Zwei Neujahrsnächte - Heinrich Mann - E-Book

Zwei Neujahrsnächte E-Book

Heinrich Mann

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Beschreibung

Luiz Heinrich Mann (1871-1950) war ein deutscher Schriftsteller aus der Familie Mann. Er war der ältere Bruder von Thomas Mann. Ab 1930 war Heinrich Mann Präsident der Sektion für Dichtkunst der Preußischen Akademie der Künste, aus der er 1933 nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten ausgeschlossen wurde. Mann, der bis dahin meist in München gelebt hatte, emigrierte zunächst nach Frankreich, dann in die USA. Im Exil verfasste er zahlreiche Arbeiten, darunter viele antifaschistische Texte. Seine Erzählkunst war vom französischen Roman des 19. Jahrhunderts geprägt. Seine Werke hatten oft gesellschaftskritische Intentionen. Die Frühwerke sind oft beißende Satiren auf bürgerliche Scheinmoral. Mann analysierte in den folgenden Werken die autoritären Strukturen des Deutschen Kaiserreichs im Zeitalter des Wilhelminismus. Resultat waren zunächst u. a. die Gesellschaftssatire «Professor Unrat», aber auch drei Romane, die heute als die Kaiserreich-Trilogie bekannt sind. Im Exil verfasste er die Romane «Die Jugend des Königs Henri Quatre» und «Die Vollendung des Königs Henri Quatre». Sein erzählerisches Werk steht neben einer reichen Betätigung als Essayist und Publizist. Er tendierte schon sehr früh zur Demokratie, stellte sich von Beginn dem Ersten Weltkrieg und frühzeitig dem Nationalsozialismus entgegen, dessen Anhänger Manns Werke öffentlich verbrannten.

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Seitenzahl: 27

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Zwei Neujahrsnächte

Zwei Neujahrsnächte

Zwei Neujahrsnächte

Der einsame Reiter ritt nun schon eine lange Weile in Sinnen dahin, hielt den Kopf gesenkt und den Zügel locker. Als er mit munterem Trab in den Wald eingetreten, hatte er die alten Stämme so hoch in den stahlblauen Himmel hineinragen gesehen, daß die zahllosen Sterne wie leuchtende Blüten an den obersten Zweigen zu hangen schienen.

Nun ward er plötzlich aus seinen Träumen aufgeschreckt durch einen Windstoß, der ihm den Dreimaster entführen gewollt. Ganz verwundert sah er die Sterne verschwunden und die Gipfel der Bäume in schwarzer Finsternis verloren. Dem ersten Windstoß folgten andere, die ihm kleine spitze Körner ins Gesicht trieben.

Mit zorniger Bewegung gab er seinem Pferde die Sporen, um dem Schnee- und Hagelwetter womöglich zu entkommen. Aber es war zu spät. Mit jeder Minute wuchs der Sturm, bald fanden sich Roß und Reiter in einer wirbelnden Wolke geschlossen. Beide waren geblendet, die spitzen Hagelkörner ängsteten das Pferd, so daß es scheute. Ärgerlich riß der Reiter es vorwärts, da tat es einen Fehltritt und stürzte.

Einen Fluch zwischen den Zähnen hervorstoßend, stieg der Reiter ab, um dem Tiere aufzuhelfen. Es glückte endlich, doch zeigte sich ein Fuß verstaucht.

Der junge Mann streichelte das zitternde Tier und tröstete es:

»Arme Biche! Das hätte auch mir selbst passieren können. Nun müssen wir sehen, wo wir bleiben. Das kann eine hübsche Neujahrsnacht werden.«

Bei jedem Schritt verstrickte er sich in Wurzeln. Weg und Richtung waren längst verloren; wenig Hoffnung, Alshausen, den Gutshof zu erreichen, wo ihn die Braut erwartete. Nun galt es, sich mit dem Dickicht des westfälischen Waldes abzufinden. Die Stämme standen so nahe beieinander, daß bei aller Vorsicht das Pferd nicht ganz vor Schlägen gegen den Brägen zu behüten war. Es sprang dann heftig zur Seite gegen seinen Führer, den es fast umriß. Zuweilen legte sich dichtes Gestrüpp in den Weg und mußte, so gut es ging, durchhauen werden mit dem leichten Galanteriedegen, der dazu nicht gemacht war.

Die Hoffnung, hier ein Ende zu finden, ward immer geringer, die Lage des jungen Kavaliers immer unheimlicher, als er glücklicherweise eine schmale Wegspur unter den Füßen fühlte. Eine gute Strecke zog er sein Pferd auf dem entdeckten Pfade weiter, dann meinte er hinter dem Schneenebel einen blassen Lichtschein zu gewahren. Zwischen den Stämmen rückte er eine Zeitlang hin und her, verschwand und tauchte wieder auf, und am Ende blieb der Verirrte, der nun das Gehöft, das vor ihm lag, unterschied, vor Staunen stehen. Unwillkürlich rief er aus:

»Alle Wetter! Nun will ich glauben, daß der Wald heut nicht mehr aufhört. Ich bin wahrhaftig arg in die Runde gegangen, denn das da ist Wenckenhof!«

So sah sich der junge Freiherr von Wenck unvermutet dem alten Waldhof gegenüber, dem ehemaligen hundertjährigen Sitze seiner Familie, den er nur bei sommerlichen Lustpartien oder herbstlichen Jagden zu besuchen pflegte.

Dicht herangekommen, fand er das große Tor in der Umfassungsmauer fest verschlossen. Sein lautes Pochen verhallte im Sturm. Er mußte Klötze zu Hilfe nehmen, die er gegen die eichenen Planken stieß. Nach vielem Lärmen sah er durch einen Spalt den Schein einer Laterne sich nähern.

Es war der Pächter selbst, der sie, sobald das Tor geöffnet, dem Ankömmling unter die Nase hielt, um sich zu überzeugen, daß der Name, den der junge Mann ihm zugerufen, richtig gewesen.

Der kleine bewegliche Mann, in Mantel und Kapuze verhüllt, sprang voller Verwunderung im Schnee hin und her.

»Nein doch, so ist es wirklich der gnädige Herr Baron, der uns die Ehre gibt. An solchem Tage!«

Ziemlich übellaunig erwiderte der Angeredete: