschte. Ununterbrochen.

Er spürte, ohne dass er es böse meinte, bei all den Dingen, die da um ihn herum ihren Lauf nahmen, einen leichten Hauch von Erschöpfung in sich aufsteigen. Der dadurch befeuert wurde, dass seine dritte Tochter, seine Denise, ihn mit ihren gelegentlichen Wutanfällen, den zügellosen, impulsgesteuerten Durchbrüchen schier in den Wahnsinn trieb.

Und dann hatte er Alea.

Seine Zuckerschnute.

Die süße Maus, die es ohne große Schwierigkeiten schaffte, ihn ununterbrochen um den Finger zu wickeln. Die ihn anschaute, lächelte und sagte: „Ich will als Prinzessin zum Einkaufen gehen.“

„Mäuschen“, hatte er erwidert, wohlwissend, dass er sich gegen seine Tochter in diesem Augenblick nicht durchsetzen konnte, „ist dir das nicht zu kalt? Ich meine, der Frühling ist noch nicht da. Draußen regnet es und …“

Sie hatte ihren Zauberstab geschwungen, diesen auf Marco gerichtet und schlecht gereimt: „Ene, mene, Prinzessinnenei, Papa sagt, was ich will, bye, bye …“

Er stand mit Alea in der Rewe-Filiale, sie als wunderschöne, schwarzhaarige Prinzessin in einem abgewetzten Kleidchen, unter dessen linkem Ärmel ein faustgroßes Loch prangte. Deren Schärpe nur notdürftig mit einer Büroklammer befestigt war und aus deren Krone der Plastikdiamant gebrochen war.

„Ich glaube“, sagte sie, während Marco die Hand nach ihr ausstreckte, „mich sieht niemand.“

Er blieb stehen. Sein Griff nach einem der hinter den automatisch öffnenden Schiebetüren stehenden Einkaufskörbchen ausgestreckt, schaute er zu seiner sich langsam um sich selbst drehenden Tochter.

Für einen klitzekleinen Moment schien es, als habe ihr schier unverwüstliches und ins Unermessliche wachsende Selbstvertrauen eine Delle gekommen. Einen kurzen, intensiven Kratzer im unzerstörbaren Lack ihrer Selbstwahrnehmung.

Er wollte sagen: „Ich sehe dich, Schatz“, als sich eine Stimme seitlich von ihm zu Wort meldete.

Lieblich und freundlich.

Von einem ihm angenehm ans Ohr treffenden, melodisch schwingenden Klang, dass er den Kopf hob und zur Seite schaute. Hin zu den Obst- und Gemüseregalen. Zu einer jungen, braunhaarigen, ein ihn faszinierendes Lächeln auf den Lippen tragenden Frau. Die, ohne dass es ihr viel Mühe machte, ohne dass es sie etwas kostete, sagte: „Du bist eine wunderhübsche Prinzessin.“

Und damit das Leuchten in seinem Kind zurückbrachte.

 

 

Alea lachte ihr herrliches, wunderbares Lachen. Sie bekam sich gar nicht mehr ein. Obwohl Marco der Kopf schwirrte, er nicht wusste, was er sagen, geschweige denn denken sollte, starrte er nur zu seiner gackernden, kleinen Tochter. Die den Rucksack schulterte und den schmalen Zugang zum Kinderspielplatz im Kindergarten zeigte. Sie redete, während sie lachte. Was Marco nicht verstand.

„Was hat wer gesagt?“, wollte er wissen.

„Paul.“ Alea gackerte wieder. Verschluckte sich. Sagte dann: „Er hat gefragt, warum ich so kaffeebraun bin.“

Marco hielt inne.

„Er hat …“ Sie stieß erneut ein Lachen aus. Sie war fröhlich. Gelassen. Keine Spur von Verletztheit oder Gram. Nur ihre eigene Heiterkeit. „… gefragt, ob ich in Kakao getaucht worden sei.“

Sorgen stiegen in ihm auf, ließen ihn seine Augenbrauen krausziehen. „Was hast du gesagt?“, wollte er wissen und begriff, als er Alea antworten hörte, wie leicht das Leben sein konnte. „Mama und Papa haben mich so gemacht!“

 

 

Katharina war das, was Marco niemals für möglich gehalten hatte. Eine Frau, wie er verblüfft feststellte, die es schaffte, ihn mit einer einzigen Textnachricht nervös werden zu lassen. Die ihm schreiben konnte: Ich gehe schnell duschen und sein Gedankenkarussell in Gang setzte. Mit einer solch rasenden Geschwindigkeit, dass er sich an der Couch festhalten musste, auf der er saß.

Das Kribbeln, das angenehme, durch ihn hindurchflutende Gefühl der erregten Anspannung hatte er, in all seinem Alltagsstress, geglaubt, vergessen zu haben. Bei all den Aufgaben, bei all den vor ihm liegenden Aufträgen hatte er nicht beachtet, Mensch – Mann – zu sein. Es hatte kaum einen Gedanken an eine Frau gegeben. Nicht der wohlige, angenehme Schauer eines obszönen, verbotenen Bildes im Kopf, das Vorfreude auf einen Abend generierte, dessen Ausgang er beim besten Willen nicht absehen konnte.

Bis Katharina seine Alea zum Leuchten brachte. Sie den Kopf sanft zur Seite neigte, schmunzelte und Marco mit einem Blick bedachte, der ihn erst verwirrte, dann mit dem wohligen Schauer von Aufregung durchströmte. „Sie ist bezaubernd“, hatte sie gesagt und eine schwere, mit Kohlrabi bestückte Kiste vom Hubwagen gehoben.

„Ist sie“, war ihm heiser über die Lippen gekommen. „Meine Zuckerschnute.“

„Wie süß ist das denn?“ Mit den Worten hatte sich Katharina zu Alea hinuntergebeugt und gefragt: „Ist Papa auch deine Zuckerschnute?“

„Meine Stinkesocke.“

„Und du bist mein Rattenschwänzchen“, schoss er automatisch zurück. Den Regeln ihres Spieles folgend.

„Du meine Sandschaufel.“

„Marmeladenbrot.“

„Schuhsohle.“

„Was ist das denn?“, hatte Katharina mit einem verwirrten Gesichtsausdruck wissen wollen. „Unser Spiel. Du bist …“

„Ah …“

„Da geben wir uns Namen. Eigentlich sollen sie niedlich sein. Alea aber verwechselt manchmal schön mit frech.“

„Ich bin lustig“, behauptete sie und war, ihren Zauberstab schwingend, auf Marco zugekommen und hatte gefragt: „Darf ich eine Zeitung?“

„Heute nicht“, meinte er, legte Alea die Hand auf den Kopf und schaffte es kaum, seinen Blick von der vor ihm stehenden Katharina zu nehmen.

Die ihn schmunzelnd betrachtete und sich zu seiner Verwunderung mit einer verlegen aussehenden Handbewegung eine braune Haarsträhne hinters Ohr wischte.

---ENDE DER LESEPROBE---