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Johann ist ebenso fasziniert wie eingeschüchtert von der geheimnisvollen Frau de Baron, um deren ominösen Lebenswandel sich schon in seiner Kindheit zahlreiche Gerüchte und Geschichten rankten. Bevor er noch recht versteht, wie ihm da gerade geschieht, hat er ihren Folterkeller besichtigen dürfen und ist in ein Ensemble feinster Damenwäsche gekleidet. Doch das ist erst der Anfang der aufregenden Erlebnisse, die ihm die attraktive ältere Dame und ihre nicht weniger mysteriöse junge Besucherin Louise noch bescheren werden.
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Seitenzahl: 41
Veröffentlichungsjahr: 2025
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von
Garter Belt
Auflage März 2025, ungekürzte Ausgabe
ISBN: 978-3-949107-75-7
© 2025 by Augenscheinverlag – All rights reserved, www.augenscheinverlag.de
Cover-Design: Marion Terasa, http://terasa-design.de
Cover-Bild: Artguru
Lektorat E-Book-Version: Diana Glöckner
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Die Dame, von der diese Geschichte erzählt, war unter vielen Namen bekannt. Man hätte annehmen können, dass es sich um verschiedene Personen handelt. Oder dass es diese Dame in Wirklichkeit gar nicht gab. Für Frauen wie meine Tante war sie einfach die Frau de Baron (mit Betonung auf der ersten Silbe, was ein Adelsprädikat schon phonetisch ausschloss). Die Männer spöttelten gerne mit der Verniedlichung „Baronesse“, mein Onkel nannte sie Madame, wobei offenblieb, ob er damit eine gesellschaftliche Anerkennung ausdrücken oder ihr – aufgrund für uns unvorstellbarer Erfahrungen – den Status einer Domina geben wollte. Eine weitere Möglichkeit war, sie bei ihrem Vornamen Denise zu nennen. So machten es die Kerle, die damit vorgeben wollten, dass sie schon einmal intimere Kontakte mit ihr gepflegt hatten.
Die Fakten sind: Denise de Baron bewohnte „das Schloss“, tatsächlich eine neugotische Gründerzeitvilla, die auf den Fundamenten einer kleinen Burganlage errichtet worden war.
Der Ort wirkte ein wenig gruselig, und falls es wirklich Gespenster gab, wohnten sie in so einem finsteren Ansitz. Umschlossen wurde das parkartige Grundstück von einer hohen Mauer, was weitere Spekulationen auslöste. Schon seine Adresse zeichnete das herrschaftliche Anwesen aus: Schlossberg 1. Was hinter den Mauern vor sich ging, wusste niemand so recht, es gab auch für uns Dorfbewohner kaum Gelegenheit, mehr als nur einen Blick durch das beeindruckende Gittertor zu werfen. Manchmal hatten dort Handwerker zu tun, es kamen Gärtner, aber an illustre Schlossfeste konnte sich niemand erinnern.
Offenbar kam Madame de Baron auch ohne weiteres Personal aus. Man wusste wenig über sie. Es hieß, sie lebe von den Mieteinnahmen ihrer Immobilien und verpachteten Waldflächen. Als ich mich für sie zu interessieren begann – ich steckte noch in einer bubenhaften Pubertät –, war sie vielleicht um die sechzig. Doch hätte man sie niemals als Großmutter wahrgenommen. Sie war eine große schlanke Dame, die ihr graues Haar wie Rosa Luxemburg gouvernantenhaft hochgesteckt trug und sich ausschließlich in schwarzer Garderobe zeigte, mit Vorliebe in einer engen Lederhose. Wenn sie das Schloss verließ, fuhr sie einen gepflegten Adenauer-Mercedes 300. Ältere Dorfbewohner wollen noch erlebt haben, wie sie hoch zu Ross durch den angrenzenden Forst galoppierte und ihre Angestellten mit der Reitpeitsche traktierte. Aber dafür gab es keine Beweise, auch nicht für das Gerücht, Madame schwimme im Sommer in ihrem Schlossteich und pflege anschließend nackt auf der Terrasse ein Sonnenbad zu nehmen. Manche Fantasien reichten noch weiter. Es wurde gemunkelt, im Schloss seien immer wieder Sexfilme gedreht worden und die Hausherrin habe darin mitgewirkt.
Meine Tante mochte von solch unfrommen Legenden nichts hören, für sie galt die generelle Unschuldsvermutung. Aber so ganz geheuer war ihr die rätselhafte Adlige auch nicht. Sie begegnete ihr bisweilen beim Einkaufen, dann wechselte man ein paar Worte. Ich bekam mit, dass schon die Kleidung von Madame ein Thema war und argwöhnisch beäugt wurde.
Einmal berichtete meine Tante mit leiser Stimme, die Schlossherrin ginge geschnürt. Ich konnte mir darunter nichts vorstellen, es schien etwas Unanständiges zu sein, also spitzte ich die Ohren, als sie fortfuhr: „Die trägt noch ein richtiges Korsett – so eine Taille macht die sich. Man hört es knarren, wenn sie sich nach ihrer Tasche bückt!“
Sie zeigte mit beiden Händen den Durchmesser eines Ofenrohrs. Mein Onkel zuckte die Achseln, als ginge ihn das nichts an, aber lächelte dazu, was man als anerkennende Zustimmung verstehen konnte.
Wir Buben verfolgten das alles mit größtem Interesse. Was bisweilen Schlüpfriges gesprochen wurde, verstanden wir nicht genau, aber es hinderte uns nicht, alles brühwarm weiterzutragen. Wer hat schon in seinem Dorf eine unheimliche Schlossherrin, die die erotischen Fantasien der Männer beflügelt?
Näher bekannt wurde ich mit der Dame schließlich, als ich das Abitur bestanden hatte und die Zeit bis zum Studium mit einem Aushilfsjob überbrückte: als Postzusteller. Dafür erhielt ich ein Lastenfahrrad, mit dem ich die sportliche Leistung vollbringen musste, auch Madame de Baron auf dem Schlossberg zu bedienen. Sie bekam regelmäßig Post, mitunter dicke Umschläge, auch Päckchen und besondere Versendungsformen wie Einschreiben, weshalb ich dann läuten und um eine Unterschrift bitten musste. Als ich das erste Mal das schmiedeeiserne Tor öffnete und mich auf dem Kiesweg dem Postkasten in der verschnörkelten Haustür näherte, spürte ich ein merkwürdiges Gefühl, als sei ich zu ihrem Vertrauten geworden, der ihre Nähe erleben durfte. Erst recht, weil Madame, nachdem sie die scheppernde Briefklappe gehört hatte, jedes Mal die Tür aufschloss und mich herzlich begrüßte.