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Sigurd/Marvin kann die Vergangenheit nicht verlassen. Er befindet sich unvermittelt in einem 25 Jahre alten Körper und in der Gefangenschaft der Aliens. Jetzt erst beginnt sein Überlebenskampf in einer Welt des Chaos, die vom Kampf zweier außerirdischen Machtgruppen zerrieben zu werden droht. Die ‚Wächter der Sterne‘ sind unvermittelt zu seinen Häschern geworden. Sie versuchen seiner Habhaft zu werden, während GLEESITT, die ‚Stadt der Tausend Sterne‘ auf seine Seite zu stehen scheint. Als die zweite Gruppe der Aliens von der Erde einen Angriff auf das Mutterschiff Ko und auf GLEESITT starten, muss er sich entscheiden, auf welcher Seite er steht.
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Seitenzahl: 155
AlienWalk 14
Zwischen den Fronten
Jens F. Simon
© 2022 Jens F. Simon
Illustration: S. Verlag JG
Verlag: S. Verlag JG, 35767 Breitscheid,
Alle Rechte vorbehalten
Neuauflage von „Der Spezialist MbF“
Doppelband
1.Auflage
ISBN: 978-3-96674-237-5
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig und wird sowohl strafrechtlich als auch zivilrechtlich verfolgt. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Eines Tages stellst du fest, dass dein Körper dir fremd und seltsam vorkommt. Dein Geist steht vor der Erkenntnis, dass sich etwas verändert hat; nur kannst du es nicht definieren.
Du kämpfst für ein Ziel. Du lebst dein Leben, denkst du jedenfalls. Die Wahrheit wirst du viel-leicht niemals erfahren. Dein Bewusstsein erkennt nur die Welt, die sich ihm offenbaren will. Alles ist in Bewegung und der Kosmos lässt sich nicht durch ein kleines Bewusstsein beeinflussen. Lerne, staune und lebe. Sei offen, für jeder Veränderung, sie könnte dir undenkbar Neues offerieren.
Inhaltsverzeichnis:
Das neue Erwachen
Die Venus-Katakomben
Sondereinheit ‚Alien Responsibility‘
Angriff auf GLEESITT
Flammende Venus
Aliens vs. Aliens
Die Dämonen von AREA 51
Intervention
Takaarrath
Der wirkliche Feind
Der Saboteur
Verschlusssache GENXpl
SITT
Vor der Flucht ist nach der Flucht
Majennas Erinnerungen
Der Attentäter
Verbannung
Das Rauschen des Windes ließ mich erwachen. Oder war es ein Meeresrauschen? Ich konnte es nicht mit Bestimmtheit sagen.
Jedenfalls schien es mir, als wäre ich gerade erst geboren worden. Was für ein seltsamer Gedanke.
Dann stellten sich die Kopfschmerzen mit einer Wucht ein, dass ich glaubte, mein Gehirn würde explodieren.
Ich stöhnte auf und öffnete reflexartig die Augen. Sofort stach zusätzlich ein spitzer Schmerz durch meine Iris, ausgelöst durch das grelle Licht, das mich umgab.
Ich schloss sofort wieder die Augen, aber die einmal ausgelösten Schmerzwellen blieben.
Ich fühlte, wie Tränenflüssigkeit an meinen Wangen herablief. Ich wollte sie sie abwichen, konnte jedoch meine Hände und Arme um keinen Millimeter bewegen.
„War ich gelähmt?“
Der Gedanke drängte kurz die Schmerzen in den Hintergrund.
„Nur das nicht!“
Nein, das konnte nicht sein. Langsam, sehr langsam drangen erste Erinnerungsfetzen an die Oberfläche meines Bewusstseins.
„Fraktal-temporale Zeitkapsel: besteht aus einer Vielzahl von Nanobots, welche die Dunkle Materie des Kosmos anzapft, um so einen Energiesubraum erstellt, der einen dimensionsübergreifenden Zeit-Pfad öffnet.“
Dann der nächste Gedanke: „TALAH, Hüterin des Star-Walk.“
„Majenna“, schoss es mir plötzlich durch den Kopf. Wo war Majenna?
Etwas war schiefgelaufen. Sie hatte sich einfach in Luft aufgelöst.
Eines stand jedoch fest, ich befand mich nicht mehr in der Fraktal-temporalen Zeitkapsel; dieses sargähnliche Monster, das vollständig aus Naniten zusammengesetzt war.
Mich fröstelte noch nachträglich, wenn ich daran dachte, dort wirklich hineingestiegen zu sein.
Aber es war uns wohl nichts anderes übriggeblieben.
Die Häscher der Neensziss, welche sich hochtrabend ‚Wächter der Sterne‘ nannten, hatten Majenna und mich fast schon überwältigt.
Langsam klärte sich mein Geist.
Ich wurde zunehmend ruhiger.
Meine Gedanken fokussierten sich jetzt, nachdem sich die Erinnerung an die letzten Stunden eingefunden hatten, auf das Hier und Jetzt. Vorsichtig öffnete ich wieder die Augen, diesmal nur so weit, dass ich durch die Augenschlitze hindurch meine nähere Umgebung einigermaßen klar erkennen konnte.
Ich lag unzweifelhaft auf einer weißen Liege.
Ich konnte meine Arme erkennen, die links und rechts neben mir ausgestreckt lagen, jedoch konnte ich sie nicht bewegen.
Dann sah ich sie, zwei Neensziss. Sie trugen auf ihren hornigen Insektenschädel merkwürdige transparente Strukturen, die sich um ihre Augen bogen und in verschiedenen Farben leuchteten.
Als ich noch etwas genauer hinsah, bemerkte ich, wie ihre Körperkonturen leicht flimmerten und irgendwie ihre Konsistenz ständig wechselten.
Mir war sofort klar, dass es sich höchstwahrscheinlich um zwei holografisch aufgebaute Abbilder handelte und sie nicht körperlich anwesend waren.
Sie schienen sich zu unterhalten, obwohl ich keine hörbaren Äußerungen vernahm.
Aber die Mundbewegungen waren vorhanden. Das Zimmer schien ansonsten vollständig leer zu sein.
Als ich reflexartig meinen Kopf zur Seite drehte, bemerkten sie mein Erwachen.
Das hatte ich eigentlich zunächst vermeiden wollen.
„Es ist alles in Ordnung. Du hast nichts zu befürchten. Wir wachen über deine Gesundheit. Wie fühlst du dich?“
Jetzt stand ich im Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit.
„Wieso kann ich meine Arme nicht bewegen? Auch der Körper ist unbeweglich. Bin ich ein Gefangener?“
Meine Gegenfragen schienen sie nur kurz zu irritieren.
„Das ist nur zu deiner Sicherheit“, vernahm ich die nichtssagende Antwort und war zunächst über mich selbst erstaunt, weil ich genau diese Antwort erwartet hatte.
Unvermittelt sah ich nur noch ein Hologramm, das andere war verschwunden.
Sie spielten also nur teilweise mit offenen Karten. Auch gut. Jedenfalls kam ich hier so nicht weiter. Ich versuchte nochmals, meine Arme zu bewegen, aber es ging nicht.
Selbst mein Oberkörper ließ sich nicht bewegen. Steif wie ein Brett lag ich auf der Liege.
Ich war ein Gefangener, das wurde mir jetzt erst so richtig bewusst. Für mich stellte sich immer wieder die Frage, wie war ich überhaupt hierhergekommen.
Die nächste Frage war, wo befand ich mich überhaupt?
An mehr konnte ich im Moment nicht denken, so geistig ausgelaugt fühlte ich mich. Gedankenfetzen einer früheren Zeit spülten aus meinem tiefsten Unterbewusstsein herauf und lösten sich genauso schnell wieder auf, wie sie gekommen waren.
Sie erreichten damit nur, dass ich mich noch mehr in meinen Gedankengängen verwirrte.
Bilder von merkwürdigen Geschöpfen, Kleinstlebewesen, Raumschiffen und Frauen tauchten auf und verblassten ebenso schnell wieder.
Ich musste dem Ganzen unbedingt Einhalt gebieten, sonst begann ich noch durchzudrehen.
Unvermittelt bekam ich den Eindruck, etwas Wichtiges übersehen zu haben. In meinem Kopf entstand das Abbild einer kleinen, goldenen Kugel, SITT!
Der Gedanke an den Permit war noch nicht richtig gefestigt, als etwas sehr Merkwürdiges geschah.
Unvermittelt hatte ich tatsächlich das Gefühl, aus zwei Bewusstseine zu bestehen. Einmal wusste ich, wer SITT ist, zum anderen war mir das Wissen irgendwie fremd.
Die kleine, goldgelbe Kugel würde mir bestimmt hier heraushelfen.
Ich musst sie nur aktivieren. Dann hielt ich jedoch inne. Ich wollte unbedingt in Erfahrung bringen, wie ich eigentlich hierhergekommen war und wo das hier überhaupt war.
TALAH hatte uns in den Raum der Universen gebracht.
Die ‚Hüterin des Star-Walk‘ war die Letzte, mit der ich gesprochen hatte. Sie konnte mir Auskunft geben.
„Ich rufe TALAH. Hüterin des Star-Walk, zeige dich mir!“
Dann fiel einem Teil von mir noch etwas ein: „Der ‚Meister des Pfads‘ ruft nach dir! Erscheine!“
Ich hatte ursprünglich meine Aufforderung nur rein telepathisch versenden wollen.
Ich sprach jedoch zusätzlich die Sätze laut aus, was mich nur kurz etwas irritierte.
Dies führte dazu, dass der immer noch anwesende Neensziss plötzlich sehr verwirrt aufblickte.
„Was sagst du da? Wie kommst du darauf, nach der Hüterin zu rufen? Woher kennst du ihren Namen?“
Das unmittelbare Erscheinen von TALAH entband mich einer Antwort.
„Hier bin ich, Meister. Willst du es nochmals versuchen und den Temporal-Pfad beschreiten?“
„Was geht hier vor?“
Der Neensziss mit der merkwürdigen transparenten Struktur auf dem Kopf, oder besser gesagt sein Hologramm, trat einen Schritt zur Seite. Er starrte dabei voller Unglauben auf TALAH. Ich versuchte ihn beflissen zu ignorieren.
„Nein, definitiv nicht! Ich brauche aber eine Auskunft. Wo bin ich und wie bin ich hierhergekommen? Nach deinen Worten nehme ich an, dass du über den Fehlversuch der letzten Zeittransmission informiert bist!“
„Positiv! Die Fraktal-temporale Zeitkapsel wurde in ihrem Energiesubraum überlastet. Der Zeit-Pfad war von Anfang an instabil und neigte zur Perforation.“
Jetzt wurde ich nicht nur hellhörig, sondern regelrecht sauer. Wieso hatte TALAH diese Information nicht schon viel früher weitergegeben?
Das hätte mir einigen Ärger erspart. Bevor ich dazu kam, dazu etwas zu sagen, bemerkte ich, dass der Neensziss mit der transparenten Struktur auf dem Kopf plötzlich verschwunden war.
„Wer war das?“
Die Fragestellung war noch nicht zu Ende gedacht, als die Hüterin des Star-Walk bereits antwortete: „Nanotechnologe Subbggschah!“
TALAH hatte wohl meinen Gedanken erfasst. Ich musste vorsichtiger sein.
Ein großer Teil der hiesigen Alien Technologie basierte auf Nanotechnologie, welche hauptsächlich durch Gedankenbefehle gesteuert wurde.
Was war ein Nanotechnologe und was hatte er speziell mit mir zu tun? Ich schaute TALAH fragend an.
Meinen Gesichtsausdruck konnte sie nicht deuten. Als ich mich aufrecht setzen wollten, wurde mir wieder bewusst, dass ich immer noch auf die Liege fixiert war.
Das stoffliche Hologramm von TALAH verblasste gerade und ich fand mich unvermittelt allein im Raum.
Das war die Gelegenheit. Ich dachte mit Inbrunst an die kleine, goldgelbe Kugel, die sich meiner Erinnerung nach im Handballen meiner rechten Hand befinden musste.
Leider konnte ich die Hand nicht heben, sodass sie mit der Handfläche nach unten lag.
Ich hoffte nur, dass dies SITT nicht daran hintern würde, zu erscheinen. Aber weit gefehlt.
In Sekundenschnelle blitzte ein helles Leuchten am Handgelenk auf, dann schwebte SITT direkt über meiner rechten Handrückenseite.
Sofort stellte ich erstaunt fest, dass ich mich wieder bewegen konnte.
Das Fesselfeld war verschwunden, ohne dass ich SITT diesbezüglich hatte einen Befehl erteilen müssen.
Ich schaute die kleine Kugel für mehrere Sekunden an und überlegte, ob sich in ihr tatsächlich eine gewisse Intelligenz verbarg.
Zumindest reagierte sie auf mein Wohlbefinden und das war schon eine Menge. Ich setzte mich ruckartig auf und mir wurde unvermittelt schwindelig. Nebenbei bemerkte ich, dass ich vollkommen nackt war.
Das schien momentan wohl aber das kleinste Problem zu sein.
Als ich nämlich jetzt langsam zum Bettrand rutschte, um aufzustehen, vernahm ich in meinem Kopf eine Stimme: „GLEESITT ruft die ‚Wächter der Sterne‘. Nicht erklärbare Ereignisse in Nanolabortrakt Delta II. Kontaktieren Sie zuerst Nanotechnologe Subbggschah, um weitere Informationen zu bekommen. Gemäß ARTAK-Wahrscheinlichkeitsanalyse ist die Anwesenheit der Wächter dringend geboten!“
Ich musste kurz grinsen.
Auf die Idee, dass auch Nichtbefugte die telepathisch geführten Kommunikationen mithörten, schien noch niemand gekommen zu sein.
Ich blockte meine Gedanken so gut es geht ab und ließ mich langsam auf den Boden gleiten.
Mein Körperkreislauf beruhigte sich etwas, als ich ein paar Minuten nur so dastand. Meine Überlegungen überschlugen sich dabei.
Ich wusste immer noch nicht, wie ich in diesen Raum gekommen war.
Der erneute Blackout, der zu meinem ohnehin vorhandenen Gedächtnisverlust hinzugekommen war, ließ kein gutes Gefühl in mir aufkommen.
Schwankend ging ich durch diesen merkwürdigen Raum. Wände, Decken und Boden waren vollkommen in Weiß gehalten.
Die Liege, umgeben mit seltsamen Apparaten, die ebenfalls mehr oder weniger die gleiche Farbe hatten, stand genau in seiner Mitte.
Als ich die Tür erreichte, blieb diese geschlossen. Normalerweise sollte sie sich automatisch bei meiner Annäherung öffnen.
Es gab auch keinen sichtbaren Öffnungsmechanismus.
„SITT, öffnen!“
Im Nu schwang sie auf und ich erblickte einen breiten Gang, der bereits nach wenigen Metern in drei weiteren Türen endete.
Ich wählte die Rechte aus und SITT ließ sie aufgleiten. Ich trat gerade hindurch, als ich Geräusche aus dem Gang hinter mir vernahm.
Aus den beiden anderen Türen heraus traten mehrere ‚Wächter der Sterne‘.
Ich erkannte sie eindeutig an ihren typischen Monturen. Ich presste mich reaktionsschnell an die Seitenwand und ließ durch SITT die Tür hinter mir schließen.
Ich hoffte nur, sie hatten mich nicht bereits bemerkt. Bestimmt bemerkt hatten mich aber die beiden Neensziss, in deren erstaunte Gesichter ich jetzt blickte.
Sie trugen die gleiche Kleidung, wie dieser Nanotechnologe, dessen Hologramm ich sah, als ich aufgewacht war.
Ich glaubte mich noch an den Namen zu erinnern, den TALAH erwähnte, Subbggschah.
Genau hier setzte ich an: „Subbggschah hat mich hierherbeordert. Ich soll Kleidung bekommen!“
Ich versuchte so ruhig wie möglich zu bleiben und schaute mich neugierig ostentativ im Raum um. Sie sollten gar nicht auf die Idee kommen, dass etwas nicht stimmte.
Die gesamte Wandfläche hinter den beiden war ein Bildschirm.
Ich schätzte die Größe auf etwa 3 Meter Höhe und 8 Meter Breite. Sie war hochauflösend und dreidimensional.
Eine große Anzahl von verschiedenen Popups waren zu erkennen, welche teilweise Bildszenen, Videoszenen oder nur Zahlen und Schriftzeichen wiedergaben.
Im Vordergrund, ein paar Meter seitlich neben mir, befanden sich Sitzmöbel und kleine pultähnliche Maschinenblöcke mit Bedienungselementen.
Der ganze Raum strahlte in einem gleichmäßigen Weiß. Nur wenige ockerfarbene Farbpunkte hoben sich davon ab, wie etwa die Maschinenpulte.
Es wirkte alles sehr steril auf mich. Es war augenscheinlich ein Labortrakt, indem ich mich befand. Hier war ich wachgeworden. Etwas in meinem Inneren sagte mir in diesem Moment, dass nichts so war, wie es schien.
„Ich bin BPresstach, Mitarbeiter von Nanotechnologe Subbggschah. Du bist der in Vitro Geborene Mensch. Wieso weiß ich nichts von deiner Freilassung?“
Jetzt war es an mir, erstaunt aufzublicken. Verwechselte er mich etwa? Gab es noch andere Menschen hier auf der Venus?
Davon hatte mir Majenna nichts erzählt. Wieso in Vitro geboren?
Ich musste wohl einen ziemlich dümmlichen Gesichtsausdruck aufgesetzt haben, denn BPresstach erwartete keine Antwort von mir, sondern wendete sich an seinen Kollegen.
„Ich werde Subbggschah kontaktieren. Es ist nicht logisch, dass der Erdenmensch unbeaufsichtigt hier im Labor erscheint!“
Jetzt musste ich handeln.
„Stopp! Ich fordere Kooperation. Ich benötige angemessene Kleidung, sofort!“
Der goldgelbe Schein von SITT überstrahlte das vorherrschende Weiß des Raums.
Er schwebte einige Zentimeter über den von mir ausgestreckten Handfläche und ließ die beiden Nanotechnologen augenblicklich erstarren.
Das Permit war normalerweise nur für Neensziss sichtbar und kontrollierbar.
Der Träger hatte weitreichende Berechtigungen und jeder Neensziss war angewiesen, ihn zu unterstützen.
Dass ein Angehöriger einer anderen Spezies einen solchen Permit besaß und ihn auch noch kontrollierte, das war absolut unmöglich.
Trotzdem war genau dieser Fall jetzt eingetreten. Die beiden Neensziss wussten augenscheinlich nicht, wie sie sich zu verhalten hatten. Ich half ihnen.
„Das Permit weist mich als ‚Berechtigter‘ aus. Gebt mir angemessene Kleidung! Alles andere hat euch nicht zu kümmern.“
Wie zur Bestätigung meiner Aussage begann SITT noch heller zu strahlen und verdoppelte seinen Durchmesser.
Das genügte. Wie vom Blitz getroffen verfielen die beiden Wissenschaftler aus ihrer Starre in einen Aktionismus, der selbst mich in Erstaunen versetzte.
Sie flitzten regelrecht durch den Raum und es dauerte keine Minute, da standen tatsächlich beide wieder vor mir und hielten mir ihre ausgestreckten Arme mit jeweils einem Bündel Kleidung entgegen.
Im Nu wählte ich das Passende und zog mich unter ihrem starren Gesichtsausdruck an. Schweigend verfolgten ihre Blicke mich, als ich mich, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, der zweiten Tür zuwandte.
Der Flur dahinter führte direkt zu einer Gravoröhre, die mich eine Vielzahl von Stockwerken nach unten beförderte.
Ich verließ unangetastet das Gebäude und versuchte mich neu zu orientieren.
Die ‚Wächter der Sterne‘ waren wieder einmal hinter mir her.
Jedoch war ich diesmal allein und musste nicht noch auf eine weitere Person Rücksicht nehmen.
Nur kurz erschien das Bild von Majenna in meinem Kopf. Merkwürdigerweise versuchte auch noch eine andere Erinnerung an die Oberfläche meines Bewusstseins zu gelangen.
Das Abbild einer jungen, schwarzhaarigen Frau mit dunkelblau umrahmten Wimpern erschien für wenige Sekunden und verblasste genauso schnell wieder.
In meiner Nase machte sich der Duft nach Pfirsich kurz bemerkbar. Verblüfft schaute ich mich um.
Weit und breit war keine Vegetation zu erkennen, geschweige ein Pfirsichbaum.
Dafür erkannte ich am Horizont einen dunklen Punkt, der größer zu werden schien. Er hielt geradewegs auf mich zu.
Dann bemerkte ich von links ebenfalls einen Gleiter. Dieser war nur noch einige Hundert Meter von mir entfernt.
„Wächter der Sterne“, kam mir sofort der Gedanke. Ich musste schnellstens versuchen, ein Versteck zu finden.
Als ich mich umdrehte, um hinter einer Wand in Deckung zu gehen, löste diese sich wie von Zauberhand plötzlich auf.
Zurück blieb lediglich eine Wolke aus Naniten.
Ebenso begannen im unmittelbaren Umkreis sämtliche Gebäudeteile und sogar kleinere, bereits fertig gestellte Gebäude, sich aufzulösen.
Man wollte mir augenscheinlich die Möglichkeiten nehmen, mich zu verstecken.
Ich blickte mich etwas gehetzt um.
Die weitere Flucht schien aussichtslos zu sein.
„Was für ein Aufwand für einen kleinen, bedeutungslosen Menschen“, durchfuhr mich ein Gedanke.
Dann vernahm ich urplötzlich sehr leise Stimmen in meinem Kopf. Es war gerade so, als würden mehrere Personen versuchen, mir etwas zuzuflüstern.
Die Welt um mich herum begann sich zu drehen. Mein Augenmerk lag noch auf dem näherkommenden Gleiter, als sich direkt vor meinen Füssen der Bodenbelag zu verflüssigen schien.
Das Flüstern in meinem Kopf wurde übergangslos von melodischen Tönen begleitet.
Dann sah ich das blaue Leuchten.
Es kam von dem Gleiter, der sich jetzt, etwa zehn Meter vor mir, langsam auf Bodenniveau absenkte.
Um welche Strahlenart es sich handelte, die von dort auf mich zuraste, wusste ich nicht. Ich schätzte, dass es sich wohl um eine Art Paralyse-Strahl handelte.
Warum sollte man auch versuchen, mich zu töten.
Bevor ich noch einen telekinetischen Abwehrschirm um meinen Körper entstehen lassen konnte, gab plötzlich der Boden unter meinen Füßen nach.
Ich hatte gerade noch Zeit, mein Erschrecken durch einen lauten Aufschrei kundzutun, dann wurde es unvermittelt dunkel um mich herum.
Ich fiel im wahrsten Sinn des Wortes ins Bodenlose.
Der Schreck dauerte nur den Bruchteil eine Sekunde, dann hatte mein Unterbewusstsein bereits wieder die Kontrolle übernommen.
Telekinetisch stabilisierte ich zunächst den Sturz. Das war gar nicht so einfach, da der atmosphärische Druckausgleich noch im vollen Gang war.
Es gab hier unten zwar Sauerstoff, ansonsten wäre ich schon längst erstickt, aber der Luftdruck war viel geringer.
Es pfiff und rauschte um mich herum noch eine ganze Weile, während ich jetzt, telekinetisch getragen, langsam immer tiefer schwebte.
In meinen Ohren knackte es mehrmals ziemlich stark und ein leicht ziehender Schmerz im Trommelfell peinigte mich noch ein paar Minuten.
Der Spuk war vorbei, als ich mit den Beinen endlich den Boden berührte.
Ich hatte meine Kräfte schon lange nicht mehr benutzt, jedenfalls kam es mir so vor, und ich musste mich tatsächlich erst wieder daran gewöhnen.
War eben noch eine finstere Düsternis vorherrschend, begann es plötzlich heller zu werden.
Ich konnte zunächst nicht erkennen, woher die eindeutig künstliche Beleuchtung kam. Jedenfalls lag eine matte Helligkeit über dem jetzt gut sichtbaren Felsgestein, welches die Höhle vollständig zu umgeben schien, in der ich sozusagen gefallen war.
Erschrocken blickte ich zu dem Bodenloch hinauf.
Meine Verfolger mussten mich eigentlich schon längst erreicht haben. Erst jetzt bemerkte ich erstaunt, dass das Loch verschwunden war.
Ich schätzte die Deckenhöhe auf etwa zwanzig Meter. Ohne meine besonderen Kräfte hätte ich mir wohl das Genick gebrochen.
„Naniten“, kam mir spontan der Gedanke.
Die Grundlagen der Neensziss Technologie basierte auf Naniten, richtig!
Aber diese Höhle hatte ganz bestimmt nichts mit ihnen zu tun. Unbearbeiteter Fels durchzog den ganzen Höhlenraum.
Mein Blick wurde plötzlich von einer künstlich wirkenden Struktur angezogen. Der fast runde Höhlenraum war zwar hoch, aber sonst nicht wirklich groß.
Die Felsenstruktur um mich herum befand sich etwa fünf bis acht Meter entfernt und wirkte sehr massiv, bis auf die erwähnte Stelle.
Das Wispern und die melodischen Töne in meinem Kopf waren verschwanden unvermittelt, als ich langsam auf das künstliche Gebilde zuging.
Nach wenigen Metern stand ich verblüfft davor. Es handelte sich um ein einfaches Metallschott.
Wieso hatte ich das nicht gesehen? Soweit davon war ich doch nicht entfernt gewesen.
Ich blickte kurz zurück an die Stelle, wo ich eben noch gestanden hatte. Das waren keine acht Meter.
Ich wandte mich wieder dem geschlossenen Durchgang zu. Vergebens suchte ich nach einem Öffnungsmechanismus.
Die Schottfläche war absolut glatt und seitlich ansatzlos mit dem Felsen verbunden.
Ich wagte es und legte meine rechte Hand dagegen. Die Oberfläche fühlte sich kalt an. Das war auch schon alles.
Wenn ich hier weiterkommen wollte, konnte nur SITT helfen.
Bevor ich ihn jedoch per Gedankenbefehl aktivierte, fiel mir noch eine andere Möglichkeit ein, meine parapsychischen Kräfte.
Wieso hatte ich daran nicht schon längst gedacht?
„Tausendköpfig, tausendäugig, tausendfüßig bist du!“
Die gedanklichen Worte waren kaum zu verstehen, so leise durchdrangen sie meinen Geist. Was war das?
Ich horchte in mich hinein, um vielleicht noch mehr zu erhaschen.
Es kam jedoch nichts mehr. Ich vernahm nur das unregelmäßige Rauschen meines eigenen Blutdrucks oder war es nur der Tinnitus?
Irgendwie war alles so anders, seitdem ich aufgewacht war.
Ich fühlte mich beschwingt, wie neu geboren und gleichzeitig auch unendlich alt und abgeklärt.
Mit einem inneren und äußeren Ruck wandte ich mich wieder dem Schott zu.
Ich wollte es zunächst telekinetisch abtasten und war umso erstaunter, als es sich bereits nach der ersten mentalen Berührung von selbst öffnete.
Dahinter war zuerst nur Schwärze, die aber sofort einem augenfreundlichen matthellen Licht wich.
Es kam mir wie eine Einladung vor. Ich folgte einem schmalen, ebenfalls aus groben Felsgestein bestehenden Gang, der sich aber bereits nach wenigen Metern erweiterte.
Dann trat ich in einen riesigen Höhlendom.
Ein gewaltiges Tonnengewölbe aus Felsen das sich nach allen Seiten ausdehnte und dessen Ende ich nicht erkennen konnte, lag vor mir.
Bizarr geformte Tropfsteine spiegelten das jetzt diffuse Licht in den Farben des Spektrums und erzeugten ein regelrechtes Leuchtgewitter zwischen schattenwerfenden Stalagmiten und Säulen aus Felsgestein.
Trotz all dieser natürlichen Pracht wurde mein Blick regelrecht von der altertümlichen Mauer angezogen, die sich etwa hundert Meter von mir entfernt, in die Höhe streckte.
Sie zog sich über die gesamte Länge des Höhlendoms und sah aus, wie eine typische Wehrmauer einer mittelalterlichen Burg.