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Martin Christen Achgott. Und andere Dialoge. Die Gespräche zwischen mir und meinem persönlichen Achgott sind zwar privat - jedoch aufgrund ihrer unterhaltsamen, oft witzigen, skurrilen und ironischen Art auch für ein breiteres Publikum von Interesse, vor allem für Leserinnen und Leser, die an einen Gott, einen Achgott oder eine andere Göttlichkeit glauben oder deren Existenz in Zweifel ziehen respektive negieren. Das lässt sich auch über die anderen Dialoge sagen, ausser dass in diesen weder Achgott noch ich eine Rolle spielen. Fazit: Empfehlenswert. November 2021, Hubert Heidn
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Seitenzahl: 250
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Ehrlich gesagt, Herr Achgott, gehöre ich auch zu denen… Denn, obwohl Sie hier leibhaftig vor mir stehen, bezweifle ich, dass es Sie gibt.
Und andere Dialoge.
Achgott eins
Achgott zwei
Achgott drei
Achgott vier
Achgott fünf
Achgott sechs
Achgott sieben
Achgott acht
Achgott neun
Achgott zehn
Achgott elf
Achgott zwölf
Achgott dreizehn
Achgott vierzehn
Achgott fünfzehn
Achgott sechzehn
Achgott siebzehn
Achgott achtzehn
Achgott neunzehn
Achgott zwanzig
Achgott einundzwanzig
Achgott zweiundzwanzig
Achgott dreiundzwanzig
Achgott vierundzwanzig
Achgott fünfundzwanzig
Achgott sechsundzwanzig
Achgott siebenundzwanzig
Achgott achtundzwanzig
Achgott neunundzwanzig
Achgott dreissig
Achgott einunddreissig
Achgott zweiunddreissig
Achgott dreiunddreissig
Achgott vierunddreissig
Achgott fünfunddreissig
Achgott sechsunddreissig
Achgott siebenunddreissig
Achgott achtunddreissig
Achgott neununddreissig
Achgott vierzig
Achgott einundvierzig
Achgott zweiundvierzig
Und andere Dialoge.
Die Umfrage
Am Kiosk
Der Taxifahrer
Die Einbürgerung
Die Ausbürgerung
Freitag, der Dreizehnte, A
Freitag, der Dreizehnte, B
Frau Mieze
Miss Kleinlützelflüh
Die Kerze, A
Die Kerze, B
Trump
A- und Rudolf
Gameworld
Heute erklär ich meiner Urgrossmutter:
Das Selfie
Die Fernbedienung
Die Verpackung
Das Facebook
Das Leben
my
my aasgeier
is waiting
for
me
i’m
doing
my
best
Heidn
Entschuldigen Sie bitte!
Achgott
Ja?
Heidn
Wir machen hier eine Strassenumfrage und hätten Ihnen gerne einige Fragen gestellt.
Achgott
Nur zu!
Heidn
Sie machen also mit?
Achgott
Deshalb bin ich ja hergekommen!
Heidn
Herzlichen Dank!
Achgott
Worum geht’s denn in dieser Umfrage?
Heidn
Um so Allgemeines – Haltungen, Einstellungen, Lebensfragen…
Achgott
Beginnen Sie!
Heidn
Haben Sie denn fünf Minuten Zeit?
Achgott
Ich stehe Ihnen zur Verfügung!
Heidn
Das Ganze ist anonymisiert, das heisst, Ihre Antworten werden vertraulich behandelt, was bedeutet, dass niemand weiss, wer Sie sind.
Achgott
Dessen bin ich mir bewusst.
Heidn
Also zuerst die Vorfragen: Alter, Geschlecht, Ausbildung, Beruf, Wohn- und Lebensform, Wohnort.
Achgott
Das ist aber schon eine ganze Menge.
Heidn
Ja schon, aber Ihr Name, Ihre Identität interessiert uns nicht.
Achgott
Nur meine Antworten?
Heidn
Nur Ihre Antworten: Die werten wir aus, erstellen eine Übersicht mit grafischen Darstellungen etc.
Achgott
Interessant. Also fangen wir an.
Heidn
Geschlecht? – Männlich.
Achgott
Ja, momentan.
Heidn
Das ist doch korrekt, oder etwa nicht? Sie planen doch nicht etwa eine Geschlechtsumwandlung?
Achgott
Wo denken Sie hin! – Es hängt doch ganz von den Vorstellungen derjenigen Person ab, mit der ich mich gerade unterhalte…
Heidn
Wie dem auch immer sei – «männlich». – Wissen Sie, ich werde pro ausgefüllten Fragebogen bezahlt, und wenn ich schon für die statistischen Vorfragen zu viel Zeit aufwenden muss, dann lohnt sich das nicht mehr für mich, verstehen Sie?
Achgott
Natürlich, ich verstehe Sie vollkommen! Und da Sie ja mitten im Studium stecken und demnächst wichtige Prüfungen anstehen, sollten wir das so schnell wie möglich hinter uns bringen.
Heidn
Ja, genau! Danke für Ihr Verständnis.
Achgott
Bitte sehr, sehr gern geschehen.
Heidn
Alter? Wie alt sind Sie?
Achgott
Wie alt schätzen Sie mich denn?
Heidn
Also, ich würde sagen: Zwischen 40 und 49.
Achgott
Kreuzen Sie’s an!
Heidn
Ausbildung? Welche Schulen haben Sie besucht?
Achgott
Keine.
Heidn
Aber Sie machen mir einen sehr intelligenten, gebildeten Eindruck.
Achgott
Vielen Dank. Na ja – man könnte es eventuell als eine Art Homeschooling bezeichnen.
Heidn
Wären Sie denn mit „Privatschule“ einverstanden?
Achgott
Am liebsten wäre mir, wenn Sie „anderes“ ankreuzen könnten.
Heidn
Also „anderes“. – Ihr Beruf, den Sie gerade ausüben?
Achgott
Beratungen gehören zu den Dienstleistungen, aber auch zu den Sektoren Bildung, Kultur und Wissenschaft, Forschung.
Heidn
Aber ich kann nur den wichtigsten Sektor markieren.
Achgott
Dann also „Dienstleistungen“.
Heidn
Danke! Und Ihre Position?
Achgott
Kreuzen Sie „CEO“ an – das könnte noch am ehesten zutreffen.
Heidn
Toll – Einen CEO hatte ich noch nie! Freut mich!
Achgott
Mich ebenfalls! Und Sie machen Ihre Sache gut – als CEO kann ich das beurteilen!
Heidn
Danke, mein Herr. – Jetzt Ihr Wohnort – respektive wohnen Sie auf dem Land, in einer Grossstadt, einer Kleinstadt oder in der Agglomeration?
Achgott
Wissen Sie, ich halte mich an vielen Orten auf – wie jetzt zum Beispiel.
Heidn
Gemeint ist, wo sich Ihr Lebensmittelpunkt befindet, Ihr tatsächlicher Wohnsitz.
Achgott
Nehmen Sie „Land“, das trifft’s am ehesten.
Heidn
Danke, also „Land“… Und zum Schluss noch, ob Sie alleinstehend, verheiratet, getrennt oder geschieden sind.
Achgott
Das ging aber schnell… Also kreuzen Sie „Single“ an, das ist nicht gelogen!
Heidn
Nein-nein. Sie haben mich falsch verstanden! Wir sind erst am Ende der einleitenden Fragen. Die Umfragefragen folgen erst jetzt!
Achgott
Gut. Ich habe ja Zeit. Wie lautet denn Ihre erste Frage?
Heidn
Glauben Sie an Gott?
Heidn
Sie?
Achgott
Ja bitte?
Heidn
Ist dieser Platz noch frei, Herr …?
Achgott
… Achgott. Achgott ist mein Name. Setzen Sie sich nur!
Heidn
Danke sehr, Herr Achgott. Mein Name ist Heidn. Ich bin hier in den Ferien. – Und Sie, Herr Ach...?
Achgott
Ach, ich bin eher zufällig hier. Ich dachte mir: Setz ich mich mal an den Tisch und warte, bis Herr Heidn sich zu mir setzt.
Heidn
Und schon bin ich da! – Ganz im Ernst: Ich bin Lehrer – gewesen. Und nun pensioniert. Und Sie? Was machen Sie denn beruflich?
Achgott
Ich bin eine Art Unternehmer…
Heidn
Mit eigener Firma?
Achgott
Ja und nein – meine „Firma“ ist in keinem Handelsregister eingetragen, ich bezahle auch keine Steuern und eine Aktiengesellschaft ist es auch nicht. – Wie verbringen Sie denn Ihre Ferien, Herr Heidn?
Heidn
Allein, ganz allein – wie meistens.
Achgott
Und das ist schwierig für Sie?
Heidn
Nicht wirklich: Erstens habe ich mich daran gewöhnt und zweitens kann ich tun und lassen, was ich will. Ohne Rücksicht nehmen zu müssen.
Achgott
Sie haben sich also nicht neben mich gesetzt, weil Sie sich allein fühlen?
Heidn
Nein-nein. Alle Tische waren besetzt und Sie – verzeihen Sie – erschienen mir sympathisch, so dass ich es wagte, Sie anzusprechen …
Achgott
Ich habe Sie erwartet, Herr Heidn!
Heidn
Normalerweise wäre ich zum nächsten Restaurant gegangen und hätte da nach einem leeren Tisch gesucht, Herr ... Ähm.
Achgott
Ich weiss, ich weiss.
Heidn
Sie haben mich erwartet?
Achgott
In gewisser Weise: Ich bin zum ersten Mal hier und dachte: Schauen wir mal, wer sich zu mir an den Tisch setzt.
Heidn
Und? Wie finden Sie den Ort?
Achgott
Wie Sie: Genial.
Heidn
Genau: Es ist wirklich genial hier.
Achgott
Und so erholsam.
Heidn
Sie sagen es.
Achgott
Übrigens: Bedienen Sie sich! Hier ist Ihr Kaffee – mit Rahm, ohne Zucker – so wie Sie’s mögen. Ich für mich bleibe bei meinem frischen Quellwasser ohne Kohlensäure.
Heidn
Der Kaffee ist für mich?
Achgott
Ja klar.
Heidn
Oh, vielen Dank! Das ist sehr nett – und so aussergewöhnlich, dass mir ein Unbekannter seinen Kaffee offeriert.
Achgott
Aber, Herr Heidn, erinnern Sie sich nicht? Wir sind uns doch schon mehrmals begegnet.
Heidn
Tatsächlich? Wissen Sie, mein Gedächtnis lässt etwas nach... Meine Mutter hatte Alzheimer und ich fürchte...
Achgott
Machen Sie sich keine Sorgen, Herr Heidn. Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Message, die ich Ihnen an Ihrem fünfzigsten Geburtstag dort am Bielersee übermitteln liess?
Heidn
Ich war an meinem fünfzigsten Geburtstag am Bielersee?
Achgott
Ja – Camping, mit Partnerin und Baby.
Heidn
Puh – das ist schon lange her – zu lange.
Achgott
Mir kommt’s vor, als ob es gerade eben gewesen wäre...
Heidn
Sie müssen ja über ein phänomenales Erinnerungsvermögen verfügen.
Achgott
Oh, das trifft nicht zu – aber Sie liegen mir am Herzen...
Heidn
Wie soll ich das verstehen?
Achgott
Wie ich es sage: Es ist mir nicht egal, wie’s Ihnen geht.
Heidn
Und? Wie geht’s mir?
Achgott
Momentan gut, denke ich: Sonne, Meeresrauschen, Sandstrand, eine Tasse Kaffee: Was wollen Sie mehr?
Heidn
Wissen Sie was, Herr Ähm?
Achgott
Nein, Herr Heidn, aber Sie werden es mir gleich sagen.
Heidn
Sie sind mir zwar sympathisch, einerseits, aber auch unheimlich, andererseits.
Achgott
Unheimlich?
Heidn
Ja, unheimlich: Sie geben vor, mich zu kennen, erzählen mir, ich läge Ihnen am Herzen und hätten mir an meinem fünfzigsten Geburtstag irgendetwas übermittelt.
Achgott
Ja, was dann zu einer Art «Motto» geworden ist für Sie...
Heidn
Sie scheinen mehr zu wissen als ich...
Achgott
Nein, dem ist nicht so – Sie haben’s vielleicht einfach verdrängt.
Heidn
Was soll das für ein «Motto» gewesen sein?
Achgott
Das mit dem Vertrauen in sich selbst.
Heidn
Ach, das? – Nein, ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen.
Achgott
Und an den Inder auf dem Parkplatz des Einkaufszentrums erinnern Sie sich auch nicht mehr?
Heidn
Welchen Inder?
Achgott
Das war ich, Herr Heidn, ich...
Heidn
Sie? Sie scheinen über reichlich Fantasie zu verfügen.
Achgott
Stimmt: Kreativität ist eine meiner Stärken.
Heidn
Schön für Sie.
Achgott
Und Sie haben mir für meinen Rat eine Zwanzigfrankennote in die Hand gedrückt.
Heidn
Kann schon sein: Ich war viel zu oft zu freigebig.
Achgott
Das ist doch eine positive Eigenschaft, die ich sehr an Ihnen schätze...
Heidn
Sie vielleicht schon – ich aber nicht...
Achgott
Schade-schade.
Heidn
Das geht ins Geld, wissen Sie: An jeder Ecke, überall lauern sie und wollen einen «Stutz» oder mehr...
Achgott
Aber die meisten tun dies aus einer Notlage heraus...
Heidn
Kann schon sein – nicht aber jener Typ, der mir in der Bahnhofunterführung drei pseudo-religiöse Bücher für zwanzig Franken andrehte.
Achgott
Sehen Sie!
Heidn
Was?
Achgott
Um Ihr Gedächtnis ist es doch nicht so schlecht bestellt!
Heidn
Warum?
Achgott
Dass Sie sich an diesen Typen erinnern!
Heidn
Und?
Achgott
Das war ich! Dieser Typ war ich.
Heidn
Ich erklär Ihnen gern das mit dem Selfie.
Achgott
Ja, bitte. Was braucht’s denn dazu?
Heidn
Zuerst mal ein Handy! Sie haben doch eins, oder nicht?
Achgott
Ehrlich gesagt: Nein! Normalerweise verzichte ich auf technische Dinge.
Heidn
Aber heutzutage hat doch jeder und jede ein Handy.
Achgott
Wozu denn? Ich wüsste nicht, wozu…
Heidn
Zum Telefonieren, um SMS zu schreiben, WhatsApp, Telegram, zum Abrufen der News…
Achgott
Eine vielseitige Verwendung also!
Heidn
Ja, das ist aber längst nicht alles! Mein Sohn könnte Ihnen alles viel besser erklären.
Achgott
Ich kenne Ihren Sohn.
Heidn
Sie kennen meinen Sohn?
Achgott
Ja natürlich! – Nur von seiner besten Seite!
Heidn
Woher kennen Sie meinen Sohn denn? Das hätte ich nicht für möglich gehalten!
Achgott
Schade, Herr Heiden, wirklich schade.
Heidn
Wie meinen Sie das?
Achgott
Ach, nur so… Wie ist das jetzt mit dem Selfie?
Heidn
„Selfie“ kommt von „selbst“ – myself, herself, yourself - und ist die Bezeichnung für eine Selbstaufnahme – mit einem Handy oder Natel respektive Smartphone.
Achgott
All diese technischen Begriffe – da habe ich manchmal echt Mühe.
Heidn
Können Sie denn Englisch?
Achgott
Oh ja: Ich kann mich in allen Sprachen unterhalten.
Heidn
Dann werden Sie auch keine Mühe haben, all die Bezeichnungen, die ja fast alle aus dem Englischen stammen, zu verstehen.
Achgott
Ja, da haben Sie recht.
Heidn
Wenn Sie kein Handy haben, nehmen wir einfach meins.
Achgott
Ja gern.
Heidn
Ich mach mal eins von mir – so – dann per Touchscreen auf den Knopf drücken – so – und schon haben wir ein Selfie, nämlich meins. Hier, schauen Sie!
Achgott
Toll! Und was machen Sie damit?
Heidn
Ich könnte es meinem Sohn oder meiner Tochter schicken oder einfach archivieren oder wieder löschen.
Achgott
Toll! Dann haben Sie sicher eine ganze Menge solcher Selfies!
Heidn
Nicht wirklich! Es gibt viele Leute, vor allem Junge, die haben Tausende – Tausende!
Achgott
Und wozu verwenden sie die?
Heidn
Keine Ahnung… einfach zum Spass… weil sie sich toll finden… um anzugeben… um andern eine Freude zu machen…
Achgott
Selfies gehören sozusagen zum heutigen Leben?
Heidn
Sie sagen es! – Machen Sie nun eins von sich selbst, bitte.
Achgott
Ok! Aber ich glaube nicht, dass es bei mir funktioniert.
Heidn
Das ist ein neues Huawei! Keine Angst: Das funktioniert in jedem Fall.
Achgott
Ein was?
Heidn
Huawei, ein chinesisches.
Achgott
Aha.
Heidn
So – hier nehmen Sie – und jetzt den Arm ausstrecken – und lachen oder wenigstens lächeln – und abdrücken…!
Achgott
Ich fürchte, es hat nicht geklappt…
Heidn
Zeigen Sie mal! – Tatsächlich! – Merkwürdig! – Äusserst merkwürdig!
Achgott
Finden Sie?
Heidn
Das habe ich noch nie erlebt…
Achgott
Das kann doch passieren! Da gibt es sicher eine plausible Erklärung…
Heidn
Komisch-komisch. – Machen wir ein Selfie zu zweit, Herr …?
Achgott
... Gott – oder für Sie, Herr Heidn: Achgott…
Heidn
Herr Achgott! Wenn Sie einverstanden sind, machen wir also zusammen eins – dann kann wirklich nichts schiefgehen…
Achgott
Versuchen können wir’s ja. Aber Sie müssen das Handy halten und abdrücken – vielleicht liegt’s ja an mir, meinen Fingern, meinen fehlenden technischen Kenntnissen, meiner Ungeschicklichkeit…
Heidn
So, Herr Achgott, jetzt lächeln –
Achgott
Warum drücken Sie denn nicht ab, Herr Heidn?
Heidn
Weil – weil – sehen Sie denn nicht, dass Sie gar nicht drauf sind?
Achgott
Doch, schon. Aber ich sagte Ihnen schon im Voraus, dass es nicht funktionieren könnte…
Heidn
Seltsam, sehr seltsam… Da kommt mir doch gleich der berühmte Zauberer…
Achgott
Sie meinen David Copperfield?
Heidn
Genau! Der kommt mir da in den Sinn, der mal die Freiheitsstatue verschwinden liess, die Chinesische Mauer durchschritt, fliegen und andere unglaubliche Zauberkunststücke vollbringen konnte.
Achgott
Aber, Herr Heidn! Diesen grossartigen Zauberer können Sie doch nicht mit mir vergleichen…
Heidn
Stimmt schon, Herr Achgott, aber seltsam ist es trotzdem, wirklich seltsam…
Achgott
Entschuldigen Sie…
Heidn
Ja, bitte?
Achgott
Ich suche hier am Ort eine schöne Stelle.
Heidn
Als was denn?
Achgott
Nein-nein, ich meine einen schönen Fleck Erde.
Heidn
Aha! Innerhalb oder ausserhalb der Wohnquartiere?
Achgott
Sowohl als auch…
Heidn
Ich wohne ja noch nicht so lange hier – vielleicht fragen Sie besser eine einheimische Person…
Achgott
Fühlen Sie sich denn hier noch nicht heimisch?
Heidn
Doch-doch! Meine Kinder wohnen ja hier!
Achgott
Interessant! Sie fühlen sich also dort zu Hause, wo Ihre Kinder sind?
Heidn
Natürlich! Sie etwa nicht?
Achgott
Schon, ja. Es kommt aber immer drauf an…
Heidn
Worauf denn?
Achgott
Auf die Umstände, auf die Umstände!
Heidn
Ich verstehe… Ich zum Beispiel lebe mit meinem Sohn zusammen in einer Dachwohnung.
Achgott
Und Sie fühlen sich wohl dort?
Heidn
Warum fragen Sie? Sollte es nicht?
Achgott
Doch-doch. Es gibt einfach auch andere Beispiele.
Heidn
Wo und wie wohnen Sie denn?
Achgott
Überall und nirgendwo.
Heidn
Und wie?
Achgott
Schwer zu beschreiben. Eigentlich möchte ich mich mit Ihnen über Sie und Ihre Situation sprechen.
Heidn
Aus welchem Grund? Was geht Sie das an?
Achgott
Ein Mix aus Interesse, Mit-, Pflicht- und Verantwortungsgefühl.
Heidn
Wir haben uns rein zufällig getroffen, ich kenne Sie nicht, Sie mich nicht – was haben Sie denn für ein Interesse, mit mir über mein Leben sprechen zu wollen?
Achgott
So quasi ein berufliches.
Heidn
Sind Sie Psychologe, Psychiater, Soziologe oder Pädagoge?
Achgott
Sie erkennen mich nicht?
Heidn
Nein – nicht im geringsten. Sollte ich?
Achgott
Wünschenswert wäre es. Beschäftigen Sie sich denn nie mit Lebensfragen?
Heidn
Doch, oft sogar. Ich schreibe Gedichte.
Achgott
Das ist gut – sehr gut sogar. Welche Art von Gedichten verfassen Sie denn?
Heidn
Was mir gerade einfällt. Interessieren Sie sich denn auch dafür?
Achgott
Gewiss: Gedichte können in konzentrierter Form extrem viel beinhalten und ausdrücken.
Heidn
Genau deshalb schreibe ich sie ja. Sie nicht?
Achgott
Nein-nein. Es reicht mir, was über mich geschrieben wird.
Heidn
Über Sie wird geschrieben?
Achgott
Sehr viel sogar – und extrem kontrovers.
Heidn
Da bin ich aber gespannt.
Achgott
Auch Sie haben schon Gedichte verfasst über mich.
Heidn
Ich?
Achgott
Ja, Sie.
Heidn
Woher wollen Sie das wissen? Ich habe praktisch nichts publiziert – noch nicht.
Achgott
Sie wollen also Ihre Gedichtsammlung veröffentlichen?
Heidn
Ich denke schon.
Achgott
Tun Sie das, tun Sie das!
Heidn
Was für ein Interesse hätten Sie denn, wenn ich das täte?
Achgott
Die meisten Ihrer Texte finde ich gut – deshalb möchte ich Sie ermuntern, diese zu publizieren.
Heidn
Wie soll ich Ihnen das abnehmen! Sie kommen daher, fragen mich nach einer schönen Stelle und schlagen mir vor, meine Gedichte in Buchform drucken zu lassen.
Achgott
Sie können sie natürlich auch als E-Book veröffentlichen.
Heidn
Sind Sie Verleger? Können Sie sich für mich einsetzen?
Achgott
Nein, Verleger bin ich nicht. Aber dass ich mich gern für Sie einsetze, das ist Ihnen doch klar?
Heidn
Wie soll mir das klar sein, wenn ich Ihnen kaum glaube, was Sie mir eben erzählt haben?
Achgott
Tun Sie’s einfach!
Heidn
Wissen Sie, aufgrund verschiedenster Erfahrungen bin ich ziemlich misstrauisch geworden.
Achgott
Das kann ich nachvollziehen – vor allem, wenn ich an jene Sache mit jener Frau denke, die Sie um rund 3000 Franken betrogen hat.
Heidn
Das wissen Sie? Woher denn?
Achgott
Die falsche Quittung mit falscher Unterschrift und falschem Namen befindet sich noch heute in Ihrem ungeordneten und unübersichtlichen Archiv.
Heidn
Mein Gott – wer sind Sie eigentlich?
Achgott
Aber-aber, Herr Heidn… Erkennen Sie mich denn nicht? Ich bin doch jener Herr, den Sie fast mehrmals täglich aufrufen…
Heidn
Ich versichere Ihnen, ich kenne Sie nicht – respektive ich glaube nicht, Sie zu kennen. Wissen Sie, meine Mutter litt an Alzheimer und manchmal habe ich tatsächlich das Gefühl, auch ich…
Achgott
Seien Sie unbesorgt: Das wird sich herausstellen, sobald der richtige Zeitpunkt gekommen ist…
Heidn
Aber bitte, Ihr Name! Es ist mir äusserst peinlich, zugeben zu müssen, dass ich Sie wirklich nicht kenne, obwohl Sie sehr gut zu wissen scheinen, wer ich bin…
Achgott
Das muss Ihnen gar nicht peinlich sein… den meisten Menschen geht’s so wie Ihnen.
Heidn
Das ist ja doch einigermassen beruhigend. Sehen Sie, innerhalb einer einzigen Woche ist es mir dreimal passiert, dass mich Leute mit meinem Vornamen angesprochen haben – und ich hatte keine Ahnung, wie diese Leute heissen.
Achgott
Nehmen Sie das nicht zu ernst. Immerhin haben Sie die Leute erkannt, das heisst, Sie wussten, wer sie waren und unter welchen Umständen sie Ihnen jeweils begegnet sind, nur ihre Namen wussten Sie nicht – genau so, wie Ihnen mein Name entfallen ist.
Heidn
Nicht ganz, mein Herr, nicht ganz. Sie kommen mir zwar bekannt vor, aber Sie erkenne ich, so sehr ich mich auch anstrenge und so leid es mir auch tut, eindeutig nicht.
Achgott
Das hängt damit zusammen, dass Ihnen Namen, so wie mir selbst auch, nicht so wichtig sind.
Heidn
Da gebe ich Ihnen Recht: Wer während 40 Schuljahren acht Regulas, zwölf Cornelias, neun Yvonnes, sechs Erichs und dreizehn Michaels unterrichtet hat, relativiert automatisch die Bedeutung der Vornamen…
Achgott
Wichtig ist ja der Mensch, das Individuum, die Persönlichkeit, das, was ein Mensch aus sich macht, aus seinen Begabungen, Talenten – aus seinem Leben...
Heidn
Genau – und deshalb schreibe ich Gedichte und andere Texte.
Achgott
Und deshalb rate ich Ihnen, diese zu publizieren. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich will mich nicht in Ihr Leben einmischen – es juckt mich einfach manchmal, ein sanftes Steinchen zu werfen…
Heidn
Ein sanftes Steinchen? Was soll das denn? Das ist also nicht das erste Mal?
Achgott
Nein – Sie liegen mir am Herzen! – Das allererste Mal, als ich Ihnen etwas Wichtiges mitteilen wollte, war so etwa vor 65 Jahren, als ich Sie mit diesem grün bedruckten Büchlein mit dem Titel „Der zerbrochene Spiegel“ etwas aufrütteln wollte…
Heidn
Was?
Achgott
Sie erinnern sich?
Heidn
Jetzt wo Sie’s erwähnen:… Da hatte ich ein Dèja-vu, das nachher zweimal komplett mein Leben veränderte – trotz Ihrer Warnung respektive Ihres „sanften Steinchens“…
Achgott
Den Willen kann und will ich nicht beeinflussen: Jeder Mensch ist frei…
Heidn
Aber nur theoretisch, nur theoretisch!
Achgott
Leider, Herr Heidn, muss ich nun unser Gespräch beenden. Die Stelle hier am Fluss gefällt mir übrigens ausgesprochen gut: Ich wollte Sie ja schliesslich hier treffen.
Heidn
Schade, dass Sie schon gehen müssen, gerade jetzt, wo es wirklich interessant geworden wäre.
Achgott
Stimmt. Haben Sie noch ein Anliegen, einen Wunsch?
Heidn
Ja sicher: Um Ihnen glauben zu können, brauche ich irgendeinen Beweis.
Achgott
Das von mir erwähnte Büchlein, die betrügerische Quittung und der Hinweis auf Ihre Gedichte sind Ihnen nicht Beweis genug?
Heidn
Nein, sorry.
Achgott
Ihr Wunsch also?
Heidn
Zitieren Sie eines meiner Gedichte!
Achgott
Mit Vergnügen:
«so nahm ich
meine hände
und führte
mich
bis an mein lebensende
auch ohne
dich
auch
ohne dich»
Heidn
Achgott, ist das mühsam!
Achgott
Guten Tag, Herr Heidn! Sie haben mich gerufen?
Heidn
Ach, Sie schon wieder!
Achgott
Bin ich Ihnen denn lästig?
Heidn
Nein-nein! Ich bin einfach… überrascht!
Achgott
Dann geht’s Ihnen wie mir – so oft, wie Sie mich anrufen, ist es mir gar nicht möglich, zu erscheinen – ich habe schliesslich noch andere Aufgaben.
Heidn
Sie brauchen auch wirklich nicht zu kommen, ausser im Notfall natürlich.
Achgott
Wie definieren Sie denn so einen Notfall? Handelt es sich denn heute um so einen?
Heidn
Nein, eigentlich handelt es sich praktisch nie um eine Notlage – es sind ja immer nur Kleinigkeiten, die mich dazu bringen, „Achgott“ zu sagen…
Achgott
Ehrlich gesagt, Herr Heidn, finde ich das richtig toll, dass Sie auch bei Kleinigkeiten an mich denken – und nicht nur dann, wenn es um Leben und Tod geht. Heutzutage gibt es viele Menschen, die erst dann, wenn sie nicht mehr anders können, daran denken, dass es mich gibt.
Heidn
Ehrlich gesagt, Herr Achgott, gehöre ich auch zu denen… Denn, obwohl Sie hier leibhaftig vor mir stehen, bezweifle ich, dass es Sie gibt. Sorry, ich wollte Sie damit nicht beleidigen…
Achgott
Ja, so ergeht es mir sehr oft: Viele Menschen erkennen leider erst am Schluss ihres Lebens die Wahrheit – wenn überhaupt. Und ich kann Ihnen sagen, dass ich mich wirklich um jede einzelne Person sehr bemühe.
Heidn
Ist das denn nicht frustrierend? Sie betreiben unendlich viel Aufwand zur Verbreitung der Wahrheit und nur ganz wenige sind in der Lage, diese zu erkennen…
Achgott
Sehen Sie: Ihre Frage zeigt mir, dass Sie tatsächlich noch etwas Mühe mit dem Sinn des Menschseins haben.
Heidn
Dessen bin ich mir auch völlig bewusst, was mir aber immerhin das Gefühl gibt, auf dem richtigen Weg zu sein.
Achgott
Als Ihr Achgott kann ich das durchaus bestätigen, Herr Heidn.
Heidn
Wenn Sie schon mal hier sind, Herr Achgott: Darf ich Sie um einen Rat bitten?
Achgott
Nur zu, Herr Heidn, nur zu! Dazu bin ich ja da…
Heidn
Also: Ich wüsste gerne, ob ich noch einmal eine Partnerin suchen soll oder nicht – in meinem Alter...
Achgott
Die Antwort auf Ihre Frage kann ich Ihnen nicht geben, diese Frage können nur Sie selbst beantworten. Doch kann ich Ihnen eventuell helfen, die richtigen Fragen zu stellen.
Heidn
Welche denn?
Achgott
Wären Sie denn für eine neue Partnerschaft bereit?
Heidn
Keine Ahnung – um das herauszufinden, geht es ja.
Achgott
Wissen Sie das denn nicht?
Heidn
Nein.
Achgott
Und Ihr Bauchgefühl sagt Ihnen dazu auch nichts?
Heidn
Nein.
Achgott
Wären Sie denn bereit, für eine neue Partnerschaft Ihr momentanes Leben grundlegend zu ändern?
Heidn
Nein.
Achgott
Fühlen Sie sich denn oft einsam?
Heidn
Nein.
Achgott
Haben Sie denn Sehnsucht nach Nähe, Liebe, Zuneigung, Zärtlichkeit?
Heidn
Nein.
Achgott
Suchen Sie nach einer Person, die Ihnen hilft, die Haushalts- und alle übrigen Arbeiten zu erledigen?
Heidn
Nein.
Achgott
Wären Sie denn dazu bereit, sich der neuen Partnerin anzupassen, Rücksicht zu nehmen auf deren Bedürfnisse, Gewohnheiten, Ansichten, Charaktereigenschaften?
Heidn
Nein
Achgott
Würden Sie sich denn bei Ihren eigenen Bedürfnissen so weit einschränken, dass eine neue Partnerin genügend Platz, Freiheiten und Gestaltungsmöglichkeiten hätte, sich mit Ihnen zusammen ein neues, gemeinsames Leben aufzubauen?
Heidn
Nein.
Achgott
Wären Sie bereit, für eine neue Partnerschaft einen Teil Ihrer momentanen Unabhängigkeit aufzugeben?
Heidn
Nein.
Achgott
Hätten Sie denn bei Ihrer jetzigen Wohnsituation Platz für eine weitere Wohnpartnerin?
Heidn
Nein.
Achgott
Würden Sie denn eine Fernbeziehung bevorzugen?
Heidn
Nein
Achgott
Vermissen Sie in Ihrem jetzigen Leben wichtige Elemente, die nur mithilfe einer neuen Partnerschaft realisiert werden könnten?
Heidn
Nein.
Achgott
Möchten Sie mit einer neuen Partnerin möglichst vieles unternehmen wie Ferienreisen, Theater-, Kino-, Museumsbesuche, Minigolf-, Wander-, Sport-, Musik, Tanz-Schwimm- und Spielaktivitäten?
Heidn
Nein.
Achgott
Vermissen Sie eine gemeinsame Bettpartnerin?
Heidn
Nein.
Achgott
Frühstückspartnerin?
Heidn
Nein.
Achgott
Einkaufspartnerin?
Heidn
Nein.
Achgott
Beifahrerin?
Heidn
Nein.
Achgott
Beischläferin?
Heidn
Nein.
Achgott
Würden Sie sie denn eventuell heiraten wollen?
Heidn
Nein.
Achgott
So – mein Fragekatalog ist erschöpft – ich habe keine weiteren Fragen.
Heidn
Und welchen Rat erteilen Sie mir?
Achgott
Wie gesagt: Ich darf und kann Ihnen in Liebesdingen keine Ratschläge erteilen.
Heidn
Aber wenigstens eine Empfehlung?
Heidn
Entschuldigen Sie bitte…
Achgott
Ja?
Heidn
Darf ich Sie etwas fragen?
Achgott
Aber natürlich – Wie lautet sie denn, Ihre Frage?
Heidn
Kennen wir uns?
Achgott
Das ist eine schwierige Frage – eine wirklich schwierige…
Heidn
Wie meinen Sie das?
Achgott
Wie ich es sage – wie ich es sage…
Heidn
Was soll daran schwierig sein? Gut – ich habe das Gefühl, wir hätten uns schon mal gesehen, wären uns schon mal begegnet…
Achgott
Das ist gut möglich – Ich kenne Sie schon, wenn Sie mit «uns» «einander» meinen: Sie sind ja eine ziemlich bekannte Persönlichkeit, engagiert, Politiker…
Heidn
Dann habe ich mich also nicht getäuscht: Sie kennen mich, ich aber Sie nicht – und trotzdem…
Achgott
Trotzdem?
Heidn
Irgendwie, irgendwann, irgendwo… Vielleicht im Militär?
Achgott
Ich verabscheue alle Formen von Gewalt, speziell die uniformierte…
Heidn
Schule? Weiterbildung? Universität?
Achgott
Bildung ist extrem wichtig – ohne Bildung…
Heidn
Sport? Leichtathletik? Volleyball?
Achgott
Ja – Bewegung ist ebenfalls von grosser Bedeutung…
Heidn
Politik? Politische Veranstaltungen? Wahlen?
Achgott
Von allergrösster Wichtigkeit – viiiel wichtiger als alle Religionen zusammen!
Heidn
Dem stimme ich zu! Politik ist die Basis des Zusammenlebens, jeder Zivilisation, jeder Kultur… Menschliche, gerechte, soziale Politik meine ich…
Achgott
Göttliche?
Heidn
Nein-nein – Gott und Politik, das geht nicht zusammen…
Achgott
Müsste aber…
Heidn
Müsste schon, nur hat das kaum je funktioniert! Damit wurde und wird reinste Machtpolitik betrieben! Allmachtspolitik: Gott der Allmächtige…
Achgott
Ja, das ist eine falsche Vorstellung respektive Definition.
Heidn
Sie sagen es! Im Namen des Allmächtigen wurden schon Millionen Menschen umgebracht, massakriert, wurden ganze Völker ausgerottet, Millionen erschossen, erhängt – die furchtbarsten Kriege waren Religions- oder ideologische Kriege, denn jede Ideologie ist ja auch eine Form von Religion…
Achgott
Sie wissen gar nicht, wie mich das trifft – aber es entspricht leider der Wahrheit, was Sie da sagen…
Heidn
Und wenn man «Gott» mit «Liebe» gleichsetzt und das mit dem vergleicht, was die Menschen daraus gemacht haben, dann müssten eigentlich Gott und Hass identisch sein…
Achgott
Äusserst provokativ formuliert…
Heidn
Falls es überhaupt einen Gott gibt – was ich bezweifle – und wenn schon, dann wünschte ich mir eine Göttin und keinen Gott…
Achgott
Tatsächlich? Einer Ihrer häufigsten Ausdrücke ist doch «Achgott», wenn ich mich nicht irre…
Heidn
Wie kommen Sie denn darauf? Ich kenne viele, die diesen Begriff verwenden, ohne sich dabei etwas zu denken…
Achgott
Stimmt: Meingott, Gotthard, Gottlett und Antergott sind weitere, ebenfalls häufig vorkommende…
Heidn
Ja, aber Sie haben recht: Oft sage ich, wenn etwas schief läuft – und mag es noch so nichtig sein – «Achgott»…
Achgott
Und nicht «Achgöttin», wie Sie eigentlich sollten.
Heidn
Stimmt – aber das hat mit meiner Erziehung, der Kindheit, der Sonntagsschule zu tun…
Achgott
Sonntagsschule?
Heidn
Ja – damals hatten wir nicht nur am Samstag, sondern auch noch am Sonntag Schule – freiwilligen religiösen Unterricht, erteilt von freiwilligen Sonntagsschullehrerinnen und -lehrern…
Achgott
War das nicht schlimm?
Heidn
Nein, es war ja freiwillig! Ich ging gern zur Schule und deshalb auch in die Sonntagsschule, obwohl es da keine Prüfungen gab.
Achgott
Was wurde denn unterrichtet?
Heidn
Biblische Geschichten und christliche Lieder…
Achgott
Tönt nicht gerade unterhaltsam…
Heidn
Doch-doch – damals gab’s weder Fernsehen noch Handys noch Computerspiele – da hatten die Kinder viel mehr Freizeit und viel weniger Stress…
Achgott
Erinnern Sie sich denn noch an einige der Lieder, die Sie damals gesungen haben?
Heidn
Aber natürlich: Gottistdieliebe, Weisstduwievielsternleinstehen, Sonimmdennmeinehände undsoweiter.
Achgott