Adaptionsversuche im Neuen Testament - Ulrich R. Rohmer - E-Book

Adaptionsversuche im Neuen Testament E-Book

Ulrich R. Rohmer

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Beschreibung

Der erste Johannesbrief gehört zu der Klasse von Texten im Neuen Testament, die besonders für einen Anfänger des Griechischen Material liefert, das der Student dankbar annimmt, denn er wird hier schnelle Fortschritte erkennen und freudig die Sanftheit einer gemäßigten Grammatik leicht zu bewältigen wissen. Ein Blick in das Lukas- oder Paulusmaterial wird das ohne Weiteres bestätigen und der neugierigen Seele hoffentlich keinen allzu großen Schrecken aufbürden... Jedoch aus noch einem anderen Grund betrachte ich den Brief mit sehr wohlwollendem Geschmack. Er kommt daher ohne vertrackte Theologie (vergleiche wiederum Paulus, der ganz verschiedene Ansätze hat) und in der Weise einer drallen Schönheit vom Lande, die in eine Metropole zieht und neidisch-arrogante Blick auf sich zieht, weil sie schön ist und gesund und mit einer erdigen Klugheit beschenkt. Jeder vermag sie zu verstehen in ihrer Anmut. Sie trägt das himmelblaue Sommerkleid der Lebensfreude, unter dem sich ein wohlgeformter und geschmeidiger Körper vermuten lässt, deren Füße die Erde berührt und deren Sinne die leisen Stimmen des Lebendigen vernommen haben. Nichts Künstliches entspringt ihrer Erscheinung, und die vorschnell als Landpomeranze Betitelte entpuppt sich bald als Beschämung urbaner Intellektualität, die sich nicht selten in exaltierter Manier über verquaste Sprache zu exponieren versucht, versehen mit Titeln und allerlei Abzeichen vorgeblicher Würden. Doch unser Liebchen vom Lande lacht und zeigt ihre gesunden Zähne und schaut geradezu mit ihren sanften Augen in die Gesichter von Metropolis: ich verkündige euch die Liebe und den Glauben an Gott, spricht sie. Sie hat nicht Nietzsche gelesen und weiß nichts von der Laterne Zarathustras am Mittag auf dem Marktplatz, mit der er Gott suchte, der doch schon tot sei! „Denn wir haben ihn getötet“, raunte er und schaute streng. Nein, davon weiß die Schöne nichts und bewegt sich mit der Sanftheit derer, die nicht verwirrt sind vom vielen Lesen kluger Werke, die, so viele Urbane, „man doch kennen muss“! So ist der erste Johannesbrief – erdig, ehrlich, verständlich und voller Zartheit, von der Liebe und ihrer Verbindung zu Gott zu sprechen, vom Glauben an ihn und vom Festhalten an den Zeugen Gottes, allen voran dem Zimmermannssohn ans Nazareth. Alles Wichtige ist in ihm enthalten. Ich liebe diese kleine Epistel aus meiner tiefsten Seele heraus. Darum auch habe ich eine Adaption gewagt, weil es sich geradezu anbot, dem Duktus der kleinen Schrift folgend, ein Wort in unsere Zeit zu sprechen, ein Wort des Verständnisses und des Verstehens in eine Welt, die an nichts so sehr leidet, wie an der Liebe und ihren Verfehlungen daran. Denn selbst alle Perversion wird aus Feigheit geboren, aus Furcht letztlich: vor der Liebe. Und hierüber hat unser Brief eine Menge zu sagen. Ich habe mit dem Text gespielt, und ich finde, dass dies zu spannenden Ergebnissen führen kann...

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Ulrich R. Rohmer

Adaptionsversuche im Neuen Testament

Der erste Johannesbrief. Adaptierte Version 2014

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Vorwort

Der erste Johannesbrief gehört zu der Klasse von Texten im Neuen Testament, die besonders für einen Anfänger des Griechischen Material liefert, das der Student dankbar annimmt, denn er wird hier schnelle Fortschritte erkennen und freudig die Sanftheit einer gemäßigten Grammatik leicht zu bewältigen wissen. Ein Blick in das Lukas- oder Paulusmaterial wird das ohne Weiteres bestätigen und der neugierigen Seele hoffentlich keinen allzu großen Schrecken aufbürden...

 

Jedoch aus noch einem anderen Grund betrachte ich den Brief mit sehr wohlwollendem Geschmack. Er kommt daher ohne vertrackte Theologie (vergleiche wiederum Paulus, der ganz verschiedene Ansätze hat) und in der Weise einer drallen Schönheit vom Lande, die in eine Metropole zieht und neidisch-arrogante Blick auf sich zieht, weil sie schön ist und gesund und mit einer erdigen Klugheit beschenkt. Jeder vermag sie zu verstehen in ihrer Anmut. Sie trägt das himmelblaue Sommerkleid der Lebensfreude, unter dem sich ein wohlgeformter und geschmeidiger Körper vermuten lässt, deren Füße die Erde berührt und deren Sinne die leisen Stimmen des Lebendigen vernommen haben. Nichts Künstliches entspringt ihrer Erscheinung, und die vorschnell als Landpomeranze Betitelte entpuppt sich bald als Beschämung urbaner Intellektualität, die sich nicht selten in exaltierter Manier über verquaste Sprache zu exponieren versucht, versehen mit Titeln und allerlei Abzeichen vorgeblicher Würden.

 

Doch unser Liebchen vom Lande lacht und zeigt ihre gesunden Zähne und schaut geradezu mit ihren sanften Augen in die Gesichter von Metropolis: ich verkündige euch die Liebe und den Glauben an Gott, spricht sie. Sie hat nicht Nietzsche gelesen und weiß nichts von der Laterne Zarathustras am Mittag auf dem Marktplatz, mit der er Gott suchte, der doch schon tot sei! „Denn wir haben ihn getötet“, raunte er und schaute streng. Nein, davon weiß die Schöne nichts und bewegt sich mit der Sanftheit derer, die nicht verwirrt sind vom vielen Lesen kluger Werke, die, so viele Urbane, „man doch kennen muss“!

 

So ist der erste Johannesbrief – erdig, ehrlich, verständlich und voller Zartheit, von der Liebe und ihrer Verbindung zu Gott zu sprechen, vom Glauben an ihn und vom Festhalten an den Zeugen Gottes, allen voran dem Zimmermannssohn ans Nazareth. Alles Wichtige ist in ihm enthalten. Ich liebe diese kleine Epistel aus meiner tiefsten Seele heraus.

 

Darum auch habe ich eine Adaption gewagt, weil es sich geradezu anbot, dem Duktus der kleinen Schrift folgend, ein Wort in unsere Zeit zu sprechen, ein Wort des Verständnisses und des Verstehens in eine Welt, die an nichts so sehr leidet, wie an der Liebe und ihren Verfehlungen daran. Denn selbst alle Perversion wird aus Feigheit geboren, aus Furcht letztlich: vor der Liebe. Und hierüber hat unser Brief eine Menge zu sagen.

 

Freilich ist eine Adaption keine Exegese, wohl aber zu einem guten Teil Eisegese, und alle Türen stehen offen, die Intention der kleinen Schrift zu verlassen und Lieblingsgedanken nachzuhängen. Ich bin mir dessen bewusst und habe ständig daran gedacht, das will ich gern bekennen. Jedoch – warum nicht? Warum sollte ein antiker Text nicht einmal herhalten, Worte für meine Zeit zu formulieren, obwohl tatsächlich zweitausend Jahre dazwischen liegen? Aber tun das nicht Prediger auf der Kanzel auch – aus dem alten Material Worte für ihre Zeit gleichsam zu extrahieren?