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Sobald uns die Worte fehlen, sollten wir wissen, dass und wann wir schweigen müssen. Was jedoch nicht bedeutet, dass wir uns nicht darum bemühen müssen, unsere Sicht klarzumachen. Dabei ist es unmöglich, nicht zu kommunizieren. Am besten nach einer Aktion. Mit diesem Buch bereiten Sie sich auf die VUKA-Welt vor. Weniger Analyse und mehr Verständnis. Sie lernen ein dreistufiges Vorgehen für Retrospektiven, d.h. ein Rückblick nach einer Aktion (engl. After Action Review). Der Handlungsdruck ergibt sich aus der VUKA-Welt, vier Stolpersteinen und kognitiven Verzerrungen. Die mitgelieferten Vorlagen werden anhand eines viereinhalbtausend Jahre alten Falles erklärt. Diese Fibel liefert im Kern zehn Fragen, um eine Aktion im Rahmen einer rückblickenden Lagebesprechung in drei Schritten durchzuführen. 1. Worum gehts (Anliegen)? 2. Was haben wir erreicht (Ergebnisse)? 3. Was lernen wir daraus (Lessons Learned)? Michael Lapp ist Gründer der Unternehmensberatung memecon. Er arbeitet heute als Bedeutungsgestalter, Blogger, Bildermacher, Berater, Coach und Trainer.
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Seitenzahl: 250
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Dies diem docet
Hinweis: Sprache und Bilder können Ihre Sichtweisen und Gewohnheiten verändern. Zur Vertiefung und Bestätigung lesen Sie weitere Bücher und reden Sie mit Ihren Mitmenschen.
Das Buch ist in Form einer unterhaltsamen Einführung geschrieben – einer Fibel. Wer sich auf die Anwendung der AAR beschränken möchte, liest von Seite → bis Seite → und erhält eine kurze Beschreibung der AAR. Es braucht jedoch mehr als ein Rezept, um gute Ergebnisse zu erzielen. In unserem Fall ist eine bestimmte Einstellung nötig, die durch den Rest der Fibel angeregt wird.
Zum besseren Verständnis befinden sich im Text Hacks, Abbildungen, Beispiele und Boxen. In den Extras finden Sie Templates mit Kurzbeschreibungen, im Anhang eine Checkliste, Bias, Glossar sowie Index, Literaturverzeichnis und die Liste der Erklärungen im Text.
Die Bilder liefern weitere Hinweise: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.
Box
In den Boxen finden sich weitere Erklärungen einzelner Sachverhalte.
Die Hacks sind praktische Hinweise für den Einsatz der After Action Review.
Die Beispiele zeigen die praktische Anwendung anhand des Bauprojekts der Cheops-Pyramide und werden durch einen anderen Schriftstil vom Rest abgesetzt. Sie sind abgeleitet aus Veröffentlichungen verschiedener Autoren. Die Stimmigkeit und Richtigkeit dieser Daten ist kein Ziel dieses Buches. Im Gegenteil! Manche Stellen sind opportunistisch hinzugefügt oder geändert, um die After Action Review mit praktischen Inhalten zu versorgen. Im Literaturverzeichnis finden sich die genutzten Quellen besonders (Kozak-Holland, 2011), (Smith, 2018).
Lesen Sie die Querverweise wie z.B. (Thema, S.nnn) so: Siehe Thema Seite nnn.
Das vorliegende Buch habe ich 2022 geschrieben und gestaltet. Damit konnte ich meine Erfahrungen mit der After Action Review druckbar aufbereiten.
Vor allem möchte ich mich bei den folgenden Personen bedanken, die den ersten Entwurf durchgearbeitet und wichtige Hinweise geliefert haben, um das Buch lesbarer zu machen.
Jan Grichisch
Klaus Killinger
Valentina Lapp
Melissa Schlimm
Christian Schulz
Durch Ihre Hilfe konnte ich das Buch verbessern.
Für verbleibende Fehler, Mängel oder ungeschickte Formulierungen bin ich als Autor verantwortlich. Mit der zweiten Auflage behebe ich ein paar Formatierungsfehler.
Ach ja, das Zitat Dies diem docet von Publilius Syrus (um 85 - 43 v.Chr.) ist der ideale Hintergedanke der After Action Review. Übersetzt bedeutet er Der eine Tag lehrt den anderen. Genau das trifft den Zweck der AAR.
Wenn dieses Buch bei den Lesenden das eine oder andere Licht erleuchtet, ist meine Absicht bereits erfüllt. Wenn dann noch die After Action Review zu einem regulären Teil der Arbeit wird, dann sind alle Ziele erreicht.
In diesem Sinne wünsche ich allen die gleichen inspirierenden Einsichten, die ich hatte, als ich die After Action Review kennenlernte.
Viel Glück in der VUKA-Welt!
Michael Lapp
NW, im Mai 2024
Das Buch besteht aus sieben Kapiteln und den Extras. Jedes Kapitel leitet in bestimmte Aspekte ein.
1 - Ein Buch für alle Fälle
Es führt allgemein in das Buch ein.
2 – Bewährtes schätzen
liefert praktische Anwendungsbeispiele aus den letzten drei Jahrzehnten und eine Beispielschätzung für die Vorteile.
3 – Klein und Normal
stellt die Abläufe des Kleinen und Normalen Rückblicks mit den Bausteinen vor.
4 - Wenn sie wüssten, was sie wissen
vermittelt die Gründe, warum die After Action Review unerlässlich ist, um Ihre geschäftlichen Aktionen von unnötigem Ballast zu befreien.
5 - After Action Review
beschreibt die AAR-Bausteine mit ihren Vorlagen und griffigen Beispielen.
6 - Entscheidend ist der aktivierende Rückblick
ruft zu einer ansteckenden und anschlussfähigen After Action Review auf.
7 - Nachgedanken
unterstreicht die Möglichkeiten, die uns heute zur Verfügung stehen und ruft zur Nutzung auf.
Extras
ist ein mit viel Zusatzinformationen gefüllter Anhang. Hier finden sich viele weitere Erklärungen, die Ihnen bei der Umsetzung helfen. Diese beinhalten Quick-References für den Kleinen und Normalen Rückblick, einen AAR-Spickzettel, eine Check-Liste für die Vorbereitung, eine kurze Einführung in die Bias, ein Glossar mit kurzen Begriffsdefinitionen sowie Querverweise für einen schnellen Zugang zu Textstellen (Index), weiterführender Literatur, Tipps und Tricks (Hacks), Abbildungen, Beispielen und den Boxen.
Die Kapitel ergeben ein Lesebuch, indem Sie neben der AAR viel zusätzliche Inspirationen für die tägliche Arbeit finden.
Es erklärt die AAR, indem die Wahrnehmungsgrenzen angesprochen werden, die unser Handeln bestimmen.
Sie lernen verschiedene bewährte Beispiele aus bekannten Organisationen wie der US-Armee, der Weltgesundheitsorganisation oder der NASA kennen.
Sie erhalten zuerst einen Überblick über die beiden Varianten, die Abläufe des Kleinen und des Normalen Rückblicks.
Mit einer allgemeinen Schätzmethode haben Sie eine einfache Möglichkeit, Ihren Nutzen grob zu einzuschätzen.
Die ausführliche Beschreibung der Bausteine erfolgt anhand von griffigen Beispielen.
Profitieren Sie von den Argumenten für die konsequente Umsetzung der AAR-Ergebnisse.
Der abschließende Call-to-Action soll Unentschlossenen helfen, den ersten Schritt, d.h. die erste After Action Review durchzuführen und sich selbst von der Wirksamkeit zu überzeugen.
Die Extras liefern mit verschiedenen Kurzübersichten und Verzeichnissen zusätzliche Erläuterungen.
Dieses Buch ist als Fibel konzipiert, das Sie mit viel „Folklore“ in die Welt der After Action Review einführt. Aus diesem Grund besteht sie nicht aus einer trockenen Anleitung, sondern geht auf weitere Themen ein, wie der VUKA-Welt, Bias und Stolpersteinen.
Sie können das Buch schnell von vorne nach hinten lesen oder es als Nachschlagewerk nutzen. Macher, die sofort anfangen wollen, können mit den Kurzübersichten (Die Fragen der After Action Review, S.→; Kurzübersicht – Der kleine Rückblick, S.→; Kurzübersicht - Die normale AAR, S.→) beginnen. Allerdings wird die erfolgreiche Anwendung erleichtert durch entsprechende Mindsets und dem Verständnis der auftretenden Hürden, die sich bei der Lektüre von Anfang bis Ende ergeben.
Es sind die verstandenen AAR-Vorteile, die behandelten Voreingenommenheiten, die durchdachten geschäftlichen Überlegungen bezüglich der VUKA-Welt, die beschriebenen Stolpersteine und das verinnerlichte After Action Review Manifest, die die After Action Review zu Ihrem bevorzugten Tool machen.
1 - Ein Buch für alle Fälle
Die After Action Review in aller Kürze
Das AAR-Manifest
Mehr Fleisch auf die Knochen
Eine antike Großbaustelle
Der göttliche Auftraggeber
Gründe weiterzulesen
2 – Bewährtes schätzen
Die Varianten des Bewährten
Die Praxis des Bewährten
After Action Review
A Leader’s Guide to After-Action Reviews
Hope is not a method
Pause and Learn
World Health Organization (WHO)
COPS Office
Auf den Punkt gebracht
Die Vorteile schätzen
Was eine AAR kostet
Was eine AAR bringt
3 – Klein und Normal
Der Kleine Rückblick
Der spontane Ablauf
Anliegen
Ergebnisse
Lessons Learned
Der Normale Rückblick
Normaler Ablauf
Initiierung
AAR-Ziele festlegen
Schwerpunkte bestimmen
Auftrag formulieren
Planung
Teilnehmende festlegen
Termin abstimmen
Material vorbereiten
Durchführung
Vor-Ort-Vorbereitung
Anliegen – Worum geht’s?
Ergebnisse – Was haben wir erreicht?
Lessons Learned – Was lernen wir daraus?
Vor-Ort-Nachbereitung
Nachbereitung
Ergebnisse aufbereiten
Präsentation/ Debrief
4 - Wenn Sie wüssten, was Sie wissen
Die pfeilschnelle VUKA-Welt
Die Geschichte wiederholt sich
Nach der Aktion ist vor der Aktion
Jenseits unserer Wahrnehmung
Kognitive Verzerrungen
Eingeschränkte Sicht
Die vier Stolpersteine
Der erste Stolperstein – Überfluss an Gegebenheiten
Der zweite Stolperstein – Nicht richtig lernen
Der dritte Stolperstein – Die Halbwertszeit von Wissen
Der vierte Stolperstein – Die verschiedenen Zeithorizonte
Das Kartenhaus unserer Erinnerungen
5 - After Action Review
Anliegen - Worum geht’s?
Welches waren unsere Ziele?
Wie messen wir unseren Erfolg?
Ergebnisse - Was haben wir erreicht?
Was waren die Ergebnisse?
Wie haben wir die Ziele erreicht?
Warum haben wir uns die Ziele gesetzt?
Lessons Learned - Was lernen wir daraus?
Was haben wir gelernt?
Was sollte verbessert werden?
Was hat funktioniert?
Was war besonders bemerkenswert?
Wie wenden wir das Neue an?
6 - Entscheidend ist der aktivierende Rückblick
7 – Nachgedanken
Extras
Kurzübersichten
Kurzübersicht – Der kleine Rückblick
Kurzübersicht - Die normale AAR
Anliegen - Worum geht’s?
Ergebnisse - Was haben wir erreicht?
Lessons learned - Was lernen wir daraus?
AAR-Spickzettel
Alle Fragen auf einem Blatt
AAR-Zeiten
Checkliste
Kognitive Verzerrungen (Bias)
Rückschaufehler (Hindsight Bias)
Erinnerungsverzerrung (Recall Bias)
Wahrheitseffekt (Illusory Truth Effect)
Höchststand-Ende-Regel (Peak-End-Rule)
Weitere kognitive Verzerrungen
Glossar
Index
Literaturverzeichnis
Hacks
Abbildungen
Beispiele
Boxen
Über den Autor
Was Sie erwartet
(7) Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen. (Wittgenstein, 1921/2003)
Ein empirisch-wissenschaftliches System muß an der Erfahrung scheitern können. (Popper, 1934/1989)
Man kann nicht nicht kommunizieren. (Watzlawick, et al., 1969/1990)
Im August 2000 nahm ich an einem E&Y-Kolloquium mit dem Titel Embracing Complexity in Paris teil. In diesen drei Tagen konnte ich einen ersten Blick auf die VUKA-Welt1 werfen. Ich beschäftigte mich damals mit Daten- und Unternehmensmodellen, die stetig genauer und umfangreicher wurden. Die gegeneinander abgeschotteten Funktionssilos mit ihren redundanten Quellen erzeugten zunehmend Unstimmigkeiten zwischen den Inhalten. Gleichzeitig überstieg der Aufwand zum Erfassen die Vorteile der Modelle.
Die Gegebenheiten änderten sich zu schnell und erzeugten mit der Fülle an Informationen mehr Verwirrung, als dass sie zuverlässige Grundlagen für Entscheidungen boten. Dabei hatte Edward Lorenz bereits mit dem Schmetterlingseffekt gezeigt, dass kleinste Unterschiede der Anfangsbedingungen das Verhalten eines Systems stark und unvorhersehbar beeinflussen (Mitchell, 2009).
Bei dem Beitrag The Missing Link: From Complexity Science to Grounded Management Practice von Richard Pascale wurde mir bewusst, dass das Streben nach Stabilität und Gleichgewicht eine Sackgasse ist. Wo immer Beständigkeit und Ausgewogenheit zu
finden ist, handelt es sich um „Vorboten des Todes“. Dabei haben wir die Beispiele wie Kodak oder der Titanic vor Augen. Kodak wollte das etablierte Filmgeschäft nicht loslassen und bei der Titanic führte der Glaube an ihre Unsinkbarkeit zu konstruktivem und organisatorischem Versagen. In beiden Fällen mit fatalen Folgen. Die Lösungen im Umgang mit der wachsenden Komplexität sind am Rand des Chaos zu finden – Agilität, Reziprozität und Offenheit (Pascale, et al., 2000).
Im 20. Jahrhundert haben Denker viel über Kommunikation nachgedacht – eine unserer wesentlichen Kernfähigkeiten.
Sobald uns die Worte fehlen, sollten wir wissen, dass und wann wir schweigen müssen, (Wittgenstein, 1921/2003).
Was jedoch nicht bedeutet, dass wir uns nicht darum bemühen müssen, unsere Sicht klarzumachen (Popper, 1934/1989).
Und schließlich hat ein weiterer Österreicher, Paul Watzlawick (Watzlawick, et al., 1969/1990) deutlich gemacht, dass es unmöglich ist, nicht zu kommunizieren.
Daraus leitet sich unser Motto ab:
In diesem Buch geht es um Erinnerungen, über die wir verfügen, wenn eine Aktion abgeschlossen ist. Nicht dieses Rauschen der Infoflut der in unseren Dokumenten und Computern verschütteten Daten, auf die wir trotz Big Data nicht so schnell zugreifen können, sondern unser affektiv verankertes Bauchgefühl. Außer: Das Bauchgefühl sagt uns, vertraue den Daten. Mit der After Action
Review3 nähern wir uns in diesem Buch den verborgenen Erfahrungsschätzen der Protagonisten und machen sie uns nutzbar.
Als Einstieg lassen Sie sich von der folgenden Abbildung inspirieren! Auf den ersten Blick ist deren Vieldeutigkeit schwer erkennbar.4 Es hängt von Ihren Erfahrungen und Perspektiven ab, was Ihnen bei der Abbildung 1 in den Sinn kommt.
Abbildung 1: Danach
Unser Vorstellungsvermögen ist auch stark gefordert, wenn wir mit großen Zahlen hantieren. Stellen Sie sich 2,5 Millionen vor - sagen wir Euro. Mit dem heutigen Durchschnittsgehalt von 49.200 € im Jahr brauchen Sie 50 Jahre, um diese Summe zu verdienen.
Oder denken Sie an ein Päckchen Kopierpapier (500 Blatt). Einundzwanzig 25m hohe Kiefern ergeben 5.000 Pakete auf 21 Paletten, um 2,5 Millionen Blatt zu erhalten, die aufeinandergestapelt eine Höhe von 250m erreichen.
Oder versuchen Sie sich die 2.500.000 Steinblöcke mit zwei und zehn Tonnen Gewicht und einer Höhe von 1 bis 1,5m vorzustellen, die den quadratischen Hügel auf der vorherigen Seite mit über 145m Höhe und einer Seitenlänge von 230m ergeben.5 Wenngleich diese Zahl unser Zählvermögen mit den Fingern 2.400-mal übersteigt6, hantieren wir mit Millionen, ohne dass wir sie verarbeiten können.
In über eintausend Wochen haben sich geschätzte 25.000 Fachleute und über 100.000 Ungelernte am Bau der Cheops-Pyramide beteiligt. Der erforderliche Baugrund musste vorbereitet und die über 2.500.000 Steine in Steinbrüchen abgebaut und zur Baustelle transportiert werden. Hierfür wurden eine Hafenanlage, ein Kanal und riesige Rampen gebaut. Alle Arbeiten erfolgten mit Muskelkraft und Einfallsreichtum. Im Verlaufe des Buches nutzen wir dieses antike Projekt für die Beispiele der After Action Review.
Ein Rückblick braucht die Sichten der Beteiligten auf eine abgeschlossene Aktion. Einerseits sortieren sie dabei die eigenen Gedanken. Andererseits tauschen die Akteure ihre Erfahrungen aus. Dabei helfen wenige, einfache Fragen, die die Ergebnisse und deren Entstehungsweg herausarbeiten. Die After Action Review erleichtert diese gemeinsame Rückschau und liefert nachfolgenden Aktivitäten Vorschläge zur Verbesserung. Wir sollten aufgrund des günstigen Moments am Ende einer Initiative die Erfahrungen der (Aus)Führenden7 sammeln, da
Es liegt in der Natur der Sache, dass die Mitarbeitenden sich aufgaben- und fachbedingt Gedanken über ihren Beitrag machen
und dabei ihren eigenen Blick auf das Geschehene haben. Diese Meinungen sind gefärbt von früheren Erfahrungen, Überzeugungen und kognitiven Verzerrungen (Biases).
Mit der After Action Review tauschen alle ihre Sichten aus, passen ihren persönlichen Standpunkt an und fügen alle Blickwinkel zu einer umfassenden Aufarbeitung zusammen, die späteren Aktionen genutzt werden kann.
Bereichert wird dieser Rückblick durch die weichen Faktoren, die in der offiziellen Projektdokumentation nicht zu finden sind. Ansonsten blieben sie unerreichbar in den Köpfen der Teilnehmenden. Dazu zählen die persönlichen Erfahrungen, Erkenntnisse und Meinungen bezüglich des Anliegens, des Ablaufs, der Ergebnisse und der gewonnenen Einsichten.
In diesem Buch geht es um eine mögliche Wiederverwendung von Lehren aus einer Aktion. Technisch gesprochen das Externalisieren von implizitem Wissen einer Aktion.
Andere Bezeichnungen für Aktionen
Abenteuer, Abwicklungen, Aufgabenerfüllung, Ausarbeitungen, Ausführungen, Beschäftigungen, Einsätze, Entwicklungen, Erfüllungen, Experimenten, Feldzügen, Geschäften, Handlungen, Initiativen, Kampagnen, Maßnahmen, Operationen, Performances, Programmen, Projekte, Prozessen, Realisierung, Unternehmen, Unternehmung
Box 1: Andere Bezeichnungen für Aktionen
Wir berücksichtigen dabei unbewusste Filter, die Bias, um zu verhindern, dass wichtige Lessons Learned übersehen werden.
Die druckbare After Action Review ist das Ergebnis aus meinen Jahren der internen und externen Beratung von Projekten: über Team-, Abteilungs-, Unternehmens- und Ländergrenzen hinweg.
Die Abbildung auf der nächsten Seite liefert für das X auf Seite → einige Bedeutungen - aus (Lapp, 2022).
Abbildung 2: Verschiedene Bedeutungen von X
1 VUKA beschreibt die heutige Schnelllebigkeit der Welt mit den Elementen Volatilität: Die Art und Weise und Geschwindigkeit von Veränderungen; Unsicherheit: Die Unklarheit der Gegebenheiten, Unvorhersehbarkeit der Zukunft und Aussichten; Komplexität: Vielfältige, sich schnell ändernde Faktoren und unbekannte Ursachen und Wirkungen; Ambiguität: Unscharfe und mehrdeutige Sachverhalte sowie verwirrende unbekannte Auswirkungen.
2 Die Genderung soll in diesem Buch vermieden werden, soweit sie Zitate oder Ableitungen nicht verfälschen oder der Lesefluss unangenehm gestört wird. In diesem Fall sollten alle an einen geschlechtsneutralen Ausdruck denken - In dem vorliegenden Fall statt MAN - JEDER MENSCH.
3 Ich nutze anstelle von After Action Review überwiegend das Kürzel AAR, die Worte Rückschau, Rückblick oder Retrospektive,
4 Wer eine Vorstellung davon erhalten möchte, was ein X alles bedeuten kann, findet eine Liste in einer früheren Veröffentlichung (Lapp, 2022) und auf Seite →.
5 Spätestens jetzt haben Sie bemerkt, dass wir von oben auf die Cheops-Pyramide blicken.
6 Wir können mit zehn Fingern bis 1.023 zählen.
7 (Aus)Führende ist die Kurzform für leitende und ausführende Mitarbeitende.
Die After Action Review ist eine eingeführte Praxis, um aus den eigenen Aktionen zu lernen. Es finden sich im englischsprachigen Raum viele fachliche Formate (Die Varianten des Bewährten, S.→). In diesem Buch werden zwei allgemeine Varianten im deutschsprachigen Raum eingeführt: der Kleine und der Normale Rückblick.
Die folgende Definition trifft den Kern aller AARs.
Box 2: Definition After Action Review
Die Begriffsbestimmung besteht aus vier Teilen:
Strukturiert
Das Vorgehen besteht aus den drei Schritten: Anliegen, Ergebnisse und Lessons Learned. Es ist leicht nachvollziehbar, frischt die Erinnerungen auf und stimmt persönliche Eindrücke und Erkenntnisse miteinander ab.
Rückblickend
Der Blick zurück beschäftigt sich mit Sachverhalten, Abläufen und Ergebnissen von Aktionen, Einsätzen, Experimenten, Handlungen, Projekten und Unternehmungen.
Abgeschlossen
Das sofortige Erfassen der Erkenntnisse einer vollendeten Aktion stellt sicher, dass möglichst unverfälschte Erinnerungen zur Verfügung stehen.
Besser
Es geht darum, nur richtige Aufgaben mit minimalem Aufwand durchzuführen und ausschließlich angeforderte Ergebnisse zu erzeugen. Hierzu wählen Sie die Aktionen aus, die für die Kundenzufriedenheit unerlässlich sind und vermeiden darüber hinausgehende Aktivitäten.
Da die Aktion abgeschlossen ist, hat die AAR keinen Einfluss mehr auf die gelieferten Ergebnisse. Den Beteiligten sollte es nachträglich leichter fallen, ihre Erfahrungen zu teilen. Die Wirksamkeit der AAR ergibt sich aus dem bereitwilligen Austausch der Sichten. Dadurch erzeugen die geäußerten Blickwinkel eine sachlichere Betrachtung auf die Unternehmung.
Die Wirksamkeit ergibt sich aus den folgenden AAR-Eigenschaften, die sie für den breiten Einsatz im Alltag interessant machen.
Einfache Struktur
Die Beschreibung folgt einem einfachen Ablauf mit leicht verständlichen Schritten und Inhalten (Die Fragen der After Action Review, S.→).
Geringer Zeitaufwand
Der gesamte Durchlauf benötigt zwischen fünfundvierzig und neunzig Minuten – in Ausnahmefällen, wie in sehr großen Projekten auch mal bis zu einem halben Tag.
Druckbares Ergebnis
Das Ergebnis sind die ausgefüllten AAR-Vorlagen, die leicht bereitgestellt und verwendet werden können.
Flexible Anwendung
Das Vorgehen kann jederzeit allein in Stillarbeit und in Teams verschiedener Größe moderiert durchgeführt werden.
Universeller Einsatz
Die After Action Review ist frei von spezifischen Fachbegriffen und passt deshalb auf alle erdenklichen Fälle.
Die Ausgestaltung der vorliegenden After Action Review macht sich die Erkenntnisse aus vielen Bereichen zu nutze.
Die AAR besteht vor allem aus den Fragen bezüglich Anliegen, Ergebnisse und Lessons Learned.
Die Fragen der After Action Review
Worum geht’s (Anliegen)?Was die ursprüngliche Fragestellung war.
Was waren unsere Ziele? Zu erbringende Produkte und ServicesWie messen wir unseren Erfolg? Kennzahlen/Messgrößen für den ErfolgWas haben wir erreicht (Ergebnisse)?Welche Produkte und Dienstleistungen Sie geliefert haben.
Was waren die Ergebnisse?Teile, Komponenten, Erzeugnisse, Services
Wie haben wir die Ziele erreicht?Vorgänge, deren Reihenfolge, Rollen
Warum haben wir uns die Ziele gesetzt? Notwendigkeit, Zweck, VorteileWas lernen wir daraus (Lessons Learned)?Welche Erfahrungen und Erkenntnisse wir in Zukunft berücksichtigen sollten, um besser zu werden.
Was haben wir gelernt?Förderliche und schädliche Aspekte
Was sollte verbessert werden?Ungeschickte Vorgehen und Formate der Beteiligten, der Entscheider und der (Aus)Führenden
Was hat funktioniert?Wirksame Vorgehen, geschickte Vorlagen, Beteiligung bestimmter Personen und hilfreiche Ressourcen
Was war besonders bemerkenswert?Bisher Unbekanntes und Unerwartetes
Wie wenden wir das Neue an?Zeitnahe Einsatzmöglichkeiten
Box 3: Die Fragen der After Action Review
Es geht dabei um das ursprüngliche Anliegen, das zu bestimmten Ergebnissen geführt hat, aufgrund von Faktoren, die wir für nachfolgende Aktionen erarbeiten und verfügbar machen.
Die Vorteile der After Action Review sind
Nützlichkeit
Eine AAR ist nützlich, wenn sie einen Beitrag zur Verbesserung der Abläufe oder der Ergebnisse einer Abteilung oder eines Unternehmens leistet – z.B. Abläufe integrieren, parallelisieren oder automatisieren; sparsamere Erfüllung von Anforderungen; wirkungsvollere Folgen.
Klarheit
Eine AAR ist klar, wenn sie eine verständliche Struktur und definierte Ergebnisse bietet – z.B. einen einfachen Ablauf mit beschriebenen Schritten.
Anwendbarkeit
Eine AAR ist anwendbar, wenn sie sich in allen denkbaren Fällen einsetzen lässt – z.B. im Selbstmanagement, bei einfachen Aktivitäten und bei Projekten jeder Größe.
Abbildung 3: Die Vorteile der After Action Review
Der Zweck ist es, dass Sie, die Lesenden, Ihre Rückblicke durchführen können. Sie können mit der After Action Review
Ihre gewünschten Ziele erreichen,
den Ablauf selbstständig durchführen,
keine offenen Fragen und Unsicherheiten mehr haben,
die eigenen Fähigkeiten verbessern,
jederzeit, auch spontan anfangen können und
die Perspektive der anderen verstehen und die eigene verändern.
Die vorgeschlagenen Lösungen für Rückblicke bieten
klare Abläufe,
Beschreibungen der Schritte,
Beispiele für alle Bausteine und
Hinweise für die Anwendung.
Dieses Buch hilft allen (Aus)Führenden beim Erinnern in allen Fachgebieten und Rollen.
Den Rahmen für die After Action Review bildet das nachfolgende AAR-Manifest (AAR-Manifest, S.→). Es ist vom Agilen Manifest (Beck, 2010) abgeleitet.
Lesen Sie sich die folgenden zwölf Aspekte für den Einsatz durch. Bemerken Sie die Reibungspunkte mit Ihrer bisherigen Einstellung? Überlegen Sie, was Sie ändern sollten? Welches sind Ihre Top-3?
1. Wahrgenommene Wirksamkeit
Unsere höchste Priorität ist die Zufriedenheit der Teilnehmenden durch frühzeitige und kontinuierliche Aufdeckung von relevanten Einsichten für zukünftige Aufgaben. Sobald die Mitarbeitenden ihren AAR-Nutzen verstehen, sind sie zum aktiven Erfahrungsaustausch bereit.
2. Den Wandel begrüßen
Begrüßen Sie sich ändernde Bedingungen nach Abschluss der Initiative. Nutzen Sie den Wandel! Bewährtes anders zu machen ist anstrengend. Helfen Sie den Teams Veränderungen als etwas Positives zu sehen.
3. Kurzfristige Wiederverwendung
Liefern Sie regelmäßig stimmige Lernfortschritte für kurze und längerfristige Zeiträume – vor allem kurzfristig. Das Erlernte schnell und einfach umsetzen zu können, fördert die zeitnahe Wiederverwendung und zeigt die AAR-Vorteile.
4. Hierarchiefreie Zusammenarbeit
Fachleute und Manager lernen gemeinsam. Mutmaßliche „Denkverbote“ werden unwirksam, wenn alle hierarchiefrei auf Augenhöhe miteinander umgehen.
5. Förderliche Gesprächsbedingungen
Besetzen Sie die AAR mit relevanten Personen. Geben Sie ihnen die Umgebung und Unterstützung, die sie brauchen, und vertrauen Sie darauf, dass sie lernen. Der Austausch wird ertragreicher, wenn die Beteiligten sich sicher fühlen und über die notwendigen Ressourcen verfügen.
6. Persönlicher Austausch
Die wirksamste Methode zur Vermittlung von Informationen an und in Teams sind persönliche Beiträge. Die besten Ergebnisse ergeben sich, wenn alle ihre Sicht persönlich mit anderen teilen.
7. Gemeinsames Verständnis
Verständliche Erkenntnisse sind das wichtigste Maß für den Fortschritt. Umfangreiche Diskussionen, Widersprüche und sichtbare Ablehnung sind ein Hinweis auf fehlende Eindrücke.
8. Konzentrierte Mitarbeit
After Action Reviews fördern eine nachhaltige Entwicklung. Die Sponsoren, Manager und Fachleute sollten voll konzentriert mitarbeiten. Nicht die bloße Anwesenheit, sondern neue Erkenntnisse bestimmen die Qualität der AAR.
9. Selbstkritisch hinterfragen
Kontinuierliche Aufmerksamkeit auf Klarheit und aktive Beiträge steigert die Wirksamkeit. Die AAR ist die Gelegenheit, kritische Aspekte zu besprechen.
10. Einfachheit
Einfachheit ist die Kunst, den Anteil von unnützen Details zu minimieren - ist von wesentlicher Bedeutung. Erkenntnisse ohne Ausschmückungen können wir leichter verstehen, akzeptieren und wiederverwenden.
11. Selbstorganisation
Die besten Erkenntnisse und Lernfortschritte entstehen in selbstorganisierten Arbeitsgruppen. Das eigenverantwortliche Team lernt bereitwilliger.
12. Regelmäßige Reflexion
In regelmäßigen Abständen reflektiert das Team, wie es sich weiterentwickeln und wirksamer werden kann. Die AAR sollte Bestandteil des Alltags sein.
Meine Top-3 sind die Grundlage einer beständigen, hierarchiefreien Selbstorganisation in Arbeitsgruppen. Daraus leiten sich für mich folgende Grundsätze ab:
Jeder Abschluss mit Rückblick!
Frei von formellen Ebenen!
Aufgabe, Kompetenz und Rolle sind selbstorganisiert in einer Hand – persönlich, im Team oder im Bereich!
(Auf der nächsten Seite finden Sie das AAR-Manifest als Poster.)
Wenn Sie sich bis hierhin im Einklang mit der AAR befinden, dann lesen Sie dieses Kapitel zu Ende, um zu klären, was Sie sonst noch erwartet.
Abbildung 4: AAR-Manifest
Der Stimmungskiller Nummer eins bei der Einführung von neuen Vorgehen sind theoretische Diskussionen, die sich endlos um die Vorgehensweise drehen und dadurch den Einsatz verzögern. Praktiker schätzen es, ein Werkzeug in die Hand zu nehmen und auszuprobieren. Die Ergonomie, die Verarbeitung, die verschiedenen Funktionen und die Sinnhaftigkeit eines Tools verstehen wir leichter, wenn wir es ausprobieren. Genau das machen wir in dem Buch anhand eines bekannten Falles.
Beim Gedanken an einen Hammer fallen uns unsere alltäglichen Anwendungen ein. Ein Vorschlaghammer reißt Wände ein. Mit einem Zimmermannshammer schlagen wir einen Nagel in die Wand und ziehen ihn auch wieder heraus. Die Beule im Kotflügel wird mit dem Ausbeulhammer gerichtet. Den Fäustel nutzen die Steinmetze.
Denken Sie an die Skulpturen, die für die Ewigkeit geschaffen wurden: Michelangelo war Anfang zwanzig, als er in zwei Jahren die Pietà aus einem Marmorblock herausschälte. Der fünf Meter hohe David erforderte vier Jahre und wurde vollendet, bevor Buonarroti dreißig Jahre alt war - alles mit Hammer und Meißel.
Die Wikipedia beschreibt einen Hammer als „ein händisch oder maschinell angetriebenes Werkzeug, das unter Nutzung seiner beschleunigten Masse (meist) schwere Schläge auf Körper ausübt …“ (Wikipedia, 2022).
Abbildung 5: Die Anwendung bestimmt die Funktion
Ohne den Anwendungskontext ist ein Werkzeug wie das Gerippe eines Säugetiers. Es ist schwer, sich anhand des Skeletts das Tier in Aktion vorzustellen. Es fehlen dem Knochengerüst die Muskeln, die Organe, das Fleisch und deren alltägliches Zusammenspiel.
Methoden und Verfahren sind DenkWerkzeuge, die erst mal wie die Beschreibung eines leblosen Knochengerüsts wirken. Die Formate und Regeln erfordern den Transfer in ein funktionierendes Ganzes – mit anderen Worten: Es braucht mehr Fleisch auf den Knochen, um sich das Vorgehen in Aktion vorstellen zu können. Dazu gehören anschauliche Vorbilder, die den Kontext, die Bausteine, die Abläufe, die Mechanismen und die Sinnhaftigkeit aufzeigen. Die greifbaren Beispiele vermitteln Hinweise bezüglich der Handhabung.
Dieses Buch liefert das Gerüst der After Action Review, bestehend aus klaren Prozeduren, wiederverwendbaren Vorlagen und griffigen Erklärungen. Auf dieser Grundlage sind die Lesenden in der Lage, einen Piloteinsatz eigenständig durchzuführen. Alternativ können sie eine Schulung anhand eines eigenen, fachlichen Beispiels durchführen.
Im folgenden Abschnitt lernen Sie ein historisches Großprojekt kennen, das die Vorlagen mit anschaulichen Beispielen versorgt.
Abbildung 6: Cheops-Pyramide
Anweisung an Taiti Sab, Wesir, Oberpriester-Leser, beauftragt mit den Bauvorhaben des Königs, der alle Arbeiten im ganzen Land leitet, jedes Mal, wenn ein Tempel in Ober- und Unterägypten gegründet wird, um alles im Tempel an seinen Platz zu bringen. Anweisung, sich richtig zu verhalten, für alle angeordnet, um sie mit ihren Jobs in die Services des Temples einzuführen, um Reinheit herzustellen, Tabus zu vermeiden und um sich an die Anweisungen des ersten Mals für alle diejenigen, die den Tempel betreten zu halten, beginnend mit den höheren Priestern, die bei den Göttern eintreten bis zu den geringsten Knechten.
(Quack, 2003)
Zur Veranschaulichung betrachten wir immer wieder unser Großprojekt, das überwiegend mit Hammer und Meißel entstand. Das Ergebnis ist das einzige der sieben Weltwunder, das wir heutzutage noch besichtigen können: die Cheops-Pyramide auf Seite →. Sie ist bis heute ein imposantes Bauwerk mit einem Volumen von 2.583.283m3 und soll irgendwann um das 26.Jahrhundert vor Christus errichtet worden sein. Von den ursprünglichen 146m ist die Pyramide heute noch 138m hoch. Bis zur Errichtung der Kathedralen im Mittelalter (Wikipedia, 2022), war es für viertausend Jahre das höchste Gebäude der Welt (Wikipedia, 2022).
Es gibt nur fragmentarische Hinweise auf den Bau. Für unser Beispiel schließen wir die Lücken mit angenommenen „Zahlen, Daten und Fakten“ - auch ohne überlieferte Nachweise. Wir kennen den Auftraggeber Cheops (in altägyptisch: Chufu), den für den Bau verantwortlichen Wesir Hemiunu. Daneben sind einige Hinweise von Herodot, Diodor, Strabon und Plinius dem Älteren (auch wenn diese erst 2000 Jahre nach dem Bau aufgeschrieben wurden) sowie zeitgenössische Schriftfunde wie das Logbuch des Merer (Merer, 2022) überliefert. In jüngerer Zeit hat sich Joachim Friedrich Quack mit dem Buch der Tempel beschäftigt. In diesem Buch wurden die Erfahrungen der Architekten über Generationen hinweg weitergegeben (Quack, 2003).
Unser Beispiel basiert überwiegend auf der Beschreibung How the great pyramids were built (Smith, 2018) und Der Bau der Cheops-Pyramide (Illig, et al., 1999). Für unsere Zwecke fügen wir passende
Daten hinzu. Damit werden später die Templates beispielhaft gefüllt.
In einer perfekten Welt hätten wir eine über viertausend Jahre alte AAR, die ungefähr wie die folgende Abbildung 4 aussehen würde. Wie auch im weiteren Verlauf müssen wir uns dabei leider auf eine vage Faktenlage beschränken. Der folgende Papyrus veranschaulicht das Ergebnis einer AAR – alles auf einer Seite.
Abbildung 7: 4.500 Jahre alte AAR ;-)
Im Projektsteckbrief sind die Rahmenbedingungen dieses Megaprojekts beschrieben. Vielleicht liefern zukünftige Funde weitere Einblicke. Aus heutiger Sicht war das Projekt sehr erfolgreich. Immerhin können wir die Pyramide heute noch besuchen und ehrfürchtig die damalige Leistung der Ägypter bewundern.
Projektsteckbrief Cheops-Pyramide
Name:Bau der Cheops-Pyramide
Beschreibung:Planung, Bau und Abschluss eines Grabmals für den Pharao Cheops
Begründung:Der Gottkönig verdient ein beeindruckendes Grabmal für seinen Übergang ins Totenreich
Ziel:Die größte Pyramide
ErfolgsindikatorenAbschluss vor dem Tod von Cheops; Größe; Qualität (z.B. Sicherheit, Stabilität, Langlebigkeit)
Business Case:n/a, da grenzenloses Budget des Gottkönigs
Zeitrahmen:Projektstart: 2620 v. Chr.; Projektende: Tod Cheops
Meilensteine:Baustelle vorbereitet; Pyramide gebaut; Infrastruktur abgebaut
Projektorganisation:Projektleiter: Hemiunu; Fachleute (Schreiber, Steinmetze, Maurer, Vermesser, Zeichner, Mörtelmischer, Schreiner, Töpfer, Köche) und Ungelernte
Box 4: Projektsteckbrief Cheops-Pyramide
In diesem Buch tun wir so, als wäre die Pyramide gerade fertig geworden, auch wenn uns viele Details aus erster Hand bezüglich dem Ablauf, den Teilaufgaben und Kennzahlen fehlen. Die Pyramiden wurden nach dem Versuch-Irrtum-Verfahren errichtet. Zuerst die Djoser-Stufenpyramide, dann die Knickpyramide in Dahshur und schließlich die Rote Pyramide, die erste „echte“ Pyramide mit einer glatten Außenfläche.
Die Erfahrungen des Pyramidenbaus werden zwar später im Buch der Tempel weitergegeben, aber die frühen, größeren Pyramiden der vierten Dynastie wurden noch mit wenig Erfahrung und viel Risiko gebaut. Danach gab es nur noch die Chephren-Pyramide mit ähnlichen Ausmaßen. Alle späteren Pyramiden waren aus unerfindlichen Gründen kleiner.
Das Besondere an den Pharaonen als Auftraggeber war ihr göttlicher Status und dementsprechend die Verfügbarkeit von unerschöpflichen Mitteln. Projekte unterlagen deshalb keinerlei Budgetbeschränkungen. Im Gegenteil. Desto größer, desto aufwendiger, desto sinnvoller. In unserem Beispiel geht es um Cheops – Sohn von Snofru und Vater von Radjedef und Chephren.
Er übernahm die Regierung etwa 2620 v. Chr. im Alter von vierzig Jahren und regierte bis 2580 v. Chr. 8 Bei seiner Regierungsübernahme war er etwa vierzig Jahre alt. Die