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Das große Finale der SPIEGEL-Bestseller-Serie
Jahrhundertelang lebte die Chatri-Prinzessin Fallon zurückgezogen am Hof ihres Vaters. Nun ist die schöne Fee nicht nur fern ihrer königlichen Heimat, sie hat auch noch einen anmaßenden Vampir als Begleitung. Denn der mächtige Clanchef Cyn soll ihr helfen, einen Verräter aufzuspüren, der die magische Welt für immer zerstören könnte. Und nur wenn sie die knisternde Anziehung zwischen sich zulassen und ihre Kräfte vereinen, können sie den übermächtigen Gegner schlagen …
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Seitenzahl: 533
ALEXANDRA IVY
AM ENDE DER FINSTERNIS
Roman
Aus dem Amerikanischen von Sonja Häußler
Das Buch
Der mächtige Vampir Cyn und die wunderschöne Chatri-Prinzessin Fallon haben eine Aufgabe: Sie müssen einen Verräter entlarven, der alle magischen Wesen auf der Erde vernichten will. Widerwillig muss das ungleiche Paar zusammenarbeiten, sich gegenseitig beschützen. Bald wird aus der anfänglichen Pflicht ein unbändiges Verlangen. Noch nie hat eine Frau den mächtigen Clanchef so aus der Fassung gebracht, noch nie wurde Fallon so begehrt. Obwohl sie aus unterschiedlichen Welten stammen, können sie die knisternde Anziehungskraft nicht verleugnen. Gemeinsam müssen sie sich den dunklen Mächten stellen – und ihren Gefühlen füreinander …
Die Autorin
Unter dem Pseudonym Alexandra Ivy veröffentlicht die bekannte Regency-Liebesroman-Autorin Deborah Raleigh ihre Vampir-Romane. Am Ende der Finsternis ist der zwölfte und letzte Band ihrer international erfolgreichen Guardians-of-Eternity-Reihe, mit der die Autorin regelmäßig auf der Spiegel-Bestsellerliste vertreten ist. Alexandra Ivy lebt mit ihrer Familie in Missouri.
Von Alexandra Ivy sind im Diana Verlag erschienen:
Der Nacht ergeben
Der Kuss des Blutes
Nur ein einziger Biss
Im Bann der Nacht
Im Rausch der Dunkelheit
Wächterin des Blutes
Fesseln der Finsternis
Der Dunkelheit versprochen
Gejagte der Nacht
Gefährtin der Ewigkeit
Sehnsucht der Dämmerung
Guardians of Eternity (Verlockung der Düsternis,
Erwählte der Schatten, Finstere Versuchung)
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Deutsche Erstausgabe 02/2016
Copyright der Originalausgabe © 2015 by Debbie Raleigh
Published by arrangement with Kensington Publishing Corp., New York, NY, USA
Die Originalausgabe erschien unter dem Titel When Darkness Ends
Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2016 by Diana Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen
Redaktion:Vera Serafin
Umschlaggestaltung: t.mutzenbach design, München, unter Verwendung von Motiven von © Moment/Getty Images; Shutterstock
Satz: Christine Roithner Verlagsservice, Breitenaich
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-641-17381-4V001
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PROLOG
Laigin (Irland), 1014 n. Chr.
Der Mann erwachte mit brüllenden Kopfschmerzen, und nicht nur seine Kleidung, sondern auch seine Erinnerungen waren verschwunden.
Stöhnend setzte er sich auf und strich sich das wirre Haar aus der Stirn. Er erkannte auf den ersten Blick, dass er sich in einer feuchten Grotte befand. Welch seltsamer Ort, um aufzuwachen. Aber nicht annähernd so seltsam wie die plötzliche Erkenntnis, dass irgendetwas auf entsetzliche Art und Weise nicht mit ihm stimmte.
Trotz der Dunkelheit konnte er die Kalksteinwände sehen, auf denen das Wasser, das von der niedrigen Decke tropfte, Spuren hinterlassen hatte, und zwar sah er es so deutlich, als wäre es helllichter Tag. Und nicht nur seine Augen waren unerträglich scharf geworden. Er konnte sogar das Salz des fernen Meeres schmecken. Er hörte selbst das leise Scharren eines Käfers, der über den Steinboden eilte. Und er nahm sogar die Wärme zweier Lebewesen wahr, die sich rasch der Höhle näherten.
Was zum Teufel war nur mit ihm los? Kein Mensch hatte derartig übernatürliche Sinneswahrnehmungen. Es sei denn, er war ein Monster.
Der wilde Hunger, den er plötzlich empfand, hielt ihn jedoch davon ab, weiter seinen dunklen Überlegungen nachzuhängen. Er stöhnte auf. Ihm war, als hätte er wochenlang nichts gegessen. Monatelang. Aber es war nicht der Gedanke an Essen, bei dem sich ihm der Magen zusammenkrampfte, wie er mit aufschießendem Entsetzen bemerkte.
Sondern an … Blut.
Ihm lief das Wasser im Mund zusammen, der Schmerz, den seine Fangzähne verursachten, als sie sich in sein Zahnfleisch gruben, erschreckte ihn, während das Bild der roten, berauschend köstlichen Substanz seine Gedanken vollständig erfüllte.
Er brauchte Nahrung.
Aye. Das war es.
Angeekelt von dieser Erkenntnis erhob er sich langsam, Manneskraft strömte durch seinen gewaltigen Körper, doch in seinem Kopf herrschte immer noch Verwirrung.
Seine Instinkte drängten ihn, die Höhle zu verlassen, seine Beute zur Strecke zu bringen und seine Fangzähne tief in ihre Kehle zu schlagen, doch der aufreizende Duft frischer Erdbeeren ließ ihn erstarren.
Es schien, als würde seine Beute bereitwillig zu ihm kommen. Und sie roch … verführerisch.
Geschmeidig wie ein Panther schob er sich lautlos in den dunkelsten Schatten. Von dort aus beobachtete er, wie zwei schlanke Gestalten die Höhle betraten. Seine Augen weiteten sich ob der schieren Schönheit der Fremden. Die Haarfarbe des Mannes erinnerte an Rost; er hatte kühne grüne Augen und ein schmales Gesicht, während die Frau langes lohfarbenes Haar trug und Augen in der Farbe jungen Grases besaß.
Die Gestalten waren überirdisch schön, wie Engel.
Seine Fangzähne schmerzten, seine Muskeln spannten sich an, als er sich bereit machte, zuzuschlagen.
Engel hin oder her, gleich würde er sie sich zum Abendessen genehmigen.
Doch bevor er sich noch auf sie stürzen konnte, hob der Mann seine schmale Hand, und der Duft nach Erdbeeren wurde überwältigend.
»Halt, Berserker«, befahl er, und plötzlich lag knisternde Magie in der Luft.
Er runzelte die Stirn. »Ich – ein Berserker?«
»Du warst einer.«
Die Verwirrung wurde noch größer. »Ich war einer?«
»Vor zwei Nächten wurdest du von einem Vampirclan angegriffen.«
Er schüttelte den Kopf und hob instinktiv die Hand, um seinen Hals zu berühren.
»Und ich habe das überlebt?«
Die hübsche Frau zog eine Grimasse. »Nicht als Mensch. Die Einheimischen aus dem Dorf haben dich in dieser Grotte zurückgelassen, um zu sehen, ob du als Vampir aufwachen würdest. Sie sind schon auf dem Weg hierher, um entweder deine Leiche vorzufinden oder um dich abzuschlachten.« Sie streckte ihre schlanke Hand aus. »Komm mit uns in Frieden, und wir werden dich beherbergen, bis du in der Lage bist, für dich selbst zu sorgen.«
Vampir …
Schockiert ging er in die Knie.
Teufel noch mal.
KAPITEL 1
Irland, Gegenwart
Cyn, der Clanchef Irlands und ehemaliger Berserker, stöhnte, als er langsam wieder das Bewusstsein erlangte. Er war noch völlig benommen, weshalb es eine ganze Minute dauerte, bis ihm klar wurde, dass er splitternackt auf dem kalten Steinboden einer Grotte lag.
Teufel noch mal. Vor tausend Jahren war er schon einmal genau in dieser Grotte aufgewacht, nackt und orientierungslos. Und es war heute auch nicht angenehmer, als es damals, vor tausend Jahren, gewesen war.
Was war bloß mit ihm geschehen?
Stöhnend zwang er sich, sich aufzusetzen. Sein Körper spannte sich an, als er den berauschenden Duft witterte, der ihn in der Nase kitzelte.
Champagner?
Ein feiner, frischer Jahrgang, der seinen ganzen Körper vor Vorfreude prickeln ließ.
Eine ganze wundervolle Minute lang ließ er sich von dem Duft einhüllen. Er kam ihm seltsam vertraut vor. Und überraschenderweise beschwor er auch eine komplexe Mischung an Gefühlen herauf.
Erregung. Skepsis. Frustration.
Seltsamerweise war es der Frust, der ihn abrupt dazu zwang, sich zu erinnern, warum ihm der Duft so bekannt vorkam.
Cyn fluchte, als ihn die Erinnerung, wie er einem schönen Feenwesen durch ein Portal gefolgt war, durchzuckte. Nein … keinem Feenwesen, korrigierte er sich ironisch. Einer Chatri. Die uralten Reinblüter der Feenwelt, die sich vor Jahrhunderten in ihre Heimat zurückgezogen hatten.
Er war dort gewesen, um Roke zu helfen, seine Partnerin zu finden, doch Prinzessin Fallon hatte ihn aus dem Thronzimmer gedrängt, als offenbar wurde, dass Roke und Sally Zeit brauchten, um ihre Zwistigkeiten beizulegen. Fallon hatte darauf bestanden, dass er die beiden in Ruhe ließ.
Darüber hatte er sich zuerst nur ein wenig geärgert. Er traute zwar den durchtriebenen Chatri nicht über den Weg, vor allem nicht ihrem König, Sariel. Aber er wollte, dass Roke die Probleme mit seiner Gefährtin löste.
Außerdem war er Manns genug, die Gesellschaft einer schönen Frau zu schätzen.
Oder in Fallons Fall … einer atemberaubend schönen Frau.
Ihr Haar war ein herrliches goldfarbenes Gewirr mit einem Hauch von blassem Rosa. Jene Art von Haar, die förmlich darum bettelte, dass ein Mann sein Gesicht in den seidigen Fluten vergrub. Ihre Augen leuchteten wie polierter Bernstein mit smaragdgrünen Tupfen und waren von den längsten und dichtesten Wimpern, die Cyn je gesehen hatte, würdig umrahmt. Und erst ihre elfenbeinernen Gesichtszüge … allmächtige Götter, sie waren derart perfekt geformt, dass man an ihrer Natürlichkeit hätte zweifeln können.
Er mochte Fallon misstrauen, doch das hieß noch lange nicht, dass er auf den Genuss verzichtet hätte, seiner Fantasie freien Lauf zu lassen und sich vorzustellen, wie er sie auf die nächstbeste Chaiselongue warf, um ihr das Kleid vom Körper zu schälen.
Daher hatte er sich auch bereitwillig von der anmutigen Frau ablenken lassen, während er an dem starken Feenwein nippte und die Gefahr erst bemerkte, als sich alles in seinem Kopf zu drehen begann und schließlich die Welt in Dunkelheit versank.
Idiot.
Er hätte wissen müssen, dass sie etwas im Schilde führte.
Zwar hatte er eine Vorliebe für die Fee, doch das bedeutete nicht, dass er nicht um ihr launenhaftes Wesen gewusst hätte. Und um ihre Vorliebe dafür, Leichtgläubige in ihre listig aufgestellten Fallen zu locken.
Mit einem tiefen Knurren drehte er den Kopf und entdeckte im gleichen Augenblick die Frau, welche nackt auf dem Boden lag und deren goldenes Haar selbst in der Dunkelheit noch leuchtete.
Er wollte von ihr wissen, wie zum Teufel sie es geschafft hatte, sich und ihn in die Grotten unter seinem geheimen Schlupfwinkel zu bringen. Und er wollte es sofort wissen.
Cyn bückte sich neben ihrer schlummernden Gestalt und tat so, als wäre er sich der Verlockung ihres langen, schlanken Körpers und der zerbrechlichen Schönheit ihres blassen Gesichtes nicht allzu bewusst.
Dornröschen …
Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. Aye. Schön war sie ja. Und sie war eine machtvolle Feenprinzessin, der es einmal gelungen war, ihn zu überrumpeln.
Das würde ihm kein zweites Mal passieren.
»Fallon?«, murmelte Cyn. Seine Stimme war tief, und er sprach mit einem Akzent, der seit Jahrhunderten nicht mehr auf dieser Welt gehört worden war. Sie seufzte beim Klang seiner Stimme, schlief aber ungestört weiter. Cyn kniete sich an ihre Seite, er hütete sich davor, sie zu berühren. Das Gefühl dieser seidigen Haut unter seinen Fingerspitzen würde ihn garantiert vergessen lassen, dass er höllisch wütend über ihre kleine List war. »Fallon«, knurrte er mit gebieterischer Stimme. »Wach auf.«
Sie zuckte ein wenig zusammen, ihre Wimpern flatterten auf und entblößten ihre Bernsteinaugen, die mit schimmernden smaragdfarbenen Funken durchzogen waren.
Einen langen Augenblick betrachtete sie ihn wie betäubt. Das war auch nur zu verständlich. Die meisten Leute fanden Cyn … einschüchternd.
Er war einen Meter neunzig groß, besaß einen gewaltigen Brustkorb und pralle Muskeln, die ihn als Krieger auswiesen. Seine dichte Mähne aus dunkelblondem Haar fiel bis zur Mitte seines Rückens herunter. Die vorderen Strähnen waren zu festen Zöpfen geflochten, die sein Gesicht umrahmten.
Sein Gesicht war kantig und ebenmäßig, mit einem markanten Kinn, hohen Wangenknochen sowie einer breiten Stirn und jadegrünen Augen, die von dichten Wimpern umrahmt waren. Frauen schienen ihn recht ansehnlich zu finden, aber es bestand nie ein Zweifel daran, dass er ein skrupelloser Killer war.
Zitternd atmete sie ein, als sie den Blick auf die barbarischen Tuatha-Dé-Danann-Tätowierungen senkte, die sich in einem schmalen grünen Ornament um seinen Oberarm wanden und seine perfekte Alabasterhaut betonten.
Seine Lippen zuckten, und er fragte sich, was sie wohl von dem tätowierten goldenen Drachen mit den blutroten Flügeln halten würde, der unter seiner dichten Mähne verborgen war.
Er hatte sich das Mal von CuChulainn, das auf sein rechtes Schulterblatt gebrannt war, verdient, nachdem es ihm gelungen war, die Schlachten von Durotriges zu überleben.
Das Mal wies ihn als Clanchef aus.
»Vampir«, flüsterte sie, als müsste sie sich darauf besinnen, wer er eigentlich war.
Seine Augen wurden schmal, weil er sich fragte, welches Spiel sie jetzt wieder spielte.
»Cyn.«
»Ja … Cyn.« Ihre Verwirrung verwandelte sich in Entsetzen, als würde sie plötzlich realisieren, wer er war. Ein Entsetzen, das noch anwuchs, als sie endlich merkte, dass sie beide splitternackt waren. »Heilige Göttin.« Sie richtete sich zum Sitzen auf und schlang die Arme um ihre Knie, während sie ihn wütend und vorwurfsvoll ansah. »Was hast du mit mir gemacht?«
»Ich?« Er gab ein ungläubiges Geräusch von sich und streckte unbewusst die Hand aus, um ihr eine Strähne ihres goldenen Haars von der geröteten Wange zu streichen.
»Nicht …« Panisch kroch sie rückwärts, während echte Furcht in ihren Bernsteinaugen aufflackerte. »Bleib weg von mir.«
Cyn fluchte leise. Ihre vorgetäuschte Verwirrung brachte ihn höllisch auf die Palme, und der Gedanke, dass sie sich vor ihm fürchtete, missfiel ihm ganz und gar.
Seltsam, wo er doch Jahrhunderte damit verbracht hatte, seine Feinde das Fürchten zu lehren.
»Beruhige dich, Prinzessin«, murmelte er leise.
»Beruhigen?« Ihr hübsches Gesicht rötete sich vor Ärger. »Ich wache nackt in der Gesellschaft eines fremden Vampirs auf, weit weg von zu Hause, und du willst, dass ich mich beruhige?« Sie biss sich auf die Unterlippe, und die Röte auf ihrem Gesicht vertiefte sich noch mehr. »Hast du …«
»Was?«
»Hast du dich an mir vergangen?«
Was zum Teufel sollte das jetzt? Cyn richtete sich ruckartig auf. Ein Meter neunzig bebender, beleidigter, nackter Mann.
»Nein, ich habe mich verdammt noch mal nicht an dir vergangen«, stieß er hervor. »Und wenn, dann würdest du dich nicht nur daran erinnern, sondern mir auch noch auf Knien für dieses Privileg danken.«
Die Furcht in ihrem Blick wich Verachtung, die ihm vertrauter war. Als wäre er ein Ungeziefer, das sie unter ihren königlichen Absätzen zerquetschen müsste. »Du bist ein arroganter … Blutsauger.«
Er verschränkte die Arme über seiner gewaltigen Brust. »Wenigstens bin ich kein hochnäsiges Miststück von einer Fee.«
»Wenn du dich nicht an mir vergangen hast, warum sind wir dann beide nackt?«, wollte sie wissen und achtete sorgfältig darauf, dass ihr Blick auf seinem Gesicht verweilte. Hatte sie Angst, vom Anblick seines nackten Körpers auf der Stelle zu erblinden? »Und wie sind wir hierhergekommen?«
Er schnaubte. »Das sollte ich wohl eher dich fragen.«
»Wie bitte?«
»Ich bin ein Vampir.«
Sie kniff verärgert die Lippen zusammen und neigte das Kinn, während sie mit ihrer lächerlichen Scharade der Unschuld fortfuhr.
»Ja, das habe ich auch schon gemerkt.«
»Dann weißt du auch, dass ich keine Portale erzeugen kann«, fuhr er sie an und ließ dabei seinen Blick absichtlich nach unten wandern. Anders als dieses lästige Weibsstück hatte er keine Probleme damit, sich an einem nackten Körper zu ergötzen. Vor allem dann nicht, wenn dieser so appetitlich aussah. »Das kann nur das magische Volk.«
Sie runzelte die Stirn, als sie erkannte, dass sie ihm nicht die Schuld für ihre plötzliche Teleportierung geben konnte.
Seltsam, für dumm hatte er sie bisher nicht gehalten.
Eher im Gegenteil eigentlich.
»Feen sind nicht die einzigen Wesen, die Portale kreieren können.«
Sie versuchte, ihm auszuweichen.
»Nun, ich kann es ja offensichtlich nicht gewesen sein.«
»Ich war es aber auch nicht.«
Er gab ein ungeduldiges Schnauben von sich. Wann hatte sie endlich genug von diesem Spielchen?
»Und du erwartest jetzt, dass ich dir glaube?«
Die smaragdgrünen Funken tanzten in ihren Augen. »Mein Vater hat seinem Volk verboten, seine Heimat zu verlassen.«
»Aye, und eine Tochter hat es noch nie gewagt, sich ihrem Vater zu widersetzen.«
Sie ließ ihren Blick abschätzig durch die öde Grotte schweifen. »Glaub mir. Wenn ich beschlossen hätte, mich meinem Vater zu widersetzen, hätte ich mir nicht dieses Loch ausgesucht.«
Ein tiefes Knurren begann sich seiner Kehle zu entringen. Er war leidenschaftlicher Hedonist. Ein Vampir, der in seltenen Büchern, erlesenen Weinen und schönen Frauen schwelgte.
Im Gegenzug schwärmten die Frauen für ihn.
Alle Frauen.
Aber diese hier …
Sie war kein warmes, williges Bündel der Lust, wie er es gewöhnt war. Vielmehr war sie ungezogen, kratzbürstig und unberechenbar.
»Hüte deine Zunge, Prinzessin«, fauchte er. »Dieses Loch ist Teil meiner ganz persönlichen Behausung.«
»Na bitte.« Anklagend zeigte sie mit dem Finger auf ihn. »Ich wusste es doch. Du hast mich entführt.«
Cyn verdrehte die Augen. Konnte dieses Possenspiel noch lächerlicher werden?
»Der Einzige, der hier entführt wurde, bin ich.«
»Warum sollte ich einen überdimensionalen Vampir mit aufgeblähtem Ego entführen?«
Ja. Warum sollte sie? Es dauerte einen Augenblick, bis er sich durch seine noch immer vernebelten Gedanken hindurchgearbeitet hatte.
»Um zu verhindern, dass ich meinen Freund beschütze«, mutmaßte er schließlich.
Hatte sie ihn etwa nicht aus dem Thronsaal gezogen und Roke ihrem Vater, Sariel, ausgeliefert? Und dann hatte sie ihn mit einem üblen Feentrank traktiert, durch den er ohnmächtig geworden war.
Aye. Es ergab absolut Sinn, dass es sich um ein ruchloses Komplott gehandelt hatte mit dem Ziel, ihn von seinem Freund zu trennen.
Zumindest ergab es so lange einen Sinn, bis sie ihn empört und ungläubig anstarrte.
»Bist du vollkommen übergeschnappt? Dein Freund war genau dort, wo er sein wollte.«
Na schön, da war etwas dran.
Roke hatte nicht so ausgesehen, als würde er Cyns Dienste benötigen. Tatsächlich war das Letzte, was er von seinem Vampirkollegen gesehen hatte, jener Moment glückseliger Zweisamkeit, als dieser hingebungsvoll seine Gefährtin in die Arme geschlossen hatte.
Mist.
»Dann wolltest du vielleicht einfach nur allein mit mir sein.« Er grinste und ließ dabei seine schneeweißen Fangzähne aufblitzen. Auf die eine oder andere Art würde er ohnehin Antworten auf seine Fragen bekommen. »Du wärst nicht die erste Frau, die Zauberei einsetzt, um mich in ihr Bett zu bekommen.«
Sie murmelte etwas ganz und gar nicht Damenhaftes vor sich hin. »Ich bin eine Prinzessin.«
»Und?«
»Und ich teile mein Bett nicht mit …«
Er stemmte die Hände in die Hüften, und sein Gesichtsausdruck warnte sie davor, ihren Satz zu Ende zu bringen.
»Mit?«
Ihre Lippen öffneten sich, um ihre Beleidigung zu vollenden, aber noch bevor sie etwas sagen konnte, spürte er das Knistern einer Kraft in der Luft. Cyn wandte sich der Mitte der Grotte zu, seine Muskeln zogen sich zum Angriff zusammen, da hörte er ein leises Ploppen, und eine winzige Dämonin in einem langen weißen Gewand erschien wie aus dem Nichts.
Cyn fauchte erschrocken auf und betrachtete mit großen Augen das Wesen, welches durch seinen kleinen Wuchs und den langen silbernen Zopf, der fast bis auf den Boden hinunter reichte, leicht als junges Mädchen hätte durchgehen können. Cyn ließ sich jedoch nicht täuschen. Er erkannte die seltsamen länglichen Augen, die von einem undurchdringlichen Schwarz waren, und die spitzen, scharfen Zähne.
Das war kein harmloses kleines Mädchen.
Sie hatte die Macht, ihn und seinen ganzen Clan zu vernichten. Schlimmer noch – sie war ein Orakel. Eine der wenigen Dämoninnen, die in der Kommission saßen, der höchsten und mächtigsten Instanz der Dämonenwelt.
»Schluss mit dem Gezänk, Kinder«, schalt die Erscheinung, während sie ihre Hände faltete und die beiden mit nervtötender Eindringlichkeit musterte.
»Heilige Scheiße.« Cyn verbeugte sich, wenn auch etwas verspätet. »Siljar.«
Fallon kauerte auf dem Boden und umarmte ihre Knie im vergeblichen Bemühen, ihre Blöße zu bedecken.
»Kennst du diese Person?«
»Das ist keine Person«, verbesserte Cyn und erschauerte, als Siljars Energie seine Haut streifte. »Sondern ein Orakel.«
Die Bernsteinaugen weiteten sich. »Oh.«
»Vergebt mir.« Siljar machte eine schnelle Handbewegung, und Cyn gab ein ersticktes Geräusch von sich, als er plötzlich ein schlichtes weißes Gewand anhatte, das ihm bis knapp unter die Knie reichte. Das Orakel vollführte eine weitere Geste, und Fallon trug ebenfalls ein solches Gewand. »Ich habe seit mehreren Jahrhunderten kein Portal mehr zur Heimat der Feen erzeugt.«
Cyn sah das Orakel finster an und ignorierte Fallons Hab-ich-doch-gesagt-Blick. »Du hast uns hierhergebracht?«, wollte er wissen.
Siljar nickte. »Ja.«
»Warum?«
»Weil ich euch brauche.«
Sein scharfes Gehör nahm wahr, dass Fallon einen leisen Seufzer der Erleichterung ausstieß, als sie sich erhob und mit den Händen das Satingewand glatt strich.
»Du brauchst den Vampir?«
»Ich habe einen Namen«, fuhr er die Prinzessin an.
Siljar schnalzte mit der Zunge, und ihr Blick wanderte von Fallon zu Cyn. »Ich brauche euch beide.«
Cyn erstarrte. Es konnte kein gutes Zeichen sein, wenn ein Orakel ihn brauchte.
»Warum?«
Es roch unverkennbar nach Schwefel, als Siljars Miene sich vor Ärger anspannte.
»Ich befürchte, jemand manipuliert die Kommission.«
Cyn zog überrascht eine Augenbraue nach oben. Hatte Styx nicht eine Nachricht gesandt, dass sie die Verschwörung der fremden Dämonen, die Fallons Vater gefangen gehalten hatten, aufgedeckt hatten?
»Aye, wir wissen, dass die Nebule einen Spion eingeschleust haben, der vorgab, ein Orakel zu sein«, sagte er.
Siljar zuckte mit den Achseln. »Er wurde vernichtet.«
Oh. Cyn zog eine Grimasse. »Du vermutest, es gibt noch einen Verräter?«
»An das habe ich tatsächlich zuerst gedacht«, gestand Siljar. »Aber inzwischen glaube ich, dass die Orakel dieses Mal ohne ihr Wissen manipuliert werden.«
Das schien … unwahrscheinlich.
»Woher rührt dein Verdacht?«, fragte er.
Siljar zögerte kurz, dann offenbarte sie, was sie beunruhigte. »In den letzten Wochen bin ich immer wieder wie aus einer Trance aufgewacht und habe gemerkt, dass ich im Sitzungssaal saß«, sagte sie schließlich.
Cyn blinzelte verwirrt. Das war alles? Er war entführt und nackt in diese Höhle geworfen worden, weil die Alte vergesslich wurde?
Er zwang sich dazu, das Gehörte noch mal zu überdenken. Nur ein Schwachkopf würde ernsthaft annehmen, dass ein Orakel womöglich ein wenig plemplem würde. »Das letzte Jahr war anstrengend, vor allem für die Kommission«, murmelte er.
»Das war es wirklich. Und wenn ich das einzige Orakel wäre, das dieses seltsame Phänomen erlebt, würde ich in Erwägung ziehen, dass deine Andeutung, ich könnte an einer Form geistigen Verfalls leiden, zuträfe.« Es zuckte um ihre Lippen, und Cyn zuckte bei ihren unverblümten Worten zusammen. »Immerhin bin ich sehr alt, und es wäre nicht ausgeschlossen, dass ich mich aus Versehen an einen vertrauten Ort begebe, ohne zu merken, was ich tue.«
Cyn ignorierte, dass Fallon ihre Belustigung über sein Unbehagen kaum verhehlte. »Aber?«
»Ich stellte jedoch mehr als einmal fest, dass ich nicht die Einzige war, die diese Erfahrung machte.«
Cyn zog eine Grimasse, als er hörte, wie Fallon erschrocken nach Luft schnappte.
Dass Siljar hin und wieder einen Blackout hatte, war die eine Sache. Aber die Annahme, dass die ganze Kommission von einer unsichtbaren Macht beherrscht wurde … Teufel noch mal, das war schon eine ganz andere Hausnummer.
»Die anderen Orakel wussten auch nicht, wie sie dorthin gelangt waren?«, fragte er.
Siljar schüttelte finster den Kopf. »Nein.«
Als Fallon die Augen aufgeschlagen und festgestellt hatte, dass sie sich weit von ihrer Feenheimat entfernt wiedergefunden hatte, war sie eher zornig geworden, als dass es ihr Angst eingejagt hätte.
Das war schon seltsam, besonders wenn man bedachte, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben splitternackt in einer dunklen Höhle, in der Gesellschaft eines ebenfalls nackten Vampirs, zu sich gekommen war.
Himmel, es war das erste Mal, dass sie sich überhaupt aus dem riesigen Palast ihres Vaters entfernt hatte.
Eigentlich sollte sie außer sich vor Angst sein.
Oder etwa nicht?
Sie versuchte sich zwar selbst davon zu überzeugen, dass Cyn so etwas wie eine geistesgestörte Bestie war, die sie aus weiß Gott was für perversen Gründen aus ihrem Zuhause herausgerissen hatte, konnte sich aber nicht so recht zu der Auffassung durchringen, dass er ihr etwas Böses wollte.
Zwar hatte sie bis jetzt nicht viel Zeit mit Cyn verbracht, aber sie hatte vom ersten Augenblick an gespürt, dass er keine Gefahr für sie darstellte, obwohl der mächtige Clanchef offenbar ein furchterregendes Raubtier war.
Nein, das stimmte so auch nicht, gestand sie sich trocken ein.
Er stellte alle Arten von Gefahr dar, nicht zuletzt rief er ein unwillkommenes Kribbeln hervor, das sie überkam, wann immer er zufällig einen Blick in ihre Richtung warf.
Aber sie glaubte keine Sekunde, dass er sie körperlich verletzen würde.
Es sei denn, er betrachtete sie als eine Bedrohung für seine Leute.
Die winzige Dämonin vor ihr hatte jedoch dafür gesorgt, dass es sie vor Entsetzen kalt überlief.
Natürlich kannte sie die Kommission.
Anders als die meisten Chatri, die reinblütigen Vorfahren der Feen, war Fallon nie mit ihrem zurückgezogenen Leben zufrieden gewesen. Andere mochten im königlichen Palast ihresVaters glücklich sein, umgeben von üppigen Gärten und Wiesen, die stets in Sonnenlicht getaucht waren, für sie aber war dies alles immer zu … makellos und eintönig gewesen.
Jenes Ausmaß an Perfektion, das eine Frau ertragen konnte, bevor sie sich zu Tode langweilte, war für Fallon überschritten worden. Was bedeutete, dass sie dazu gezwungen gewesen war, ein heimliches Leben zu führen, um nicht den Verstand zu verlieren.
Niemand aus ihrer Familie wusste, dass sie sich eine geheime Kammer eingerichtet hatte, in der sie ihre hellseherischen Fähigkeiten verfeinert hatte, bis sie nicht nur in andere Dimensionen spähen, sondern auch mehrere Bilder gleichzeitig aufrechterhalten konnte.
Im Laufe der Jahre hatte sie endlose Stunden damit verbracht, diese Welt zu studieren, fasziniert von den sich rasch verändernden Kulturen, während ihr persönliches Dasein weiterhin stagnierte. Sie hatte sich sogar über die aktuellen Modeerscheinungen und Sprachmuster auf dem Laufenden gehalten. Insgeheim hoffte sie nämlich auf eine Gelegenheit, dieser Welt persönlich einen Besuch abzustatten, auch wenn sie tief in ihrem Herzen wusste, dass ihr Vater ihr niemals erlauben würde, die Heimat zu verlassen.
Nun fragte sie sich, ob es ein Irrtum gewesen war, zu glauben, dass die mächtigen Orakel weise und gerechte Anführer in der Welt der Dämonen darstellten.
»Was hätte es denn für einen Sinn, euch in Trance zu versetzen?«, fragte sie verwirrt.
Siljar sah sie lange an, ohne auch nur einmal zu blinzeln. Das war … unheimlich.
»Ich nehme an, sie wollten, dass wir uns alle im Versammlungssaal befinden«, gab sie dann zur Antwort.
Fallon zwang sich, unter diesem Basiliskenblick nicht in sich zusammenzufallen. »Aber wozu das?«
»An diesem Ort versammeln wir uns, um Informationen auszutauschen und Streitereien zwischen den Dämonen beizulegen«, erklärte Siljar und fing abrupt an, mit ruckartigen Bewegungen in der Höhle auf und ab zu gehen. Als wollte sie ihre Gefühle im Zaum halten. »Und im Extremfall ist es der Ort, an dem wir unsere Kräfte bündeln.«
»Glaubst du, es könnte ein Dämon sein, der versucht, euch dahingehend zu beeinflussen, dass ihr zu seinen Gunsten entscheidet?«, fragte Cyn plötzlich.
»Das habe ich mich auch schon gefragt. Wir handeln derzeit einen Vertrag zwischen den Berg-Ogern und den Waldkobolden aus, in dem es um die Aufteilung von Land geht.« Siljar schüttelte heftig den Kopf. Ihr weißes Gewand raschelte über den steinigen Boden. »Aber inzwischen glaube ich, dass das Komplott weit ruchloser ist.«
»Wie – ruchloser?«, fragte Cyn.
Siljar nickte. »Ich glaube, dass jemand versucht, die Kommission dazu zu zwingen, ihre Kräfte zu bündeln und einen Zauber zu wirken.«
Cyn verzog das Gesicht. »Wer oder was hätte schon die erforderliche Stärke, um die ganze Kommission zu beeinflussen?«
Siljar blieb stehen, fasste sich wieder und drehte sich um, um dem Vampir in das besorgte Gesicht zu sehen.
»Genau das sollt ihr beiden herausfinden.«
»Du willst, dass ich bei den Orakeln spioniere?«, keuchte Cyn.
»Natürlich nicht«, schalt Siljar. »Ich will, dass Fallon sie ausspioniert.«
Fallon klappte der Kiefer herunter, und das Blut gefror ihr in den Adern.
»Ich?«
Siljar zog eine Augenbraue nach oben. »Du bist eine Meisterin im Hellsehen, oder?«
Ach … verdammt.
»Wie hast du …«
»Ich weiß vieles, meine Liebe«, unterbrach Siljar sie sanft. Fallon wand sich unter dem eindringlichen, dunklen Blick. Was wusste die kleine Dämonin noch über sie? Nicht dass Fallon ein aufregendes Leben voller Geheimnisse geführt hätte, aber trotzdem … Cyn warf ihr einen forschenden Blick zu, als würde es ihn überraschen, dass sie überhaupt irgendwelche Fähigkeiten hatte.
Idiot.
»Was meinst du mit Meisterin im Hellsehen?«, wollte er wissen.
Siljar antwortete: »Fallon kann die Spur der Orakel verfolgen, auch wenn sie in andere Dimensionen reisen.«
Er sah nicht sonderlich beeindruckt aus. »Wozu soll das gut sein?«
»Sie kann so herausfinden, ob es jemanden Bestimmten gibt, der Kontakt mit allen Orakeln hat«, erklärte Siljar. »Oder ob diese einen Ort aufsuchen, an dem sie manipuliert werden könnten.«
»Wie nahe muss sie herangehen, um hellzusehen?«, fragte Cyn das Orakel.
Fallon fluchte verhalten. War sie plötzlich unsichtbar geworden?
»Die Entfernung spielt keine Rolle«, informierte sie den Vampir. Sie war nicht bereit, sich behandeln zu lassen, als könnte sie nicht für sich selbst sprechen. Es reichte ihr schon, dass das am Hof ihres Vaters so praktiziert wurde. »Das Einzige, was ich brauche, ist ein Ort, an dem ich beginnen soll.«
Ohne Vorwarnung stand Siljar plötzlich direkt vor Fallon und streckte die Hand aus, um sie an ihre Wange zu drücken.
»Dort«, sagte die Dämonin und brannte das Bild eines riesigen Höhlenkomplexes in Fallons Gedächtnis ein. »Kannst du ihre Spur verfolgen?«
Fallon sog schockiert die Luft ein, als sich der Ort in ihrem Gedächtnis manifestierte und sie dessen gewahr wurde, was man von ihr erwartete.
Mist. Was war bloß mit ihr los? Sie hätte Siljar sagen sollen, dass sie gar nicht hellsehen konnte. Dass sie sich irgendwie geirrt hatte. Stattdessen hatte sie praktisch mit ihren Fähigkeiten geprotzt.
Als wollte sie jemanden beeindrucken …
Nein. Sie verdrängte diese verstörenden Gedanken.
Cyn war ein arroganter Tölpel mit einem aufgeblasenen Ego. Na schön, er war hinreißend. Und sexy. Und sein gestählter Kriegerkörper war einfach zum Anbeißen.Aber sie würde ganz sicher nicht ihre Zeit damit verschwenden, ihn beeindrucken zu wollen.
Siljar räusperte sich. »Meine Teure, kannst du ihre Spur verfolgen?«, wiederholte sie ihre Frage.
Fallon unterdrückte einen Seufzer. Es war zu spät, ihrer unliebsamen Pflicht zu entkommen.
Außerdem – wenn sie mit ihrem Talent helfen konnte, dann war es gewiss ihre Pflicht, zu tun, was immer sie konnte. »Ich glaube schon«, sagte sie.
»Gut.« Cyn verschränkte die Arme über der Brust. »Danach kann sie wieder ins Märchenland zurückkehren?«
Fallons Mund klappte angesichts dieser unverblümten Worte auf. »Du ungehobelter …«
Siljar hob die Hand. »Nein.«
Cyns jadegrüne Augen wurden schmal. »Warum nicht?«
»Obwohl es schon mehrere Wochen her ist, seit ihr Fallons Heimat verlassen habt …«
»Mehrere Wochen?« Fallon vergaß ihren Ärger auf Cyn und hielt entsetzt die Luft an. Wie war das möglich? Es fühlte sich an, als wären erst Minuten vergangen, seit sie in dem kleinen Empfangszimmer im Palast ihres Vaters gestanden hatte.
Siljar hob die Hände. »Wenn man durch Dimensionen reist, kommt es oft zu Fluktuationen der Zeit.«
Das Orakel log. Es stimmte zwar, dass eine Reise durch die Dimensionen die Zeit manipulieren konnte, doch Fallon hatte den Verdacht, dass die listige Dämonin die Zeit zugunsten eigener Zwecke absichtlich verändert hatte.
Mit einem tiefen Knurren ballte Cyn frustriert die Hände zu Fäusten und war eindeutig eher verärgert als misstrauisch.
»Welches Datum haben wir heute?«, wollte er wissen.
»Es ist Mitte Januar.«
Die eisigen Kräfte des Vampirs pulsierten in der Luft und ließen Fallon frösteln.
»Mist«, fluchte er.
Siljar strich sich ruhig mit den Händen über das Gewand und schien vollkommen unbeeindruckt, als würde nicht gerade ein riesiger Vampir die Höhle mit so viel Kraft füllen, dass diese über ihren Köpfen einzustürzen drohte.
»Wie schon gesagt, ich habe euch hierhergebracht, damit sich Fallon auf ihre Aufgabe konzentrieren kann, ohne die Einmischung ihres Vaters und ihres Verlobten, die beide nach ihr suchen.«
Fallons Augen wurden groß. Es ergab einen Sinn, dass ihr Vater sie suchen kam. Aber ihr Verlobter?
Der Prinz erinnerte sich die meiste Zeit ohnehin kaum daran, dass es sie überhaupt gab.
»Magnus ist hier?«
»Verlobter?«, brummte Cyn und warf Fallon einen seltsam wütenden Blick zu, bevor er seine Aufmerksamkeit Siljar zuwandte. »Du kannst nicht erwarten, dass ich ihren Babysitter spiele.«
»Ich verlange, dass du sie schützt«, sagte Siljar, noch bevor Fallon ihn einen Trottel nennen konnte. »Was bedeutend einfacher ist, wenn ihr hinter dem mächtigen Zauber bleibt, der deinen Unterschlupf vor neugierigen Augen verbirgt.«
»Und was ist mit meinen Leuten?«, fauchte er. »Ich bin ohnehin schon zu lange weg. Sie brauchen ihren Anführer.«
Siljar winkte ab. »Bestimmt hast du einen getreuen Diener, der deine Anwesenheit hier geheim halten und dennoch bewerkstelligen kann, dass das Wohlergehen deines Clans gewährleistet ist?«
Die kalte Luft wurde regelrecht eisig. »Es gibt andere, die eher dafür geeignet sind, sich um eine Fee zu kümmern.«
Fallon sah ihn vielsagend an. »Dem stimme ich aus vollem Herzen zu.« Siljar griff in die Tasche ihres Gewands und zog eine kleine Schriftrolle hervor.
»Aber sie würden sich nicht besser dafür eignen, dies zu entziffern.«
KAPITEL 2
Es überraschte niemanden, dass Styx der Anasso war, der König der Vampire. Mit seinen nahezu zwei Metern Körpergröße und den wilden aztekischen Gesichtszügen seiner Vorfahren war er ein knallharter Kerl wie aus dem Bilderbuch. Er trug eine Lederhose und ein weißes Seidenhemd, das seinen enormen Brustkorb betonte; sein langes, rabenschwarzes Haar war zu einem Zopf geflochten und mit kleinen türkisfarbenen Amuletten geschmückt. Ein weiteres Amulett hing ihm um den Hals – es war ein traditionelles Medaillon, das die Macht seines Volkes in sich barg. Seine Füße steckten in einem Paar klobiger Stiefel in Schuhgröße achtundvierzig, die in der eleganten Bibliothek eindeutig fehl am Platz erschienen.
Natürlich gab es in der weitläufigen Villa nördlich von Chicago nicht eine Stelle, an der er nicht wie ein bunter Hund auffallen würde. Sein Zuhause bestand aus Marmorsäulen, Deckengemälden und zahllosen vergoldeten Einrichtungsgegenständen. Und die Möbel waren keine billigen Ludwig
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