So leuchten die Berge nur hier: 2 Heimatromane - Anna Martach - E-Book

So leuchten die Berge nur hier: 2 Heimatromane E-Book

Anna Martach

0,0

Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Romane: Heimat, ich gehör zu dir! (Anna Martach) Wir lassen unsere Kirche nicht im Stich (Anna Martach) Schwere Sorgen lasten auf den Schultern der Berbacher Frauen. Der Vater hat nach seinem Tod einen völlig überschuldeten Hof zurück gelassen und es steht zu fürchten, dass die Frauen ihr Zuhause verlassen müssen. Marieluise ist in ihrer Trauer um ihren Mann gefangen. Katharina glaubt, dass der Hof nur dann gehalten werden kann, wenn ihre Enkelin einen reichen Mann heiratet. Nur Renate ist voller Tatendrang und hofft mit einem neuen Kredit, den Hof retten zu können. Zielstrebig verändert sie den Hof, um ihn wirtschaftlich zu machen, und hat auch erste Erfolge, doch Katharina hat ihre Pläne noch nicht aufgegeben und stiftet dadurch viel Unheil.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 202

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Anna Martach

So leuchten die Berge nur hier: 2 Heimatromane

UUID: 7bc73ac0-f56e-4b39-8e9b-195fc06cd992
Dieses eBook wurde mit StreetLib Write (https://writeapp.io) erstellt.

Inhaltsverzeichnis

So leuchten die Berge nur hier: 2 Heimatromane

Copyright

Heimat, ich gehör zu dir! Bergwetter Heimatroman 14

Prolog

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

20

21

22

23

24

Wir lassen unsere Kirche nicht im Stich

So leuchten die Berge nur hier: 2 Heimatromane

Anna Martach

Dieser Band enthält folgende Romane:

Heimat, ich gehör zu dir! (Anna Martach)

Wir lassen unsere Kirche nicht im Stich (Anna Martach)

Schwere Sorgen lasten auf den Schultern der Berbacher Frauen. Der Vater hat nach seinem Tod einen völlig überschuldeten Hof zurück gelassen und es steht zu fürchten, dass die Frauen ihr Zuhause verlassen müssen. Marieluise ist in ihrer Trauer um ihren Mann gefangen. Katharina glaubt, dass der Hof nur dann gehalten werden kann, wenn ihre Enkelin einen reichen Mann heiratet. Nur Renate ist voller Tatendrang und hofft mit einem neuen Kredit, den Hof retten zu können. Zielstrebig verändert sie den Hof, um ihn wirtschaftlich zu machen, und hat auch erste Erfolge, doch Katharina hat ihre Pläne noch nicht aufgegeben und stiftet dadurch viel Unheil.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

COVER A.PANADERO

© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

[email protected]

Folge auf Facebook:

https://www.facebook.com/alfred.bekker.758/

Folge auf Twitter:

https://twitter.com/BekkerAlfred

Erfahre Neuigkeiten hier:

https://alfred-bekker-autor.business.site/

Zum Blog des Verlags!

Sei informiert über Neuerscheinungen und Hintergründe!

https://cassiopeia.press

Alles rund um Belletristik!

Heimat, ich gehör zu dir! Bergwetter Heimatroman 14

von Anna Martach

Schwere Sorgen lasten auf den Schultern der Berbacher Frauen. Der Vater hat nach seinem Tod einen völlig überschuldeten Hof zurück gelassen und es steht zu fürchten, dass die Frauen ihr Zuhause verlassen müssen. Marieluise ist in ihrer Trauer um ihren Mann gefangen. Katharina glaubt, dass der Hof nur dann gehalten werden kann, wenn ihre Enkelin einen reichen Mann heiratet. Nur Renate ist voller Tatendrang und hofft mit einem neuen Kredit, den Hof retten zu können. Zielstrebig verändert sie den Hof, um ihn wirtschaftlich zu machen, und hat auch erste Erfolge, doch Katharina hat ihre Pläne noch nicht aufgegeben und stiftet dadurch viel Unheil.

Prolog

»Willst du mir nicht sagen, was dich so bedrückt?«, fragte Michael das Mädchen, das er so innig liebte.

»Alles geht bei uns drunter und drüber«, klagt Renate seufzend. »Der Vater hat nur Schulden hinterlassen, und allein und ohne Geld kann ich den Hof kaum mehr aufwirtschaften. An der Mutter hab’ ich keine Hilfe, und die Großmutter gibt mir immer nur den einen Rat: >Such dir einen reichen Mann!< Was soll ich bloß tun?«

Michael streichelte Renate zärtlich übers Haar »Mach dir keine Sorgen«, sagte er dann. »Es wird alles gut, ich verspreche es dir.« Aber daran konnte Renate nicht recht glauben. Wie sollte Michael, der ein einfacher Forstarbeiter ist, ihr den Hof erhalten und sie auch noch vor einer unausweichlichen Geldheirat bewahren?

1

»Kommt, wir gehen!«, forderte Katharina Aumeyer energisch Tochter und Enkelin auf.

Gehorsam setzte sich Marieluise, Witwe des verstorbenen Alois Berbacher, in Bewegung, schritt fast mechanisch den mit rotem Kies bestreuten Weg zwischen den Grabreihen entlang. Hinter dem Schleier, der Marieluises Gesicht verbarg, konnte Katharina nichts erkennen, doch sie wusste, dass ihre Tochter sich das Herz aus dem Leib weinte.

Ganz anders dagegen Renate, die Tochter von Marieluise. Sie hatte das starke, kämpferische Herz der Großmutter geerbt. Stumm, wie vor Trauer versteinert, hatte sie am Grab gestanden und dem mitleidigen Blick des Pfarrers nur trotzig entgegen gestarrt.

»Kommst du endlich!«, rief Katharina etwas lauter, denn Renate stand noch immer vor dem Grab, wo die Totengräber bereits anfingen, die Erdklumpen in die Grube zu schaufeln.

Katharina sah, wie Renate noch etwas in das Loch warf, sich dann aufrichtete, den Rücken sehr gerade, und mit festen Schritten auf sie zukam.

»Es ist vorbei«, sagte das Madl leise. »Jetzt muss ich noch der Mutter helfen. Es ist sehr schwer für sie.«

»Sie soll sich ein bissel zusammenreißen«, erwiderte die Großmutter. »Auch ich hab’ meinen Mann früh verloren. Und diesem Berbacher hab’ ich eh net über den Weg getraut.«

»Du bist ungerecht«, warf Renate ihr vor. »Die Mutter hat den Vater sehr geliebt.«

»Von Liebe allein kann man net leben«, sagte die Ältere hart. »Sie hat meinem Kind nix weiter eingebracht als viel Arbeit und noch mehr Kummer. Was hat sie jetzt an dem Hof? Soll sie ihn vielleicht allein bewirtschaften?«

Die Stimme der alten Frau klang bitter. Renate fragte sich unwillkürlich, ob die Großmutter vielleicht nur neidisch auf das Glück der Tochter gewesen war. Denn zwischen dem Alois und der Marieluise hat es die ganz große Liebe gegeben, die durch den plötzlichen Tod zerstört worden war.

»Ich werd’ meine Stellung aufgeben und den Hof mit der Mutter gemeinsam übernehmen. Und sicher kannst du auch noch manches machen. Würd’ dir das net gefallen?«, schmeichelte Renate.

»So ein Schmarren!«, fuhr Katharina ihre Enkelin an. »Glaubst du am End’ gar, wir drei Frauen würden das schaffen? Nein, da muss ein Mann her! Am besten wär’s, du würdest heiraten.«

»Niemals«, begehrte das Madl auf. »Ich hab’ net vor, mich einem Burschen an den Hals zu werfen, nur um versorgt zu sein. Das war vielleicht zu deiner Zeit so. Heut gibt’s das net mehr. Und ich wär’ die letzte, die so was tät’.«

Ohne noch ein Wort zu erwidern, ging Katharina schneller, ohne darauf zu achten, ob Renate und Marieluise ihr folgten. Ihre ganze Körperhaltung drückte Wut und Abwehr aus. Renate bemerkte es, schüttelte mit einem traurigen Lächeln den Kopf und schritt hinter ihrer Großmutter her. Sie verstand die alte Frau, doch das Leben konnte nicht daraus bestehen, an einen Mann gefesselt zu sein, der sie zwar versorgte, aber sonst nichts. Nein! Niemals! Wir werden’s schon schaffen, dachte das Madl.

2

»Ich verlese nun das Testament des verstorbenen Alois Gustav Berbacher und stelle fest, dass alle Angehörigen des teuren Verblichenen anwesend sind«, begann Notar Schmidgruber aus der Stadt mit seiner leiernden Stimme. Er war ein kleiner, dürrer Mann mit einer auffällig großen Nase, die wie ein Adlerschnabel aus dem Gesicht ragte. Darauf saß eine dicke Hornbrille, hinter der die hellen, unruhigen Augen hin und her huschten. Schmidgruber knisterte mit den Blättern des Dokuments, räusperte sich kurz, warf nochmals einen Blick auf die drei Frauen, die ihn anstarrten, und las dann: »Meinen ganzen Besitz hinterlasse ich meiner Frau Marieluise, abzüglich aller auf dem Besitz lastenden Schulden. Meine Tochter Renate hat eine gute Ausbildung erhalten, und ich

hoffe, dass sie ihr Leben ganz nach ihren Wünschen gestalten kann. Meine Schwiegermutter Katharina erhält Wohnrecht, solange meine Frau es erlaubt.

Die Stute Franzi, an der Renate stets gehangen hat, soll sie zu ihrer Verfügung erhalten.

Es tut mir leid, dass nicht so viel geblieben ist, wie es wünschenswert wäre, doch es war immer mein Bestreben, meiner Frau das Leben so leicht wie möglich zu machen. Sollte es ihr nicht möglich sein, das Erbe allein zu bewirtschaften, so wird es von Vorteil sein, wenn meine Tochter Renate den Hof übernimmt und versucht, das Beste daraus zu machen.«

In diesem Augenblick schluchzte Renate hemmungslos auf. Schmidgruber faltete die Papiere zusammen und nahm aus seiner Aktentasche ein amtliches Dokument.

»Meine Damen«, sagte er, »es ist schmerzlich für mich, Ihnen mitteilen zu müssen, dass auf dem Besitz, bestehend aus dem Hof, einhundertzwanzig Hektar Wald und zweihundert Hektar Ackerland beträchtliche Hypotheken lasten, die von der hiesigen Bank grundbuchamtlich eingetragen wurden. Barvermögen ist in nur geringem Maß vorhanden. Ich würde Ihnen empfehlen, alles zu verkaufen und von dem verbleibenden Erlös ein kleines Häuschen zu erwerben. Aber darüber sollten Sie in etwas ruhigerer Atmosphäre nachdenken. Das war dann für heute alles. Ich empfehle mich.«

Er nahm seine Brille ab, verstaute die Papiere wieder in seiner Tasche und warf einen sehnsüchtigen Blick auf die große Anrichte, in der die Flaschen mit dem selbst aufgesetzten Obstler standen, wie er wusste.

Fassungslos saßen Renate und Katharina auf ihren Plätzen, nur langsam sickerte bei ihnen die Erkenntnis durch, dass sie wahrscheinlich gerade ihr Heim verloren hatten.

»Alles voller Schulden!«, stieß Katharina schließlich heraus. »Er hat alles verschleudert! Ich hab’s ja immer gesagt, der Kerl war ein Blender! Er hat meine arme Tochter unglücklich gemacht! Und jetzt stehen wir alle vor dem Nichts.«

»Du redest von meinem Vater, Großmutter«, sagte Renate plötzlich scharf. »Ich wünsche nicht, dass du dich so benimmst. Du bist eine erwachsene Frau, kein kleines Mädchen. Wir werden es schaffen, alle gemeinsam. Herr Notar, wie hoch belaufen sich die Schulden, was alles ist verpfändet, worauf liegen die Hypotheken?«, fragte sie mit ruhiger Stimme.

Schmidgruber schaute sie interessiert an.

»Darf ich fragen, wozu Sie diese Angaben benötigen?«

»Ich hab’ vor, den Besitz zu bewirtschaften. Ich werd’ meine Stellung aufgeben und den Hof wieder ertragsfähig machen. Also, was können Sie mir sagen?«

»Du bist ja net gescheit!«, mischte sich Katharina ein. »Das ist keine Aufgabe für ein Madl wie dich! Da hätt’ selbst ein Mann schwer zu arbeiten. Und du, du hast ja keine Ahnung von alldem!«

»Ich hab’ meinen Beruf, und der ist schwer genug. Da werd’ ich doch noch einen Hof aufbauen können«, widersprach Renate. »Du wirst schon sehen. Es sieht schlimmer aus, als es ist.«

»Sie sind sehr mutig, mein Kind. Aber ich glaube, mit Mut allein werden Sie diese Aufgabe nicht schaffen. Ich lasse Ihnen eine Aufstellung da, aus der Sie ersehen können, dass es außer dem Waldbestand nicht viel gibt, was noch nicht verpfändet ist.«

»Vielen Dank. Möchten Sie vielleicht etwas trinken? Wir haben einen guten Obstler da«, erkundigte sich das Madl endlich zur großen Befriedigung des Notars.

Nachdem der Mann dann gegangen war, wandte sich Katharina wütend an ihre Enkelin.

»Wie redest du eigentlich mit mir?«, fauchte sie das Madl an. »Du hast mit mir net in diesem Ton zu reden, schon gar net in Gegenwart anderer Leute! Tu das net noch einmal!«

»Ach, Großmutter, sei net bös’! Ich hab’s doch net so gemeint. Aber du musst auch vernünftig bleiben. Der Vater hat jedoch alles nur aus Liebe für die Mutter getan«, erwiderte Renate ruhig.

»Dafür steht deine Mutter jetzt vor dem Nichts. Und wir mit ihr.«

»Ich glaub’ noch net dran. Schau, ich hab’ eine gute Ausbildung, ich bin Betriebswirtschaftlerin und kann eine ganze Firma führen. Da werd’ ich doch auch den Hof halten können«, meinte das Madl überlegen.

»Und wo nimmst du das Geld her, um die Wirtschaft erst einmal in Ordnung bringen zu können? Und leben müssen wir auch von irgendwas! Wie stellst du dir das vor?«

»Ich werd’ mit der Bank reden. Es müsst’ schon mit dem Teufel zugehen, wenn die net stillhalten würden. Schau, wenn sie den Hof zwangsversteigern, bekommen sie dafür net so viel, wie wenn wir nach und nach unsere Schulden zurückzahlen. Da machen sie das große Geschäft.«

Katharina schaute ihre Enkelin zweifelnd an, die hoch aufgerichtet mit blitzenden Augen vor ihr stand. Das Madl strahlte Tatkraft und Zuversicht aus.

»Ich werd’s auf jeden Fall versuchen«, schwor Renate und kümmerte sich um ihre Mutter, die scheinbar nichts von all den Vorgängen verstanden hatte. Zu tief war in ihr die Trauer, nichts konnte sie vorerst aus ihrem Schmerz herausreißen.

3

»Wie stellen Sie sich das vor?«, fragte der Bankdirektor fassungslos, als Renate ihm erklärt hatte, dass sie den Hof bewirtschaften und die Hypotheken zurückzahlen würde, wenn die Bank sich bereit erkläre, stillzuhalten und ihr noch zusätzlich eine Summe als Darlehen gebe.

Renate wusste, dass sie ein gewagtes Spiel spielte. Nicht nur, dass die Bank sich ihrem Wunsch versagen konnte, nein, sie konnte auch auf einer sofortigen Zahlung bestehen, was eine Zwangsversteigerung unweigerlich zur Folge hätte.

Doch sie hatte es sich in den Kopf gesetzt, den Hof zu halten und die Bank zu überzeugen. Also setzte sie sich mit dem Direktor in die abgeschirmte ruhige Ecke und unterbreitete ihre Pläne, die sie auch bereits kostenmäßig errechnet hatte. Es war ein vollständiges Konzept zur Reorganisierung des Betriebs. Bankdirektor Lutters ließ sich alles genau erläutern.

»Wir haben einen großen Waldbestand, der nicht mit einer Hypothek belastet ist. Das heißt, ich könnte ihn auf der Stelle zu Geld machen«, begann Renate mit ihrer Erklärung. »Aber es würde niemandem helfen. Ich stelle mir eher vor, dass ich den Wald durchforsten lasse, schlagfähige Bäume werden abgeholzt. Ich habe bereits mit mehreren Firmen Kontakt aufgenommen, die bereit sind, das Holz abzunehmen und gute Preise zu zahlen. Doch um die Forstwirtschaft richtig in Schwung zu bringen, benötigen wir mindestens hunderttausend Mark. Es müssen Arbeiter eingestellt und bezahlt werden. Außerdem gedenken wir, auf dem Hof selbst einige Umbauten vorzunehmen und eine Schweinemast einzurichten. Das bringt in relativ kurzer Zeit recht gute Renditen. Ich habe Ihnen hier eine detaillierte Aufstellung mitgebracht, aus der Sie ersehen können, wie ich Kosten und Nutzen ausgerechnet habe. Wie Ihnen vielleicht bekannt ist, bin ich ausgebildete Betriebswirtschaftlerin und durchaus in der Lage, diese Pläne in die Realität umzusetzen.«

Der Direktor studierte lange Zeit die vorliegenden Unterlagen, dann nahm er sich ein Blatt Papier, begann zu rechnen, seufzte zwischendurch einmal unterdrückt und hob schließlich wieder den Kopf.

»Ich werde diese Pläne durch den Vorstand absegnen lassen müssen. Doch aus meiner Sicht kann ich Ihnen sagen, ist es für uns zu verantworten, Ihnen einen weiteren Kredit zu geben und Ihre Pläne zu finanzieren. Aber versprechen kann ich noch nichts«, dämpfte er die aufkommende Freude Renates.

Doch das Madl war nicht mehr zu bremsen. Tagelang hatte sie über diesen Plänen gebrütet, gerechnet und gegrübelt. Und jetzt schien der erste Erfolg zum Greifen nah!

»Wann findet die nächste Sitzung statt?«, fragte sie mit unterdrückter Erregung.

»Mittwoch nächster Woche. Bis dahin werden Sie sich gedulden müssen«, erklärte Lutters.

»Gut. Ich danke Ihnen schon jetzt vielmals. Ich bin fast sicher, dass alles glatt gehen wird. Und bald schon werden Sie sehen, dass der Hof wieder Ertrag bringt«, sagte das Madl.

4

»Genehmigt!«, jubelte Renate. »Die Bank hat zugesagt! Wir bekommen das Geld!«

Doch dann verdüsterte sich ihre Miene. »Aber die haben hier ganz schöne Auflagen gemacht. Nun gut, das werden wir auch noch schaffen.«

»Zeig mal her!«, sagte Katharina und nahm der Enkelin den Brief aus der Hand.

... gewähren wir die beantragte Aufstockung des Kredits unter folgenden Bedingungen:

1. strengste Einhaltung der vorgelegten Sanierungspläne.

2. Fachberatung durch Forstwirtschaftler, um eine Überforstung auszuschließen.

3. Einhaltung der vereinbarten Rückzahlungsraten.

4. Treuhandverwaltung des eingerichteten Sanierungskontos.

Die Treuhandverwaltung wird der Direktor der Bank, Herr Lutters, übernehmen, der allein der Bank verpflichtet ist.

Unter diesen Voraussetzungen wird der Kreditrahmen aufgestockt.

Wir danken Ihnen für das uns erwiesene Vertrauen und hoffen auf eine gute Geschäftspartnerschaft.

Katharina ließ das Blatt sinken. Zweifelnd schaute sie ihre Enkelin an.

»Glaubst du, das schaffen wir wirklich? Du musst Leute einstellen, du musst einen Forstwirt finden, der dich berät, und der muss auch bezahlt werden!«

»Wir müssen halt zuerst einmal alles das verkaufen, was net unbedingt nötig ist. Die großen Maschinen brauchen wir net mehr. Ich werd’ das Ackerland verpachten. Es ist günstiger, wenn wir Futter für die Tiere kaufen, weil ich dann net noch zusätzlich Leute einstellen muss. Der Stall muss umgebaut werden, damit wir mit der Schweinemast anfangen können. Für die Arbeit an den bewaldeten Hängen werden wir zwei Pferde brauchen, da kommen keine Traktoren hoch. Dann brauchen wir Sägen, Äxte und was sonst noch alles dazugehört.«

»Was ist mit der Franzi?«, fragte Katharina.

»Mit der Franzi? Was soll denn sein?«, fragte Renate.

»Das Pferd war eine verrückte Idee deines Vaters. Ein teures Reitpferd, das nur Kosten verursacht und nix einbringt! Das solltest du als erstes verkaufen«, empfahl Katharina.

»Niemals!«, rief Renate aus.

»Das Pferd gehört mir, es ist trächtig, und auch das Fohlen wird mir gehören! Das ist alles, was mir vom Vater geblieben ist, und ich werd’s niemals hergeben!«

»Aber es bringt doch nix. Du selbst sagst, alles muss verkauft werden, was überflüssig ist. Und nix ist überflüssiger als ein Reitpferd, das eher auf eine Rennbahn gehört als auf einen Berghof.«

»Da würd’ ich lieber das Auto verkaufen«, erklärte Renate erbittert. »Ich geb’ die Franzi net her. Darüber gibt’s keine Diskussionen mehr! Ich werd’ sie pflegen, damit sie ihr Fohlen bekommt, und nix wird mich daran hindern.«

»Willst du am End’ auch noch eine Pferdezucht aufmachen?«, fragte Katharina böse.

»Nein, das wär’ zu teuer.

Aber trotzdem werden die Franzi und ihr Fohlen bleiben. Und jetzt muss ich versuchen, ein paar gute Leute zu kriegen.«

»Du musst aufpassen, wenn du Arbeiter einstellst. Die meisten wollen sich nur einen guten Tag machen und net arbeiten«, warnte die Großmutter.

Renate lächelte sie an, fast schon wieder versöhnt.

»Ich bin dir dankbar für deine guten Ratschläge, Großmutter, aber ich nehm’ von den Leuten erst einmal das Beste an. Denn wer würd’ sich schon melden, wenn er net arbeiten wollt’! Und bezahlt werden die Leute ja auch nur, wenn sie was tun.«

»Aber nimm net so junge Leute! Nimm ältere, die haben mehr Erfahrung«, riet Katharina.

»Da magst du recht haben. Doch jetzt wird’s Zeit für mich. Ich werd’ erst einmal eine Stellenanzeige aufgeben und auch beim Arbeitsamt anrufen, vielleicht haben die ein paar Waldarbeiter. Und in der Jagdzeitung werd’ ich ein paar Pachten anbieten. Aber da muss ich mich noch genauer informieren. Ach ja, und meine Stellung muss ich kündigen. Es hat keinen Zweck, wenn ich weiterhin unbezahlten Urlaub nehm’. Ich kehre doch net mehr zurück.«

»Dein Vater hat nie jemand Fremdes in seinem Wald jagen lassen«, warf Katharina ein.

»Deswegen haben wir auch viel zu viel Wild und reichlich Verbissschäden. Da wird mir sicherlich der Forstwirt helfen können, wie das alles laufen muss. Was macht denn die Mutter?«, wollte Renate wissen.

»Die sitzt in der Stube und starrt aus dem Fenster.«

»So geht das net weiter! Kannst du sie net mit einspannen in die Hausarbeit? Da gibt’s doch mehr als genug zu tun! Schick sie auf den Dachboden, damit sie die Kisten mit den alten Sachen aussortiert! Und du machst ein gutes Mittagessen, gell?«

»Bist schon ein braves Madl«, meinte Katharina. »Wenn du nur net so stur wärst!«

»Ach, Großmutter, ich werd’ lernen müssen, mich durchzubeißen, und dazu gehört nun mal ein bissel Sturheit. Net alles, was du früher auf deine Art gemacht hast, kann man heut noch genauso machen. Da hat sich vieles geändert.«

5

»Mutter, willst du den Arbeitern net eine Brotzeit hinaus bringen?«, fragte Renate, die über einigen Büchern saß.

Marieluise seufzte nun.

»Mutter, hörst Du mich net? Bring bitte den Männern draußen eine Brotzeit! Die arbeiten so hart, da haben sie sich was zu essen verdient.«

Wortlos packte Marieluise einen Korb mit Brot, Butter, Schinken und Wurst und ging hinaus. Bald darauf hörte das Hämmern und Sägen auf, das bisher den ganzen Hof mit Lärm erfüllt hatte. Dann kehrte Marieluise in die Küche zurück, setzte sich auf einen Stuhl und starrte gedankenverloren aus dem Fenster, nichts konnte sie auf Dauer aus ihrer Trauer reißen.

Renate machte sich ernsthafte Sorgen um ihre Mutter. Marieluise war noch eine recht junge Frau, sie konnte sich doch nicht ewig in ihrer Trauer vergraben!

Es musste doch etwas geben, das sie wieder aufrichtete.

Doch bisher fiel Renate nichts ein. Sie schüttelte ihr langes braunes Haar, strich sich eine vorwitzige Strähne aus der Stirn und beugte sich erneut über die Bücher. In einer Stunde würde der Forstwirt kommen, mit dem sie sich in Verbindung gesetzt hatte.

Auch einige Arbeiter hatten sich bereits gefunden. Sie würden in der nächsten Woche bereits anfangen. Der Umbau des Stalls hatte jedoch Vorrang. Mastschweine konnten in relativ kurzer Zeit erste Erfolge bringen, und so wurde mit Hochdruck gearbeitet.

Es war fast zu viel Arbeit für das Madl, um alles musste sie sich selbst kümmern, denn die Großmutter musste den Haushalt führen, und die Mutter war kaum ansprechbar.

Und bei allem hatte Renate auch noch aufzupassen, dass Katharina sich nicht zu sehr in ihre Arbeit mischte. Sie hatte einfach zu veraltete Ansichten, auf diese Weise konnte heutzutage kein Hof mehr geführt werden.

Plötzlich klopfte jemand kräftig an die Tür. Das Madl schrak auf und rief unwillkürlich: »Herein!«

Die Tür öffnete sich, und ein Bild von einem Burschen trat ein. Groß war er, breit in den Schultern, er hatte leuchtend blondes Haar und strahlende blaue Augen. Er trug derbe Arbeitshosen, einen grob gestrickten Pullover und einen Rucksack auf dem Rücken.

»Grüß Gott, bin ich hier richtig? Mir wurde gesagt, es werden noch Arbeitskräfte gebraucht. Bei wem muss ich mich da melden?«

Renate starrte fasziniert auf den Burschen. Wo kam denn der her? Bestimmt nicht hier aus der Gegend, denn sie hatte ihn noch nie gesehen.

»Da sind Sie bei mir schon richtig«, antwortete sie, mühsam um Fassung ringend.

Was war nur mit ihr los? Noch nie hatte sie sich von einem Burschen gleich vom Äußeren her so beeindrucken lassen!

Sie stand auf und streckte ihm die Hand entgegen. Sein Händedruck war warm und kräftig.

»Ich bin der Auersberger Michael, Sie können mich Michel nennen, wenn Sie wollen. Welche Arbeit haben Sie denn zu vergeben?«

Renate fühlte sich seltsam berührt von der weichen dunklen Stimme. Energisch rief sie sich zur Ordnung.

»Ich brauche Waldarbeiter und Holzfäller. Haben Sie das schon mal gemacht?«

»Nein«, gab Michael lächelnd zur Antwort. »Aber ich werd’s schon schaffen. Hauptsache, ich hab’ Arbeit und ein Platzerl zum Schlafen. Über den Lohn werden wir sicherlich einig. Wann soll ich anfangen?«

»Warten Sie mal, das geht mir ein bissel zu schnell! Erst einmal muss ich wissen, was Sie vorher gemacht haben. Können Sie überhaupt so schwere Arbeit übernehmen...?«

Renate wurde unterbrochen. Die Großmutter kam herein. Misstrauisch schaute sie auf den Burschen, der da so lässig vor ihrer Enkelin stand.

»Was will der denn da?«, fragte sie unfreundlich.

Renate passte es nicht, wie die Großmutter sich wieder mal in ihre Angelegenheiten einmischte. Darum antwortete sie heftiger, als sie es eigentlich wollte:

»Das ist der Auersberger Michel, er wird ab heut für uns arbeiten. Ich werd’ ihm jetzt einen Platz im Gesindehaus zuweisen, und morgen kann er anfangen, wenn ich mit dem Forstwirt gesprochen hab’.«

»Glaubst du am End’ gar, dass dieser Bursch anpacken kann, wie es sich gehört? Der sieht eher aus, als wollt’ er sich einen schlauen Lenz machen«, murrte Katharina.

»Großmutter, bitte überlass das mir! Wir werden schnell sehen, was der Michel kann. Kommen Sie mit, ich zeig’ Ihnen, wo Sie Ihre Sachen lassen können!«, wandte sie sich an den Burschen.

Willig folgte Michel dem Madl, das ihn in das Gesindehaus führte.

»Hier ist sicher noch ein Platzerl frei für Sie. Am besten fragen Sie den Martel, der weiß genau Bescheid, weil er schon lang bei mir ist.«

»Ist gut«, sagte der Bursch.

»Die Angaben für die Steuer und so weiter können wir dann morgen fertigmachen. Da muss halt alles stimmen«, seufzte Renate mit einem letzten Blick zurück. Dann verließ sie das Gesindehaus und kehrte wieder an ihre Arbeit.

Michael Auersberger aber starrte dem schlanken Madl noch eine Weile nach, schüttelte über sich selbst den Kopf und begann, seine Sachen auszupacken.

Das war schon ein seltsamer Hof hier, aber diese Renate war wirklich ungewöhnlich. Wie konnte ein Madl allein die ganze Wirtschaft führen?

6

»Hopp, Franzi!«, rief Renate und lachte, als die Stute mit einem kräftigen Sprung über das kleine Hindernis hinwegsetzte. Das Tier war noch einige Zeit vor der Geburt und brauchte täglich Bewegung. Aus diesem Grund hatte Renate, wie schon oft in letzter Zeit, darauf verzichtet, mit dem Auto in den Wald zu fahren, um sich über die Fortschritte zu informieren, die die Arbeiter machten.

Noch immer war die Großmutter nicht damit einverstanden, dass die Stute auf dem Hof blieb. Ihre Meinung war unumstößlich, dass das Pferd auf eine Rennbahn gehöre, aber nicht auf einen Bauernhof. Renate konnte mit Engelszungen reden: dass Franzi jetzt, wo sie ein Fohlen bekam, noch wertvoller war, denn der Vater des Fohlens war ein berühmter Hengst. Es hatte den Vater eine schöne Stange Geld gekostet, die Stute von ihm decken zu lassen. Aber von alldem wollte die Großmutter nichts wissen.

Renate genoss es, sich nicht an die Wege halten zu müssen, sondern mit Franzi über Stock und Stein zu galoppieren. Sie duckte sich tief über den Hals des Tieres, als einige Zweige ihren Kopf streiften.

Bald schon hörte sie die lauten Rufe der Arbeiter, das Heulen der Sägen, und das Brechen trockenen Holzes. Kurz darauf war sie an Ort und Stelle. Sie band die Zügel um einen Baum und ging langsam auf die Schar der Männer zu. Der Förster Wachinger trat zu ihr.

»Grüß Gott, Fräulein Renate«, sagte er. »Wie Sie sehen, kommt die Arbeit gut voran. Wir säubern den Wald erst einmal vom Buschwerk, dann werd’ ich mit einigen Männern durchgehen und die Bäume zeichnen, die sich zum Schlagen eignen. Haben sie denn schon eine Vorstellung, was Sie an Holz brauchen?«

Renate reichte dem Mann die Hand und schaute interessiert zu den Arbeitern hinüber.

»Grüß Gott. Nein, genau weiß ich das noch nicht, aber ich hoff, in ein oder zwei Tagen werd’ ich die ersten Verträge abschließen, dann kann ich Ihnen sagen, wie viele Festmeter zuerst gebraucht werden. Wie machen sich denn die Arbeiter, die ich eingestellt habe?«

»Ich bin ganz zufrieden. Sie haben eine gute Auswahl getroffen. Besonders diesen einen da, der Auersberger, der kann für zwei arbeiten. Möcht’ nur wissen, was der vorher gemacht hat. Es scheint, als würd’ er sich gut auskennen.«

»Darüber weiß ich nix«, meinte Renate. »Aber es ist gut, wenn die Männer arbeiten können. Dann hab’ ich doch noch Hoffnung.«

Sie reichte dem Forstmann noch einmal die Hand und stieg wieder auf die Stute.

»Macht’s gut, Männer!«, rief sie zu den Arbeitern hinüber, dann schnalzte sie mit der Zunge, und das Pferd setzte sich in Bewegung.

Daheim stellte sie erschrocken fest, dass sie spät dran war. Sie hatte den Vertreter einer Möbelfirma eingeladen, um über mögliche Lieferungen zu verhandeln. Da stand auch schon ein eleganter Wagen auf dem Hof.

Renate stieg schnell ab, übergab das Pferd einem der Knechte und eilte ins Haus.

»Wo bleibst du denn so lang?«, fuhr Katharina das Madl an, als es nach oben huschen wollte, um sich umzuziehen. »Ich sag’s ja immer, das Pferd muss weg. Mit dem Auto wärst du längst wieder hier gewesen.«

»Darüber reden wir später, ja?«, sagte Renate unfreundlich. »Jetzt muss ich mich beeilen.«

Wenige Minuten später stand sie Hans Diederichs gegenüber, der sie mit einem bewundernden Blick begrüßte.

»Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft zu machen«, sagte er galant und warf ihr einen glühenden Blick zu. Renate nahm sich vor, auf der Hut zu sein. Mit Komplimenten konnte er sie nicht kaufen und auch nicht von den sicherlich harten Verhandlungen ablenken.

»Lassen Sie uns gleich zum Geschäft kommen!«, sagte sie kühl. »Bestimmt haben Sie Ihre Zeit auch net gestohlen.«

Gleich darauf saßen sie zusammen, und Diederichs nahm aus seiner Aktentasche Aufstellungen und Listen, die er auf dem Tisch ausbreitete. Renate ihrerseits hatte eine grobe Aufstellung über das Holz, das in schlagfähigem Zustand war.