Zwangsstörung - Tanja Endrass - E-Book

Zwangsstörung E-Book

Tanja Endrass

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Beschreibung

Die Zwangsstörung ist eine schwere psychische Störung. Betroffene fühlen sich gezwungen, repetitive beobachtbare Verhaltensweisen oder gedankliche Rituale auszuführen, um die durch die Zwangsgedanken ausgelöste Beunruhigung oder Angst zu reduzieren bzw. um befürchtete schlimmere Konsequenzen abzuwenden. Der Band liefert einen Überblick über das diagnostische und therapeutische Vorgehen bei Zwangsstörungen. Das Buch beschreibt die verschiedenen Erscheinungsformen von Zwangsstörungen und fasst den aktuellen Wissensstand zu Klassifikation, Epidemiologie, Verlauf und Ätiologie der Störung sowie zu typischen komorbiden Störungen zusammen. Wichtige diagnostische Instrumente werden vorgestellt. Anhand von Beispielen wird aufgezeigt, wie Patientinnen und Patienten Modelle zur Entstehung und Aufrechterhaltung der Störung näher gebracht werden können. Ausführlich werden kognitiv-behaviorale Behandlungsmethoden vorgestellt, deren Wirksamkeit empirisch abgesichert ist. Das Vorgehen bei den einzelnen Methoden, wie z.B. der Exposition mit Reaktionsverhinderung, bei kognitiven sowie metakognitiven Interventionen, wird anhand von Fallbeispielen verdeutlicht, dabei wird auch auf den Umgang mit schwierigen Therapiesituationen eingegangen. Verschiedene Arbeitsblätter unterstützen die Umsetzung des beschriebenen Vorgehens im therapeutischen Alltag.

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Tanja Endrass

Andrea S. Hartmann

Zwangsstörung

Fortschritte der Psychotherapie

Band 92

Zwangsstörung

Prof. Dr. Tanja Endrass, Prof. Dr. Andrea S. Hartmann

Die Reihe wird herausgegeben von:

Prof. Dr. Martin Hautzinger, Prof. Dr. Tania Lincoln, Prof. Dr. Jürgen Margraf, Prof. Dr. Winfried Rief, Prof. Dr. Brunna Tuschen-Caffier

Die Reihe wurde begründet von:

Dietmar Schulte, Klaus Grawe, Kurt Hahlweg, Dieter Vaitl

Prof. Dr. Tanja Endrass, geb. 1975. 1994 – 2000 Studium der Psychologie in Konstanz. 2000 – 2003 Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Konstanz. 2004 Promotion. 2003 – 2012 Post-Doc in der Arbeitsgruppe Klinische Psychologie an der Humboldt-Universität zu Berlin. 2009 – 2013 Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie). 2013 Habilitation. 2012 – 2016 Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe Neuropsychologie an der Universität Magdeburg. Seit 2016 Professorin für Suchtforschung an der Technischen Universität Dresden.

Prof. Dr. Andrea S. Hartmann, geb. 1982. 2001 – 2008 Studium der Psychologie in Basel. 2008 – 2010 Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Marburg. 2011 Promotion. 2008 – 2012 Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie) mit Zusatzfachkunde in Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. 2011 – 2013 Post-Doc am Massachusetts General Hospital und am Department of Psychiatry der Harvard Medical School in Boston MA. 2013 – 2021 Juniorprofessorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Osnabrück. 2016 Habilitation. Seit 2021 Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters an der Universität Konstanz.

Wichtiger Hinweis: Der Verlag hat gemeinsam mit den Autor:innen bzw. den Herausgeber:innen große Mühe darauf verwandt, dass alle in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen, Internetlinks etc.) entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abgedruckt oder in digitaler Form wiedergegeben wurden. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes und der digitalen Produkte können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autor:innen bzw. Herausgeber:innen und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

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www.hogrefe.de

Satz: Sabine Rosenfeldt, Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, Göttingen

Format: EPUB

1. Auflage 2024

© 2024 Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, Göttingen

(E-Book-ISBN [PDF] 978-3-8409-3132-1; E-Book-ISBN [EPUB] 978-3-8444-3132-2)

ISBN 978-3-8017-3132-8

https://doi.org/10.1026/03132-000

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Zitierfähigkeit: Dieses EPUB beinhaltet Seitenzahlen zwischen senkrechten Strichen (Beispiel: |1|), die den Seitenzahlen der gedruckten Ausgabe und des E-Books im PDF-Format entsprechen.

Inhaltsverzeichnis

1  Beschreibung der Zwangsstörung

1.1  Einführung und Symptome

1.2  Diagnostische Kriterien

1.3  Epidemiologische Daten

1.4  Verlauf und Prognose

1.5  Komorbidität

1.6  Differenzialdiagnostik

2  Ätiologie und Störungsmodelle

2.1  Genetische Faktoren und neurobiologische Modelle

2.2  Behaviorale und kognitive Modelle

3  Diagnostik und Indikation

3.1  Diagnostische Verfahren

3.1.1  Kategoriale Diagnostik

3.1.2  Dimensionale Diagnostik

3.2  Indikation

4  Behandlung

4.1  Schwierigkeiten zu Behandlungsbeginn

4.2  Allgemeine Aspekte der Behandlung

4.2.1  Ziele der Behandlung

4.2.2  Planung der Behandlungssitzungen

4.2.3  Therapeutisches Setting und therapeutische Beziehung

4.3  Behandlungsrational und Erarbeiten des Modells

4.4  Exposition mit Reaktionsverhinderung

4.4.1  Vorbereitung der Exposition mit Reaktionsverhinderung

4.4.2  Durchführung der Exposition mit Reaktionsverhinderung

4.4.3  Nachbereitung der Exposition mit Reaktionsverhinderung

4.4.4  Optimierung des inhibitorischen Lernens während der Exposition

4.4.5  Mögliche Schwierigkeiten bei der Exposition mit Reaktionsverhinderung

4.4.6  Besonderheiten spezifischer Zwangsformen

4.5  Kognitive Interventionen

4.5.1  Kognitive Umstrukturierung der Interpretationen von Zwangsgedanken

4.5.2  Veränderung irrationaler Überzeugungen

4.5.3  Mögliche Schwierigkeiten bei der kognitiven Therapie

4.6  Abschluss der Behandlung und Auffrischungssitzungen

4.7  Psychopharmaka

4.8  Weitere psychotherapeutische Behandlungsansätze

4.8.1  Metakognitive Therapie

4.8.2  Achtsamkeitsbasierte Ansätze

4.8.3  Weitere therapeutische Ansätze und Verfahren

4.9  Weitere biologische, nicht pharmakologische Behandlungsansätze

5  Effektivität

5.1  Psychotherapeutische Behandlung

5.1.1  Kognitiv-verhaltenstherapeutische Behandlung

5.1.2  Weiterentwicklungen der kognitiv-verhaltenstherapeutischen Behandlung

5.1.3  Weitere Therapieverfahren

5.2  Medikamentöse Behandlung

5.3  Biologische, nicht pharmakologische Verfahren in der Behandlung von Patienten mit therapierefraktären Zwangsstörungen

5.4  Zukünftige Foki der Behandlungsforschung

6  Fallbeispiel

7  Weiterführende Literatur

8  Literatur

9  Kompetenzziele und Lernkontrollfragen

10  Anhang

Informationen für Betroffene

Informationen für Angehörige

Modell der Zwangsstörung

Symptomprotokoll

Vorbereitung der Exposition mit Reaktionsverhinderung

Selbstinstruktionen für die Durchführung der Exposition mit Reaktionsverhinderung

Nachbesprechung der Exposition

Gedankenprotokoll

Karte

Kognitiv-behaviorales Modell der Zwangsstörung

Hinweise zu der Karte

|1|1  Beschreibung der Zwangsstörung

1.1  Einführung und Symptome

Die Zwangsstörung ist eine schwere psychische Störung. Betroffene geben häufig an, dass sie sich gezwungen fühlen, bestimmte Verhaltensweisen (z. B. wiederholtes Kontrollieren des Backofens, häufiges Händewaschen, mentales Beten) auszuführen. In der Regel dienen die Verhaltensweisen dazu, befürchtete schlimmere Konsequenzen (z. B. ein Abbrennen des Hauses, ein Erkranken an einer schlimmen Krankheit) oder aufdringliche und wiederkehrende Gedanken (z. B. jemanden versehentlich zu verletzen) abzuwenden. Dies stellt auch schon das zentrale Muster der Zwangsstörung dar und steht im Zentrum kognitiv-behavioraler Störungsmodelle.

Die Zwangsstörung ist durch die Symptombereiche Zwangsgedanken und Zwangshandlungen charakterisiert. Die Inhalte und Themen der Zwangsstörung können sehr unterschiedlich sein. Zwangsgedanken sind als wiederkehrende und anhaltende Gedanken, Impulse oder Vorstellungen definiert, die als aufdringlich und ungewollt erlebt werden und Angst oder Unruhe auslösen (APA, 2015). Betroffene versuchen, die Gedanken zu unterdrücken oder ihnen durch Zwangshandlungen entgegenzuwirken. Inhalt der Gedanken sind oft potenzielle Gefahren, die durch Unachtsamkeit dazu führen können, dass die Person selbst oder andere zu Schaden kommen. Neben Gefahren spielen aber auch tabuisierte Themen, die die Sexualität, Religion oder Aggression betreffen, eine Rolle (vgl. auch Tabelle 1). Die Gedanken, wie z. B. versehentlich eine geliebte Person zu verletzen, stehen dabei typischerweise im Widerspruch zu den eigenen Werten und Überzeugungen. Die Gedanken werden dabei als eigene Gedanken erkannt und es besteht in den meisten Fällen eine Einsicht, dass die Gedanken übertrieben oder unsinnig sind. Zwangshandlungen sind repetitive beobachtbare Verhaltensweisen oder gedankliche Rituale, die typischerweise ausgeführt werden, um die durch die Zwangsgedanken ausgelöste Beunruhigung oder Angst zu reduzieren. Typische Zwangshandlungen beinhalten exzessives Waschen oder Reinigen, Kontrollieren oder Ordnen. Sie sind oft übertrieben in Relation zum eigentlichen Ziel und erfolgen ritualhaft (z. B. sehr ausführliches Händewaschen, das einem genau festgelegten Ablauf folgt und deutlich länger dauert als üblich). Teilweise ist der Bezug zwischen der Handlung und der abzuwendenden Gefahr für Außenstehende kaum nachvollziehbar (z. B. Händewaschen, um nicht an Krebs zu erkranken) oder die Handlungen folgen abergläubischen Ritualen (z. B. drei |2|gute Gedanken denken, um zu verhindern, dass der Partner1 mit dem Auto verunglückt). Neben Zwangshandlungen sind aber auch Vermeidungsverhalten und Neutralisieren charakteristisch für die Zwangsstörung. Es werden beispielsweise Situationen vermieden, die das Auftreten von Zwangsgedanken begünstigen können (z. B. nicht mit dem Kind allein sein, um aggressive Zwangsgedanken, das Kind zu verletzen, zu vermeiden). Außerdem werden auch Situationen vermieden, die die Ausführung von Zwangshandlungen erfordern würden (z. B. nicht die Türklinken anfassen, weil man sonst die Hände waschen müsste, oder nicht mit Messern hantieren, weil man sonst drei Vaterunser beten müsste). Die wichtigsten Symptombereiche der Zwangsstörung sind Kontamination und Waschen, Kontrollieren, Symmetrie und Ordnung sowie Horten, wobei letzteres nicht nur ein Symptom, sondern auch eine eigenständige Störung darstellen kann. Die Diagnose Pathologisches Horten sollte in Erwägung gezogen werden, wenn keine typischen Zwangsgedanken mit dem Horten verbunden sind (APA, 2015; vgl. Külz & Voderholzer, 2018; vgl. auch Kapitel 1.6). Typischerweise liegt ein Zusammenspiel von Zwangsgedanken und Zwangshandlungen vor, wobei die Zwangshandlungen das Ziel haben, den Zwangsgedanken bzw. den mit ihnen verbundenen Befürchtungen entgegenzuwirken (für Beispiele vgl. Tabelle 1).

Tabelle 1:  Beispiele für Gedanken, Handlungen und Vermeidungsverhalten für die wichtigsten Symptombereiche der Zwangsstörung

Symptombereich

Gedanken

Handlungen

Vermeidung

Kontamination und Waschen

Befürchtung, sich oder andere mit HIV zu infizieren

Ausführliches Waschen und Desinfizieren der Hände

Sich in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht hinsetzen

Kontrollieren

Befürchtung, die Nachbarn könnten durch einen Wohnungsbrand sterben

Ausgiebiges Kontrollieren der Elektrogeräte und Ziehen der Stecker beim Verlassen der Wohnung

Den Herd nicht benutzen, um so die Gefahr abzuwenden, den Herd versehentlich nicht auszuschalten

Kontrollieren bei aggressiven Zwangsgedanken

Befürchtung, den Partner versehentlich mit dem Messer zu erstechen

Kontrollieren, ob sich Blutspuren an den Messern finden

Keine Messer benutzen, wenn der Partner anwesend ist

|3|Symmetrie und Ordnung

Befürchtung, ins Chaos zu verfallen, falls Dinge nicht an einem bestimmten Ort sind

Einräumen von Geschirr und Besteck in Küchenschränke verläuft nach einem festen Ritual

Geschirr und Besteck nicht benutzen

Horten

Befürchtung, wichtige Dinge zu verlieren

Übermäßiges Sammeln und Aufbewahren von Gegenständen (z. B. alte Tageszeitungen)

Dinge werden nicht weggeworfen

1.2  Diagnostische Kriterien

Die Diagnosekriterien für die Zwangsstörung nach ICD-11 (WHO, 2019) finden sich im folgenden Kasten und die Kriterien nach DSM-5 (APA, 2018) im daran anschließenden Kasten. Die Vergabe der Diagnose einer Zwangsstörung beruht auf dem Vorhandensein von Zwangsgedanken oder -handlungen, wobei häufig beide Symptombereiche vorliegen. In einer Studie von Foa et al. (1995) waren in 91 % der Fälle Zwangshandlungen und -gedanken vorhanden, in 8.5 % vorwiegend Zwangsgedanken und in 0.5 % vorwiegend Zwangshandlungen. Die diagnostischen Kriterien bilden die Bezüge zwischen Zwangsgedanken und -handlungen ab, wie sie in verhaltenstherapeutischen Störungsmodellen konzeptualisiert werden. Für die Vergabe der Diagnose wird neben den inhaltlichen Kriterien ein gewisser Schweregrad gefordert, der sich in einem zeitlichen Umfang der Symptome von mindestens einer Stunde am Tag oder erheblicher Beeinträchtigung oder Leiden niederschlägt.

Diagnosekriterien für die Zwangsstörung nach ICD-112 (WHO, 2019)

Vorhandensein von anhaltenden Zwängen oder Zwangshandlungen oder in den meisten Fällen durch beides gekennzeichnet.

Zwangsvorstellungen sind sich wiederholende und anhaltende Gedanken, Bilder oder Impulse/Erregungen, die aufdringlich und unerwünscht sind und in der Regel mit Ängsten einhergehen.

|4|Der Betroffene versucht, die Zwangsvorstellungen zu ignorieren oder zu unterdrücken oder sie durch die Ausübung von Zwängen zu neutralisieren.

Zwänge sind sich wiederholende Verhaltensweisen, einschließlich sich wiederholender geistiger Handlungen, die der oder die Betroffene als Reaktion auf eine Obsession, nach starren Regeln oder zur Erlangung eines Gefühls der "Vollständigkeit" auszuführen gedenkt.

Damit eine Zwangsstörung diagnostiziert werden kann, müssen die Zwangsvorstellungen und Zwänge zeitaufwendig sein (z. B. mehr als eine Stunde pro Tag in Anspruch nehmen) oder zu erheblichem Leidensdruck oder zu erheblichen Beeinträchtigungen in persönlichen, familiären, sozialen, schulischen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen führen.

Diagnosekriterien der Zwangsstörung nach DSM-5 (APA, 2018)3

Entweder Zwangsgedanken, Zwangshandlungen oder beides:

Zwangsgedanken sind durch (1) und (2) definiert:

Immer wiederkehrende und anhaltende Gedanken, Impulse oder Vorstellungen, die im Krankheitsverlauf mindestens zeitweilig als aufdringlich und ungewollt empfunden werden, und die meist ausgeprägte Angst und großes Unbehagen hervorrufen.

Die Person versucht, diese Gedanken, Impulse oder Vorstellungen zu ignorieren oder zu unterdrücken oder sie mithilfe anderer Gedanken oder Tätigkeiten zu neutralisieren (z. B. durch die Ausführung einer Zwangshandlung).

Zwangshandlungen sind durch (1) und (2) definiert:

Wiederholte Verhaltensweisen (z. B. Händewaschen, Ordnen, Kontrollieren) oder mentale Handlungen (z. B. Beten, Zählen, Wörter lautlos wiederholen), zu denen sich die Person als Reaktion auf einen Zwangsgedanken oder aufgrund von streng zu befolgenden Regeln gezwungen fühlt.

Die Verhaltensweisen oder die mentalen Handlungen dienen dazu, Angst oder Unbehagen zu verhindern oder zu reduzieren oder gefürchteten Ereignissen oder Situationen vorzubeugen; diese Verhaltensweisen oder mentalen Handlungen stehen jedoch in keinem realistischen Bezug zu dem, was sie zu neutralisieren oder zu verhindern versuchen, oder sie sind deutlich übertrieben.

Die Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen sind zeitintensiv (sie beanspruchen z. B. mehr als 1 Stunde pro Tag) oder verursachen in klinisch |5|bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.

Die Symptome der Zwangsstörung sind nicht Folge der physiologischen Wirkung einer Substanz (z. B. Substanz mit Missbrauchspotenzial, Medikament) oder eines medizinischen Krankheitsfaktors.

Das Störungsbild kann nicht besser durch das Vorliegen einer anderen psychischen Störung erklärt werden (...).

Die letzten Revisionen der Diagnose und Klassifikation der Zwangsstörung beinhalteten einige wesentliche Änderungen. Eine solche betrifft die Klassifikation der Störungen in einer neuen Störungsklasse, die Zwangsstörung oder verwandte Störungen umfasst. Zu den verwandten Störungen gehören die Körperdysmorphe Störung, Pathologisches Horten, Trichotillomanie, Dermatillomanie sowie zusätzlich in der ICD-11 (WHO, 2019) die Krankheitsangststörung (früher Hypochondrie). In beiden Diagnosesystemen ist es nun möglich, den Grad der Störungseinsicht bei der Zwangsstörung zu kodieren, was in den Vorversionen noch als Voraussetzung erfüllt sein musste, um die Diagnose zu stellen. Die Änderung trägt der klinischen Beobachtung Rechnung, dass in besonders schweren Fällen die Einsicht, dass die Gedanken und Handlungen übertrieben sind, beeinträchtigt sein oder fehlen kann. Neben der Zwangsstörung kann nun auch die Störung Pathologisches Horten vergeben werden (vgl. dazu Kapitel 1.6).