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Dieses Buch ist eine eingehende Darstellung der Grundsätze, durch die Anonyme Alkoholiker genesen und nach denen ihre Gemeinschaft funktioniert.Die Zwölf Schritte sind Grundsätze spiritueller Art. Werden sie im täglichen Leben angewendet, nehmen sie dem Kranken seinen Zwang zu trinken und helfen ihm, ein zufriedener und nützlicher Mensch zu werden. Auch Nichtalkoholikern kann das Zwölf-Schritte-Programm einen Weg aufzeigen, um mit Lebensproblemen fertig zu werden.Die Zwölf Traditionen gelten für das Leben innerhalb der AA-Gemeinschaft. Sie beschreiben Mittel und Wege zur Aufrechterhaltung der Einigkeit von AA und ihrer Beziehung zur Umwelt.
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Seitenzahl: 236
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Zwölf
Schritte und
Zwölf
Traditionen
Titel der amerikanischen Originalausgabe:
„Twelve Steps and Twelve Traditions“.
© 1980 Alcoholics Anonymous World Services, Inc.
All rights reserved. Reproduced with permission of
Alcoholics Anonymous World Services, Inc.
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck mit Genehmigung
von Alcoholics Anonymous World Services, Inc.
Herausgeber: Anonyme Alkoholiker
Interessengemeinschaft e.V
Frankfurter Allee 40, 10247 Berlin
www.anonyme-alkoholiker.de
Dies ist weltweit anerkannte AA-Literatur
AA General Service Conference, New York
Gemeinsame Dienstkonferenz im
deutschsprachigen Raum
Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird im vorliegenden Text die gewohnte männliche Sprachform verwendet. Dies impliziert jedoch keine Benachteiligung des weiblichen oder intersexuellen Geschlechts, sondern soll im Sinne der sprachlichenVereinfachung als geschlechtsneutral verstanden werden.
20. Auflage, Neusatz 2021
Inhalt
Einführung
Vorwort
DIE ZWÖLF SCHRITTE
Erster Schritt
Wir gaben zu, dass wir dem Alkohol gegenüber machtlos sind – und unser Leben nicht mehr meistern konnten.
Wer mag schon seine völlige Niederlage eingestehen? Das Eingeständnis der Machtlosigkeit ist der erste Schritt zur Befreiung. Verhältnis von Demut zu Nüchternheit. Geistige Besessenheit verbunden mit körperlicher Allergie. Warum muss jeder Anonyme Alkoholiker seinen Tiefpunkt erreichen?
Zweiter Schritt
Wir kamen zu dem Glauben, dass eine Macht, größer als wir selbst, uns unsere geistige Gesundheit wiedergeben kann.
Woran können wir glauben? AA verlangt keinen Glauben. Die Zwölf Schritte sind nur Empfehlungen. Die Wichtigkeit, geistig offen zu sein. Vielzahl der Wege zum Glauben. AA als Ersatz für eine Höhere Macht. Die Zwangslage der Enttäuschten. Gleichgültigkeit und Voreingenommenheit als Hindernisse. Verschütteter Glaube in AA wiedergefunden. Probleme durch geistigen Hochmut und Selbstzufriedenheit. Negatives und positives Denken. Selbstgerechtigkeit. Trotz ist eine hervorstechende Eigenschaft der Alkoholiker. Der Zweite Schritt ist der Sammelpunkt, der zur geistigen Gesundheit führt. Die richtige Beziehung zu Gott.
Dritter Schritt
Wir fassten den Entschluss, unseren Willen und unser Leben der Sorge Gottes – wie wir Ihn verstanden – anzuvertrauen.
Der Dritte Schritt ist dem Öffnen einer verschlossenen Tür vergleichbar. Wie können wir Gott in unser Leben eintreten lassen? Bereitwilligkeit ist der Schlüssel. Abhängigkeit als Hilfe zur Selbstständigkeit. Gefahren der Selbstzufriedenheit. Übergabe unseres Willens an die Höhere Macht. Missbrauch der Willenskraft. Nachhaltiges, persönliches Bemühen, sich dem Willen Gottes zu fügen.
Vierter Schritt
Wir machten eine gründliche und furchtlose Inventur in unserem Inneren.
Wie Instinkte über ihre normale Funktion hinauswuchern können. Der Vierte Schritt ist das Bemühen, unsere Verpflichtungen zu erkennen. Das Grundproblem extremer Triebkräfte. Missverstandene innere Inventur kann zu Schuldgefühlen und Größenwahn führen oder dazu, bei anderen die Schuld zu suchen. Neben den Minuspunkten sollten auch die Pluspunkte berücksichtigt werden. Ausreden sind gefährlich. Bereitwilligkeit zur Inventur bringt Klarheit und neues Vertrauen. Der Vierte Schritt ist der Anfang einer lebenslangen Gewohnheit. Allgemeine Symptome gefühlsmäßiger Unsicherheit sind Sorge, Ärger, Selbstmitleid und Niedergeschlagenheit. Die Inventur bringt klare Einsicht in unsere Beziehungen. Die Bedeutung der Gründlichkeit.
Fünfter Schritt
Wir gaben Gott, uns selbst und einem anderen Menschen gegenüber unverhüllt unsere Fehler zu.
Die Zwölf Schritte lassen das Ego kleiner werden. Der Fünfte Schritt ist schwierig, aber für die Nüchternheit und den Seelenfrieden notwendig. Die Beichte ist eine uralte Disziplin. Ohne das furchtlose Eingeständnis von Fehlern konnten nur wenige nüchtern bleiben. Welchen Nutzen ziehen wir aus dem Fünften Schritt? Beginn einer wahren Verbundenheit mit Mensch und Gott. Wir verlieren das Gefühl der Isolation, erhalten Vergebung und können selbst verzeihen, lernen Demut, erreichen Ehrlichkeit und eine realistische Einschätzung unserer selbst. Absolute Ehrlichkeit ist notwendig. Die Gefahr, Probleme mit dem Verstand zu lösen. Wie man die Person seines Vertrauens wählt. Ergebnis ist innere Ruhe und sich Gott bewusst sein. Das Einssein mit Gott und Mensch bereitet uns auf die folgenden Schritte vor.
Sechster Schritt
Wir waren völlig bereit, all diese Charakterfehler von Gott beseitigen zu lassen.
Der Sechste Schritt ist für das spirituelle Wachstum notwendig. Der Anfang einer lebenslangen Aufgabe. Erkenntnis, dass zwischen dem Streben nach einem spirituellen Ziel und Vollkomenheit ein Unterschied besteht. Warum wir es immer wieder versuchen müssen. Bereit-sein ist von größter Wichtigkeit. Die Notwendigkeit, aktiv zu werden. Aufschieben ist gefährlich. Auflehnung kann tödlich sein. Der Punkt, an dem wir selbst gesteckte Ziele aufgeben und uns auf das zubewegen, was Gott mit uns vorhat.
Siebter Schritt
Demütig baten wir Ihn, unsere Mängel von uns zu nehmen.
Was ist Demut? Was kann sie uns bedeuten? Der Weg zur wahren Freiheit des menschlichen Geistes. Eine zum Überleben notwendige Hilfe. Wert des Ego-Abbaus. Versagen und Elend durch Demut verwandelt. Stärke, die aus Schwäche erwächst. Schmerz ist der Eintrittspreis in ein neues Leben. Egozentrische Angst ist der Motor für Fehlhaltungen. Der Siebte Schritt kann eine Änderung der Geisteshaltung bewirken, die uns aus unserem Selbst heraushebt und uns Gott näherbringt.
Achter Schritt
Wir machten eine Liste aller Personen, denen wir Schaden zugefügt hatten – und wurden willig, ihn bei allen wiedergutzumachen.
Dieser Schritt wie auch die beiden folgenden beschäftigen sich mit persönlichen Beziehungen. Lernen, mit anderen zu leben, ist ein faszinierendes Abenteuer. Hindernisse: das Zögern, anderen zu vergeben; Fehler anderen gegenüber nicht zugeben zu wollen; zweckdienliche Vergesslichkeit. Notwendigkeit, die eigene Vergangenheit zu durchforschen. Tiefere Einsicht erwächst aus Gründlichkeit. Auf welche Art wir andere geschädigt haben. Vermeidung extremer Beurteilung. Objektive Haltung. Der Achte Schritt leitet das Ende unserer Isolation ein.
Neunter Schritt
Wir machten bei diesen Menschen alles wieder gut – wo immer es möglich war –, es sei denn, wir hätten dadurch sie oder andere verletzt.
Innere Ruhe ist die erste Voraussetzung für eine richtige Beurteilung. Der rechte Zeitpunkt ist für die Wiedergutmachung wichtig. Was ist Mut? Mit Besonnenheit ein kalkulierbares Risiko eingehen. Wiedergutmachung beginnt, wenn wir uns den AA anschließen. Seelenfrieden kann nicht auf Kosten anderer erkauft werden. Notwendigkeit sorgfältigen Abwägens. Bereitschaft, die Folgen unserer Vergangenheit zu tragen und Verantwortung für das Wohl anderer zu übernehmen ist das Wesen des Neunten Schrittes.
Zehnter Schritt
Wir setzen die Inventur bei uns fort – und wenn wir unrecht hatten, gaben wir es sofort zu.
Können wir unter allen Umständen nüchtern und gefühlsmäßig im Gleichgewicht bleiben? Selbsterforschung wird zur ständigen Gewohnheit. Zugeben, hinnehmen und geduldig Fehler korrigieren. „Kater“ im Gefühlsbereich. Wenn wir mit der Vergangenheit im Reinen sind, können wir uns den Herausforderungen der Gegenwart stellen. Mannigfaltigkeit der Inventur. Ärger, Groll, Eifersucht, Neid, Selbstmitleid, verletzter Stolz – all diese Gefühle führten zur Flasche. Selbstbeherrschung ist das vorrangige Ziel. Versicherung gegen Großmannssucht. Neben den Soll- auch unsere Habenposten berücksichtigen. Prüfung der Motive.
Elfter Schritt
Wir suchten durch Gebet und Besinnung die bewusste Verbindung zu Gott – wie wir Ihn verstanden – zu vertiefen. Wir baten Ihn nur, uns Seinen Willen erkennbar werden zu lassen und uns die Kraft zu geben, ihn auszuführen.
Meditation und Gebet sind der Zugang zur Höheren Macht. Verbindung zwischen Selbsterforschung und Meditation und Gebet. Ein unerschütterliches Fundament für das Leben. Wie sollen wir meditieren? Meditation hat keine Grenzen. Ein persönliches Abenteuer. Erstes Resultat ist die Ausgeglichenheit der Gefühle. Wie steht es um das Gebet? Tägliches Bitten, den Willen Gottes zu erkennen und um die Gnade, ihn auszuführen. Die Wirksamkeit des Gebets ist unbestritten. Lohn der Meditation und des Gebets.
Zwölfter Schritt
Nachdem wir durch diese Schritte ein spirituelles Erwachen erlebt hatten, versuchten wir, diese Botschaft an Alkoholiker weiterzugeben und unser tägliches Leben nach diesen Grundsätzen auszurichten.
Lebensfreude ist das Leitmotiv des Zwölften Schrittes, Tätigsein die Losung. Geben, ohne nach Lohn zu fragen. Liebe, die keinen Preis hat. Was ist spirituelles Erwachen? Ein neues Lebensgefühl wird als Geschenk empfangen. Die Bereitschaft, diese Gabe zu empfangen, liegt in der Anwendung der Zwölf Schritte. Die großartige Realität. Belohnung für die anderen Alkoholikern erbrachte Hilfe. Verschiedene Arten, im Zwölften Schritt tätig zu sein. Probleme bei der Arbeit im Zwölften Schritt. Wie steht es mit der Anwendung dieser Grundsätze in allen unseren Lebensbereichen? Eintönigkeit, Schmerz und Elend in Nutzen verwandelt durch die Anwendung der Schritte. Schwierigkeiten ihrer Anwendung. „Two-Stepper“. Umschalten auf alle Zwölf Schritte und Vorleben des Glaubens. Spirituelles Wach stum ist die Antwort auf unsere Probleme und sollte an erster Stelle stehen. Beherrschende Kräfte und übermäßige Abhängigkeit. Unser Leben auf die Grundlage des Gebens und Nehmens stellen. Gottvertrauen ist für die Genesung des Alkoholikers notwendig. Anwendung dieser Grundsätze in allen unseren Angelegenheiten. Familiäre Beziehungen. Die Einstellung zu materiellen Dingen ändert sich. Ebenso die Gefühle über die eigene Bedeutung. Triebe auf den wirklichen Sinn zurückführen. Verstehen ist der Schlüssel zur richtigen Einstellung, die richtige Handlungsweise der Schlüssel zu einem erfüllten Leben.
DIE ZWÖLF TRADITIONEN
Erste Tradition
Unser gemeinsames Wohlergehen sollte an erster Stelle stehen; die Genesung des Einzelnen beruht auf der Einigkeit der Anonymen Alkoholiker.
Ohne Einigkeit stirbt die Gemeinschaft der AA. Individuelle Freiheit, jedoch große Einigkeit. Lösung des Widerspruchs: Das Leben eines jeden AA ist abhängig von Gehorsam gegenüber spirituellen Prinzipien. Die Gruppe muss überleben, oder der Einzelne wird untergehen. In erster Linie geht es um das gemeinsame Wohl. Wie das Leben und die Zusammenarbeit in Gruppen am besten funktionieren.
Zweite Tradition
Für den Sinn und Zweck unserer Gruppe gibt es nur eine höchste Autorität – einen liebenden Gott, wie Er sich in dem Gewissen unserer Gruppe zu erkennen gibt. Unsere Vertrauensleute sind nur betraute Diener; sie herrschen nicht.
Woher bekommt die Gemeinschaft der Anonymen Alkoholiker ihre Weisungen? Einzige Autorität der AA ist der liebende Gott, der sich im Gruppengewissen zu erkennen gibt. Gründung einer Gruppe. Wachstumsschmerzen. Regelmäßiger Wechsel in den dienenden Ämtern. Diese Leute herrschen nicht, sie dienen. Haben die AA eine richtige Führung? „Oldtimer“ und „blutende Diakone“. Das Gruppengewissen spricht.
Dritte Tradition
Die einzige Voraussetzung für die AA-Zugehörigkeit ist der Wunsch, mit dem Trinken aufzuhören.
Intoleranz in frühen Tagen basierte auf Angst. Einem Alkoholiker die Chance in der Gruppe zu verwehren, kam manchmal einem Todesurteil gleich. Vorschriften für die Zugehörigkeit wurden aufgehoben. Zwei Erfahrungsbeispiele. Zugehörig zu den AA ist, wer dies von sich sagt.
Vierte Tradition
Jede Gruppe sollte selbstständig sein, außer in Dingen, die andere Gruppen oder die Gemeinschaft der AA als Ganzes angehen.
Jede Gruppe regelt ihre Angelegenheiten nach eigenem Ermessen, es sei denn, die Gemeinschaft als Ganzes wird dadurch betroffen. Ist solche Freiheit gefährlich? Die Gruppe wie auch der Einzelne muss letzten Endes mit den Prinzipien konform gehen, die das Überleben gewährleisten. Zwei Sturmwarnungen: Eine Gruppe sollte nichts tun, was den AA schaden könnte, noch sollte sie sich mit Zielen außerhalb der Gemeinschaft verbinden. Beispiel: das „AA-Zentrum“, das nicht funktionierte.
Fünfte Tradition
Die Hauptaufgabe jeder Gruppe ist, unsere AA-Botschaft zu Alkoholikern zu bringen, die noch leiden.
Besser ist es, eine Sache gut als viele Dinge schlecht zu tun. Das Leben unserer Gesellschaft hängt von diesem Grundsatz ab. Die Fähigkeit eines jeden AA, sich mit einem Neuling zu identifizieren und ihm zur Genesung zu verhelfen, ist eine Gabe Gottes. Diese Gabe an andere weiterzureichen, ist unser Ziel. Nüchternheit kann nicht gewahrt bleiben, wenn sie nicht weiterverschenkt wird.
Sechste Tradition
Eine AA-Gruppe sollte niemals irgendein außenstehendes Unternehmen unterstützen, finanzieren oder mit dem AA-Namen decken, damit uns nicht Geld-, Besitz- und Prestigeprobleme von unserem eigentlichen Zweck ablenken.
Die Erfahrung hat gelehrt, dass wir kein verwandtes Unternehmen – und sei es noch so gut – unterstützen dürfen. Wir konnten nicht allen Menschen alles sein. Wir merkten, dass wir den Namen AA für keine außerhalb unserer Gemeinschaft stattfindenden Aktivitäten herleihen konnten.
Siebte Tradition
Jede AA-Gruppe sollte sich selbst erhalten und von außen kommende Unterstützungen ablehnen.
Keine AA-Tradition hatte derartige Geburtswehen wie diese. Kollektive Armut war anfangs Notwendigkeit. Die Angst, ausgenutzt zu werden. Erfordernis, das Geistige vom Materiellen zu trennen. Entscheidung, sich lediglich von freiwilligen Spenden der AA-Zugehörigen zu erhalten. Verantwortung für den Unterhalt des Zentralbüros wurde den AA-Zugehörigen direkt übertragen. Dessen Politik sind die reinen Betriebskosten plus einer Sicherheitsreserve.
Achte Tradition
Die Tätigkeit bei den Anonymen Alkoholikern sollte immer ehrenamtlich bleiben, jedoch dürfen unsere zentralen Dienststellen Angestellte beschäftigen.
Arbeit im Zwölften Schritt hat nichts mit Geld zu tun. Scharfe Trennung zwischen Arbeit im Zwölften Schritt und bezahlten Dienstleistungen. Ohne bezahlte Mitarbeiter könnten die Dienste der AA-Gemeinschaft nicht funktionieren. Hauptberuflich Angestellte sind keine „Berufs-AA“. Beziehungen der AA zu Wirtschaft, Bildungswesen usw.. Arbeit im Zwölften Schritt wird niemals bezahlt, wer jedoch für uns arbeitet, muss seinen Lohn erhalten.
Neunte Tradition
Anonyme Alkoholiker sollten niemals organisiert werden. Jedoch dürfen wir Dienst-Ausschüsse und -Komitees bilden, die denjenigen verantwortlich sind, welchen sie dienen.
Besondere Dienstausschüsse und Komitees. Die Gemeinsame Dienstkonferenz, der Gemeinsame Dienstausschuss und Gruppen-Komitees können AA-Mitgliedern oder Gruppen keine Weisungen erteilen. AA lassen sich weder einzeln noch kollektiv ein Diktat aufzwingen. Diese Zwanglosigkeit funktioniert; denn wenn ein AA die empfohlenen Schritte zur Genesung nicht befolgt, unterschreibt er sein eigenes Todesurteil. Gleiches gilt für die Gruppe. Leiden und Liebe sind die Lehrmeister bei den AA. Unterschied zwischen autoritärer Haltung und dem Geist des Dienstes. Sinn und Zweck unserer Dienste ist, jedem, der danach strebt, die Nüchternheit nahe zu bringen.
Zehnte Tradition
Anonyme Alkoholiker nehmen niemals Stellung zu Fragen außerhalb ihrer Gemeinschaft; deshalb sollte auch der AA-Name niemals in öffentliche Streitfragen verwickelt werden.
AA nehmen nicht Stellung zu öffentlichen Streitfragen. Mangelnder Kampfgeist ist jedoch keine besondere Tugend. Überleben und Verbreiten sind unsere Hauptziele. Aus dem Beispiel der „Washington-Gesellschaft“ gezogene Lehren.
Elfte Tradition
Unsere Beziehungen zur Öffentlichkeit stützen sich mehr auf Anziehung als auf Werbung. Deshalb sollten wir gegenüber Presse, Rundfunk, Film und Fernsehen stets unsere persönliche Anonymität wahren.
Öffentlichkeitsarbeit ist wichtig für die AA. Gute Aufklärung rettet Leben. Wir wünschen Veröffentlichungen über die AA-Prinzipien, aber nicht über die AA-Mitglieder. Die Presse war kooperativ. Persönliche Anonymität ist der Eckpfeiler unserer Öffentlichkeitsarbeit. Die Elfte Tradition soll ständig daran erinnern, dass persönlicher Ehrgeiz bei den AA keinen Raum hat. jeder einzelne AA wird zum tätigen Hüter unserer Gemeinschaft.
Zwölfte Tradition
Anonymität ist die spirituelle Grundlage aller unserer Traditionen, die uns immer daran erinnern soll, Prinzipien über Personen zu stellen.
Opfer ist die spirituelle Substanz der Anonymität. Das Wesentliche aller zwölf Traditionen ist die Unterordnung persönlicher Interessen unter das gemeinsame Wohl. Warum die AA nicht eine geheime Gesellschaft bleiben konnten. Prinzipien stehen über Personen. Hundertprozentige Anonymität gegenüber der Öffentlichkeit. Anonymität ist wahre Demut.
Die Zwölf Traditionen (Langform)
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Einführung
Die ANONYMEN ALKOHOLIKER veröffentlichten die Zwölf Schritte und Zwölf Traditionen zum ersten Mal 1953. Bill W., der zusammen mit Dr. Bob S. die Anonymen Alkoholiker 1935 gegründet hat, schrieb das Buch, um die in 18 Jahren in der Gemeinschaft gemachte gemeinsame Erfahrung zu teilen, wie AA-Mitglieder genesen und wie unsere Gemeinschaft funktioniert.
In den letzten Jahren haben sich einige Mitglieder und Freunde der AA gefragt, ob es nicht angebracht wäre, die Sprache, Redewendungen und historischen Bezüge im Buch auf den neuesten Stand zu bringen, um ein moderneres Bild der Gemeinschaft zu präsentieren. Da das Buch jedoch so vielen Alkoholikern dabei geholfen hat zu genesen, lehnen viele in der Gemeinschaft jegliche Änderung ab. Bei der amerikanischen Gemeinsamen Dienstkonferenz 2002 wurde über dieses Thema diskutiert und es wurde einstimmig empfohlen, dass: „Der Text im Buch Zwölf Schritte und Zwölf Traditionen von Bill W. so bleiben soll, wie er ist, und dadurch die Meinung der Gemeinschaft zum Ausdruck kommen soll, dass der Text von Bill in seiner veröffentlichten Originalfassung beibehalten werden soll.“
Wir hoffen, dass die gesammelte spirituelle Erfahrung der Pioniere von AA, die auf diesen Seiten niedergeschrieben ist, Alkoholikern und Freunden der AA weiterhin dabei hilft, unser Programm zu verstehen.
Vorwort
Die ANONYMEN ALKOHOLIKER sind eine weltweite Gemeinschaft von über zwei Millionen Alkoholikern (Stand 2016), Männern und Frauen, die sich zusammengefunden haben, um ihre gemeinsamen Schwierigkeit en zu lösen und anderen Alkoholikern zu helfen, von dieser seit Jahrhunderten herrschenden fürchterlichen Krankheit, dem Alkoholismus, zu genesen.
Dieses Buch behandelt die „Zwölf Schritte“ und die „Zwölf Traditionen“ der Anonymen Alkoholiker. Es ist eine eingehende Darstellung der Grundsätze, durch die Anonyme Alkoholiker genesen und nach denen ihre Gemeinschaft wirkt.
Die Zwölf Schritte der AA sind Grundsätze spiritueller Art. Werden sie im täglichen Leben verwirklicht, nehmen sie den Zwang zum Trinken und helfen dem Kranken, ein zufriedener und nützlicher Mensch zu werden.
Die Zwölf Traditionen der AA gelten nur für das Leben innerhalb der Gemeinschaft. Sie beschreiben Mittel und Wege zur Aufrechterhaltung ihrer Einigkeit und ihrer Beziehungen zur Umwelt. Sie regeln Leben und Wachstum der Gemeinschaft.
Obwohl die folgenden Betrachtungen ursprünglich für Anonyme Alkoholiker geschrieben wurden, waren außenstehende Freunde der Gemeinschaft der Meinung, diese Gedanken könnten auch außerhalb der AA Interesse wecken und von Nutzen sein.
Viele Nichtalkoholiker berichten, dass sie durch die Zwölf Schritte der AA mit anderen Lebensproblemen fertig geworden sind. Sie glauben, dass die Zwölf Schritte mehr bewirken können als Nüchternheit für Problemtrinker. Sie sehen darin für viele Menschen, ob Alkoholiker oder nicht, einen Weg zu einem zufriedenen und erfolgreichen Leben.
Auch an den Zwölf Traditionen der AA besteht wachsendes Interesse. Leute, die sich mit zwischenmenschlichen Beziehungen befassen, wundern sich, wie und warum die Gemeinschaft der Anonymen Alkoholiker funktioniert. Wie kommt es, fragen sie, dass in dieser Gemeinschaft niemand persönliche Autorität über einen anderen besitzt und dass man nirgends eine Art zentraler Leitung aufdecken kann? Wie kann ein Dutzend traditioneller Grundsätze ohne Gesetzeskraft die Gemeinschaft der Anonymen Alkoholiker in Einigkeit und Wirksamkeit zusammenhalten? Solchen Fragestellern wird der zweite Teil dieses Buches, der eigentlich nur für AA-Mitglieder bestimmt ist, erstmalig einen Einblick in das interne Leben der Gemeinschaft geben.
Die Gemeinschaft der AA entstand im Jahre 1935 in
Akron, Ohio, aus einer Begegnung zwischen einem bekannten Chirurgen und einem New Yorker Börsenmakler. Beide litten schwer unter der Krankheit Alkoholismus. Sie waren vom Schicksal dazu ausersehen, die Gründer der Gemeinschaft der AA zu werden.
Die wichtigsten Grundsätze der AA, wie sie heute bekannt sind, wurden aus den Bereichen der Religion und Medizin übernommen. Einige Prinzipien jedoch, von denen letztlich der Erfolg abhing, entstanden, indem man auf das Verhalten und die Bedürfnisse der AA-Gemeinschaft selbst achtete und sie auswertete.
Nach drei Jahren Versuch und Irrtum bei der Auswahl der geeigneten Grundsätze für den Aufbau der Gemeinschaft und nach zahlreichen Fehlschlägen bei dem Bemühen, Alkoholikern zur Genesung zu verhelfen, gab es schließlich drei erfolgreiche Gruppen: die erste in Akron, die zweite in New York und die dritte in Cleveland. Dennoch hatten diese drei Gruppen nicht einmal vierzig trockene Alkoholiker aufzuweisen.
Obwohl die Gemeinschaft noch in ihren Kinderschuhen steckte, entschloss man sich, die Erfahrungen in einem Buch zusammenzufassen. Dieses Buch wurde schließlich im April 1939 veröffentlicht. Damals zählte die Gemeinschaft etwa 100 nüchterne Alkoholiker. Der Buchtitel war „Alcoholics Anonymous“ (Anonyme Alkoholiker) – und daher hat die Gemeinschaft ihren Namen. In dem Buch wurde der Alkoholismus aus der Sicht des Alkoholikers beschrieben. Das spirituelle Gedankengut der Gemeinschaft wurde zum ersten Mal in den Zwölf Schritten zusammengefasst und es wurde klar dargestellt, wie diese Schritte in der ausweglosen Lage des Alkoholikers anzuwenden sind. Der zweite Teil des Buches enthielt dreißig Lebensgeschichten oder Berichte von Alkoholikern, die über ihre Erfahrungen mit dem Alkohol und ihre Genesung berichteten. Damit konnte sich der Leser, der ein Problem mit dem Alkohol hatte, identifizieren und er bekam den Beweis, dass das unmöglich Scheinende nun möglich geworden war. Das Buch „Anonyme Alkoholiker“ wurde zur Grundlage der Gemeinschaft und ist es noch immer. Die vorliegende Schrift will nur das Verständnis für die Zwölf Schritte, wie sie in dem genannten Buch zuerst beschrieben wurden, erweitern und vertiefen.
Mit der Veröffentlichung des Buches „Anonyme Alkoholiker“ im Jahre 1939 endete die Pionierzeit. Es setzte eine ungeheure Kettenreaktion ein, als die nüchtern gewordenen Alkoholiker begannen, ihre Botschaft an andere Alkoholiker weiterzugeben. Zehntausende von Alkoholikern strömten in den folgenden Jahren zu den AA, zumeist als Folge von immer wieder erscheinenden guten Berichten, die gern von Zeitschriften und Zeitungen in der ganzen Welt verbreitet wurden. Seelsorger und Ärzte scharten sich um die neue Bewegung und gaben ihr uneingeschränkt Hilfe und Unterstützung.
Diese überraschende Ausbreitung brachte sehr ernste Wachstumsschwierigkeiten mit sich. Der Beweis, dass Alkoholiker genesen können, war erbracht. Es war jedoch keineswegs sicher, dass so viele noch unausgeglichene Menschen harmonisch und erfolgreich zusammenleben und zusammenarbeiten konnten.
Überall tauchten bedrohliche Probleme auf, die um Mitgliedschaft, Geld, persönliche Beziehungen, um das Verhältnis zur Öffentlichkeit, die Leitung von Gruppen und Klubs und um andere Schwierigkeiten kreisten. Aus diesen Wirren und Spannungen formten sich die Zwölf Traditionen der AA. Sie wurden zunächst im Jahre 1946 veröffentlicht und später auf der ersten Internationalen Konferenz der AA, die 1950 in Cleveland stattfand, bestätigt. Die Kapitel über die Traditionen im zweiten Teil dieses Buches geben durch Schilderung von Einzelheiten ein getreues Abbild der Erfahrung, die schließlich zu den Zwölf Traditionen geführt hat. So erhielt die Gemeinschaft der AA ihre gegenwärtige Gestalt, ihre Substanz und ihre Einigkeit.
Nach und nach wuchs die Gemeinschaft und besteht jetzt in ca. 180 Ländern (Stand 2016).
Es ist zu hoffen, dass dieses Buch allen, die es lesen, einen klaren Einblick in Grundsätze und Kräfte vermittelt, die die Anonymen Alkoholiker zu dem gemacht haben, was sie sind.
DIE ZWÖLF SCHRITTE
Der Erste Schritt
Wir gaben zu, dass wir dem Alkohol gegenüber machtlos sind – und unser Leben nicht mehr meistern konnten.
Wer gesteht schon gern seine vollständige Niederlage ein? Selbstverständlich niemand. Der natürliche In
stinkt wehrt sich gegen das Eingeständnis persönlicher Machtlosigkeit. Es ist in der Tat schrecklich, wenn wir zugeben müssen: Wir selbst haben durch das Glas in unserer Hand unser Denken und unser inneres Wesen in die Sucht des zerstörerischen Trinkens getrieben, sodass uns nur noch das Wirken der Vorsehung daraus befreien kann.
Keine andere Art von Bankrott gleicht diesem. Der Alkohol ist jetzt zum erpresserischen Gläubiger geworden. Er presst jedes Selbstvertrauen aus uns heraus und bricht jeden Willen, uns seinen Forderungen zu widersetzen. Haben wir diese furchtbare Tatsache einmal eingesehen, dann ist unser Bankrott als Mensch vollständig.
Nachdem wir uns aber den Anonymen Alkoholikern angeschlossen haben, sehen wir bald diese absolute Demütigung mit anderen Augen. Wir erkennen, dass wir nur durch eine völlige Niederlage unsere ersten Schritte auf dem Weg zur Befreiung und Stärke tun können. Das Eingeständnis unserer persönlichen Machtlosigkeit wird schließlich zum Fundament, auf dem ein zufriedenes und sinnvolles Leben aufgebaut werden kann.
Wir wissen, dass jeder Alkoholiker, der sich den AA angeschlossen hat, ohne Chancen ist, wenn er nicht zuerst seine zerstörerische Schwäche mit allen Konsequenzen akzeptiert hat. Solange er nicht demütig wird, wird seine Nüchternheit – wenn er sie überhaupt erlangt – nicht von Dauer sein. Er wird auch kein wirkliches Glück finden. Das ist eine der Wahrheiten, die ohne Frage durch vielfältige Erfahrung in unserer Gemeinschaft bewiesen ist. Die Tatsache, dass wir nicht auf Dauer standhaft bleiben können, wenn wir nicht zuerst unsere vollständige Niederlage eingestehen, ist die Wurzel des Baumes, aus der unsere Gemeinschaft wuchs und blühte.
Als wir erstmals aufgefordert wurden, unsere Niederlage zuzugeben, revoltierten die meisten von uns dagegen. Wir hatten uns den AA angeschlossen in der Erwartung, dass man uns Selbstvertrauen beibringen würde. Nun sagte man uns, dass Selbstvertrauen als Waffe gegen den Alkohol überhaupt nichts taugte. In Wahrheit war es eine totale Unterwerfung. Die nüchternen AA erklärten uns, wir seien die Opfer einer krankhaften Besessenheit, die so mächtig ist, dass kein noch so großer Aufwand an menschlicher Willenskraft sie brechen kann. Sie behaupteten, eine Überwindung dieses Zwanges durch eigene Willenskraft sei ohne fremde Hilfe nicht möglich. Unablässig brachten uns unsere AA-Freunde zu einer immer tieferen Einsicht in unsere ausweglose Lage. Sie erklärten uns unsere wachsende Empfindlichkeit gegenüber dem Alkohol als Allergie. Der Tyrann Alkohol schwang sein zweischneidiges Schwert über uns: Erst wurden wir von dem irrsinnigen Zwang befallen weiterzutrinken – und schließlich würde uns diese körperliche Allergie völlig zerstören. Es gab wirklich nur wenige, die den Kampf diesem Feind gegenüber allein und aus eigener Kraft gewonnen hatten. Es ist statistisch erwiesen, dass Alkoholiker fast niemals aus eigener Kraft genesen sind. Und das ist mit Sicherheit so, seit der Mensch zum ersten Mal Trauben gekeltert hat.
In der Pionierzeit der AA brachten es nur völlig Verzweifelte fertig, diese bittere Wahrheit zu schlucken und zu verdauen. Selbst diese heruntergekommenen Menschen hatten es oft schwer einzusehen, wie hoffnungslos sie wirklich waren. Immerhin taten es einige von ihnen. Wenn sie sich an die Grundsätze der AA mit dem Mut der Verzweiflung klammerten, mit dem ein Ertrinkender nach dem Rettungsring greift, ging es ihnen fast ausnahmslos besser. Darum enthielt die erste Ausgabe des Buches „Anonyme Alkoholiker“, die erschien, als wir noch wenige waren, nur Geschichten von total heruntergekommenen Alkoholikern. Viele, die noch nicht am Abgrund angelangt waren, suchten Hilfe in der Gemeinschaft, aber sie waren erfolglos, weil sie ihre Hoffnungslosigkeit nicht eingestehen konnten.
Es ist wirklich erfreulich festzustellen, dass sich das in den folgenden Jahren geändert hat. Alkoholiker, die noch ihre Gesundheit besaßen, ihre Familien, ihren Beruf und selbst zwei Autos in der Garage, begannen, sich zu ihrer Krankheit zu bekennen. Im Zuge dieser Entwicklung schlossen sich auch junge Leute, Alkoholiker im Frühstadium gewissermaßen, der Gemeinschaft der AA an. Ihnen blieben die letzten zehn oder fünfzehn Jahre einer buchstäblichen Hölle erspart, durch die wir anderen gegangen waren. Wie konnten diese Menschen diesen Schritt tun, der unser Eingeständnis verlangt, unser Leben nicht mehr meistern zu können?
Es war offenbar nötig, den Tiefpunkt, den wir übrigen erlebt hatten, bis zu dem Punkt anzuheben, an dem diese jungen Leute selbst standen. Als wir auf die Geschichten unseres eigenen Trinkens zurückblickten, konnten wir aufzeigen, dass unser Trinken schon Jahre, bevor wir den Kontrollverlust hatten, kein Gewohnheitstrinken mehr war. Es war wirklich schon der Anfang zu einem verhängnisvollen Abstieg. Zu den Zweifelnden konnten wir sagen: „Es ist durchaus möglich, dass du kein Alkoholiker bist. Warum versuchst du nicht, kontrolliert weiterzutrinken und dabei immer daran zu denken, was wir dir über Alkoholismus gesagt haben?“ Diese Einstellung hatte unmittelbar praktische Folgen. Es stellte sich heraus, dass ein Alkoholiker, der über die wahre Art der Krankheit Bescheid wusste, nicht mehr derselbe Mensch war wie vorher. Nach jedem Rausch musste er sich sagen: „Vielleicht hatten diese AA doch recht…“ Nach einigen bösen Erfahrungen, oft Jahre vor dem Auftreten äußerster Schwierigkeiten, kehrte er offensichtlich überzeugt zu uns zurück. Er hatte seinen Tiefpunkt genauso erreicht wie jeder andere von uns. Der Teufel Alkohol selbst hatte ihn so weit gebracht.
Warum wird beharrlich die Ansicht vertreten, jeder AA müsse erst seinen Tiefpunkt erreicht haben? Die Antwort darauf ist, dass nur wenige ernsthaft versuchen, das AA-Programm zu leben, ehe sie nicht ihren Tiefpunkt hatten. Um die übrigen elf Schritte der AA zu praktizieren, muss man sich nämlich Ansichten und Tätigkeiten aneignen, an die ein noch trinkender Alkoholiker im Traum nicht denkt. Wer will wirklich ehrlich und tolerant sein? Wer will einem anderen gegenüber Fehler eingestehen und angerichteten Schaden wiedergutmachen? Wer kümmert sich um eine Höhere Macht, geschweige denn um Besinnung und Gebet? Wer denkt daran, Zeit und Kraft zu opfern bei dem Versuch, die AA-Botschaft einem anderen Alkoholiker weiterzugeben? Im Allgemeinen hat der Alkoholiker, dessen Interesse sich allein um sich selbst dreht, kein Motiv für ein solches Umdenken – bis er diese Dinge einfach tun muss, um zu überleben.
Die Geißel des Alkoholismus trieb uns zu den Anonymen Alkoholikern – und hier erst entdeckten wir, wie verhängnisvoll unsere Lage war. Dann – und nur dann – werden wir aufnahmebereit und können zuhören wie jemand, der den Tod vor Augen hat. Wir sind bereit, alles zu tun, was uns von dieser unbarmherzigen Sucht frei macht.
Der Zweite Schritt
Wir kamen zu dem Glauben, dass eine Macht, größer als wir selbst, uns unsere geistige Gesundheit wiedergeben kann.
Die meisten Neuen bei den Anonymen Alkoholikern geraten beim Lesen des Zweiten Schritts in einen inneren Zwiespalt, der ziemlich ernst sein kann. Wie oft hören wir von ihnen: „Schaut, was ihr uns angetan habt! Ihr habt uns überzeugt, dass wir Alkoholiker sind und unser Leben nicht mehr meistern können. Nachdem ihr uns in den Zustand völliger Hilflosigkeit heruntergedrückt habt, erklärt ihr uns nun, dass nur eine Höhere Macht uns von unserer Sucht befreien kann. Einige von uns wollen nicht an Gott glauben, andere können es nicht. Wieder andere, die glauben, dass Gott existiert, vertrauen nicht darauf, dass Er dieses Wunder vollbringen kann. Ja, ihr habt uns aus dem Sumpf gezogen, das stimmt, aber wie soll der Weg nun weitergehen?“
Wir wollen zuerst den Fall des Streitlustigen betrachten, der sagt, dass er nicht glauben will. Seine Geisteshaltung kann nur als rebellisch bezeichnet werden. Seine Lebensanschauung, auf die er so stolz war, ist bedroht. Für ihn ist es schon schlimm genug, zugeben zu müssen, dass der Alkohol ihn in der Gewalt hat. Doch jetzt, da ihn sein Eingeständnis noch schmerzt, sieht er sich einer weiteren unmöglichen Zumutung gegenüber. Wie sehr hängt er an dem Gedanken, dass der Mensch, so majestätisch aus einer einzigen Zelle im Urschlamm emporgestiegen, die Krönung der Entwicklung ist und darum auch der einzige Gott, den seine Anschauung vom Weltall anerkennt. Muss er sich hiervon lossagen, um sich selbst zu retten?