Abenteuer Hundebegegnungen - Sarah Both - E-Book

Abenteuer Hundebegegnungen E-Book

Sarah Both

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Beschreibung

Wenn fremde Hunde in Sicht kommen, gleichen eure Spaziergänge eher einem Spießrutenlauf, als der entspannten Auszeit, die du gerne mit deinem Hund erleben möchtest. Du greifst die Leine fester, spannst dich an und bereitest dich auf das Unvermeidliche vor. Auf andere Hunde zu treffen bedeutet für dich und deinen Hund vor allem eines: Stress. Dein Hund zieht an der Leine, bellt und ist nicht mehr ansprechbar, wenn andere Hunde ihm zu nahe kommen? Er regt sich auf, sobald er einen anderen Hund sieht (vor Freude, oder Ärger über den anderen Hund und du kannst ihn Das muss nicht sein! Im Buch tauchen wir gemeinsam in die Welt deines Hundes ein. Du lernst, ihn besser zu verstehen und mit ihm Wege zu entwickeln, wie ihr in Zukunft ganz entspannte Spaziergänge haben könnt, auch wenn andere Hunde euren Weg kreuzen. Dazu gehört nicht nur das reine Training, sondern auch die Kommunikation zwischen euch, wenn keine Ablenkung da ist. Auch deiner Gedankenwelt werden wir uns widmen und ich gebe dir Ideen, wie du dein Kopfkino so umprogrammieren kannst, dass es keine Horrorfilme mehr abspielt. Das Buch bietet Hilfe zur Selbsthilfe. Mein Ziel ist es, dass du ein gutes Bauchgefühl dafür entwickelst, was dein Hund braucht und wie ihr gemeinsam schwierige Situationen meistern könnt. Ich wünsche mir für dich, dass du Sicherheit entwickelst. Eine solche gelassene Sicherheit, dass die Tipps und Ratschläge von Hundewiesenprofis, Fernsehtrainings und auch von mir nicht mehr wichtig sind. Du findest hier Impulse und Ideen, sinnvolle Trainingsmöglichkeiten und Wissen, das dir auf der Suche nach eurem eigenen Weg hilft. Natürlich gibt es auch konkrete Übungsanleitungen für einzelne Situationen. Was das Buch nicht bietet, sind vorgefertigte Zauberlösungen, mit denen jeder Hund von heute auf morgen „gehorcht“ und ruhig an anderen vorbeigeht. Die gibt es nicht. Denn da wo „schnelle Lösung“ und „sofortige Besserung“ draufsteht, steht meistens „Symptombehandlung“ im Kleingedruckten. Und ich möchte langfristige Lösungen schaffen. Damit die Begegnungen mit fremden Hunden für euch zukünftig kein Grund mehr zur Sorge und eure Spaziergänge wieder wunderbar entspannt sind.

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Veröffentlichungsjahr: 2021

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Abenteuer Hundebegegnungen

 

Andere Hunde treffen ohne Stress

 

von

 

Sarah Both

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Copyright © 2021 Sarah Both

bothshunde.com

Grafische Umsetzung: Anja Horn marken-hund.de

Coverbild: Art is Passion by Silvia Höld art-is-passion.com

Alle Rechte vorbehalten.

 

 

 

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

 

Abenteuer Hundebegegnungen:

Das erwartet dich hier 1

6

Hundebegegnungen in der Menschenwelt: Was ist so schwierig daran?7

Hundebegegnungen ohne Menscheneinfluss8

Andere Gründe, warum Hundebegegnungen schwierig sein können13

Lösungsstrategien für Konflikte15

Flucht: „Da hab ich keinen Bock drauf.“16

Übersprungshandlung: „Ich habe keine Lösung, deshalb mache ich irgendwas.“17

Erstarren: „Ich halt die Luft an, bis alles wieder stimmt.“19

Angriff: „Geh weg, hab ich gesagt!“20

Aggression: Was ist das – „der aggressive Hund“?25

Typische Lebensläufe von Hunden mit Begegnungsproblem30

Die Basis43

Stress: Kurze Zündschnur und Zuckerwatte im Kopf43

Stressphysiologie: Stresswirkung im Körper45

Auswirkung von Stress auf das Verhalten des Hundes49

Der Weg zu mehr Entspannung: Wie du Stress reduzierst52

Schlafen ist Trumpf: Wer viel schläft, findet Gelassenheit55

Entspannter Spazierengehen59

Der Körper in Schuss: Wenn es dem Körper nicht gut geht, ist Stress vorprogrammiert63

Schmerzen63

Hormone63

Ernährung65

Kopfkino im Griff67

Positives Kopfkino produzieren und bei Bedarf abspielen68

Atmen69

Deine Entspannung im Fokus70

Glaubenssätze und was andere denken71

Was du über fremde Hunde und ihre Besitzer denkst77

Trainingsschritt 1: Körpersprache – eure Kommunikation ohne Worte82

Deine Körpersprache - eine gemeinsame Sprache mit deinem Hund82

Deine Körpersprache in Hundebegegnungen83

Übung 1: Achte auf mich, wir sind gemeinsam unterwegs87

Übung 2: Wir machen uns die Welt, wie sie uns gefällt91

Übung 3: „Schau mal her“ – Herankommen ohne Worte94

Übung 4: Leinenführigkeit und Körpersprache: Achte auf mich, ich zeige dir den Weg98

Übung 5: Orientierung am Menschen auf größere Distanz101

Übung 6: Weiter – komm mit mir mit102

Körpersprache Hund – die kleinen Zeichen sehen105

Beobachtungssafari – mit offenen Augen durch die Welt107

Was bedeutet das, wenn mein Hund ...?109

Trainingsschritt 2: Zu ruhigen Begegnungen an der Leine115

Die Vorbereitung für richtig gutes Training115

Management: So wird der Alltag händelbar115

Managementmaßnahmen entwickeln – Plan A-X118

Der Rahmen für richtig gutes Training128

Die Basis für richtig gutes Training: Emotionen134

Das Markersignal: Dein Fotoapparat für den richtigen Moment136

Die passende Belohnung für dein Markersignal137

Das Markersignal aufbauen139

Hundebegegnungen trainieren146

Euer Trainingsplan: Zwischenschritte führen zum Ziel148

Das Trainingsprinzip: Entspannter Blickkontakt zum Gegenüber153

Was tun, wenn ...? – Tipps für dein Training154

Das Trainingsprinzip in der Praxis160

Dein Endziel: Vom direkten Blickkontakt zu entspannter Kommunikation164

Häufige Missverständnisse und hartnäckige Ammenmärchen165

„Mein Hund soll das für mich machen, nicht für Leckerlis.“165

„Dem muss man nur mal ‘ne ordentliche Ansage machen, dann lässt der das schon.“166

„Hunde sind Rudeltiere, die brauchen Kontakt zu vielen Artgenossen.“169

„Mein Hund zieht an der Leine, wenn ein anderer Hund kommt, wir müssen Leinenführigkeit trainieren.“170

„Die klären das unter sich.“171

„Ein alter Hund lernt das nicht mehr.“172

Höfliche Kommunikation mit Artgenossen175

Ein grundsätzlich entspannter Freilauf, ohne zu Überdrehen178

Anleinen ist keine Strafe, sondern eine Hilfestellung179

Ableinen – entspannt in den Freilauf starten180

Im Gespräch bleiben mit deinem Hund - auch ohne Leine181

Schleppleinentraining: Freilaufübung mit Sicherheitsnetz182

Orientierung an dir: In der Distanz und mit Ablenkung184

Bombensicherer Rückruf186

In der Praxis – Begegnungen im Freilauf187

Bilderbuchbegegnungen: Der Optimalfall188

Wenn der andere direkt auf euch zu rennt189

High Noon auf der Gassistrecke: Wenn die Spannung greifbar wird190

Zu Besuch – Verwandte und Bekannte...192

Was hast du aus dem Buch mitgenommen?194

Danke198

 

Abenteuer Hundebegegnungen: Das erwartet dich hier

„Da ist einer“, wufft Muffin und spannt sich vorsorglich schon einmal an. Die Muskelpakete aufgepumpt, die Rute aufgestellt, Ohren und Augen auf vollem Empfang. Lisa greift die Leine fester, hält die Luft an und bereitet sich auf das Unvermeidliche vor. „Muffin, bleib ruhig! Kein Theater dieses Mal!“, zischt sie ihrem Hund zu, während der andere immer näher kommt. Doch Muffin hört ihr nicht mehr zu, er zieht schon an der Leine und gleich wird er anfangen zu bellen. „Wie peinlich“, denkt Lisa. Es ist schon wieder Frau Müller mit ihrem tiefenentspannten Hund, die ihr abschätzige Blicke zuwirft. Eigentlich will Lisa nur schnell an den beiden vorbei, damit Frau Müller ihr nicht wieder irgendwelche Ratschläge gibt, wie sie Muffin „endlich mal richtig erziehen“ soll. Doch Muffin denkt nicht dran. Kaum kommen Frau Müller und ihr Fritz auf ihre Höhe, springt er in die Leine und bellt wie ein Besessener. Er sieht richtig gefährlich aus, wenn er sich so zeigt. Lisa stehen die Schweißperlen auf der Stirn. Muffin hat unglaublich viel Kraft. Und es ist ihr so peinlich, wie er sich benimmt. Jetzt werden die Dorffrauen ja wieder einiges zu tratschen haben. Dabei ist Muffin doch ein total lieber Kerl. Nur wenn er anderen Hunden begegnet, flippt er so aus. Lisa hat schon gar keine Lust mehr, mit ihm rauszugehen, denn Begegnungen mit anderen Hunden sind total unangenehm für sie.

 

So wie Lisa geht es vielen Menschen mit ihren Hunden. Wenn dir und deinem Hund die Begegnungen mit (manchen) anderen Hunden auch Kopfzerbrechen bereiten, dann ist dieses Buch genau richtig für dich. Wenn du eines der folgenden drei Probleme hast, wirst du hier fündig:

 

Dein Hund kommt eigentlich ganz gut mit Artgenossen klar, aber an der Leine flippt er aus, wenn ein anderer Hund (zu nah) kommt.

Dein Hund freut sich riesig, wenn andere Hunde auftauchen und kein Rufen hält ihn davon ab, zu dem anderen zu rennen.

Dein Hund will mit jedem Hund sofort spielen und wird „sauer“, wenn er nicht hindarf, oder der andere nicht mitspielt.

 

Mit diesen drei Problemen bist du hier gut aufgehoben. Eine Problemstellung, mit der du dich unbedingt, über dieses Buch hinaus, von einem erfahrenen Trainer begleiten lassen solltest, ist folgende:

Dein Hund mag andere Hunde gar nicht und hat riesige Probleme mit Begegnungen sowohl mit als auch ohne Leine.

 

Du wirst auch dazu hier im Buch Ursachen, Erklärungen und Ansätze finden (denn am Ende sind sie identisch mit denen für die anderen Themen). Aber wenn der Hund bereits sehr heftig reagiert, dann ist es aus meiner Sicht zwingend nötig, für das Training einen erfahrenen Profi an der Seite zu haben.

Für alle anderen Themen ist das sicher auch sinnvoll, keine Frage. Aber aus meiner Sicht nicht zwingend notwendig, wenn man ein gutes Gespür für den Hund hat und sich das nötige Wissen aneignet.

 

Auch, wenn dein Hund nicht bei jedem Hund gleich stark reagiert, sondern nur manchmal, lohnt sich das Weiterlesen. (Übrigens auch für Begegnungen mit Kindern, Fahrrädern, Kühen und anderen Dingen, bei denen dein Hund sich nicht so richtig wohl fühlt.)

 

Auf den folgenden Seiten tauchen wir gemeinsam in die Welt deines Hundes ein. Du lernst, ihn besser zu verstehen und mit ihm Wege zu entwickeln, wie ihr in Zukunft ganz entspannte Spaziergänge haben könnt, auch wenn andere Hunde euren Weg kreuzen. Dazu gehört nicht nur das reine Training, sondern auch die Kommunikation zwischen euch, wenn keine Ablenkung da ist. Auch deiner Gedankenwelt werden wir uns widmen und ich gebe dir Ideen, wie du dein Kopfkino so umprogrammieren kannst, dass es keine Horrorfilme mehr abspielt. Denn - das hast du sicher schon erlebt - wenn du selbst schon vor der Begegnung angespannt bist und deinen Hund gleich pöbelnd in der Leine hängend siehst, dann überträgt sich diese Anspannung prompt auf ihn und du kannst dein Kopfkino anschließend in der Realität bewundern.

Auch der Frage „Wie gehe ich mit den anderen Menschen um?“ Oder „Was tun, wenn ein fremder Hund auf uns zu gerannt kommt?“, werden wir in diesem Buch auf den Grund gehen.

 

Das Buch bietet Hilfe zur Selbsthilfe. Mein Ziel ist es, dass du ein gutes Bauchgefühl dafür entwickelst, was dein Hund braucht und wie ihr gemeinsam schwierige Situationen meistern könnt. Ich wünsche mir für dich, dass du Sicherheit entwickelst. Eine solche gelassene Sicherheit, dass die Tipps und Ratschläge von Hundewiesenprofis, Fernsehtrainings und auch von mir nicht mehr wichtig sind. Ganz einfach weil du weißt, dass du die richtigen Wege für euch finden wirst. Du findest hier Impulse und Ideen, sinnvolle Trainingsmöglichkeiten und Wissen, das dir auf der Suche nach eurem eigenen Weg hilft. Natürlich gibt es auch konkrete Übungsanleitungen für einzelne Situationen.

 

Was das Buch nicht bietet, sind vorgefertigte Zauberlösungen, mit denen jeder Hund von heute auf morgen „gehorcht“ und ruhig an anderen vorbeigeht. Die gibt es nicht. Denn da wo „schnelle Lösung“ und „sofortige Besserung“ draufsteht, steht meistens „Symptombehandlung“ im Kleingedruckten. Das bedeutet, nach außen hin verhält sich der Hund zwar zunächst angepasst, aber wenn die Ursache für sein früheres Verhalten noch da ist, wird es irgendwann wieder durchkommen. Wie beim Nudeltopf: Wenn es innen brodelt, nützt es nur für kurze Zeit, den Deckel auf den Topf zu legen. Wenn du die Flamme nicht aus machst, wird das Wasser trotzdem irgendwann überkochen.

Ich möchte, dass du den Grund verstehst, warum dein Hund sich so verhält. Denn auch wenn es aus Menschensicht manchmal unlogisch erscheint, gibt es immer einen wichtigen Grund, der hinter dem Verhalten steht. Erst wenn dieses Verständnis für die Ursache da ist, könnt ihr gemeinsam Lösungen finden, die sowohl aus der Sicht deines Hundes als auch in der Menschenwelt angemessen sind.

 

 

 

Bevor wir loslegen, lass mich dir noch eine grobe Orientierung im Buch geben. Die Übersichtsgrafik wird dich durch das ganze Buch begleiten und dir immer wieder zeigen, worum es im nächsten großen Kapitel geht.

Im ersten Abschnitt erkläre ich dir alles, was du wissen musst, um zu verstehen, wie dein Hund die Welt sieht und warum Begegnungen zwischen Hunden in unserem Alltag oft problematisch sind. Keine Sorge, das wird ganz sicher keine langweilige trockene Theorie, sondern macht richtig Spaß.

Danach folgt Abschnitt zwei über die Basis, die du brauchst, bevor das eigentliche Training mit deinem Hund startet. Hier sind zum Beispiel dein Kopfkino und das allgemeine Stresslevel deines Hundes Thema.

Der dritte Abschnitt enthält die drei Trainingsschritte, die dir und deinem Hund ganz praktisch helfen, die Begegnungen mit anderen Hunden entspannter zu gestalten. Trainingsschritt 1 besteht aus einer Reihe von Übungen, mit denen du eine gute Kommunikation zwischen dir und deinem Hund etablierst, die ihr für das spätere Begegnungstraining braucht. In Trainingsschritt 2 lernst du, wie du nach und nach Begegnungen an der Leine trainierst. Trainingsschritt 3 zeigt dann, wie du diese Entspannung auch auf Begegnungen im Freilauf übertragen kannst.

 

Das Buch ist kein Bilderbuch im klassischen Sinne. Du wirst in den Anleitungen und Beschreibungen keine der Bilderfolgen finden, die man üblicherweise in solchen Büchern sieht. Ich gebe mir Mühe, genau diese Bilder in deinem Kopf entstehen zu lassen, damit du den Impuls direkt für dich und deinen Hund in deinen Gedanken umsetzen kannst. Zu komplexen Abläufen findest du Videos auf einer extra Material-Website zum Buch, denn in bewegten Bildern sieht man viel besser als auf jeder Bilderreihe, worauf es wirklich ankommt.

Immer wieder im Buch erzähle ich dir von Fallgeschichten aus meinem Trainingsalltag, die helfen, den Blickwinkel zu verändern, mutige eigene Lösungen zu finden, oder den Einstieg ins Thema erleichtern.

 

Und jetzt: Lass uns starten. Ich wünsche dir viel Spaß beim Lesen, viele Aha-Momente und ein langsam aufkommendes „Wir kriegen das schon hin“-Gefühl.

 

Hundebegegnungen in der Menschenwelt: Was ist so schwierig daran?

Fangen wir vorne an und finden heraus, warum Begegnungen mit anderen Hunden für so viele unserer Vierbeiner eine echte Herausforderung sind. Manche Hunde scheint es nicht die Bohne zu interessieren, ob und wer an ihnen vorbeiläuft und andere regen sich schon auf, wenn nur der Geruch eines anderen Hundes in der Luft hängt. Dabei spielt weder die Rasse noch das Geschlecht deines Hundes eine Rolle und auch nicht, ob der Hund von klein auf in der Hundeschule war oder nicht. Probleme mit Begegnungen sind – gerade dort, wo viele Hunde aufeinandertreffen – ein ganz häufiges Thema. Auch wenn es an manchen Tagen so aussehen mag, als ob du mit eurer Herausforderung ganz allein bist und alle anderen Hunde völlig entspannt sind - glaub mir, das ist nicht so. Ungefähr jeder dritte Mensch, der meine Unterstützung im Training sucht, wünscht sich, dass sein Hund einen gelassenen Umgang mit anderen Hunden lernt.

Der erste Schritt, das Verhalten deines Hundes zu verändern, ist, dass du die Gründe verstehst, warum er so reagiert. Denn: Dein Hund hat immer einen guten Grund. Kein Lebewesen hat Spaß daran, sich so doll aufzuregen. Dahinter liegt immer ein Bedürfnis. Möglicherweise das Bedürfnis nach Abstand, dem der Hund durch lautstarkes Bellen Ausdruck verleiht. Wenn du herausfindest, welches Bedürfnis dein Hund in solchen Situationen hat, könnt ihr gemeinsam Lösungen dafür finden, die aus menschlicher Sicht angemessener erscheinen, als lautstarke Meinungsäußerung.

 

Schauen wir uns nun einmal genauer an:

Wie Hundebegegnungen ablaufen würden, wenn wir Menschen uns nicht einmischen würden. Und warum unsere Lebensart automatisch Konflikte für unsere Hunde in sich trägt.

Welche Möglichkeiten dein Hund hat, mit diesen Konflikten umzugehen.

Welche Ursachen noch hinter dem Verhalten (abwehrend oder übermäßige Freude) stecken können.

Was Aggression eigentlich bedeutet und warum sie gut ist.

Typische „Lebensläufe“ von Hunden mit Hundeproblem.

Hundebegegnungen ohne Menscheneinfluss

Wenn man freilebende Hunde (oder hundeartige Verwandte) beobachtet, wird ganz schnell klar, dass ihre Begegnungen mit Artgenossen deutlich anders ablaufen, als unter Menschen. Stell dir Folgendes vor: Du kommst in einen Raum voller Menschen, am anderen Ende entdeckst du den Gastgeber. Um ihn zu begrüßen, durchquerst du zielstrebig den Raum, läufst an allen anderen Gästen vorbei. Du gehst direkt auf ihn zu, ihr schaut euch an, lächelt und freut euch über das Wiedersehen. Als du direkt vor ihm stehst, ergreifst du seine Hand. Nach ein paar ausgetauschten Sätzen klopft dir jemand von hinten auf die Schulter. Du drehst dich um, entdeckst eine gute Freundin, strahlst sie an und fällst ihr in die Arme. Ihr schaut euch in die Augen und haltet euch einen Moment fest, bevor ihr in ein angeregtes Gespräch übergeht, um die jeweils andere auf den neuesten Stand zu bringen. Deine Freundin erzählt dir von ihrem neuen Partner, sucht ihn in der Menge und führt dich zu ihm. Sie stellt euch vor, ihr schaut euch direkt an und reicht euch die Hände.

 

 

 

Für uns Menschen ist eine solche Situation völlig normal und gesellschaftlich angemessen. Die gesellschaftlichen Normen und die Körpersprache der Hunde sehen dabei völlig anders aus. Gehen wir von freilebenden Hunden aus, die in ihrer Kommunikation nicht von Menschen beeinflusst wurden. Wenn ein solcher (erwachsener) Hund einen ihm bekannten Anderen trifft – zum Beispiel weil er zurück zur Gruppe kommt – dann läuft das ungefähr so ab:

Die beiden Hunde erkennen sich auf Distanz und nähern sich in einem kleinen Bogen, ohne den anderen dabei direkt anzuschauen. Sie laufen entspannt aufeinander zu, beschnüffeln sich kurz und gehen dann wieder ihrer Wege. Nichts in ihrer Körpersprache ist direkt auf den anderen gerichtet: Weder schauen sie sich direkt in die Augen, noch kommen sie bei der Begegnung direkt in den individuellen Bereich des Gegenübers (so wie wir es zum Beispiel beim Händeschütteln machen).

 

 

 

Kommt ein erwachsener Hund zur Gruppe und Welpen begrüßen ihn, dann fällt die Begrüßung durchaus stürmischer aus. Häufig laufen die Kleinen wedelnd und fiepend auf den Erwachsenen zu, machen sich dabei klein und schlecken ihm zur Begrüßung um die Schnauze. Sind sie zu forsch oder aufgeregt, wird ihnen der erwachsene Hund freundlich aber bestimmt mitteilen, dass sie ruhiger werden sollen.

 

Direkte Begegnungen unter fremden Hunden gibt es nur im Ausnahmefall. Auf „neutralem Boden“, also Gebieten, die zu keiner der beteiligten Hundegruppen gehören, gehen sich fremde Hunde möglichst aus dem Weg. Man läuft in einem großen Abstand aneinander vorbei und signalisiert wenn nötig durch langsames Gehen, Stehenbleiben, in die andere Richtung schauen, usw., dass man kein Interesse an einer Konfrontation hat. Wenn genügend Platz da ist, tun die Hunde alles, um Energie zu sparen und einer direkten Begegnung aus dem Weg zu gehen.

Ist nicht genügend Platz da, um weiträumig auszuweichen, bleibt die Prämisse immer noch: Energiesparen und Risiko vermeiden. Konflikte und Spannung sollen möglichst ohne Drama gelöst werden, damit die eigene Gruppe keinen Schaden nimmt. Also weder zu müde zur Nahrungsbeschaffung ist, noch mit Verletzungen nach Hause kommt.

Kommt ein fremder Hund zu nah an die eigene Gruppe, oder macht Ressourcen (Nahrung, Reviergrenzen, Sexualpartner etc.) streitig, wird er vertrieben. Mit Nachdruck. Auch hierbei geht ein kluger Hund möglichst wenig Verletzungsrisiko ein, wird allerdings in der Verteidigung seiner Ressourcen sehr deutlich werden.

Wie sieht ein Hund aus, der einen anderen vertreibt und „deutlich wird“? Er geht zielstrebig und frontal auf den anderen zu und schaut ihn an. Zieht sich der andere nicht zurück, geht er weiter auf ihn zu und dringt körperlich in den persönlichen Bereich des anderen ein, notfalls auch inklusive Einsatz der Zähne und des Körpers. So lange, bis der andere den Rückzug antritt.

 

Fällt dir was auf? Bestimmt.

Unsere höfliche Annäherung an fremde Menschen ist körpersprachlich sehr ähnlich mit der, die Hunde nutzen, wenn sie die direkte Konfrontation suchen. Aus Hundesicht verhalten wir Menschen uns also permanent unhöflich und abwehrend, wenn wir andere Menschen begrüßen.

Das ist für die meisten Hunde erstmal noch kein Problem – es sei denn, dein Hund findet fremde Menschen auch nicht so prickelnd. Dann kann schon allein das direkte auf diesen Menschen Zugehen, für deinen Hund unangenehm sein.

Wenn beide Menschen einen oder mehrere Hunde dabei haben, wird die Situation noch spannender. Die Menschen gehen aufeinander zu, schauen sich an und kommen meist nah an den anderen heran. Gehen die Hunde neben ihren Menschen, werden sie durch das aus ihrer Sicht offensive Annähern dazu genötigt, sich dem anderen Hund gegenüber ebenfalls unhöflich zu verhalten. In der Hundesprache übliches „weiße Fahne schwenken“ in Form von im großen Bogen laufen, stehen bleiben und weggucken, am Boden schnüffeln und Co. ist in so einem Moment meist nicht möglich, weil wir vom Hund erwarten, dass er mit uns mitläuft.

Dabei spielt es keine große Rolle, ob wir den anderen Menschen wirklich begrüßen, zu ihm laufen und stehen bleiben, oder auf einem drei Meter breiten Fußweg nur am entgegenkommenden Menschen mit Hund vorbeilaufen wollen. Aus Perspektive der Hunde sind beide Momente ähnlich „direkt“ und in jedem Fall zu nah, um in der Hundewelt höflich zu sein.

 

Unsere menschlichen Vorstellungen von angelegten Wegen und Flächen, die nicht zu betreten sind, sind für den Hund nur schwer verständlich. Wenn der Feldweg zu eng ist, würden unbeeinflusste Hunde weiträumig auf die anliegenden Felder ausweichen, um der Höflichkeit der Begegnung genüge zu tun.

Wir Menschen leben (meistens) aus Hundesicht auf sehr engem Raum, der wenig Platz für große Individualdistanz zulässt. Dort, wo viele Menschen auf engem Raum zusammenleben, sind meist auch viele Hunde. Und damit viel Konfliktpotential.

Hier kommt dann ein weiterer Faktor hinzu. Die meisten unserer Hunde definieren die Umgebung außerhalb der eigenen Wohnung oder des Gartens nicht so stark als ihr Territorium, als dass es ernstzunehmende Ressourcenstreitigkeiten geben würde. Dennoch ist die Hundemeile direkt hinter dem Häuserblock, auf der sich alle Gassigeher häufig bewegen, ein Bereich, in dem auch territoriale Konflikte dazukommen. Manche Hunde reagieren darauf gar nicht mehr (beziehungsweise nicht so, dass wir eine Auswirkung spüren), weil ihre Vorfahren über Jahrhunderte so ausgewählt wurden, dass sie sich für den Menschen möglichst unproblematisch verhalten. Auch durch Zucht werden solche Eigenschaften beeinflusst: Hunde, die sich zu stark territorial verhalten haben, wurden nicht verpaart, damit die Haltung mehrerer Hunde einfacher ist. Es gibt jedoch auch Rassen, bei denen genau diese Eigenschaften gefördert wurden. Beispielsweise Hunde, deren Aufgabe ursprünglich der Schutz (teilweise nur durch „Alarm“, manchmal auch durch selbst aktiv werden) des Grundstücks, der Menschen oder des Viehs war. Zum Beispiel Hovawarte, Kangals, Akita Inus, Rottweiler, Schnauzer, Pinscher und einige mehr.

 

Die Begegnungen in unserer engen und vollen Menschenwelt ist also per se aus den Augen eines Hundes konfliktbehaftet.

 

Es gibt Hunde, die so souverän sind und absolute Profis in hündischer Körpersprache, dass sie auch enge Begegnungen völlig gelassen und ohne erkennbares Konfliktpotential lösen können. Selbst wenn das Gegenüber unsicher ist, deeskalieren diese Hunde in solcher Feinheit, dass es uns Menschen meistens gar nicht auffällt. Solche Kommunikationsprofis sind unter Hunden in etwa so häufig vertreten, wie ihre Pendants unter Menschen. Wenn du so einen Vertreter hättest, würdest du dieses Buch vermutlich nicht lesen, denn mit solchen Hunden tauchen Probleme in Begegnungen so gut wie nie auf.

Für alle anderen birgt das Aufeinandertreffen mit fremden Hunden in den meisten Fällen zumindest das Potential, dass sie sich unwohl fühlen.

Hat der Hund nicht gelernt, diese aus seiner Sicht absolut unhöfliche Annäherung an fremde Menschen und Hunde hinzunehmen und entspannt zu bleiben, kann schon das allein dafür sorgen, dass er irgendwann eine Lösungsstrategie für diesen Konflikt entwickelt, die uns nicht gefällt. Oder andersherum: Wenn wir Menschen die kleinen Zeichen nicht sehen und unserem Hund nicht helfen, mit seinem Konflikt umzugehen und eine Lösung zu finden, die für beide Weltanschauungen passend ist, wird er eine eigene entwickeln.

Das muss nicht unbedingt heißen, dass er aggressiv nach vorne geht. Eine Strategie kann auch sein, übertrieben in den Clownsmodus zu verfallen und den Konflikt möglichst albern zu überspielen. Auch wenn der Pseudo-Spielmodus für uns Menschen die angenehmere Variante ist, so ist es für den Hund ebenso anstrengend und stressig, als würde er die Aggression als Lösungsstrategie für sich auswählen.

 

Natürlich gibt es noch weitere Gründe, warum Hunde in Begegnungen mit Artgenossen Probleme entwickeln. Diese erfährst du im nächsten Kapitel, bevor es anschließend um die verschiedenen Lösungsstrategien für Konflikte geht.

Andere Gründe, warum Hundebegegnungen schwierig sein können

Neben unserer menschlichen Lebenswirklichkeit, die für unsere Hunde oft eine echte Herausforderung an den Hundeknigge darstellt, gibt es auch noch eine Reihe weiterer Gründe, warum Begegnungen mit anderen Hunden schwierig sein können. Eine Auswahl an Gründen liest du in diesem Kapitel.

 

Häufiger als du vielleicht denkst, gibt es eine körperliche Ursache für die Reizbarkeit oder Übellaunigkeit eines Hundes. Wenn deinem Hund etwas weh tut, dann ist sein Bedürfnis, sich den aufgedrehten Junghund vom Leib zu halten, bevor er ihn anrempelt, wahrscheinlich sehr hoch. Dabei sind die meisten Schmerzen gar nicht so offensichtlich, dass es uns im Alltag sofort auffallen würde. Zahnschmerzen oder anhaltende Kopfschmerzen durch einen Monate zurückliegenden Sturz und dabei entstandenen Blockaden der Wirbel und Gelenke sind von außen schwer mitzubekommen.

 

Gerade bei Hunden, die selbst sehr aufgeregt und zappelig sind, kann oft schon das allgemeine Stresslevel dafür sorgen, dass ihre Reaktionen auf kleinste Herausforderungen im Alltag übertrieben erscheinen. Wer völlig gestresst und angespannt ist, der reagiert auf eine unangenehme Situation ganz anders, als ein ansonsten tiefenentspannter Hund. Das kennen wir gut von uns selbst: Kurz vor dem Urlaub, wenn wir so richtig urlaubsreif sind, kann uns eine unbedacht formulierte E-Mail schon einmal auf die Palme bringen. Nach dem Urlaub, wenn wir noch gänzlich entspannt die ersten aufgelaufenen Nachrichten lesen, können wir wahrscheinlich selbst auf die unverschämteste Mail locker und entspannt antworten. Wenn du das Gefühl hast, das könnte bei deinem Hund ein Thema sein, dann lohnt es sich, zuerst am Thema Stress anzusetzen, bevor das Training in den Begegnungen aufgenommen wird. Dazu aber später noch mehr.

Hast du einen Welpen oder Junghund bis ca. zwei Jahre, dann kennst du sicher Phasen, in denen er plötzlich wieder ängstlich auf Dinge reagiert, die eigentlich schon total entspannt waren. Diese Phasen gehören zur gesunden Hirnentwicklung eines jeden Hundes dazu und sind mit den Fremdelphasen bei Kleinkindern vergleichbar. Wenn dein junger Hund von jetzt auf gleich wieder zögerlich in bestimmten Situationen ist, dann gib ihm Raum, um zu verarbeiten, was in seinem Kopf gerade alles passiert. Hunde entwickeln sich unglaublich schnell im Vergleich zu uns Menschen. In den spooky periods – wie die Phasen auch genannt werden – schaltet das Hirn quasi auf „Inventurmodus“. Dabei kann es schon mal vorkommen, dass falsche Verknüpfungen zustande kommen und bereits Erlerntes wieder ganz weit unter dem Papierstapel verschwindet.

 

Üblicherweise sind spooky periods in folgendem Alter zu beobachten:

1. Phase: ca. 8. Woche (Dauer 1 Woche)

2. Phase: ca. 16. Woche (Dauer 1 Woche)

3. Phase: ca. 9. Monat (Dauer 1-3 Wochen)

4. Phase: ca. 15 Monate (Dauer 1-3 Wochen)

5. Phase: ca. 26 Monate (Dauer 1-3 Wochen)

 

Wenn du die Vermutung hast, dass dein Junghund gerade in einer dieser Phasen ist, dann gönn ihm eine Pause von allem, was neu und anspruchsvoll für ihn ist. Sobald die Umbauarbeiten im Hirn abgeschlossen sind, ist er wieder voll aufnahmefähig und zu allen Abenteuern bereit.

 

Manchmal hat die Abneigung gegenüber anderen Hunden auch gar nichts mit den Hunden an sich zu tun. Zum Beispiel dann, wenn der Hund eine unangenehme Erfahrung mit fremden Hunden verknüpft hat. Solche Fehlverknüpfungen passieren schnell und sind für uns manchmal gar nicht so ersichtlich. Es ist sogar möglich, wenn die negative Erfahrung gar nicht direkt mit dem fremden Hund zu tun hat. Ein krasser Fall in meinem Trainingsalltag war ein Hund, der aus Versehen an einen Stromzaun gekommen ist, ausgerechnet in dem Moment, als der zum Stall gehörende Hofhund in sein Sichtfeld gekommen ist. Die Erfahrung war so prägend für den Hund, dass er ab da die Begegnung mit dem speziellen Hofhund, aber auch mit ähnlich aussehenden Hunden unbedingt vermeiden wollte.

Der Stromzaun ist schon ein krasses Beispiel für Fehlverknüpfungen in dem Bereich. Es geht auch deutlich weniger offensichtlich: Ein lauter Knall in der Umgebung in Gegenwart eines fremden Hundes. Herrchens Hand, die immer an der Leine ruckt, wenn er den anderen Hund sieht, weil der vorherige Hund mit anderen auch nicht so gut ausgekommen ist. Schon so vermeintlich kleine Dinge, können für Anspannung sorgen.

 

Wo wir schon dabei sind, dass deine Reaktion am anderen Ende der Leine deinen Hund beeinflussen kann ...

Auch deine Gedanken und deine gesamte Körpersprache wirken sich auf deinen Hund aus und können sein Verhalten verändern. Dieser Grund ist so häufig eines der Kernprobleme bei Begegnungsproblemen, dass wir dem Thema hier im Buch ein eigenes Kapitel widmen.

 

Zu guter Letzt in dieser unvollständigen „Gründe“ - Liste dürfen die Hormone nicht fehlen. Hündinnen, die über den Zyklus hinweg immer wieder auch Verhaltensveränderungen zeigen. Intakte Rüden, die in der Nähe läufiger Hündinnen einen Teil ihres Hirns zu Hause vergessen haben. Früh kastrierte Hunde, denen durch die Kastration ein Teil ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung verwehrt wurde und die sich weiter so unsicher wie Junghunde verhalten. Hormonelle Ursachen für gereizte Stimmung und kreative Verhaltensideen gibt es einige.

 

Jetzt hast du einen groben Überblick darüber, welche Einflüsse die Begegnung mit anderen Hunden zur Herausforderung machen können. In den folgenden Kapiteln schauen wir uns an, welche Verhaltensoptionen ein Hund grundsätzlich hat, wenn er einer solchen Herausforderung begegnet.

Lösungsstrategien für Konflikte

Unsere Hunde haben vier Strategien, mit denen sie Konfliktsituationen lösen können. Wie du im vorangegangenen Kapitel schon gelesen hast, ist hier mit Konflikt nicht erst die Eskalation gemeint. Als Konflikte bezeichnen wir insbesondere die kleinen Situationen, in denen der Hund eine Lösung finden muss, um möglichst entspannt eine eigentlich unhöfliche Begegnungssituation aufzulösen.

 

Die vier Konfliktlösungsstrategien werden im Fachjargon auch als die „4 F’s” bezeichnet, denn in der englischen Bezeichnung fängt jede der Strategien mit einem „F” an:

 

Flucht (Flight)

Übersprungshandlung (Fiddle)

Erstarren (Freeze)

Angriff (Fight)

 

Diese vier Konfliktlösungsstrategien kannst du übrigens auch bei uns Menschen beobachten. Bei Diskussionen in der Familie oder im Büro kannst du gern mal schauen, wer von ihnen welche Strategien bevorzugt einsetzt. Das kann richtig Spaß bringen.

 

Schauen wir uns zunächst einmal an, was diese einzelnen Strategien bedeuten.

Flucht: „Da hab ich keinen Bock drauf.“

Die Option, die aus Hundesicht am schnellsten Entspannung bringt, ist den Abstand zu dem Reiz zu vergrößern, der den Konflikt auslöst.

Das bedeutet zum Beispiel, so weit vom anderen Hund wegzugehen, bis die Individualdistanz beider Hunde wieder hergestellt ist. Die Individualdistanz meint den Raum, den jeder Hund braucht, um sich komplett wohl und sicher zu fühlen. Wenn du Dirty Dancing gesehen hast: „Mein Tanzbereich, Dein Tanzbereich“ – dann ist die Individualdistanz der Tanzbereich deines Hundes. Ich kenne einige Hunde, die im Freilauf normalerweise ganz nah bei ihren Menschen bleiben. Kommt ein anderer Hund in die Nähe, entfernen sie sich teils auf über hundert Meter, um der Begegnung aus dem Weg zu gehen, und kommen dann wieder zu ihren Menschen zurück.

Meine Hündin Alma nutzt ebenfalls gerne die gesamte Breite des Weges (oder einer angrenzenden Wiese) aus, um zwar auf meiner Höhe zu bleiben, aber dennoch möglichst Abstand zu Hunden zu bekommen, die sie nicht kennenlernen möchte.

Um den Wunsch nach Abstand (körperlich und geistig) zum anderen Hund zu signalisieren, muss es keine so große Bewegung sein, wie das Ausweichen auf den nächsten Weg.

Auch kleine körpersprachliche Signale, die den anderen Hund beschwichtigen sollen, können in diese Strategie gezählt werden. Diese Beschwichtigungssignale – die „weiße Fahne“ der hündischen Kommunikation – signalisieren dem anderen: „Ich will nichts von dir, lass uns cool bleiben und das Beste aus der Situation machen“. Solche Signale können in Begegnungen zum Beispiel sein: Den Kopf wegdrehen, den Blick vom anderen Hund abwenden, den Körper wegdrehen, ganz interessiert (und damit betont uninteressiert am Gegenüber) an einem Grasbüschel schnüffeln.

Gleichzeitig sind diese Signale deines Hundes auch ein wunderbares Zeichen für dich: „Hey Frauchen, das ist mir nicht ganz geheuer, lass uns dem da mal lieber sagen, dass wir friedlich sind.“

 

Vielleicht fällt dir bei dieser Strategie schon eines auf: Diese Lösungsoption zu wählen, ist für den Hund deutlich leichter, wenn er im Freilauf ist. Er kann den Abstand vergrößern, er kann stehen bleiben und Schnüffeln, er kann sich umdrehen. Allgemein ist er in seiner Kommunikation mit dem anderen Hund größtenteils unabhängig von dir.

Ist dein Hund an der Leine, sind die Möglichkeiten meist stark eingeschränkt. Praktisch jedenfalls. Denn theoretisch könnte dein Hund sein gesamtes Verhaltensrepertoire auch zeigen, während du die Leine hältst. Das setzt aber voraus, dass du deinen Hund von Anfang an richtig gut „lesen“ könntest und genau weißt, was er meint. Und auch, dass dein Hund sich an der Leine traut, solche Verhaltensentscheidungen allein zu treffen. Beides – sind wir ehrlich – ist in der Realität selten zu finden. Und wenn, dann haben solche Teams ganz bestimmt keine Probleme mit Begegnungen.

Es passiert so schnell, dass man eines der kleinen Signale übersehen hat und der Hund es dann nicht mehr zeigt, weil er denkt, es sei in der Menschenwelt nicht erwünscht.

Dein Hund geht langsamer, du im normalen Tempo weiter, irgendwann muss er wieder aufholen. Er bleibt stehen und schnüffelt, du sagst ihm, er soll weitergehen, weil dir nicht bewusst ist, was er da gerade tut. Er bleibt kurz stehen und schaut den anderen Hund an. Du sagst ihm, er soll weitergehen, weil dir wichtig ist, dass er „ordentlich an der Leine geht“.

Das führt irgendwann dazu, dass der Hunde an der Leine, die Strategie „Flucht“ nicht mehr für sich in Betracht zieht und auf andere Strategien zurückgreift.

Übersprungshandlung: „Ich habe keine Lösung, deshalb mache ich irgendwas.“

Mit Übersprungshandlungen ist ein Verhalten deines Hundes gemeint, das gar nicht zu der bestehenden Situation passt.

Oftmals können sie gleichzeitig als Beschwichtigungssignal („weiße Fahne schwenken“) gesehen werden. Eine Übersprungshandlung kann zum Beispiel sein: Sich kratzen, niesen, sich schütteln, buddeln, über die Schnauze lecken, Spielsequenzen abspulen, die eigene Rute jagen, sich im Kreis drehen und viele verschiedene mehr. Die Übersprungshandlungen sind das, was von uns Menschen am seltensten als solche erkannt wird, denn es ist kein besonders offensichtliches Verhalten. Meiner Erfahrung nach haben Hunde auch hier ihre Präferenzen. Der eine kratzt sich, wenn er nicht mehr weiter weiß und der nächste wird zum Clown und zeigt wilde Spielaufforderungen in alle Richtungen. Natürlich ist nicht jedes Kratzen deines Hundes eine Übersprungshandlung. Ist dein Hund aber gerade in Konflikte involviert, dann könnte das eine seiner Strategien sein, die Situation zu entschärfen.

Auch übertrieben freundlich erscheinende Annäherungsversuche zählen in diese Kategorie. Von jungen Hunden, die an anderen hochspringen oder sich direkt auf den Rücken legen, bis zu wilden Spielaufforderungen ist hier alles vertreten.

 

Gerade bei Hunden, die in angespannten Momenten Spielaufforderungen zeigen, ist es für uns Menschen gar nicht so eindeutig, was passiert. Häufig freut man sich „wie schön die miteinander spielen“. Doch wenn fremde Hunde aufeinandertreffen und sofort „ohne vorheriges Kennenlernen“ ein „Spiel“ starten, hat es selten etwas mit entspannter Spielatmosphäre zu tun. Meistens ist es ein Scheinspiel, um der vorangegangenen Anspannung einen möglichst risikolosen Weg zu ebnen.

---ENDE DER LESEPROBE---