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Berlin ist eine der beliebtesten und dynamischsten Hauptstädte Europas. Kaum eine deutsche Stadt wandelt ihr Erscheinungsbild so schnell wie Berlin: Überall wird neu gebaut, renoviert und saniert, neu eröffnet und auch wieder geschlossen. Diese Dynamik in einem Reiseführer wiederzugeben erfordert eine besondere Ortskenntnis. Michael Iwanowski ist Wahl-Berliner und der Stadt seit frühester Jugend eng verbunden. Mit diesem „Reise-Verführer" bringt er den Lesern das Berliner Herz und den unvergleichlichen Rhythmus zwischen Kiez und Prachtstraßen näher. 101 doppelseitige Artikel stellen die gesamte Vielfalt der Spree-Metropole in acht Kapiteln dar: „Stadtviertel und Kieze: Flanieren, Einkaufen, Essen, Ausgehen", „Geschichte erleben", „Plätze & Parks",Berlin_Szene „Kunst und Kultur", „Architektur", „Aktivitäten", „Schlösser und Gärten" und „Essen & Trinken"" – alle ergänzt mit praktischen Reisetipps in den Info-Kästen. Wie kaum eine andere Stadt bietet das Berliner Umland Natur pur: Als Inspiration werden elf ausgewählte Ausflüge ins Grüne vorgestellt. Zur besseren Orientierung sind in dem herausnehmbaren Stadtplan alle 101 Spots eingetragen. •Das Layout wurde neu überarbeitet. •Mit elf Ausflügen in das Berliner Umland •Insider-Wissen: Michael Iwanowski hat sein Herz an die Stadt verloren und recherchiert ständig neue Tipps
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Seitenzahl: 387
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Geheimtipps und Top-Ziele
101 Berlin – Geheimtipps und Top-Ziele4. Auflage 2017
© Reisebuchverlag Iwanowski GmbHSalm-Reifferscheidt-Allee 37 • 41540 DormagenTelefon 0 21 33/26 03 11 • Fax 0 21 33/26 03 [email protected]
Titelfoto: U-Bahn mit Blick auf die Oberbaumbrücke© JFL Photography/FotoliaAlle anderen Farbabbildungen: siehe Bildnachweis S. 281Layout: Ulrike Jans, KrummhörnLektorat: Peter SichKarten: Klaus-Peter Lawall, UnterensingenTitelgestaltung: Point of Media, www.pom-online.deRedaktionelles Copyright, Konzeption und deren ständige Überarbeitung:Michael Iwanowski
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ISBN epub: 978-3-86457-217-3ISBN Mobipocket: 978-3-86457-218-0ISBN pdf: 978-3-86457-219-7
Inhalt
Einleitung
Berlin, Berlin: eine persönliche Liebeserklärung
Stadtviertel & Kieze: Flanieren, Einkaufen, Ausgehen
1 Berliner Lebenswelten: Wo die Kreativen, Reichen, Armen, Bürgerlichen wohnen – ein Überblick
2 Friedrichstraße: Mythos, Absurditäten, Luxusmeile und Theaterviertel
3 Rund um den Hackeschen Markt: urbaner Mikrokosmos im Dickicht der Höfe
4 Unter den Linden I: Königsmeile und Demonstration preußischer Macht
5 Unter den Linden II: Bäume, Banken und Bugatti
6 Traditionsreiche Flaniermeile Kurfürstendamm
7 Zentrum der City West: Wasserklops, Hohler Zahn und ein Gürteltier
8 Chamissokiez und Bergmannstraße: Gründerzeitviertel und Kreuzberger Flaniermeile
9 Kreuzberger Multikultur: das Baumhaus an der Mauer
10 Alt-Tegel: Dorfidylle, Badesee und „Dicke Marie“
11 Spandauer Zitadelle: Renaissance-Festung am Rande Berlins
12 Köpenick: nicht nur des Hauptmanns wegen!
13 Rixdorf: Böhmisches Dorf und ländliche Idylle – auch das ist Neukölln
14 Ein Spaziergang durch das jüdische Berlin
15 Flohmärkte: Stöbern auf interessanten Plätzen
16 Anna Blume: eine kulinarische und floristische Oase
17 Clärchens Ballhaus: 100 Jahre Party
18 KaDeWe am Wittenbergplatz: Konsumtempel der Superlative
Geschichte erleben
19 Das Nikolaiviertel: Berlins Ursprung
20 Brandenburger Tor und Pariser Platz: Symbol der Nation, Salon der Republik
21 Das Adlon: ein Stück Geschichte – eine Legende!
22 The Story of Berlin: Zeitreise unter dem Ku’damm
23 Rund um den Checkpoint Charlie: Kalter Krieg, Touristensensation und Geschichtsmeile
24 Bernauer Straße, eingemauert und totenstill: Was die Mauer für die Berliner bedeutete
25 Berliner Unterwelten: Spannendes unter der Stadt
26 Auf den Spuren der DDR I: Zeitzeugnisse eines Überwachungsstaats
27 Auf den Spuren der DDR II: Bösebrücke an der Bornholmer Straße
28 Der Reichstag: vom Reichsaffenhaus zum Bundestag
29 Wilhelmstraße und Prinz-Albrecht-Gelände: Schaltzentrale der Nationalsozialisten
30 Der Schwerbelastungskörper: das kuriose Experiment des Albert Speer
31 Denkmal für die ermordeten Juden Europas: Ort des Gedenkens, der Information, der Selbsterfahrung
32 Der verlassene Raum: das unbekannte Holocaust-Mahnmal
33 Wo einst eine der größten Synagogen stand: das Jüdische Denkmal an der Levetzowstraße
34 The Kennedys: „Ich bin ein Berliner“
35 Sowjetische Ehrenmäler: Monumente des Sieges und der Trauer
36 Villa Schöningen: ein deutsch-deutsches Museum
37 Ein „politischer“ Spaziergang durch den Majakowskiring
38 Jüdischer Friedhof in Weißensee: Wo Denkmäler still erzählen
39 Stahnsdorf: Berlins größter Waldfriedhof
40 Dorotheenstädtischer Friedhof: Ruhestätte berühmter Persönlichkeiten mitten in Berlin
41 Museumswohnungen in Berlin: zurück in die Gründerzeit
Plätze & Parks
42 Potsdamer Platz: die neue Mitte Berlins
43 Alexanderplatz: Ochsenmarkt, Weltzeituhr und Nuttenbrosche
44 Gendarmenmarkt: Dombauten, Konzerthaus und Café Achteck
45 Rüdesheimer Platz: Paradebeispiel für gelungene Stadtarchitektur
46 Körnerpark: überraschendes Kleinod in Neukölln
47 Ludwigkirchplatz: Idylle in der Nähe des Ku’Damms
48 Kollwitzplatz: Schickeria und Geschichte am Prenzlauer Berg
49 Volkspark Friedrichshain und Bötzowviertel: zwischen Rotkäppchen und Mont Klamott
50 Viktoriapark: Berliner Riesengebirge, Napoleon und Kreuzberger Wein
51 Großer Tiergarten: Spaziergang durch die grüne Mitte
52 Vom Flughafen zum Tempelhofer Park: Nichts bleibt, wie es war
53 Am Lietzensee: mitten in der Stadt, mitten in der Natur
54 Die Stadtgärtner: Urban Gardening
55 Natur-Park Schöneberger Südgelände: unterwegs auf alten Gleisen
Kunst & Kultur
56 Museumsinsel: die preußische Akropolis
57 Dalí ist Berliner
58 Liebermann-Villa am Wannsee: traumhafte Symbiose von Landhaus und Gartenanlage
59 Sammlung Boros: Kunst im Bunker
60 Gedenkstätte in den Arbeits- und Wohnräumen von Bertolt Brecht und Helene Weigel
61 East Side Gallery: Kunst an der Mauer
62 Das Kolbe-Museum: verborgener Museumsschatz im Westend
63 Kabaretts in Berlin: zum Lachen und Nachdenken
64 Schlosspark Theater: eine wiederauferstandene Legende
65 „Gutes Wedding, Schlechtes Wedding“: 10 Jahre Kieztheater
66 Zwischen Kunst und Vandalismus: Graffiti und Street Art im öffentlichen Raum
67 Das „Stonehenge von Berlin“: die Global Stones im Tiergarten
68 Das Bauhaus-Museum in einem Bauhaus: Lehrstunde für zeitloses Design
Architektur
69 Architektur zeitlos: Mies van der Rohe in Berlin
70 Berliner Moderne: die Architektur des Neuen Bauens
71 Tuschkastensiedlung: Ein Architekt gibt Farbe
72 Architektur als Spielball der Systeme: Städtebau Ost – die ehemalige Stalinallee
73 Architektur als Spielball der Systeme II: Städtebau West – das Hansaviertel
74 Vom Hauptbahnhof durch das Regierungsviertel zum Holocaust-Mahnmal
75 Neue Architektur im alten Diplomatenviertel: ein Spaziergang im Botschaftsareal zwischen Landwehrkanal und Tiergarten
76 Rathaus und Parlament: Berliner Politik und offene Häuser
77 Olympiagelände: sportliche Wettkämpfe und schwieriges Erbe
Aktivitäten
78 Urbanes Strandleben im Sommer von Berlin
79 Pack die Badehose ein: drei einzigartige Berliner Badeorte
80 Grillboote: kleine Schiffe mit Charme
81 Mit dem Schiff ab durch die Mitte: Brückenfahrt auf Spree und Landwehrkanal
82 Restaurantschiffe: am Wasser ungestört und idyllisch genießen
83 Hoch hinaus I: die besonderen Aussichtspunkte mit historischem Akzent
84 Hoch hinaus II: die besonderen Aussichtspunkte mit modernem Akzent
85 Die Berliner U-Bahn: ein Erlebnis nicht nur für U-Bahn-Fans
86 Der Havelhöhenweg: wandern am Westufer des Wannsees
87 Fahrradtour I: am Wannsee- und Havelufer über die Glienicker Brücke
88 Fahrradtour II: Neuer Garten Potsdam
Schlösser & Gärten
89 Botanischer Garten: So schön kann Natur sein
90 Erstaunliches in Marzahn: die herrlichen Gärten der Welt
91 Humboldt-Schloss (Schloss Tegel) und Park in klassizistischem Stil
92 Schloss Charlottenburg und Schlosspark
93 Lustgarten, Dom und Berliner Suppenschüssel
94 Schlossareal: preußisches Machtzentrum, große Baustelle und Humboldt-Box
95 Glienicke: ein preußisches Landschloss
96 Schloss Schönhausen: Audienz bei der Königin von Preußen und dem Präsidenten der DDR
Essen & Trinken
97 Von der Straße: Streetfood in Berlin
98 Bio in Berlin I: Leckeres von Brot bis Marmelade
99 Bio in Berlin II: Richtig einkaufen
100Berlin und seine Biere: im Mikrokosmos der kleinen Privatbrauereien
101Mit oder ohne? Die Berliner Currywurst, det Orijinal
Elf Ausflüge ins Berliner Umland
1 Über allen Wipfeln: der Baumkronenpfad bei den Beelitzer Heilstätten
2 Das Tegeler Fließ: durch naturbelassene Landschaften in das älteste Dorf Berlins
3 Buddhistisches Haus in Frohnau: Meditieren am Rande Berlins
4 Woltersdorf, der Tiger von Eschnapur und ein Aussichtsturm
5 Rüdersdorf und eine Tagebau-Mondlandschaft
6 Am Großen Müggelsee: Wasser, Wälder und ein bisschen Venedig
7 Nach Ribbeck im Havelland, wo einst der Birnbaum stand …
8 Das mittlere Oderbruch: Groß Neuendorf und ein Theater im Bahnwaggon
9 Schiffe im Fahrstuhl: ein Meisterwerk der Ingenieurskunst in Niederfinow
10 Caputh: ländliche Idylle am Templiner See
11 Werder, Stadt des Obstes und des Weins: Toskana-Feeling am Rande Berlins
Anhang
Berlin in Zahlen
Geschichtlicher Abriss
Besondere Unterkünfte – eine (ganz) kleine Auswahl
Berlin mit Kindern
Festivals und Events
Die drei schönsten Weihnachtsmärkte
Berliner Orte des Wohlbefindens
Praktische Informationen
Ausgewählte Restaurants im Buch
Stichwortverzeichnis
Abbildungsnachweis
Die Autoren
Tausende Male beschrieben, Tausende Gesichter, Geschichten, jeden Tag kommen neue dazu und alte gehen. „Ich bin ein Berliner“ – das sagte schon John F. Kennedy bei seinem Besuch in der Frontstadt kurz nach dem Mauerbau. Er bewunderte mit diesen Worten den ungebrochenen Lebenswillen Berlins.
Berlin ist wie kaum eine andere Stadt durch die Geschichte gegangen, jede Epoche hat Spuren im Gesicht der Hauptstadt hinterlassen: Kaiserreich, die Goldenen Zwanziger Jahre, die Nazizeit, der Zweite Weltkrieg, totale Zerstörung und Wiederaufbau, die Luftbrücke mit den Rosinenbombern, der Mauerbau 1961, die Jahre der Teilung, der Sieg der Freiheit 1989 und die Wiedervereinigung – symbolisch stehen dafür die Bilder jener Nacht vom Brandenburger Tor.
Ich habe einen Teil der bewegten Zeit miterlebt, Kindheit und einen Teil meiner Jugend im Ostteil am Rande Berlins in Bernau verbracht. Als wäre es gestern erst passiert, erinnere ich mich, wie meine pragmatisch veranlagte Großmutter mich mit der S-Bahn nach Gesundbrunnen – damals der „Goldene Westen“ – mitnahm. Zuerst ging’s vor dem Bahnhof zur Wechselstube. Hier wurden fünf Ostmark gegen eine Westmark getauscht. Und dann konnte man das kaufen, was es im Ostteil der Stadt nicht gab: Sarotti-Schokolade, Tchibo-Kaffee und Bananen. Als „kleener Steppke“ biss ich herzhaft in die erste Banane meines Lebens wie in einen Apfel – ohne sie zu schälen.
1961 dann die Flucht. Mein Vater war im höheren Staatsdienst als führender Bauleiter der Regierungssiedlung Wandlitz bei Berlin tätig. Wir kamen in den Genuss aller Privilegien der sozialistischen Oberschicht: Dienstvilla, Chauffeur, nichts fehlte wirklich. Noch heute bin ich auf meinen Vater Kurt Iwanowski stolz, der sich dem SED-Regime als Ingenieur nicht beugte und nicht in die Partei eintrat. Er wusste, dass die Mauer gebaut wird. Und er ließ alle Staatsvorteile sausen, um seiner Familie – vor allem mir – ein Leben in Freiheit und Selbstbestimmung zu ermöglichen.
Alles zurücklassen, ein letzter Blick ins Kinderzimmer, ein letztes Mal durch die Haustür gehen. Emotionen und Augenblicke, die im Herzen eingraviert sind. Dann mit der S-Bahn in den Westen, Aufnahmelager Marienfelde. Wie schmeckte doch die erste Bockwurst im Westen, wie groß und existenziell war der Weg für meine Eltern in eine neue, unbekannte Zukunft. Aber eine Zukunft in Freiheit – einen Wert, für den sie alles hergaben, alles Materielle – aber nicht ihre Ideale.
Notaufnahmelager, Übersiedlung in die Bundesrepublik, wieder Notaufnahmelager, Wohnungs- und Arbeitssuche, Jahre der Entbehrung und des Nachholens. Das Ideal der Freiheit habe ich in dieser Zeit hautnah erlebt, im Westen musste ich kein Pioniertuch tragen und es gab keine Sanktionen staatlicherseits, wenn man einen selbstbestimmten Lebensstil verwirklichte.
Nun bin ich hier seit einigen Jahren wieder heimisch. In „101 Berlin“ möchte ich skizzenhaft 101 Gesichter der liebenswerten, pulsierenden, widersprüchlichen Stadt an der Spree aufzeigen – ohne den Anspruch auf Vollständigkeit eines klassischen Reiseführers. Berlin ist alles, die ganze Spannbreite von Lebensentwürfen, voller Widersprüche, eine Stadt, in der gegensätzliche Lebensstile gelebt werden, es ist d i e Stadt der deutschen Einheit, polarisierend, mutig, kreativ. Und deshalb ist sie so spannend.
Dieser „Reise-Verführer“ soll Lust auf mehr machen, auf Entdeckungen im „alten“ Westen und „neuen“ Osten. Gleich nach der Wende fand eine rasante Veränderung im früheren Ostteil Berlins statt, die heute noch andauert: Neubauten, Abrisse, Renovierungen. Im Westteil gab es lange Zeit Stillstand, der Ku’damm geriet in den Schatten von Friedrichstraße und Co. Nun aber wendet sich das Blatt wieder, im früher westlichen Teil der Stadt stehen gewaltige Innovation und Prestigebauten an, sichtbar z. B. am neuen Waldorf Astoria Hotel am Bahnhof Zoo. Und der Ku’damm ist wieder der Pracht-Boulevard mit Großstadtflair, mondänen Geschäften und entsprechender Gastronomie. Alles ist dank eines gut ausgebauten Nahverkehrssystems leicht erreichbar.
Wie kaum eine andere Stadt bieten Berlin und sein Umland Natur pur: dichte Wälder, klare Badeseen, verschwiegene Dörfer. Als Inspiration werden elf ausgewählte Ausflugstipps vorgestellt.
Zwei Berliner Guides haben an diesem Buch mitgearbeitet: Markus Dallmann, der 41 Texte und zahlreiche Bilder beigesteuert hat, und Robert Müller. Herr Dallmann begleitet Berlin-Besucher zu den interessantesten Stellen der Stadt, Herr Müller radelt auf zum Teil ungewöhnlichen Routen durch die Spree-Metropole. Beiden besten Dank für ihre Mitarbeit und ihr Engagement bei diesem Projekt!
Ein besonderer Dank gehört zudem meinem Berliner Freund Hans-Michael Mohr. Als Kenner der Westberliner Szene steuerte er so manchen Beitrag durch Anregungen bei.
Ich wünsche mir, dass Sie das Berliner Herz, das Tempo der Stadt, ihren Lebensrhythmus zwischen Kiez und Vorzeigemeilen auf eigenen Wegen erspüren. Über Ihre Geheimtipps und Anregungen freuen wir uns!
Michael Iwanowski
Widmung
Dieses Buch widme ich in besonderer Dankbarkeit posthum meinen mutigen und selbstlosen Eltern Johanna und Kurt Iwanowski sowie meiner Großmutter Hedwig Hoffmann. Ohne diesen engen Familienkreis und die Flucht in den Westen 1961 wäre es mir nicht möglich gewesen, meinen Weg in Freiheit zu gehen und dieses Buch im eigenen Verlag zu schreiben.
Berlin ist eine sehr vielfältige Stadt, in der die unterschiedlichsten Menschen ihre kleine Heimat oder ihre kulturelle Gemeinschaft finden, ohne sich vom großen Ganzen abzukoppeln. Anpassungsdruck wie in anderen Städten gibt es hier nicht. Der traditionellen Einwandererstadt Berlin ist es egal, wie man ist. Für manche mag die Stadt zu groß, zu laut und zu anonym sein. Anderen gibt genau diese Größe etwas Beruhigendes und erzeugt ungeahnte Freiheitsgefühle. Der scheinbaren Bindungslosigkeit zum Trotz liebt der Berliner seinen Kiez und verlässt ihn ungern. So kann es passieren, dass sich eine „Reisegruppe“ aus Zehlendorf in bisher unbekanntes Terrain wagt – nach Kreuzberg. Wie aus bunten Mosaiksteinen setzt sich das knapp 900 km² große „Gebilde Berlin“ aus einer Vielzahl von Stadtvierteln zusammen.
In der Berliner Innenstadt, die von der Ringbahn (S41 und S42) umfahren wird, lassen sich grob drei Lebenswelten charakterisieren: Im Bereich um den Hackeschen Markt sowie in Prenzlauer Berg, Friedrichshain und Kreuzberg leben zumeist Kreative, innovative Aufsteiger, junge Familien und Studenten. Sie lieben die urbane, lebendige, weltoffene und tolerante Atmosphäre. Zuwanderer und Ausländer sind willkommen, es herrscht ein politisch „grünes“ Klima. Im früheren Arbeiterquartier Prenzlauer Berg wohnen heute überwiegend gutverdienende Akademiker, die Atmosphäre gilt als kinderfreundlich. Im Bereich Helmholtzplatz und Kollwitzstraße ist die Chance hoch, Prominenten über den Weg zu laufen. Viele Zugereiste bezeichnen den (noch) preisgünstigeren Friedrichshain als das „echte“ Berlin. Hier kann es gelegentlich auch etwas derber zugehen. Gepiercte Mütter mit Halbglatze und rücksichtslose Radfahrer auf Bürgersteigen sind keine Seltenheit. Angesagt sind Boxhagener Platz und Simon-Dach-Straße. Der frühere Westberliner Bezirk Kreuzberg ist zweigeteilt. Während rund um die Bergmannstraße der „Veredelungsprozess“ à la Prenzlauer Berg weit vorangeschritten ist, bestimmen in SO 36, dem „wilden“ und ärmeren Kreuzberg, die inzwischen Alteingesessenen das Stadtbild: Das sind sowohl die Nachkommen der türkischen Einwanderer als auch die Linksalternativen als „Nachfahren“ der Hausbesetzerszene der 1980er-Jahre. Wichtiges Zentrum ist der Heinrichplatz auf der Oranienstraße.
Prenzlauer Berg ist besonders bei Zugereisten beliebt
In Friedrichshain geht’s hip und alternativ zu
Die Stadtteile Moabit, Wedding, Neukölln-Nord sind geprägt von hoher Arbeitslosigkeit, hohem Migrantenanteil mit türkisch-arabischem Hintergrund und einer sichtbaren Armut. Dennoch hält der völlig ungefährliche Spaziergang durch die gut erhaltenen Altbauquartiere Überraschungen bereit. So gilt der Neuköllner Reuterkiez mit seinen Galerien und Kneipen als jüngstes Szeneviertel und wird aufgrund der Nähe zu Kreuzberg als Kreuzkölln bezeichnet.
Die westlich und südlich an den Bezirk Mitte angrenzenden Stadtteile Charlottenburg, Wilmersdorf und Schöneberg gelten traditionell als großbürgerlich und sind bestimmt von hohem Lebensstandard und großstädtischem Flair im liberal-konservativen Milieu. Ein beliebter Treffpunkt ist z. B. der Ludwigkirchplatz in Wilmersdorf oder der Schöneberger Szenekiez rund um den Winterfeldtplatz mit seinem herrlichen Wochenmarkt (Mi u. Sa).
Günstiger zum Wohnen sind die Plattenbauten
Außerhalb der Innenstadt sind frühere Ost-West-Mentalitäten noch spürbar: Im früheren Ostberlin gibt es zwei Lebenswelten: Die großen Plattenbaugebiete der ehemaligen DDR-Mittelschicht (Lichtenberg, Marzahn) erscheinen nach außen eher ungemütlich, haben aber einen guten Wohnstatus und oft günstige Mieten. In den ruhigen Lagen Pankow, Treptow und Köpenick leben eher ältere Bewohner, Kulturleute sowie Familien, die es ins Grüne gezogen hat.
Der „Westen“ ist wiederum recht unterschiedlich: Kleinbürgerliches Milieu findet sich am ehesten in Reinickendorf und Spandau, wo von jeher ein gewisses Misstrauen gegenüber Großberlin vorherrscht. Das höchste Durchschnittsalter findet man im gediegenen bürgerlichen Süden (Tempelhof, Steglitz, Neukölln-Süd). Im reichen Südwesten (Westend, Grunewald, Zehlendorf) sind Einkommen und Lebensstandard am höchsten. Gelegentlich können rund um den Schlachtensee joggende Prominente angetroffen werden.
(md)
Die schnurgerade in Nord-Süd-Richtung verlaufende Friedrichstraße bildet das Rückgrat der barocken Stadterweiterung aus dem 17. Jh. mit ihrem schachbrettartigen Straßenraster. In den 1920er-Jahren galt die Leipziger Straße als „Kaufstraße“, die Promeniermeile Unter den Linden als „Laufstraße“, die Friedrichstraße aber als „Saufstraße“. Hier fand die lebenshungrige Bevölkerung Kneipen, Kinos, Weinstuben, Bierschwemmen und Amüsierbetriebe. Bei „Aschinger“ gab’s Suppe für 30 Pfennig, Besteck angekettet an der Wand. Die im Krieg stark zerstörte Straße erwachte erst nach der Wiedervereinigung zu neuem, glanzvollem Leben.
In den 1990er-Jahren setzte in Berlins historischem Geschäftszentrum eine ungeheure Bautätigkeit ein. Die Bodenpreise waren nach oben geschossen und entlang der Friedrichstraße wurden Milliarden investiert. Auf historischem Boden entstand ein völlig neues Geschäftszentrum mit Nobelboutiquen, glanzvollen Autosalons, 5-Sterne-Hotels, Luxusrestaurants und Lounge-Bars sowie Bürohäusern mit schicken Wohnungen obendrauf.
Die drei Blöcke der Friedrichstadtpassagen, auch Quartiere Q 205, Q 206 und Q 207 genannt, sind unterirdisch durch eine luxuriöse Ladenpassage miteinander verbunden. Im Inneren bieten sie feine Spezialgeschäfte, Edelboutiquen, Designerläden und Cafés. Elegantestes Shopping-Areal ist Q 206. Zwischen Tauben- und Jägerstraße taucht man ein in eine Art-déco-Welt aus Marmor, Glas und Stahl. Im Quartier 207 an der Französischen Straße bietet das Edelkaufhaus Galeries Lafayette aus Paris seine Waren auf fünf Etagen an. Unten in der Gourmetabteilung kann sich der Feinschmecker wie Gott in Frankreich fühlen. Ein faszinierender Blick bietet sich vom Erdgeschoss in den riesigen gläsernen Kegel und Trichter im Gebäudeinneren.
Schicker shoppen im Lafayette
Ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt ist der Bahnhof Friedrichstraße, wo auf mehreren Etagen S- und Regionalbahnlinien, U-Bahn und Tram aufeinandertreffen. Während der Teilung Berlins fungierte der Bahnhof als beklemmender Grenzübergang mit labyrinthischen Gängen und Treppenläufen. Schmerzhafte Verabschiedungsszenen machten ein weiteres Kontrollgebäude hinter dem Bahnhof zum legendären „Tränenpalast“. Im September 2011 wurde er als Museum der Teilung mit der Ausstellung „GrenzErfahrungen. Alltag der deutschen Teilung“ eröffnet.
Im nördlichen Bereich der Friedrichstraße befindet sich das traditionsreiche Theaterviertel. Im legendären Admiralspalast finden in mehreren Spielstätten bis zu 2.400 Personen Platz und im Vorderhaus macht die „Distel“ politisches Kabarett (s. S. 142). Weit strahlt die Leuchtschrift des von Bertolt Brecht gegründeten Berliner Ensembles jenseits der Spree. Ein einzigartiges Showspektakel aus Ballett, Artistik und Tingeltangel bietet Europas größtes Revuetheater, der Friedrichstadt-Palast. Das Deutsche Theater in der nahe gelegenen Schumannstraße mit den zugehörigen Kammerspielen zählt zu den besten Bühnen im deutschsprachigen Raum.
(md)
Geisterbahnhöfe
Eine Absurdität der Geschichte sollte sich zu DDR-Zeiten unter der Friedrichstraße abspielen. Die seit 1923 fahrende U-Bahnlinie (U6) startete im geteilten Berlin nun im nördlichen Westsektor und endete im südlichen Westsektor, durchfuhr aber in Mitte den Ostsektor. Nach dem Mauerbau machte man sämtliche U-Bahnhöfe auf der Ostberliner Seite unzugänglich, während die Westberliner ohne Halt durch diese Bahnhöfe fuhren. In den schummrig beleuchteten „Geisterbahnhöfen“ patrouillierten Grenzsoldaten und passten auf, dass die U-Bahnen ja nicht anhielten.
Info
Hinkommen: U2 und U6 Stadtmitte, U6 Französische Straße sowie S+U-Bahnhof Friedrichstraße.
Einkaufen: Friedrichstadtpassagen, Mo–Sa 10–20 Uhr.
Dussmann das KulturKaufhaus, Friedrichstr. 90, Tel. 030/20251111, www.kulturkaufhaus.de, Mo–Fr 9–24 (!) Uhr, Sa bis 23.30 Uhr. Mit riesiger Auswahl an Büchern und Musik.
Ausstellung: GrenzErfahrungen, im Tränenpalast/Bahnhof Freidrichstraße, www.hdg.de/berlin/traenenpalast/, Di–Fr 9–19 Uhr, Sa/So 10–18 Uhr, Eintritt frei.
Essen & Trinken: Am Spreeufer am Schiffbauerdamm reihen sich mehrere große Restaurants wie das Brechts oder Ganymed aneinander. Die Ständige Vertretung mit rheinischen Spezialitäten gilt als Zufluchtsort für die „Bonner“ nach dem Regierungsumzug nach Berlin (Schiffbauerdamm 8, Tel. 030/2823965, www.staev.de, tgl. 10.30–1.00 Uhr, Mo–Fr Mittagstisch 11–15 Uhr).
Daneben in der Berliner Republik variieren die Bierpreise je nach Angebot und Nachfrage (Schiffbauerdamm 8, Tel. 030/30872293, www.die-berliner-republik.de, tgl. 10–5 Uhr).
Zum Hauptgericht Promis – rund um die Friedrichstraße finden sich einige Lokalitäten, in denen man das eine oder andere bekannte Gesicht entdecken kann, z. B. das Borchardt, Französische Str. 47, Tel. 030/81886262, www.borchardt-restaurant.de, tgl. 11.30–24 Uhr, Reservierung empfohlen. Berühmtheiten wie Leonardo di Caprio, Jack Nicholson und Michael Douglas wurden hier gesichtet … Zu essen gibt’s deutsche und französische Küche. Berühmt ist das Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat.
Bocca di Bacco, Friedrichstraße 167, Tel. 030/20672828, www.boccadibacco.de, Mo–Sa 12–24 Uhr, So 18–24 Uhr, Reservierung erbeten. Hervorragende Pasta, Fleisch- und Fischgerichte z. B. Entrecôte vom Kalb mit Kräutern und Fenchelgratin. Innen wird typisch wilhelminischer Historismus mit italienischen Stilelementen verbunden.
Den Auftakt für das quirlige Szeneviertel in der Spandauer Vorstadt bildet der Hackesche Markt. Um 1750 legte der Stadtkommandant Graf von Hacke diesen dreieckigen Platz direkt hinter der einstigen Altstadtbefestigung Berlins an. Eingerahmt von historischen Gebäuden und dem 1880 gebauten S-Bahnhof mit rotem Klinker und Terrakottaschmuck kann man die Atmosphäre bei einem Cappuccino im Freien genießen. Weitere Wohltaten für Leib und Seele bieten die Stände auf dem Wochenmarkt an, der donnerstags und samstags stattfindet.
Die ab dem 17. Jh. entstandene Spandauer Vorstadt erhielt ihren Namen aufgrund einer mittelalterlichen Wegeverbindung zum 15 km entfernten Spandau. Mit der Industrialisierung setzte eine rasante bauliche Verdichtung, für die vielen kleinen Handwerks- und Industriebetriebe wurden Höfe angelegt. Die berühmteste Hofanlage liegt an der Rosenthaler Straße und ist mit ihrer stolzen Fassade bereits vom Hackeschen Markt aus zu sehen.
Die Hackeschen Höfe von 1906 waren seinerzeit der größte Wohn- und Gewerbekomplex Europas. Sie bieten heute eine vielfältige Mischung aus Restaurants, Designerläden, Kreativbüros, Galerien sowie reinen Wohnbereichen. Der Bummel durch die acht Höfe gleicht einer Entdeckungsreise. Das üppige Entree bildet der erste Hof mit seinen bunt glasierten Fliesen in einer Mischung aus Jugendstil und Art déco. Ganz oben im Ambiente eines ehemaligen Ballsaals zeigt das Chamäleon erstklassige Varieté-Shows. In Hof Nr. 5 gibt’s den Ampelmann als Nudel oder Eiswürfel und in Hof Nr. 7 bietet Eat Berlin Feines aus Berliner Genuss-Manufakturen.
Der erste Hof: dekoriert mit bunt glasierten Fliesen
Von Hof 6 zweigen die Rosenhöfe mit Durchgang zum Rokoko-Gebäude in der Rosenthaler Straße 36 ab. In einem gleichsam charmanten wie kitschigen Ambiente aus rosa Fassaden und türkisen Metallstreben werden u. a. Designerbrillen für den Jet-Set-Reisenden oder Yogakurse für hippe Großstädter angeboten. Innerhalb der nur teilweise renovierten und düster erscheinenden Höfe der Rosenthaler Straße 39 lässt sich die jüngere Geschichte des gesamten Viertels erahnen. Die im Zweiten Weltkrieg verschonten Gebäude, die zu DDR-Zeiten dem Verfall preisgegeben waren, wurden nach der Wiedervereinigung von jungen Leuten und Künstlern als billige Wohnmöglichkeit neu entdeckt. Der morbide Charme der verfallenen Höfe strahlte eine ungeheure Anziehungskraft auf die Kreativen und die wilde Clubszene der 90er-Jahre aus. Es folgten internationale Galeristen, Designer und Modeateliers sowie die Flagshipstores der Modebranche. Heute gehört das Viertel zu den teuersten und angesagtesten Gebieten Berlins.
Fassadenansicht der Hackeschen Höfe
Eine der ältesten Straßen ist die Sophienstraße mit ihren Gebäuden aus dem 18. Jh. Während eines Bummels durch diese malerische Altstadtstraße lohnen sich Abstecher in weitere Hofanlagen. Die Sophiensaele im Gebäudeensemble des Handwerkervereinshaus bieten zeitgenössische Theaterkunst und Neue Musik. Bei Hausnummer 21 gelangt man in die Sophie-Gips-Höfe, ein ehemaliges Fabrikareal mit drei Bürgerhäusern zwischen Sophien- und Gipsstraße. Die Kunstsammler Hoffmann schufen in diesem Komplex eine Verbindung aus Kunst, Kultur und Wohnen. Sie zeigen außerdem eine der größten Privatsammlungen der Welt. Im zweiten Innenhof können im Barcomi’s 13 hausgeröstete Kaffeesorten und Bagelspezialitäten probiert werden.
(md)
Info
Hinkommen: S5/S7/S75 und M1/M4/M5/M6 S-Bahnhof Hackescher Markt.
Essen & Trinken: Große Auswahl auf dem Hackeschen Markt und in der Rosenthaler Straße.
BBQ Kitchen, Am Zwirngraben 5, Tel. 030/27909816, www.bbq-kitchen.de, So–Do 11–24, Fr–Sa 11–1 Uhr. Erstklassiges Barbecue für kleines Geld: Hähnchen, Ente, Spareribs mit guten Dips (Smoke, BBQ oder Chili) und Beilagen (Cole Slaw, Rot- und Weißkraut, Kräuterkartoffel). Ein Mixed Grill BBQ kostet 12 €.
Kunst: Sammlung Hoffmann, Sophie-Gips-Höfe, 2. Hof, Aufgang C, Sophienstraße 21, Tel. 030/28499120, www.sammlung-hoffmann.de, samstags 11–16 Uhr nach Voranmeldung (geschlossen August und zwischen Weihnachten und Neujahr), 10 €.
Varieté-Show: Chamäleon, in den Hackeschen Höfen, Rosenthaler Straße 40/41, Tel. 030/4000590, www.chamaeleonberlin.com, ab 37 €.
Die berühmteste Prachtstraße und Flaniermeile Berlins führt vom ehemaligen Stadtschloss auf der Spreeinsel bis zum Brandenburger Tor. Mit ihren Bauten versammelt sie das Beste und Schönste der preußischen Architektur vom Barock bis zum Klassizismus, lässt auf ihren knapp 1,5 km aber auch die Brüche der Geschichte sichtbar werden.
Direkt hinter der Schlossbrücke trifft man auf den bedeutendsten Barockbau Berlins und gleichzeitig das älteste Gebäude des Straßenzugs. Das Zeughaus, 1706 als königliches Waffenarsenal errichtet, ist heute Sitz des Deutschen Historischen Museums. Der überdachte Innenhof ist frei zugänglich. Hier befinden sich mit den „Köpfen sterbender Krieger“ 22 Meisterwerke der Bildhauerkunst von Andreas Schlüter. Von hier kommt man auch in den neuen Anbau mit seinen Wechselausstellungen. Er wurde von I.M. Pei gestaltet, dem Architekten, der auch die Glaspyramide des Pariser Louvre entworfen hat.
Direkt gegenüber befindet sich das Kommandantenhaus. Nach der Zerstörung des Gebäudes im Zweiten Weltkrieg stand hier das DDR-Außenministerium, welches seinerseits 1995 abgerissen wurde. Das heutige Palais ist – auch wenn es in Anbetracht der Fassade aus original schlesischem Kalkstein und dem Figurenschmuck schwer zu glauben ist – ein Neubau aus dem Jahr 2003.
Danach folgen zwei wunderbare Beispiele des preußischen Klassizismus: das Kronprinzenpalais und das Prinzessinnenpalais, das heutige Opernpalais. Wo vor 200 Jahren preußische Prinzessinnen Kissenschlachten austrugen, gab es bis Ende 2011 Schlachten ums Kuchenbüffet. Leider ist das große Operncafé geschlossen. Mittlerweile hat der Axel-Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner das historische Bauwerk gekauft.
Prachtbau: Details am Zeughaus
Auf der anderen Straßenseite steht die Neue Wache von 1818, das erste Gebäude von Karl Friedrich Schinkel, das in Berlin gebaut wurde. Von Anfang an war die „Haupt- und Königswache“ auch als Gedenkstätte konzipiert. Zunächst erinnerte sie an die Gefallenen der Befreiungskriege, zu DDR-Zeiten brannte im Inneren die Ewige Flamme für die „Opfer von Faschismus und Militarismus“, draußen fand die Wachablösung im Stechschritt statt. Heute steht in dem asketisch anmutenden Raum eine vergrößerte Kopie der Skulptur „Mutter mit totem Sohn“ von Käthe Kollwitz; der Bau dient als „Zentrale Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft“.
Unter Friedrich dem Großen entstand ab 1740 das Forum Fridericianum. Die Gebäude um den heutigen Bebelplatz demonstrieren die geistige und künstlerische Haltung des preußischen Monarchen. Den Auftakt bildet die Staatsoper, die 1742 als erstes frei stehendes und damals größtes deutsches Opernhaus eröffnet wurde. Das Gebäude wird bereits seit 2010 saniert, übergangsweise ist die weltberühmte Staatskapelle unter der Leitung von Daniel Barenboim deshalb im Schillertheater ansässig. Den Bau der katholischen St.-Hedwigs-Kathedrale hinter der Staatsoper genehmigte der König als Zeichen seiner religiösen Toleranz. Architektonisches Vorbild war das Pantheon in Rom. Die königliche Alte Bibliothek, von den Berlinern aufgrund ihrer geschwungenen Form „Kommode“ genannt, erinnert an den Michaelertrakt der Wiener Hofburg. Kein Wunder, beruht der Bau doch auf denselben Plänen. Diese Kopie sollte die Überlegenheit Preußens über Österreich demonstrieren. Und tatsächlich wurde das Berliner Gebäude früher vollendet als das Vorbild in Wien – und zwar ganze hundert Jahre. Auf der nördlichen Seite entstand für Friedrichs Bruder das Prinz-Heinrich-Palais, die heutige Humboldt-Universität.
In der Mitte des Bebelplatzes ist eine Glasscheibe eingelassen, unter welcher man bei genauem Hinsehen einen Raum mit leeren Bücherregalen entdeckt. Diese versunkene Bibliothek symbolisiert den kulturellen Verlust durch die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933. Doch auch Friedrichs II. wird an dem von ihm initiierten Bauensemble gedacht: Elf Jahre arbeitete Daniel Rauch an seinem Meisterwerk, dem „Reiterstandbild Friedrichs des Großen“. Die 1851 enthüllte Plastik gilt als Startpunkt der realistischen Darstellungsweise in der Bildhauerei: Es zeigt den Monarchen hoch zu Ross – mit Uniform und Krückstock.
(md)
Info
Hinkommen: Bus 100/200/TXL Staatsoper oder Unter den Linden/Friedrichstr.
Information: Deutsche Staatsoper, wegen Renovierung findet der Spielbetrieb im Schillertheater statt (Bismarckstr. 110, Tel. 030/203540, www.staatsoper-berlin.de). Die Wiedereröffnung ist für Herbst 2017 geplant.
Deutsches Historisches Museum, Tel. 030/20304444, www.dhm.de, tgl. 10–18 Uhr, 8 €, bis 18 Jahre frei.
Markt: Kunstmarkt am Zeughaus, hier verkaufen viele Berliner sowie osteuropäische Künstler ihre Bilder, Drucke, Skulpturen und Spielzeug. Von Kunst bis Kitsch ist alles dabei. Jeden Samstag und Sonntag (www.kunstmarkt-berlin.com).
Essen & Trinken: Café-Restaurant im Deutschen Historischen Museum mit Terrasse zur Spree, tgl. 10–18 Uhr.
Am „Reiterstandbild Friedrichs des Großen“ beginnt der westliche Teil des Boulevards, der bis zum Pariser Platz am Brandenburger Tor führt. Und während der östliche Teil mit seinen preußischen Prachtbauten weitgehend baumlos ist, wandelt man hier tatsächlich unter Linden. Auf dem alten Reitweg, der vom Schloss in den kurfürstlichen Tiergarten führte, ließ „der Große Kurfürst“ Friedrich Wilhelm von Brandenburg 1647 jeweils 1.000 Nuss- und Lindenbäume anpflanzen. Während die Nussbäume verkümmerten, entwickelten sich die Linden prächtig und gaben der Straße ihren Namen. Wäre es anders gelaufen, hieße die Promenade womöglich „Unter den Nüssen“ …
Der bürgerliche Westteil der Straße mit seinen stolzen Geschäftshäusern, Palais und Hotels entstand im Baurausch der Gründerzeit. Zu Ostberliner Zeiten wurden viele der im Krieg zerstörten Gebäude durch Botschaften und langweilige Verwaltungsbauten mit öden Fassaden ersetzt. Nach der Wiedervereinigung brach wiederum ein Bauboom los: Die Nähe zum neuen Regierungsviertel machte die Linden und die benachbarten Straßen zu begehrten Adressen für die Niederlassungen von Firmen und Verbänden – und damit nicht zuletzt für Lobbyisten.
Der mächtige Bau der Staatsbibliothek auf der nördlichen Seite beim Reiterstandbild umschließt mehrere Höfe sowie den neuen Glaskubus des Lesesaals. Wegen der anhaltenden Generalsanierung ist der Haupteingang Unter den Linden derzeit nicht zugänglich (Eintritt über die Dorotheenstraße). Gegenüber zeigt die Deutsche Bank in ihrer KunstHalle (Ecke Charlottenstr.) wechselnde Ausstellungen zeitgenössischer Kunst. Das alte Bankenviertel zwischen Linden, Behrenstraße und Französischer Straße hatte nach dem Krieg seine Bedeutung verloren. Nach der Wiedervereinigung übernahmen die Geldinstitute ihre großen Häuser wieder oder überließen sie anderen Nutzern. So verwandelte sich das ehemalige Gebäude der Dresdner Bank am Bebelplatz (in dem lange die Staatsbank der DDR untergebracht war) zum schicken Hotel de Rome. Ebenfalls umfunktioniert wurde der riesige, 8 m hohe Schalterraum der Diskontobank an der Charlottenstraße/Ecke Behrenstraße. Er wird heute vom Edelrestaurant Gendarmerie genutzt.
Beliebte Flaniermeile: Unter den Linden entlang
Bücherstand vor der Humboldt-Uni
Auch die Kreuzung Unter den Linden/Friedrichstraße mit ihren berühmten Cafés Bauer, Victoria und Kranzler ging im Bombenhagel unter. Einzig das Haus der Schweiz, unschwer an der Wilhelm-Tell-Figur an der Fassade zu erkennen, blieb verschont. Zum Tanz ums Goldene Kalb, Pardon, ums edle Blech, fordern mehrere alte Bekannte auf: Im Upper-Eastside-Komplex präsentiert Mercedes-Benz seine neuesten Kreationen. Auf der anderen Straßenseite im Lindencorso inszeniert VW seine Marken von Golf bis Bugatti im Drive Volkswagen Group Forum. Im Untergeschoss gibt es wechselnde Kunstausstellungen.
Neben dem Haus der Schweiz folgen die Kaiserhöfe. Direkt daneben produziert im Zollernhof das ZDF-Hauptstadtstudio Sendungen wie „aspekte“, „Berlin direkt“ oder das „ZDF-Morgenmagazin“. Das verglaste Atrium des Kontorhauses gibt den Blick frei ins Studio 1. In der Hausnummer 42 folgt ein Ableger des Café Einstein, Treffpunkt der Berühmten und Mächtigen (S. 53). Schräg gegenüber erhebt sich der stalinistische Prunkbau der russischen Botschaft.
(md)
Info
Hinkommen: U+S-Brandenburger Tor oder U+S-Friedrichstraße sowie Bus 100/200 Unter den Linden/Friedrichstraße.
Museen:
KunstHalle by Deutsche Bank, Unter den Linden 13 / 15, Tel. 030/2020930, tgl. 10–20 Uhr, 4 € (Kinder 3 €), montags Eintritt frei.
Madame Tussauds, Unter den Linden 74, Tel. 030/40004610, www.madametussauds.com, tgl. 10–19 Uhr (letzter Einlass 18 Uhr), Erw. 23,50 €, Kinder (3–4 J.) 18,50 €.
Willy Brandt Forum, Unter den Linden 62–68, Tel. 030/7877070, www.willy-brandt.de, Di– So 10–18 Uhr, Eintritt frei. Zeigt Lebensstationen des Kanzlers.
„Der Weg ist das Ziel“. Tatsächlich scheint die weltberühmte Flaniermeile, die mit 3,5 km Länge auch eine wichtige Verkehrsader ist, nicht zu einem bestimmten Ziel führen zu wollen. Sie ist selbst Zielort. Der zum Bummeln, Shoppen und Verweilen interessanteste Abschnitt beginnt am Breitscheidplatz und führt bis zur Schaubühne am Lehniner Platz.
Ursprünglich ritten auf dem „Knüppeldamm“ die Kurfürsten in das Jagdrevier im Grunewald. Erst 1886 sollte auf Anregung von Otto von Bismarck ein repräsentativer Boulevard mit herrschaftlich opulenten Bauten entstehen. In rasantem Tempo stieg der Kurfürstendamm zur begehrten Wohn- und Geschäftsadresse des noblen Bürgertums auf und trat als „Neuer Westen“ mit Hotels, Restaurants, Theatern und Uraufführungskinos in Konkurrenz zur alten Mitte in Berlin.
Seine Blütezeit aber waren die Goldenen Zwanziger Jahre als Experimentierfeld der Moderne. In den Kaffeehäusern diskutierten Künstler und Schriftsteller, im Ausstellungshaus zeigte die Berliner Secession die Werke ihrer Mitglieder, die vergnügungssüchtigen Ku’dammbesucher strömten in die Tanzlokale und feierten enthusiastisch Josephine Baker. Nach Kriegsende in eine Trümmerwüste verwandelt, entwickelte sich der Kurfürstendamm im Zeitalter des Kalten Kriegs zum „Schaufenster des Westens“ und übernahm die Zentrumsfunktion von Westberlin.
Auch nach der Wiedervereinigung genießen der Kurfürstendamm und seine Seitenstraßen hohe Attraktivität als gute Wohn- und Geschäftsgegend und als gehobene bis luxuriöse Einkaufsmeile mit Kultur und Gastronomie.
Blick von oben auf den Ku’damm
Markanter Beginn des Ku’damms ist die weltbekannte Ruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche (s. S. 24). Das schräg gegenüberliegende Karstadt-Kaufhaus soll ab März 2017 bis 2020 komplett umgestaltet und in eine Shopping Mall umgewandelt werden. An der Fassade des neuen Ku’damm Ecks an der Joachimsthaler Straße flimmern auf einer der größten Videowände Europas Filmclips, Nachrichten und Werbung. Ein Kuriosum aus den 1950er-Jahren bildet das denkmalgeschützte Ensemble aus U-Bahnzugang, Kiosk und der Verkehrskanzel, in welcher der Polizist die Ampeln von Hand schaltete.
Tipp
Filmgenuss
In vielen der großen Kinopaläste am Kurfürstendamm sind die Lichter endgültig ausgegangen. Einen einzigartigen luxuriösen Filmgenuss bietet die Astor Film Lounge mit Park-Service, Garderobe und Cocktailbar. An den mit Fußhockern ausgestatteten Logen- und Separéeplätzen werden Speisen und Getränke serviert. Kurfürstendamm 225, Tel. 030/8838551, www.astor-filmlounge.de.
Vom berühmten Café Kranzler ist lediglich die Rotunde mit den rot-weißen Markisen übrig geblieben. Die Zeiten als Westberliner Institution sind zwar vorbei, aber immerhin kann man unter dem neuen Mieter des Gebäudekomplexes – der britischen Modekette Superdry – ab 2017 nach einjähriger Pause wieder Kaffee trinken. Dahinter erhebt sich der riesige Glasriegel des Neuen Kranzler-Ecks inklusive Voliere mit Mandarinenten, Sittichen und Fasanen.
In eine Oase der Ruhe taucht man in der Fasanenstraße mit ihren gründerzeitlichen Villen und Vorgärten. Die Bleibtreustraße in Richtung Savignyplatz bietet ein lebendiges Kiezflair, bestehend aus Boutiquen, Kunstläden und gemütlichen Lokalen. Der Bereich zwischen Schlüterstraße und Olivaer Platz hat sich als Adresse internationaler Designer zum nobelsten Abschnitt des Kurfürstendamms entwickelt. Dazu passend bietet Bier’s Kudamm 195 im modernen, gläsernen Quartier zur Currywurst Champagner an.
Dem Niedergang berühmter Kaffeehäuser zum Trotz eröffnete Ende 2012 das Kaffeehaus Grosz im mondän-luxuriösen Ambiente mit hohen Decken, Jugendstilsäulen und Marmorfußboden im einstigen Grand-Hotel Cumberland (Kurfürstendamm 193, www.grosz-berlin.de).
(md)
Info
Hinkommen: U1/U9/M19/M46 und Busse 109/110/204/249/X10 Kurfürstendamm, U1/M19/M29 und Busse 109/110 Uhlandstraße, M19 und Busse 101/109/110/310/X10 Adenauer Platz.
Information: Tourist Info im Europacenter, Tauentzienstr. 9 (Erdgeschoss), Tel. 030/250025, Mo–Sa 10–20 Uhr.
Bühnen: Boulevard: Komödie und Theater am Kurfürstendamm, Kurfürstendamm 206, Tel. 030/8859110, www.komoedie-berlin.de/. Hochkarätig besetzte Stücke, u. a. mit Katharina Thalbach, Pierre Besson und Uwe Ochsenknecht. Wegen geplanter Umbaumaßnahmen des Kudammkarrees ist die Zukunft der Bühnen derzeit ungewiss.
Innovativ: Schaubühne am Lehniner Platz, Kurfürstendamm 153, Tel. 030/890023, www.schaubuehne.de.
Essen & Trinken: Café-Restaurant Wintergarten, Fasanenstr. 23, Tel. 030/8825414, tgl. 9–24 Uhr. Im gründerzeitlichen Literaturhaus mit Terrasse und Garten, ideal für eine Kaffeepause zwischendurch.
Balthazar, Kurfürstendamm 160, Tel. 030/89408477, www.balthazar-restaurant.de, tgl. 18–23 Uhr. Im Speiseraum der historischen Gründerzeitvilla werden wunderbare Gerichte serviert, z. B. Sashimi und Tatar vom Thunfisch mit Mango-Chili-Chutney. Eher teuer.
Mondo Pazzo, Schlüterstraße 52, Tel. 030/8851121, www.mondopazzo.de, tgl. 12–24, So ab 17 Uhr. Die „Verrückte Welt“ bietet authentische italienische Küche in gediegenlegerer Atmosphäre. Zum Versinken sind die Fedelini mit Trüffeln und Steinpilzen.
Der Berliner hat ein Faible für liebevoll-respektlose Spitznamen. So heißt der Weltkugelbrunnen im Volksmund einfach „Wasserklops“. Zu finden ist er auf dem Breitscheidplatz, zwischen Europacenter und Gedächtniskirche. Hier, am Schnittpunkt der großen Einkaufsboulevards, liegt das Zentrum der westlichen Berliner Innenstadt. Straßenkünstler und Akrobaten zeigen ihr Können, gelegentlich auch Taschendiebe …! Das Europacenter wurde Im Inneren gibt es u. a. zwei ungewöhnliche Chronometer zu sehen: Die flüssigkeitsgefüllte „Uhr der Fließenden Zeit“ erstreckt sich über drei Stockwerke, die „Mengenlehrenuhr“(eigentlich: „Berlin-Uhr“) macht die Uhrzeit mit bunten Lichtern sichtbar.
Die 1895 geweihte Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche erinnert heute weniger an den ersten deutschen Kaiser, sondern mahnt zu Frieden und Versöhnung. Im November 1943 zerstört, sollte sie später zum Wahrzeichen Westberlins werden. Das Ensemble besteht aus der Turmruine (dem „Hohlen Zahn“) sowie dem Glockenturm und dem Gemeindesaal („Lippenstift und Puderdose“) von Egon Eiermann aus den 1950er/60er-Jahren. Die blauen Glaswände tauchen das achteckige Kirchenschiff in ein meditatives Licht und erzeugen eine Oase der Ruhe und Besinnung mitten im quirligen Großstadttrubel. Die Gedenkhalle in der Turmruine zeigt Fotos und Überreste der alten Kirche (tgl. 9–19 Uhr).
Bei seiner Gründung 1844 lag der Zoologische Garten noch weit vor der Stadt. Den Grundstock des ältesten Zoos Deutschlands bildete die Königliche Menagerie auf der Pfaueninsel. Heute ist der Berliner Zoo mit über 18.600 Tieren aus 1.400 Arten einer der größten und artenreichsten der Welt. Am Eisbärengehege erinnert seit 2012 eine Bronzeskulptur an den hier aufgezogenen und gestorbenen Publikumsliebling Knut. Am Elefantentor in der Budapester Straße befindet sich auch das große Zoo-Aquarium – Highlights sind die Krokodilhalle und das Haibecken.
Mahnmal für den Frieden: die Gedächtniskirche
Der Bahnhof Zoologischer Garten war nach dem Mauerbau der einzige Fernbahnhof Westberlins und schmuddelig-bizarrer Endpunkt der Transitzüge aus dem alten Bundesgebiet. Die Geschichte der Christiane F. „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ führte vollends zu trauriger Berühmtheit. Der Fall der Mauer und die Totalrenovierung verwandelten den Bahnhof schlagartig, während die neue Skyline der City West vom einstigen Schmuddel-Image der Zoo-Gegend kaum etwas übrig ließ. Markantester Blickpunkt ist das 32-geschossige Zoofenster, in dem sich seit 2012 das Luxushotel Waldorf-Astoria befindet. Nach dem aufwendigen Umbau des sog. Bikinihauses auf der Nordseite des Breitscheidplatzes hat sich aus dem Kokon der Bauzäune ein „Lifestyle“-Einkaufstempel geschält, von dessen Terrassen sich ein herrlicher Blick auf Zoo und Tiergarten ergibt.
Statue am Weltkugelbrunnen
Die 4 km lange Kantstraße führt direkt auf die Gedächtniskirche zu. Hinter der Stadtbahnbrücke erreicht man das Theater des Westens. Die „Zuckerdose“ ist eine üppige Mischung aus Jugendstil und Neobarock. 1896 als Bühne der leichten Muse eröffnet, werden hier heute die großen Musicals präsentiert. Gegenüber erhebt sich das Bürohochhaus Kant-Dreieck mit dem Windsegel, welches sich ab Windstärke drei in Bewegung setzt. Daneben befindet sich im Gebäude des Delphi-Filmpalast der legendäre Musikclub Quasimodo. Die (Jazz-)Konzerte beginnen meist ab 22 Uhr, auf der Terrasse des gleichnamigen Cafés kann man auch tagsüber sitzen. Dahinter ragt auf der Fasanenstraße das Ludwig-Erhard-Haus auf, Sitz der Industrie- und Handelskammer sowie der Wertpapierbörse. Seine spektakuläre Architektur mit 15 Stahlbögen führte zur Bezeichnung „Gürteltier“.
(md)
Tipp
Toller Fotospot!
An der Kreuzung Kurfürstendamm/Schlüterstraße steht ein fotogener bunter „Buddybär“, davor ein überdimensionierter Bilderahmen. Kann es eine bessere Location geben, um dem Besucher den rechten Rahmen zu geben?
Info
Hinkommen: U1/U2/U9 Zoologischer Garten, Bus: u. a. 100, 200.
Besichtigung: Zoologischer Garten, Tel. 030/254010, www.zoo-berlin.de, tgl. 9 Uhr. Tagesticket 14,50 €, Kinder 4–15 Jahre 7,50 €, mit Aquarium 14,50/10 €.
Museum für Fotografie, Helmut-Newton-Stiftung, Jebensstraße 2, Tel. 030/31864856, www.helmut-newton.de, Di–So 11–19 Uhr (Do bis 20 Uhr).
C/O-Berlin, glanzvolle Fotogalerie im ehem. Amerika-Haus, Hardenbergstr. 22–24, Tel. 030/284441662, www.co-berlin.info, tgl. 11–20 Uhr.
Essen & Trinken: Rund um den Savignyplatz liegen eine Reihe gemütlicher und guter Restaurants. Ein berühmtes Promi-Restaurant ist die Paris Bar, Kantstr. 152, Tel. 030/3138052, www.parisbar.de, tgl. 12–1 Uhr. Früher d e r Insidertreff für Künstler des „alten Westens“, ist es heute ruhiger geworden – aber nach wie vor ein Klassiker! Das Lokal spiegelt Pariser Charme wider, mit langer Holztheke und unzähligen Bilder von Prominenten. Das Essen: eher hochpreisig, gute Steaks.
Heising, Rankestr. 32, Tel. 030/2133952, www.restaurant-heising.de, tgl. ab 19 Uhr (nur Barzahlung). Ein Restaurant vom alten Schlag: von außen eher unauffällig, innen fast museale, etwas verlebte Pracht, plüschig, mit üppigen Rosensträußen dekoriert. Feine französische Küche (nur Menüs, 3 Gänge 48 €, 4 Gänge 56 €), kleine Weinauswahl. Persönliche Atmosphäre.
Kabarett: Stachelschweine im Europacenter, s. S. 142.
Jazz: Quasimodo, Kantstr. 12a, Tel. 030/31804560, www.quasimodo.de (Juli–August Sommerpause).
Wellness: Thermen am Europacenter mit großer Saunalandschaft über den Dächern von Berlin, (Nürnbergerstr. 7, Tel. 030/2575760, www.thermen-berlin.de).
Wenn man sich die Autos wegdenkt, wähnt man sich im Berlin von vor 120 Jahren. Die Kopfsteinpflaster, die Gaslaternen, die historischen Wasserpumpen und die Stuckfassaden – die Straßenzüge rund um den Chamissoplatz in Kreuzberg bilden ein getreues Abbild der preußisch-kaiserlichen Zeit. Im Unterschied zu heute herrschten hinter den üppigen Stuckdekorationen damals katastrophale soziale Verhältnisse. Nach vorne wohnten die gehobenen Stände, je weiter hinten, desto armseliger. Die im Krieg unversehrt gebliebene Gegend sollte vollständig abgerissen werden, bevor sie nach den Hausbesetzungen in den 1980er-Jahren mustergültig saniert wurde. Ebenfalls original und vorbildlich restauriert ist das gusseiserne Pissoir, wegen seiner Form „Café Achteck“ genannt. Heute gilt der Chamissoplatz als einer der schönsten Plätze Berlins und steht vollständig unter Denkmalschutz. Während die Kinder auf dem von Bäumen eingefassten Spielplatz in der Platzmitte herumtollen, verkosten die Erwachsenen Biowein auf dem Wochenmarkt direkt daneben. Der 1994 von den Anwohnern ins Leben gerufene Ökomarkt findet samstags 9–15 Uhr statt (www.oekomarkt-chamissoplatz.de). Sichtbares Wahrzeichen des Chamissokiezes ist der 45 Meter hohe Wasserturm an der Ecke Fidicinstraße/Kopischstraße. Das malerische Backsteinensemble mit Turm und Anbauten ist heute ein Jugend- und Kulturzentrum.
Typische Kreuzberger Architektur, vorbildlich saniert
Während Arndt-, Friesen- und Willibald-Alexis-Straße als beliebte Drehorte für Fernseh- und Kinofilme dienen, wurde im realen Leben die Schenkendorfstraße 7 zum Schauplatz eines spektakulären Verbrechens: Im Februar 1975 entführten Terroristen der „Bewegung 2. Juni“ den CDU-Politiker Peter Lorenz und hielten ihn fast sechs Tage in einem Kellerverschlag gefangen.
Viele kleine Läden wie das Knofi laden zum Stöbern ein
Einige Meter weiter trifft man auf die Bergmannstraße. Sie ist nach der Großgrundbesitzerin Marie Luise Bergmann benannt und führt vom Mehringdamm bis zum Südstern. Die eigentliche Flaniermeile mit zahlreichen Straßencafés, Restaurants und originellen Läden reicht bis zum Marheinekeplatz. Die früher kaum über ihre Grenzen hinaus bekannte Straße hat in den letzten 25 Jahren einen enormen Wandel vollzogen, von dem in Anbetracht der rasant steigenden Mietpreise nicht jeder Anwohner begeistert ist. Das Angebot der „alternativen“ Einkaufsmeile reicht vom Trödler und Antiquitätenhändler über Platten-, Blumen- und Buchläden bis zu Designerläden. Beliebt sind die vegetarischen Gemüsepasteten und die gefüllten Blätterteigtaschen vom Knofi sowie die Auswahl im Weing’schäft.
Tipp
Kaffee auf dem Friedhof
Weiter ostwärts auf dem ruhigen Teil der Bergmannstraße bietet das Café Strauss seit 2013 in der ehemaligen Aufbewahrungshalle köstlichen Kaffee und Kuchen – auf einem 170 Jahre alten Friedhof (Bergmannstr. 42, Di–Sa 9–20 Uhr, So 10–20 Uhr. www.cafestraussberlin.de).
Überhaupt findet man hier zu moderaten Preisen kulinarische Köstlichkeiten aus der ganzen Welt. Zu empfehlen sind der Italiener Fratelli la Bionda oder die badisch-elsässische Küche im Matzbach (Marheineke Markthalle). Frühstücken lässt es sich gut im alteingesessenen Atlantic, und im Barcomi’s werden Bagels und Kuchen im New Yorker Stil serviert. Sehr beliebt ist das gemütlich-heimelige Restaurant Z in der benachbarten Friesenstraße mit griechischer Küche.
Dem Engagement der Händler ist es zu verdanken, dass die im Krieg zerstörte Marheineke Markthalle (Markthalle XI) wieder aufgebaut wurde. Als eine der letzten erhaltenen Berliner Markthallen wurde sie 2007 komplett umgestaltet und der Nachfrage entsprechend auf Bio- und regionale Produkte umgestellt. Neben Biogemüse, Neuland-Fleisch, Biobrötchen, Biokäse und Naturkosmetik lassen sich die Köstlichkeiten zahlreicher Gourmetstände genießen.
(md)
Info
Hinkommen: Chamisso- und Bergmannkiez sind von drei U-Bahnhöfen umgeben: U6 Platz der Luftbrücke, U7 Gneisenaustraße, U6/U7 Mehringdamm.
Marheineke Markthalle, Marheinekeplatz/Bergmannstraße, www.meine-markthalle.de, Mo–Fr 8–20 Uhr, Sa 8–18 Uhr.
Einkaufen: Kochhaus, Bergmannstr. 94, www.kochhaus.de, Mo–Sa 10–21 Uhr. „Das begehbare Rezeptbuch“ – origineller Feinkostladen, in dem die Produkte nach Rezept sortiert sind.
In der Nähe:
50 Der Kreuzberg (S. 114)
Berlin ist für skurrile Geschichten immer gut und dass es ein Baumhaus mitten in der Stadt gibt, wundert eigentlich nicht. Die Berliner Mauer führte einst am Bethaniendamm, wo jetzt das Baumhaus steht, nicht genau an der Staatsgrenze der DDR entlang. Es wurde beim Bau ein Stück ausgespart, sodass ein Teil der DDR hinter der Mauer im Westen lag.
Gegenüber lebt Osman Kalin, der sich Anfang der 1980er-Jahre des 350 m² großen ungenutzten Terrains annahm und dort zunächst einen Gemüsegarten für den Anbau von Tomaten, Zwiebeln, Kohl und Bohnen anlegte. Und da es hier im Sommer angenehmer und besser auszuhalten war als in der Wohnung, richtete er sich mit seiner Familie dauerhaft in seinem Gemüsegarten ein und baute um einen Baum herum eine einstöckige Laube mit Balustrade und Balkon in anatolischer Sorglos-Architektur.
Zwischen Schrebergarten, Schildbürgerstreich und Besetzung: das Baumhaus
Das Ganze erschien den DDR-Behörden durchaus suspekt, sie vermuteten nicht zuletzt, der Gemüsebauer grabe heimlich an einem Fluchttunnel, weshalb sich sogar das Zentralkomitee mit diesem Unikum beschäftigt haben soll. Osman beteuerte, er sei als armer anatolischer Bauer auf den Anbau und Verkauf von Zwiebeln angewiesen. Und erstaunlich nachsichtig behandelten die DDR-Oberen die nicht ganz rechtmäßige Nutzung ihres Landes. Fortan sahen die Ost-Berliner Grenzbehörden Osman als armen Wicht an, der unter den kapitalistischen Verhältnissen sicherlich zu leiden habe. Man ließ ihn also gewähren.
Die Westberliner Stadtväter ging das jahrelang nichts an, denn es handelte sich bei Osmans Grundstück um Staatsgebiet der DDR. Nach dem Mauerfall kümmerte sich das Baudezernat Friedrichshain-Kreuzberg auch nicht um das orientalische Panoptikum. Mittlerweile ist das Baumhaus eine der Hauptattraktionen in Kreuzberg. Man betrachtet Kalin bzw. seinen Sohn und die Enkel schon lange als feste Mitglieder der Kreuzberger Stadtgemeinde. Auch der Pastor der nahegelegenen St.-Thomas-Kirche sieht dem nachbarschaftlichen und stets friedlichen Treiben freundlich zu und versorgt zudem den Garten mit dem kirchlichen Wasseranschluss.
Bereits 1979 gab es in Berlin über 100.000 türkische Mitbürger und damit wurde West-Berlin die erste türkische Großstadt in Europa. Zuvor kamen Migranten vor allem aus Italien und Jugoslawien. Die Berliner Unternehmen wie AEG, Osram und Siemens – um nur die großen Namen zu nennen – brauchten vor allem geschickte Hände für Montagearbeiten. So kamen viele Ehepaare aus der Türkei nach Berlin, die preiswerte Wohnungen benötigten. In Kreuzberg wohnte die Arbeiterbevölkerung in alten Mietshäusern aus der Gründerzeit nahe der Grenze, oft in Hinterhöfen und ohne Bad, WC oder Zentralheizung. Um den Abzug aus Westberlin zu verhindern, „sanierte“ man, indem alte Wohngebäude in Westberlin abgerissen und neue Wohnsilos hochgezogen wurden. Danach standen Altbauwohnungen vor allem in Kreuzberg leer. Hierher zog es viele türkische Familien. Die Hausbesitzer nutzten die Gelegenheit, ihre Immobilie vermeintlich günstig an unwissende türkische Zuwanderer zu vermieten. Später gesellten sich andere Immigranten, vor allem aus Asien, hinzu. Studenten nutzen ebenfalls die Chance, preiswert zu wohnen oder besetzten leerstehende Altbauten. Die „Multikulti“-Szene entwickelte sich und prägt heute das lebendige, farbige und etwas chaotische Bild dieses Stadtteils.
(mi)
Zeugnis gelebter Multikultur
Tipp
Die soziokulturelle Geschichte des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg beleuchtet auf fünf Etagen das FHXB Friedrichshain-Kreuzberg Museum. Die Dauer- und Wechselausstellungen legen immer wieder ein besonderes Augenmerk auf das Thema Migration, das „Kreuzhain“ und v. a. „X-Berg“ in besonderem Maße geprägt hat.
Friedrichshain-Kreuzberg Museum, Adalbertstraße 95A, Tel. 030/50585233, www.fhxb-museum.de, Di–So 10–19 Uhr, Eintritt frei.
Info
Hinkommen: Kreuzberg, Ecke Bethaniendamm/Mariannenstr., an der Zufahrt zur Schillingbrücke, südliches Spree-Ufer, S5/S7/S75 Ostbahnhof, U8 Heinrich-Heine-Straße 140/147/165/265 Bethaniendamm.
Essen & Trinken: Türkenmarkt am Maybachufer, auf diesem quirligen Wochenmarkt gibt es türkisches und arabisches Essen auf die Hand (s. S. 274).
Hasir, Adalbertstr.10, Tel. 030/6142373, http://hasir.de, tgl. 24 Stunden geöffnet. In lebendiger Atmosphäre und im Sommer auf den Bürgersteig erweitert, genießt man die Vielseitigkeit der türkischen Küche. Das Lokal war so erfolgreich, dass man Hasir an mittlerweile sechs Standorten in Berlin findet, u. a. in Mitte (Oranienburger Str. 4).
Zur kleinen Markthalle, Legiendamm 32, Tel. 030/6142356, www.zur-kleinen-markthalle.de, tgl. ab 16 Uhr. Die knusprigsten Hähnchen der Stadt in einem urigen Klinkerbau, dazu Nürnberger Rostbratwürstchen, Schweinshaxe mit Sauerkraut, köstlicher Rote-Bete-Salat … und das alles zu moderaten Preisen.