Zwischen Eis und Blut - James Miller - E-Book

Zwischen Eis und Blut E-Book

James Miller

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Beschreibung

Piet Höller überstand die Flucht aus Afrika und befindet sich gerade im Heimaturlaub. Kurze Zeit später führt ihn die Wehrmacht und das Schicksal nach Norwegen. Wieder beginnt ein ruhiger Soldatenalltag weit hinter der Front, aber die vor Ort begangenen Verbrechen sorgen für erste Zweifel. Steht er für das Richtige ein? Was ist das für ein komisches Wasser, was dort in Vemork produziert wird? Ein Wiedersehen mit alten Freunden stellt ihn vor die schwerste Entscheidung und den härtesten Kampf seines Lebens...

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Seitenzahl: 354

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Zwischen Eis und Blut

TitelseiteI. OsloII. RjukanIII. ArendalIV. BergwerkV. KorsvikVI. Bergwerk IIVII. SkiVIII. WaldIX. VemorkX. CredenhillImpressum

James Miller

Zwischen Eis und BlutPiet Höller II

© 2020 James MillerGeschrieben 24.10.2019 – 13.04.2021

Herstellung und Verlag: BoD – Books on Demand,Norderstedt

Die handelnden Personen sowie ein Großteil der hier abgebildeten Operationen sind frei erfunden und zum Teil in den Kontext des realen Kriegsverlaufes gesetzt. Mit der historischen Genauigkeit wurde zum Wohle der Handlung sehr freizügig umgegangen.

Am 01. September 1939 begann der zweite Weltkrieg, durch einen Angriff Deutschlands auf Polen, der sich zu einem Krieg in nahezu allen Staaten Europas, vielen Ländern Asiens und Afrikas ausbereitete.Infolgedessen standen sich 110 Millionen Soldaten in 60 beteiligten Staaten gegenüber.Der Krieg kostete über 60 Millionen Menschen das Leben und sollte der gesamten Menschheit ein mahnendes Beispiel dafür sein, wie schnell sich wirre Ideologien, wirtschaftliche Fehlentwicklung, falsche strategische und politische Entscheidungen, Sturheit undRealitätsverlust zu einem Blutbad entwickeln können.Diese fiktive Geschichte beschreibt den Kriegsverlauf eines von Propaganda getriebenen Menschen.Einem von vielen Freiwilligen auf der SeiteNazideutschlands.Dies ist der zweite Teil in der Geschichte von Piet Höller.

I. Oslo

Nach zehn einsatzreichen Tagen hatte Piet endlich mal wieder etwas Zeit über die letzten Monate nachzudenken. Heute war der 7. Oktober 1941. Nachdem man ihn und seinen Kameraden Lutz von einem alten Fischerboot, vor der Küste Afrikas, gerettet hatte war eine Menge passiert. Drei Tage trieben sie auf See. Zwischenzeitlich mussten sie sich eingestehen, dass sie keine Ahnung hatten wohin sie eigentlich unterwegs waren und dass sie in die falsche Richtung fuhren. Die Wasservorräte waren aufgebraucht und auch der Fischfang gelang ihnen, ausgerechnet auf diesem Fischerboot, nicht. Für ihn als Nordlicht war das eine erhebliche Niederlage. Regelrecht demütigend. Fischen müsste ihm eigentlich in der DNA stecken. Die Niederlage konnte er sich mit der Tatsache schönreden, dass sein Vater ihn niemals mit zum Angeln genommen hatte. Durch einen Sturm wurden sie in Richtung Küste gedrückt und begegneten dort einem deutschen Transportschiff, welches ebenfalls vom Kurs abgetrieben wurde. Der Zufall meinte es, einmal mehr, gut mit ihnen. Länger hätten sie wohl auch nicht durchgehalten. Sie hatten kein Wasser und auch nichts mehr zu essen. An Bord des Transportschiffes „Oldenburg“ wurden sie nach Mazara del Vallo gebracht. Ironischerweise war dies genau der Ort, an dem ihr Afrikaabenteuer einst begann. Für Lutz und Piet schloss sich somit der Kreis. Der ursprüngliche Plan, sie wieder nach Afrika zu bringen, wurde fallengelassen und sie durften für ein paar Wochen in die Heimat fahren, um sich dort zu erholen. Von der restlichen Einheit, mit der sie versucht hatten, so viel Schaden wie möglich, im Stützpunkt „London“ der britischen Armee in Afrika, anzurichten hatte bis dahin niemand wieder etwas gehört. Sie galten alle als verschollen und die Operation als gescheitert, da niemand über den Fortschritt berichtet hatte. Die Luftaufklärung konnte das Ziel nicht anfliegen, da die Briten ihre Abwehrverbände besser koordinierten. Auch das U-Boot kam nicht nah genug heran, um Schäden dokumentieren zu können. Der Moment, in dem Piet den alten Hof betrat und in die erleichterten Augen seiner Mutter sah, war ein erhabenes Gefühl, auch wenn die drohende Rückkehr nach Afrika wie ein Damoklesschwert über der heilen Welt kreiste. So genoss die gesamte Familie die wenigen Tage im Glück die ihnen blieben. Nach Paris schaffte er es trotz aller Sehnsucht nicht. Stattdessen lebte er wieder wie ein Bauer. Früh aufstehen, raus aufs Feld. Irgendwie lag ihm das eher, als das Soldatenleben. Es war so friedlich. Das genaue Gegenteil von dem, was er auf der anderen Seite des Mittelmeeres erlebte. Leider war es damit sehr schnell vorbei. Bereits nach zehn Tagen Erholung hatte er sich am Bahnhof einzufinden. Von dort aus transportierte man ihn nach Oslo. Die mehrere Tage andauernde Reise beförderte ihn von einem Extrem in ein Anderes. Von der Hitze Afrikas in die Nähe des Polarkreises. Das alles innerhalb weniger Monate. Zu seiner Überraschung war es bei seiner Ankunft, im September, sehr mild und gut auszuhalten. Täglich trafen neue Erfolgsmeldungen von der neugeschaffenen Ostfront bei ihnen ein. Piet war, trotz des wohl erfolgreich verlaufenden Feldzuges im Osten, froh darüber im friedlichen Norwegen gelandet zu sein. Das Fjord und die dichtbewachsenen sanften Hügel rund um die Stadt vermitteltem ihm ein heimatliches Gefühl. Das Gekreische der Möwen wirkte, für ihn zumindest, beruhigend. Einige Kameraden waren davon massiv genervt. Die Meisten von ihnen kamen allerdings aus dem Süden und waren es nicht gewöhnt. Es spielte für Piet aber keine Rolle, denn endlich war er wieder an einem Ort, an dem es auch Vögel gab. Nicht nur giftige Krabbeltiere und verrückte Beduinen mit Dromedaren und Ziegen. Scheißegal was die anderen davon hielten. Bereits Minuten nach seiner Ankunft wusste er, dass er sich hier deutlich wohler fühlen würde, als noch in Afrika. In Afrika war tagsüber sogar das bloße Atmen schweißtreibend. Hier konnte man es gut aushalten und wenn es zu kalt wurde, würde er schon anständig eingekleidet werden. Einige Soldaten im Zug erzählten ihm von Engpässen bei der Ausrüstung. Bisher bekam er davon nichts mit. Alles was sie benötigten war vorhanden. Vorbereitet wurde er auf diesen Einsatz gar nicht. Er bekam den Befehl sich in Oslo beim Oberkommando zu melden, zusammen mit der Mitteilung wann sein Zug fuhr. Fertig. Anschließend wurde er einer Einheit zugeteilt, die für den Versand von Industriegütern zuständig war. Endlich wieder eine Aufgabe, die ihm mehr zusagte, als in feindliche Nachschubposten zu schleichen und sich dort wie ein mordender Dieb aufzuführen. Nun galten seine einzigen Sorgen dem Zustand der zu verladenden Waren und nicht mehr feindlichen Kugeln. Die Zivilisten in Norwegen waren zudem bedeutend freundlicher als die Franzosen – mit denen er zuvor Kontakt hatte. Die Mädchen machten ihm regelmäßig schöne Augen und ihm gefiel dies sehr. Es erinnerte ihn sehr an Frankreich, auch wenn in Frankreich die Stimmung zwischen den Einheimischen und den Besatzern deutlich unterkühlt war. Leider konnte er die anzüglichen Blicke noch nicht genießen, da er lediglich im Dienst in diesen Genuss kam. Freizeit hatte er bisher noch keine. Er war aber guter Dinge, dass er auf diesem Wege endlich Lily aus dem Kopf bekam. Dieses kleine niedliche Ding, welches ihm in Frankreich den Kopf verdreht hatte. Er musste unbedingt aufhören an sie zu denken. Am besten sofort. Ein wenig Freizeit in Oslo würde ihm dabei sicherlich helfen. Aber die war noch in unsichtbarer Ferne. Seine Aufgabe bestand zunächst tatsächlich darin Konvois von LKWs zwischen Verladebahnhöfen, Flugplätzen und Industrieanlagen zu begleiten und beim Be- und Entladen zu helfen. Eine herrlich langweilige, körperlich fordernde und ungefährliche Tätigkeit. Leider wurde diese Ruhe Anfang September gestört, als die ersten Industriebetriebe sich weigerten weiterhin für die deutschen Besatzungstruppen zu produzieren und in den Streik gingen. Sie drohten damit den Streik solange aufrecht zu erhalten, bis Lebensmittel wieder etwas großzügiger rationalisiert wären. Offensichtlich war der Teil der Lebensmittelerzeugung, den die Deutschen sich unter den Nagel rissen doch etwas zu groß. Hunger hatte er bisher nie, daher konnte er die Wut der Einheimischen gut nachvollziehen, sofern diese tatsächlich hungern mussten. Auch wenn er sich dies nach außen nicht anmerken lassen durfte. Die Einsätze, bei denen Piet eingesetzt war, konnten letztendlich gewaltfrei gelöst werden, jedoch kam ihm öfter zu Ohren, dass die Verantwortlichen, im Nachhinein, Besuch vom Sicherheitsdienst oder der Waffen-SS bekamen und danach nie wiedergesehen wurden. Allerdings waren die Einsätze auch noch nicht lange vergangen. Wahrscheinlich wurden sie in eines dieser Gefangenenlager gebracht, die Piet öfter beliefern musste. Der Anblick gefiel ihm überhaupt nicht, es hieß immer die Norweger seien verbündete und hätten um ihre Anwesenheit gebeten. So behandelte man keine Freunde. Er hoffte, dass die Insassen die Lager schnell wieder verlassen durften und man ihnen mit ein paar Tagen Knast die Köpfe gerade rückte. Auf der anderen Seite durfte man mit Kriminellen natürlich auch nicht zu nachsichtig umgehen. Er konnte schließlich auch nicht einschätzen was genau die Insassen verbrochen hatten. Gefährlich sahen die meisten allerdings nicht aus. Zusammen mit Lutz, der erfreulicherweise mit ihm eingeteilt worden war und zwischenzeitlich zu einem Gefreiten befördert wurde, sollte er morgen vom Bahnhof in Ski eine kleine Lieferung Waffen abholen. Irgendetwas neues, dass in ihrer Einheit erprobt werden sollte. Solange hatte er noch Zeit sich auszuruhen. Die Lieferung des Vortages war extrem schwer und er hatte immer noch einen leichten Muskelkater vom Kistenschleppen. Den heutigen Tag half er bei der Bestandaufnahme des Warenbestandes. Also eher mit Papierkram. Mittlerweile hatte es ihn auf das eigene Feldbett verschlagen. Ausgang war für ihn noch nicht zu realisieren. Dafür war er hier zu frisch. Die ersten Ausgehscheine erhielt man hier erst nach drei Monaten vor Ort. Aber auch dann nur mit absolutem Wohlwollen der Stützpunktleitung. Diese hatte sich bisher allerdings in erster Linie als miesgelaunt und überfordert herausgestellt. Auch Piet hatte man befördert und in den Rang eines Obersoldaten erhoben, ihm aber in Aussicht gestellt, dass es für ihn ebenfalls bald weiter auf der Karriereleiter nach oben ginge. Offensichtlich hatten die Befehlshabenden aus Afrika ihn in höchsten Tönen gelobt. Am Ende war dies jedoch nur eine Aussage, die er zur Kenntnis nahm, ihn aber nicht sonderlich tangierte. Ihn würde Ausgang derzeit viel mehr interessieren. Lieber würde er ein paar Bier mit seinen Kameraden trinken, lachen und mit netten Mädchen tanzen. Andere Soldaten in den Tod zu schicken lag ihm nicht. Vor allem nicht nach den Erfahrungen am – für ihn - anderen Ende der Welt. Die Straßen zwischen Oslo und Ski waren nicht sonderlich gut ausgebaut, aber mit der Strecke war er sehr gut vertraut. Er kannte die Tücken und würde sich alle Mühe geben heile und zügig anzukommen. Die dreißig Kilometer pro Fahrt sollten sie in weniger als einer Stunde schaffen. Man hatte ihm in Norwegen endlich das Fahren beigebracht, nun konnte er selbst ein Fahrzeug bewegen und war nicht mehr auf die Dienste anderer angewiesen. Es gefiel ihm. Vorher war er wahrscheinlich der einzige Bauernlümmel, der noch nie zuvor ein motorisiertes Fahrzeug bewegt hatte. Auf dem Hof seiner Eltern ging es noch sehr traditionell zu. Vor allem die Leerfahrten mit dem Kübelwagen über die gewundenen Landstraßen, um irgendeinen Offizier abzuholen, bereiteten ihm viel Freude. Wenn diese Fahrzeuge doch nur ein bisschen schneller wären, wäre es das reinste Vergnügen. Er stand schon mehrmals kurz davor die Wagen in den Straßengraben zu befördern, weil er doch eine zu optimistische Linie in der Kurve wählte. Aber bis jetzt ging ihm weder das Talent, noch die Straße aus. Bei nüchterner Betrachtung würde er sich eingestehen müssen, dass dies eher mit Glück, als mit Verstand zu tun hatte. In der Baracke nebenan wurde heute Abend noch Karten gespielt, hatte man ihm gesagt und angeboten daran teilzunehmen. Er hielt es jedoch für das Beste ausgeruht zu sein. Man wusste schließlich nie was der folgende Tag so brachte. In einem Moment schob man noch Wache vor einem französischen Stützpunkt, im nächsten Moment stürmte man einen Wald, in dem sich Widerständler verschanzt hatten. Für ausreichend Schlaf zu sorgen, war auch eine dieser Lehren, die er aus Afrika mitgebracht hatte. Die aus dem Schlafmangel resultierende Kurzschlussreaktion wollte er nie wieder erleben. Ein Blick auf die Uhr offenbarte ihm, dass es erst 21 Uhr war. Dennoch beschloss er für sich, dass dieser Tag nun lang genug war und legte sich schlafen. Der Tapetenwechsel schien ihm gut zu bekommen, seit er in Norwegen angekommen war, plagten ihn die Gesichter derer, die er töten musste, nicht mehr in seinen Träumen. Es schien fast so, als hätte er dieses Kapitel endgültig abgeschlossen. Am folgenden Tag stand er um sieben Uhr mit seiner Einheit beim Appell. Lutz übernahm heute hoch offiziell das Kommando über seinen Zug. Ein wenig Stolz konnte man schon aus seinem Gesicht ablesen. Eine große Rede hielt er nicht. Er blieb einfach er selbst. So blieb er, wenig überraschend, recht wortkarg mit einem grimmigen Unterton in der Stimme. Bevor es im Laufe des Tages noch nach Ski ging, hatten sie noch einen Zug zu räumen. Zwei Wagons, dummerweise genau in der Mitte des Zuges, sind mit gebrochenen Rädern liegen geblieben und mussten umgeladen werden. So fuhren sie mit einer Kolonne, bestehend aus elf Mercedes-Benz L3000S, zur Unfallstelle. Piet fuhr diese, über sechs Meter langen, Ungetüme nicht sonderlich gerne und war froh auf dem Beifahrersitz Platz nehmen zu dürfen. Ein Vorteil, der sich aus seiner Tätigkeit als neuer stellvertretender Zugführer ergab, war die Tatsache, dass er nun selbst entscheiden durfte, ob er bei solchen Einsätzen fuhr oder sich fahren ließ. Nach einer kurzen Einweisung rumpelten sie schon in Richtung des liegen gebliebenen Zuges. Die Stelle, an der der Zug liegengeblieben war, lag dankbarerweise sehr nah an der nächsten Straße. Die Schienen lagen etwa fünfzig Meter abseits der Straße, der Weg dorthin führte über eine relativ ebene Wiese. Es hatte in den letzten Tagen wenig geregnet. Die Wiese war trocken, so dass die LKW direkt bis an die betreffenden Wagons fahren konnten. Der Rest vom Zug war bereits abtransportiert worden. Der hintere Teil wurde zurück in den Ausgangsbahnhof gezogen, der vordere Teil war auf dem Weg zu seinem ursprünglichen Ziel. Die eingleisige Strecke galt es so schnell wie möglich zu räumen. Sie stellte eine der wichtigsten Bahnverbindungen nach Deutschland dar und wartete auf den mehrspurigen Ausbau. Dieser kam allerdings durch Ressourcenknappheit aktuell zum Erliegen. Ausgangspunkt dieser Linie waren die Bergwerke und Minen im Norden des Landes. Auf der anderen Seite der Bahnverbindung stand ein Panzerkampfwagen I bereit, um die leeren Wagons von den Schienen zu räumen. Der Anblick dieses, etwas in die Jahre gekommenen, Panzers war für Piet etwas Neues. Irgendwann in der Ausbildung glaubte er so ein Ding mal gesehen zu haben. In Afrika gab es davon keine. Auch in Frankreich bekam er dieses Modell nicht zu Gesicht. Aber hier würde das alte Ding schon seinen Dienst leisten. Immerhin sollten sie nicht kämpfen, sondern nur Platz schaffen. Im Vergleich zu den Modellen, mit denen er schon gemeinsam ins Feld gezogen war, wirkten dieser Panzer wie ein Spielzeug. Lutz hetzte seine Leute regelrecht zwischen Wagons und LKW hin und her. Es schien so, als sei er auf Rekordjagd. Er ließ seinen Soldaten keine Sekunde zum Verschnaufen. In den Wagons waren hauptsächlich Kisten mit Handfeuerwaffen vom Typ Mauser C96. Eine Waffe, an der Piet so gut wie keine Erfahrung aufweisen konnte. Er vertraute weiterhin der Walther P38. Die Waffen wurden laut den Frachtpapieren und Stempeln auf den Kisten in einem der Gefangenenlager zusammengebaut, zu dem Piet gelegentlich Lebensmittel und Munition fahren musste. Ob Waffen, die von Gefangenen gebaut wurden, die von eben diesen Waffen in Schach gehalten wurden, wirklich so zuverlässig waren? Piet konnte sich nicht vorstellen, dass die Qualität der Arbeit so gut ist, wie die von jemandem, der dies aus freien Stücken und mit einer gewissen Leidenschaft tat. Nicht das am Ende wieder jemand sterben musste, nur weil eine Waffe nicht funktionsfähig war, so wie das noch in Afrika der Fall war. Trotz aller Eile, die Lutz ausrief, dauerte es eine Stunde, bis alles verladen war. Sechs der elf Lastwagen beluden sie. Sie hatten sich bei der Anzahl der Fahrzeuge wohl etwas verkalkuliert. Aber besser so, als anders herum und sie hätten noch einmal fahren müssen. Die Besatzung des Panzers beobachteten das Treiben, rauchend, vom Dach ihres stählernen Ungetüms aus und amüsierten sich köstlich über die armen Schweine, die sich hier einen Muskelkater erarbeiteten, der sich gewaschen hatte. Ein Blick nach Norden trieb die Soldaten zusätzlich an. Der Himmel zog sich langsam zu und die freundlichen weißen Wolken vor hellblauem Grund wichen einem bedrohlichem Schwarz. Der Wind fegte bereits ordentlich durch die Landschaft. Die Wipfel der Bäume, des im Norden liegenden Kiefernwaldes, neigten sich bedrohlich. Es würde wohl bald ziemlich ungemütlich werden. Die Lastwagen waren kaum von der Wiese herunter gefahren, da begann es bereits zu regnen. Dicke Tropfen prasselten auf ihre Fahrzeuge nieder. Es klang ein wenig wie ein Kugelhagel, der nun auf das Dach hämmerte. Der perfekte Zeitpunkt zum Aufbrechen. Die Panzerbesatzung kippte unterdessen die defekten Wagons einfach von den Schienen und machte so Platz für intakte Güterzüge. Offensichtlich hatten sie keine Zeit die Wagons ordentlich zu bergen und wieder instand zu setzen. Das würde wahrscheinlich jemand anderes übernehmen oder man überließ die Wagons einfach ihrem Schicksal. Der Regen nahm während der Fahrt nicht wirklich zu. Es sah alles deutlich bedrohlicher aus, als es letztendlich war. Beruhigend. Denn sie müssten die Wagen ja auch noch entladen. Vor allem stand im Anschluss noch eine weitere Fahrt an. Das Entladen blieb Piet erspart, Lutz rief ihn am Zielpunkt zu sich. Die Fahrt nach Ski stand noch auf dem Programm und sollte schnellstmöglich absolviert werden. Man hatte der Fahrt nach Ski die höchste Priorität eingeräumt. Die Überwachung der Entladung der Transporter übernahm der zuständige Offizier im Magazin ihres Stützpunktes. Alfons hieß er eigentlich und kam irgendwo aus Bayern, alle nannten ihn aber nur Meister. Lagermeister war ihnen wohl zu lang. Auf Grund des erwarteten schlechten Wetters sollten sie lieber ein paar Minuten mehr einplanen. In all der Hektik hatte Piet den Teil des Morgenbriefings bereits wieder vergessen. Zehn Minuten nach dem Erreichen der ehemaligen Polizeikaserne, in der sie untergebracht waren, verließen sie diese auch schon wieder. Diesmal stand ihnen kein VW Kübelwagen zur Verfügung. Die Reise wurde in einem Stoewer R140 angetreten. Dieses Fahrzeug wurde von der norwegischen Polizei beschlagnahmt. Zuvor wurden irgendwelche Lokalpolitiker und Richter damit herumkutschiert. Wenigstens handelte es sich um ein Fahrzeug mit einem richtigen Dach. Bei dem erwarteten Wetter eine genugtuende Feststellung. Der knapp unter vier Meter lange Wagen, mit der langen Motorhaube, war allerdings äußerst träge. Gerade einmal 30 PS entwickelte der 1.4 Liter Motor und das bei einem Gewicht von knapp einer Tonne. Der 23 PS Kübelwagen fuhr sich, wohl auch auf Grund seines geringeren Gewichtes, deutlich spritziger. Dafür war der Volkswagen bei weitem nicht so bequem und komfortabel. Nun ja was brachte ihm all das nörgeln? Man hatte ihnen diesen Wagen zugeteilt und somit hatten sie ihn auch zu verwenden. Wirklich viel Platz im Kofferraum gab es nicht. Also konnten sie auch nicht viel Fracht in Empfang nehmen. Das war ihm nur recht, vom Schleppen hatte er erst einmal genug. Die Arme taten ihm immer noch weh. Mit jedem Meter in Richtung der kleinen Ortschaft Ski wurde das Wetter schlechter. Der Regen nahm zu und bremste sie mehr und mehr aus. Mehr als die Hälfte der Strecke war noch nicht gepflastert oder anderweitig befestigt und bestand aus einfachen Feldwegen. Die Feldwege wichen deutlich auf und Piet verzweifelte an manchen Stellen und schaffte es nur mit Mühe und Not nicht stecken zu bleiben. Sich vor Lutz zu blamieren, dass wollte er unter allen Umständen vermeiden. Es schien so, als sei ihm die Erleichterung ins Gesicht geschrieben gewesen, denn in dem Moment in dem sie den unbefestigten Weg verließen und eine richtige Straße befuhren musste Lutz breit grinsen. „ Datt Schlimmste haste überstanden. Kerlchen. Ick hätte dir auch den Arsch uffjerissen, wenn wir die Kiste aus’m Dreck hätten zieh’n müssen. Vor allem glaub mir eins: Ick wäre schön sitzen jeblieben. Datt wär dein Ding jeworden. “ Hoffentlich hatte er recht, mit der Annahme, dass sie nun nicht mehr liegen bleiben konnten. Das kleine Frachtdepot am Ortsrand von Ski war einfach zu finden. Es war in ein altes Bahnhofsgebäude integriert. Man musste am Ortsausgang nur den Schienen folgen und stand auf einmal vor einem zweimeterhohen Stacheldrahtzaun. Ein miesgelaunter Kerl von der Waffen-SS stoppte ihr Fahrzeug. Nach dem üblichen Geplänkel um die nötigen Papiere ging es ins Innere des gut gesicherten Geländes. „ Is‘ ja beschissener als in Italien hier… “, merkte, der schon wieder genervte, Lutz an. Das Lager war dem in Frankreich, vom Aufbau her, sehr ähnlich. Ein Zaun umgab einen großen Hof. Um diesen Hof war in U-Form ein Lagerschuppen gebaut, dessen Kern das ehemalige Bahnhofsgebäude ausmachte. Auf dem Hof standen diverse LKW herum. Piet ließ den Blick über den Hof streifen, als er den Wagen langsam in Richtung des Punktes rollen ließ, an dem sie halten sollten. Es war bedrückend hier. Zwei Maschinengewehre auf dem Dach. Eines an der Einfahrt. Von den zwei MGs auf dem Dach deckte eines den Hof ab. Es ging also nicht bloß darum, dass niemand reinkam, es durften wohl auch nur die Richtigen wieder herauskommen. Ungewöhnlich für ein einfaches Lagerhaus. Er konnte fünf Patrouillen zu jeweils sechs Soldaten zählen. Am Tor standen weitere vier Soldaten. Alle waren von der SS. An den Ladenrampen standen weitere Soldaten. Selbst die Funkräume oder der Kommandoposten in ihrem Lager war nicht so stark bewacht. Seit wann bewachte die Waffen-SS eigentlich Nachschublager? Wenn die Briten ihre Posten so bewacht hätten, wie die Waffen-SS hier, dann wäre er wohl nie lebend aus Afrika zurückgekommen. Wahrscheinlich hätten sie nicht einmal den ersten Einsatz überlebt. Diese Gestalten in Schwarz schienen schon extrem misstrauisch zu sein. Unter den tief sitzenden Helmen konnte man sehen wie die Augen ihrem Fahrzeug folgten und sie kritisch beäugten. Sie hatten den Stoewer kaum verlassen, da deutete ihnen schon ein Kerl im weißen Laborkittel an zu folgen. Er sagte kein Wort. Ungewöhnliche Kleidung für einen Lagerfutzi. Ein so dreckiger Job und dann weiße Kleidung? Das machte keinen Sinn. Mit Zweifeln bewaffnet betraten sie das Innere des Lagerhauses. Ein Weg führte steil nach unten. Offensichtlich war dieses Gebäude deutlich größer, als es von außen wirkte. Es schien so, als sei diese Anlage auch alles andere als ein einfaches Lagerhaus. Piet schätzte, dass sie nun etwa dreißig Meter tief unter der Erde waren. Am Ende der Rampe wartete eine verschlossene Tür, die der Herr im Kittel mit mehreren Schlüsseln öffnete. Es waren vier Schlösser an der Tür, jedes hatte seinen eigenen Schlüssel. Dahinter verbarg sich ein langer Flur. Die Tür sah von außen noch sehr unscheinbar aus, entpuppte sich jedoch bei genauem Hinsehen als äußerst massiv. Im Abstand von fünf oder sechs Metern befanden sich dicke Holztüren links und rechts des Flures. Neben jeder vierten Tür stand ein weiterer Kerl von der SS. Das Licht war spärlich und die schwachen Lampen ließen die Soldaten gruselige Schatten werfen. Piet fühlte sich an alte Pfadfinderzeiten und die Gruselgeschichten am Lagerfeuer zurückerinnert. Die Situation wurde mit jedem Schritt drückender. Außer den Geräuschen ihrer Stiefel auf dem kalten Betonboden war nichts zu vernehmen. Es war ansonsten totenstill. Selbst die Wachsoldaten unterhielten sich nicht. Sie bewegten sich nicht einmal groß. Lediglich die Blicke folgten ihnen. Die behandschuhten Hände umklammerten die MP-40 Maschinenpistolen fest. Es wirkte fast so, als warteten die Kerle nur auf eine Verfehlung von Lutz oder Piet, um sie auch zu nutzen. Die Waffen waren nicht gesichert. Absolut nichts deutete darauf hin, was hinter den verschlossenen Türen vor sich ging. Ein merkwürdiger Geruch lag in der Luft, aber den konnte Piet nicht deuten. Am Ende des Flures wurde ihnen die Tür auf der linken Seite aufgehalten. Der Wachmann vor der Tür salutierte und sie traten ein. Die Tür wurde direkt wieder geschlossen. Sie fiel mit einem wuchtigen Geräusch ins Schloss. Von außen sahen die Türen aus wie antike Holztüren, am Geräusch konnte man erkennen, dass es sich um dicke Stahltüren handelte. An diesen Türen würde man sich im Zweifelsfall die Zähne ausbeißen. Auch mit schwerem Gerät. Wahrscheinlich war dies der sicherste Ort in Ski. Vielleicht sogar in ganz Norwegen. Es ging weiter nach unten. Wieder keine Stufen, sondern eine Rampe. Piet zählte seine Schritte, es waren etwa dreißig Meter bis zum Ende des Ganges. Auf der rechten Seite wurde ihnen eine weitere dicke, diesmal unverkleidete, Stahltür geöffnet. Hinter dieser Stahltür befand sich ein großer lichtdurchfluteter Raum. Der Übergang vom schwachen Licht in den riesigen hellen Raum war schmerzhaft. Es dauerte lange, bis sich die Augen an das gleißende Licht gewöhnt hatten. Warum war dieser Raum so überbelichtet? Wieder wurde die Tür direkt hinter ihnen geschlossen. Der Luftdruck änderte sich spürbar. „ Willkommen im Herzstück unserer kleinen Anlage. Mein Name ist Theodor Krikau. Sie haben vielleicht schon bemerkt das wir hier etwas mehr tun als nur Kisten zu stapeln und Schnittchen zu verteilen. Deutlich mehr sogar. Ich leite hier unsere Feuerwaffenentwicklung. In dieser Forschungseinrichtung, die uns von der norwegischen Armee freundlicherweise – relativ freiwillig - überlassen wurde, probieren wir viele Kleinigkeiten aus. Es geht um Dinge, die uns in den Kampfhandlungen einen ausschlaggebenden Vorteil erbringen werden. Sie wurden ausgewählt, um die ersten praxistauglichen Exemplare unserer neuen kleinen Spielerei in Empfang zu nehmen. Es handelt sich um die Weiterentwicklung unserer wunderbaren MP40 Maschinenpistole. Unser Freund Hugo Schmeisser hat diese wundervolle MP41 kreiert. Mit einem formschönen hölzernen Schaft. Dieser dient dazu euch das Feuererlebnis etwas angenehmer zu gestalten. Die Waffe wird durch die gleichen Magazine gespeist, wie es auch die MP40 wird. Dementsprechend wird auch die gleiche Munition verwendet. Ihr habt hier ein ausklappbares Visier. Auf ein Zielfernrohr ist zu verzichten bei einer Einsatzreichweite von etwa zweihundert Metern. Im Vergleich zur MP40 könnt ihr diese Waffe auch für Einzelfeuer verwenden. So sind auch präzisere Schüsse möglich. In unserer Einrichtung wurde die Magazinzufuhr noch etwas überarbeitet und wir haben den Federmechanismus im Inneren verbessert, um Ladehemmungen weitestgehend ausschließen zu können. Die Kadenz von fünfhundert Schuss pro Minute ist minimal reduziert worden, dafür ist die Waffe nun präziser und zuverlässiger. Details erspare ich euch, diese wären dann doch zu technisch, für einfache Soldaten. Wir waren beim Erproben regelrecht begeistert. Sollten Sie Beanstandungen haben, so sind diese über den entsprechenden Verbindungsoffizier unverzüglich an uns zu melden. Sie erhalten zehn Exemplare für ihren Zug. Während wir hier sprechen werden sie in ihr Fahrzeug geladen. Die Waffen sind nicht dem Feinde zu überlassen! Unter keinen Umständen! Sie dürfen diese beiden Exemplare nun testen und anschließend in ihren Besitz übernehmen. Jeder Soldat ist persönlich für den Erhalt der Waffe verantwortlich. Das sollten Sie Ihren Soldaten klarmachen. Verlust von Versuchswaffen ist nicht zu tolerieren. “ Während er sprach trat er zur Seite und machte den Blick frei auf einen Schießstand an dem zwei MP41 bereitlagen. Die Magazine lagen daneben. Zwei Magazintaschen hingen an der Wand. Piet war tatsächlich neugierig. So ein Ding hätten sie bei ihrem letzten Einsatz in Afrika gebrauchen können, dann wäre London vielleicht kein so großes Desaster geworden. Er trat als Erstes an den Schießstand, lud die Waffe und feuerte das halbe Magazin auf die aufgestellte Strohpuppe. Im Dauerfeuer streute die Waffe stark in alle Richtungen. Damit müsste er tatsächlich noch etwas üben. Kaum eine Kugel erreichte das anvisierte Ziel. Das restliche Magazin verfeuerte er im Einzelfeuer und war überrascht wie Präzise die gerade noch bockige, etwas grobschlächtige, Waffe auf einmal war. Lutz kam zu einem ähnlichen Ergebnis und wirkte zufrieden. Durch den Holzschafft ließ sich der Rückstoß besser auffangen, als noch bei der MP40. Die Rippenverletzung, die Lutz sich in „London“ zuzog, schmerzte beim Übungsschießen regelmäßig. Mit dieser Waffe fühlte er sich deutlich wohler. Ihm rutschte nicht ein Fluch über die Lippen. Es war fast so, als huschte für einen kurzen Moment ein zufriedenes Lächeln über das Gesicht von Lutz. Eine Reaktion die Piet als das höchste Gütesiegel betrachtete. Auch der Weißkittel wirkte zufrieden. Ja, mit dieser Waffe werden sie wohl viel Spaß haben. Auf Menschen richten wollte er dieses Ding allerdings weiterhin nicht. Das leere Magazin wurde gegen ein volles getauscht, die Magazintasche hingen sie sich um. In diesem Moment beschlich Piet, wieder einmal, eine beängstigende Vorahnung. Warum bekamen ausgerechnet sie die neuen Waffen? Wären sie an der Front nicht besser aufgehoben? Lutz nahm die zunehmenden Sorgenfalten auf Piets Stirn wahr und deutete ihm mit einem leichten Kopfschütteln an, dass er jetzt bloß den Mund halten sollte. In dem riesigen Raum, in dem sie sich aufhielten, befanden sich Werkbänke mit weiteren, zum Teil sehr skurril aussehenden, Waffen. Am hinteren Ende sah es ein wenig so aus wie in einem Lazarett. Vorhänge waren zugezogen und verbargen den Blick auf das, was dahinterlag. Hinter einem Vorhang stieg Wasserdampf auf. Wirklich ein komischer Laden war das hier. Als Theodor den schweifenden Blick von Piet bemerkte drängte er die beiden in Richtung Tür. „ Das Wetter soll nicht unbedingt besser werden, vielleicht machen sie sich jetzt auf den Weg zurück in Richtung Oslo. Ich empfehle Ihnen den etwas längeren Weg über die gut ausgebauten Straßen im Nord-Osten. “ Es folgte ein kurzes Handzeichen und neben ihnen stand, wie aus dem nichts, ein Soldat der Waffen-SS. Er öffnete ihnen die Tür und übernahm anschließend die Führung. Wieder donnerte die dicke Stahltür ins Schloss und sie standen im spärlich beleuchteten Flur, der sie nach oben führte. Erneut dauerte es einen Moment, bis sich die Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten. Der Weg nach oben wirkte deutlich steiler und länger als der Hinweg. An der oberen Holztür angekommen klopfte der Kerl von der SS vier Mal gegen die Tür, wartete einen Moment und klopfte wieder vier Mal. Nun wurde die Tür von außen geöffnet. Erst jetzt sah Piet, dass von Innen gar keine Möglichkeit zum Öffnen vorhanden war. Es sollte offensichtlich niemand unbemerkt etwas hinaustragen können. Was die Leute im Inneren wohl machen würden, wenn jemand die Wachen oben ausschaltet? Auch ein komischer Kasten über der Tür fiel ihm ins Auge. Der Kerl von der SS bemerkte den Blick. „ Wenn diese Tür länger als zehn Sekunden geöffnet ist geht der Alarm los. Das gilt hier übrigens für fast jede Tür. Also bloß nicht falsch abbiegen und Blödsinn machen. “ Immer noch eingeschüchtert von der beängstigenden Atmosphäre folgten sie dem Flur mit den vielen Türen. Wieder war es fast still. Hinter einer Tür schien es so, als wenn man für einen kurzen Augenblick gedämpfte Schreie vernehmen würde. Aber vielleicht spielte ihnen ihre Wahrnehmung auch nur einen Streich. Stehenbleiben konnten sie nicht, dass würde nur Ärger mit den immer noch fast wortlosen Wachen bedeuten. Am Ende des Flures öffnete der nicht ganz so wortlose Kerl von der Waffen-SS ihnen die Tür und ließ sie hinter ihnen lautkrachend in die Schlösser fallen. Es klang so, als wenn sich diese Türe von alleine verschloss. Wieder an der frischen Luft, fragte Lutz einen herumstehenden Offizier, wo er denn kurz pinkeln gehen könnte. Es folgte ein lauter Pfiff und eine der sechs Mann Patrouillen begleitete Lutz an anderer Stelle ins Innere des Gebäudes. Piet wartete unter dem Vordach der Laderampe auf Lutz. Kritisch beäugt von einem der Soldaten auf einem Wachturm links neben dem Tor und dem pfeifenden Offizier. Er war froh, wenn er diesen komischen Ort endlich hinter sich lassen könnte. Diese Einrichtung hatte für ihn ausreichendes Potential für fürchterliche Albträume. Endlose sechs Minuten nach seinem Verschwinden kam Lutz wieder. „ Das Scheißhaus hier ist so sauber, da kann’se von fressen… Wahrscheinlich wirste hier abjeknallt, wenne mal daneben pisst. “ Es war immer wieder faszinierend wie der Kerl es schaffte sich auf das, für ihn, Wesentliche zu konzentrieren. Während sie im Keller dieses Gebäudes unterwegs waren hatte der Regen stark zugenommen. Riesige Pfützen hatten sich im Innenhof gebildet. Die kurze und direkte Route könnten sie so unmöglich nehmen. „ Wir fahren außen rum. Wie datt Kerlchen uns datt jesacht hat. Wenn uns datt zu heftig wird, übernachten wir irgendwo. Ick werde eine Nachricht funken lassen, damit uns niemand vermisst. “, sagte Lutz und ging erneut auf den Offizier zu. Dieser hörte sich Lutz Worte an, nickte, machte auf den Hacken kehrt und verschwand alleine im Inneren des Gebäudes. Piet nahm in der Zwischenzeit schon auf dem Fahrersitz Platz. Lutz studierte kurz die Karten und nach ein paar Sekunden hatte er die passende Route gefunden. „ Dann ma‘ los. Aus’m Tor links, Erste rechts und dann komplett durch Ski durch… “ Na endlich. Nichts wie weg hier. Sie rollten langsam in Richtung des Tores. Die zwei Holzkisten auf der Rückbank polterten bei jeder Bewegung des Fahrzeuges über das miserabel verlegte Pflaster des Hofes. Die Sichtverhältnisse waren scheußlich. Die oben am Fensterrahmen angebrachten Scheibenwischer taten ihr Bestes, dem Wolkenbruch waren sie jedoch nicht gewachsen. Auch die eingeschalteten Scheinwerfer sorgten nicht dafür, dass sich die Sicht ansatzweise besserte. Zu allem Überfluss beschlugen ständig die Scheiben. Nach einer Stunde Fahrt, in der sie nicht einmal die Hälfte der Strecke absolvierten, hatte Lutz genug gesehen. Für ihn war der Krieg schon gefährlich genug, da musste er nicht noch bei einer Autofahrt sein Leben riskieren. Er deutete auf ein kaum zu erkennendes Gebäude am Straßenrand. „ Halt‘ dort an! Wir pennen hier und fahren morjen früh weiter. Wenn wir in dem Tempo weiterfahren sind wir nächste Woche noch nicht am Ziel . Am Ende landen wir im Straßengraben oder in ‘nem Baum. Da hab ich absolut ke’n Bock druff. Datt Risiko mit den neuen Schießeisen zu stranden is‘ mir zu groß .“ Darauf hatte er gewartet. Es machte einfach keinen Sinn weiter zu fahren. Sie standen nicht unter Zeitdruck und die Sicht war so beschissen, dass würde noch richtig gefährlich werden. Das Gebäude, an dem sie hielten, war eine verlassene Tankstelle mit angeschlossenem Holzhaus. Wie dieser Tankstelle ging es vielen in Europa. Mit zunehmender Ressourcenknappheit wurden diese einfach aufgegeben. Die Besitzer schienen einfach gegangen zu sein. Das Haus war wohl schon einige Zeit verlassen. Durch die Fenster konnte man, vor lauter Staub, kaum blicken. Die Haustür stand offen. Einladend. Lutz legte seine neue MP41 an und betrat das Haus. Piet sollte das Fahrzeug und ihre Fracht bewachen. Wer sollte sie hier schon überfallen? Sie waren mitten im nirgendwo. Nach Ski waren es mehrere Kilometer und der nächste Ort in die andere Richtung war noch weiter entfernt. Piet ging die Zapfsäulen ab. Sie waren leer. Hier war tatsächlich nichts mehr zu holen. Nach ein paar Minuten kam Lutz wieder nach draußen. „ Eine Menge Schmutz, ein altes Sofa, ein Esstisch und jede Menge Platz ham wa‘ da drinne. Wasser kommt noch über ‘ne Handpumpe. Die tut’s auch noch. Is‘ glasklar datt Zeugs und fürchterlich kalt. “, war seine treffende Analyse. Wenigstens würde sie nicht verdursten. Bei dem Regen draußen wäre das allerdings auch bittere Ironie. „ Wir bringen die Kisten nach oben und richten uns da ein. Wenn et Ärger jibt, dann sind wa‘ da am sichersten. “ Na toll, also mussten sie die Kisten auch noch hochtragen. So schleppten sie die beiden Kisten ins Innere. Sie waren bestialisch schwer. Die Treppe knarzte furchterregend und wirkte mit jeder Stufe so, als gäbe sie im nächsten Moment nach. Piet sah schon die Rede seiner Trauerfeier vor dem geistigen Auge. „Er starb bei Erfüllung seiner Pflicht, als er durch eine Treppe mehrere Meter tief in den Keller stürzte.“ Keine sonderlich lustige Vorstellung. Der Wind pfiff bedrohlich um das Haus. Er würde sich im Auto wahrscheinlich sicherer fühlen. In den kurzen windstillen Momenten hörte man Mäuse in den Wänden hin und her laufen. Nahm der Wind wieder zu, zog er auch durch die mittlerweile undichten Fenster und wirbelte in einigen Ecken den Staub auf. Immer wieder spielten ihm seine Sinne einen Streich und ließen ihn Dinge hören die gar nicht da waren. Junge, du hast hinter feindlichen Linien geschlafen wie ein Baby. Du hast es nicht einmal mitbekommen, wie deine Soldaten Gefangene abgeknallt haben, dann wirst du es auch hinbekommen in diesem Haus zu pennen, redete er sich ein. Lutz setzte sich, den Abdrücken am Boden zu folge, in das ehemalige Schlafzimmer und blickte aus dem Fenster. Es schien so, als würde das Wetter mit jeder Sekunde mieser werden. Er zog eine Braue nach oben und steckte sich erst einmal eine Zigarette an. Eine für ihn vollkommen logische Reaktion. Seit Afrika rauchte Lutz nicht mehr ganz so viel, aber dennoch sah man ihn sehr regelmäßig mit Glimmstängel im Mundwinkel. „ Morgen früh ist der Mist vorbei, mach’s dir bequem Kleiner und genieß‘ die Ruhe. Wache halten müssen wa‘ hier wohl kaum. “ Wer sollte ihnen hier auch was Schlechtes wollen? Die Atmosphäre entspannte sich zunehmend. Über die komische Treppe würde sich niemand unbemerkt anschleichen können. Das Wetter blieb bescheiden, aber bei lockeren Gesprächen über Gott und die Welt ebbte Piets Kopfkino nach und nach ab. Die Außenwelt beruhigte sich erst ab 22 Uhr. Der Sturm ließ nach und etwa zwei Stunden später auch der Regen. Es war stockfinster und ein Aufbrechen kam jetzt nicht in Frage. Die Straßen würden immer noch in bescheidenem Zustand sein und in der Dunkelheit wäre es einfach wahnsinnig nun loszufahren. Die Scheinwerfer ihres Fahrzeuges waren einfach zu schlecht für eine sichere Nachtfahrt. Piet nickte immer wieder ein, fand aber nicht so richtig in den Schlaf. Gegen drei Uhr morgens hörte er ein Klopfen. Hatte er sich das nun eingebildet? Waren es wieder Mäuse. Klopf, klopf. Da war es wieder. Diesmal etwas deutlicher. Es kam von der Haustür. Piet stieß Lutz an. Lutz war in tiefen Schlaf versunken. Er öffnete erst die Augen, als Piet an ihm rüttelte. Bevor er losmeckern konnte zeigte er ihm per Handzeichen, dass es unten geklopft hatte. „ Wir gehen an die Tür. Vielleicht können wir wem helfen. Hier sind die Leut‘ doch gut zu uns .“, sagte Lutz, immer noch im Halbschlaf. Piet ging vor und öffnete die Tür, Lutz blieb ein paar Meter zurück auf der knarzenden Treppe. Vor der Tür stand ein Kerl, der sich Bertram nannte. Er sagte er sei LKW-Fahrer und auf der Suche nach Treibstoff. Die Tankstelle hier sei leer und er käme nicht aus dieser Gegend. Er hatte eine Karte dabei und bat darum zu zeigen wo er denn nun Treibstoff finden würde. Piet ging mit ihm nach draußen, vielleicht würde das Licht der Sterne und des Mondes ausreichen, um ihm eine der wenigen Tankstelle auf der Karte zu zeigen, die noch Treibstoff haben durften. Es war kaum etwas zu erkennen. Egal wie sie sich aufstellten, dass bisschen Licht genügte nicht. Piet hatte seine Lampe nicht am Mann und stand daher etwas ratlos neben dem gestrandeten Fahrer. Dieser griff nach langen Sekunden, der peinlich berührten Stille, in die Jackentasche. Er hatte noch eine alte Lampe in der Tasche, die er zuvor offensichtlich vergessen hatte. Beim Versuch sie einzuschalten knallte die Birne durch und ließ ein paar Funken fliegen. Vom Knall erschrocken stolperte Piet nach hinten und landete auf dem Hosenboden. Direkt in einer Pfütze. Lutz eröffnete in diesem Moment von innen das Feuer auf den Fahrer, der hinter einer Zapfsäule in Deckung sprang. Das Donnern der Schüsse übertönte das platschen des Aufpralles von Piet im Matsch. „ Lutz! Verdammte Scheiße! Hör mit dem Geballer auf, das war ‘ne verdammte Taschenlampe .“, brüllte Piet in Richtung des Hauses und rappelte sich wieder auf. Kurz darauf trat Lutz nach draußen und half dem zu Tode erschrockenen Fahrer wieder auf die Beine. Ein leises und peinlich berührtes „ T’schuldigung “, war alles was er dabei herausbekam. Mit seiner Lampe beleuchtete Lutz kurz die Karte und zeigte dem armen Kerl den Weg zur nächsten Tankstelle. Da würde er noch einen gewaltigen Fußmarsch vor sich haben. „ Ich bin echt froh, dass du so oft daneben ballerst… “, sagte Piet mit einem Anflug von Sarkasmus in der Stimme, als sie zusammen zurück ins Haus gingen. Mit seinem Karabiner hätte Lutz den Kerl wohl direkt mit dem ersten Schuss ins Jenseits befördert. Was das am Ende wohl für eine Menge an Papierkram bedeutet hätte? Je mehr er darüber nachdachte, desto absurder wurde die Situation für Piet. Beinahe hätte der Kerl wegen einer geplatzten Birne ‘nen armen Fahrer über den Haufen geschossen. Der wird jetzt wahrscheinlich erst einmal eine frische Hose brauchen. Lutz war so erfahren, wie konnte er so etwas mit Schüssen verwechseln? „ Piet? Datt is‘ nie passiert… “ Der Blick von Lutz bei dieser Aussage ließ keinen Interpretationsspielraum zu. „ Wie erklärst du dann die fehlenden Kugeln? “ Es folgte ein kurzer Moment der Stille. „ Wir mussten ein paar Rentiere von der Straße vertreiben, sonst wären wir nicht durchjekommen. “ Wahrscheinlich würde es reichen. Ein kurzes Nicken gab Piet als Antwort und begab sich wieder in die erste Etage des kleinen Hauses. Seine Hose hing er an einem Haken zum Trocknen auf und machte es sich anschließend auf dem Boden bequem. Jetzt noch ein paar Stunden pennen und dann morgen entspannt aufbrechen. Das klang gar nicht so verkehrt. Aufziehen konnte er Lutz damit später immer noch. Er nahm sich auch vor, dies in schöner Regelmäßigkeit zu tun. Lutz weckte ihn pünktlich um 5:30. Irgendwie lag beiden das früh aufstehen heute nicht. Es war fast so, als sei die Aufregung um den Fahrer erst ein paar Minuten vergangen. Lutz wirkte deutlich genervter als sonst. Auch wenn dies kaum möglich war. Sein Gesichtsausdruck ließ einem das Blut in den Adern gefrieren und auch Piet war nicht nach guter Laune zumute. Einen Kaffee hätte er gerne. Aber es gab keinen. Irgendwie war Krieg am Ende doch ziemlicher Mist und sei es nur wegen fehlendem Kaffee. Nachdem beide noch einmal, die nicht mehr spülende, Toilette aufgesucht hatten, machten sie sich auf den Weg zurück in Richtung Heimatbasis. Die Fahrt verlief Ereignislos. Für die immense Verspätung musste Lutz sofort bei seinem Vorgesetzten antreten. Piet konnte die komplette Ansprache von Major Wolfenberg bis in den Fuhrpark hören. Einer der Mechaniker meinte zu Piet, dass man diesen Anschiss bis nach Berlin hören würde. Der befehlshabende Offizier ihres Stützpunktes war ein ziemlicher Choleriker, über den man sagte, dass ihm irgendwann mal der Sinn für Humor amputiert wurde. Er stellte sich immer öfter als jemand heraus, der zwar über ein lautes Organ verfügte, aber vor allem durch bescheidenes strategisches Talent und absolute Ahnungslosigkeit glänzte. Das nötige Fingerspitzengefühl für das Führen von Menschen schien er auch nicht in die Wiege gelegt bekommen zu haben. Piet hatte bisher wenig Berührungspunkte mit ihm und bemühte sich größtenteils außerhalb seiner Wahrnehmung zu agieren. Zehn Minuten später kam Lutz mit knallrotem Kopf wieder aus dem Lagezentrum nach draußen. Wie so oft, steckte er sich zunächst eine Kippe an, blieb kurz stehen. Nahm einen anständigen Zug seiner Kippe, pustete den Rauch demonstrativ durch die Nase nach draußen. Anschließend holte er tief Luft. Es sah fast so aus, als wenn er versuchte sich zu beruhigen und die Wut einfach runterzuschlucken. Wenige Sekunden später platzte es dann doch aus ihm heraus. „ So e‘ne Flachpfeiffe. Außer rumbrüll’n kann der Kerl och gar nichts. Mit dem Major ham wa‘ hier auch wieder sonen Experten, der durch Mutti ins Amt gevögelt wurde, wahrscheinlich muss Muddi noch jeden Abend Stumpen im Generalstab lutschen, damit der Kerl seinen Platz behält… “ Er hielt kurz inne als ein weiterer Offizier an ihnen vorbeiging. Der andere Offizier konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er nickte Lutz kurz zu, er wusste offensichtlich sehr genau um wen es ging und er schien nicht unbedingt anderer Meinung zu sein. In der Baracke ging der wütende Monolog von Lutz weiter, es dauerte sieben Minuten bis er aufhörte zu pöbeln. Wenn er zu Hause einen solchen Monolog gehalten hätte, dann hätte Piet wohl die Prügel seines Lebens kassiert. Der Wutausbruch endete mit der Erkenntnis, dass man sich Leutnant Karsten Mark zurückwünschte. Selbst Hoffeneimer stellte sich am Ende ja noch als halbwegs gescheiter Kerl heraus, aber bei diesem Wolfenberg, da war Hopfen und Malz verloren. Aber was brachte es sich jetzt so in Rage zu reden? Sie konnten es sowieso nicht ändern und wenn es jemand mitbekam, dann würde es ganz schnell unangenehm werden. Auf dem Weg in die Mannschaftsmesse, um sich etwas zu essen zu besorgen, wurden sie von einem Meldegänger abgefangen. Sofortige Lagebesprechung. Wie unpraktisch. Sie hatten doch seit gestern Morgen nichts mehr wirklich gegessen. Wäre dies nun das norwegische Problem? In Frankreich war es Lily, in Afrika durfte er nicht schlafen und hier nichts essen? Offensichtlich hatte jede Region dieser Erde eine andere Gemeinheit für ihn parat. Die ganze Welt versuchte ihm mitzuteilen, dass es nur zu Hause wirklich schön war. Oder war das Zufall? Auch hier war er wieder nicht in der Lage sich dagegen zu wehren. Piet fügte sich, wie so oft, seinem Schicksal und trottete Lutz in Richtung des großen Besprechungsraumes hinterher. Dabei hoffte er inständig, dass sein Magenknurren die Besprechung nicht stören würde. In diesem Raum warteten bereits diverse Offiziere, auch wieder der nervig inkompetente Major Wolfenberger. Vor allem Letzteren wollte er nicht durch seinen Hunger auf sich Aufmerksam machen. An der Wand aufgereiht stand die komplette Einheit von Lutz und Piet. Als alle versammelt waren, wurde die Tür geschlossen und der Adjutant von Wolfenberger riss ein Tuch von einer Tafel. An dieser Tafel befand sich eine Karte mit diversen Markierungen. „ Es häufen sich die Meldungen über Sichtung von britischen Einheiten. Diese sind in einer Nacht- und Nebelaktion an Land gegangen. Aus diesem Grunde sind alle Lieferungen, speziell die, an Internierungs- und Forschungseinrichtungen besonders zu bewachen und mit großer Sorgfalt zuzustellen. Der Verlust an Kriegswichtigen Rohstoffen und Erzeugnissen ist so gering wie möglich zu halten. Es wird keine Einzelfahrten mehr geben. Größere Konvois werden in Zukunft mit Kradfahrern versehen, die sofort Meldung erstatten können. Besonders wichtige Lieferungen werden durch gepanzerte Fahrzeuge zusätzlich abgesichert. Jede Sichtung von britischen Einheiten ist unverzüglich dem Hauptquartier zu melden und bei Leerfahrten ist die Bekämpfung, unter Berücksichtigung eines angemessenen Risikos, zu organisieren. Unter Beladung hat eine Bekämpfung der Angreifer nur zu erfolgen, wenn eine Weiterfahrt sonst ausgeschlossen ist. Aus diesem Grund haben wir neue Versuchswaffen erhalten. Die MP41 ist eine Weiterentwicklung der MP40 und wird euch im Nachgang im Detail erklärt werden. Ein Verlust dieser Waffen ist unter allen Umständen zu verhindern.Nun aber zum Auftrag: Um eine unserer Forschungseinrichtungen besser sichern zu können und die Energieversorgung strategischer Einrichtungen gewährleisten zu können, haben wir den Befehl erhalten Befestigungsmaterial zum Wasserkraftwerk Vemork im Westen des Landes zu bringen. Zum Erreichen der Anlage ist eine Strecke von etwa einhundertneunzig Kilometern zurückzulegen. Ihr werdet im nahen Rjukan Stellung beziehen, bis das Material verbaut ist und auf dem Rückweg eine Ladung mir unbekannten Inhaltes in Ski am Bahnhof abliefern. In Ski dürft ihr beim Entladen eurer Fahrzeuge helfen, jedoch den Innenhof nicht verlassen. Das Betreten der Anlage ist in diesen Zeiten sogar zum Pissen verboten! Sollten sich Planänderungen ergeben, so ist den Anweisungen in den Entladestellen uneingeschränkt Folge zu leisten. Es ist absolute Vorsicht geboten und darauf zu achten, dass die vollständige Ladung unversehrt ihr Ziel erreicht. Abfahrt ist in einer Stunde. Die Gruppe ist zusammen zu halten. Da in den nächsten Wochen mehrere Konvois diese Route fahren werden, sind alle zwanzig Kilometer Kontrollposten, die Meldung zu machen haben, eingerichtet worden. Alle Verzögerungen – die nicht auf Feindkontakt zurückzuführen sind – sind zu vermeiden. Keine Umwege, keine Hilfe für gestrandete Zivilisten oder sonstige Hindernisse. Es ist unter allen Umständen weiter zu fahren! Die Kradfahrer haben vor und nach dem Konvoi ihre Position zu halten. Bei Widerstand haben die Krads sofort Verstärkung zu organisieren. Auf Grund der Topografie ist eine sichere Funkverbindung nicht gewährleistet, sodass wir auf dieses Mittel zurückgreifen müssen. Das Kommando hat wie immer Lutz Maier. Weggetreten! “