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In London ist die Hölle los. Sieben brutale Morde innerhalb kurzer Zeit. Scotland Yard scheint hilflos. Eine brutale Bande versucht die Herrschaft über London zu erlangen. Inspektor Elk nimmt mit einer Truppe unerfahrener Hilfsdetektive den Kampf gegen das Böse auf.
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Seitenzahl: 152
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In dieser Reihe bisher erschienen
1901 Dietmar Kuegler Der unheimliche Pfeifer von Blending Castle
1902 Dietmar Kuegler Die goldenen Mönche
1903 Thomas Tippner Im Bann des Erlösers
1904 J. J. Preyer Der Spieler
1905 Reiner F. Hornig Das Geheimnis der toten Augen
1906 Thomas Tippner Die verlorenen Mädchen von London
1907 Thomas Tippner Die Flussratten von London
1908 Thomas Tippner Der Kreis der Verschworenen
1909 Reiner F. Hornig Das Erbe des Magiers
Edgar Wallace - Neue Fälle
Buch 7
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Copyright © 2024 Blitz Verlag, eine Marke der Silberscore Beteiligungs GmbH, Mühlsteig 10, A-6633 Biberwier
Redaktion: Danny Winter
Titelbild: Mario Heyer
Logo: Mark Freier
Satz: Gero Reimer
Alle Rechte vorbehalten.
ISBN: 978-3-689-84056-3
1907 vom 25.08.2024
Es geht los
Die Ratten kommen
Elk in Gefahr
Schattenmänner
Die Bombe platzt
Das Ende der Ratten?
Über den Autor
„Telefon für Sie, Inspektor!“
Elk verzog missmutig das Gesicht. Er hatte das Revier noch nicht einmal richtig betreten, da musste er gedanklich schon wieder gleich auf der Höhe sein. Dabei hatte er keine Gelegenheit gehabt, die Informationen, die er die letzten Tage gesammelt hatte, innerlich zu ordnen. Und eben, als er die ausgetretenen Stufen zum Polizeirevier hinaufgegangen war, als er eine der vielen heruntergekommenen Gestalten Londons an der Straßenecke gesehen hatte, war ihm eine Idee gekommen.
Sie hatte erst angefangen, in ihm zu ticken. Einem kontinuierlichen, aus einem Wasserhahn tropfenden Tropfen gleich. Stetig. Eindeutig. Immerwährend.
In dem Moment, als er meinte, seine Idee greifen zu können, als er hinter die ihn seit Wochen beschäftigenden Rätsel zu kommen glaubte, rief die ihn faszinierende Linda Adams ihm zu, jemand sei am Telefon.
Elk ballte die Hand zur Faust.
Er hasste es, wenn ihm der Gedanke abhandenkam.
Ähnlich einem in der Nase versiegenden Niesen.
Elk fragte, sich bewusst, dass seine Stimme rauer als sonst klang: „Wer ist es?“
„Hat er nicht gesagt“, meinte Linda, die die Schultern zuckte. Elk schluckte. Seine Sekretärin sah hinreißend aus. In ihrer bis zum Hals zugeknöpften Bluse und dem eng anliegenden Rock bescherte sie Elk einen weiteren Gedankenabbruch. „Nur, dass er mit Ihnen reden wolle.“
„Ich komme“, sagte er, schüttelte den Kopf und wünschte sich, dass der menschliche Verstand nicht so anfällig für Vergesslichkeit war. Dass er sich nicht von den kleinsten Kleinigkeiten verrückt machen ließ. Dass er es besser schaffte, sich von widrigen Umständen – einer ihn faszinierenden Miss Adams zum Beispiel – so schnell abzulenken.
Elk wusste, als er in sein unaufgeräumtes, mit Akten übersätes und den unterschiedlichsten Karten und Fotografien vollgehängtes Büro trat, dass er Linda nicht mehr aus dem Kopf bekommen würde. Dass es ihm nicht gelingen konnte, keinen Gedanken an ihren zart geschwungenen Mund zu verschwenden. Sich nicht vorzustellen, wie es war, ihre schmale, sanfte Hand zu nehmen und sie zu fragen, ob sie mit ihm einen Spaziergang hinab zur Themse machen wolle.
Sie und er.
In einer Zweisamkeit gefangen, die es ihm ermöglichte, Linda mehr von sich zu zeigen als den verschrobenen, immer über Fällen brütenden und unorthodoxe Methoden anwendenden Inspektor, der bei jeder Beförderungswelle übergangen wurde.
Was okay war. Er hatte sich damit abgefunden, dass der Superintendent nicht viel von ihm oder seiner Art der Ermittlung hielt. Womit er sich nicht abfinden konnte, war, dass man ihm nachsagte, chaotisch zu sein. Nicht organisiert. Nicht aufs Ziel gerichtet. Was er war. Voll und ganz.
Wie bei Linda.
Ihr gegenüber legte er eine Präzision an den Tag, die an einen Pfeilschuss von Robin Hood auf eine Zielscheibe erinnerte. Da war er ein Mann, der nichts unversucht ließ und sich darüber wunderte, wie leicht es ihm fiel, mit ihr zu sprechen. Nicht, wie er mit einem seiner Kollegen sprach. Nicht, wie er mit seinem Halbbruder ins Gespräch kam. Bei Linda war es was anderes. Das ging tiefer, war ehrlicher.
Du weißt, dass du dir was vormachst, altes Haus?, fragte er sich, während er nach dem Telefonhörer griff, sich diesen ans Ohr legte und ein brummendes: „Inspektor Elk“, in die Sprechmuschel schnarrte. Du hast es dir ausgemalt, mir ihr ungezwungen zu reden. Hast dich aber bisher nicht getraut, sie zu fragen, ob sie mit dir ans Wasser gehe. Diese Spaziergänge machst du gerne. Nur leider allein.
„Sie ist da“, meldete sich eine Elk unbekannte Stimme.
Er sagte nichts, wartete darauf, dass der Mann an der anderen Leitung weiterredete. Der wiederholte: „Sie ist da.“
Elk sah sich genötigt, zu antworten, indem er fragte: „Wer?“
„Die Prinzessin der Flussratten ...“
Elk fragte erneut: „Wer?“
„Jetzt werden sie noch stärker werden, Inspektor. Jetzt steht den Flussratten der Weg offen, ins Parlament einzuziehen. Die Wetten stehen sieben zu eins, dass sie es schaffen. Das wird ein K. o. fürs Empire.“
Elk wollte wissen, wovon gesprochen wurde. Um dann das auflegende Klick aus der Telefonmuschel zu vernehmen.
* * *
Edward, der den Telefonhörer langsam auf die Gabel zurücklegte, schaute sich um.
Er hatte das trügerische, ihn heimsuchende Gefühl von Angst, als er den Kopf wandte und die Schatten des East Ends betrachtete. Dorthin, wo einst das Messer Jack the Rippers seine Opfer gesucht hatte, wo die ersten Proteste der Vergessenen gestartet hatten. Die Reichen ihren Spaß daran hatten, sich das Leben der Ärmsten der Armen anzuschauen. Da, wo ein Mensch nicht mehr wert war als die wenigen Pence, die er bei sich trug.
Edward, der aus dem East End stammte, der wusste, wie schnell man tief fallen konnte, schluckte und ärgerte sich darüber, dass er seinem Gewissen gefolgt war. Dass er dem nagenden Zweifel in ihm nachgab, der ihm ununterbrochen, Tag und Nacht, zugeraunt hatte, dass er sein Wissen teilen müsse.
Unbedingt.
Er hatte zu viel gehört, zu viel mit angesehen, um tatenlos dabei zusehen zu können, dass ein Mensch ins Unglück gestoßen wurde.
Nur jetzt, wo er Elk auf die Fährte gelockt hatte, in der Hoffnung, er konnte mit seinen Worten was anfangen, hatte er kein gutes Gefühl mehr. Die von seinen Schultern fallende Last hatte sich verwandelt. In eine Beklemmung unbändiger Angst, die ihm im Augenblick den Schweiß auf die hoch angesetzte Stirn steigen ließ.
Die Brille, die er schon viel zu lange trug und die seiner Sehstärke in keiner Art entsprach, schob er sich mit einer für ihn typischen Handbewegung zurück auf den Nasenrücken.
Er atmete schwer ein, als er einen Schritt aus dem Hinterzimmer seines Vorgesetzten hinaus tat. Edward versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, was er getan hatte. Wollte nicht wieder einen Blick aus dem dreckigen Fenster auf die Straße werfen, wo die ersten sommerlichen Sonnenstrahlen eine schier unmögliche Unternehmung starteten, die dunklen Schatten der hässlichen East-End-Nacht zu vertreiben.
Er holte tief Luft, als er wieder auf seinen Schreibtisch zuging und sich seiner Schreibarbeit widmete. Wo er Zahlen miteinander verglich und eine Aufstellung vorbereitete, die seinem Chef sagte, ob die letzten drei Nächte profitabel gewesen waren oder nicht.
Sie waren es.
Die Boxkämpfe hatten einen guten Gewinn erzielt.
Natürlich hatten sie das, dachte er, die Kämpfer waren ja auch geschmiert.
* * *
„Flussratten?“, fragte Elk in den leeren Raum hinein und zuckte zusammen, als er hörte, wie Linda ihm eine Antwort gab.
„An dem Fall arbeitet Pommeroy, wenn ich mich nicht irre. Der ist aber zurzeit in Kent, um dort einer Spur nachzugehen. Gemeinsam mit Edgar Wallace.“ Sie schob hinterher: „So die Gerüchte.“
Elks längliches Gesicht, in dem die Augen tief lagen, der Mund zu breit wirkte und die Nase zu klein, verzog sich zu einer Grimasse. Nicht, weil er Pommeroy nicht mochte – um Gottes willen, nein, er schätzte seinen Kollegen –, sondern deshalb, da es ein Fall war, der nicht ihm gehörte.
Elk mochte es nicht, wenn er sich in fremde Angelegenheiten einmischte.
Es sei denn, dachte er, der Kollege bittet mich darum. Dann bin ich sofort dabei und helfe, wo ich nur kann.
Andererseits, und der Gedanke kam ihm nicht, weil er sich reinwaschen oder von einem schlechten Gewissen befreien wollte, war Pommeroy nicht in der Stadt und der Anruf ging direkt an ihn.
„Sieben zu eins? Ein K. o.?“
Linda schaute ihn aus ihren himmelblauen Augen, die immer an den wolkenlosen Himmel zahlreicher Sommerbilder erinnerten, an. Sie legte den Kopf schief, betrachtete den Inspektor und löste bei diesem ein Herzklopfen aus, das er seit gestern Abend, als sie sich verabschiedet hatten, nicht mehr so intensiv, so real gespürt hatte.
„Das hat der Anrufer gesagt“, klärte seine Sekretärin ihn auf und fügte hinzu: „Klingt so, als wollte er Ihnen einen Hinweis geben.“
„Den Eindruck hatte ich auch.“ Um dann zu sich zu sagen: „Hat er ängstlich geklungen? Oder abgeklärt?“ Er gab sich die Antwort. „Es war der Versuch, abgeklärt zu sein. Da war Angst aus seinen Worten zu hören. Er ist also jemand, der etwas weiß, von dem andere nicht erfahren dürfen, dass er es weiß. Hmmm, wie bekomme ich das zusammen?“
„Sie könnten herausfinden, was das mit dem K. o. zu bedeuten hat und dem sieben zu eins. K. o. klingt nach Boxen, wie ich finde.“
„Die Wetten, hat er gesagt!“, flüsterte Elk. „Ein Wettbüro?“
Linda zuckte mit den Schultern.
„Davon gibt es viele.“
Elk nickte, ließ sich kurz hinter seinen Schreibtisch fallen und ärgerte sich darüber, dass seine Gedanken anfingen durcheinanderzugeraten. Da war nicht nur sein jetziger Fall, den er nicht zu lösen bekam, obwohl ihn der Herumstreicher vor dem Revier auf eine neue Idee gebracht hatte.
Sein Kopf drohte zu platzen.
Er fühlte sich unwohl, konnte es nicht lassen, zu Linda zu schauen und sich an ihrem Anblick zu erfreuen.
„Sie wären eine gute Polizistin“, sagte er, als sie ihm mitteilte, dass der Yard einige Informanten in den Wettbüros, den kriminellen Organisationen und den einzelnen Banden habe. Diese Quellen, meinte sie, könne man doch einmal bedienen. „Sie haben den richtigen Riecher für Situationen.“
„Eine Frau beim Yard, ich glaube, davon kann ich nur träumen“, sagte sie, das Gesicht verschlossen, eine Spur von Traurigkeit auf ihren Zügen.
„Die Zeiten ändern sich. Meine Fürsprache haben Sie.“
Sie lächelte. „Zu lieb von Ihnen.“
„So bin ich“, sagte er mit etwas Spott in der Stimme, da er wusste, dass seine Meinung bei keinem seiner Vorgesetzten auf Gehör stoßen würde. „Agil, freundlich, liebenswert und immer dafür da, wenn eine Frau in Nöten mich braucht.“ Um dann zu murmeln: „Eine Frau in Nöten. Sie ist da. K. o. Sieben zu eins. Empire. Was hat das alles zu bedeuten?“ Er schaute auf und bat Linda: „Ich muss mit dem Murmler sprechen.“
* * *
„Haben Sie etwas Geld für einen mittellosen Vater?“, kam die für Elk erwartete Frage, als er sich, eine Zigarette rauchend, in die Schatten der Straße zurückgezogen hatte und seine Gedanken kreisen ließ.
„Sie haben keine Kinder, Dave“, antwortete Elk automatisch, während er den in seinem Hals stechenden Rauch einatmete und sich in einem kurzen Anflug von Selbstzweifel fragte, warum er sich das antat. Kippen schmeckten nicht. Sie waren abscheulich.
„Ich könnte aber.“
„Geld gibt es keins.“
„Auch nicht für Informationen?“
Elk holte tief Luft, schmunzelte, als er fragte: „Worum geht es denn?“
„Wie sieht es mit dem Geld aus?“
„Jetzt noch nicht.“
„Dann sage ich Ihnen auch nicht, dass heute Abend im Buzzy Duzzy ein Kampf stattfindet, der Erdbeben durch die Gassen Londons laufen lässt. Pech gehabt.“
Elk sagte nichts, zückte eine Pfundnote und hielt sie Dave hin.
Der ließ die Hände in seinem dreckigen Mantel verschwinden, schaute teilnahmslos an Elk vorbei, der in seine Hosentasche griff und hoffte, noch etwas Kleingeld zu finden.
„Mehr habe ich nicht“, meinte er und gab dem seltsamen Mann die wenigen Münzen, die er zusammengeklaubt hatte.
„Sie stehen in meiner Schuld, Inspektor“, sagte Dave, drehte sich um und war dann, murmelnd und leise mit sich selbst redend, die Straße hinuntergegangen, und war, als hätte der Erdboden ihn verschluckt, verschwunden.
* * *
Im Buzzy Duzzy stand die Luft.
Zigarettenqualm hing ebenso träge und Schlieren tragend unter der Decke wie der Geruch nach Schweiß, schalem Bier und der Gestank von Männern, die dabei waren, auf alles zu wetten, was sie hatten. Die Angst vor der Katastrophe des Verlierens lag in der Luft wie die Hoffnung auf den großen, einen alle Probleme beseitigenden Gewinn.
Kerle, unrasiert, in schmutzigen Hemden und zerrissenen Hosen, waren ebenso anwesend wie in besseren Zwirn gekleidete Herren, die so taten, als würde sie das alles, was um sie herum passierte, nicht interessieren. Die an der Bar saßen, die nur leicht bekleideten Mädchen flüchtig betrachteten und an ihren Getränken nippten.
Elk, der wusste, wie es in diesen Kaschemmen aussah, der genau sagen konnte, wann welcher der hier anwesenden Grobiane die Kontrolle verlieren konnte, versuchte, hinter das Rätsel zu kommen, das Dave ihm aufgegeben hatte.
In einer kurzen Unterhaltung mit Linda war nichts weiter herausgekommen, als dass er sich einmal im Buzzy Duzzy umgucken sollte.
Was er seinem Vorgesetzten erklärte.
Der hatte ihn nur teilnahmslos angeschaut.
Wie Elk es erwartet hatte.
Ebenso war dessen Reaktion auf die Bitte des Inspektors, das Buzzy Duzzy gegebenenfalls abriegeln und absperren zu lassen, erwartungsgemäß ausgefallen.
Mit einem überheblichen Lächeln auf den Lippen.
Elks Erklärung, warum er den Laden im East End beobachten und gegebenenfalls abriegeln lassen wollte, war mit der Aussage gekontert worden, dass es bei Scotland Yard nicht sonderlich hoch angesehen war, sich auf Gerüchte zu verlassen.
Was zur Folge hatte, dass sein Superintendent ihn anschaute, betrachtete und ihm kopfschüttelnd sagte: „Elk! Elk! Elk! Was soll ich bloß mit Ihnen machen? Ich meine, hey, Sie kommen zu mir, präsentieren mir irgendeine wilde Theorie und haben keinerlei Beweise, nicht den Hauch einer Möglichkeit, dass Ihre Worte wahr sein könnten. Können Sie mir bitte sagen, was ich damit anfangen soll? Können Sie das?“
„Nein!“
Mehr hatte Elk nicht sagen können. Wie meistens. Er hatte vor seinem Vorgesetzten gestanden, hatte sich dumm gefühlt und war dann, als dieser ihn aus dem Büro winkte, hängenden Kopfes zurück in seine Räume geschlichen.
Was hatte das alles zu bedeuten?
Wie konnte ein Boxkampf was verändern?
Sein erster Gedanke war Schiebung gewesen. Dass irgendwer irgendwen mit falschen Wetteinsätzen lockte und in den Ruin trieb, indem er einen der Kämpfer bestochen hatte.
Als Elk, getarnt mit schlecht sitzender Perücke und einem flüchtig aufgeklebten Bart, nach den Quoten fragte, antwortete ihm ein heruntergekommener, zahnloser Mann, der unentwegt irgendwelche Striche und Wellen auf seine Tafel kritzelte: „Ausgeglichen, Mann. Niemand weiß, wer gewinnt. Hart hat eine Keule, die lässt dich Engelchen singen hören, wenn er dich am Schädel trifft. Smith hingegen ist wendig und schnell, erschöpft nicht so sehr. Er tänzelt seine Gegner in Grund und Boden. Steckt er aber eine Keule ein, geht er schneller zu Boden als ein Priester in die Knie, um seine Segnung zu empfangen. Keine Ahnung, Mann, wer hier die Nase vorne haben könnte.“
Ebenso hörte er, dass die Wetteinsätze weder auf den einen noch auf den anderen ausgesprochen hoch waren.
Es war ein normaler Abend im Buzzy Duzzy.
Nichts Weltbewegendes. Nichts, das Elk in irgendeiner Art beunruhigen sollte. Dennoch blieb er an seinem Platz stehen. Er starrte in die sich andauernd hin- und herschiebende Menge. Elk hörte, wie Männer was bestellten, wie sie sich schubsten, anmachten, andere sich darüber freuten, wenn sie leicht zu rangeln und sich zu schubsen begannen.
Was hatte das zu bedeuten mit dem K. o.? Und dem sieben zu eins? Wie kann ich die Sachen mit Daves Aussage in Einklang bringen?
Wie ...
In dem Moment erschallte der Gong. Das Gejohle wurde lauter, ein Ringsprecher brüllte, dass er Ruhe haben wollte, und stellte dann die beiden Boxer vor. Die sich keines Blicks würdigten, als sich vor ihnen eine Gasse bildete und sie unbehelligt und ruhigen Gangs zum Ring geschlendert kamen.
Während Hart von seinem Trainer unentwegt irgendetwas ins Ohr gebrüllt bekam, war es Smith, der tänzelnd, einige Luftschläge ausführend, in den Ring kletterte. Er riss siegesgewiss den Arm in die Höhe, als der Ringsprecher seinen Namen rief.
Beide sind keine guten oder bekannten Kämpfer.
Was ist hier so wichtig?
Sieben zu eins?
Elk schüttelte den Kopf. Er ließ das Geschrei des Publikums über sich ergehen, während die beiden Kontrahenten voreinander standen, mit dem Hinweis, welche Quoten auf wen gesetzt waren. Als der Kampf mit einem Dooonnnnggg des Gongs begann, schweiften Elks Blicke erneut durch die Massen. Er versuchte in den Gesichtern, den Gesten, den Taten der Leute zu lesen, ob sich hier etwas anbahnte. Ob hier irgendetwas im Gange war. Er ging im Kopf die einzelnen Gestalten durch, die er kannte, mit denen er durch ihre Verfehlungen selbst einmal in Kontakt gekommen war.
Da waren zwei ihm bekannte Schmuggler, die es meisterhaft verstanden, unerlaubte Waffen in die Stadt zu bringen, ohne dabei Gefahr zu laufen, überführt zu werden. Bis heute war es weder Elk noch einem anderen Yard-Beamten gelungen, die Männer zu überführen. Dann waren da drei Zuhälter, größere Nummern im East End, die es geschafft hatten, sich mit Bordellen und der frei käuflichen Liebe so gute Anwälte zu leisten, die jede gegen sie erhobene Klage abschmetterten. Dazu ein Elk bekannter Buchmacher, der es bis heute verstand, von einem Syndikat schmutziges Geld in sauberes zu verwandeln – und auch er ein Mann, dessen Hände noch nie die Bekanntschaft mit Handschellen gemacht hatten.
Zu guter Letzt war da eine Frau, etwas plump, unbeweglich, vom Pech verfolgt, was ihr Aussehen anging. Dennoch gehörte sie zu den einflussreichsten Personen des East Ends. Sie war das Nadelöhr des Menschenhandels. Bis heute hatte Scotland Yard es nicht geschafft zu beweisen, wie sie neue Routen und Wege fand, um die unschuldigen Opfer über die Themse hierher nach London zu bringen. Die armen Irinnen, Schwedinnen, Russinnen in die Prostitution zu zwingen oder zu anderen, niederen Arbeiten.
Sie alle waren hier.
Was Elk ungewöhnlich fand.
Sieben große Persönlichkeiten des East Ends, deren Gesichter in der Zeitung abgedruckt werden sollten, mit der tragenden Überschrift: Verhaftet.
Was irgendwann geschehen würde.
Sieben Personen, die ...
Elk stutzte.
Sieben?
Er blinzelte, versuchte, den erneut in seinem Kopf entstandenen Knoten zu entwirren. Er nickte sich selbst zu und war aufgeregt, bekam Herzklopfen. Er riss die Augen auf, als das Dooooonnnng erneut ertönte, und in dem Moment, als die erste Runde ihr Ende fand, fassten sich die sechs Männer und die eine Frau an den Hals. Ein Ausdruck ungläubigen Entsetzens breitete sich auf ihren Gesichtern aus, um dann das Würgen zu bekommen.