4 Tolle Wikinger Romane November 2023 - H. Bedford-Jones - E-Book

4 Tolle Wikinger Romane November 2023 E-Book

Bedford-Jones H.

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Beschreibung

Einen Winter lang hat Leif Eriksson mit seinen Männern in Vinland verbracht, einem bisher unbekannten Land weit im Westen. Jetzt kommt er mit 5 Drachenschiffen und 300 Mann nach Bremen an die Wesermündung. Er will sich von Bischof Adam als Entdecker dieses neuen Landes in die Kirchenchronik eintragen lassen, auf dass der Ruhm des Entdeckers auf immer mit seinem Namem verbunden bleibe. Aber als die Langschiffe die Weser hinauffahren, ist man wenig begeistert von der Ankunft der Nordmänner. Zu lebendig sind noch die Erinnerungen an vergangene Wikingerüberfälle... Dieser Band enthält folgende Wikinger-Romane: Pete Hackett, Alfred Bekker, Hendrik M. Bekker : Der Bischof und die Nordmänner Pete Hackett, Alfred Bekker, Hendrik M. Bekker : Überfall der Nordmänner Pete Hackett, Alfred Bekker, Hendrik M. Bekker ;Der Zweikampf der Nordmänner H.Bedford-Jones: Das Kreuz und der Hammer

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Pete Hackett, Alfred Bekker, Hendrik M. Bekker, H.Bedford-Jones

4 Tolle Wikinger Romane November 2023

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Inhaltsverzeichnis

4 Tolle Wikinger Romane November 2023

Copyright

Krieg der Wikinger 1: Der Bischof und die Nordmänner

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​Krieg der Wikinger 1: Der Bischof und die Nordmänner | Roman von Pete Hackett, Alfred Bekker und Hendrik M. Bekker

Krieg der Wikinger 2: Überfall der Nordmänner

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Krieg der Wikinger 2: Überfall der Nordmänner | Pete Hackett, Alfred Bekker, Hendrik M. Bekker

​Krieg der Wikinger 3: Der Zweikampf der Nordmänner

Copyright

​Krieg der Wikinger 3: Der Zweikampf der Nordmänner | von Pete Hackett, Hendrik M. Bekker, Alfred Bekker

Das Kreuz und der Hammer: Wikinger-Roman

4 Tolle Wikinger Romane November 2023

Pete Hackett, Alfred Bekker, Hendrik M. Bekker, H.Bedford-Jones

Einen Winter lang hat Leif Eriksson mit seinen Männern in Vinland verbracht, einem bisher unbekannten Land weit im Westen. Jetzt kommt er mit 5 Drachenschiffen und 300 Mann nach Bremen an die Wesermündung. Er will sich von Bischof Adam als Entdecker dieses neuen Landes in die Kirchenchronik eintragen lassen, auf dass der Ruhm des Entdeckers auf immer mit seinem Namem verbunden bleibe.

Aber als die Langschiffe die Weser hinauffahren, ist man wenig begeistert von der Ankunft der Nordmänner. Zu lebendig sind noch die Erinnerungen an vergangene Wikingerüberfälle...

Dieser Band enthält folgende Wikinger-Romane:

Pete Hackett, Alfred Bekker, Hendrik M. Bekker : Der Bischof und die Nordmänner

Pete Hackett, Alfred Bekker, Hendrik M. Bekker : Überfall der Nordmänner

Pete Hackett, Alfred Bekker, Hendrik M. Bekker ;Der Zweikampf der Nordmänner

H.Bedford-Jones: Das Kreuz und der Hammer

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker (https://www.lovelybooks.de/autor/Alfred-Bekker/)

© Roman by Author /

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© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Krieg der Wikinger 1: Der Bischof und die Nordmänner

von Pete Hackett, Alfred Bekker und Hendrik M. Bekker

Krieg der Wikinger 1: Der Bischof und die Nordmänner

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Roman von Pete Hackett, Alfred Bekker und Hendrik M. Bekker

nach einem Exposé von Hendrik M. Bekker und Alfred Bekker

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© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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​Krieg der Wikinger 1: Der Bischof und die Nordmänner | Roman von Pete Hackett, Alfred Bekker und Hendrik M. Bekker

​Krieg der Wikinger 1: Der Bischof und die Nordmänner

Roman von Pete Hackett, Alfred Bekker und Hendrik M. Bekker

Einen Winter lang hat Leif Eriksson mit seinen Männern in Vinland verbracht, einem bisher unbekannten Land weit im Westen. Jetzt kommt er mit 5 Drachenschiffen und 300 Mann nach Bremen an die Wesermündung. Er will sich von Bischof Adam als Entdecker dieses neuen Landes in die Kirchenchronik eintragen lassen, auf dass der Ruhm des Entdeckers auf immer mit seinem Namem verbunden bleibe.

Aber als die Langschiffe die Weser hinauffahren, ist man wenig begeistert von der Ankunft der Nordmänner. Zu lebendig sind noch die Erinnerungen an vergangene Wikingerüberfälle...

*

“Bei Njörd, dem Gott des Meeres und der Stürme!”, rief eine raue Männerstimme.

Die fünf Handelsschiffe der Wikinger glitten wie von Geisterhand geschoben über das vom Westwind leicht bewegte Meer. Die riesigen Segel der Knorren waren gebläht, die Ruder eingezogen. Das Knarren der Taue, hin und wieder ein halblaut gerufener Befehl, sowie vereinzeltes Husten, Lachen oder Stimmengemurmel vermischten sich zu einer verworrenen Geräuschkulisse, die der Wind mit sich nahm und in der Stille über dem Ozean versinken ließ.

“Segel lockerer lassen!”

“Aber wir verlieren dann Fahrt!”

“Besser, als wenn uns der Wind uns zum Kentern bringt und wir alle bei der Totengöttin Hel landen.”

“Ich dachte, du bist Christ geworden!”

“Bin ich auch!”

“Aber...”

“Ich glaube an alles, was etwas nützt und von dem nicht ausgeschlossen ist, dass es existiert!”

Männergelächter folgte.

Es waren insgesamt dreihundert Krieger, die auf den fünf Booten verteilt waren. Seit vielen Wochen waren sie unterwegs. Sie kamen von Westen, waren zunächst bei Orm dem Roten, dem König von Orkney, zu Gast gewesen, hatten sich auf den Inseln versorgt, und waren dann in Richtung der Nordseeküste des Heiligen Römischen Reiches weitergesegelt.

Leif Eriksson führte die kleine Flotte an. Sein Ziel war die Stadt namens Bremun, das die Einheimischen auch manchmal Bremen nannten. Er war in einer ganz besonderen Mission zu Bischof Adam unterwegs.

Die Boote der Grænlendingar, wie die skandinavischen Siedler auf Grönland genannt wurden, glitten in die Bucht, wo der Weserfluss in die Nordsee mündete. Die Grönländer wollten den Strom hinaufsegeln und im Hafen von Bremun anlegen.

Dort, wo die Weser ins Meer mündete, hatten noch der fränkische König Karl eine Festung errichten lassen, um Einfälle der Nordmänner aus Norwegen oder Dänemark, die brandschatzend, plündernd und mordend das Land in Angst und Schrecken versetzt hatten, zu verhindern.

Genützt hatte das nicht viel.

Die Nordmänner waren trotzdem immer wieder gekommen.

Die Festung war auch zwei Jahrhunderte später noch besetzt, denn die Gefahr, die von den skandinavischen Räubern ausging, war noch nicht gebannt.

Die Festung kam in Sicht. Eine aus riesigen Steinquadern errichtete Mauer mit schmalen Schießscharten und mannshohen Zinnen. Ihr war ein kleiner Hafen mit einigen hölzernen Anlegestegen vorgelagert, an denen zwei kleinere Ruderboote dümpelten.

„Segel einholen!“, ertönte auf der vordersten Knorr der Befehl. „Ruderer an die Riemen!“

In die Mannschaften kam jetzt Leben.

“Das geht wieder in Arme!”

“Worauf du dich verlassen kannst!”

“Die Strömung ist ziemlich stark. Wir hätten die Flut abwarten und und flussaufwärts tragen lassen sollen.”

“Ach, komm schon!”

“Ist doch wahr!”

“Die Sache ist ganz einfach: Werde stärker!”

Auch auf den vier anderen Knorren wurden die Segel eingeholt und die Ruder eingesetzt. Die Ruderer waren aufeinander eingespielt. Die Boote wurden nunmehr ausschließlich mit Muskelkraft bewegt. Mit der Präzision eines Uhrwerks tauchten die Ruderblätter ins Wasser, verliehen dem Langschiff Schub, hoben sich, um gleich darauf wieder die Wasseroberfläche zu durchstoßen ...

Der Wächter auf dem Turm der Festung sah die fünf Langschiffe in die Flussmündung einlaufen und blies in sein Horn. Das durchdringende Warnsignal war weithin zu hören und alarmierte die Besatzung der Festung. Es dauerte nicht lange, dann postierte sich eine halbe Hundertschaft Soldaten mit Pfeil und Bogen auf der Mauer, die die Festung zum Fluss hin begrenzte.

Aus einer Pforte liefen ein halbes Dutzend Soldaten, machten eines der bereitstehenden Boote los, sprangen hinein; zwei von ihnen setzen sich an die Ruder und dann legten sie ab.

Ein weiteres Hornsignal ertönte. Die Ruderer auf den Knorren stellten ihre Arbeit ein und hielten die Ruderblätter im Wasser, sodass die Fahrt abgebremst wurde. Schließlich lagen die Knorren leicht schaukelnd auf dem Fluss. Das Ruderboot mit den Soldaten der Festungswache legte bei der vordersten Knorr an. Eine Strickleiter wurde über Bord geworfen und zwei Soldaten der einheimischen Bootsbesatzung kletterten an Bord der Knorr.

Leif Eriksson, ein hünenhafter Mann, dem die roten Haare wild in die Stirn hingen und dessen Bart bis zur Mitte der Brust reichte, trat vor die beiden Soldaten hin. „Wir kommen in friedfertiger Absicht“, sagte er.

Seine Männer, soweit sie nicht auf den Ruderbänken saßen, musterten die Soldaten der Festung mit ausdruckslosen Blicken.

„Ich bin Hauptmann Hinrich“, stellte sich einer der Soldaten vor. „Wir stehen im Dienst der Stadt Bremun.“ Er sprach offenbar die Sprache der Nordmänner; die Sprache, die im gesamten skandinavischen Raum und auf Island sowie Grönland gesprochen wurde.

„Kommt Ihr aus dem Norden, Hauptmann?“, erkundigte sich deshalb Leif Eriksson.

„Nein. Aber ich habe drei Jahre in Dänemark gelebt – als Gefangener König Svens des Ersten.“ Der Hauptmann winkte ab. Im Hintergrund seiner Augen zeigte sich ein gehässiges Funkeln. Er hatte denkbar schlechte Erfahrung mit den Nordmännern gemacht. „Was habt ihr in unserem Reich zu suchen?“

„Ich bin Leif Eriksson aus Grænland. Wir wollen Bischof Adam von Bremun unsere Aufwartung machen, ihn unserer Loyalität versichern und ihm Geschenke machen.“

“Was?”

“Ich bin Christ!” Leif Eriksson deutete auf ein Kreuz, dass ihm um den Hals hing - neben einer ganzen Reihe von anderen Glücksbringern und Talismanen. “Und ich muss den Bischof Adam in einer wichtigen Angelegenheit sprechen - und ihm etwas schenken.”

Der Hauptmann verzog spöttisch den Mund. „Seit wann machen die Barbaren aus dem Norden Geschenke? Was ihr in den vergangenen zweihundert Jahren in unser Reich gebracht habt, waren allenfalls Tod und Verderben. Solltest ihr mir oder einem meiner Begleiter auch nur ein Haar krümmen, schießen unsere Bogenschützen ohne mit der Wimper zu zucken eure Schiffe in Brand.“

„Solange Ihr an Bord seid, werden sie keinen einzigen Pfeil abschießen“, brachte Leif seine Überzeugung zum Ausdruck. „Ich bin sowieso verwundert, dass Ihr euch auf ein Boot voll – hm, Barbaren wagt.“

„Die Festung passieren auch Händler mit ihren Booten“, antwortete der Hauptmann. „Nicht alle Nordmänner sind Brandstifter, Diebe und Mörder. Ihr kommt mit fünf Knorren. Das sind normalerweise Handelsschiffe.“

„Mit den Knorren erkunden wir auch die Meere und suchen fremde Länder“, versetzte Leif Eriksson.

Hauptmann Hinrich starrte ihn lediglich unter zusammengeschobenen Brauen hervor an, als wartete er auf weitere Ausführungen des Grönländers.

„Ich habe den Grund, aus dem wir gekommen sind, bereits genannt“, ergriff Leif wieder das Wort. „Seid versichert, Hauptmann, dass wir nicht vorhaben, Tod und Verderben, wie Ihr es ausgedrückt habt, über euch zu bringen. Wir kommen in Frieden.“

„Ihr seid Barbaren“, stieß der Hauptmann verächtlich hervor. „Seit über zweihundert Jahren ist kein Reich an den Küsten und Flüssen vor euch sicher. Ihr habt die baltischen Reiche, das Frankenreich und Britannien überfallen, gebrandschatzt und geraubt und die Menschen abgeschlachtet. Wieso sollte ich euch glauben, dass ihr zu Bischof Adam wollt, um ihm Geschenke zu machen?“

Die Atmosphäre war unvermittelt angespannt, die Luft schien plötzlich zum zerreißen gespannt zu sein, wie ein Seil bevor es drohte zu reißen.

„Man kann uns nicht für Taten, die unsere Vorfahren begangen haben, verantwortlich machen, Hauptmann“, versetzte Leif, sich zur Ruhe zwingend. Er war mit einer braunen Hose und einem Hemd aus grobem Leinenstoff bekleidet, seine Füße steckten in Stiefeln aus Fell. Um seine Schultern lag ein zotteliges, graues Wolfsfell. Sekundenlang starrten er und Hauptmann Hinrichs sich an, plötzlich drehte sich Leif halb herum und rief: „Halvar, zeig ihm die Geschenke.“

In der Mitte des Bootes standen vier verschlossene, mit Eisenbändern beschlagene Truhen aus Holz. Auf ihnen lagen Wolfs- und Schaffelle.

Der Krieger namens Halvar zog die Felle herunter und öffnete die Truhen. Hauptmann Hinrich entfuhr ein überraschter Laut. Dann stieß er fassungslos hervor: „Das sind Kelche, Monstranzen, Messgeschirr, goldene und silberne Kandelaber sowie Kruzifixe ... Schätze, die aus Kirchen und Kathedralen geraubt worden sind.“

“Ja, da staunst du, was?”, lachte Leif.

“In der Tat!”

„Sie wurden in der Tat ursprünglich aus den Gotteshäusern Britanniens und des Frankenreichs entwendet, und dabei wurde viel christliches Blut vergossen“, sagte Leif Eriksson dem Hauptmann. „Ich habe das alles, was Ihr in den Truhen seht, den heidnischen Barbaren, die diese Schätze als ihr Eigentum betrachteten, weggenommen, um sie dem rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben.“

“Ach!”

“Und das ist die Kirche, vertreten durch Bischof Adam!”

„Ich glaube Euch kein Wort!“, blaffte Hauptmann Hinrich, der seine Überraschung überwunden hatte. Seine rechte Hand legte sich auf den Knauf des Schwertes, das an seiner linken Hüfte am Gürtel hing. Angesichts der Bogenschützen auf der Mauer der Festung schien er sich ausgesprochen sicher zu fühlen. „Ich werde alle diese Kirchenschätze konfiszieren und in die Festung bringen lassen. Euch, Leif Eriksson, rate ich, nicht zu versuchen, das zu verhindern. Ihr wollt doch nicht, dass Eure Schiffe verbrennen und Eure Männer ertrinken.“

„Gold, Silber und Edelsteine in diesen Truhen sind für den Bischof von Bremun bestimmt“, erklärte Leif Eriksson mit klirrender Stimme. „Wenn Ihr Hand daranlegt, Hauptmann Hinrichs, dann seid ihr des Todes. Sowohl Ihr, als auch die Besatzung der Festung. Auf meinen Befehl hören dreimal hundert kampferprobte Krieger, sie werden die Festung dem Erdboden gleichmachen.“

Leif ließ seine Worte wirken. Sein grimmig-entschlossener Blick verliehen ihnen Nachdruck. Die tödliche Drohung, die in ihnen gelegen hatte, war nicht zu überhören gewesen. xxx

Im Gesicht Hauptmann Hinrich arbeitete es. Er und Leif starrten sich an. Wer verfügte über die stärkeren Nerven? Es war Leif Eriksson. Hauptmann Hinrichs Blick irrte ab. Jetzt nachzugeben wäre jedoch ein Zeichen von Schwäche gewesen.

Leif Eriksson nahm ihm die Entscheidung ab, indem er knurrte: „Verlasst mein Boot, Hauptmann, und geht mit der Versicherung meinerseits, dass ich getauft bin und in hehrer Absicht den Bischof von Bremun aufsuchen will. Wir glauben an denselben Gott, und all die Schätze, die Ihr in den Truhen seht, wollen wir dem rechtmäßigen Besitzer zurückgeben. Das ist die Heilige Kirche, und einer von Gottes Vertrauten hier auf Erden, nämlich Bischof Adam von Bremun, soll die Schätze verwalten.“

„Ich werde einen Boten nach Bremun schicken, der den Bischof in Kenntnis setzen wird“, sagte der Hauptmann, dessen Leben wahrscheinlich verwirkt gewesen wäre, hätte er den Bogenschützen Befehl erteilt, ihre Brandpfeile abzuschießen. „Ihr werdet hier ankern, bis die Antwort des Bischofs eintrifft. Verstanden?“

„Wir haben fast keine Verpflegung mehr“, sagte Leif Eriksson. „Außerdem geht uns das Trinkwasser aus.“

„Das ist euer Problem“, erwiderte Hauptmann Hinrichs ohne die Spur einer Gemütsregung. „Ihr bleibt auf euren Booten. Jeden von euch, den wir an Land antreffen, setzen wir fest und werfen ihn in den Kerker.“

„Das ist jetzt das zweite Mal, dass Ihr mir droht, Hauptmann“, grollte Leif Erikssons Bass. „Ich muss mir das nicht bieten lassen. Habt ihr denn noch immer nicht begriffen? Wir kommen in Frieden und bringen Schätze, die irgendwann einmal der Kirche geraubt wurden. Außerdem will ich Bischof Adam ein Anliegen äußern.“

„Und ich bezweifle, dass ihr in Frieden kommt und dass diese Schätze für den Bischof bestimmt sind, auch glaube ich nicht, dass du ein Christ bist!“, stieß der Hauptmann hervor. „Wahrscheinlich stammen diese Schätze aus Gotteshäusern, die ihr geplündert habt, und ihr kommt in unser Land, um auch hier Gotteshäuser und Klöster zu überfallen, Priester und Mönche zu ermorden und reiche Beute zu machen. Mit euren Lügen versucht ihr euch an uns vorbeizuschleichen. Euch Barbaren darf man nicht trauen.“

Einige der Krieger, die diese Worte vernommen hatten, äußerten brummend und grollend ihren Unmut. Hände legten sich auf die Äxte, die in den Gürteln steckten. In den Augen funkelte Zorn.

“So ein Pack!”

“Wir sollten es denen mal zeigen!”

“Ganz genau!”

Halvar, der die Schatztruhen geöffnet hatte, rief zornig: „Du beleidigst Leif Eriksson, den Sohn von Erik dem Roten und seiner Frau Thjodhild. Dafür sollst du in Niflheim enden, wo man dich dem Drachen Nidhöggr zum Fraß vorwerfen wird.“

Hauptmann Hinrichs grinste ironisch. „Ja, das hört sich ausgesprochen christlich an. Sind Eure Männer getauft, Leif Eriksson? Oder ist keiner von euch getauft und Ihr versucht Euch tatsächlich mit dummen Lügen in unser Reich zu mogeln?“

Leif richtete den Blick auf Halvar, den Krieger, der ihn auf all seinen Reisen begleitet hatte und treu zu ihm stand. „Komm her, Halvar“, gebot er.

Der Krieger gehorchte.

„Was hast du gemeint, als du von Niflheim gesprochen hast, Halvar?“, fragte Leif.

„Die Hölle“, antwortete Halvar mit schuldbewusst niedergeschlagenen Augen. Er mochte um die vierzig Jahre sein. Halvars Hinterkopf war kahlgeschoren und es gab keine Stelle, die nicht tätowiert gewesen wäre. Auf seiner Schädeldecke wucherten blonde Haare, die ihm über die Ohren und in die Stirn fielen.

„Und wer war gemeint, als du von Nidhöggr sprachst?“, kam Leifs nächste Frage.

„Der Teufel“, murmelte Halvar.

„Welches Gebet lehrte Jesus Christus seinen Jüngern?“, fragte Leif als nächstes.

„Das Vaterunser.“

„Glaubt Ihr nun, dass wir Christen sind?“, fragte Leif Eriksson an den Hauptmann gewandt. „Oder soll ich Halvar das Vaterunser aufsagen lassen?“

„Das wäre für mich kein Beweis“, murmelte der Soldat.

„Na schön“, knurrte Leif, „dann lasst Ihr mir keine andere Wahl. – Packt die beiden, Männer! Wir nehmen sie als Geiseln. Und sollten Eure Leute auf der Mauer ihre Pfeile anzünden und sie auf uns abfeuern, dann geht Ihr mit uns unter, Hauptmann. Ihr seid Euch Eurer Sache zu sicher gewesen.“

Hauptmann Hinrich wollte sich herumwerfen und zur Bordwand laufen, um über sie in sein Boot zu flüchten, doch da wurden er und sein Begleiter schon niedergerungen und festgehalten.

Leif Eriksson trat an die Bordwand heran und schaute auf die vier Soldaten im Boot. „Kehrt in Eure Festung zurück und bestellt eurem Kommandanten, dass wir nicht hier sind, um zu plündern. Wir sind auf dem Weg zu Bischof Adam, weil ich ihn um einen Gefallen bitten will. Ich werde ihm dafür sehr viel Kirchengut zurückgeben, das von heidnischen Nordmännern in der Vergangenheit geraubt worden ist. Hauptmann Hinrich und den anderen Soldaten nehmen wir mit, bis wir die Festung passiert haben. Die beiden werden sterben, solltet ihr uns angreifen. Und nun verschwindet!“

Das Boot wurde gewendet, die beiden Ruderer legten sich in die Riemen.

„Wir nehmen wieder Fahrt auf!“, befahl Leif und streifte die beiden bleichen Gefangenen mit einem verächtlichen Blick. „Sie können sich an Bord frei bewegen“, trug er seinen Kriegern auf. „Wenn wir außer Bogenschussweite sind, bringen wir sie an Land.“

Wenig später glitten die fünf Boote an der Festung vorbei auf der Weser in südliche Richtung. Die Soldaten auf der Festungsmauer versuchten nicht, sie aufzuhalten.

*

Als sie außer Bogenschussweite waren, brachten sie den Hauptmann und seinen Begleiter mit einem kleinen Ruderboot an Land. Zum Abschied sagte Leif Eriksson zu Hauptmann Hinrich: „Daran erkennt Ihr, dass wir Christenmenschen sind. Wären wir Barbaren, hätten wir euch längst die Kehlen durchgeschnitten. Wenn Ihr einen Boten nach Bremun schickt, dann soll er das dem Bischof berichten.“

Leif Eriksson und die drei Männer, die ihn begleitet hatten, kehrten zu ihrem Langschiff zurück und die Fahrt ging weiter. Schon bald wurden sie von einem Reiter überholt, der sein Pferd auf dem Weg, der parallel zum Fluss verlief, nach Süden jagte und der die Uniform in den Farben des Bischofs trug. Ein zweites Pferd zum Wechseln führte er an der Longe.

Es war der Bote, der die Menschen in Bremun vor dem möglichen Angriff einer Streitmacht aus dem Norden warnen sollte. Der Reiter trieb sein Pferd unerbittlich an und lag fast auf dem Hals des Tieres, dessen Hufe kaum den Boden zu berühren schienen. Staubfahnen wirbelten.

Leif Eriksson registrierte es mit Gelassenheit. Er war auf dem Weg zum Bischof, um dessen Gastfreundschaft in Anspruch zu nehmen, ihn dafür reichlich zu beschenken und von ihm einen Gefallen zu erbitten. Der Däne sah sich nicht als Eroberer, und schon gar nicht als Plünderer. Er war ein Entdecker, ein Pionier, und er wollte dem Bischof von einem Land, dem er den Namen Vinland gegeben hatte, erzählen, das er im Westen von Grænland, wenige Tagesreisen entfernt, entdeckt hatte. In Vinland gab es unermesslich viel Holz für den Schiffbau. Die Eingeborenen besaßen eine rötlich-braune Hautfarbe, waren schwarzhaarig und dunkeläugig und hatten die Landung der Boote aus ihren Verstecken in den Wäldern voll Ehrfurcht beobachtet, waren den Fremden schließlich aber freundlich und vor allem friedfertig begegnet.

Der Bote, den der Kommandant der Festung an der Mündung der Weser losgeschickt hatte, ritt sein Pferd fast zuschanden. Es war viele Jahre her, dass Horden von wilden Nordmännern ins Reich eingefallen waren und Tod sowie Zerstörung gebracht hatten. Es hatte blutige Kämpfe gegeben, und die Barbaren aus dem Norden hatten schließlich eingesehen, dass sie ihren Überfällen einen unverhältnismäßig hohen Blutzoll zu entrichten hatten, und lange Zeit war Ruhe eingekehrt. Jetzt jedoch waren wieder fünf Schiffe mit Kriegern angekommen, die sich rein äußerlich nicht von den Barbaren der früheren Jahre unterschieden. Die Nordmänner hatten den Ruf, grausam, rücksichtslos, niederträchtig und hinterhältig zu sein.

Der Bischof musste alarmiert werden. Aufgabe des Boten war es, zu verhindern, dass die Barbaren die Stadt einnahmen, ehe die dort stationierten Soldaten und wehrfähigen Bürger Gegenmaßnahmen ergreifen konnten.

Als das Pferd, das er ritt, nur noch dahintaumelte und der Schaum in großen Flocken von seinen Nüstern tropfte, stieg der Bote auf das andere Tier. Den total verausgabten Vierbeiner überließ er einfach sich selbst.

Und wieder ritt er, als säße ihm der Leibhaftige im Nacken. Die Gegend schien an ihm vorbeizufliegen. Die Hufe weckten ein hämmerndes Stakkato, das dem Reiter vorauseilte. Und er hatte das Glück, einer Patrouille Soldaten des Bischofs von Bremun zu begegnen. Es waren zwölf Reiter und ein Rottenführer, der sie befehligte.

Sie hörten das Hufgetrappel und verlegten dem Boten den Weg. Als er um eine Buschgruppe herumstob, sah er die Reitergruppe, riss urplötzlich die Zügelleinen seines Pferdes hoch und zerrte das Tier auf die Hinterhand zurück. Die bremsenden Hufe hinterließen tiefe Furchen auf dem staubigen Weg. Die Flanken des Pferdes zitterten, das Tier röchelte und röhrte mit geblähten Nüstern. Sein Fell war nass vom Schweiß.

Der Rottenführer erkannte den Reiter an der Uniform als Soldaten des Bischofs. „Was ist los, Kamerad?“, fragte er und schaute dabei streng. „Warum schindest du das Pferd dermaßen? Der Gaul ist fix und fertig. Nenn mir einen guten Grund, der dich veranlasst, so liederlich mit dem Eigentum unserer Exzellenz, des Bischofs, umzugehen.“

Der Bote, selbst abgekämpft und schweißgebadet, atmete einige Male durch, reckte die Schultern und keuchte: „Fünf Knorren der Nordmänner sind auf dem Weg nach Bremun. Sie befördern schätzungsweise dreihundert Bewaffnete. Es sind keine Händler. Der Name des Führers ist Leif Eriksson. Seine Exzellenz, der Bischof, muss gewarnt werden. Angeblich kommen die Barbaren in Frieden. Sie haben vier Truhen mit geraubtem Kirchenschatz dabei, den sie – so hat Eriksson es zumindest behauptet - zurückgeben wollen. Aber Kommandant Reichhelm glaubt, dass das nur ein Vorwand ist, um ungeschoren nach Bremun zu gelangen.“

„Warum habt ihr sie nicht aufgehalten?“, fragte der Rottenführer.

„Leif Eriksson hat gedroht, die Festung dem Erdboden gleichzumachen. Außerdem hat sich Hauptmann Hinrich unklugerweise zusammen mit einem Soldaten auf die Knorr Erikssons begeben, weil wir zunächst davon ausgegangen sind, dass es Händler aus Haithabu sind. Sie haben den Hauptmann und den Soldaten als Geisel genommen. Mich hat der Kommandant sofort losgeschickt, damit ich seine Exzellenz, den Bischof, warne.“

Der Rottenführer überlegte nicht lange, rief zwei Namen auf, und als die beiden Gerufenen ihre Pferde vortrieben, befahl er: „Reitet so schnell ihr könnt nach Bremun und alarmiert die Stadtwache. Jan Petersen, ihr Befehlshaber, weiß, was zu tun ist. Bestellt ihm, dass wir uns am Fluss auf die Lauer legen und ihn benachrichtigen, sobald die Barbaren in unser Blickfeld geraten.“

„Zu Befehl!“, rief einer der Soldaten, dann zerrten die beiden ihre Pferde herum, hämmerten ihnen die Fersen in die Seiten und die Tiere streckten sich. Die trommelnden Hufschläge entfernten sich schnell, wurden leiser und leiser und versanken schließlich in den anderen Geräuschen wie dem Zwitschern der Vögel, dem Stampfen der Hufe, dem Schnauben und Prusten der Pferde sowie vereinzeltem Wiehern, das sich aus der kleinen Gruppe der zurückgebliebenen Soldaten erhob,

Die beiden Reiter schonten ihre Pferde nicht und schließlich tauchten die Wehren der Stadt Bremun vor ihnen auf. Das Stadttor stand offen, es wurde von zwei Männern, die mit Schwert und Hellebarde bewaffnet waren, bewacht. Innerhalb des Stadttors war das Wachhaus, in dem sich der wachhabende Offizier und die wachfreien Soldaten aufhielten.

Innerhalb kürzester Zeit war die gesamte Stadt alarmiert.

Die Angst vor den Nordmännern steckte den Bewohnern von Bremen aus der Zeit noch in den Knochen, als entfesselte Horden dieser barbarischen Krieger immer wieder mordend und brandschatzend durch die Nordseeküste und das Binnenland heimgesucht hatten und eine Spur der Verwüstung und des Todes hinterließen. Begonnen hatte das Morden mit dem Überfall auf das Kloster Lindisfarne in der Grafschaft Northumberland, Britannien. Das war mehr als zweihundert Jahre her. Seitdem verbreiteten die Nordmänner in den Ländern, die an die Ost- und Nordsee grenzten, Angst und Schrecken.

Sofort wurde die gesamte Stadtwache mobilisiert, außerdem war jeder waffenfähige männliche Bewohner der Stadt verpflichtet, sich auf die Wehren zu begeben und zu kämpfen. Sämtliche Tore wurden geschlossen, die Zufahrt zum Hafen wurde mit teilweise ausgedienten Booten, die fest verankert wurden, blockiert. Auch sie waren mit Männern besetzt, die den Eindringlingen mit der Waffe in der Hand entgegentreten würden.

Jan Petersen, der Anführer der Stadtwache, fand sich im Bischofssitz ein. Der Bischof befand sich in seinen Gemächern und saß auf einem reich verzierten, hölzernen Scherensessel. Die Sorge um die Stadt stand ihm ins Gesicht geschrieben. Dreihundert Barbaren, die möglicherweise Schreckliches im Schilde führten, waren im Anmarsch. Kein Mensch konnte angesichts einer solchen Gefahr gelassen bleiben.

Jan Petersen legte die rechte Hand flach gegen den Leib, deutete eine Verneigung an und sagte: „Die Stadtwache und die Bürgerschaft sind postiert, Hochwürden. Der Stadtrat ist einberufen und in wenigen Minuten wird die Kirchenglocke die Gläubigen zur Messe rufen, die Ihr anberaumt habt, damit die Bürger der Stadt die Heilige Dreifaltigkeit mit der Bitte, sie vor den Barbaren zu schützen, anrufen können. Habt Ihr sonst noch irgendwelche Befehle, Hochwürden?“

„Nein“, murmelte Bischof Adam, ein mittelgroßer, schmächtiger Mann mit grauen Haaren, die unter der Mitra hervorlugten, sowie einem grauen, sauber gestutzten Bart. Sein Mantel war von violetter Farbe. Den goldenen Bischofsstab hielt er mit beiden Händen. „Begleitet mich in die Kirche. Ich verlasse mich auf Euch, Jan Petersen, dass ihr mit euren Männern und der Bürgerschaft die Stadt erfolgreich gegen diese heidnischen Barbaren verteidigt.“

„Ihr könnt Euch auf mich verlassen, Eure Exzellenz“, versicherte der Anführer der Stadtwache, ein großer, schlanker Mann um die dreißig, mit langen, dunklen Haaren und einem Schnurrbart, der seinen Mund fast verdeckte. Petersen war ein Mann, der ein hohes Maß an Ruhe ausstrahlte. An seinem Gürtel war an seiner linken Hüfte die Scheide mit dem Schwert befestigt, an der rechten Seite ein Dolch, der ebenfalls in einer Scheide steckte.

Der Bischof erhob sich. Zusammen mit Jan Petersen und seiner Leibwache verließ er seine Residenz. Wenig später betraten sie durch einen Seiteneingang die Sakristei der Kirche. Ein Kirchendiener hatte schon das Messgewand für den Bischof bereitgelegt. Zwei Priester, die bereits fix und fertig für die Messe eingekleidet waren, verneigten sich ehrfürchtig. Der Kirchendiener half dem Bischof aus dem violetten Mantel und in das Messgewand. Kaum, dass es zugeknöpft war, begann die Kirchenglocke zu läuten.

Von der Sakristei aus betraten der Bischof und die beiden Priester, die ihm assistieren sollten, den Altarraum. Das Kirchenschiff war vollgestopft mit Frauen und Kindern sowie alten und gebrechlichen Männern, die nicht mehr kämpfen konnten. Sie saßen zusammengedrängt auf den Bänken beziehungsweise standen im hinteren Teil der Kirche oder in den Gängen und Nischen. Sie alle wollten den Schutz der Heiligen Dreifaltigkeit für sich und ihre Stadt erflehen.

Die Messe begann. Es war keine Messe, wie sie normalerweise gelesen wurde, sondern eine einzige Fürbitte an den Himmel, den bitteren Kelch, als den sie die Annäherung der verhassten und gefürchteten Nordmänner einstuften, an ihnen vorübergehen zu lassen. Die Angst hielt die Bevölkerung von Bremun voll im Klammergriff. Sie ließ die Herzen schneller schlagen und wühlte in den Gemütern.

Mit dem Segen des Bischofs strömten die Menschen, als die Messe zu Ende war, aus der Kirche und kehrten in ihre Wohnungen zurück. Der Tag neigte sich seinem Ende zu. Es war ein trüber, diesiger Tag gewesen, und auch die Abenddämmerung brachte keine Besserung. Eine dichte, tiefhängende Wolkendecke glitt über das Land und die Stadt.

Mit der Dunkelheit kamen die fünf Knorren ins Blickfeld der Torwachen und der Bewaffneten auf den Wehren. Der Wächter auf dem Turm stieß in sein Horn und warnte die Bevölkerung. Die Herzen der Menschen erbebten. Die blutrünstigen Ungeheuer aus dem hohen Norden – das war der Ruf, der den Dänen und Norwegern vorauseilte -, waren vor der Stadt eingetroffen. Und wieder wurden hunderte von Stoßgebeten in Richtung Himmel gesandt. Man flehte Gott an, Feuer und Schwefel vom Himmel regnen zu lassen, das die Barbaren samt ihrer Schiffe vernichtete – wie einst Sodom und Gomorra.

*

Leif Eriksson hatte nichts Anderes erwartet. Sämtliche Tore der Stadt waren geschlossen. Auf den Türmen und den Wehrgängen hatten sich Soldaten des Bischofs und bewaffnete Bürger postiert. Die Zufahrt zum Hafen war mit alten Booten, welche die Bremer fest verankert hatten, blockiert.

Die fünf Knorren dümpelten auf dem Fluss.

Leif Eriksson ließ den anderen Booten signalisieren, dass sich seine Unterführer unverzüglich bei ihm auf dem größten der fünf Schiffe einfinden sollten.

Sie kamen in den kleinen Booten, von denen jede der Knorren eines oder zwei mit sich führte. Die Knorrkommandanten und ihr Anführer, Leif Eriksson, setzten sich auf die Schatztruhen, die wieder geschlossen und mit den Fellen abgedeckt worden waren. Die Knorrommandanten, vier an der Zahl, waren bärtige Gesellen, die mit grobem Leinen, Leder und Fellen bekleidet waren. Zwei waren mit langstieligen Äxten bewaffnet, zwei mit Langschwertern.

„Sieht aus, als hätten sich die Bremuner in der Stadt verbarrikadiert“, begann Leif.

„Schicken wir eine Abordnung zum Stadttor“, schlug einer der Unterführer vor.

„Sie sind sehr misstrauisch“, sagte ein anderer.

„Dazu haben sie auch allen Grund“, entgegnete Leif Eriksson. „Sie haben mehr als anderthalb Jahrhunderte schlechte Erfahrungen mit den wilden Horden aus dem Norden gemacht.“

„Wir kommen von Westen“, wandte einer ein.

„Das wissen sie nicht“, versetzte Leif Eriksson. „Wir unterscheiden uns für sie nicht von unseren Verwandten aus dem Norden. Die Schiffe, die wir benutzen, sind die gleichen, wie sie die Räuber aus Dänemark und Norwegen benutzt haben. Dass wir keine Händler sind, ist schon daran zu erkennen, dass unsere Langschiffe keine Waren, sondern eine große Kriegerschar befördern.“

“Wir müssen mit ihnen verhandeln“, sagte wieder jener Unterführer, der vorgeschlagen hatte, eine Abordnung zu schicken.

„Uns bleibt keine andere Wahl“, stimmte ein anderer der Unterführer zu.

„Wir fünf werden uns zum Stadttor begeben und den Torwächtern erklären, was uns hergeführt hat“, entschied Leif Eriksson.

„Sie werden mit Pfeilen auf uns schießen“, gab einer zu bedenken.

„Wir lassen alle unsere Waffen auf den Booten zurück“, erwiderte Leif. „Bestimmt sechzehn starke Männer, die die Truhen mit den Schätzen vor das Stadttor tragen. Wir wollen dem Rat der Stadt und dem Bischof beweisen, dass wir es ehrlich meinen.“

„Und wenn sie uns nicht glauben?“, wandte einer der Unterführer ein. „Dann sterben wir im Hagel ihrer Pfeile.“

„Früher waren unsere Krieger erpicht darauf, im Kampf zu sterben und von den Wallküren nach Walhall gebracht zu werden, um mit Odin am Tisch zu sitzen und zu speisen“, knurrte Leif Eriksson. „Es war ein ehrenvoller Tod.“

„Diesen Glauben haben wir nicht mehr... Ich will sagen, man hat ihn uns genommen“, versetzte der Unterführer. „Ich bin allerdings nicht so recht davon überzeugt, dass uns das Himmelreich der Christen sicher ist. Dem, was die christlichen Prediger und Missionare erzählen, will ich nicht so recht vertrauen. Darum ist es für mich auch nicht erstrebenswert, zu sterben, und schon gar nicht will ich von den Pfeilen der Christen, die auf den Wehren der Stadt sicherlich nur darauf warten, uns den Garaus machen zu können, niedergestreckt werden, ohne die Chance, mich zu verteidigen.“

Leif Eriksson schaute nacheinander in die Gesichter der anderen. „Ist euer Mut während unserer langen Seereisen auf der Strecke geblieben?“, fragte er.

Kurze Zeit schwiegen sie, dann antwortete einer: „Borge hat recht. Wir wissen nicht, wie sie reagieren. Um mit ihnen zu verhandeln, müssen wir in die Reichweite ihrer Pfeile. Unser Ansehen dürfte nicht besonders groß sein. Möglicherweise haben sie Order, nicht lange zu fackeln.“

„Dann bleibt auf euren Schiffen.“ Leif Eriksson akzeptierte diese demokratische Entscheidung. Seine Stimme hob sich, als er rief: „Halvar!“

Sein Vertrauter, um nicht zu sagen Freund, war sofort zur Stelle.

„Suche für jede der Truhen vier Träger unter den Männern aus“, wies ihn Leif Eriksson an, „und verladet die Schatztruhen auf Beiboote. Ich will mich zum Stadttor begeben, um mit einem Verantwortlichen der Stadt zu verhandeln. Du begleitest mich, Halvar.“

Halvar widersprach nicht. Beiboote klatschten ins Wasser, an Seilen wurden die vier Truhen mit den Kirchenschätzen an den Bordwänden der Knorren mach unten gelassen und auf die Boote verladen, dann stiegen Leif Eriksson und Halvar zusammen mit sechs der Männer in eines der Boote, und schließlich gab Leif den Befehl, die Leinen der Beiboote zu lösen und die Ruder einzusetzen. Sein Boot glitt voraus auf die Stadt zu, die Boote mit den Schatztruhen und dem Rest der Krieger folgten.

Die Truhen mit den Schätzen wurden ausgeladen. Es war in der Zwischenzeit ziemlich finster und von der Stadt aus konnten Soldaten und Bürger nicht mehr so genau mitverfolgen, was bei den Nordmännern vor sich ging. Wahrscheinlich wuchsen bei den Verteidigern der Stadt Ungewissheit und Unsicherheit. Fackeln wurden angezündet und über die Mauer geworfen, damit sie das Gelände vor der Stadt und zum Fluss hin wenigstens notdürftig zu beleuchteten.

Jeweils vier Krieger trugen eine der schweren Truhen. Entsprechend viele Griffe waren jeweils daran befestigt. Leif Eriksson und Halvar gingen vor den Trägern her. Keiner, weder der Anführer noch sein treuer Begleiter, noch die Krieger mit den schweren Lasten, waren bewaffnet.

Sie gelangten in den vagen Lichtschein der Fackeln. Ihre Gestalten warfen verzerrte Schatten auf den Boden. Zehn Schritte vom großen Stadttor entfernt gab Leif Eriksson das Zeichen zum Anhalten.

„Kann mich jemand dort oben auf der Mauer verstehen?“, rief der Anführer der Nordmänner mit Stentorstimme. „Ist jemand unter euch, der meine Sprache versteht?“

„Was wollt ihr?“, kam es in der Sprache der Nordmänner zurück.

„Mit wem verhandle ich?“, fragte Leif.

„Mein Name ist Konrad. Ich bin nur ein einfacher Soldat, der deine Sprache sprechen kann. Du verhandelst mit Jan Petersen. Er ist Kommandant der Stadtwache und hat von seiner Exzellenz, dem Bischof, Vollmacht, mit dir zu sprechen.“

„Dann sag‘ ihm, dass mein Name Leif Eriksson ist. Ich bin der Sohn von Erik dem Roten, der das Christentum auf Grænland eingeführt hat. Sag‘ dem Kommandanten auch, dass wir in friedlicher Absicht gekommen sind.“

„Man hat der Stadt Botschaft überbracht, dass du seine Exzellenz um einen Gefallen bitten möchtest und ihn mit einstmals geraubten Kirchenschätzen belohnen willst. Was ist das für ein Gefallen, den dir seine Exzellenz erweisen soll?“

„Das möchte ich dem Bischof selber sagen“, erwiderte Leif. „Wir kommen von fernen Landen, weiter entfernt als Grænland, und ich will dem Bischof Bericht erstatten. Danach will ich eine Bitte an ihn herantragen.“

„Und wenn das nur ein Vorwand ist, um in die Stadt zu gelangen?“, kam die Frage von Seiten Petersens, die Konrad übersetzte.

„Ich schwöre bei der Heiligen Dreifaltigkeit und der Jungfrau Maria, dass wir in Frieden kommen“, versetzte Leif. „Seht ihr die Truhen? Sie sind gefüllt mit sakralen Gegenständen aus Gold und Silber, besetzt mit Edelsteinen, die heidnische Nordmänner einst der Kirche vor allem in Britannien und im Frankenreich raubten. Wir bringen sie dem Bischof zum Zeichen unserer Verehrung und als Beweis dafür, dass wir keine Niedertracht planen.“

„Ich muss das erst mit seiner Exzellenz und dem Stadtrat abklären“, ließ Petersen übersetzen. „Gib mir Zeit bis – hm, sagen wir Mitternacht. Dann erhältst du eine Antwort, Leif Eriksson.“

„In Ordnung. Wir nehmen die Schatzkisten wieder mit. Der Bischof erhält sie nur unter der Voraussetzung, dass er uns in den Hafen einlaufen und uns Gastfreundschaft angedeihen lässt, und sich mein Anliegen anhört.“

„Seine Exzellenz wird deine Bedingung mitgeteilt bekommen“, ließ Jan Petersen durch den Dolmetscher ausrichten.

„Nehmt die Kisten, wir kehren zu den Booten zurück“, gebot Leif seinen Männern. „Wir lassen sie aber an Land. Halvar, du sagst allen Unterführern Bescheid, dass sie die Boote festmachen lassen sollen, weil wir an Land lagern. Wir müssen uns Nahrung besorgen. Aber darüber reden wir Morgen, sobald der Tag angebrochen ist.“

Halvar eilte davon.

Die Krieger nahmen die Truhen auf und schleppten sie zurück.

*

Gegen Mitternacht kehrte Leif Eriksson mit einer kleinen Delegation – unter ihnen waren nun auch die Unterführer – zum Stadttor zurück.

Es war stockfinster. Auf den Wehren war es still. Nirgendwo war Lichtschein zu sehen. Die Fackeln, die das Terrain vor dem Stadttor erhellen sollten, waren längst erloschen.

„Hört mich jemand?“, rief Leif. Seine Stimme entfernte sich von ihm und versickerte in der Finsternis.

„Kommandant Jan Petersen ist noch nicht zurück!“, erhielt Leif Antwort.

„Es ist gleich Mitternacht“, beschwerte sich der Anführer der Grönländer.

„Du musst warten, Barbar!“, ertönte es.

„Schickt einen Boten in mein Lager, wenn die Beratung mit dem Bischof ein Ende gefunden und der Kommandant eine Botschaft für mich hat“, rief Leif.

Er und seine Begleiter kehrten in das Lager zurück. Die Krieger hatten es am Westufer des Weserflusses aufgeschlagen. Einige Feuer flackerten und über die hohlwangigen Gesichter der Krieger, die rund um die Feuer herumsaßen, huschten Licht- und Schattenreflexe. Das Licht spiegelte sich in ihren Augen wider. An einem der Feuer erklang eine laute Stimme:

„Hat man sich in der Stadt entschieden?“

„Noch nicht“, erwiderte Leif Eriksson. Er und die kleine Gruppe Krieger, die ihn begleitete, hielten an. „Sie können sich wahrscheinlich nicht einigen.“

„Wir haben Hunger!“, rief eine andere Stimme, und aus vielen Kehlen erhob sich beifälliges Gemurmel und Geraune. „Die Vorräte, die uns der König von Orkney zur Verfügung gestellt hat, sind aufgebraucht!“, schrie ein anderer, und wieder erhielt er Zustimmung von einer Vielzahl der Krieger.

„Ihr bekommt zu essen und zu trinken, wenn uns der Bischof die Tore der Stadt öffnen lässt“, versprach Leif.

„Und wenn nicht?“

„Dann besorgen wir uns Nahrung“, antwortete Leif. „Wir versorgen uns aus dem Umland der Stadt.“

„Es war ein Fehler, die weite Reise nach Bremen zu unternehmen“, beschwerte sich ein dritter Krieger mit brüllender Stimme. „Wären wir doch bloß von Vinland aus nach Hause gefahren. In Grænland sind unsere Familien, da stehen unsere Häuser, da hätten wir zu essen und müssten uns nicht mit der Angst und dem Misstrauen der Menschen hier herumschlagen. Warum sind wir überhaupt hier? Um die Kirchenschätze zurückzugeben? Um dem Bischof von Bremun zu beweisen, dass wir es ehrlich meinten, als wir Christen wurden? Haben wir von der angeblichen Macht des Christengottes bisher etwas zu spüren bekommen? Ich habe jedenfalls noch nichts bemerkt.“

„Sag‘ mir deinen Namen, mein Freund“, rief Leif. „Mir scheint, du bist sehr unzufrieden mit mir.“

„Mein Name ist Helgi. Ich war immer zufrieden mit dir als meinem Jarl, Leif.”

“Freut mich zu hören”, sagte Leif.

“Aber ich bin unzufrieden mit der Situation.”

“So?”

“Ich sehe keinen Sinn in dieser Reise. Es sind unnötige Strapazen, und wir leiden Hunger.“

„Das ist kein Grund, Gott zu lästern, Helgi!“, rief Leif.

„Unsere Götter waren uns näher!“, versetzte Helgi, und es klang ziemlich trotzig. „Wenn Thor den Amboss schlug, dann haben wir das gehört, und wir haben die Blitze sehen können, die er mit seinen Schlägen auslöste. Wenn wir nunmehr den Donner vernehmen, dann sprechen wir von einem Gewitter und erklären es als Naturschauspiel. Ich weiß noch immer nicht, welcher Gott stärker ist. Der Gott der Christen, den alle als Vater bezeichnen, oder Odin, den nur die Götter ihren Vater nannten, der die tapferen Krieger belohnte und Feiglinge nach Niflheim schickte.“

„Du kannst sicher die Geschichte von der Donareiche und dem Missionar Bonifatius“, rief Leif. „Der Gott, nämlich Donar, wir haben ihn Thor genannt, dem sie geweiht war, hat geschwiegen, als sie gefällt war und am Boden lag. Aus ihrem Holz wurde ein Bethaus errichtet, und auch das hat Gott Donar zugelassen.“

“Ich weiß...”

“Und denk an all die Schätze in den Klöstern und Kirchen! Ein Gott, dessen Priester so viele Schätze aufzuhäufen vermögen, muss sehr mächtig sein.”

„Ich will mich nicht beklagen, Jarl“, erklärte Helgi. „Wir haben uns zum Christentum bekannt, und daher glaube ich an die Heilige Dreifaltigkeit. Aber uns allen knurren die Mägen. Und vom Beten werden wir nicht satt.“

„Ich verspreche euch, dass wir uns Nahrung besorgen, wenn ich bis zum Morgengrauen keine Antwort aus der Stadt erhalten habe“, erklärte Leif. „Wir gehen zu den Bauern im Umland und kaufen von ihnen, was wir brauchen.“

„Kaufen?“, rief jemand ungläubig.

„Ja, und zwar mit dem Gold und dem Silber in den Truhen, das für Bischof Adam bestimmt ist.“

Leif setzte sich wieder in Bewegung.

Dort, wo sein Zelt aus Tierhäuten stand, brannte ein Feuer. Sein Vertrauter Halvar, der ihn bei diesem zweiten Gang zum Stadttor nicht begleitet hatte, saß davor und schaute zu ihm in die Höhe. Die Unterführer und Leif ließen sich nieder.

„Halvar“, sagte Leif, „sorge dafür, dass unser Lager in der Nacht bewacht wird. Ebenso wenig, wie uns die Leute von Bremun trauen, traue ich denen.“

Halvar erhob sich und eilte davon.

Einer, sein Name war Valdemar, stieß hervor: „Es macht mich zornig. Wir müssen uns behandeln lassen wie Barbaren, wie jene Mörder und Plünderer, die von Dänemark und Norwegen aus die Lande an den Küsten des Baltikums, des Frankenreichs und Britanniens unsicher gemacht haben. Wir haben uns zum Christentum bekannt und ernten dafür nur Misstrauen, Hohn und Feindseligkeit.“

„Wir sind die Nachfahren dieser mordenden und plündernden Barbaren“, versuchte Leif Eriksson den Unterführer, der eines der Boote kommandierte und mit ihm Vinland entdeckt hatte, zu besänftigen. „Es ist nicht verwunderlich, dass man uns mit Männern wie Ragnar Lothbrok und seinen Söhnen auf eine Stufe stellt.“

„Ich habe es satt“, knurrte Valdemar.

„Bewahre die Ruhe, mein Freund“, murmelte Leif. „Ich bin guter Dinge, dass der Bischof mit uns verhandelt und dass man uns am Ende in Bremun aufnehmen wird. Wir versprechen den Gastwirten und Webhäusern gute Geschäfte. Und wir können den Beweis antreten, dass wir gute Christen sind und nicht im Sinn haben, die Stadt zu plündern und ihre Bewohner abzuschlachten.“

Die Unterhaltung erstarb. Halvar, der sich der kleinen Gruppe in der Zwischenzeit wieder hinzugesellt und Leif Vollzug seines Auftrags gemeldet hatte, warf Holz ins Feuer. Es knisterte und knackte und die Flammen loderten höher.

Die Zeit verrann. Im Lager der Grönländer wurde es still. Die Feuer brannten herunter und die Dunkelheit griff um sich. Sie mutete geradezu stofflich und greifbar an. Nur manchmal riss die Wolkendecke auf, dann erreichte schwaches Sternenlicht die Erde, in dem Wolkenschatten zogen, bis sich die Lücke wieder schloss. Irgendwann begaben sich auch Leif und die Unterführer in ihre Zelte, um zu schlafen.

*

In der Stadt fand man derweil keine Ruhe. Der Bischof, ein Priesterkollegium, der Stadtrat mit dem Bürgermeister an der Spitze, sowie Jan Petersen, der Kommandant der Stadtwache, hatten sich ausgiebig beraten und waren schlussendlich ohne Ergebnis auseinandergegangen. Nachdem sie alle für ein paar Stunden geruht hatten, waren sie erneut zusammengekommen. Sie konnten sich auch diesmal nun nicht einigen. Jan Petersen und der Stadtrat waren dagegen, die Grönländer mit ihren Langschiffen in den Hafen einlaufen zu lassen und ihnen die Stadttore zu öffnen. Der argwöhnische Kommandant war davon überzeugt, dass Leif Erikssons einen heimtückischen und niederträchtigen Plan verfolgte und er sich mit Lügen auf billige Art und Weise Zutritt in die Stadt verschaffen wollte, um zu Plündern und Morden.

Der Morgen graute und die Männer, in deren Händen das Schicksal der Stadt lag, saßen immer noch in der Kirche zusammen. Soeben verlieh der Bischof erneut seiner Überzeugung Ausdruck, indem er sagte: „Von Erik dem Roten weiß ich, dass er sich nach Grönland zurückgezogen und eine Christin geheiratet hat und schließlich selbst zum Christentum konvertiert ist. Er hat eine Kirche erbaut und mit seiner Gattin Kinder gezeugt, die ebenfalls getauft und im christlichen Glauben erzogen worden sind. Von Leif, Eriks Sohn, wurde mir zugetragen er ist Seefahrer und Abenteurer.“

„Wer sagt uns denn, Hochwürden, dass dieser Mann, der sich als Leif Eriksson ausgibt, tatsächlich auch Leif Eriksson ist?“, brachte Jan Petersen nicht zum ersten mal seinen Einwand vor.

Einige Mitglieder des Stadtrates nickten beipflichtend.

„Seit Erik der Rote Christ geworden ist, hat er keinen einzigen Raubzug mehr unternommen“, erklärte Bischof Adam. Er war geneigt, dem Anführer der Grönländer, die vor der Stadt lagerten, Glauben zu schenken. Man hatte ihm von den Truhen voll Gold und Silber berichtet. „Und auch von seinem Sohn Leif ist mir nicht bekannt, dass er auf einer seiner Seereisen irgendwelche schändlichen Taten verübt hätte.“

„Heißt das, dass Ihr bereit wärt, Eure Exzellenz, mit dem Barbaren zu verhandeln?“, stellte Jan Petersen schließlich die entscheidende Frage. Alle waren müde, auch er, und er wollte endlich zu einem Ende kommen.

Bischof Adam nickte. „Ja, Kommandant, ich bin dazu bereit.“

„Wie schaut es bei Euch aus, meine werten Herren Stadträte, werter Herr Bürgermeister?“, fragte Petersen. „Wärt Ihr bereit, eine derartig große Verantwortung auf Euch zu nehmen? Ich weiß nicht, ob ich es bin. Mir ist der Schutz der Stadt und damit der Schutz sowohl seiner Obrigkeit als auch der Kirche und somit das Wohl seiner Exzellenz, dem Bischof, anvertraut. Ein Fehler meinerseits kann die ganze Stadt ins Verderben stürzen.“

„Ich vertraue auf Gott!“, rief der Bischof. „Die Stimme in mir, die mich warnen würde, schweigt. Gott wird mich schützen.“

In diesem Moment stürmte ein Soldat in die Sakristei und rief: „Etwa zwei Dutzend Krieger haben das Lager verlassen, um ins Landesinnere zu ziehen. Was sollen wir machen, Kommandant?“

Jan Petersen riss es regelrecht von seinem Stuhl in die Höhe. „Ich muss zum Tor!“, stieß er aufgeregt hervor. An den Soldaten gewandt befahl er: „Folge mir.“

Sie eilten aus der Kirche und ließen einen ziemlich verunsicherten Stadtrat, den Bischof und eine nervöse Gruppe von Priestern zurück.

Beim Stadttor angelangt, stieg Petersen die Treppe zum Wehrgang empor und späte zwischen den Zinnen hindurch zum Lager der Grönländer. Von der Gruppe, die sich abgesondert hatte, um ins Landesinnere zu ziehen, war nichts mehr zu sehen.

„Schickt einen Boten zu Leif Eriksson!“, trug er einem der Wachsoldaten auf, die Schulter an Schulter auf der Mauer standen und vor Müdigkeit kaum noch die Augen offenhalten konnten. Der Gedanke, dass die Grönländer vor der Stadt nicht einfach nur lagerten, sondern dass sie die Stadt belagerten, schürte die Furcht und ließ keinen Schlaf zu.

Der Soldat beeilte sich, dem Befehl nachzukommen.

Wenig später verließen zwei Wachsoldaten, unbewaffnet und mit einer weißen Fahne ausgestattet, durch eine Pforte, die mit einem soliden Gitter gesichert werden konnte, die Stadt und marschierten zum Lager der Grönländer.

Sofort kam ihnen eine Gruppe der verwegen aussehenden Krieger entgegen, kreisten sie ein, nahm die beiden in die Mitte und geleiteten sie in das Lager und zum Zelt Leif Eriksons.

Der Anführer der Grönländer trat aus seinem Zelt. Er war mit Schwert und Dolch bewaffnet, außerdem steckte vor seinem Leib eine Axt hinter dem mit eisernen Nieten verserhenem Gürtel. Dieser Mann vermittelte einen ehrfurchtgebietenden Eindruck. Er verschränkte die Arme vor der Brust und fixierte unter zusammengeschobenen Brauen hervor die beiden Parlamentäre.

Die Soldaten fühlten sich ganz und gar nicht wohl in ihrer Haut. Ihre Augen flackerten, ihre Mundwinkel zuckten vor innerer Unruhe.

„Ihr kommt spät!“, empfing Leif die Boten. „Um Mitternacht war ich am Tor. Von dem Kommandanten eurer Stadtwache sah ich nicht einmal die Nasenspitze, obwohl er mir eine Entscheidung bis Mitternacht zugesichert hatte.“

Die beiden Männer schauten verständnislos drein. Sie hatten kein Wort verstanden. Leif entging es nicht. „Halvar, du sprichst ein wenig ihre Sprache“, rief er. „Frage sie, was mir der Bischof bestellen lässt.“

Halvar wandte sich an die beiden Soldaten und stellte ihnen die Frage, die ihm Leif vorgegeben hatte.

„Leif Eriksson mag zum Tor kommen“, erklärte nun einer der Boten. „Jan Petersen erwartet ihn.“

Halvar gab das weiter.

Leif überlegte nicht lange. „Sag ihnen, Halvar, dass ich komme, sobald meine Unterführer bei mir eingetroffen sind. - Lass nach ihnen schicken.“

Mit der Botschaft, dass sich Leif Eriksson beim Tor einfinden würden, wurden die Wachsoldaten zurückgeschickt.

Es dauerte nicht lange, dann waren die Unterführer vollzählig vor dem Zelt Leifs versammelt. Er nickte ihnen zu. „Gehen wir.“

Sie marschierten los. Die Strecke bis zum Tor hatten sie in wenigen Minuten zurückgelegt. Jan Petersen und einige Wachsoldaten erwarteten die Abordnung aus dem Lager der Grönländer vor dem Tor, das jedoch verschlossen geblieben war. Lediglich die schmale Pforte, die in einen der soliden, mit schweren, eisernen Bändern beschlagenen Torflügel eingelassen war, hatte man geöffnet.

Fünf Schritte von Petersen und seinen Begleitern entfernt hielten Leif Eriksson und seine Vertrauten an. „Gott sei mit Euch“, grüßte Leif.

„Ich bin Jan Petersen“, stellte sich der Kommandant der Stadtwache vor und maß Leif dabei von oben bis unten. Der Soldat namens Konrad übersetzte.

„Mein Name ist Leif Eriksson, mein Vater war Erik der Rote. Ihr habt mich lange warten lassen, Kommandant.“

„Wir sind noch immer nicht zu einer Entscheidung gelangt“, versetzte Jan Petersen. „Ihr müsst warten.“

„Wir warten schon eine ganze Nacht. Unsere Vorräte sind zur Neige gegangen und meine Leute hungern.“ Leif reckte die breiten Schultern, die das Wolfsfell, das er über sie geworfen hatte, noch wuchtiger erscheinen ließen. „Ich habe fünfundzwanzig Krieger losgeschickt, damit sie auf den Bauernhöfen und in den Weilern außerhalb der Stadt für uns Nahrung besorgen.“

„Die Bauern und Dörfler haben selbst nicht viel“, erwiderte Petersen. „Sie werden freiwillig nichts hergeben.“

„Ich habe meinen Kriegern aufgetragen, für alles, was sie von den Bauern bekommen, zu bezahlen“, sagte Leif.

„Habt ihr denn Geld?“, fragte der Kommandant.

„Wir bezahlen mit den Schätzen, die wir mit uns führen, um sie dem Bischof zu übergeben.“

„Das ist Eigentum der Kirche!“, stieß Petersen hervor.

„Der Hunger zwingt uns dazu, dies als Zahlungsmittel einzusetzen“, antwortete Leif. „Ihr dort in der Stadt könnt euch nicht entscheiden. Also müssen wir uns behelfen. Sollen wir eure Bauern erschlagen, um etwas für unsere leeren Mägen zu bekommen?“

„Dann wärt ihr nicht besser als diejenigen, die fast zwei Jahrhunderte lang in unser Land einfielen und viel Blut vergossen haben“, sagte der Kommandant. „Die Bauern dürfen unabhängig davon dass den Kirchen geraubte Gold und Silber nicht annehmen, denn es wäre unrechtmäßig. Findet man es bei ihnen, wird man sie vor Gericht stellen und hängen.“

Leif nagte an seiner Unterlippe. „Es sind Schätze, die wir erbeutet haben“, sagte er dann. „Erbeutet von den heidnischen Räubern, die in früherer Zeit die Küsten und Flüsse unsicher gemacht haben“, präzisierte er. „Der Schatz ist unser Besitz, und wir können damit Nahrung bezahlen.“

„Er ist Eigentum der Kirche“, verbesserte Jan Petersen Leif Eriksson. „Ich kehre jetzt in die Stadt zurück“, fügte er hinzu. „Dort werde ich dem Stadtrat, dem Bischof und der Priesterschaft Bericht erstatten. Sollten Eure Krieger auch nur einem einzigen unserer Bauern oder Dörfler ein Haar krümmen, werdet Ihr das büßen.“

„Ihr nehmt den Mund ziemlich voll, Kommandant“, konnte sich Leif nicht verkneifen, zu sagen. „Könnt ihr denn so viele Bewaffnete aufbieten, um uns zu besiegen und mich büßen zu lassen?“

„Soll ich dir jetzt verraten, wie viele Bewaffnete bereit sind, die Stadt zu verteidigen?“, kam es fast ein wenig zynisch über die Lippen Petersens.

Jetzt zog ein Lächeln Leifs Mund in die Breite. „Wir haben nicht vor, die Stadt anzugreifen, Kommandant.“

Sie starrten sich an. Der Kommandant der Stadtwache und der Anführer einer großen Horde Krieger, deren Väter und Großväter einst großes Leid über die Länder an Ost- und Nordsee und an den Flüssen, die sie mit ihren wendigen Schiffen befahren konnten, gebracht hatten.

Es war, als wollte Jan Petersen mit seinem Blick in den Kopf des Grönländers eindringen, um seine geheimsten Gedanken zu ergründen und zu analysieren.

Das Lächeln Leifs war erstarrt. Er fügte seinen Worten von eben hinzu: „Aber meine Krieger sind hungrig, und das macht sie unzufrieden und vor allem ungeduldig, Kommandant.“

„Das heißt?“

„Dass weitere Gruppen ins Land ziehen werden, um sich Nahrung zu beschaffen. Ich habe diese Männer dann nicht unter Kontrolle. Bitte, Kommandant, bedenkt das. Ich schwöre Euch bei Gott und den Heiligen des Himmels, dass wir keine Feindseligkeiten im Schilde führen. Der Bischof soll mich empfangen, damit ich mit ihm reden kann, und wenn wir geredet haben, ziehen wir ab und kehren in unsere Heimat zurück.“

„Ich werde es dem Bischof und der Stadtobrigkeit wissen lassen“, erklärte Jan Petersen, wandte sich ab und gab den Befehl, die Pforte zu öffnen. Sodann trat er durch sie hindurch in die Sicherheit hinter der Stadtmauer. Die Wachsoldaten folgten ihm, nicht ohne in die Richtung der Grönländer zu sichern. Sie machten kein Hehl aus ihrem Misstrauen.

Leif Eriksson und seine Begleiter kehrten zu ihren Zelten zurück. Das Warten begann aufs Neue.

*

Helgi, der in der Nacht gegenüber Leif Eriksson den Sinn ihrer Mission angezweifelt und der auch kein Hehl aus seinen Zweifeln an der Macht des Christengottes gemacht hatte, befand sich in der kleinen Gruppe, die sich vom Heer Leif Erikssons abgesondert hatte, um Nahrung zu beschaffen. Einige der Krieger trugen in Leinensäcken goldenes oder silbernes Messgeschirr und Kerzenständer aus dem gleichen edlen Material mit sich. Es war ein geringer Teil des Schatzes, den Leif dem Bischof von Bremun zum Geschenk machen wollte. Die Krieger hofften, dafür von den Bauern Fleisch und Fisch sowie Brot zu bekommen.

Die Wertsachen hatte ihnen Leif persönlich zur Verfügung gestellt. Er hatte seine Krieger eindringlich aufgeboten, auf keinen Fall mit Waffengewalt etwas erzwingen zu wollen.

Die zwei Dutzend Krieger hatten sich in vier Gruppen aufteilt, und jede der Gruppen war auf sich gestellt. Helgi führte eine der Gruppen an. Mit ihm waren es sechs Krieger. Sie waren seit fast einer Stunde unterwegs, hatten soeben einen Wald durchquert, und dort, wo dieser endete, begann ein Kornfeld, an das sich ein Rübenacker anschloss. In der Ferne war wieder Wald auszumachen. Vor diesem Hintergrund waren ein mit Schilf gedecktes Langhaus wahrzunmehmen, das aus Baumstämmen errichtet worden war, sowie einige Stallungen und Schuppen. Aus der Esse auf dem Dach des Langhauses stieg Rauch, der vom lauen Wind zerpflückt und fortgetragen wurde.

Die sechs Krieger beobachteten vom Waldrand aus den Bauernhof. Jemand verließ nun das Wohnhaus und verschwand im Stall. Gleich darauf öffnete er das Tor und trieb sechs Kühe auf die mit einem Zaun aus dünnen Stämmen, die an in den Boden geschlagenen Pfosten befestigt waren, begrenzte Weide.

Der Bauer, es konnte sich auch um einen Knecht handeln, kehrte ins Haus zurück, kam aber gleich darauf wieder. Er trug zwei Eimer aus Leder, in jeder Hand einen, die ziemlich schwer zu sein schienen, und verschwand damit hinter dem Kuhstall.

Helgi war der Meinung, dass sie genug gesehen hatten. „Kommt“, sagte er zu seinen Gefährten. „Vielleicht kriegen wir auf dem Hof, was wir brauchen.“

Sie traten aus der Deckung des Unterholzes am Waldrand und marschierten auf das Gehöft zu. Jetzt kam der Mann mit den beiden Eimern hinter dem Stall hervor – und er sah die sechs Grönländer näherstapfen. Im ersten Moment hielt er an, als wäre er gegen ein unsichtbares Hindernis gelaufen, aber dann kam Leben in ihn. Er brüllte etwas und begann zu laufen. Wie von Furien gehetzt hastete er über den Hof, hinein ins Haus, hinter ihm flog die aus soliden Holzbohlen gefertigte Tür zu, und gleich darauf wurden auch die Läden an den Fenstern geschlossen.

Helgi und seine Kameraden betraten den staubigen Hof. Auf der Weide standen die Kühe und grasten, zwei der Tiere beobachteten die Ankömmlinge mit großen, feuchtglänzenden Augen. Hinter dem Stall trieb das Grunzen von Schweinen hervor. In den Eimern, die der Mann hinter den Stall getragen hatte, war wohl das Futter für sie gewesen. Aus einem der kleineren Ställe erklang das Meckern einer Ziege.

Die sechs Grönländer hatten sich mitten im Hof zusammengerottet und schauten sich um. Der scharfe Geruch von Tierexkrementen, die zusammen mit Heu und Stroh in einem Haufen Mist verrotteten, stieg den Kriegern in die Nase.

„Ihr da auf dem Hof!“, rief Helgi in seiner Sprache. „Wir kommen in Frieden!“

Im Haus blieb es still.

Helgi rief ein weiteres Mal, aber die Bewohner des Hofes antworteten nicht. Der Krieger ging zur Haustür und schlug einige Male mit der Faust dagegen.

Nichts!

„Annar, sieh nach, was hinter dem Stall ist!“, rief Helgi einem seiner Gefährten zu und der Gerufene spurtete sofort los. Er kam sogleich zurück und rief: „Fünf ausgewachsene Schweine in einem Pferch, Helgi. Sie sind gut genährt und haben mit Fressen zu tun.“

„Wir stellen ihnen die Kelche und Kerzenleuchter vor die Tür“, erklärte Helgi, „und nehmen dafür die Kühe und die Schweine mit. Damit können sich all unsere Leute die Mägen füllen.“

„Ja, so machen wir es“, pflichtete einer der Krieger Helgi bei, nahm den Sack mit den sakralen Gegenständen und trug ihn zur Haustür.

Zwei der Krieger liefen hinter den Stall, um die Schweine aus dem Pferch zu treiben. Helgi und zwei seiner Gefährten begaben sich auf die Koppel. Einer öffnete das Gatter und sie trieben die Kühe mit viel Geschrei hindurch.

In diesem Moment flog die Haustür auf und vier Männer, die sich mit Knüppeln bewaffnet hatten, stürmten mit viel Gebrüll auf den Hof. Es waren der Bauer, sein Sohn und zwei Knechte. Zwei weitere Knechte kamen mit Mistgabeln bewaffnet aus der Scheune, wo sie möglicherweise ihr Nachtlager hatten. Und nun folgten dem Bauern und seinen drei Mitstreitern noch zwei Frauen; die eine grauhaarig und um die fünfzig, die andere blond und nur halb so alt. Die Ältere hielt einen eisernen Schürhaken in der Hand, die Jüngere sogar einen Speer, mit dem der Bauer wahrscheinlich auf die Jagd gegangen war.

Die Grönländer hatten sich den Angreifern zugewandt.

„Zurück!“, brüllte Helgi. „Wir haben euch Gold und Silber vor die Tür gestellt. Damit ist das Vieh gut bezahlt.“

Die wütenden Männer verstanden ihn nicht, sondern griffen entschlossen an.

„Wir müssen uns verteidigen!“, schrie einer von Helgis Gefährten. „Sonst schlagen sie uns die Schädel ein.“ Er riss seine Axt aus dem Gürtel und erwartete in angespannter Haltung einen der Angreifer.

Die Jüngere der beiden Frauen schleuderte den Speer. Die Grönländer waren noch immer viel zu perplex, um dem Beispiel ihres Kameraden zu folgen, der sich auf Verteidigung eingestellt hatte, und so traf der Speer einen von ihnen in die Schulter und durchbohrte sie. Gequält schreiend ging der Krieger zu Boden.

Sein Geheul riss die anderen aus ihrer Erstarrung und sie zogen ihre Äxte, die sie hinter ihren Gürteln stecken hatten. Ein kurzer, aber heftiger Kampf entspann sich. Der Bauer, sein Sohn und die Knechte hatten keine Chance. Die Grönländer streckten sie mit ihren Äxten nieder, sie verbluteten, ihr Blut versickerte im Staub. Die Krieger waren wie in einen Blutrausch versetzt. Als sie von der wie von Sinnen brüllenden Bäuerin mit dem Schürhaken angegriffen wurden, schleuderte ihr Helgi die Axt entgegen. Sie brach mit einem Ächzen auf den Lippen zusammen und lag still.

Die jüngere der beiden Frauen stand bleich, mit bebenden Lippen und zitternd vor dem Haus. In Ihren Augen wob das Entsetzen, hinzu gesellten sich Verzweiflung und panische Angst.

Sie verlor die Besinnung und brach dort, wo sie stand, zusammen.

Die Grönländer kümmerten sich nicht um sie. Sie versorgen notdürftig ihren Kameraden, der von dem Speer getroffen worden war. Helgi holte sich seine Axt und schob sie wieder hinter den Gürtel, dann verließen sie den Hof und nahmen sowohl die Kühle als auch die Schweine mit.

Über dem Feuer in der Küche des Hauses stand auf dem Gitterrost eine Pfanne mit Fett. Daneben lagen auf einem niedrigen Tisch einige Stücke rohes Fleisch. Das Fett in der Pfanne brutzelte, überhitzte und entzündete sich explosionshaft. Hoch schlugen die Flammen und erfassten die niedrige Decke aus ausgetrocknetem Holz. Im Handumdrehen war der Raum mit Feuer und Rauch gefüllt, und schon bald stand das Haus in hellen Flammen. Eine lodernde Flammengarbe schoss durch das Schilfdach zum Himmel und schickte einen Sprühregen von Funken hinterher. Rauch und Qualm wälzten sich herab und verteilten sich im Hof. Das Dach brannte jetzt lichterloh. Ein dumpfes Brausen lag in der Luft. Asche wirbelte.

Die Räuber schauten zwar zurück und sahen, dass das Haus wie ein riesiger Scheiterhaufen brannte, kümmerten sich aber nicht darum. Sie hörten nicht das Knacken im Gebälk des Daches und auch nicht das knirschende Bersten, wenn brennendes Gebälk niederstürzte. Sie trieben die Tiere vor sich her. Das Feuer aber griff auf die Stallungen, die Scheune und die Schuppen des Gehöfts über ...

Der Himmel war schwarz vom Qualm.

Die Nordmänner ließen Tod und Verderben zurück.

*

Währenddessen fiel in Bremun eine Entscheidung. Bischof Adam hatte sich durchgesetzt und sowohl der Stadtrat als auch der Kommandeur der Stadtwache waren damit einverstanden, dass er mit Leif Eriksson sprach.

Jan Petersen wurde angewiesen, Boten zu dem Anführer der Grönländer zu schicken, damit sie ihn informierten, dass seine Exzellenz, Bischof Adam, bereit war, mit ihm zu sprechen und sich anzuhören, was er zu berichten hatte und vor allem zu erfahren, was er vom Kirchenfürsten erwartete.

„Es ist besser, als einen Angriff der Barbaren herauszufordern“, gab der Bürgermeister zu verstehen. „Ihr, Exzellenz, steht unter dem besonderen Schutz der Heiligen Dreifaltigkeit. Ich vertraue, wie Ihr, Eure Exzellenz, auf die Macht Gottes.“

„Ich will eine Messe halten und den Schutz des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes für mich erflehen.“ Bischof Adam wandte sich an Jan Petersen. „Lasst dem Anführer der Krieger aus Grönland bestellen, dass ich mich zur Mittagszeit vor dem Stadttor einfinden werde. Und bestellt ihm auch, dass ich davon ausgehe, dass er wirklich ein Christ ist und über eine christliche Denkweise verfügt.“

Jan Petersen legte die Hand flach gegen Leib und verneigte sich. „Sehr wohl, Eure Exzellenz, ich lasse es dem Grönländer bestellen.“

Wenig später verließen zwei Parlamentäre durch die Pforte, die sofort wieder geschlossen wurde, die Stadt. Auch dieses Mal trug einer von ihnen eine weiße Fahne, die sie als Boten ausweisen sollte.

Einige Krieger nahmen sie in Empfang, sie wurden zu Leif Eriksson geführt und der sagte an Halvar gewandt: „Frage sie, ob der Bischof nun bereit ist, mit mir zu verhandeln oder ob er es ablehnt.“

Halvar stellte die Frage, und der Soldat, der die Fahne trug, erwiderte: „Seine Exzellenz, der Bischof, ist bereit, sich mit eurem Anführer vor dem Stadttor zu treffen.“

Halvar übersetzte und Leif fragte: „Wann soll das Treffen nach Meinung des Bischofs stattfinden?“

„Heute Mittag“, war die Antwort. „Er will vorher noch eine Messe halten und um den Schutz der Heiligen Dreifaltigkeit für sich und seine Begleiter bitten. Außerdem lässt er bestellen, dass er Euch glaubt, dass Ihr Christ seid und davon ausgeht, dass Ihr denkt und handelt wie ein Christenmensch.“

„Versichere dem Bischof in meinem Namen und bei allem, was mir heilig ist“ stieß Leif Eriksson hervor, „dass ich nicht einen Augenblick daran gedacht habe, ihm und Bremun gefährlich zu werden. Ich bin kein Eroberer oder Plünderer. Ich bin ein Entdecker, und mein Gott ist derselbe wie eurer.“

In diesem Moment erklang auf der anderen Seite des Lagers Geschrei. Raue Stimmen brüllten durcheinander, lautes Gelächter mischte sich hinein, einige Krieger, die sich in der Nähe von Leif Erikssons Zelt befanden, rannten los, um nachzusehen, was das lärmende Durcheinander ausgelöst hatte.

„Halvar!“, stieß Leif Eriksson hervor. „Sieh nach, was los ist, und erstatte mir Bericht.“

Der Vertraute Leifs verlor keine Zeit.

An die Boten aus der Stadt gewandt sagte der Führer der grönländischen Kriegerschar: „Bestellt dem Bischof meinen Dank. Ich werde mich zur Mittagszeit mit meinen Unterführern vor dem Stadttor einfinden. Bestellt ihm auch, dass wir unsere Waffen im Lager zurücklassen werden. Ich will ihm unbewaffnet und mit ehrlicher Absicht gegenübertreten.“

Die beiden Boten zögerten. Sie hatten nicht verstanden, was Eriksson gesprochen hatte.

„Worauf wartet ihr?“, fragte Leif Eriksson und bedeutete ihnen mit einer Geste seiner Rechten, sich zu entfernen.

Nun wandten sie sich ab und entfernten sich langsam.

Leif Eriksson setzte sich ebenfalls in Bewegung und marschierte in die Richtung, aus der der tumultartige Lärm heranwehte. Jene Krieger, die noch nicht von der Neugier getrieben dem Geschrei gefolgt waren, schlossen sich ihm an.

Einer der beiden Soldaten, die auf dem Weg zum Stadttor waren, warf einen Blick über die Schulter, und jetzt sah er inmitten einer großen Kriegerschar die erbeuteten Kühe. Dass auch Schweine getrieben wurden, konnte er nicht wahrnehmen, denn sie wurden von der Rotte der sie überragenden Krieger verdeckt.

„Sie treiben Kühe ins Lager“, stieß der Soldat hervor. „Beeilen wir uns, damit wir dem Kommandanten Bericht erstatten. Freiwillig hat der Besitzer der Kühe diese den Barbaren gewiss nicht überlassen.“

Die beiden beschleunigten ihre Schritte und atmeten auf, als sich hinter ihnen die Pforte schloss. Jan Petersen erwartete sie schon. Von der Stadtmauer aus hatte er sehen können, dass einige Kühe und Schweine – die er von seiner erhöhten Warte aus im Gegensatz zu den beiden Soldaten wahrnehmen konnte -, ins Lager der Grönländer getrieben worden waren. Als ihm einer der Boten von seiner Beobachtung berichten wollte, winkte er ab. „Vom Wehrgang aus habe ich die Kühe und auch einige Schweine gesehen. Und im Westen, am Horizont, bedeckt schwarzer Rauch den Himmel. Das sind keine Gewitterwolken. Da wurde etwas niedergebrannt. Ich denke, Leif Erikssons Ansinnen, den Bischof sprechen zu wollen, wird trotz aller gegenteiligen Behauptungen, Beteuerungen und Versprechen von der Heimtücke geleitet. Wir werden es sehen.“

Die Flamme des Misstrauens loderte in dem Kommandanten der Stadtwache hoch und heiß.

Er hatte bereits eine Patrouille ausgesandt, die die Stadt durch eine geheime Pforte in der rückwärtigen Stadtmauer verlassen hatte, um nachzusehen, was weit entfernt im Westen in Flammen aufgegangen war. Jan Petersen ahnte Schreckliches, nachdem er die kleine Gruppe der Grönländer mit den Kühen und Schweinen zurückkommen sah.