Agathe, der alte Besen und die Weihnachtsgans - Anne Fatori - E-Book

Agathe, der alte Besen und die Weihnachtsgans E-Book

Anne Fatori

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Beschreibung

Agathe und Alfred reisen zum diesjährigen Weihnachtsfest schon früher an. Das bedeutet für Schwiegertochter Marie, der Blutdruck steigt und pochende Migräne ist vorprogrammiert, denn Agathe hat ein ganz besonderes Talent, ihre Schwiegertochter zu reizen. Ihr Besuch gleicht meist einer unangenehmen Inspektion. In diesem Jahr haben Agathe und Alfred noch zwei Hundewelpen im Gepäck, dabei vergaßen sie wohl Maries Tierhaarallergie. Doch Agathe hat noch viel mehr Ideen, um das Miteinander kreativ zu gestalten. So kann sie nicht nur Krümel hinterm Küchenschrank scannen, sondern sie verpasst auch sonst kaum eine Möglichkeit, ihre Mitmenschen zu kritisieren, bis die Sache endlich eskaliert.

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Frohe Weihnachten für alle, die sich auf ein paar erholsame Tage im Kreise ihrer Lieben freuen und auch für die, die noch kurz vor Ladenschluss an Heiligabend die letzten Geschenke besorgen, nach Hause hetzen, um für die liebe verfressene Verwandtschaft ein Menü zu kochen, dabei zu schwitzen und zu schimpfen und froh aufs Sofa fallen, wenn die Feiertage geschafft sind und die Schwiegermutter endlich wieder im Zug Richtung weit weit weg sitzt.

Agathe kam schon früher. Das hatte sie soeben fröhlich am Telefon verkündet.

Marie legte den Hörer auf, setzte sich an den Küchentisch und schaute zu Boden, als sei etwas passiert.

Agathe kam schon ganze zwei Tage früher, also schon heute, um mehr Zeit mit ihren Lieben zu haben und um zu helfen. Bei was bitte wollte sie denn helfen? Eigentlich war sie nun schon fast unterwegs, Maries Schwiegermutter Agathe. „Oh, welch tolle Überraschung!“ stöhnte Marie.

Sie wollten gleich losfahren und somit wollten sie bereits in schlappen drei Stunden vor ihrer Tür stehen. Also, Agathe und ihr Mann Alfred. Doch Alfred vergaß man fast dabei.

Er sprach ja meist nicht viel. Warum auch? Seine liebe Frau wusste ja alles, vor allem wusste sie eh alles besser. Also sagte der schlaue Mann eben lieber nichts. Somit musste sie ihn schließlich auch nicht so oft verbessern.

Agathe erwähnte eben, sie würden noch eine Überraschung mitbringen, eine doppelte Überraschung. Marie allerdings war sich nicht sicher, ob sie sich darauf freuen sollte.

Marie blickte auf die Uhr. Es schien, als sprangen die Locken in die Höhe, aber nicht aus Vorfreude.

Vielmehr war es die blanke Panik!

Wie bitte sollte sie in nur drei Stunden das Chaos hier beseitigen, putzen, ein Essen für 6 Personen vorbereiten, naja, eigentlich für 4 ¾, wobei auch die ¾ ein durchaus anspruchsvoller Part war.

Pünktlich zum Abendessen, zu dem es eigentlich nur ein ganz normales Abendbrot geben sollte, also mit Brot, Käse, Wurst und ein paar Gürkchen, waren sie, die lieben Schwiegereltern ja dann vermutlich schon da.

Also waren Marie, ihr Mann Ben, die Kinder Luisa (3 Jahre) – also eine halbe Portion - und - die Viertel Portion-, der kleine Theo, der nun schon bald seinen ersten Geburtstag feiern würde, wohl nicht unter sich, sondern Oma und Opa waren dann auch da.

Kurz ging Marie alle Baustellen durch, die noch unbedingt erledigt werden mussten, bevor die lieben Schwiegereltern vor der Tür stehen würden.

Die Küche sah gerade noch aus wie ein Schlachtfeld, hatte sie doch eben erst den Kuchen in den Ofen geschoben, die Tüte Mehl fiel ihr in dem Moment noch aus der Hand, als sie sie zurück in den Schrank stellen wollte. Also sah der Fußboden recht gepudert aus. Die Tatsache, dass sie nun schon mal kreuz und quer darüber umherlaufen musste, machte die Sache nicht besser.

Luisa hatte währenddessen am Küchentisch ihrer künstlerischen Ader freien Lauf gelassen, um ihre Mami nicht zu stören. Es verstand sich von selbst, dass nicht nur das Papier damit bunt bekritzelt wurde, sondern auch die Tischplatte eine einzigartige Verzierung abbekommen hatte.

Theo meldete sich auch gerade zu Wort. Sicher war die Windel voll.

Also erst Windel, dann Küche, dachte sich Marie.

Beim Betreten des Flurs fiel ihr auf, dass auch hier eine kurze Grundreinigung nötig wäre.

Ein Blick fiel ins Bad. Ach ja, das Bad… nun, am besten zumauern. Luisa hatte auch hier kreativ gewütet und mit den neuen Stiften bunte eckige Klekse an der Badewanne dekoriert. Hmm… sicherlich hatte die Kleine Prinzessin ein sonniges Gemüt und eine künstlerische Ader, aber ob Oma Agathe das so erkennen würde, das war wohl eher unwahrscheinlich.

Es half nichts. Hilfe musste her und zwar dringend!

Marie wählte Bens Nummer im Büro. „Schatz, komm schnell nach Hause!“ „Was ist passiert?“ entgegnete er erschrocken.

„Deine Eltern sind schon unterwegs.“ erwiderte sie, schon etwas gehetzt.

„Das macht doch nichts. Das Gästezimmer ist doch frei.“ meinte er, recht entspannt.

Nun, sicherlich war das Gästezimmer frei. Aber damit war es doch nicht getan!

Der Rest des Hauses machte vielmehr den Anschein, als hätte hier eine Bombe eingeschlagen.

Die ganze Hetzerei der letzten Tage, Geschenke zu besorgen, das Auto aus der Werkstatt zu holen, das Gästezimmer bezugsfertig zu machen, das hatte zu Zeitmangel für Hausputz geführt. Das wollte Marie eigentlich in den kommenden zwei Tagen in Ruhe machen. Doch dann ging auch noch zu allem Übel der Geschirrspüler plötzlich in Streik, als wolle er warnen, ihn über die Feiertage wieder völlig zu überlasten.

Marie setzte sich für einen kurzen Moment, atmete tief durch und dann rotierte sie. Sie erklärte Luisa ein tolles neues Spiel. Es hieß: Singen für Theo. So waren die Kinder beschäftigt. Sobald man sang, war Theo ganz gebannt und da das kleine Gesangstalent eine tolle laute Stimme hatte, konnte man sie auch so immer einwandfrei orten.

Im Eiltempo beseitigte Marie die Kampfspuren ihrer ganz persönlichen Küchen-Kuchen-Schlacht, redete dem Geschirrspüler gut zu und schickte ein Stoßgebet, damit er doch bitte seinen Dienst tat. Er tat es und so war hier schon mal einigermaßen klar Schiff.

Dann ging es ins Bad. Ach wie toll…die neuen Stifte von Luisa hielten wirklich gut. Das müsste sie sich mal merken und sie vor dem nächsten Kindergeburtstag unbedingt gut verstecken, um üblen Überraschungen vorzubeugen. Heute allerdings kostete die Entfernung dieser bunten Verzierungen mindestens zwei Schweißperlen mehr.

Nur zwei Stunden später stand auch Ben in der Tür, gerade als Marie sich erschöpft, aber durchaus zufrieden mit ihrer Leistung aufs Sofa fallen ließ.

Er schaute sich um „Was hast du denn? Dafür sollte ich jetzt früher nachhause kommen? Es ist doch alles gut.“

Marie holte kurz Luft, wollte ihm die Sachlage erklären, bedachte dann aber, dass die Stimmung zwischen ihnen nachher zumindest gut sein sollte. Also gab sie ihm einen Kuss auf die Wange, hauchte ihm ein „Schön, dass du da bist.“ entgegen und ging in die Küche, um den Tisch zu decken.

Insgeheim war ihr ja klar, es war fast egal, wie schön jetzt alles blitzte und blinkte und ob für sie alles tippi toppi war. Sobald ihre Schwiegermutter Agathe das Haus betrat, war für diese vieles nicht mehr so, wie es zuvor schien. Sie konnte wirklich gegen alles wettern.

Von daher wäre es auch nicht so viel schlimmer gewesen, wenn Marie keinen Finger krumm gemacht hätte.

Nur wären dann vermutlich die Kritikpunkte auch für den Normalsterblichen sichtbar gewesen.

Es klingelte an der Tür und schon hörte Marie die unsanften Klänge ihrer sie so reizenden Schwiegermutter.

Deren bloße Anwesenheit brachte Marie schon einen leicht erhöhten Blutdruck. Doch sicherlich würde sich das in den nächsten Tagen noch multiplizieren.

Das Spiel war ja bekannt. Wer solch eine Schwiegermutter hatte, der wusste „Alle Jahre wieder“ völlig neu zu deuten.

Abgehetzt und völlig erschöpft, so schien es, betrat Agathe den Flur und ließ gleich ihren Blick schweifen, nachdem sie ihren geliebten Sohn herzlich und dann die wohl eher geduldete Schwiegertochter kurz begrüßt hatte. Beim schweifenden Blick betonte Agathe, wie müde sie nach der stressigen Anreise durch das Schneegestöber auf der Autobahn war. Das ließ fast auf einen ruhigen Abend hoffen.

Doch Marie ahnte, dass Agathe durchaus noch genügend Energie hatte, um die Staubkörner unter dem Küchenschrank zu scannen.

Kaum hatte sie diesen Gedanken, da ging es auch schon los.

„Ach meine liebe Marie…“ fing sie an und bei diesen Worten stellten sich nicht nur Maries Ohren auf Radar, sondern sie spürte, wie ihre Locken sich kräuselten und ihr Puls im Hals Tempo machte.

„Ach meine liebe Marie…“ und Marie dachte, welche Ironie… „Marie, du solltest dir eine Putzfrau anschaffen.

Sieh, du hast einfach für das große Haus keine Zeit, um es mal gründlich zu putzen. Bei den zwei kleinen Kindern und dann auch noch die Arbeit ist das ja auch kein Wunder. Ach Kind, du hast das ja auch nicht nötig. Du hast doch Ben. Du musst doch gar nicht arbeiten.“

Richtig, liebe Schwiegermutti, dachte sich Marie voller Ironie. Bloß keine Zeit vergeuden! Gleich mit den Spielen beginnen.

Das war ja schon mal ein guter Auftakt.

Sicherlich war es in Agathes Augen so, dass eine Frau, die einen guten Mann geangelt hatte, nicht arbeiten müsste. Doch Marie hingegen waren ihre Eigenständigkeit und ihre eigene Karriere auch neben Familie und Kindern sehr wichtig und das wusste natürlich auch Agathe. Seit sie dies wusste, war es allerdings auch ein Thema, welches die liebe Agathe immer wieder auf den Tisch brachte, ohne Umschweife und ohne ihre eigene Meinung dabei zu verschleiern.

Ben zwinkerte ihr nur zu und entgegnete seiner Mutter „Aber sie liebt ihren Job und sie macht das alles toll.“

Ok, das war also erst mal vom Tisch. Danke. Danke auch, dass du den Punkt mit der Putzfrau nicht kommentiert hast, dachte sich Marie, voller Sarkasmus.

Hier sah es trotz der Kürze der Zeit toll aus! Das musste mal klar sein. Aber die paar Tage mit Agathe und Alfred würden schon irgendwie vorübergehen.

Marie musste niesen, drei Mal. Hatte das etwas zu bedeuten?

Erschrocken musterte Agathe ihre Schwiegertochter und beugte sich direkt etwas zurück.

„Was, Kind, bist du etwa krank? Oh Gott, hätte ich das geahnt, hätten wir unseren Besuch verschoben! Ich möchte mich keinesfalls anstecken, wo wir doch über Silvester verreisen wollen.“

Marie winkte ab „Nein, nein. Ich bin nicht krank.“ Doch insgeheim dachte sie sich `Warum habe ich nicht vorhin am Telefon niesen müssen, oder viel besser noch husten. Ja husten, das wäre eine gute Idee gewesen.

Das würde sie einfach machen, wenn der nächste Besuch anstünde. Zufrieden lächelte sie und wusste, das nächste Familienevent war zu retten. Niesen sei Dank!