Alle Weihnachtsbäume meines Lebens - Lise Gast - E-Book

Alle Weihnachtsbäume meines Lebens E-Book

Lise Gast

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Beschreibung

"ALLE WEIHNACHTSBÄUME MEINES LEBENS" ist eine ernste und denkwürdige Weihnachtserzählung, die die Botschaft des Weihnachtsfestes in den Mittelpunkt rückt. Mit viel Hoffnung und Zuversicht und gelebter Nächstenliebe wird an die Geburt Jesus Christus, dem Heiland, erinnert.-

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Seitenzahl: 32

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Lise Gast

Alle Weihnachtsbäume meines Lebens

Saga

Alle Weihnachtsbäume meines Lebens

German

© 1974 Lise Gast

Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2016 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen

All rights reserved

ISBN: 9788711508206

1. Ebook-Auflage, 2016

Format: EPUB 3.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt und Ringhof und Autors nicht gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.com – a part of Egmont, www.egmont.com

Die Bäume standen, noch zusammengeschnürt wie fest eingewickelte Pakete, an die Mauer der Kirche gelehnt, und es schneite, schneite. So weihnachtlich war es seit Jahren nicht gewesen beim Christbaumkauf. Es schneite so, daß die älteren Leute mit Regenschirmen gingen. Die jungen Menschen hielten ihre Gesichter dem Schnee entgegen und ließen sich weiße Pelzkappen aufs Haar schneien, schüttelten sich, wenn sie zu dick wurden, und lachten.

Richtig nett, wie sie lachten, dachte Christine Wert, sonst sehen sie eigentlich fast immer traurig aus, die jungen Leute von heute. Traurig, nicht nur ernst. Betrübt, gelangweilt, resigniert. Warum wohl?

Heute aber schien er wieder einmal zu wirken, der Zauber, der alle Menschen froh macht. Der Zauber, der uns schon als Kind anrührte, wenn wir den bitteren Tannenduft atmeten, der vom frischgefällten, noch ungeschmückten, in die Wohnung getragenen Baum ausgeht, unvergeßlich, einmalig. Tanne, Harz, ein Stück Wald in der Großstadt.

Christine stand und sog die Luft ein, die um den alten Dom lag. Ja, sie roch ihn, diesen Duft, und sie fühlte sich für einen Augenblick wie jedes Jahr um diese Zeit mitgenommen und fortgetragen von etwas Starkem, Geheimnisvollen und Süßen, auf das sie halb zweifelnd gehofft, und nach dem sie sich gesehnt hatte. Sie lächelte. Diese Sekunde genügte, um zu wissen: es war wahr. Es blieb wahr, so sehr auch daran gezweifelt, dagegen gewettert, darüber geringschätzig gespottet wurde; es war stärker als aller Spott, als aller Zweifel. Es war die Wahrheit: siehe, ich verkündige euch große Freude.

Überwältigend mußte es gewesen sein, damals, als die blendende Helle auf die Hirten fiel. Wo vorher Dunkelheit über der Erde gelegen hatte, war der Himmel weißglühend von einem Horizont zum anderen und mitten in der Helle der Engel, riesengroß, so sah Christine ihn, mit weitgebreiteten Schwingen, die ebenfalls in hellstem Licht gleisten. Die armseligen, zerlumpt gekleideten Hirten, hatten die Arme vor die Augen gewinkelt, erschrocken, geschockt, wie man heute sagen würde, zu Tode verängstigt. Und dann die Stimme: „Fürchtet euch nicht. Siehe, ich verkündige euch große Freude.“

Überwältigend und unvorstellbar war das Ereignis. Ein ganz klein wenig vielleicht zu vergleichen mit der Lichtflut, die einen als Kind umhüllte, wenn man im Dunkeln vor der Tür der Weihnachtsstube wartete und diese dann aufging – winzig kleines Abbild jenes einmaligen Wunders. Christine stand und versuchte sich zu erinnern, wie es damals gewesen war, als sie das erstemal richtig begriff: „Siehe, ich verkündige euch große Freude.“

„Na, eine Tanne dieses Jahr? Aber die Fichten sind auch schön, ganz gleichmäßig, und frisch sind sie alle, gestern erst gehauen. Sehen Sie doch ...“

Die freundliche, schlanke, lebhafte Frau in der kurzen Jacke mit winzigem Pelzkragen, die sonst Gemüse und Obst verkaufte und jetzt ihre Weihnachtsbäume anpries, fröhlich, ermunternd, riß Christine aus ihrer Versunkenheit.

„Da, eine Fichte, mit der kann manche teure Tanne nicht mit.“

Sie hatte die Verschnürung des Baumes gelöst und stauchte mit geübtem Griff den Stamm in den Schnee, daß sich die Äste ausbreiteten. „Herrlich frisch, riechen Sie mal, wie lauter Wald, Wurzeln und Moos. Oder eine Kiefer? Dieses Jahr sind Kiefern Mode, ich habe schon etliche verkauft.“

Mode! Als ob Christbäume unter die Mode fielen! Christine lachte.

„Ob Mode oder nicht, ich glaube, jeder hat seine Vorstellung von dem Baum, den er kaufen möchte. Ich jedenfalls. Dunkel, weich, breit, buschig – und frisch. Ja, am liebsten doch eine Tanne. Die sticht nicht, und sie hält sich sicherlich bis Hohneujahr.“