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Ein Buch für alle, die agil arbeiten wollen und konkrete Unterstützung suchen - sehr nützlicher Leitfaden für agile Teams, Führungskräfte und eine erfolgreiche agile Transformation - hoher Praxisbezug durch Schritt-für-Schritt-Anleitungen, Aufzeigen von Fallstricken und Denkfehlern sowie Voraussetzungen und Gefahren von AgilitätEine weitreichende Digitalisierung verleiht unserer Gesellschaft einen grundlegenden Wandel und eine zunehmende Beschleunigung. Organisationen und Menschen wollen flexibler arbeiten und früher Ergebnisse erzielen. Hierfür braucht es andere Denk- und Arbeitsweisen. Agiles Vorgehen ist auf dem besten Weg, zu der am weitesten verbreiteten Arbeitsweise zu werden, und ist schon heute Ausgangspunkt für eine Vielzahl von Zusammenarbeitsformen. Agilität ist mit Fitness vergleichbar: Dies bedeutet, als Team, Abteilung oder Organisation fit und in der Lage zu sein, schnell, flexibel und agil mit allen Situationen umgehen zu können. Es ist eine elementare Fähigkeit, um in Zeiten von Digitalisierung, Disruption und des schnellen Wandels erfolgreich zu agieren. In "Agile" teilt Rini van Solingen sein Expertenwissen und seine Erfahrung und beleuchtet eine Reihe häufiger Fehler und Missverständnisse rund um agiles Arbeiten.
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Seitenzahl: 235
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Ein schönes Buch darüber, wie eine Organisation gesund, flexibel und fit wird, voller Tipps, Fallstricke und Praxiserfahrung
RINI VAN SOLINGEN
Aus dem Niederländischen von Rolf Dräther
Rini van Solingen, [email protected]
Lektorat: Christa Preisendanz
Übersetzung: Rolf Dräther, [email protected]
Copy-Editing: Ursula Zimpfer, Herrenberg
Satz: Birgit Bäuerlein
Herstellung: Stefanie Weidner
Umschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.de
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN:
Print 978-3-86490-738-8
PDF 978-3-96088-987-8
ePub 978-3-96088-988-5
mobi 978-3-96088-989-2
Translation Copyright für die deutschsprachige Ausgabe © 2020 dpunkt.verlag GmbH
Wieblinger Weg 17 · 69123 Heidelberg
Autorisierte Übersetzung der niederländischen Originalausgabe.
Copyright © 2020 Rini van Solingen and Management Impact, Deventer.
Erste Auflage November 2018, zweite überarbeitete Auflage Juni 2020.
Title of the Dutch original: »AGILE«, ISBN 978-94-627-6277-0.
All rights reserved including the right of reproduction in whole or in part in any form.
Abbildungen: Shutterstock, Seite 153 © Scaled Agile Inc.
Grafischer Entwurf und Layout von Hans Roenhorst, H2R+, www.h2rplus.nl, Deventer, the Netherlands.
Die Originalausgabe enthält QR-Codes zu Videos des Autors (in holländischer Sprache); den Link zu diesen Videos finden Sie unter www.dpunkt.de/agile-videos.
Hinweis: Der Umwelt zuliebe verzichten wir auf die Einschweißfolie.
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Geleitwortvon Henk Ester
1Das Warum, Was, Wann und Wie von Agilität
1.1Agil zu arbeiten, heißt arbeiten wie ein Delfin
1.2Fundamentale Denkfehler, die durch agiles Arbeiten aufgelöst werden
1.3Das Agile Manifest
1.4Wann Agilität nutzen und wann nicht?
2Geht es in die richtige Richtung?
2.1Sieben Fragen, um herauszufinden, wie agil man ist
2.2Berichterstattung mittels Metriken
3Flexibilität durch Fertigstellen
3.1Sechs konkrete Massnahmen zur Beschleunigung der Arbeit
3.2Beispiel: BOL.COM
4Die Gefahren von Agilität
4.1Acht Gefahren agilen Arbeitens
4.2Sieben Missverständnisse über Agilität
5Scrum oder agil?
5.1Wie funktioniert Scrum?
6Bedeutet Agilität hastiges Arbeiten?
6.1Sieben Gründe, warum Agilität geradezu Qualität erzwingt
6.2Agilität und die Definition of Done
7Agile Transformationen
7.1Eine agile Transformation in neun Schritten
7.2Das Paradoxon kontrollierter Flexibilität
8Fallstricke agiler Transformationen
8.1Sieben Fallstricke bei agilen Transformationen
8.2Probleme aus der Praxis agiler Transformationen
9Agile Kultur
9.1Sieben Maßnahmen für eine agile Kultur
9.2Wie macht man agile Kultur messbar?
10Agile Führung
10.1Beispiele: ANWB und Eneco Consumenten
10.2In sieben Schritten zu einem eigenen Ownership-Modell
10.3Führen wie ein Imker
11Agile Steuerung und Struktur
11.1Sieben Maßnahmen für agile Governance
11.2Beispiele: Rigorose Governance-Anpassungen
12Agile Strategie
12.1Sieben Maßnahmen für strategische agile Steuerung
13Fallstricke für Product Owner
13.1Neun Fallstricke für Product Owner
13.2Wie funktioniert erfolgreiche Product Ownership?
14Agile Coaches
14.1Sieben Praxisprobleme rund um agile Coaches
14.2Sieben Typen agiler Coaches
15Qualität durch Autonomie
15.1Sieben Maßnahmen, um beim agilen Arbeiten die Qualität zu erhöhen
15.2Beispiele: Bol.com und ANWB
16Agilität im großen Stil
16.1Sieben Schwerpunkte für agile Skalierung
16.2Was ist SAFe?
16.3In sieben Schritten zum PI Planning
17Agile Auftraggeber
17.1Acht Fragen zur agilen Auftragsvergabe
17.2Wie gestaltet man eine agile Ausschreibung?
17.3Neun Merkmale einer idealen agilen Ausschreibung
18Agile Verträge
18.1Sechs Prinzipien für agile Strukturen in Verträgen
18.2Wie CALVI die sechs Prinzipien umgesetzt hat
19Agilität und Festpreis
19.1Vier Maßnahmen für Festpreis-Agilität
20Agiles Schätzen mit Planning Poker©
20.1Wie funktioniert Planning Poker©?
20.2Zehn Tipps für Planning Poker©
Weiterlesen?
Nachwort und Danksagung
Quelltexte
Über den Autor
Stimmen zum Buch
Fast 20 Jahre lang haben Rini van Solingen und ich zusammengearbeitet: Rini als Autor von Fachartikeln, ich als Redakteur bei Automatisering Gids (2016 aufgegangen im Monatsmagazin AG Connect). Es war von Anfang an eine fruchtbare Zusammenarbeit. Dieses Buch ist dafür der Beweis. Nahezu jedes Kapitel beruht auf einem Artikel, der von Rini bereits früher veröffentlicht wurde.
Er war wohl mein produktivster IT-Experte. Ich habe ihn einmal die Diva unter meinen Autoren genannt. Allerdings ein Autor ganz ohne Starallüren. Er ist eine Spinne im Netz. Er weiß, wie das Netz aussehen soll, wartet jedoch zuerst ab und lässt den Wind seine Arbeit verrichten. Denn ehe eine Spinne ein Netz baut, lässt sie einen Konstruktionsfaden im Wind schweben. Wohin es den weht oder woran er sich festhakt, das weiß die Spinne nicht. Sie wartet.
Wer Rini kennt, dem kommt bei ihm nicht als Erstes »warten« in den Sinn. Denn er ist schnell, sehr schnell. Und doch – wie paradox das auch klingen mag: Er wartet. Du musst dich trauen, sagt er, musst kleine Schritte machen, um wachsam für kleine Veränderungen zu bleiben. Der erste Schritt ist der bedeutsamste. Erst dann weißt du, was der nächste Schritt sein muss. Das ist agil. Maximale Wendigkeit. Einen Blick für den Wind haben, für Unvorhersehbares. Die Essenz von Agilität ist, schreibt Rini, sich von der Idee zu verabschieden, dass man einen detaillierten Plan braucht, um komplexe Probleme zu lösen.
Dass dieses Thema Rini wie auf den Leib geschrieben ist, wusste ich bereits, ehe der Begriff Agilität in den Kolumnen von Automatisering Gids auftauchte. Wir arbeiteten schon seit Jahren nach diesem Prinzip zusammen. Die Stärke unserer Zusammenarbeit bestand in der Kraft der Agilität. Wir warten beide wie die Spinne. Die Kombination von IT-Experte und Redakteur erschafft das Paradoxon: durch Warten ein perfektes Netz bauen. Oder: Indem man auf die Ideen des anderen hört, Schritt für Schritt eine schöne Sammlung von Artikeln schreiben.
Den Mut haben zu warten.
Damit fängt es an.
Immer.
Henk Ester (Den Haag, 1. September 2018)
Henk Ester (1952) ist Dichter, studierte Geografie und Philosophie in Utrecht und arbeitete bis zum Sommer 2018 als Redakteur bei Automatisering Gids und AG Connect. Er debütierte 2013 mit dem Gedichtband »Bijgeluiden«, für den er mit dem C.-Buddingh’-Preis für das beste Poesiedebüt des Jahres ausgezeichnet wurde. 2016 erschien von ihm »E-groot is rood« und 2018 »Het vermoeden van Witten«.
Die Grundannahme dieses Buches besteht darin, dass Agilität vor allem ein breit anwendbares Mindset ist, das in vielen Umgebungen seinen Weg finden wird. Und das ist gar nicht so abwegig.
AGILITÄT KANN MAN MIT FITNESS VERGLEICHEN. ALS TEAM, ABTEILUNG ODER ORGANISATION SO FIT ZU SEIN, DASS MAN MIT ALLEN GEGEBENHEITEN UMGEHEN KANN. SCHNELL, ZÜGIG UND WENDIG REAGIEREN KÖNNEN, WENN ES DIE SITUATION ERFORDERT. WAS AUCH GESCHIEHT, MAN IST AUF ALLES VORBEREITET. UND GENAU DAS IST EINE ÄUSSERST BEDEUTSAME FERTIGKEIT IN EINER ZEIT VON DIGITALISIERUNG, DISRUPTION UND BLITZSCHNELLEN VERÄNDERUNGEN.
Agilität ist eine Denk- und Handlungsweise (Mindset), die Veränderung willkommen heißt. Alles dreht sich um schnelles Liefern von Ergebnissen und das anschließende Lernen daraus. Agiles Arbeiten bedeutet, Menschen und Teams Autonomie zu geben, verbunden mit klaren Entscheidungsbefugnissen und viel Selbstorganisation. Es geht darum, kontinuierliche Verbesserung in den Mittelpunkt zu stellen und Schritt für Schritt zu versuchen, einen noch höheren Kundennutzen zu generieren und bisherige Leistungen zu übertreffen. Das bedeutet, Schritt für Schritt lernen und sich verbessern, indem man handelt. Ergebnisse liefern und lernen, was man verbessern kann – gemeinsam als Team. Das ist Agilität.
Agiles Arbeiten passt am besten zu Situationen, in denen sich viel verändert und noch erforscht werden muss. Das gilt für Arbeit, für die bereits Ideen existieren, jedoch im Laufe ihrer Umsetzung noch eine Menge überlegt, gelernt und angepasst werden muss. Eine Planung ist dann nur in beschränktem Umfang sinnvoll, da es am Ende doch anders läuft als erwartet. Ein klares Ziel wird auf jeden Fall gebraucht, doch wie man es erreicht, darf weitestgehend offenbleiben. Und selbst das Ziel sollte man regelmäßig überprüfen, denn auch das kann in unserer sich schnell verändernden Welt in Bewegung geraten. Und je fitter man ist, desto einfacher kann man mit Veränderungen umgehen.
Die Grundannahme dieses Buches besteht darin, dass Agilität vor allem ein breit anwendbares Mindset ist, das in vielen Umgebungen seinen Weg finden wird. Und das ist gar nicht so abwegig. Denn die Gesellschaft wird schließlich infolge von Digitalisierung und neuen Formen der Zusammenarbeit immer schneller. Agilität hilft, in Zusammenarbeit mit anderen und in kleinen Schritten Ziele zu erreichen, die man jederzeit anpassen kann.
So gesehen ist agiles Arbeiten sehr gut geeignet für das, was wir oft »Wissensarbeit« nennen: eine Form der Zusammenarbeit zwischen Menschen, bei der die Arbeit und deren Resultate oft virtuell sind und aus Informationen, Daten oder Ähnlichem bestehen. Wissensarbeit ist nicht physisch und vollzieht sich deshalb grundlegend schneller als Arbeit in der physischen Welt. Nachrichten, Dokumente und Dossiers kann man schließlich in digitaler Form binnen einer Sekunde an das andere Ende der Welt schicken.
Infolge dieser Beschleunigung eignet sich die hierarchische Infrastruktur innerhalb von Organisationen nicht mehr für schnelle operative Entscheidungen. Die Geschwindigkeit und die Dynamik der Veränderung sind schlichtweg zu groß, um für jede Entscheidung beim Chef die Zustimmung einzuholen. Operative Entscheidungen werden deshalb immer häufiger auch auf der operativen Ebene getroffen, meist in Teams, die sich selbst organisieren dürfen.
Die Rolle des Managements verändert sich folgendermaßen: Es trifft nicht länger operative Entscheidungen entlang hierarchischer Strukturen und Prozesse, sondern agiert dienend, organisiert, stiftet Sinn und setzt den Rahmen. Das Management kümmert sich nicht länger um das Tagesgeschäft, sondern schafft eine Umgebung, in der selbstorganisierte Teams autonom arbeiten und selbstständig erfolgreich sein können. Und das ohne Einmischung und Korrekturen von oben herab.
Agiles Arbeiten ist also eine Reaktion auf eine sich schnell verändernde und komplexe Welt. Und da es offensichtlich auch effektiv ist, ist es sicher kein Hype, der wieder vergeht. Viele Organisationen in den Niederlanden arbeiten auf die eine oder andere Weise aktiv daran, ihre Flexibilität zu vergrößern – ganz gleich, ob klein oder groß, kommerziell oder öffentlich, jung oder alt, technisch oder administrativ. Sie alle ringen mit der Dynamik ihrer Umgebung. Und alle sehen viele Vorteile darin, ihre Arbeitsweise agiler, beweglicher zu gestalten. Die Art und Weise wird sich von Organisation zu Organisation unterscheiden. Das ist abhängig von ihrer aktuellen Situation, ihren Kunden und ihren Mitarbeitern. Doch das Streben nach schnelleren Resultaten und höherer Flexibilität ist eine übereinstimmende Veränderung in sehr vielen Organisationen.
Die Essenz agilen Arbeitens besteht darin, zu akzeptieren, dass für die fernere Zukunft niemals klar vorhergesagt werden kann, was man wann schaffen wird. Tatsache ist, dass sich so viel verändert, dass wir eigentlich weit im Voraus keinerlei Vereinbarungen treffen können. Ein wichtiger persönlicher Schritt auf dem Weg zu einer agilen Arbeitsweise besteht darin, den Mut zu haben, sich von der Überzeugung freizumachen, dass ein detaillierter Plan für den Erfolg in einer komplexen Situation erforderlich ist.
Arbeiten Sie experimentell und Schritt für Schritt. Lernen Sie darauf zu vertrauen, dass es wichtiger ist, den ersten Schritt zu tun, und dass Sie erst während dieses Schritts herausfinden werden, was der beste nächste Schritt ist. Agile Teams planen nicht zu weit in die Zukunft und liefern in kurzen Zyklen schrittweise Ergebnisse. Und das vor allem mit dem Ziel, aus jedem Schritt zu lernen: Was man verbessern kann und was Kunden wirklich brauchen. Und entdecken Sie gemeinsam während der Arbeit, worin der größte Kundennutzen besteht.
Die Essenz von Agilität kann man auch gut anhand eines U-Boots und eines Delfins verdeutlichen. Die herkömmliche Projektvorgehensweise ist vergleichbar mit einem U-Boot: Das Boot ist unsichtbar und bewegt sich unterhalb der Wasseroberfläche. Dort kann es lange bleiben. Genau wie ein großes Projekt. Erst kurz vor dem Ende wird man unruhig; wenn die Deadline näher kommt, kommen plötzlich Dringlichkeit und Aktivität auf. Ein U-Boot taucht am Ende mit einem Ergebnis auf – zum allerersten Mal. In der Hoffnung, dass dann alles gut ist, dass die Kunden zufrieden sind und dass das Ergebnis viel Geschäftswert beinhaltet. Die Praxis sieht leider anders aus.
Die Hoffnung entpuppt sich oft als aufgeschobene Enttäuschung. Völlig verständlich, denn dieses »Auftauchen« ist der allererste Moment für Feedback. Mit allem, was nicht richtig oder nicht gut ist, wird man zur gleichen Zeit konfrontiert. Und leider hat man nicht mehr wirklich Zeit, sich mit diesem Feedback zu beschäftigen. Dieses U-Boot nennt man auch das »See-you-later-Modell«.
»Die Essenz von Agilität kann man auch gut anhand eines U-Boots und eines Delfins verdeutlichen.«
Die Alternative dazu ist der Delfin. Auch ein Delfin taucht unter die Wasseroberfläche. Doch ein Delfin kommt schnell wieder nach oben, denn Delfine brauchen Luft. Bei der Delfin-Herangehensweise taucht man auch unter Wasser, kommt aber schnell mit einem ersten Ergebnis wieder nach oben. Dieses ist natürlich weniger umfangreich und kleiner, als man sich vorstellt, nichtsdestotrotz kann man es testen. Man kann testen, ob das Ergebnis Geschäftswert beinhaltet, ob es funktioniert und ob damit wirklich ein Teil des Ziels realisiert ist. Folglich wird deutlich, ob es den erwarteten Wert liefert, und man erhält Feedback, ob etwas sinnvoll ist oder nicht.
Mit diesem Wissen taucht der Delfin wieder ab und kommt etwas später erneut zum Vorschein. Ein Delfin arbeitet mit sogenannten Iterationen oder Sprints (Wiederholungen): Ein ums andere Mal unter Wasser verschwinden und wieder auftauchen. Luft holen, kontrollieren, ob die Richtung noch stimmt, oder sich zur Kurskorrektur entschließen. Und dann hopp, wieder unter Wasser, nur um schnell wieder nach oben zu kommen. Die Delfin-Herangehensweise heißt auch das »See-you-soon-Modell«.
Versuchen Sie bei allem, was Sie tun, so schnell wie möglich ein Ergebnis zu liefern und dazu Feedback einzuholen. Sie werden merken, dass Sie so schneller Ergebnisse erzielen und viel früher verstehen, welche Teile des ursprünglichen Plans überhaupt nicht erforderlich sind. Und genau darin besteht die Beschleunigung durch Agilität. Es geht nicht darum, härter, sondern intelligenter zu arbeiten. Indem Sie herausfinden, was Sie nicht umsetzen müssen, weil es keinerlei Wert besitzt, gewinnen Sie eine Menge Zeit. Das eröffnet Ihnen die Chance, entweder schon früher zu liefern oder aber in der gleichen Zeit zusätzlichen Wert zu schaffen.
Zwei verschiedene Herangehensweisen, die auf völlig unterschiedliche Weise funktionieren:
Am Ende ist es fertig versus es ist immer etwas fertig.Feedback am Ende versus Feedback von Anfang an.Keine zwischenzeitlichen Kurskorrekturen versus kontinuierliche Kurskorrekturen.Mittendrin nicht stoppen können versus jederzeit stoppen können.Geschäftswert wird erst geliefert, wenn alles fertig ist, versus das Wertvollste wird zuerst umgesetzt und geliefert.Risiken zurückstellen versus Risiken aktiv angehen.Kurzum: Arbeit in langen Zyklen versus Arbeit in kurzen Zyklen. Agiles Arbeiten unterscheidet sich grundlegend von herkömmlicher Projektvorgehensweise. In einer dynamischen und komplexen Welt, in der sich viel verändert und zur Diskussion steht, ist es intelligenter, in kurzen Zyklen zu arbeiten. Denn das funktioniert hier viel besser.
Agiles Arbeiten ist wie das Schwimmen eines Delfins: immer wieder auftauchen und auf Basis konkreter Ergebnisse und neuer Erkenntnisse den Kurs korrigieren.
Agilität funktioniert, weil sie eine Reihe konzeptioneller Denkfehler bereits direkt im Arbeitsprozess auflöst:
Es ist ein Denkfehler, dass die Endergebnisse im Vorfeld vollständig spezifiziert sein müssen, ehe mit der Umsetzung begonnen werden kann – weil das Einholen von Feedback niemals aufgeschoben werden darf. Denn am Anfang weiß man am wenigsten. Die meisten Fehler werden in der Regel am Anfang gemacht. »Vorher« ist deshalb der denkbar ungünstigste Zeitpunkt, um diverse Details auszuarbeiten und festzulegen. Denn das würde bedeuten, dass man im weiteren Verlauf nichts mehr lernen oder entdecken wird. Je eher es Feedback gibt, desto früher wird klar, dass Fehler gemacht oder Dinge falsch verstanden wurden. Dadurch kann man früher eingreifen und zudem sinnlose Vorbereitungsarbeiten vermeiden.Es ist ein Denkfehler, dass Erkenntnisfortschritt stört und Änderungswünsche eine Gefahr sind und der Leistungsumfang (Scope) deshalb knallhart überwacht werden muss, um erfolgreich zu sein. Das ist deshalb ein Denkfehler, weil der Hauptgrund für einen Änderungswunsch die Einsicht ist, dass es besser ist, etwas anders zu machen. Mit anderen Worten: Ein Änderungswunsch hat die Absicht, den Wert zu erhöhen! Das zu missachten, wäre grundlegend falsch. Änderungswünsche müssen einen zentralen Platz im Arbeitsprozess einnehmen, denn sie verbessern das Endresultat. Kontinuierlicher Erkenntnisfortschritt kann dabei helfen, mehr Wert mit weniger Anstrengung zu generieren. Denn wenn zusätzlicher Wert entdeckt wird, können Anforderungen von geringerem Wert gestrichen werden. Eine Anpassung des Umfangs bedeutet nicht nur das Hinzufügen zusätzlicher Elemente, sondern ganz sicher auch das Streichen von Dingen, die anfangs erforderlich schienen, doch nun nicht mehr sinnvoll zu sein scheinen.Es ist ein Denkfehler, dass detaillierte Dokumentation erforderlich ist und besser funktioniert, als wenn man rohe Skizzen miteinander entwirft und bespricht – weil Dokumente dazu da sind, um in den Köpfen von Menschen, die zusammenarbeiten, identische Konzepte und Modelle aufzubauen. Derartige Konzepte und Modelle werden jedoch viel schneller und effektiver übertragen, indem man miteinander diskutiert, interagiert und Fragen aufwirft. Es geht dabei um den Lernprozess, nicht um das Dokument. Es ist ein Fehler zu glauben, dass mentale Modelle durch ein geschriebenes Dokument voller Details übertragen werden können. Geteilte mentale Modelle erschafft man durch gemeinsame Interaktion.Der vielleicht größte Denkfehler ist, dass während der Umsetzung nicht gelernt wird. Viele Aufgaben sind heute komplexer Natur. Komplexe Arbeit zeichnet sich durch eine große Vielfalt von Faktoren aus, die dafür sorgen, dass die Ergebnisse im Voraus kaum vorhersehbar sind. Rückblickend allerdings sind sie erklärbar; dann ist immer klar, wie es zu bestimmten Entwicklungen gekommen ist und was man eigentlich hätte anders machen müssen. Darum ist das Lernen durch Handeln von entscheidender Bedeutung in einer schnellen und sich verändernden Welt. Das erfordert, es zu akzeptieren, dass während der Umsetzung ständig Kurskorrekturen auf Basis fortschreitender Erkenntnisse und Lernerfahrungen vorgenommen werden. Man sollte besser nicht davon ausgehen, dass man intelligent genug ist, Komplexität im Voraus vollständig durchschauen und mittels detaillierter Pläne neutralisieren zu können. Denn Komplexität kann man nur mit Iterationen bändigen. Also lernen durch Handeln und dabei Veränderungen willkommen heißen.Agilität ist in erster Linie ein Mindset, das im Agilen Manifest ausgearbeitet wurde. Dieses Manifest wurde 2001 von einer Reihe von Experten aufgestellt, von denen kleine, leichtgewichtige Herangehensweisen entwickelt worden waren, die sich in der Praxis als äußerst effektiv erwiesen haben.
Dieses Agile Manifest besteht aus lediglich vier Werten (values), die in zwölf Prinzipien weiter ausgearbeitet sind. Auf Basis dieser Werte und Prinzipien wurden Herangehensweisen entwickelt, die selbst wieder durch unendlich viele Praktiken (practices) unterstützt werden.
Das Agile Manifest lautet wie folgt1:
»Wir schätzen:
Menschen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge.Funktionierende Ergebnisse mehr als umfassende Dokumentation.Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlung.Reagieren auf Veränderung mehr als das Befolgen eines Plans.Das heißt, obwohl wir die Werte auf der rechten Seite wichtig finden, schätzen wir die Werte auf der linken Seite höher ein.«
Das alles zusammen wird in der Praxis Agilität genannt. Man kann somit sagen, dass Agilität eigentlich sehr viele verschiedene Facetten hat. Das führt regelmäßig zu Sprachverwirrung, denn worüber sprechen wir nun eigentlich, wenn wir etwas »agil« nennen?
Die Reihenfolge der genannten Werte ist nicht willkürlich, auch wenn das nicht direkt ersichtlich ist.
Die vier Werte bauen aufeinander auf:
Menschen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge. Im ersten Schritt ist es wichtig, die Menschen und ihre gegenseitigen Interaktionen zu ordnen, denn dadurch lernen sie einander erst richtig kennen und verstehen. Sobald man einander versteht, kann man beginnen, gemeinsam als Team zu arbeiten.Funktionierende Ergebnisse mehr als umfassende Dokumentation. Wenn Teammitglieder einander verstehen, dann verwandeln sie dieses gemeinsame Verständnis in funktionierende Ergebnisse. Denn will man seine Ideen überprüfen, so gelingt das nur durch echtes Feedback zu realen Ergebnissen.Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlung. Nun wird es wichtig, mit seinem Kunden zusammenzuarbeiten und die Ergebnisse kontinuierlich abzustimmen und zu verfeinern. Man sollte jedoch den Kunden erst dann einbeziehen, wenn man dessen Wünsche schnell in funktionierende Ergebnisse umsetzen kann. Andernfalls hat der Kunde das Gefühl, nicht gehört worden zu sein, und wird deshalb unzufrieden.Reagieren auf Veränderung mehr als das Befolgen eines Plans. Erst wenn die ersten drei Werte funktionieren, sind Sie in der Lage, schnelle Veränderungen vorzunehmen, wenn die Situation es erfordert. Erst jetzt kommt die Agilität ins Spiel. Sie fokussiert sich auf Kundenfeedback, wertvolle Ergebnisse und kurzfristige Lieferung. Auf Veränderungen zu reagieren ist gut, aber nur, wenn sie einen unmittelbaren Mehrwert für den Kunden bedeuten.Der letzte Satz des Agilen Manifests lautet wörtlich: »Das heißt, obwohl wir die Werte auf der rechten Seite wichtig finden, schätzen wir die Werte auf der linken Seite höher ein.« In vielen Fällen interpretieren Menschen das Manifest im Sinne von: Die rechte Seite ist schlecht, die linke Seite ist gut. Oder manchmal noch schärfer: Die linke Seite ist agil, die rechte Seite ist nicht agil. Doch auch das ist Unsinn. Auch in der rechten Seite steckt Wert. Lesen Sie sich den letzten Satz noch einmal durch. Auch die rechte Seite ist wichtig, um agil zu sein. Doch worin besteht dieser Wert? Was ist an den Dingen auf der rechten Seite wertvoll? Das, was dort benannt wird, ist Voraussetzung für die Dinge auf der linken Seite. Die rechte Seite gibt es also, um die linke zu unterstützen. An den Dingen auf der rechten Seite (z. B. Prozesse, Pläne oder Dokumentation) ist nichts verkehrt, solange sie zur linken Seite beitragen, also zum Beispiel, um Interaktion zu schaffen oder Ergebnisse zu erzielen.
Die vier Werte des Agilen Manifests stellen ein wichtiges und sehr praktisches Hilfsmittel dar. Sie können Ihnen helfen, Ihre ersten intuitiven Reaktionen zu überprüfen. Stellen Sie sich zum Beispiel die Frage, ob eine ergriffene Maßnahme auf die rechte oder linke Seite der Werte gehört. Und fragen Sie sich dann, wie es vielleicht »noch agiler« geht. Das steht nämlich auf der linken Seite.
Sind Sie dabei, Maßnahmen auf der rechten Seite umzusetzen, sollten Sie sich fragen, ob damit der linken Seite gedient ist. Falls ja, dann ist alles gut. Falls nicht, dann sollten Sie das besser lassen. Verbessert ein Tool die Interaktion? Dann ist es eine gute Idee, es einzuführen. Sorgt ein Tool dafür, dass Menschen nicht mehr miteinander reden müssen? Dann tun Sie sich damit vielleicht keinen Gefallen. Oder: Hilft ein Dokument dabei, schnell den nächstfolgenden Schritt zu klären? Klasse Dokument! Erstellen Sie vielleicht erst monatelang eine sehr umfangreiche Dokumentation, ehe Sie eine erste Version des Produkts entwickeln? Dann ist das wahrscheinlich eine ziemlich schlechte Idee.
Agilität ist keine silver bullet. Sie ist nicht die Lösung für alle Probleme. Agilität passt zu Situationen, in denen viel Unsicherheit herrscht, in denen sich noch viel verändert und es noch viel zu entdecken gibt. Solche Situationen nennt man komplex. Vorher weiß man, dass sich noch viel verändern wird, und hinterher ist immer völlig klar, wie man es eigentlich hätte machen müssen. Die Entscheidung, ob der Einsatz von Agilität hilfreich ist oder nicht, hängt vom Maß an (Un-)Sicherheit ab. Agilität hilft vor allem dann, wenn die Aufgaben komplex und nur schwer im Voraus zu planen sind. Eine Alternative zur Agilität stellt Lean dar. Lean hilft vor allem dann, wenn die Aufgaben klarer sind. Sie können dabei immer noch reichlich kompliziert sein. Dennoch ist es möglich, durch Wiederholungen die Arbeit in den Griff zu bekommen und planbar zu machen.
Der beste Weg, um zu erklären, wann Agilität sinnvoll ist und wann nicht, ist das Modell von Ralph Stacey. Dieses Modell beschreibt die verschiedenen Situationen, die entstehen können, wenn die Sicherheit darüber, was erforderlich ist, kleiner wird und die Sicherheit darüber, wie es umgesetzt werden kann, abnimmt. Ob agiles Arbeiten eine gute Wahl ist, hängt sehr stark von diesem Maß an (Un-) Sicherheit ab:
Das Ralph-Stacey-Modell
Die Antwort auf die Frage, wann Agilität zum Einsatz kommt und wann nicht, ist einzig und allein von der Situation abhängig. Ist diese kompliziert oder komplex? Komplexe Situationen eignen sich sehr gut für agiles Vorgehen.
Chaotische Situationen: Davon spricht man, wenn das Was und das Wie völlig unklar sind. Denken Sie beispielsweise an große Unfälle oder Kriegssituationen. Solche Situationen sind im Voraus nicht vorhersehbar und lassen sich im Nachhinein nur bedingt erklären. Dann spielen Begriffe wie Pech und Glück eine wichtige Rolle. Agiles Vorgehen kann unter Umständen hilfreich sein, doch in chaotischen Situationen geht es in erster Linie ums Handeln. Es geht darum, etwas zu tun. Aus einem Chaos will man heraus, deshalb ergreift man so koordiniert wie möglich Maßnahmen, um so schnell wie möglich einen anderen Zustand zu erreichen. Führung spielt in derartigen Situationen eine entscheidende Rolle.