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Dieser Band enthält folgende Romane: Rita und die Liebe Mama soll wieder glücklich sein Die richtige Frau für Papa Wir brauchen keinen neuen Papi Jemand neidet dir dein Glück Liebesparcours mit Hindernissen Der Gestütsbesitzer Martin Holzhauser denkt ernsthaft über den Verkauf seines Gestüts nach, da er langsam zu alt für die Arbeit dort wird. Bald schon hat er auch einen passenden Käufer gefunden. Als Bedingung knüpft er an den Verkauf die Übernahme aller Angestellten, auch der Tierärztin Simone. Doch diese traut dem neuen Besitzer, Dominic Johnson, zunächst nicht, auch wenn der alte Holzhauser sich ganz nebenbei erhofft hatte, dass die beiden sich näherkommen.
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Seitenzahl: 784
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7 Herzromane für die Schneeflockenzeit
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Rita und die Liebe
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Drei heitere Familienromane
Mama soll wieder glücklich sein
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Die richtige Frau für Papa
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Wir brauchen keinen neuen Papi
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Jemand neidet dir dein Glück
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Liebesparcours mit Hindernissen
Dieser Band enthält folgende Romane:
Rita und die Liebe
Mama soll wieder glücklich sein
Die richtige Frau für Papa
Wir brauchen keinen neuen Papi
J emand neidet dir dein Glück
Liebesparcours mit Hindernissen
Der Gestütsbesitzer Martin Holzhauser denkt ernsthaft über den Verkauf seines Gestüts nach, da er langsam zu alt für die Arbeit dort wird. Bald schon hat er auch einen passenden Käufer gefunden. Als Bedingung knüpft er an den Verkauf die Übernahme aller Angestellten, auch der Tierärztin Simone. Doch diese traut dem neuen Besitzer, Dominic Johnson, zunächst nicht, auch wenn der alte Holzhauser sich ganz nebenbei erhofft hatte, dass die beiden sich näherkommen.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author
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Alles rund um Belletristik!
von Anna Martach
Der Umfang dieses Buchs entspricht 113 Taschenbuchseiten.
Die Innenarchitektin Rita lernt im Zuge eines Einbruchs in ihr Büro den Polizisten Nicholas Rhode kennen. Die beiden sind sich sofort sympathisch und auch bald darauf ein Paar. Doch hält die Liebe den häufigen Eifersuchtsattacken Rhodes statt oder bleibt es nur bei einem Prolog zur Liebe?
Ein CassiopeiaPress Buch
© by Author
© der Digitalausgabe 2015 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
Ritas weit aufgerissene Augen schweiften fassungslos über das Chaos in ihrem und den angrenzenden Büros.
„O nein!“, sagte sie erschüttert.
Sie schritt vorsichtig über verstreute Akten, zerrissene Zeichnungen und malerisch verstreute Stoffmuster. Der Fuß der Frau stieß an etwas, Porzellan klirrte, als sie sich niederbeugte und Scherben aufsammelte. Tränen der Wut und der Hilflosigkeit standen in ihren ausdrucksvollen blauen Augen.
„Meine Katze“, stellte sie anklagend fest. „Diese Kerle haben nicht einmal vor meiner Katze halt gemacht. Was haben diese Vandalen nur gesucht?“, fragte sie dann zornig. „Dies hier ist ein Büro und nicht der Tresorraum einer Bank.“
Rita Schlesinger, eine gefragte, aber noch junge Innenarchitektin, schüttelte noch immer ratlos den Kopf. Über Nacht hatten Einbrecher die Büroräume heimgesucht. Buchstäblich alles war verwüstet, wertvolle Entwürfe, die eigentlich termingerecht abgegeben werden mussten, lagen als unordentlicher Haufen Müll auf dem Boden; das Büro von Ritas Partner Hans Kurz bot in etwa den gleichen Anblick. Nur hatte man zumindest in Ritas Büro etwas gestohlen; das Bild „Frankfurt im Regen“, das ein Freund von ihr gemalt hatte. Axel Johnson besaß in der Fachwelt einen guten Ruf, doch so wertvoll war das Gemälde nun auch wieder nicht, dass es einen solchen Einbruch und Vandalismus rechtfertigen würde.
Auch Hans Kurz schritt zornig und fassungslos durch das Chaos, suchte dann den Blick seiner Partnerin, die nicht hilflos heulte, sondern wütend die Fäuste ballte.
Die Polizei traf ein und schwärmte aus, suchte nach Fingerabdrücken und Spuren und vergrößerte das Durcheinander mühelos.
Johanna, die ältliche Sekretärin, saß an ihrem Schreibtisch und jammerte, ohne dass sie es ernst meinte, auch sie war einfach nur wütend.
„Hanni, halt doch endlich den Schnabel!“, forderte Rita dann ungeduldig. „Damit änderst du auch nichts mehr. Hilf lieber der Polizei, mach deine Aussage.“
Johanna verstummte abrupt, ein verschmitztes Lächeln stahl sich plötzlich auf ihre Lippen, als sie ihre junge Chefin beobachtete, die recht gut mit der ungewöhnlichen Situation fertig zu werden schien.
„Erst mal koche ich Kaffee, hoffentlich haben diese wilden Horden nicht auch die Kaffeemaschine in Schutt und Asche gelegt.“
Wunderbarerweise funktionierte die Maschine, und wenig später verbreitete sich der aromatische Duft des anregenden Getränks. Hanni beobachtete derweil weiter Rita. Die junge Frau war neunundzwanzig Jahre alt, besaß volles kastanienbraunes Haar, das sie mit einer Spange aus dem Gesicht heraushielt, doch die wilden Locken brachen nur allzu häufig wieder hervor. Das Gesicht besaß hohe Wangenknochen und volle rote Lippen. Rita war etwa 1,70 m groß und schlank, konnte als Kleidung fast alles tragen, bevorzugte jedoch verwaschene Jeans und weit fallende Pullover mit Ärmeln, die an den Handgelenken schmaler wurden, damit die sie beim Arbeiten nicht behinderten. Um genügend Bewegungsfreiheit zu haben, schob sie die Ärmel dennoch häufig bis zum Ellenbogen hoch. Rita war ausgesprochen attraktiv, schien aber keinen besonderen Wert darauf zu legen diese Tatsache besonders hervorzuheben. Dabei war ihr Geschmack absolut stilsicher, und bei einigen seltenen Gelegenheiten warf sie sich regelrecht in Schale, so dass selbst Hans sie kaum erkannte.
Aber nicht hier und heute.
Ein leuchtend grüner Pullover in einem komplizierten Muster schlabberte über Ritas Oberkörper bis auf die Oberschenkel hinab, ihre Jeans darunter lag eng an, und sie hatte wieder einmal die Ärmel hochgeschoben.
Jetzt stemmte sie die Arme in die Hüften. Dann wollte sie energisch anfangen aufzuräumen, weil sie der Ansicht war, dass die Polizei sich jetzt lange genug ausgetobt hatte. Doch da brüllte eine Stimme dazwischen.
„Halt, nichts anfassen!“ Rita drehte sich um und starrte in ein gutaussehendes Männergesicht. Dessen blaue Augen unter leuchtend blonden Haaren blitzten sie ärgerlich an.
„War die Spurensicherung schon hier drin?“, fragte der Mann noch immer ärgerlich, obwohl zu sehen war, dass ihn Ritas Erscheinung beeindruckte.
„Woher soll ich das wissen?“, schnappte Rita. „Hier wimmelt es von Polizisten. Und wahrscheinlich hat es hier heute Nacht von Einbrechern gewimmelt. Woher also soll ich wissen, wer zu wem gehört?“
Hans Kurz mischte sich rasch ein und legte seiner Kollegin und Partnerin besänftigend eine Hand auf den Arm.
„Verzeihen Sie meiner Partnerin. Sie ist aufgebracht, weil unsere Arbeit zerstört wurde. Das alles ist so – so sinnlos. Rita hat Sie bestimmt nicht beleidigen wollen.“
Er stellte sich und Rita förmlich vor, und der blonde Mann nahm seinen Dienstausweis heraus.
„Nicholas Rhode, Kriminalpolizei“, sagte er dann auch förmlich. Aber jetzt umspielte ein Lächeln seine Lippen, ließ zwei gesunde Zahnreihen sehen und zauberte aufregende Grübchen in seine Wangen. Rita fand ihn plötzlich sehr sympathisch, aber gleich rief sie sich wieder zur Ruhe. Wo käme sie denn hin, wenn sie einen attraktiven Mann in Gedanken darauf prüfte, ob er zu ihr passte? Das machte sie doch sonst nicht.
Nein, nein, insgeheim schüttelte sie den Kopf. Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, unbewusst zwar, aber gerade deswegen einfach unwiderstehlich. Rhode schaute sie bewundernd an, und seine Blicke glitten ungewollt weiter an ihrem Körper entlang.
„Wollen Sie jetzt ein Protokoll aufnehmen?“, fragte Hans Kurz etwas lauter und stieß den Beamten leicht an. Der erwachte aus seiner Verzückung, und eine leichte Röte schoss ihm in die Wangen.
„Ja, natürlich“, beeilte er sich zu versichern.
Sein Ton wurde geschäftsmäßig, während er jeden Gedanken an diese reizende Frau aus seinem Kopf verbannte.
Die Spurensicherung traf ein, und noch mehr Beamte wieselten herum, nahmen Fingerabdrücke, machten Fotos und vergrößerten das allgemeine Chaos noch mehr.
Etwa eine Stunde später war dann alles vorbei, die Polizei zog ab, und zurück blieb nur Nicholas Rhode, der die ganze Zeit über nervige Fragen gestellt und eifrig in sein Notizbuch geschrieben hatte. Jetzt stand er neben Rita und betrachtete mit ihr zusammen das Durcheinander.
„Darf ich jetzt vielleicht endlich aufräumen?“, fragte sie noch immer schnippisch.
Er lächelte. „Das alles gehört Ihnen“, erklärte er ironisch und machte eine umfassende Bewegung mit der Hand. Rita stieß die Luft aus, dann griff sie energisch nach einer Mülltüte und drückte sie dem Kripobeamten in die Hand.
„Für dumme Sprüche bin in diesem Büro ich zuständig“, sagte sie sanft.
Rhode schluckte, dann lachte er auf und schaute Rita treuherzig an. „Kann ich das irgendwie wieder gut machen?“ fragte er mit gespielter Zerknirschung. „Gehen Sie mit mir ins Kino?“ Wir schauen uns einen ordentlichen amerikanischen Krimi an, und Sie sagen mir, was ich alles falsch gemacht habe.“
Nun lachte auch Rita, während sie gleichzeitig überlegte. „Ich nehme an, Sie haben es nicht anders gelernt“, meinte sie dann versöhnlich aber spöttisch. „Wissen Sie was, ich nehme Sie beim Wort, holen Sie mich morgen Abend ab. Ich habe lange keinen guten Krimi mehr gesehen.“
Sie nahm ihm die Tüte wieder aus der Hand, und dabei berührte sie ihn unabsichtlich. Ein prickelndes Gefühl durchfuhr sie plötzlich und erzeugte für kurze Zeit eine Gänsehaut. Wie elektrisiert fuhr sie zurück und drehte sich betont rasch um.
„Morgen, Herr Kommissar“, wiederholte sie dann.
Hans Kurz begleitete Rhode an die Tür.
„Kommen Sie bitte noch ins Präsidium, damit Sie Ihre Aussage unterschreiben und weitere Angaben machen können. Falls noch etwas als gestohlen festgestellt wird, meine ich. Frau Schlesinger bitte auch“, forderte Nicholas Rhode.
„Gibt es eine reelle Chance das Bild wiederzubekommen?“, erkundigte sich Hans ernsthaft.
„Ich weiß es nicht“, erwiderte der Polizist. „Es kommt darauf an, ob auf dem Schwarzmarkt Bedarf an solchen Bildern besteht. Denken Sie bitte daran, ein Foto des Gemäldes mitzubringen. Und falls noch etwas fehlt, erstellen Sie eine Liste.“
Kurz nickte. Er starrte dem anderen etwas verdrossen hinterher.
„Was hat er, was ich nicht habe?“, fragte er leise, eher murmelnd. Schon lange hatte er versucht, ebenfalls eine private Verabredung mit Rita zu ergattern, doch ihr Verhältnis zueinander war immer geschäftsmäßig geblieben, obwohl sie sich schon seit fast fünf Jahren kannten. Und dieser flachsblonde Schönling kam daher, und Rita nahm seine Einladung an.
Sie bemerkte plötzlich seinen Blick und erriet seine Gedanken, dann lachte sie.
„Gräm dich nicht, Hans. Du bist ganz einfach nicht mein Typ, okay?“
„Bezahlen wir eigentlich dafür unsere Steuern, dass die Polizei den Klienten schöne Augen macht?“, fragte er missmutig.
„Lass das Maulen“, empfahl Rita. „Wir müssen unsere Entwürfe neu erstellen. Das ist wichtiger als die Polizei.“
„Warum musst du auch noch recht haben?“, fragte er in komischer Verzweiflung.
Johanna kam mit der Kaffeekanne und belegten Broten. „Lasst uns frühstücken, danach geht die Arbeit doppelt so schnell“, schlug sie praktisch vor.
„Wenn wir dich nicht hätten“, kam einstimmig die Antwort.
In den nächsten zwei Wochen tauchte Nicholas Rhode in schöner Regelmäßigkeit im Büro von Kurz und Schlesinger auf. Er informierte über Fortschritte, die bisher nicht zu verzeichnen waren, erkundigte sich nach dem Fortgang der neuen Entwürfe, die sehr wohl zu verzeichnen waren, und bemerkte, dass nach zwei Tagen das totale Chaos im Büro wieder verschwunden war.
Johanna und Hans warfen sich bezeichnende Blicke zu, wenn der Polizist wieder auftauchte, beiden war klar, dass er nur wegen Rita kam. Die beiden waren wirklich gemeinsam im Kino gewesen und hatten sich einen Krimi angesehen. Auf Johannas Frage am nächsten Morgen hatte Rita nur knapp gesagt, dass es ganz nett gewesen sei. Das war nun wirklich keine erschöpfende Auskunft, aber zu mehr ließ die junge Frau sich nicht hinreißen. Oder vielleicht gab es auch nichts zu erzählen, wer wollte das schon sagen?
Doch sie schien die unregelmäßigen Besuche des Mannes irgendwie zu schätzen, jedenfalls hatte sie nichts dagegen. Und sie nahm auch wieder eine Einladung von Rhode an, sehr zum Missfallen von Hans Kurz, der eine betrübte Miene zog.
Die Nacht war mild, im Main spiegelten sich die Lichter der Leuchtreklamen, und am Himmel über der Stadt erhellten die Lampen der Hochhäuser die Nacht. Der Autolärm hatte nachgelassen, nur irgendwo im Zentrum schrillten Sirenen.
Rita und Nicholas schlenderten am Schaumainkai entlang und diskutierten dabei den Film, den sie sich gerade angesehen hatten. Unbewusst lenkten sie ihre Schritte nach Sachsenhausen hinein, um irgendwo noch ein Glas zu trinken und damit einen harmonischen Abend ausklingen zu lassen. Die beiden verstanden sich gut, sie lachten über die gleichen Dinge, empörten sich über die gleichen Ungerechtigkeiten und genossen jetzt und hier die Nacht.
„Ich hätte nicht gedacht, dass unsere Polizei so gebildet ist“, sagte Rita neckend.
„Oh, das kommt nur daher, dass wir neulich einen Kunstraub hatten. Das schärft die Aufmerksamkeit, und dann ist wohl was hängengeblieben“, erklärte Nicholas mit gespielter Ernsthaftigkeit. „Aber mal im Ernst, es ist nicht so, dass Polizisten dumm sind, nur weil sie sich den Vorschriften unterordnen, die wenig Spielraum für eigene Entscheidungen lassen. Aber wir geben unsere Persönlichkeit nicht ab, und wir haben die gleichen verschiedenen Interessen und Hobbys wie alle anderen Leute auch.“
„So war das auch nicht gemeint“, schwächte Rita ab. „Es scheint nur so zu sein, dass Polizisten irgendwie anders sind als normale Menschen. Es ist, als ob wir Bürger euch als – nun, als außerhalb der Gemeinschaft stehend betrachten.“
Nicholas lachte. „Das haben Sie sehr schön ausgedrückt. Und es ist schon so, wir fühlen uns manchmal wie außerhalb stehend. Zumindest werden wir häufig so behandelt. Aber ganz ehrlich, so sind wir nicht.“
Die beiden hatten das geschäftige Vergnügungsviertel erreicht. Gruppen von Menschen liefen umher, lachend, angetrunken, fröhlich. Ein paar Damen vom eindeutigen Gewerbe suchten Begleitung, und aus verschiedenen Kneipen schallte laute Musik heraus, aromatische Düfte aus guten Restaurants mischten sich mit dem scharfen Geruch von Öl und Knoblauch aus diversen Imbissbuden.
Rhode führte Rita zielsicher in eine kleine Seitenstraße. Hier war der Lärm nicht mehr so aufdringlich, die Kneipen waren kleiner und nicht so überfüllt, die Menschen weniger. Aus einem Keller drangen die klagenden Laute eines Saxophons, und eine raue weibliche Stimme sang dazu.
„Mein Lieblings-Jazzkeller“, erklärte Nicholas.
Die Kellerbar war winzig, aber gemütlich, und längst nicht so überfüllt, wie Rita vermutet hatte. Auf einer kleinen, eher angedeuteten Bühne, stand eine mollige Frau in einem Glitzerkleid. Ihre volle kehlige Stimme erfüllte den Raum, drei Musiker spielten selbstvergessen, wobei das Saxophon den Ton führte. Rita fühlte sich auf Anhieb wohl. Nicholas bestellte, ohne sie zu fragen, zwei Whisky, und Rita akzeptierte.
„Ich hoffe, Sie hatten nicht etwas anderes vor“, sagte Rhode entschuldigend. „Aber mir war nicht nach einer großen lauten Kneipe.“
„Nein, das hier ist genau richtig“, stellte Rita zufrieden fest. „Wir sollten uns vielleicht doch langsam duzen? Mittlerweile kennen wir uns zwei Wochen, und diese Musik verbindet. Ich heiße Rita.“
„Ich weiß“, grinste er. „Ich habe das Protokoll aufgenommen. Mein Name ist Nicholas, und bitte nicht abkürzen, Nick finde ich irgendwie lächerlich.“
„Prost, Nicholas“, sagte Rita lächelnd. Der Mann gefiel ihr, er hatte feste Standpunkte und vertrat diese entschieden, ohne dreist zu werden.
Sie saßen selbstvergessen an ihrem winzigen Tisch und lauschten der Musik, und irgendwann ging der Abend nahtlos in die Nacht über. Die Unterhaltung der beiden beschränkte sich auf gelegentliche Sätze, sie schienen sich ohne Worte zu verstehen, es war fast, als würden sie sich schon ein Leben lang kennen. Verbunden durch die Musik, dicht beieinander sitzend, fühlten sie sich verbunden und vertraut. Und als schließlich der Keller geschlossen wurde, irgendwann in den frühen Morgenstunden, schien es gar keine Frage mehr, dass Nicholas Rita nach Hause begleitete.
Vor der Tür küsste er sie sanft, und sie erwiderte die Liebkosung. Seine Küsse wurden plötzlich fordernder, seine Hände glitten über ihren Körper und lösten wohliges Verlangen aus. Rita wehrte sich nicht gegen dieses Gefühl, sie genoss es. Ohne hinzusehen kramte sie nach ihrem Hausschlüssel, öffnete die Tür und zog den Mann mit sich. Und in ihrer Wohnung bedurfte es keiner Worte mehr. Wenig später streichelten seine hungrigen Hände über ihre Brüste, während ihre Finger sich ebenfalls einen Weg suchten.
Es hatte sich einfach so ergeben, und beide waren zufrieden damit.
„Rita, du bist siebenundzwanzig, siehst gut aus, verdienst ganz ordentlich und bist nicht dumm. Warum heiratest du nicht endlich?“
Es war die ewig wiederkehrende Litanei von Doris Schlesinger, Ritas Mutter, die sie mit ermüdender Beharrlichkeit stets aufs Neue begann, sobald sie ihre Tochter sah. Doris war eine attraktive Frau Mitte vierzig, der eine kleine exklusive Boutique gehörte. Sie war unabhängig, leistete sich von Zeit zu Zeit einen Freund und schickte denjenigen dann mit schöner Regelmäßigkeit wieder weg.
Nach ihrer Ehe, aus der Rita stammte, hatte sie sich nie wieder fest gebunden. Doch sie beharrte darauf, dass Rita unbedingt einen Ehemann brauchte.
So auch an diesem Tag.
Die beiden Frauen hatten sich zu einem Einkaufsbummel getroffen und waren zum Kaffee in eine Konditorei auf der Zeil gegangen. Rita hatte vorsichtig von Nicholas erzählt, und ihre Mutter war sofort ausgiebig auf ihr Lieblingsthema eingegangen.
„Ein staatlicher Beamter, das ist gut“, hatte sie befriedigt festgestellt. „Er verdient zwar nicht so viel wie du, aber ihr werdet schon gut zurechtkommen. Und wenn er sich nichts zuschulden kommen lässt, ist er praktisch unkündbar. Der ideale Ehemann, mein Liebes. Habt ihr schon die Verlobung geplant?“
„Mutter, du bist unmöglich“, stellte Rita nicht zum ersten Mal fest. „Wir haben uns erst vor Kurzem kennengelernt.“
„Aber er gefällt dir!“ Das war eine Feststellung, keine Frage. „Habt ihr schon miteinander geschlafen? Es ist wichtig, dass zwei Menschen auch im Bett harmonieren.“
Genüsslich schob sich Doris ein Stückchen ihrer Sahnetorte in den Mund. Sie hatte es nicht nötig auf die Kalorien zu achten, sie wurde einfach nicht dick.
„Warum heiratest du nicht wieder?“, parierte Rita den Angriff. Das war immer ihre letzte Verteidigungslinie. Wenn ihre Mutter zu sehr drängte, hielt sie ihr das eigene Leben vor.
„Ich bin nicht für die Ehe gemacht“, erklärte Doris im Brustton der Überzeugung. „Davon hat mich ein Versuch überzeugt und kuriert.“
„Wie war mein Vater?“, fragte Rita wohl schon zum tausendsten Mal. Sie hatte ihren Vater nie kennengelernt, und ihre Mutter hatte stets Wert darauf gelegt, dass es auch so blieb. Nach der Scheidung hatte sie ihren Mädchennamen Schlesinger wieder angenommen, Rita wusste nicht einmal, wie ihr Vater hieß, er tauchte in keinem der offiziellen Dokumente auf. Es gab keine Fotos von ihm, und Doris schwieg sich eisern über ihn aus, was ausgesprochen seltsam war, wenn man ihr Mundwerk kannte.
Jetzt verdüsterte sich ihre Miene, wie immer, wenn Rita diese Frage stellte.
„Er war ein wunderbarer Mann, er sah gut aus, hatte Vermögen und gute Manieren. Aber er war ganz einfach kein Mann für mich. Und ich nicht die richtige Frau für ihn.“
Mehr hatte sie nie darüber gesagt, und mehr würde sie auch nicht sagen.
Rita seufzte, dieses Gespräch führte zu nichts, wie schon viele andere vorher. Geschickt wechselte sie das Thema.
„Wie hat dir das Teeservice vorhin im Geschäft gefallen?“, fragte sie listig.
Doris lächelte. „Es ist einfach zauberhaft. Das Porzellan ist fast durchsichtig, und diese handgemalten Motive sehen sehr apart aus. Ich werde es dir zur Verlobung schenken.“
Ihre Augen sprühten vor Übermut, und Rita musste lachen, obwohl sie eigentlich empört war.
„Schade, dann werde ich wohl noch lange darauf warten müssen. Ich habe in absehbarer Zeit nicht das Bedürfnis mich zu binden.“
„Überleg es dir nicht zu lange, Liebes“, warnte Doris plötzlich ernst. „Eines Tages wirst du feststellen, dass du die richtige Zeit und den richtigen Mann verpasst hast. Dann wird es dir leid tun.“
Rita legte eine Hand auf den Arm ihrer Mutter. „Ich werde darüber nachdenken. Aber jetzt lass uns das Thema bitte beenden. Es führt zu nichts.“
„Nun gut“, gab die Ältere nach. „Aber deinen Nicholas stellst du mir hoffentlich trotzdem bald vor. Ich würde ihn gern kennenlernen.“
„Damit du ihn völlig verschreckst, indem du ihm erklärst, er soll mich heiraten? O nein, damit warten wir noch“, erklärte Rita bestimmt. „Noch gehört er mir allein, und das soll auch noch so bleiben.“
Im Büro merkten Hans und Johanna im Laufe der folgenden Wochen ebenfalls die Veränderung an Rita. Sie war aufgeräumt und fröhlich, telefonierte manchmal lange während der Arbeitszeit, und ging andererseits erst spät nach Hause.
„Nicholas hat Spätschicht“, erklärte sie schließlich, als Johanna besorgt nach den Gründen für diese Veränderung fragte.
„Du hast doch früher auch alles Mögliche ohne ihn unternommen. Warum tust du das jetzt nicht auch, statt dich in die Arbeit zu verkriechen?“ Johanna hatte ein ungutes Gefühl. Für ihren Geschmack fixierte sich Rita viel zu sehr auf diesen Mann.
„Ach, weißt du, allein macht das keinen Spaß“, behauptete Rita.
„Allein, sagst du? Du hast viele Freunde, willst du die jetzt alle aus deinem Leben streichen? Da stimmt doch etwas nicht.“
Die ältere Frau war argwöhnisch, aber Rita zuckte mit den Schultern. „Was soll denn nicht stimmen, Hannilein? Du siehst Gespenster. Ich habe ganz einfach keine Lust mehr auf dieses oberflächliche Geplänkel. Und Nicholas denkt genauso.“
„Und ich denke, dein Nicholas ist eifersüchtig und möchte dich gern in einen Elfenbeinturm stecken, damit du keinen anderen mehr ansiehst.“
„Du spinnst ja“, erklärte Rita im Brustton der Überzeugung, doch ihre Miene wurde mit einem Mal nachdenklich. Sollte Johanna vielleicht doch ein kleines bisschen recht haben? Es stimmte schon, sie ging nicht mehr so oft aus wie früher, sie passte ihre Arbeit an die Schichten von Nicholas an, und wenn sie eine Verabredung zum Essen oder ins Kino hatte, fragte er endlos lange nach. Aber Eifersucht? Nein, bestimmt nicht. Warum sollte er auch?
Aber auch Ritas Kollege und Partner Hans sah mit Besorgnis die Veränderung der jungen Frau. Er hatte nichts an ihrer Arbeit auszusetzen, die war so gut wie immer. Doch wenn sie jetzt etwas erzählte, dann hieß es neuerdings nur noch Nicholas hier und Nicholas da.
„Gehst du morgen mit mir ins Theater?“, fragte Hans Rita eines Tages. Sie hatten sich oft gemeinsam gute Aufführungen angesehen und später darüber diskutiert.
„Was wird denn gegeben?“, wollte sie interessiert wissen, doch dann zog sie sich plötzlich zurück. „Ach nein, ich glaube nicht. Nicholas hat Spätschicht, und ich wollte ihn abholen.“
Ärger spiegelte sich im Gesicht des Mannes. „Kann er nicht mal einen Abend ohne dich leben? Du hast dich innerhalb kürzester Zeit sehr verändert, Rita. Außerdem dachte ich, dass die Polizei mehr zu tun hat, als tagtäglich Liebesgeflüster durchs Telefon zu schicken und brave Bürgerinnen durch die Nacht zu scheuchen.“
„Ich glaube nicht, dass dich das etwas angeht“, erwiderte Rita plötzlich scharf. „Das ist mein Privatleben, und da mache ich, was ich für richtig halte.“
„Ich bin dein Freund, nicht dein Feind, Rita. Ich mache mir Sorgen um dich. So langsam fürchte ich, dass Nicholas dir nicht gut tut.“
„Ach“, höhnte sie bitter. „Nur weil du bei mir nichts erreicht hast, willst du jetzt einen anderen Mann in meinen Augen schlecht machen?“
„Willst du nicht verstehen?“, fragte Hans sanft, aber unverkennbar aufgebracht. „Meinetwegen kannst du mit King Kong zusammenleben. Aber verschließ dich bitte nicht vor der Welt. Das hast du vorher auch nicht getan.“
Sie starrte ihn lange an, doch in seinen Augen sah sie nur Besorgnis und Freundschaft. Es stimmte schon, Hans war nicht ihr Feind, und ganz sicher wollte er ihr nichts Böses. Es konnte manchmal nicht schaden, die Sichtweise anderer zu berücksichtigen. Sie dachte nach, bevor sie antwortete.
„Vielleicht hast du nicht ganz Unrecht“, murmelte sie dann. „Ich lasse mir das alles noch mal durch den Kopf gehen. Aber weißt du, ich liebe ihn, da ist es vielleicht nicht ganz einfach objektiv zu sein.“
„Hör zu“, sagte Hans bestimmt. „Am Freitag kommt der neue Kunde aus München, der, für den wir das Bürohaus einrichten sollen. Es wäre mir ganz lieb, wenn du mit ihm essen gehen würdest und ein bisschen von der Stadt zeigst. Mein Vater hat Geburtstag, wie du weißt, und ich möchte ihn nicht gerne mit einer Absage enttäuschen.“
„Gar keine Frage“, lächelte Rita. „Geschäftsessen sind mir die liebsten, da kostet das gute Essen nicht mein Geld.“
„Und was wird Nicholas dazu sagen?“, erkundigte sich Hans leicht ironisch.
„Ich bitte dich, Hans, stell ihn doch nicht als Monster hin. Er liebt mich, und wir werden wohl bald sogar zusammenziehen. Aber die Arbeit ist für uns beide wichtig. Oder hast du jemals erlebt, dass ich meinen Job nicht ordentlich erledige? Und zu meiner Arbeit gehört es auch, dass ich mit wichtigen Kunden essen gehe.“
Ob sie ihn absichtlich missverstand, fragte sich Hans mit leichter Verzweiflung. Nicholas mochte lieb und nett und diszipliniert sein, aber er schien irgendwie merkwürdige Auffassungen von einer Partnerschaft zwischen zwei Menschen zu haben. Doch wie wollte er das Rita klarmachen? Nun gut, es war ihr Leben, und sie war nicht dumm. Früher oder später würde sie erkennen, was er, Hans, gemeint hatte. Also ließ er vorerst alles auf sich beruhen. Die Situation schien im Augenblick zumindest beruhigt, doch ein flaues Gefühl blieb bei Hans zurück.
Wusste Rita überhaupt noch, was sie tat?
„Und du musst unbedingt mit diesem Typen ausgehen? Kann das nicht dein Kollege übernehmen?“, fragte Nicholas verstimmt, als Rita ihm davon erzählte.
„Du, das ist ein wichtiger Kunde, und Hans muss zum Geburtstag seines Vaters. Außerdem ist es ganz gut für meine Arbeit, wenn ich den Kunden besser kennenlerne, das hilft mir bei der Arbeit. Schließlich muss ich mich auf seinen Geschmack einstellen, damit er zufrieden ist. Das geht nun mal in gelöster Stimmung und angenehmer Atmosphäre leichter. Du bist doch nicht etwa eifersüchtig?“, fragte sie plötzlich.
„Eifersüchtig? Ich? Wie kommst du auf eine so absurde Idee? Nein, Rita, es ist nur so, dass ich dich am liebsten Tag und Nacht um mich hätte. Ich teile dich ungern mit jemand anders.“
Er zog sie eng an sich und küsste sie erst sanft, dann fordernd. Nur zu willig gab sie seinem Drängen nach und genoss es wieder einmal, welch ein guter Liebhaber er war. Alle Bedenken, die sie vielleicht noch gehabt hatte, verflogen angesichts seiner stürmischen Leidenschaft, von der sie sich gerne mitreißen ließ. Was blieb, war ein berauschendes Gefühl, diesem Mann ganz und gar zu gehören.
Rita lauschte den Erzählungen von Michael Reitmeyer, dem wichtigen Kunden aus München. Er war ein erfolgreicher Immobilienmakler, der in Frankfurt ein ganzes Haus gekauft und geschickt umgebaut hatte. Nun wollte er eine perfekte Inneneinrichtung, um einen Teil der Büros möbliert zu vermieten.
„Nicht zu protzig, nicht aufdringlich, es darf teuer sein, sollte aber nicht so aussehen, doch ich schätze gediegene Eleganz. Potente Kunden sollen auf den ersten Blick wissen, dass sie bei mir nicht in einem billigen Ramschladen gelandet sind.“
So in etwa waren seine Vorgaben gewesen, und nun versuchte Rita beim Essen mehr über seine Vorlieben und Abneigungen herauszufinden. Doch das erwies sich als nicht ganz einfach. Reitmeyer sprach zwar viel über sich selbst, er hörte sich sehr gern reden, stellte sie fest, aber sein einziges Thema schien das Buch zu sein, das er veröffentlicht hatte.
„Es ist eigentlich eine Art Ratgeber, auch für die einfachsten Menschen, die sich nur eine Etagenwohnung kaufen wollen. Wenn Sie so wollen ein Ratgeber für jedermann“, erklärte er weitschweifig und von sich selbst überzeugt.
Des Langen und Breiten hatte er sich über jedes Kapitel ausgelassen, und Rita kämpfte mittlerweile gegen ein fast unwiderstehliches Schlafbedürfnis. Himmel, dieser Mann war so interessant wie ein Haufen Mottenkugeln. Doch das durfte sie sich natürlich nicht anmerken lassen, er war wichtig, er brachte einen großen Auftrag.
Dabei sah er gar nicht einmal so schlecht aus. Er war hochgewachsen und schlank. Doch seine Kleidung mochte teuer sein, die Farbzusammenstellungen trieben ihr die Tränen in die Augen. Ein himmelblaues Hemd mit einer schreiend bunten Krawatte, bei der orange und grün dominierten, der Anzug von Versace in einem leichten Rot. Nun gut, er hatte das Geld, und Rita hoffte nur, dass sie nicht auf solche Kompositionen zurückgreifen musste, wenn sie die Büros einrichtete.
Das Essen war hervorragend gewesen, und nun überlegte sie verzweifelt, womit sie sein Interesse wecken konnte, um weitere Fragen zu stellen, die ihr wichtig waren.
„Ich hatte lange nicht so reizende Gesellschaft beim Essen“, stellte Reitmeyer plötzlich fest. „Wie wäre es jetzt mit einem Nachtclub? In München haben wir ja ganz nette Etablissements, aber ich habe mir sagen lassen, hier in Frankfurt soll es ungleich besser sein.“
Rita schickte ein Stoßgebet zum Himmel, das war eigentlich nicht ihre weitere Vorstellung des Abends gewesen. Und außerdem kannte sich Hans zum Beispiel auf diesem Sektor viel besser aus.
Sie verwünschte in Gedanken ihren Partner und die Geburtstagsfeier und überlegte krampfhaft, wohin sie ihren illustren Gast nun führen sollte. Sie entschied sich dann für einen sündhaft teuren Club, der nicht nur für allein reisende Herren geeignet war. Ein wenig verstimmt begleitete sie ihn hinein, und plötzlich hatte sie das untrügliche Gefühl, dass sie beobachtet wurde. Es war, als bohrten sich zwei brennende Augen in ihren Rücken. Irritiert und verstört drehte sie sich um und blickte suchend umher, aber sie sah nichts Ungewöhnliches.
Du bildest dir schon was ein, schalt sie sich selbst. Dieser Mann steckt dich an mit seiner Egozentrik. Dann machte sie sich wieder gefasst auf weitere Kapitel des Ratgebers für Anleger. Hoffentlich fiel ihr bald etwas ein, mit dem sie ihn auf andere Gedanken bringen konnte.
Draußen auf der Straße standen einige Autos, in denen äußerst unauffällig mehrere Männer saßen, die ein in der Nähe stehendes Haus beschatteten. Unter ihnen befand sich auch Nicholas Rhode. Er hatte erstaunt gesehen, wie seine Rita mit einem wildfremden Mann in diesen wohlbekannten Club gegangen war. Sein erster Impuls bewog ihn ihr sofort zu folgen und sie zur Rede zu stellen.
Sah so das wichtige Geschäftsessen aus, zu dem sie unbedingt gehen musste?
Doch seine Arbeit an diesem Abend hatte Vorrang, er durfte sich jetzt keine Extratour leisten.
So blieb er zähneknirschend sitzen, aber seine Gedanken schweiften ab zu dem, was Rita mit dem Fremden wohl tun mochte.
„Ich sage dir, da war nichts“, verteidigte sich Rita empört. „Der Kunde wollte nach dem Essen noch etwas Nachtleben haben, und mir fiel auf Anhieb kein anderes Lokal ein. Was ist denn schon dabei? Ich frage dich doch auch nicht, was du im Bahnhofsviertel zu suchen hast.“
„Das ist meine Arbeit, da habe ich keinen Grund irgendetwas zu erklären“, erwiderte er scharf. „Ich könnte mir oft was Schöneres denken als mit Prostituierten, Zuhältern und Drogendealern zu tun zu haben.“
„Da haben wir es doch“, sagte Rita. „Du hast deine Arbeit, und ich hatte eben die meine. Im Übrigen hat der Mann den ganzen Abend von seinem Buch erzählt. Ich kann dir jetzt das Einmaleins der Immobilien rauf- und runterbeten.“
Sie hob in gespielter Verzweiflung die Hände zum Himmel. Vorsichtshalber verschwieg sie Nicholas allerdings, dass Reitmeyer nach ein paar Drinks mehr als nur zutraulich geworden war. Sie hatte sich energisch gegen den Mann zur Wehr setzen müssen, bis sie ihn schließlich durch ein Mädchen aus dem Lokal loswurde. Empört und wütend war sie nach Hause gefahren, immer noch ihren Kollegen innerlich verfluchend, der sich vermutlich besser um den Mann hätte kümmern können. Aber sie war alt genug um Nein zu sagen. Doch das ging Nicholas nichts an. Er würde wahrscheinlich wieder alles falsch verstehen. Wenn er in dieser Stimmung war, fiel es ihr schwer, ihm etwas begreiflich zu machen.
„Nicholas, glaube mir, der Mann ist es nicht wert, dass du auch nur ein Wort über ihn verlierst. Vergiss ihn. Und außerdem hast du mich bis jetzt noch nicht geküsst.“
Rhode war besänftigt. Er fragte sich plötzlich, was ihn dazu gebracht hatte, die geliebte Frau derart anzugreifen. Seine Unterstellungen waren lächerlich, das wusste er. Nun schob er alles beiseite, was er noch hatte sagen wollen und zog Rita an sich. Seine Hände streichelten über ihren Körper, während seine Zunge sanft an ihrem Ohr spielte. Er spürte, wie sie sich an ihn drängte, ihr Atem ging schneller, und auch ihre Hände begannen sich vorzutasten. Für den Augenblick vergaßen beide diesen unerfreulichen Vorfall. Doch Nicholas hatte noch immer ein bohrendes Gefühl in seiner Brust. Und er wusste, es war Angst. Angst, diese wunderbare Frau wieder zu verlieren. Nur deswegen reagierte er so übertrieben, wobei ihm klar war, dass er sie mit übertriebener Eifersucht eher von sich treiben würde. Aber er konnte nicht anders, er liebte Rita bis zur Raserei.
„Und du glaubst, dass er der Richtige ist?“, fragte Doris Schlesinger.
Sie saß wieder einmal mit ihrer Tochter zusammen, diesmal jedoch in der hübschen großzügigen Wohnung, die ihr gehörte. Rita hatte eigentlich mit Nicholas zusammen kommen wollen. Aber er hatte angerufen und erklärt, es würde etwas später.
„Er ist Polizist, du wirst dir angewöhnen müssen, auf ihn zu warten. Und manchmal wirst du auch Angst um ihn haben müssen“, stellte Doris sachlich fest. „Überleg es dir gut, worauf du dich da einlässt.“
„Mutter, bis vor Kurzem hast du noch ganz anders gesprochen. Du willst doch ständig, dass ich heirate. Du, Nicholas ist der erste, bei dem ich das Gefühl habe, es könnte ein Leben lang gut gehen. Und ausgerechnet dir fallen jetzt alle möglichen Gegenargumente ein. Findest du nicht, dass du reichlich inkonsequent bist?“
Doris lachte belustigt auf und goss sich eine weitere Tasse Kaffee ein. „Ich will sehr gerne sehen, dass du mit einem Mann glücklich wirst, mein Liebes“, sagte sie eindringlich. „Aber das macht mich nicht blind gegen das, was jeder mit ein bisschen Überlegung bedenkt. Ihr kennt euch jetzt gerade mal vier Monate. Ich rate dir nicht ab, eine Ehe mit ihm ins Auge zu fassen, ich gebe dir nur Hinweise, was du bedenken solltest. Du bist meine Tochter, mein einziges Kind, und es würde mir sehr wehtun, wenn du nicht glücklich würdest. Im Prinzip habe ich nichts gegen Polizisten, es ist ein ehrenwerter Beruf. Und du scheinst deinen Nicholas sehr zu lieben, auch wenn ich feststelle, dass du dich verändert hast, seit du ihn kennst. Doch es ist dein Leben. Ich will und kann dir nicht hineinreden, ich will nur, dass du gut darüber nachdenkst. Vielleicht solltest du auch noch bedenken, dass du wahrscheinlich einiges mehr verdienst als er. Pass auf, dass er dadurch keine Minderwertigkeitskomplexe bekommt. Das wäre später vielleicht ein Streitpunkt, den man jetzt schon ausräumen sollte.“
Eine so lange Rede hatte Rita von ihrer Mutter noch nie gehört. Im Allgemeinen war Doris etwas flapsig, sie nahm ganz bewusst nichts ernst, am allerwenigsten sich selbst. Aber jetzt hatte sie sehr eindringlich auf ihre Tochter eingeredet, und Rita erwog ernsthaft ihre Worte. Doch noch bevor sie etwas darauf erwidern konnte, klingelte es an der Tür. Nicholas stand mit einem wunderschönen Blumenstrauß da und begrüßte Doris strahlend und galant mit einem Handkuss.
„Du hast mir nicht gesagt, dass dein Auserwählter ein Schmeichler ist“, wandte sich Doris an ihre Tochter.
Sie ging in die Küche, um die Blumen in eine Vase zu stellen und den beiden Gelegenheit für einen langen Begrüßungskuss zu geben.
Dann kehrte sie zurück und riss mühelos das Gespräch an sich. Geschickt fragte sie Rhode aus, so dass er es zunächst gar nicht merkte. Wenn Doris wollte, konnte sie eine gute Zuhörerin sein, die durch gezieltes Nachfragen mehr erfuhr, als anderen recht war.
Rita bemerkte es und hörte zunächst amüsiert zu. Schließlich aber unterbrach sie ihre Mutter.
„Nicholas, wenn sie so weitermacht, solltest du sie für die Polizei vorschlagen. Mutter, deinen Fragen kann wirklich niemand widerstehen, aber jetzt ist es genug, finde ich.“
Doris blickte ihre Tochter rätselhaft an. „Ich bin schrecklich neugierig, wie du weißt“, erklärte sie dann harmlos. „Und dein junger Mann gefällt mir gar nicht schlecht.“
Nicholas lachte befreit auf und legte dann seinen Arm um Rita.
„Da bin ich aber froh, dass ich Ihre Prüfung bestanden habe, Frau Schlesinger. Rita ist mir das Liebste auf der Welt, und es hätte mir nicht gefallen, wenn Sie nicht mit mir einverstanden wären. Darf ich Sie nun einladen, mit uns beiden auszugehen?“
„Aber gern, wenn ich alte Frau euch dabei nicht störe.“
„Mutter, jetzt reicht es“, empörte sich Rita. „Sei nicht so kokett, sonst komme ich noch auf dumme Gedanken und werde womöglich eifersüchtig.“
Das war natürlich nicht ernst gemeint, und Doris lachte nur auf. „Ist schon gut, ich habe einen Bärenhunger. Hoffentlich weiß Nicholas ein Restaurant, in dem wir gut und reichlich versorgt werden.“
Sie hatte sich ihr eigenes Bild von dem Mann gemacht, den ihre Tochter liebte. Und ihr Blick war nicht von Liebe verstellt, wie der von Rita. Sie sah Nicholas durchaus kritisch und hatte bemerkt, dass er sehr besitzergreifend sein konnte. Hoffentlich ging das gut, denn Rita war eine unabhängige junge Frau.
Insgeheim seufzte Doris, sie sah die beiden noch längst nicht vor dem Traualtar.
„Sag mal, deine neue Flamme muss ja wirklich was ganz Besonderes sein“, meinte Jan Metzger. Er war der Kollege, mit dem Nicholas am liebsten zusammenarbeitete. Jan besaß Disziplin aber auch Menschlichkeit, er hatte Humor und Verständnis. Und er nahm vor allem nicht so schnell etwas krumm.
Natürlich war ihm seit einiger Zeit aufgefallen, dass Nicholas Rhode auf Wolke sieben schwebte. Als Jan ihn darauf ansprach, hatte er zunächst etwas verlegen reagiert.
„Merkt man mir das so sehr an?“, hatte er gefragt.
„Man vielleicht nicht, ich aber schon“, war die Antwort gekommen.
Und so hatte sich Nicholas seinem Partner anvertraut, so dass die sanfte Neckerei zustande gekommen war.
„Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich sie liebe“, beteuerte Nicholas. „Sie ist schön, klug, intelligent und gebildet. Ich möchte sie am liebsten vierundzwanzig Stunden am Tag um mich haben.“
„Du solltest dich aber nicht verrennen“, warnte Jan. „Vielleicht ist es ja noch gar nichts Festes, auch wenn ihr euch jetzt schon vier Monate kennt. Vielleicht stellt ihr in ein paar Wochen fest, dass ihr doch nicht zusammenpasst, oder einer von euch findet einen anderen. Das kann alles passieren.“
„Ich werde sie niemals verlassen“, erklärte Nicholas, und sein Partner wurde ernst.
„Du kannst sie aber nicht an dich fesseln. Wenn du sie liebst, musst du auch Vertrauen zu ihr haben. Mach ihr nicht das Leben mit Eifersucht schwer. Sei dankbar, dass du solche Liebe empfindet und auch von ihr empfängst.“
„Du bist ein Philosoph, Jan, und ich glaube, du übertreibst. Ich bin doch nicht eifersüchtig.“
„Bist du sicher? Nach allem, was du mir erzählt hast, klammerst du dich ziemlich fest an sie. Du musst lernen, sie auch loszulassen. Wenn sie dich so liebt wie du sie, wird sie auf jeden Fall bleiben.“
„Ach komm, jetzt mach mal halblang. Du nimmst das alles ein bisschen schwer. Weißt du was, am Wochenende stelle ich sie dir vor. Bring deine Freundin mit, und wir machen es uns gemütlich.“
Dieser Vorschlag gefiel Jan, er war mächtig gespannt auf diese Frau, die seinem Freund die Seelenruhe raubte. Die musste schon etwas ganz Besonderes sein.
Jan dachte an seine Freundin Anke, er fand sie sehr hübsch, auch wenn sie etwas mollig war, aber das gefiel ihm. Genauso wollte er sie haben. Anke war sechsundzwanzig Jahre, hatte fast schwarze wilde lockige Haare und fröhliche Grübchen in den glatten Wangen. Sie war keine ausgesprochene Schönheit, besaß aber ein fröhliches Gemüt und einen Sinn für das Praktische. Jan liebte sie aufrichtig, aber nicht so rasend wie Nicholas seine Rita.
Die beiden Pärchen trafen sich am Samstagnachmittag in einer kleinen gemütlichen Kneipe. Und Jan blieb für einen Moment die Luft weg. Wie kam denn Nicholas an solch ein Klasseweib?
Er begrüßte Rita deutlich verlegen, und Anke lächelte. Sie verstand ihren Freund, bei dieser Frau würden noch ganz andere Männer schwach werden.
Aber Rita wurde rot. Sie fühlte sich als nichts Besonderes, und Jans Bewunderung war ihr fast peinlich.
„Ich bin Anke“, stellte sich dann Jans Freundin vor, und reichte Rita herzlich die Hand. „Und ich nehme an, wir müssen Jan Zeit geben, sich wieder zu fassen.“
Diese gutmütige Spöttelei löste ein befreiendes Gelächter aus und löste die Spannung.
Die beiden Frauen waren sich auf Anhieb sympathisch, und es gab im Gespräch kein vorsichtiges Herantasten, von Anfang an herrschte Freundschaft zwischen ihnen, und es gab viel zu lachen.
Später gingen sie dann tanzen. Nach einer Weile setzte sich Nicholas heftig nach Luft ringend. Rita hatte leuchtende Augen und sah nicht halb so angestrengt aus wie ihr Partner.
„Was macht ihr eigentlich den ganzen Tag im Dienst?“, neckte sie die beiden Polizisten gutmütig. „Man sollte euch Konditionstraining verpassen, damit ihr nicht gleich schlappmacht.“
„Das ist nicht fair“, keuchte Nicholas und zog sie auf seinen Schoß. „Wir sind fit. Wir rennen und springen ...“
„... und schnappen nach Luft wie Fische auf dem Trockenen“, ergänzte sie lachend.
„Rita, ich glaube, Jan kann noch ein bisschen. Tanz ihn mal in Grund und Boden, ich gehe mich frisch machen.“ Anke lachte gutmütig, sie verspürte keine Eifersucht. Ihr Jan sollte ruhig ein bisschen flirten, sie war seiner sicher, er würde ihr nicht untreu.
Jan reichte Rita die Hand und ging mit ihr auf die Tanzfläche. Die beiden bewegten sich gut, als wären sie ein lange eingespieltes Team. Nicholas schaute etwas unglücklich, er war kein so begnadeter Tänzer wie Jan, er kam sich dabei immer etwas hölzern vor.
Und jetzt schienen die beiden miteinander zu flüstern, Rita lachte auf und warf den Kopf in den Nacken. Nicholas spürte einen brennenden Stich in seinem Herzen, doch er bezwang sich. Das da vorne war Jan, sein Freund und Kollege, es bestand überhaupt kein Grund, hinter diesem Gespräch mehr zu vermuten als da war: Zwei Menschen, die sich beim Tanzen gut verstanden.
Die Musik verklang, und die beiden kehrten an den Tisch zurück. Rita bemerkte die düstere Miene von Nicholas.
„Hast du was?“, fragte sie fröhlich. „Komm, du Faulpelz, genug ausgeruht. Jetzt tanzt du wieder mit mir.“
„Hat dir Jan nicht gereicht?“
Jan warf Rita einen Blick zu und schüttelte dann sanft den Kopf. Sie überging diese Verstimmung und zog Nicholas mit sich.
„Was soll das?“, fragte sie leise, als sie sich zusammen zur Musik bewegten. „Du siehst doch wohl keine Gespenster?“
„Findest du nicht, dass du dich Jan regelrecht in die Arme geworfen hast?“
„Habe ich nicht. Hast du keine Augen im Kopf? Ich habe mich beim Tanzen amüsiert, aber nicht mehr. Und wenn ich dich nicht mehr wollte, dann würde ich es dir rechtzeitig sagen und dich zum Teufel schicken. Ich habe es wirklich nicht nötig, hinter deinem Rücken einem anderen Mann schöne Augen zu machen. Und das musst du jetzt so akzeptieren, oder ich gehe auf der Stelle. So ein Affentheater mache ich nicht mit.“
Nicholas war bleich geworden, er schluckte schwer an ihren Worten, und sie hatte ja recht. Wenn er doch nur wüsste, was er gegen seine Eifersucht tun sollte. Er umklammerte Rita wie ein Ertrinkender.
„Tut mir so leid“, presste er hervor. „Du hast recht, Jan hat sein eigenes Mädchen, und ich bin wieder mal der Dumme. Dabei will ich dich doch nur nicht verlieren.“
„Wenn du so weitermachst, werde ich aber eines Tages gehen. Dann hast du mich nämlich vertrieben“, sagte Rita. „Ich brauche ein bisschen Freiheit, das ist alles. Leg mich nicht an die Leine.“
Er drückte sein Gesicht in ihr duftendes Haar. „Das würde mir sehr weh tun, ich will doch nur, dass du mit mir glücklich bist.“
Rita küsste ihn sanft, und er begann zu strahlen.
Jan hatte gute Miene zum bösen Spiel gemacht, er spürte die Heftigkeit bei Nicholas. Das war ein Problem, mit dem sein Freund noch fertig werden musste. Rita war nicht die Frau, die sich so einfach vereinnahmen ließ, das würde er noch lernen. Und Jan hoffte, sie würde Nicholas das klarmachen können.
Die beiden kehrten von der Tanzfläche zurück.
„Ich habe mich gerade wohl ziemlich dämlich benommen, was?“, meinte Rhode mit einem verlegenen Lächeln.
Jan war nicht der Typ, der etwas lange nachtrug.
„Vergiss es“, empfahl er grinsend und küsste seine Anke.
Rita machte in aller Ruhe einen ausgedehnten Einkaufsbummel. Ein wenig wahllos ging sie durch die Straßen und schaute in die Geschäfte auf der Suche nach einem neuen Kleidungsstück. Eigentlich hatte sie selbst noch keine Vorstellung, was es eigentlich sein sollte, sie wünschte sich nur einfach etwas Neues, und das musste unbedingt etwas Besonderes sein. Die Auslage einer kleinen Boutique lockte sie an. Eine enge schwarze Hose aus glänzendem Satin, darüber eine locker fallende azurblaue Bluse aus Seide mit schönen weiten Ärmeln und eine weiße Weste mit schwarzen Perlen erregten ihre Aufmerksamkeit. Sie überlegte, ob ihr diese Zusammenstellung wohl stehen würde. Dann sah sie den Preis und schluckte. So viel hatte sie doch nicht gedacht. Aber das war ihr dann doch egal, sie würde deswegen nicht am Hungertuch nagen müssen. Entschlossen betrat sie das Geschäft zur Anprobe.
Eine Viertelstunde später kam sie mit einer Einkaufstasche wieder heraus und strahlte. Irgendwie war dieser Dreiteiler genau das, was sie gesucht hatte.
„He, Rita, du strahlst ja so. Hast du im Lotto gewonnen?“, rief eine erfreute Stimme. Lars, ein alter Freund, hatte sie erspäht und begrüßte sie herzlich mit einem Kuss auf die Wange.
Keiner von beiden bemerkte Nicholas Rhode, den ein erneuter Eifersuchtsanfall soweit getrieben hatte, dass er Rita nachspionierte. In zwei Stunden wollten sich die beiden treffen. Rita ging gern allein einkaufen, und so hatte sie Nicholas nicht dabei haben wollen. Er hatte nichts dagegen gehabt, doch die nagende Ungewissheit, ob sie sich nicht vielleicht doch mit einem anderen traf, ließ ihn nicht los. Er hatte einem Impuls nachgegeben und sie unauffällig verfolgt.
Und jetzt sah er sie mit diesem Fremden, der sie ganz ungeniert küsste, und Rita freute sich augenscheinlich noch darüber. Die beiden gingen zielstrebig auf eine Eisdiele zu, wo sie sich setzten uns etwas bestellten. War Rita nun untreu, oder war dieser Fremde doch ganz harmlos?
In Nicholas stritten die Gefühle miteinander. Immer wieder sagte er sich selbst, dass seine Freundin ein erfülltes Leben mit eigenen Freunden hatte und durchaus das Recht besaß sich zu treffen mit wem sie wollte. Andererseits drängte ihn das Gefühl, sie ganz für sich allein haben zu wollen und mit niemandem zu teilen. Schon gar nicht mit so einem dahergelaufenen Fatzke, der teure Klamotten trug und Rita ungeniert abküsste.
Nicholas kämpfte lange mit sich selbst, dann gab er sich einen Ruck und ging auf die beiden zu, die dicht an dem kleinen Tisch saßen, Eis löffelten und herzhaft lachten.
„Hallo, ich hoffe, ich störe nicht“, sagte er laut und deutlich.
Rita blickte auf, und ein strahlendes Lächeln glitt auf ihr Gesicht, während ihr Begleiter ihn erstaunt ansah.
„Nicholas, schön, dass wir uns jetzt schon treffen. Das ist Lars Rüttgers, ein alter Freund von mir. Wir haben uns zufällig getroffen. Lars, das ist Nicholas, von dem ich dir erzählt habe. Komm, setz dich, wir haben gerade alte Zeiten aufgefrischt.“
Lars war aufgestanden und hatte Nicholas höflich die Hand gereicht, die der Polizist kühl ergriff und eher lasch drückte.
Lars lächelte. „Schön, dass ich Sie kennenlerne, Rita spricht die ganze Zeit von kaum etwas anderem als von Ihnen. Sie kommen mir schon fast wie ein Fabelwesen vor.“
„Ich dachte, du wolltest einkaufen“, sagte Nicholas ziemlich schroff, ohne auf die Worte von Lars einzugehen.
„Habe ich gerade“, strahlte sie. „Ein irres Teil, ich zeige es dir zu Hause. Ein Traum, nur wusste ich vorher nicht einmal, dass ich es unbedingt brauche.“
„Wie ich dich kenne, ist der Preis dann ein Albtraum“, lachte Lars.
„Mach mich nicht schlechter als ich bin“, gab sie schelmisch zurück.
Sie tat so, als bemerke sie die miese Stimmung nicht, in der sich Nicholas befand. Um sie herum liefen Leute umher, lachend oder gestresst, doch den hier sitzenden gleichgültig gegenüber. Aber zwischen diesen herrschte eine Spannung, die Lars gar nicht gefiel. Er warf einen merkwürdigen Blick auf Nicholas, schaute dann auf seine Armbanduhr und stand auf.
„Rita, ich habe noch einen Termin und muss leider gehen. Herr Rhode, hat mich gefreut.“
Er gab Rita noch einen Kuss auf die Wange und nickte dem Polizisten kühl zu. Dann ging er und verschwand in der Menschenmenge.
„Was ist los mit dir?“, fragte Rita ärgerlich. „Du benimmst dich als wollte Lars meine Tugend stehlen.“
Der angedeutete Scherz verpuffte wirkungslos, und Nicholas starrte noch immer düster umher.
„Herrgott, nun sag schon, was los ist und spiel nicht den Verschlossenen. Du benimmst dich wie ein Bulle.“ Im gleichen Moment biss sie sich auf die Zunge. Das hatte sie nun eigentlich nicht sagen wollen.
Nicholas blickte auf. „Ich bin ein Bulle. Aber das hier ist kein Film. Wer war das gerade? Warum triffst du dich heimlich mit ihm? Genüge ich dir nicht mehr?“
Rita war erschüttert. „Sag mal, spinnst du?“, fragte sie verärgert. „Ich kenne Lars seit meiner Schulzeit, und wir haben uns zufällig getroffen. Im Übrigen sehe ich keinen Grund, mich vor dir zu verteidigen. Ich habe nichts getan, was einer Erklärung bedürfte.“
Sie fühlte einen Stich im Herzen. War das der Nicholas, den sie liebte, und der ihr ständig beteuerte, wie sehr er sie liebte? Er benahm sich eindeutig merkwürdig, ja doch, richtiggehend eifersüchtig.
Nun aber schaute er sie bittend an. „Tut mir leid, Rita, ich wollte mich gar nicht so benehmen. Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist. Es war nur so, dass ich bemerkte, wie vertraut ihr miteinander umgegangen seid. Und das tut mir weh.“
Rita beruhigte sich wieder etwas. „Du kannst nicht jedes Mal ausrasten, wenn ich Freunde und Bekannte treffe. Damit musst du dich abfinden, Nicholas. Ich sehe keinen Grund, mich von allen zurückzuziehen, nur weil du mich gerne in den goldenen Käfig sperren möchtest. Das werde ich auf keinen Fall zulassen. Und ich werde auch nicht anfangen mich jedes Mal zu verteidigen, wenn ich einen Freund treffe. Denn dafür gibt es keinen Grund. Und nun lass uns gehen. Ich will diesen Vorfall heute vergessen.“
In dieser Nacht liebte Nicholas sie voller Zärtlichkeit und Hingabe, als wollte er sein Benehmen wieder gutmachen. Doch Rita war gewarnt. Sie nahm sich fest vor, ihm klarzumachen, dass sie noch immer ihr eigenes Leben hatte, ein für alle Mal. Das würde sie für ihn nicht aufgeben.
„Axel kommt!“, jubelte Rita dann eines morgens, als sie die Post öffnete.
Nicholas hatte sich in der letzten Zeit ausgesprochen lieb und verständnisvoll verhalten. Er nahm es jetzt klag- und kommentarlos hin, dass Rita auch noch ein Eigenleben hatte und sich mit Freunden traf. Auch wenn ihn von Zeit zu Zeit ein Stich von Eifersucht durchfuhr, schwieg er. Denn er wusste, dass er selbst das Verhältnis belasten würde, wenn er weiter Szenen machte. Und Rita machte ihm auf ihre eigene Art jeden Tag aufs Neue klar, dass sie nur ihn allein liebte. Und so hegte er keine großen Befürchtungen mehr, dass sie ihn verlassen wollte.
Aber jetzt, bei diesem Jubelschrei, blickte er alarmiert auf.
„Axel? Wer ist Axel?“, fragte er verwirrt.
„Du liebe Güte, ich habe dir doch schon von Axel erzählt“, erwiderte Rita. „Das ist mein allerliebster Studienfreund. Wir haben zusammen studiert, Kunst und Malerei, bis er sich doch für Betriebswirtschaft entschloss, weil er mal das Geschäft seines Vaters übernehmen sollte. Na ja, Geschäft ist gut, er hat eine Privatbank in London. Seine Mutter ist Deutsche, der Vater Engländer. Sag nicht, das hast du nicht gehört?“ Ihre Augen sprühten vor Übermut und Freude.
Nicholas begann sich langsam zu erinnern, und wieder einmal durchzuckte ihn Eifersucht. Rita war jedes Mal in wahre Begeisterungsstürme ausgebrochen, wenn das Gespräch auf ihn kam, und so hatte er bewusst die Erzählungen über Axel ignoriert. Voller Dankbarkeit hatte er es begrüßt, dass dieser Mann in England lebte, so bestand jedenfalls keine Gefahr. Zumindest bis heute.
„Was will er denn hier?“, fragte Nicholas dann ein bisschen muffelig. „Alte Freundschaften auffrischen?“
„Sei nicht so garstig“, sagte Rita liebevoll. „Hier ist der Brief, lies ihn selbst.“
Zuerst wollte Nicholas nicht, doch dann griff er widerstrebend nach dem Blatt Papier.
„Meine allerliebste Rita,
ich habe mich einige Zeit nicht bei Dir gemeldet. Aber ich hoffe, Du nimmst mir das nicht übel. Mittlerweile ist hier allerdings einiges passiert, so dass Du mein langes Schweigen entschuldigen wirst. Daddy hat sich ganz aus dem Geschäft zurückgezogen und alles in meine Hände gelegt. Und so hatte ich mehr als genug zu tun. Wie Du weißt, ist unsere Privatbank zwar klein, aber trotzdem weltweit vertreten. Und so musste ich viel reisen, um alte Kontakte aufzufrischen und neue zu knüpfen. Kannst Du Dich an unsere Schwärmerei über Hongkong erinnern? Stell Dir vor, ich war da, und es war fantastisch. Aber die Menschen dort scheinen ein eigenes Volk zu sein, weder chinesisch noch britisch. Nun, egal, das alles kann ich Dir später noch erzählen. Denn ich habe noch eine große Neuigkeit für Dich. Bei all der Arbeit habe ich meine Malerei nicht vergessen, Du weißt, dass das meine große Leidenschaft ist. Und so habe ich mich nun doch breitschlagen lassen, einige meiner Werke in eine Ausstellung zu geben. Organisiert wird sie von meinem neuen Galeristen, Manfred Herrmann aus Frankfurt. Ja, Du liest richtig, bei Dir in Frankfurt. Mom und Dad stehen meiner Pinselquälerei zwar immer noch etwas skeptisch gegenüber, aber ich heiße nun mal nicht Rubens. Der ist eine ganz andere Art von Künstler. So, und nun komme ich zum Wichtigsten. Selbstverständlich werde ich für die Ausstellung nach Frankfurt kommen. Aber ich würde Dich, liebste Rita, bitten, die Galerie und die komplette Ausstellung einzurichten. Ich weiß, dass Du eine hervorragende Innenarchitektin bist und hoffe doch sehr, dass Du es zeitlich möglich machen kannst. Lass mich also bloß nicht im Stich! Sag alles andere ab und stürze Dich in Deine verschlungenen Gedankengänge, die ich noch von früher her kenne. Ich bin sicher, Du wirst diese Ausstellung perfekt ausrichten. Ich komme nächste Woche Mittwoch in Frankfurt an, Telegramm mit genauer Ankunftszeit folgt. Aber Du kannst Dich ja schon einmal mit dem Galeristen in Verbindung setzen, die Räumlichkeiten begutachten und so weiter. Du wirst schon wissen, was Du zu tun hast. So, nach diesem Überfall wünsche ich Dir alles Gute, bis nächste Woche, Dein Axel.“
Verdrossen ließ Nicholas das Blatt sinken, in seinen Augen klang das gar nicht so schön wie in Ritas. Vor allen Dingen klang es für ihn so, als hätte früher zwischen diesen beiden eine engere Verbindung bestanden. War das vielleicht auch heute noch so? Allerliebste Rita, pah! Nicholas hasste Axel in diesem Moment, ohne dass er ihn kannte oder gar einen Grund dafür hätte angeben können. Allein für die Vertrautheit, die zwischen den beiden bestand oder zu bestehen schien. Ritas Augen leuchteten nun noch immer, als sie sich in seine Arme schmiegte.
„Ist das nicht fantastisch, Nicholas? Ich werde dir noch viel mehr von Axel erzählen, damit du ihn jetzt schon besser kennenlernst. Und außerdem muss ich sofort einiges an Arbeit auf Hans abwälzen. Das soll die beste Vernissage aller Zeiten werden. Himmel, ich bin ganz aufgeregt. Und ich freue mich auf seine Bilder. Ob er sie wohl schon am Mittwoch mitbringt? Und diesen Herrn Herrmann werde ich sofort anrufen. Reich mir doch bitte mal das Telefonbuch.“
Sie sprudelte ihre Sätze aufgeregt und überglücklich hervor und bemerkte gar nicht, dass Nicholas regelrecht düster wurde. Es schien ihm so, als hätte er von einem Augenblick zum anderen aufgehört zu existieren.
Rita verabredete sich mit dem Galeristen noch für den gleichen Abend, und erst dann bemerkte sie, dass Nicholas betrübt und unglücklich in die Gegend sah.
„Wollten wir nicht zusammen essen gehen?“, fragte er dann bitter.
„Ja, natürlich. Wo ist das Problem, dass du mich so anstarrst? Du kommst eben mit. Du kannst dir auch die Galerie ansehen, und dann gehen wir gemeinsam essen.“
Der Polizist machte gute Miene zum bösen Spiel, so meinte er zumindest.
Die Galerie lag am Rande von Sachsenhausen und befand sich in einem der Neubauten, die wie Pilze in die Höhe schossen. Helle große Räume, ein neutraler grauer Teppich und viel, viel Licht verhießen beste Voraussetzungen für eine großartige Ausstellung. Die Wände waren einfach weiß, und an der Decke befanden sich geschickt angebrachte Lichtleisten, die sich auf fast alle Möglichkeiten und Ansprüche einstellen ließen.
Manfred Herrmann entpuppte sich als kleines hutzeliges Männchen, dessen Augen hinter dicken Brillengläsern fast hervortraten. Sein schütteres graues Haar wirkte ebenso farblos wie der ganze Mann in dem ebenfalls grauen Anzug. Aber Rita sah im Verkaufsraum ein paar erstklassige Gemälde hängen, die ihr verrieten, dass dieser Mann über ein ungewöhnliches Kunstverständnis verfügen musste, und außerdem sehr gute Beziehungen hatte. Die Alarmanlage, wie bei solchen Galerien üblich, war fast unsichtbar aber sehr effektiv, wie Rita wusste. Und so schätzte sie den Mann gleich richtig ein.
Auch Nicholas hatte die Absicherungen der Galerie mit geübtem Auge registriert, und obwohl er von moderner Kunst nicht allzu viel verstand, wurde ihm rasch klar, dass es sich hier um eine erstklassige Adresse handelte. Und nicht um eine Hinterhofgalerie, die verzweifelt darum bemüht war, einen großen Namen in ihr Geschäft zu bekommen. So unscheinbar Manfred Herrmann auch wirkte, so hatte er es doch nicht nötig, hinter den Künstlern herzulaufen, damit sie bei ihm ausstellten. Im Gegenteil, meist wurde er gebeten, und er konnte gar nicht alle Wünsche erfüllen.
Rita packte die Sache gleich diplomatisch an.
„Axel Johnson ist mein Freund“, erklärte sie freundlich. „Und er hat mich gebeten, Ihnen bei der Ausrichtung der Ausstellung zur Hand zu gehen. Nun haben Sie ganz sicher mehr Erfahrung darin als ich“, schmeichelte sie dem Mann, „aber ich kenne Axel und kann vielleicht auf seine Vorlieben Rücksicht nehmen.“
Ein Lächeln flog über das Gesicht des Galeristen.
„Sie stoßen mich nicht vor den Kopf, wenn Sie die Hauptarbeit der Vorbereitungen übernehmen“, erklärte er freundlich. „Ich bin froh, wenn mir etwas Arbeit abgenommen wird. Und ihr Freund ist ein begnadeter Künstler. Es wird mir ein Vergnügen sein, für ihn diese Vernissage zu veranstalten.“
Nicholas stand wie verloren daneben und hörte zu. Das schien ja wirklich ein toller Kerl zu sein, dieser Axel Johnson. Zum ersten Mal regte sich ein anderes Gefühl in ihm, nämlich Neugier statt Eifersucht. Interessiert schlenderte er an den Bildern entlang und betrachtete sie intensiv. Er konnte Rita im Moment sowieso nicht helfen, und so wollte er sich ein bisschen vertraut machen mit der modernen Kunst.
„Nicholas, kommst du?“, rief Rita plötzlich. „Wir wollen uns oben die Räumlichkeiten ansehen.“
Rhode folgte den beiden über eine Plexiglastreppe hinauf in das obere Stockwerk. Alles wirkte modern, aber neutral. Nichts von dem, was immer hier war, sollte von den Werken des Künstlers ablenken.
„Haben Sie schon eine Liste der Bilder, die Axel ausstellen will?“, erkundigte sich Rita bei dem Galeristen.
„Ja, die Liste ist hier. Sogar mit den Maßen der Bilder, damit wir schon im Voraus planen können“, erwiderte der.
„Sagen Sie, ist auch die Brücke ins Nichts dabei? Ich halte es für eines seiner besten Werke, aber er hatte sich immer gesträubt es anderen zu zeigen.“
Manfred Herrmann lächelte. „Ich halte es ebenfalls für fast genial. Und es hat mich eine Menge Mühe und Überredungskunst gekostet, das Bild für die Ausstellung zu bekommen. Doch ja, es ist dabei.“
„Wunderbar“, strahlte Rita beglückt. „Ich werde dafür sorgen, dass es niemand kauft außer mir selbst.“
„Es ist unverkäuflich“, schränkte Herrmann betrübt ein. „Er hat es mir für die Ausstellung unter der Voraussetzung überlassen, dass es nicht zum Verkauf kommt.“
„Das ist nicht fair“, rief Rita empört aus.
„Was ist so Besonderes an diesem Bild?“, wollte Nicholas neugierig wissen.
„Ich weiß gar nicht, wie ich es dir erklären soll. Das Bild ist hauptsächlich in verschiedenen Blautönen gehalten, ohne dass es deprimierend wirkt. Auf der linken Seite befindet sich eine Art Felsen, und von diesem Felsen aus führt eine Brücke weg über einen schier unendlichen Abgrund praktisch ins Nichts. Jedenfalls verschwindet sie in einer dunkelroten Sonne. Auf der Brücke gehen zwei Menschen in Richtung Sonne. Das ist im Prinzip alles, aber es hat mich immer fasziniert. Die Farbkomposition, die Relationen, einfach alles.“
Nicholas wurde immer neugieriger auf diesen Maler und mittlerweile auch auf dieses Bild.
Rita war so aufgeregt, dass sie sich am liebsten gleich voll in die Arbeit gestürzt hätte. Aber sie erinnerte sich noch rechtzeitig daran, dass sie mit Nicholas essen gehen wollte. Und so verabschiedetet sie sich von dem Galeristen, warf sich enthusiastisch in die Arme von Nicholas und jubelte.
„Ist das nicht wunderbar. Die Räumlichkeiten sind hervorragend, und ich werde mein Bestes geben.“
Für Rita drehte sich in den folgenden Tagen alles um Axel und die Ausstellung. Hans und Johanna hatten ohne zu murren die zusätzliche Arbeit übernommen, im Gegenteil, sie waren sogar begeistert. Sie kannten Axel Johnson und waren stolz darauf, dass ausgerechnet Rita die Ausstellung ausrichten sollte. Und so sahen sie keinen Grund über die Mehrarbeit zu murren, denn immerhin brachte das ja auch Prestige für die Firma.
Rita hatte sich einen detaillierten Lageplan von Herrn Herrmann geben lassen, sowie auch die Bilderliste. Und so entwarf und verwarf sie Ideen, hängte im Geiste und auf dem Papier die Bilder auf, stellte die Beleuchtung ein und warf dann wieder alles über den Haufen, weil sie nicht zufrieden war. Nur eines war absolut klar: Die Brücke ins Nichts musste der Mittelpunkt der Ausstellung sein.
Als Nicholas am Sonntagabend von der Spätschicht kam, brütete Rita noch immer über ihren Plänen. Sie bemerkte deshalb seine Ankunft kaum.
Nicholas hatte mit einem Kollegen getauscht, so dass er auf jeden Fall am Mittwoch Zeit hatte, um mit Rita zusammen Axel vom Flughafen abzuholen.
Rhode trat hinter seine geliebte Frau, die am Schreibtisch saß, und begutachtete die Entwürfe. In seinen Augen sah alles einfach perfekt aus, aber sie schien irgendwie noch nicht zufrieden zu sein. Aber er fand, dass es für heute genug war. Sanft legte er seine Hände auf ihre Schultern, massierten ihr ein wenig den verspannten Nacken. Und dann glitten seine Finger in den Ausschnitt ihrer Bluse.
Rita seufzte wohlig, lehnte sich zurück und hob das Gesicht zum Kuss.
„Du hast recht, Liebster“, sagte sie müde. „Es ist genug für heute. Und ich glaube, es sieht auch schon ganz gut aus.“
„Es sieht fantastisch aus“, bestätigte er. „Bist du sicher, dass Axel all diese Arbeit wert ist?“
„Du wirst doch nicht schon wieder eifersüchtig?“ fragte sie empört. Doch diese Empörung war nur gespielt. Er gab ihr einen langen zärtlichen Kuss, während seine Hände kundig über ihren Körper wanderten.
Auf dem Flughafen herrschte, wie immer, eine hektische Atmosphäre. Menschen liefen durcheinander, Gepäckstücke standen herum, und Lautsprecherdurchsagen verkündeten Abflüge und Ankünfte. Es herrschte Stimmengewirr und eine unterdrückte Erregung.
Rita stand ungeduldig hinter der Barriere, von wo aus sie die ankommenden Passagiere sehen konnte. Sie hielt eifrig Ausschau und schien Nicholas, der neben ihr stand, vergessen zu haben.
„Da ist er!“, rief sie plötzlich und drängte sich gnadenlos durch die anderen wartenden Leute. Sekunden später verschwand sie in der Umarmung eines Mannes, der einfach seine Bordtasche hatte fallen lassen und die junge Frau nun herzhaft an sich drückte.
Nicholas, der langsam näher kam, hörte, wie die beiden regelrecht albern miteinander sprachen. Doch er spürte auch die Innigkeit und das Vertrauensverhältnis zwischen den beiden. Und wieder einmal regte sich Eifersucht in ihm.
Zunächst aber betrachtete er Axel Johnson genauer. Der Mann war hochgewachsen und schlank, hatte ebenso wie Rita kastanienbraunes Haar, buschige Augenbrauen und sehr warme braune Augen. Sein Gesicht war männlich markant geschnitten, und sein Körper schien durchtrainiert. Und außerdem sah er gar nicht wie ein Bankier aus, zumindest auf den ersten Blick. Dann stellte Nicholas aber fest, dass seine Jeans sündhaft teuer gewesen sein mussten, das Seidenhemd war raffiniert einfach geschnitten, und das Jackett, das er darüber trug, musste wohl aus der Bond-Street stammen. So meinte Nicholas jedenfalls.
Nun ja, Axel Johnson schien nicht gerade am Hungertuch zu nagen. Aber Nicholas hatte bei seiner Arbeit schon oft festgestellt, dass Geld nicht unbedingt ein Markenzeichen für einen guten Charakter sein musste. Trotzdem war er fest entschlossen, seine Eifersucht zu unterdrücken und dem anderen zunächst unvoreingenommen entgegenzutreten.
Ritas Gesicht strahlte vor Glück, als sie Axel an die Hand nahm und Nicholas vorstellte. Johnson reichte ihm die Hand und lächelte.
„Ich freue mich, Sie kennenzulernen. Sie sind also der Mann, der meine kleine Rita gezähmt hat? Wunderbar.“
Nicholas war völlig überrascht von dieser Begrüßung. Er hatte so etwas wie Ablehnung oder hochmütige Überheblichkeit erwartet, nach der Begrüßung, die er zwischen Axel und Rita gesehen hatte. Aber Johnson schien froh darüber zu sein, dass Rita glücklich war.
„Treffen deine Bilder mit dir ein?“, fragte Rita ganz aufgeregt. „Immerhin sind es nur noch zehn Tage bis zur Ausstellung.“
„Sie kommen morgen mit einer Frachtmaschine“, versicherte Axel. „Bitte, seid mir nicht böse, aber ich müsste jetzt erst einmal ins Hotel. Ich habe noch einige Telefongespräche zu führen.“