Am Fuß des Kamels - Klaus Merz - E-Book

Am Fuß des Kamels E-Book

Klaus Merz

3,0

Beschreibung

Klaus Merz ist ein Großmeister der kleinen Form wie es Günter Eich war (Beat Mazenauer) - in seinen Erzählungen und Prosaminiaturen entwirft er Szenerien, so vielfältig und poetisch, so bizarr und alltäglich wie das Leben selbst. Klaus Merz beherrscht wie kaum ein anderer die Kunst, Stimmungen einzufangen und Überraschungsmomente zu entwickeln, erzählt in einer dichten und zugleich reduzierten Sprache, die oft nur mit Andeutungen auskommt und dabei höchste Präzision erreicht - ein einzigartiges Leseerlebnis.

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Seitenzahl: 113

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© 1994

HAYMON verlag

Innsbruck-Wien

www.haymonverlag.at

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder in einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-7099-7525-1

Umschlag- und Buchgestaltung, Satz:

Kurt Höretzeder, Büro für Grafische Gestaltung, Scheffau/Tirol, Mitarbeit: Ines Graus

Coverbild: Heinz Egger

Autorenfoto: Franziska Messner-Rast

Diese Geschichten erhalten Sie auch in gedruckter Form mit hochwertiger Ausstattung in Ihrer Buchhandlung oder direkt unter www.haymonverlag.at.

Klaus Merz

Am Fuß des Kamels

Geschichten & Zwischengeschichten

Klaus Merz

Am Fuß des Kamels

Für Simea und Laurin

Stories go in circles. They dont go in straight lines. So it helpes, if you can listen in circles. There are stories inside stories and stories between stories and finding your way trough them is as easy – and as hard – as finding your way home.

(Geschichten drehen sich im Kreis. Sie verlaufen nicht geradlinig. Darum hilft es, ihnen im Kreis zuzuhören. Es gibt Geschichten in Geschichten und Geschichten zwischen Geschichten, und seinen Weg durch sie zu finden, ist genauso leicht – und genauso schwer – wie seinen Weg nach Hause zu finden.)

A travelling Jewish Theatre – USA

Mein Werkzeug

Während der ersten dreißig Jahre meines Lebens trug ich oft einen Kieselstein im Hosensack mit. Als Spielgefährte, als Amulett, später als Erdgeschichte in handlicher Form. Im Lauf der Zeit ist der Stein zwar speckig, aber nie weniger geworden. Und wenn ich ihn verlor, wußte ich, daß er nicht verloren war, sondern weiterrollte durch die Zeit. Es wird ihn noch geben, wenn von uns und unseren Hosensäcken schon lange nichts mehr übrig ist.

Diese Einsicht verhalf mir in philosophischen Stunden zu einer gewissen Gelassenheit, an gewöhnlichen Tagen aber führte sie nur zu Bitterkeit über den eigenen schnellen Verschleiß.

Eines Herbstes wechselte ich den Stein durch eine Roßkastanie aus, gegen allfälliges Rheuma. Und seit ein paar Jahren trage ich an ihrer Stelle einen klein gewordenen Radiergummi mit. Als Werkzeug. Und als Erinnerung an mein Leben. Denn auch der Radiergummi wird, anders als der Kiesel, durch meine Irrtümer verbraucht.

Am Fuß des Kamels

1

Eines Morgens erwachte ich mit dem Koffer im Kopf. Ein Dienstmann in blauer Arbeitsschürze hatte ihn mir zwischen die beiden Hirnhälften gestellt und war, ohne ein Trinkgeld abzuwarten, wortlos wieder verschwunden.

Mit meiner angeborenen Scheu vor Reisen und dem leidigen Hang zum Grübeln verstand ich den Koffer schon ins Erwachen hinein – und noch bevor das Telegramm eintraf – als klares Zeichen: Der Träger hatte einen Tumor in meinem Kopf deponiert. Kein Zweifel, ich war an der Reihe, hatte es im Grunde ja schon immer so kommen sehen.

Es war also Zeit, den schäbigen Rest meines Daseins zu ordnen, und ich hätte mich auch sofort an die traurige Arbeit gemacht, wäre da nicht unwillkürlich das Bild einer fernen Karawanserei vor meinem inneren Auge erstanden.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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