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Dieser Band enthält folgende Romane: Freundschaft bewahrt nicht vor Eifersucht (Anna Martach) Gefährliche Wetten und heiße Liebeleien (Anna Martach) "Tun S' nimmer so viel, Frau Obermayr", riet Daniel Ingold. Der sympathische Arzt mit den leuchtend blauen Augen und den lockigen blonden Haaren blickte die ältere Frau an, die vor seinem Schreibtisch saß und wegen Beschwerden in den Gelenken zu ihm gekommen war. "Da haben S' doch Ihre Schwiegertochter, die Anna ist doch eine tüchtige junge Frau. Die kann Sie ein bisserl entlasten." Lena Obermayr schaute Daniel an, als zweifelte sie an seinem Verstand. "Die hat doch net genug Ahnung", murrte sie dann. "Stellen S' sich nur einmal vor, Herr Doktor, die Anna wollt mir doch tatsächlich einreden, man tät' heutzutag nimmer mit der Sense das Gras für die Karnickel schneiden. Das hab ich aber mein Lebtag getan." Empörung flammte in den hellwachen Augen der Frau auf, und Daniel musste sich ein Lächeln verkneifen. Es war auch heute noch nicht leicht für viele ältere Menschen, den Fortschritt zu akzeptieren. Sie hielten fest am Althergebrachten. In mancher Beziehung war das ja auch gar nicht verkehrt, nicht alles Neue musste auch unbedingt gut und richtig sein. Doch wenn durch eine solche Neuerung schwere körperliche Arbeit vermieden werden konnte, sollte man doch darüber nachdenken. Er wollte der alten Dame gerade behutsam erklären, dass sie ruhig ab und zu auf ihre Schwiegertochter hören sollte, die es ja nur gut mit ihr meinte, als er abrupt unterbrochen wurde.
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Seitenzahl: 224
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Liebeleien und Eifersucht in den Bergen: Heimat-Roman Doppelband
Copyright
Bergwetter Heimatroman 3: Freundschaft bewahrt nicht vor Eifersucht
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Gefährliche Wetten und heiße Liebeleien
Dieser Band enthält folgende Romane:
Freundschaft bewahrt nicht vor Eifersucht (Anna Martach)
Gefährliche Wetten und heiße Liebeleien (Anna Martach)
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author
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Alles rund um Belletristik!
von Anna Martach
Kerstin, die junge Tierärztin, und Hotelfachfrau Annalena sind beste Freundinnen. Doch dann tritt ein Mann zwischen sie. Während der Toni Annalena verehrt, hat diese keinen Blick für ihn, sondern nur für Matthias, der sich jedoch längst für Kerstin entschieden hat. Ein Herz aber lässt sich nicht mit Gewalt erobern und auch nicht durch Intrigen und böses Ränkespiel. Wird Annalena dies einsehen? Zunächst sieht es gar net danach aus, denn das liebekranke Madl schmiedet einen bösen Plan, der schwere Folgen haben wird …
»Ja, da legst dich nieder! Kerstin, bist das wirklich?« Die braunen Augen von Matthias Waldecker leuchteten ungläubig aber glücklich. Vor ihm stand seine große Jugendliebe, Kerstin Obermayr.
Das fesche Madl mit den langen blonden Haaren und den leuchtend blauen Augen war zu einer wunderschönen Frau geworden, die sofort sein Herz erneut in Flammen stehen ließ. Es fiel dem jungen Mann schwer, seine Gefühle net gleich offen zu zeigen, schon früher hätte er niemals davon zu träumen gewagt, dass er Kerstin je in den Armen halten konnte. Wie auch? Er war nur der Sohn des Kleinbauern Waldecker, sie hingegen war die Tochter des wohlhabenden Tierarztes, zwischen ihnen standen gesellschaftliche Unterschiede.
Als sie noch Kinder waren, hatte diese Tatsache keine Rolle gespielt. Kerstin, Annalena und er waren die dicksten Freunde gewesen. Die drei hatten gemeinsam Streiche ausgeheckt und auch zusammen die Strafen in Empfang genommen, voneinander die Hausaufgaben abgeschrieben und in der Freizeit miteinander gespielt. Nach der Schule war der Kontakt abgebrochen. Kerstin war nach München gegangen, um zu studieren, Annalena hatte eine Ausbildung zur Hotelfachfrau gemacht, und Matthias hatte eine Lehre bei der Genossenschaft absolviert und war jetzt Einkäufer und Händler für die Region. Alle waren erfolgreich in ihrem Beruf, doch der Kontakt zueinander war abgebrochen.
Und nun dieses überraschende Wiedersehen. Obwohl, so ganz überraschend war es doch net. Längst hatte es Gerüchte gegeben, dass Kerstin zurückkommen wollte, um die Praxis ihres Vaters zu übernehmen. Der Zeitpunkt hatte jedoch net festgestanden, und so war Matthias überrascht, sie jetzt zu sehen.
Gutachtal war eine relativ kleine Gemeinde und gehörte verwaltungstechnisch zur nächsten größeren Stadt Waldbrunn. Es lag malerisch eingerahmt von schroffen Bergen und ausgedehnten Wäldern in einem Tal mit einem kleinen Fluss, der Gutach eben. Es war reiner Zufall, dass die beiden jungen Leute sich hier draußen auf dem Gestüt vom Fürchtinger trafen. Kerstin musste sich um eine der trächtigen Stuten kümmern, und Matthias hatte dem Besitzer, Anton Fürchtinger Senior, eine Ladung Pferdesalbe gebracht und über weitere Geschäfte verhandelt.
Der Bursche spürte, dass ihm Röte ins Gesicht stieg, doch Kerstin freute sich sehr über das Wiedersehen und zog den alten Freund einfach in die Arme.
»Ja, glaub’ es ruhig, ich bin’s tatsächlich. Zurückgekehrt wie eine verlorene Tochter.« Sie lachte hell auf, und Matthias saß ein dicker Kloß im Hals. Sie schien nichts davon zu bemerken.
»Wie ist’s dir ergangen? Himmel, ich hab’ ja so viel Sehnsucht gehabt, und oft genug hab’ ich an unsere alten Dummheiten gedacht. Wie schön, dich hier zu treffen. Wir müssen uns unbedingt alles erzählen. Weißt was über die Annalena?«
Endlich hatte er sich wieder unter Kontrolle. »Aber ja, die ist vor ungefähr einem Monat auch zurückgekommen und arbeitet jetzt drüben im Berghotel.«
Das Berghotel war ein großes Anwesen mit vielen Freizeitanlagen. Es hatte einen hervorragenden Ruf. Eigentlich hieß das Hotel >Zur Tannenhöhe<, doch weil es am Hang gelegen war, nannten die Einheimischen es kurz und knapp Berghotel. Jeder wusste, was gemeint war.
»Dann sind wir ja wieder beisammen«, freute sich Kerstin. »Das muss gefeiert werden, meinst net auch? Wie schaut’s aus? Hast gleich noch ein bisserl Zeit, dann fahren wir gemeinsam und überraschen die Annalena. Sie kann dann bestimmt ein paar Minuten für uns erübrigen.«
Matthias wäre es bedeutend lieber gewesen, hätte er mit Kerstin allein sein können, doch er hätte sich eher die Zunge abgebissen, als diesen Wunsch laut zu äußern. Er stimmte zu, und eine halbe Stunde später schon befanden sie sich auf dem Weg zum Hotel.
Hier waren die Zimmer das ganze Jahr über ausgebucht, und für das Personal gab es immer reichlich zu tun. Auch Annalena, die hier stellvertretende Geschäftsführerin war, konnte sich über einen Mangel an Arbeit net beklagen. Doch als sie jetzt ihre beiden Freunde erblickte, ließ auch sie alles stehen und liegen, eilte auf die beiden zu und umarmte sie innig. An einem kleinen Tisch im Restaurant unterhielten sich die drei dann angeregt und vergaßen ganz die Zeit. Erst als bei Kerstin das Handy klingelte, fiel ihnen allen auf, wie spät es schon war.
»Wir werden den Kontakt jetzt net mehr abreißen lassen«, bestimmte Annalena. Sie hatte während des Gesprächs die beiden Freunde aufmerksam beobachtet, dabei war ihr aufgefallen, dass Matthias das andere Madl mit seinen Blicken verschlang. Das gab ihr einen Stich ins Herz, denn sie schwärmte für ihn schon, solange sie denken konnte. Spürte er das denn net? Wie konnte er da Kerstin anhimmeln, die offenbar kein bisschen Gespür dafür hatte, was er für sie empfand?
Die junge Frau nahm sich vor, sobald wie möglich Mut zu fassen und Matthias ihre Liebe zu gestehen.
Jetzt ging für alle aber die Arbeit vor. Draußen auf dem Parkplatz hielt Matthias beim Abschied die Hand von Kerstin etwas länger als nötig.
»Magst mit mir bald mal einen Spaziergang machen? Wir haben uns noch so viel zu erzählen«, sagte er und schaute sie bittend an. Kerstin spürte einen warmen vertrauten Strom von seinen Händen ausgehen. Sie errötete und wusste net, warum. Stumm nickte sie.
»Gern«, stimmte sie dann zu. »Morgen Nachmittag? Da hätte ich frei.«
»Das passt sehr gut, ich kann mir auch Zeit nehmen. Pfüat di, Kerstin. Und pass auf, dass du net vom Pferd getreten wirst!«
Sie lachte glockenhell auf. »Das passiert so schnell net. Schließlich bin ich der Geburtshelfer, kein Sparringspartner.«
Annalena stand an einem Fenster und beobachtete die kleine Szene. Warum suchte Matthias net ihre Nähe? Sie hätte ihm doch so viel zu geben. Das Madl übersah dabei jedoch, dass man einem Herzen nets befehlen konnte. Und das, was sie bei sich für Liebe hielt, war eigentlich nur ein bisschen Neid, dass Matthias net, wie andere Männer auch, um ihre Aufmerksamkeit buhlte. Sie war für ihn eine Freundin, net mehr. Als sie sich umdrehte, stand sie plötzlich Anton Fürchtinger junior gegenüber. Der junge Mann betrachtete sie aufmerksam.
Annalena war der vollkommene Gegensatz zu Kerstin. Sehr schlank, mit schwarzen Haaren und grünen Augen, stets etwas zurückhaltend, aber durchaus energisch. Toni, wie er allgemein gerufen wurde, reichte ihr die Hand.
»Ich hab’ euch grad ein paar neue Gäste gebracht. Kannst dich besonders freundlich um die kümmern? Die sind ziemlich wichtig.«
»Für uns ist jeder Gast wichtig«, erklärte sie kühl. Toni hatte vom ersten Tag ihrer Rückkehr an ihre Nähe gesucht und fand auch häufig einen Vorwand, tun ins Hotel zu kommen und mit ihr zu reden. Er besaß gute Manieren und schaute fesch aus, doch sie fand ihn einfach langweilig. Er hatte nie den Ehrgeiz entwickelt, Gutachtal zu verlassen und woanders neue Erfahrungen zu machen. Er war häufig genug unterwegs, um Turniere zu bestreiten oder mit Pferden zu handeln. Doch er konnte sich net vorstellen, längere Zeit abwesend zu sein, denn er liebte seine Heimat. Und er liebte Annalena. Diese kühle junge Frau hatte es ihm angetan, und er ließ keine Gelegenheit aus, in ihrer Nähe zu sein, mochte sie sich auch noch so abwesend geben.
»Bist trotzdem so lieb und hast ein Auge darauf, dass es diesen Leuten an nets fehlt?«, beharrte er sanft.
Annalena zog die Augenbrauen hoch. »Hab’ ich schon jemals einen Gast nett aufmerksam behandelt? Was ist denn so Besonderes an denen?«, packte sie nun doch die Neugierde.
»Ja, weißt«, erläuterte er. »Das sind Leut’ aus Spanien, und die haben ein großes Interesse daran, Partner bei uns auf dem Gestüt zu werden und auch einige Fohlen zu kaufen. Außerdem hat sich meine Schwester Gerti in den einen von ihnen verguckt, wenn ich auch net weiß, was sie an dem findet.«
Unwillkürlich wandte Annalena den Blick und schaute zu den Spaniern hinüber. Einer von ihnen war etwa in Tonis Alter und wirkte ziemlich laut und aufdringlich. Toni folgte ihrem Blick.
»Ja, genau der, Don Esteban de Villanuovo«, seufzte er dann. »Ich persönlich tat ihn ja eher einen Don Juan nennen, aber das sollte ich besser net laut sagen. Wenn es hier net um ein besonders großes Geschäft gehen würde, hätt’ ich gesagt, wir schicken ihn postwendend heim, damit die Gerti net auf dumme Gedanken kommt.«
»Na, hör mal, deine Schwester ist doch net dumm. Die wird schon merken, ob er was taugt.«
Toni lachte. »Wenn du dich da mal net täuschst. Liebe macht blind.«
Sie fand die Sache plötzlich lustig. »Dann sollten wir der Gerti eine Brille aufsetzen. Oder wir stellen am Ende fest, dass er doch ganz nett ist.«
Der Bursche verzog das Gesicht. »Kein Vergleich mit mir«, behauptete er und bemerkte, dass Annalena ihm ein Lächeln schenkte. Na, wenn das kein Fortschritt war?
Ein strahlendblauer Himmel wölbte sich über Gutachtal, und die Sonne meinte es mehr als gut. Hoch droben auf den Gletschern spiegelte sich das Licht im ewigen Eis und blendete jeden, der mit ungeschützten Augen hinaufblickte. Den Gegensatz dazu bildeten die dichten dunklen Wälder, in denen sich nur die Förster und Waldarbeiter wirklich gut auskannten.
Matthias und Kerstin hatten ihre Autos auf einem Parkplatz abgestellt, von dem einige Wanderwege in die Umgebung führten. Er streckte die Hand aus, Kerstin zögerte net und reichte ihm die ihre. Gemeinsam gingen sie den Weg an der Gutach entlang, rechts das murmelnde Wasser, links die aufsteigenden Berge, mit Gebüsch und Bäumen bewachsen.
»Du bist lange Zeit fort gewesen. Was hast du denn alles erlebt?«, forschte der Bursche.
Kerstin lachte leise auf. »Ich glaub’, das willst alles gar net wissen. Nach dem Studium wollt’ ich eigentlich gleich zurückkehren, um meinen Vater in der Praxis zu entlasten, doch da bekam ich ein ungewöhnliches Angebot von einem Zirkus. Die brauchten jemanden, der mit auf die Tournee ging, konnten sich aber net leisten, wen zu bezahlen, der schon viele Erfahrungen hatte. Ich hab’ erst gezögert, doch dann war ich sicher, dass ich dabei eine ganze Menge lernen konnte, was eigentlich unbezahlbar ist. So bin ich ein ganzes Jahr mit dem Zirkus gereist.«
»Ach, du lieber Himmel, ich stelle mir das ziemlich aufregend vor«, warf er ein und wischte sich über die Stirn. Die Sonne stach, langsam wurde es schwül und unangenehm.
»Das war es auch«, stimmte Kerstin zu. »Das liegt natürlich auch daran, dass die Tiere in einem Zirkus so unterschiedlich sind. Heute hat ein Elefant Magenschmerzen, und morgen bekommt ein Pferd eine Kolik, dann wieder verletzen sich zwei Tiger beim Balgen, der kleine Pudel aus der Dressurgruppe hat Depressionen, oder der Seehund mag diese Sorte Fisch net.«
»Wie bitte? Depressionen?«, fragte er ungläubig.
»Aber ja! Der Pudel war eifersüchtig, weil ein weiteres Tier in die Gruppe aufgenommen wurde. Ich kann sagen, dass ich in dieser Zeit wirklich unheimlich viel gelernt habe. Aber auf Dauer war es nets für mich, in der Welt herumzureisen, nie länger als eine Woche an einem Ort zu bleiben und quasi aus dem Koffer zu leben. Ich hatte Sehnsucht nach meiner Heimat, nach den Bergen, dem Ruß und meinem Vater.«
»Sonst nix?«, fragte er leise.
Sie blieb stehen. »Doch schon, auch nach meinen alten Freunden«, gestand sie ein.
Er nahm ihre Hände, schaute ihr tief in die Augen und wollte etwas sagen. Doch ein dröhnender Donnerschlag fiel ihm ins Wort. Innerhalb kürzester Zeit hatte sich der Himmel bezogen, schwarze Wolken türmten sich auf, und die ersten Blitze zuckten. Es war zu spät, um noch zu den Autos zurückzukehren, denn schon fielen platschend die ersten Tropfen.
Kerstin lachte. »Oh, tut das gut!«, rief sie begeistert und streckte die Arme aus. Auch Matthias lachte auf. Bei dieser Hitze kam eine Dusche gerade recht.
Der zunächst willkommene Regen wurde im Nu heftiger und ging in Hagel über, böiger Wind kam auf. Matthias schaute sich um, dann griff er nach ihrem Arm.
»Komm rasch, hier können wir net bleiben.« Er zog sie mit sich. Der Hagel wurde so heftig, dass beide den Kopf senkten, um das Gesicht zu schützen. Längst hatten sie den Weg verlassen, und Kerstin hoffte, dass Matthias wusste, was er tat. Er strebte direkt auf den Berg zu.
»Was hast du vor?« Sie musste brüllen, um sich verständlich zu machen.
»Dort drüben ist eine Höhle, die kenne ich von früher«, gab er über die Schulter zurück und zog sie weiter mit sich. Längst schmerzten Schultern, Kopf und Arme vom prasselnden Aufprall der Hagelkörner. Hoffentlich fanden sie bald einen Unterschlupf.
Ein großes schwarzes Loch tauchte auf, die versprochene Höhle. Schlagartig hörte das Prasseln auf, als die beiden in den Schutz des Höhlenraumes traten. Darin war es relativ dunkel und noch weiterhin schwül, dafür aber trocken. Kerstin schüttelte sich.
»Du meine Güte, war das schlimm! Aber diese Höhle ist erstaunlich. Ich dachte immer, ich kenne mich hier aus. Aber dieser Ort ist mir unbekannt.«
Matthias lachte. »Du hast sicher net auf den Weg geachtet, sonst hättest du festgestellt, wie abgelegen dieser Ort ist. Als Junge habe ich diesen Zufluchtsort entdeckt.«
»Und uns nie etwas davon gesagt«, stellte Kerstin staunend fest.
Er wirkte verlegen. »Nein, ich brauchte einen Ort für mich allein. Aber jetzt teile ich ihn gerne mit dir.« Er zog Kerstin noch ein Stück weiter. Hier lagen einige größere Steine, die als Sitzplatz dienen konnten. Ein paar uralte Spielzeuge lagen herum. Überbleibsel aus der Jugendzeit.
Kerstin begann zu frösteln und zog die Schultern eng zusammen.
»Tut mir leid, ich habe eigentlich net vorgehabt, dir zu einer Erkältung zu verhelfen«, murmelte er verlegen.
»Du hast doch den Regen und den Hagel net extra bestellt?«
»Aber ja doch, natürlich«, erklärte Matthias mit einem schelmischen Lächeln. Er rückte näher an Kerstin heran und legte ihr mutig einen Arm um die Schultern. Sie hatte nix dagegen, lehnte sich sogar dicht an ihn. Er bekam einen dicken Kloß im Hals. Das war es, was er sich immer gewünscht hatte. Kerstin ganz nah bei sich zu spüren, sie nie wieder loszulassen ... Wenn er jetzt net endlich den Mut aufbrachte, ihr seine Liebe zu gestehen, würde er es vermutlich nie tun. Matthias drehte den Kopf und blickte ihr direkt ins Gesicht. Hier im Halbdunkel funkelten ihre Augen auf eine besondere Weise, kleine blaue Seen fingen das Restlicht ab.
»Ich, ich habe das schon lange tun wollen«, begann er plötzlich mit rauer Stimme. »Net, dich in diese Höhle führen, mein’ ich. Oder doch. Na ja, allein sein mit dir, ganz allein.« Er verhaspelte sich und erwartete, dass sie jeden Moment anfangen würde zu lachen. Aber sie blieb still sitzen.
»Ja?«, kam es nur leise.
»Weil ich dir was sagen wollte«, fuhr er mutig fort. »Ich wollte dir sagen, wie lieb ich dich habe. Net nur so wie bei Freunden oder Geschwistern«, setzte er hastig hinzu und wurde schon wieder verlegen. »Net, dass du mich falsch verstehst.«
Sie legte ihm sanft einen Finger auf die Lippen, und er spürte eine heiße Woge in sich aufsteigen.
»Da ist ja wohl gar nix falsch zu verstehen«, flüsterte sie. »Ich habe mir auch schon so lange gewünscht, dass du mal zu erkennen gibst, ob du was für mich empfindest. Weißt, als Frau kann man sich da nämlich ziemlich schnell lächerlich machen, wenn man zu einem Mannsbild etwas sagt.«
Er schwieg einen Moment verdutzt. »Soll, soll das heißen ...?« Seine Augen weiteten sich ungläubig. Dann überwand er endlich seine Überraschung. Sanft und zärtlich, wie ein kostbares Kleinod, zog er Kerstin in seine Arme. Es folgte ein langer Kuss, und als die Lippen sich trafen, war es wie eine Erlösung für die beiden jungen Menschen. So und net anders musste es sein!
Draußen rauschte noch immer der Regen, ein sanfter Wind strich über ihre erhitzten Körper, vermochte aber die Glut der Leidenschaft net zu kühlen. Ganz eng beieinander saßen Kerstin und Matthias und flüsterten sich gegenseitig Koseworte und verliebte Dummheiten zu, wie es eben Menschen tun, die gerade ihre Gefühle füreinander entdeckt hatten. Immer wieder fanden sich die Lippen, und besonders der Bursche glaubte, den glücklichsten Tag seines Lebens zu erleben.
Bald darauf hörte das Gewitter auf, und einige vorwitzige Sonnenstrahlen brachen durch die Wolken, fanden einen Weg in die Höhle und zeigten an, dass die Welt draußen wieder in Ordnung war. Im gleichen Moment klingelte das Handy der Tierärztin. Mit einem Blick bat sie Matthias um Entschuldigung und meldete sich, wobei sie feststellte, dass hier der Empfang außerordentlich schlecht war.
»Ich habe heute meinen freien Tag«, sagte sie gleich darauf streng. »Mein Vater ..., ja, ich verstehe. Nun gut, dann mache ich mich gleich auf den Weg.«
Mit einem resignierenden Seufzer schaltete sie ab und strich Matthias sanft über die Wange. »Es tut mir so leid, aber auf dem Gestüt vom Fürchtinger gibt’s mal wieder Probleme. Und mein Vater ist noch unterwegs.«
Er grinste. »Da ist gleich ein ganzes Rudel Stuten trächtig, ich weiß.«
»Wie lieb von dir, dass du Verständnis hast.« Sie gab ihm einen zarten Kuss.
Er seufzte. »Wer sagt dir, dass ich Verständnis habe? Ich sehe nur ein, dass es notwendig ist. Dabei wär’s aber auch so dringend notwendig, dass du mein liebeskrankes Herz heile machst, Frau Doktor.«
Sie blickte ihn schelmisch an. »Ja, gibt’s denn dafür tatsächlich eine Medizin?«
»Und ob. Ganz viele Küsse als Trostpflaster, Frau Doktor.« Ein besonders langer Kuss zum Abschied, dann lief Kerstin leichtfüßig davon. Die Pflicht rief.
Matthias wanderte langsam zurück. Er hatte jetzt alle Zeit der Welt.
Es war net ungewöhnlich, dass im Berghotel Boten von einer Gärtnerei kamen und Blumen brachten. Ungewöhnlich war heute nur, dass der Bote unbedingt zu Annalena Köhler wollte.
»Stimmt was net? Können Sie den Gast net finden?«, fragte sie etwas gereizt, weil sie gerade eine Auseinandersetzung mit dem Koch hinter sich hatte. Der Bote sah sie ungerührt an.
»Frau Köhler? Das soll ich Ihnen geben, persönlich.« Er drückte der verdutzten Frau einen prächtigen Strauß in die Hand und ging davon, ohne auf ein Trinkgeld zu warten.
Annalena bewunderte das Bukett. Sie hielt den Strauß für ein Dankeschön von einem zufriedenen Gast. Zu ihrer Überraschung stand auf der beiliegenden Karte aber nur ein Satz:
>Ich hoffe, du hast Freude daran, Toni.<
Vom Fürchtinger also? Augenblicklich gefielen ihr die Blumen längst net mehr so gut. Wenn Matthias an so etwas gedacht hätte, ja, dann ... Sie gab die Blumen einem der Mädchen, damit sie ins Wasser gestellt wurden.
Ach, Matthias! Die Gedanken von Annalena schweiften ab. Doch dann stand ihr auch wieder die Szene vor Augen, wie der Bursche Kerstin angeschaut hatte. Konnte es wirklich sein, dass aus der alten Jugendfreundschaft Liebe geworden war? Zwischen den beiden? Das durfte net sein!
Fast hätte Annalena mit dem Fuß aufgestampft. Sie wollte Matthias haben, Kerstin durfte ihn net bekommen.
Sie schrak zusammen, als sich eine Hand auf ihre Schulter legte. Zornig wirbelte sie herum, wer wagte es ...?
Toni Fürchtinger stand hinter ihr, das sympathische, etwas kantige Gesicht zu einem unsicheren Lächeln verzogen. Er fühlte ihre Erregung, wusste aber net, worauf die zurückzuführen war.
»Hab’ ich dir was getan?«, fragte er vorsichtig. »Ich wollte dich net stören, nur fragen, ob meine Blumen angekommen sind.«
Annalena zwang sich zur Ruhe. »Ja, vielen Dank. Aber ich hab’ doch gar keinen Geburtstag. Wofür sollen die denn sein?«
»Einfach nur, weil es dich gibt«, erklärte er leise. Das rührte die junge Frau. Eine solche Geste war doch selten, und auch wenn sie kein besonderes Interesse an ihm hatte, so war dieses kleine Geschenk doch freundlich und aufmerksam. Lächelnd zog sie ihn mit sich.
»So etwas Liebes hat schon lange keiner mehr für mich getan. Dafür hast dir wenigstens einen Kaffee verdient.«
Insgeheim hatte er auf so etwas spekuliert, oder auch ein wenig mehr als nur einen Kaffee. Aber es tat schon gut, ein wenig mit ihr zusammen sein zu können. Annalena bestellte Kaffee für beide.
»Ich geb’ ja zu, ich hab’ net gedacht, dass die Blumen von dir sind. Eher hab’ ich’s für ein Dankeschön von einem zufriedenen Gast gehalten. Aber sag mal, hast den Matthias gesehen in den letzten Tagen? Er ist neulich hier gewesen, und eigentlich wollten wir den Kontakt net wieder abreißen lassen.«
Nun ja, Matthias war so ziemlich das Letzte, worüber Toni reden mochte. Was hatte er denn mit dem anderen Mannsbild zu schaffen? Toni war zwei Jahre älter als Annalena und Matthias, und so hatte sich während der Schulzeit kaum ein Berührungspunkt ergeben. Doch auch damals schon hatte Toni für Annalena geschwärmt, ohne jemals ein Wort darüber zu verlieren. Da war sie noch ein unreifes Madl gewesen, albern manchmal, aber auch schon sehr bestimmend, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Daran hatte sich bis heute nichts geändert. Toni seufzte.
»Der Matthias kommt öfter mal auf das Gestüt. Mein Vater macht gute Geschäfte mit der Genossenschaft, und der Bursche hat gute Verbindungen.«
Annalena spürte, dass ihn dieses Thema net besonders interessierte, aber sie konnte net anders, sie musste weiter bohren.
»Wie oft kommt denn der Matthias zu euch? Kennst ihn gut?«
Er runzelte die Stirn. »Du wirst ihn besser kennen, hast ja schon in der Schule immer mit ihm und der Kerstin zusammengehockt. Sag mal, wie benimmt sich denn eigentlich der Spanier? Wenn meine Schwester schon für ihn schwärmt, dann will ich doch wenigstens sicher sein, dass sie net auf einen Hallodri hereinfällt.«
Annalena stutzte kurz, dann lachte sie auf. »Ich weiß net, aber hier im Hotel benimmt er sich, als tät’ ihm die Welt gehören, und alle Madln dazu. Schau nur, da ist er grad.«
Tatsächlich, drüben an der Bar tauchte Don Esteban auf, bestellte etwas zu trinken und musterte alle Frauen im Raum.
Toni schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, meine Schwester tät’ mir net einmal dann glauben, wenn sie hier mit dabei wär.«
»Dann kann ich dir auch net helfen. Mal abgesehen davon ist er Gast in diesem Hause, und wir achten das Privatleben unserer Gäste.«
»Und du? Hast überhaupt ein Privatleben? Oder frisst die Arbeit dich hier so auf, dass du gar net an dich selbst denken kannst?«
Sie hielt inne. »Ja, doch, ab und zu kann ich noch was Privates einschieben«, erklärte sie lächelnd.
»Tätst mich dann mal zum Gestüt begleiten? Ich bin sicher, es wird dir gefallen. Hast ja auch früher schon Spaß an Pferden gehabt, oder net?«
»Ach, ich habe an vielen Dingen Spaß gehabt«, erklärte sie ausweichend. Dann kam ihr eine Idee. Wenn sie Toni zum Gestüt begleitete, ließ sich vielleicht rein zufällig eine Gelegenheit finden, auf Matthias zu treffen ...
»Ja, ich würd’ wirklich gern mal wieder Pferde aus der Nähe sehen«, erklärte sie kurz entschlossen. »Und wer weiß, vielleicht bietet sich ja sogar noch eine Möglichkeit, dass wir unseren Gästen in der Freizeit Reitstunden anbieten.«
So sehr Toni an einer persönlichen Beziehung interessiert war, sein gut ausgebildeter Geschäftssinn meldete sich jetzt auch. Bisher hatte das Gestüt hochwertige Tiere für Zucht, Turniere und Rennen anzubieten. Wenn sich hier aber unverhofft die Möglichkeit bieten sollte, weitere Geschäfte zu machen, war es kein Problem, auch weniger hochwertige Pferde zu kaufen, um Anfängern Reitstunden zu ermöglichen. Außerdem eröffnete ihm diese Aktion neue Gelegenheiten, mit Annalena zusammenzutreffen, hoffte er jedenfalls.
»Was liefert der Matthias denn sonst noch bei euch?«, erkundigte sich Annalena und riss damit an seinen Träumereien. Leichter Zorn stieg in Toni auf. Was hatte sie nur dauernd mit dem Kerl?
»Der Matthias bekommt seine Aufträge, je nachdem, was gebraucht wird. Der hat schließlich nix weiter mit uns zu tun«, erklärte er etwas unmutig.
»Ja, ach so.« Annalena merkte, dass sie wohl zu weit gegangen war. Sie lächelte Toni an, und für ihn ging zum zweiten Mal an diesem Tag die Sonne auf. Er lächelte zurück.
»Dann ist das jetzt abgemacht«, meinte er. »Du kommst gleich morgen mit hinaus, und wir besprechen dann mit meinem Vater alles Weitere. Ich freue mich drauf.«
»Na dann, auf gute Zusammenarbeit.« Annalena hatte das zwar net so geplant, sie hatte ja noch net einmal mit ihrem Chef dieses Thema abgesprochen. Aber sie war zuversichtlich, dass er nichts dagegen haben würde. Alles, was den Gästen nützte und gleichzeitig mehr Gewinn in die Kassen brachte, war von Vorteil.
Zufrieden machte sich Annalena Köhler wieder an die Arbeit. Toni stand aber noch einen Moment nachdenklich vor seinem Auto und schaute zum Hotel hinüber. Offenbar hatte Annalena diesen anderen Burschen im Kopf. Aber Matthias passte doch gar net zu ihr! Außerdem hatte der doch ein Auge auf Kerstin geworfen, wie jeder wusste, der sich eine halbe Stunde lang mit ihm unterhalten hatte. Also lag es jetzt allein an ihm, die Sache mit Annalena zu einem ordentlichen Ende zu bringen.
Ein harter Arbeitstag lag hinter Kerstin, und sie war rechtschaffen müde, als sie jetzt nach Hause kam. Ihr Vater schloss gerade die Praxis ab. Dr. Peter Obermayr war dankbar, dass seine Tochter den Außendienst fast komplett übernommen hatte. Er hatte es mit dem Herzen und sollte große Aufregungen und Anstrengungen vermeiden. Doch so ganz wollte er sich die Arbeit noch net aus der Hand nehmen lassen, deshalb übernahm er gern die Nachmittagssprechstunde.
Bei einem gemütlichen Plausch mit Kaffee und Kuchen besprachen Vater und Tochter dann die Fälle und tauschten ihre Erfahrungen aus. Kerstin war besonders abgespannt an diesem Abend. Die alte Haushälterin Berta, der Familie schon so lange verbunden, dass niemand sich an eine Zeit ohne die tüchtige Frau erinnern konnte, hatte für die beiden schon ein herzhaftes Essen gekocht. Kerstin fiel vor Müdigkeit fast der Löffel aus der Hand.
»War es arg schlimm heut’?«, fragte ihr Vater mitleidig.
»Ach, wahrscheinlich auch net anders, als du es schon viele Male hinter dich gebracht hast. Doch die vielen trächtigen Stuten beim Fürchtinger sind schon fest eine Plage. Net nur, dass tatsächlich alle Nas’ lang ein Fohlen zur Welt kommt, einige der prämierten Stuten benehmen sich ja schlimmer als Frauen in der Schwangerschaft, die alle möglichen Wehwehchen und Gelüste haben. Jedenfalls bin ich heut’ schon viermal auf dem Gestüt gewesen.«
Ihr Vater lachte auf. »Ach, geh, was weißt denn du von Frauen in der Schwangerschaft? Ein ganz neues Thema bei dir! Hast ja net mal einen Freund, dass du wenigstens schon mal dran denken tätst, mich zum Großvater zu machen.«
Kerstin wurde rot, und er tätschelte ihr die Hand. »Ich wollte dich nur necken, mein Kind. Wenn es noch net den Richtigen gefunden hast, soll’s halt noch net sein.«
»Aber ich habe ihn ja längst, glaub’ ich«, erwiderte sie leise. Peter Obermayr schaute auf und lächelte erstaunt.
»Na, dann gratuliere ich dir. Schön, dass ich es auch noch erfahre.«
»Papa, wie redest denn du?« Das Rot auf ihren Wangen wurde noch einen Ton dunkler.
»Na, net anders, als meine Lieblingstochter es verdient.«
»Hast ja wohl recht, allerdings bin ich deine einzige Tochter, kannst also gar keinen anderen Liebling haben«, lachte sie. »Aber schau, es ist der Matthias. Wir haben uns vor ein paar Tagen nach langer Zeit wiedergetroffen, und ...«
»... und da hat es gleich gefunkt? Kann ich verstehen, bist ja auch ein fesches Madl. Und der Matthias ist ein guter Bursche. Überraschungen sind da net zu erwarten, schließlich kennt ihr euch schon lange genug.«
»Papa, du bist unmöglich.« Kerstin lachte hellauf, aber die Schatten der Müdigkeit waren in ihrem Gesicht net zu übersehen.
»Mach’ dich ein bisserl frisch, mein Kind, und ruh’ dich aus. Vielleicht magst ja nachher noch mit dem Matthias einen Spaziergang machen.«