Anastasia, Band 2: Die klingenden Zedern Russlands - Wladimir Megre - E-Book

Anastasia, Band 2: Die klingenden Zedern Russlands E-Book

Wladimir Megre

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Beschreibung

Band 2 der Anastasia-Reihe.In Band 2 erzählt Wladimir Megre, wie sich nach seinem Treffen mit Anastasia sein Leben auf dramatische Weise wandelte und wie es auf Umwegen dazu kam, dass er mit dem Schreiben begann. Die Kette von Ereignissen, die daraufhin ausgelöst wurde, zeigt den überweltlichen, mystischen Einfluss der Taiga-Eremitin und welche Kraft im Traum des Menschen liegt vor allem dann, wenn er von vielen gemeinsam geträumt wird.Anastasia betont die Wichtigkeit der reinen Gedanken für die spirituelle Entwicklung des Menschen. Die Beziehung zur Umwelt und insbesondere zu den Pflanzen spielt hierbei eine entscheidende Rolle denn Pflanzen können dem Menschen helfen, eine Atmosphäre der Liebe zu erschaffen.Weitere Themen sind das Geheimnis der Heilkräfte des Zedernöls sowie die Bedeutung der Dolmen als kosmische Speicher der Weisheit. Außerdem erzählt Anastasias Großvater aus dem Leben seiner Enkelin, die bereits als kleines Kind hochbegabt war und außergewöhnliche Begegnungen hatte.

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Seitenzahl: 305

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Wladimir Megre

Anastasia

Band 2:

Die klingenden Zedern Russlands

aus dem Russischen übersetzt vonHelmut Kunkel

Govinda-Verlag

Herausgegeben von Ronald Zürrer

Alle Titel von Wladimir Megre zu Anastasia:

Band 1: Anastasia – Tochter der Taiga

Band 2: Anastasia – Die klingenden Zedern Russlands

Band 3: Anastasia – Raum der Liebe

Band 4: Anastasia – Schöpfung

Band 5: Anastasia – Wer sind wir?

Band 6: Anastasia – Das Wissen der Ahnen

Band 7: Anastasia – Die Energie des Lebens

Band 8.1: Anastasia – Neue Zivilisation

Band 8.2: Anastasia – Die Bräuche der Liebe

Band 10: Anastasia – Anasta

Hinweis zur Nummerierung: Gemäß dem Autor soll Band 9 im Laufe der Zeit aus Texten von Lesern und Bewohnern von Familienlandsitzen zusammengestellt werden.

Kontaktadresse des Verlages:

Govinda-Verlag, Postfach, 8462 Rheinau | [email protected]

govinda.ch

Offizielle Website des Autors (Informationen über Wladimir Megre, seine Bücher, Leserveranstaltungen und weltweiten Projekte):

www.vmegre.com

© 2004/2013 Govinda-Verlag GmbH

Alle Rechte vorbehalten.

Originaltitel: Звенящие Кедры России

Übersetzung aus dem Russischen: Helmut Kunkel

Lektorat: Dania Asfandiarowa

Gestaltung Umschlag: Ronald Zürrer

Umschlagbild: © Kursiv

Erstausgabe als E-Book – August 2019

ISBN 978-3-905831-56-6 (E-Book)

ISBN 978-3-905831-19-1 (gedruckte Ausgabe)

Inhalt

1 Mensch oder Außerirdische?

2 Die Geldmaschine

3 Geheilt – aber um welchen Preis!

4 Ein vertrauliches Gespräch

5 Schutzengel, wo bist du?

6 Das Kirschbäumchen

7 Wer ist schuld?

8 Die Antwort

9 Der Tag der Kleingärtner und ein Feiertag der Erde

10 Das klingende Schwert des Barden

11 Eine jähe Umkehr

12 Wer bestimmt den Kurs?

13 Geld aus dem Boden stampfen

14 Eine destruktive Kraft

15 Herbalife-Händler

16 Gratisurlaub auf Hawaii

17 Der Beginn der Perestroika

18 Die Gesellschaft der Unternehmer Russlands

19 Dem Selbstmord nahe

20 Die klingenden Zedern Russlands

21 Was steckt dahinter?

22 Vater Feodorit

23 Raum der Liebe

24 Anastasias Großvater

25 Eine paranormale Erscheinung

26 Scheinmenschen

27 Warum niemand Gott sieht

28 Der Anbruch einer neuen Zeit in Russland

29 Wie man das Heilöl der Zeder gewinnt

30 Trau, schau, wem

31 Russland, deine Heiligtümer!

Über den Autor

1

Mensch oder Außerirdische?

Bevor ich mit meiner Erzählung über Anastasia fortfahre, möchte ich mich ganz herzlich bei all den religiösen Führern, Wissenschaftlern, Journalisten und gewöhnlichen Lesern bedanken, die mir Briefe, spirituelle Bücher und ihre Bemerkungen zu Band 1 geschickt haben. Anastasia hat recht unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. In der Presse fand man Namen für sie wie «Herrin der Taiga», «sibirische Hexe», «Wahrsagerin», «göttliche Erscheinung» und «Außerirdische».

Auf die Frage einer Moskauer Reporterin, ob ich Anastasia nun liebe, konnte ich keine eindeutige Antwort geben. Ich sagte: «Ich kann meine eigenen Gefühle nicht klar einordnen.» Sofort wurde das Gerücht in Umlauf gesetzt, ich sei aufgrund spiritueller Inkompetenz nicht in der Lage, bestimmte Themen zu verstehen.

Wie aber kann man jemand lieben, wenn man nicht einmal weiß, mit wem genau man es zu tun hat? Und bislang gibt es nun mal kein einheitliches Verständnis, wer Anastasia wirklich ist. Da sie selbst aber von sich behauptet, sie sei ein Mensch, eine Frau, habe ich versucht, auf der Grundlage dieses Verständnisses Erklärungen für ihre außerordentlichen Fähigkeiten zu finden. Am Anfang gelang mir das auch.

Wer also ist nun Anastasia? Eine junge Frau, die weit entfernt in der sibirischen Taiga geboren wurde und dort als Einsiedlerin lebt. Nach dem frühen Tode ihrer Eltern wurde sie von ihrem Großvater und ihrem Urgroßvater, ebenfalls Einsiedlern, aufgezogen.

Ist es etwas Besonderes, dass ihr die wilden Tiere so ergeben sind?

Nein, überhaupt nicht, denn auch auf Bauernhöfen gibt es ja die verschiedensten Tiere, die friedlich miteinander auskommen und ihren Herrn achten.

Schwieriger war es da schon, die Technik zu bestimmen, mit deren Hilfe sie «fernsehen» kann, über Ereignisse Bescheid weiß, die tausend Jahre zurückliegen, und mit den Gegebenheiten unseres modernen Lebens bestens vertraut ist. Wie funktioniert ihr «Strahl», mit dem sie Menschen aus der Ferne heilt, in die Tiefen der Vergangenheit eindringt und in die Zukunft blickt?

Dr. K. I. Schilin, Professor für Philosophie und korrespondierendes Mitglied des Moskauer Staatlichen Luftfahrtinstituts, hat sich in seinen Werken mit den Aussagen und Handlungen Anastasias befasst und kommt zu folgendem Schluss:

«Das schöpferische Potenzial Anastasias ist eine allgemeine und nicht etwa eine rein individuelle Gottesgabe, eine Gabe der Natur. Wir alle sind mit dem Kosmos verbunden – jeder Einzelne für sich. Die drohende Katastrophe ist einzig und allein durch eine harmonische Synthese der Urkulturen zu vermeiden. Die Entwicklung dieser kindlich-reinen, harmonischen Kulturformen führt zu einer ‹weiblichen› Ausprägung der Kultur. Besonders vollständig und deutlich kommt dies im Buddhismus zum Ausdruck, aber auch bei unserer Anastasia. Daher ergibt sich folgende Kette der Identifikation: Anastasia = Tara = Buddha = Maitreya. Anastasia ist demnach ein vollkommener, gottähnlicher Mensch.»

Ob das nun stimmt oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Schleierhaft ist mir jedoch, warum sie dann keine Lehre schreibt, wie es alle erleuchteten, gottähnlichen Menschen getan haben, sondern sich stattdessen zwanzig Jahre ihres Lebens mit Kleingärtnern beschäftigt.

Nichtsdestoweniger kam ich, nachdem ich die Meinungen verschiedener Gelehrter gelesen hatte, zu dem Schluss, dass sie nicht geisteskrank ist. Denn zumindest gibt es in der Wissenschaft Hypothesen in Bezug auf die Themen, über die Anastasia gesprochen hat, und in bestimmten Bereichen werden auch Experimente durchgeführt.

So hatte ich sie einmal gefragt: «Anastasia, wie schaffst du es, dir Situationen aus einer Zeit vor tausend Jahren zu vergegenwärtigen und zu schildern und sogar die Gedanken großer Persönlichkeiten der Vergangenheit zu lesen?»

Darauf antwortete sie: «Der erste Gedanke, das erste Wort gehörte dem Schöpfer. Seine Gedanken leben noch heute und umgeben uns auf unsichtbare Weise. Sie erfüllen den Weltraum und kommen in der lebendigen materiellen Schöpfung zum Ausdruck, die für das Oberhaupt, den Menschen, geschaffen wurde. Der Mensch ist das Kind des Schöpfers. Und wie jeder Vater konnte Er Seinem Kind nicht weniger wünschen, als Er selbst hatte. Er gab ihm alles. Und darüber hinaus gab Er ihm auch die Freiheit der Wahl. Der Mensch kann selbst zum Schöpfer werden und die Welt durch die Kraft seiner Gedanken vervollkommnen. Kein vom Menschen erzeugter Gedanke löst sich einfach in nichts auf. Ist es ein lichter Gedanke, so erfüllt er den lichten Raum und steht auf der Seite der lichten Mächte. Ist der Gedanke aber dunkel, so wendet er sich zur Seite der dunklen Mächte. Und heute kann sich jeder Mensch einen beliebigen Gedanken zunutze machen, der einmal von einem Menschen oder dem Schöpfer hervorgebracht wurde.»

«Und warum tun das dann nicht alle?»

«Alle Menschen tun das, nur in unterschiedlichem Maße. Um einen Gedanken zu nutzen, muss man einfach nur denken können. Aber wegen der täglichen Hektik kann das nicht jeder.»

«Also müssen wir einfach nur denken können, das ist alles? Können wir auch die Gedanken des Schöpfers erkennen?»

«Dazu muss man die Ihm eigene Reinheit des Wollens und die Geschwindigkeit Seines Denkens erreichen. Um die Gedanken der Erleuchteten zu erkennen, muss man ihre Reinheit des Wollens besitzen und in ihrer Geschwindigkeit denken können. Hat ein Mensch nicht genügend Reinheit des Wollens, um mit der Dimension der lichten Mächte zu kommunizieren, der Dimension, wo die lichten Gedanken wohnen, so wird er Gedanken aus dem gegensätzlichen, dem dunklen Bereich schöpfen. Letztlich wird er damit sich selbst und andere quälen.»

Ich weiß nicht, ob A. E. Akimow, Direktor des Internationalen Instituts für theoretische und angewandte Physik der Akademie der Naturwissenschaften Russlands, direkt oder indirekt die obigen Aussagen Anastasias kommentierte – jedenfalls schrieb er in seinem Artikel «Physik erkennt übergeordnete Intelligenz an» (erschienen im Magazin Wunder und Abenteuer) Folgendes:

«Schon immer hat es zwei Pfade zur Erkenntnis der Natur gegeben: Der eine wird vertreten durch die westliche Wissenschaft und ihre Methode, Erkenntnisse durch Beweise, Experimente usw. zu erlangen; den anderen sieht man in der Wissenschaft des Ostens, wo Erkenntnisse von außen empfangen werden, auf esoterischem Wege, im Zustand der Meditation. Esoterische Erkenntnisse werden nicht ermittelt, sie werden dem Menschen gegeben.

Auf einer bestimmten Entwicklungsstufe des Menschen war der esoterische Pfad verloren gegangen, und ein anderer, überaus komplizierter und langsamer Pfad entwickelte sich. Auf diesem Pfad erlangten wir in den letzten eintausend Jahren ein Niveau des Wissens, das im Osten bereits vor dreitausend Jahren erreicht war.»

Intuitiv gebe ich denjenigen recht, die behaupten, dass die Materie, die auf der Feldebene das gesamte All durchdringt, eine Art miteinander verwobener Struktur darstellt. In seinem Buch Summa technologiae (im Kapitel «Das Weltall als Supercomputer») äußert Stanislaw Lem den Gedanken, es gebe eine solche «kosmische Intelligenz» in der Form eines gigantischen Elektronenrechners. Stellen Sie sich mal einen Computer vor, der das gesamte beobachtbare All (mit einem Radius von etwa 15 Milliarden Kilometern) ausfüllt und der aus Elementen mit einem Volumen von je 10–33 cm3 besteht. Ein solches Gehirn hat natürlich phantastische Möglichkeiten, die weit jenseits unseres Vorstellungsvermögens liegen. Und berücksichtigt man dabei, dass dieses Gehirn nicht nach dem Prinzip eines Elektronenrechners, sondern dem von Torsionsfeldern funktioniert, dann wird klar: «Schellings Erscheinungsformen des Absoluten oder das Shunyata der alten vedischen Literatur sind nichts anderes als dieser Superrechner. Darüber hinaus gibt es nichts weiter in dieser Welt. Alles Übrige sind verschiedene Formen des Absoluten.»

Und über den Strahl, der aus der Ferne wirkt, haben die Wissenschaftler Folgendes zu sagen.

Dr. Wlail Kasnatschejew, Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften, schreibt in seinem Beitrag «Lebendige Strahlen und lebendiges Feld», veröffentlicht in der Zeitschrift Wunder und Abenteuer vom 3.5.1996:

«Wernadski erhob wohl zu Recht die Frage: Wie kann etwas Ideelles, etwas Gedankliches den Planeten Erde in eine neue Evolutionsphase überführen? Wie soll das gehen? Oder glaubt man gar, dass dies allein durch Arbeit, durch Explosionen oder durch technologische Werke geschehen kann? Nein, so einfach ist das nicht zu erklären.

Die Fakten weisen darauf hin, dass ein Mensch die Anzeigen elektronischer Geräte aus der Ferne beeinflussen kann, indem er den Ausschlag des Geräts bewusst verändert. Bei uns in Nowosibirsk laufen gerade Versuche zur Herstellung einer solchen Fernverbindung mit Norilsk, Dixon und Simferopol. Auch im Tjumensk-Dreieck wurden ähnliche Versuche durchgeführt, und zwar in Zusammenarbeit mit einem amerikanischen Forschungszentrum in Florida. Dabei hat sich gezeigt, dass die Verbindung zwischen einem Gerät und dem Operator Mensch sicher und präzise hergestellt werden kann. Wir haben es hier mit einem uns bisher unbekannten Phänomen zu tun, nämlich mit der Wechselwirkung von lebender Materie und Maschinen, über große Entfernungen hinweg.»

Leider wimmelt es in diesen wissenschaftlichen Beiträgen nur so von schwierigen Fachbegriffen und Hinweisen auf die Werke anderer Autoren. Allein das Lesen dieser Artikel bereitet große Mühe, ganz zu schweigen davon, sie zu verstehen.

Immerhin habe ich so viel verstanden, dass den Wissenschaftlern die Fähigkeit des Menschen bekannt ist, über weite Entfernung mit einem anderen Menschen zu kommunizieren oder ein Gerät telepathisch zu steuern. Auch wissen sie von einer kosmischen Datenbank – wohl genau das gleiche Gebilde, das auch Anastasia benutzt. Nur nennt sie dieses Phänomen die «Dimension der lichten Mächte», in der alle von den Menschen je hervorgebrachten Gedanken enthalten sind, wohingegen die moderne Wissenschaft von einem Supercomputer spricht.

Weiterhin musste ich eine Erklärung parat haben, wie es mir, der ich nie schriftstellerisch tätig gewesen war und keine diesbezüglichen Fachkenntnisse besaß, gelungen war, ein Buch zu schreiben, das die Menschen so sehr bewegt.

Als ich in der Taiga war, sagte Anastasia zu mir: «Ich werde dich zu einem Schriftsteller machen. Du wirst ein Buch schreiben, das von vielen Menschen gelesen wird und eine wohltuende Wirkung auf sie hat.»

Das Buch ist jetzt geschrieben, und die Annahme liegt nahe, dass das allein ihr Verdienst ist. Dann aber sollte man erklären können, wie sie die schöpferischen Fähigkeiten anderer Menschen zu beeinflussen vermag. Und das ist bislang niemandem gelungen.

Natürlich könnte man der Einfachheit halber vermuten, dass ich etwas Talent zum Schreiben habe und so die interessanten Informationen, die ich von ihr erhielt, aufgeschrieben habe. Damit wäre doch eigentlich alles erklärt. Man bräuchte keine Zeit mehr dafür zu verwenden, wissenschaftliche und spirituelle Bücher zu lesen und Fragen an Fachleute zu stellen. Doch selbst dann gäbe es noch ein Rätsel, dem bisher weder ich noch meine Helfer auf die Spur gekommen sind.

Man denke da an mein erstes Buch, an die Worte Anastasias vor zwei Jahren: «Maler werden mich darstellen, Poeten Gedichte über mich schreiben, und man wird einen Film über mich drehen. Du wirst all das erleben und dann an mich denken.»

Anastasias Großvater hatte auf meine Frage: «Kann sie etwa die Zukunft voraussehen?» geantwortet: «Wladimir, Anastasia sagt nicht die Zukunft voraus, sie kann sie modellieren und zur Realität werden lassen.»

«Worte!», hatte ich mir gedacht, «nichts weiter als Worte! Was man nicht alles so daherredet!» Und ich hatte diesen Worten keine besondere Bedeutung beigemessen, sondern sie sinnbildlich aufgefasst. Denn ich konnte mir damals nicht einmal vorstellen, wie genau sich alles, was sie gesagt hatte, verwirklichen sollte. Das Unglaubliche geschieht tatsächlich! Anastasias Worte erfüllen sich mit erstaunlicher Sicherheit.

Zuerst gab es eine regelrechte Flut von Gedichten. Dann entstanden in verschiedenen Städten «Anastasia-Häuser». In einem von ihnen, in der Stadt Gelendschik, wurden Gemälde der Moskauer Künstlerin Alexandra Wasiljewna Sajenko zum Thema «Anastasia und Natur» ausgestellt.

Ich kam in das Haus, betrachtete die Wand mit den vielen großen Bildern … und die Umgebung schien mir wie verändert zu sein.

Aus vielen Bildern schauten mich die gütigen Augen Anastasias an. Und was die Motive betrifft, so waren auf einigen Bildern Themen aus dem zweiten, noch unveröffentlichten Buch dargestellt – so zum Beispiel jene leuchtende Kugel, die manchmal neben Anastasia erscheint. Später erfuhr ich, dass die Künstlerin nicht mit einem Pinsel, sondern mit den Fingerspitzen malt.

Die meisten dieser Bilder sind verkauft, doch sie sind in der Ausstellung geblieben, weil immer mehr Leute kommen, um sie sich anzusehen. Eines der Bilder hat mir die Malerin geschenkt, und zwar eine Darstellung von Anastasias Eltern. Das Gesicht ihrer Mutter zog mich eine ganze Weile in seinen Bann.

Von verschiedenen Filmstudios kamen Angebote, einen Film über Anastasia zu drehen. Ich sah das schon fast als selbstverständlich an.

Ich fasste die Bilder und die Seiten mit den Gedichten an, schaute mir Szenen aus dem Film an und versuchte zu verstehen, was da geschah.

Ein Moskauer Forschungszentrum, das sich mit dem Phänomen Anastasia befasste, kam zu folgendem Schluss: «Keiner der großen geistigen Lehrer, die durch ihre religiösen Lehren sowie durch ihre philosophische und wissenschaftliche Suche weltbekannt sind, hat so schnell Einfluss auf die Menschen gewonnen wie Anastasia. Die Lehren jener Meister haben sich nämlich erst im Laufe der Jahrhunderte und Jahrtausende spürbar auf das Leben der Menschen ausgewirkt. Anastasia hingegen, die noch nicht einmal Moralpredigten hält oder Glaubenstraktate verfasst, ist es in nur wenigen Tagen oder Monaten auf unerklärliche Weise gelungen, direkt bis zu den menschlichen Gefühlen durchzudringen und emotionelle und schöpferische Schübe zu bewirken, die sich dann in konkreten Werken verschiedener Menschen manifestieren, mit denen sie mental in Kontakt steht. Das Ergebnis können wir dann als Kunstwerke und als begeistertes Streben nach dem Lichten und Guten wahrnehmen.»

Wie gelingt es dieser Einsiedlerin, an einem weit entlegenen Ort der Taiga zu leben und gleichzeitig gewissermaßen über unserem realen Lebensraum zu schweben? Wie manifestiert sie durch die Hände anderer Menschen all jene Schöpfungen, die dem Licht, dem Guten, Russland, der Natur und der Liebe gewidmet sind?

«Sie wird die Welt mit der hohen Poesie der Liebe überschütten. Wie ein Frühlingsregen werden Gedichte und Lieder unsere Erde von dem angesammelten Schmutz reinwaschen», hatte Anastasias Großvater gesagt.

«Aber wie wird sie das tun?», fragte ich ihn.

Die Antwort lautete: «Mit dem Elan ihrer eigenen Energie verbreitet sie Eingebung und Erleuchtung, und die treibende Kraft dabei ist ihr Traum.»

«Was für eine Kraft verbirgt sich in ihrem Traum?»

«Die Kraft eines Schöpfermenschen.»

«Aber für seine Kreationen sollte man doch belohnt werden – in Form von Auszeichnungen, Geld und Ehrentiteln! Sie aber tut alles zum Nutzen anderer, ohne etwas dafür zu wollen. Warum?»

«Sie ist eben selbstgenügsam. Ihre innere Genugtuung und die aufrichtige Liebe eines einzigen Menschen sind für sie die höchsten Auszeichnungen», sagte Anastasias Großvater.

Diese Antworten habe ich bis heute noch nicht ganz verstanden. Ich versuchte, mehr über das Wesen Anastasias zu erfahren, und ich wollte Klarheit in meiner Beziehung zu ihr finden. Folglich hörte ich mir verschiedene Meinungen über sie an und las eine Menge geistiger Literatur. In nur eineinhalb Jahren verschlang ich mehr Bücher als in meinem gesamten vorherigen Leben. Und was ist dabei herausgekommen? Für mich selbst bin ich nur zu einer unumstößlichen Schlussfolgerung gekommen: In vielen schlauen Büchern, die für sich historische Authentizität, Spiritualität und das Streben nach Wahrheit beanspruchen, sind falsche Angaben enthalten.

Zu diesem Schluss bin ich im Zusammenhang mit der Geschichte Grigori Rasputins gekommen.

Im ersten Band über Anastasia zitierte ich einen Satz aus dem historischen Roman Bis zur äußersten Grenze von W. Pikul.

In diesem Roman wird erzählt, wie ein einfacher Bauer, der kaum lesen und schreiben konnte, im Jahre 1907 aus einem entlegenen sibirischen Dorf, einer Gegend, wo die sibirische Zeder wächst, in die russische Hauptstadt kam. Mit seinen Wahrsagungen beeindruckte er die Zarenfamilie, verschaffte sich freien Zutritt zum Zarenhof und schlief mit zahlreichen vornehmen Damen. Bei seiner Ermordung waren alle Anwesenden äußert erstaunt, als er nach der Einnahme von Zyankali, das ihm heimlich ins Glas geschüttet worden war, den Tisch verlassen konnte und auf den Hof der Villa gelangte. Dann schoss Fürst Jussupow aus unmittelbarer Nähe auf den wankenden Rasputin. Von Kugeln durchlöchert, machte dieser seinen Feinden jedoch immer noch nicht den Gefallen zu sterben. Sein verwundeter Körper wurde von einer Brücke ins Wasser geworfen, später wieder herausgefischt und schließlich verbrannt.

Der geheimnisumwitterte, mystische Grigori Rasputin, der alle durch seine unglaubliche Widerstandskraft erstaunte, war im Land der Zedern aufgewachsen. Zeitgenössische Journalisten beschrieben seine Bärenkräfte wie folgt:

«Mit fünfzig Jahren konnte er mittags eine Sexorgie mit Zechgelage beginnen und bis vier Uhr nachts durchmachen. Im Anschluss daran besuchte er den Morgengottesdienst, betete und blieb so bis acht Uhr morgens auf den Beinen. Dann ging er nach Hause, wo er Tee trank und bis vierzehn Uhr Besucher empfing, als ob nichts geschehen wäre. Darauf suchte er sich ein paar Damen aus und ging mit ihnen ins Dampfbad. Schließlich fuhr er in ein Restaurant außerhalb der Stadt, und alles ging wieder von vorn los. Ein normaler Mensch könnte einen solchen Tagesablauf nicht durchstehen.»

Wie viele andere hatte auch ich Grigori Rasputin wegen dieser und ähnlicher Aussagen immer für einen ausschweifenden Lebemann gehalten. Doch wie es das Schicksal so wollte, erhielt ich andere Informationen, die mich nachdenklich stimmten.

Papst Johannes XXIII. schrieb über Grigori: «Heute ist der nie gefundene Körper des heiligen Mönches unversehrt aus dem Fluss aufgetaucht. Und seine heimlichen Söhne gehen zum Gebet in die Kirche.»

Was hat das nun zu bedeuten? Einerseits wird er als schlimmer Wüstling beschrieben, andererseits als heiliger Mönch. Was ist nun wahr und was falsch?

Außerdem fiel mir ein Text aus Grigori Rasputins Notizen in die Hände, die er während seines Aufenthalts im Heiligen Land geschrieben hatte (ein Flüchtling aus der Sowjetunion namens Lobatschewski hatte sie nach Paris gebracht). Der Text hatte folgenden Wortlaut:

«Wie leicht tröstet uns die See! Wenn wir morgens aufstehen, können wir uns am Rauschen der Wogen und an der Brandung erfreuen. Die Strahlen der aufgehenden Sonne spiegeln sich glitzernd auf dem Wasser. In einem solchen Moment vergisst die Menschenseele die gesamte Menschheit; man sieht nur noch den Glanz der Sonne. Im Herzen flammt ein Feuer der Wonne auf, und die Seele liest im Buch der Weisheit des Lebens. Welch unvergleichliche Schönheit! Das Meer erweckt uns aus dem Schlaf der Nichtigkeiten, eine Flut von Gedanken wird frei, und das ohne jede Anstrengung!

Das Meer ist weit, doch weiter noch ist der menschliche Geist. Die menschliche Weisheit ist grenzenlos, und selbst für die größten Philosophen ist sie letztlich nicht erfassbar.

Es gibt noch einen anderen äußerst schönen Anblick, und das ist der Sonnenuntergang, wenn die Sonne im Meer versinkt und es mit ihren Strahlen erhellt. Wer kann die Vortrefflichkeit dieser leuchtenden Strahlen ermessen, die die Seele wärmen und liebkosen und ihr heilsamen Trost spenden? Die Sonne versinkt mit jeder Minute weiter hinter den Bergen, und die Menschenseele trauert den wunderschön glitzernden Strahlen eine Zeit lang nach … es dämmert.

Oh, wie still es wird … nicht einmal eine Vogelstimme ist zu vernehmen. Nachdenklich geht man auf dem Deck hin und her, erinnert sich unwillkürlich an die Kindheit und dann wieder an die Hetze des Lebens und vergleicht die damalige Ruhe mit der heutigen Hast der eitlen Welt. Man spricht leise mit sich selbst und wünscht sich jemanden, mit dem man die Langeweile vertreiben könnte, die einem von Feinden auferlegt wurde …»

Wer warst du also, du sibirischer Russe namens Grigori Rasputin? Was ist wahr und was unwahr von alledem, was über dich geschrieben wurde? Wie kann man diese Fragen klären? Worauf kann man sich bei Überlegungen zum Sinn des Daseins und seiner Bestimmung stützen? Mit wessen Hilfe und anhand welcher großen literarischen Werke kann man zwischen Wahrheit und Trug unterscheiden? Wo ist wahre Spiritualität und wo der bloße Anspruch auf Allwissenheit? Vielleicht soll man dabei auf das eigene Herz hören?

Ich habe in meinem Leben bisher keine Gedichte geschrieben, aber dir, Grigori Rasputin, will ich nun meine ersten eigenen Verse widmen.

Für Grigori Rasputin

Im Lesen und Schreiben kannt’ er sich kaum aus – sei’s drum!

Im Walde der Zedern, da war er zu Haus. Na und?

Barfuß – nun ja, von Sibirien ist’s weit.

Ein Paar Schuh hätten eh nicht gereicht.

«Zum Zaren ging ich, denn der alte Herr

Sollte noch leben ein paar Jahre mehr.

Zu Mütterchen Russland, denn es ist krank,

Braucht dringend ein Schlückchen Wundertrank.

Husaren – wilde Draufgänger und hartgesott’ne Zecher?

Verführer, Schlemmer, Wüstlinge und kühne Herzensbrecher?

Dass ich nicht lache, liebe Leut – fürwahr ein müdes Pack!

Seht, wie ich’s mache, allemal steck ich sie in den Sack!»

In Petersburg, da findet man Paris-Mode adrett,

Die Herzen aber einzuschnür’n schafft nicht mal ein Korsett.

Die noblen Damen werden schwach und fangen an zu zittern

Beim Anblick des Sibiriers: kein Grund mehr, zu verbittern.

Einst ging er morgens zum Gebet –

Zum Beichten jedoch nicht –,

Da flüstert leis Sie ihm ins Ohr,

Sie hätt’ nur einen Wunsch, und spricht:

«Geh!

Rasend, brüllend, gnadenlos: die Zeit rafft jeden hin.

Du konntest ihr bisher entgehn ob deiner Seele Kraft,

Doch bleibst du, ist’s um dich geschehn, drum rat ich dir:

Geh!

Nicht lange hältst du sie mehr auf,

Die Flut der Grausamkeit.

Bin Mütterchen Russland! Was macht mir das aus?

Vorbei ist deine Zeit.

Geh du in deinen Zedernwald, ich komm allein zurecht!

Später magst du betrachten mich als deiner Wünsche Knecht.»

«Ach, wie gerne würd’ ich jetzt ins Bad, und zwar mit dir!

Mit Birkenruten schlüg’ ich dich, mit Fichtenzweigen auch,*

Und triebe alle Unreinheit aus deinem Körper aus.

Drum, armes Russland, geh ich nicht, sondern ich bleibe hier.»

Das Zeitenmonster geifert irr, schlingt gierig, was es kann,

Auch Grischka** wird von ihm erwischt, am Ende ist er dran.

Die Kugeln dringen in sein Herz, das Monster fauchet laut:

«Runter mit dir, Sibirier, auf die Knie und schlucke Staub!

Nur noch ganz kurz hältst du es durch, dann wirst du mir erliegen,

Denn meine Macht ist grenzenlos, und bald bist du verschieden,

Und dann, das sag ich dir, hör zu, sollst eine Straf du kriegen,

Wie sie noch keiner je gekannt auf dieser Erd hienieden.

Ein Held bist du – jetzt vielleicht noch –, ein Dummkopf wirst du sein,

Auf Giftflaschen prangt dann dein Bild – haha, ist das nicht fein?

Die gleichen Menschen, die du einst mit Müh gerettet hast,

Werden auf deine Seele spucken dann, mach dich darauf gefasst!

Krieche, du Wurm, bete mich an, zu Füßen liegt mir die Welt!

Nein? – Bitteschön, so fliege doch empor zum Himmelszelt!

Einen Moment nur lebst du noch, ich hoff, das ist dir klar?

Einen Moment nur gib mir noch, dann mache ich es wahr!»

«Ach, säße ich im Bade nur bei einem Kruge Wein,

Ich würd’ es dir schon zeigen, niemals kriegtest du mich, nein!

Sibirier, so nennst du mich – wisse, ich bin ein Mann.

Was bettelst also, armer Tor, du flehentlich mich an?»

Erschossen wurde er, ertränkt, versenkt unter dem Eise,

Im eignen Sarge dann verbrannt auf tugendlose Weise,

Doch seine Asche nahm der Wind des Frühlings, und noch heut

Trägt er sie fort über das Land der Russen, weit verstreut.

«Sag an», fuhr da die Dunkelheit ihn zähneknirschend an,

«Wo ist dein Grab, wo dein Gesicht, o ehrenwerter Mann?

Die längste Zeit hast du gelebt, ich werd dir alles nehmen,

Was für die Nachwelt von dir bleibt, ist nur ein dunkler Schemen.

So präsentier doch ihnen sie – die Macht gebe ich dir –,

die unbeglichnen Rechnungen, die man dir schuldet hier!

Ruhm, Achtung, Ansehn und Respekt, die dir hier niemand zollt,

Zum Heulen, nicht? Das hättest sicher anders du gewollt!»

Doch Grischka lächelte nur müd und spuckte blaue Bohnen:

«Du dummer Satan, ach, was soll’s – heulen oder entlohnen?

Auf, Männer, höret her, wie wär’s mit einem frischen Bade?

Versäumet nicht den nächsten Tanz, das wäre doch zu schade!»

Grigori Rasputin ist aus den Zedernwäldern in das vorrevolutionäre Russland gekommen, bestrebt, die Revolution zu verhindern, doch er ist dabei umgekommen.

Auch Anastasia lebt in den Zedernwäldern und versucht, den Menschen Gutes zu tun und drohendes Unheil zu verhindern. Was für ein Los hat sie von unserer Gesellschaft zu erwarten?

In russischen Dampfbädern ist es Sitte, sich gegenseitig mit Ruten zu bearbeiten. So können mehr Unreinheiten aus den Poren austreten. (Anmerkung des Übersetzers)

Kosename für Grigori. (Anmerkung des Übersetzers)

2

Die Geldmaschine

In den ersten Tagen meiner Bekanntschaft mit Anastasia war sie für mich eine Einsiedlerin mit einer sehr eigentümlichen Weltanschauung. Jetzt aber, nachdem ich so viel über sie gehört und gelesen habe, und nach ihren Eingriffen in unser Leben sehe ich in ihr etwas Außergewöhnliches. Mir schwirrte allmählich der Kopf. Ich bemühte mich, der zunehmenden Flut von Informationen und Schlussfolgerungen zu widerstehen und die Klarheit der ersten Eindrücke wiederherzustellen.

Oft werde ich gefragt: «Warum hast du Anastasia nicht aus der Taiga fortgebracht?» Genau das war in der Tat mein Wunsch gewesen, mir war aber klar, dass ich sie unmöglich dazu zwingen konnte. Ich musste versuchen, ihr den Zweck und den Nutzen ihres Aufenthaltes in unserer Gesellschaft vor Augen zu führen. Also überlegte ich, welche ihrer Fähigkeiten man zu ihrem eigenen Vorteil, zum Nutzen der Menschen und zum Gewinn meiner Firma verwenden könnte. Und plötzlich kam mir eine Idee: Meine Anastasia, so wie sie vor mir stand, ist eine regelrechte Geldmaschine.

Dank ihrer Fähigkeiten ist sie problemlos in der Lage, die Menschen von allen möglichen Krankheiten zu heilen. Dabei braucht sie keine Diagnose zu stellen – sie treibt einfach alle Krankheiten aus, die sich angesammelt haben. Sie berührt dabei nicht einmal den Körper. Ich habe das am eigenen Leib erfahren.

Sie konzentrierte sich völlig, sah mich unverwandt mit ihren gütigen, graublauen Augen an – ohne zu blinzeln. Durch diesen Blick wurde mein ganzer Körper erwärmt, meine Füße begannen mächtig zu schwitzen, und mit dem Schweiß traten alle Toxine aus meinem Körper.

Die Leute zahlen so viel Geld für Medikamente und Operationen. Wenn ein Arzt nicht helfen kann, gehen sie zu einem anderen, dann zu einem Heiler oder einem Bioenergietherapeuten, und das alles wegen einer einzigen Krankheit. Die Behandlung kann sich über Wochen, Monate oder sogar Jahre hinziehen, bei Anastasia hingegen dauert das Ganze nur ein paar Minuten.

Ich rechnete nach: Selbst wenn sie für einen Patienten fünfzehn Minuten braucht und dafür 10 Dollar nimmt (manche Heiler verlangen auch mehr), dann verdient sie in einer Stunde 40 Dollar. Aber die Grenzen sind nach oben hin offen. Es gibt Operationen, die 10 000 Dollar und mehr kosten.

In meinem Kopf schien ein guter geschäftlicher Plan heranzureifen. Ich wollte ein paar Details klären und fragte daher Anastasia: «Du kannst also jede beliebige Erkrankung aus dem Körper austreiben?»

«Ja», antwortete Anastasia, «ich glaube, schon.»

«Wie viel Zeit brauchst du, um einen Kranken zu heilen?»

«Manchmal dauert es sehr lange.»

«Wie lange?»

«Einmal hat es über zehn Minuten gedauert.»

«Zehn Minuten sind gar nichts! Manche Leute brauchen Jahre, um gesund zu werden.»

«Zehn Minuten sind eine Menge, wenn man bedenkt, dass ich mich in dieser Zeit voll konzentrieren und mein Denken abschalten muss.»

«Macht nichts. Das Denken kann ruhig warten. Du weißt auch so sehr viel. Mir ist da eine Idee gekommen, Anastasia.»

«Was für eine Idee?»

«Ich nehme dich mit. Wir gehen in eine Großstadt, und dort werde ich für dich eine ordentliche Praxis mieten. Ich mache Werbung, und du wirst Kranke heilen. So tust du den Menschen Gutes, und wir werden ein schönes Einkommen haben.»

«Aber ich heile doch bereits Menschen. Wenn ich durch meine Geistarbeit den Kleingärtnern helfe, das sie umgebende Pflanzenreich besser zu verstehen, treibt mein Strahl ihre Krankheiten aus. Ich achte aber darauf, dass nicht alle …»

«Sie wissen aber gar nicht, dass du das tust. Du bekommst keinen Lohn, und man bedankt sich noch nicht einmal bei dir. Nichts bekommst du für deine Arbeit.»

«Doch.»

«Was denn?»

«Es macht mir Freude.»

«Kein Problem. Deinen Spaß sollst du ja haben – und gleichzeitig rollt der Rubel.»

«Und wenn jemand nicht genug Geld hat, für die Behandlung zu zahlen?»

«Was kümmert dich solcher Kleinkram? Du solltest dir darum keine Gedanken machen. Du wirst Sekretäre haben und einen Manager. Du sollst dich nur um die Heilung der Patienten kümmern, dich weiterbilden, Seminare besuchen und Erfahrungen austauschen. Verstehst du die Art und Weise, wie dein Strahl funktioniert und welche Mechanismen dabei wirken?»

«Ja. Aber auch in eurer Welt ist diese Methode bekannt. Ärzte und Wissenschaftler wissen von ihr oder kennen ihre wohltuende Wirkung. In Krankenhäusern bemüht man sich, mit den Patienten zu sprechen und sie aufzumuntern, damit sich ihre Stimmung bessert. Die Ärzte haben schon längst bemerkt, dass ein Patient in depressiver Stimmung schwer zu heilen ist. Die Medikamente helfen dann kaum. Behandelt man ihn aber liebevoll, wird er schneller genesen.»

«Warum beschäftigt sich dann niemand damit, diese Heilmethode weiterzuentwickeln, bis sie so funktioniert wie bei dir?»

«Viele Wissenschaftler beschäftigen sich damit. Auch bestimmte Volksheiler wenden diese Methode an, mit mehr oder weniger Erfolg. Jesus Christus und die Heiligen haben ebenfalls so geheilt. In der Bibel ist viel von der Liebe die Rede; denn dieses Gefühl hat eine sehr wohltuende Wirkung auf die Menschen. Es wirkt am stärksten.»

«Warum wirkt es bei den Ärzten und Heilern so schwach und bei dir so direkt und so stark?»

«Weil sie in eurer Welt leben, und wie alle in eurer Welt sind auch sie verderblichen Gefühlen unterworfen.»

«Was sind das für verderbliche Gefühle, und was haben sie damit zu tun?»

«Zorn, Hass, Ärger, Eifersucht, Neid … und noch ein paar andere mehr. Sie alle rauben dem Menschen die Kraft.»

«Und du, Anastasia, ärgerst du dich selten?»

«Ich ärgere mich nie.»

«Na gut, Anastasia. Eigentlich kommt es aber nicht darauf an, wie der Effekt erzielt wird, sondern auf das Ergebnis und den Nutzen, den man daraus ziehen kann. Sag, bist du einverstanden, mit mir zu fahren, um Menschen zu heilen?»

«Wladimir, mein Zuhause und meine Heimat sind hier. Nur wenn ich hier bleibe, kann ich meine Bestimmung erfüllen. Nichts verleiht dem Menschen so viel Kraft wie die Heimat und ein Umfeld der Liebe, geschaffen von seinen Eltern. Ich kann den Menschen auch von hier aus helfen und sie aus der Ferne von ihren physischen Gebrechen befreien – mithilfe meines Strahls.»

«Na gut, wenn du nicht mitkommen willst, dann heile eben aus der Ferne. Wir können ja einen Ort vereinbaren, wohin diejenigen kommen sollen, die geheilt werden wollen. Sie werden zahlen, und du wirst sie zu einem bestimmten Zeitpunkt heilen. Wir werden einen Zeitplan aufstellen. Einverstanden?»

«Wladimir, ich weiß, du hast den Wunsch, viel Geld zu haben. Das sollst du auch bekommen, und ich werde dir dabei helfen – nur nicht auf diese Weise. In eurer Welt wird die Behandlung bezahlt, anders geht es nicht. Ich aber werde das lieber unentgeltlich tun. Außerdem kann ich nicht alle nacheinander behandeln, denn ich weiß nicht, in welchen Fällen die Heilung von Nutzen ist und in welchen sie schadet …»

«Blödsinn! Wie kann Heilung jemandem schaden? Oder meinst du, sie könnte dir schaden?»

«Nein, nein. Die Heilung physischer Krankheiten schadet oft dem Geheilten selbst.»

«Anastasia, du philosophierst zu viel. Deshalb haben sich deine Vorstellungen von gut und schlecht ins Gegenteil verkehrt. Die Ärzte werden in unserer Gesellschaft seit jeher geachtet, obwohl sie nicht unentgeltlich arbeiten. Du verweist doch so oft auf die Bibel, und auch darin wird das Heilen nicht getadelt. Schlag dir diese Zweifel ein für allemal aus dem Kopf. Es ist immer gut, einen Menschen zu heilen!»

«Sieh mal, Wladimir, ich habe das selbst erlebt. Großvater hat mir an einem Beispiel gezeigt, welchen Schaden eine Heilung anrichten kann, wenn sie nicht gut durchdacht ist und wenn der Kranke nicht am Heilungsprozess beteiligt ist.»

«Welch seltsame Philosophie ihr doch habt! Ich schlage dir ein gemeinsames Geschäft vor, und du kommst mir mit Beispielen daher. Was soll das?»

3

Geheilt – aber um welchen Preis!

«Einmal sah ich mit meinem Strahl eine alte, einsame Frau, die in ihrem Garten arbeitete. Sie war rüstig, schlank und immer guten Mutes und erregte sogleich meine Aufmerksamkeit. Ihr Garten war sehr klein, aber es gab eine Menge Pflanzen, die dort gediehen, weil sie alles mit Liebe tat. Dann sah ich, dass die Alte die Ernte in einem Körbchen zu belebten Orten brachte, um sie zu verkaufen. Von den ersten Früchten, die bei euch teuer sind, aß sie kaum selber etwas, sondern verkaufte sie. Sie brauchte das Geld, um ihrem Sohn zu helfen. Sie hatte ihn spät geboren und war unverheiratet geblieben. Die Verwandten wollten nichts von ihr wissen. Der Sohn konnte als Kind gut malen, und es war seither ihr Traum gewesen, dass er einmal Kunstmaler werde. Er bewarb sich an verschiedenen Hochschulen. Endlich wurde er aufgenommen. Zweimal im Jahr besuchte er seine alte Mutter. Für sie war das jedes Mal eine Riesenfreude, und für seine Ankunft sparte sie immer Geld und Lebensmittel. Sie machte Gemüse aus ihrem Garten ein und gab ihm alle Einweckgläser mit.

Sie liebte ihn über alles und träumte davon, dass er ein guter Maler wird. Sie lebte von diesem Traum. Die Alte war herzensgut und lebensfroh. Dann beobachtete ich sie eine Zeitlang nicht mehr. Als ich sie das nächste Mal sah, war sie sehr krank. Es fiel ihr schwer, sich bei der Arbeit im Garten zu bücken. Jedes Mal durchfuhr sie dabei ein heftiger Schmerz. Doch sie erwies sich als sehr erfinderisch. Sie legte lange, schmale Beete an und jätete Unkraut, indem sie sich auf der Sitzfläche eines ausgedienten Schemels zwischen den Beeten langsam vorwärtsbewegte. Dabei zog sie einen Korb an einer Schnur hinter sich her. Sie freute sich auf ihre Ernte, und das zu Recht, denn das Gemüse gedieh prächtig. Die Pflanzen spürten die Anwesenheit der Frau und reagierten entsprechend.

Die Alte wusste, dass sie bald sterben musste, und um ihren Sohn vor Schwierigkeiten zu bewahren, hatte sie sich im Voraus einen Sarg und einen Kranz besorgt sowie alle anderen Vorbereitungen für ihre eigene Beerdigung selbst getroffen. Aber vor ihrem Tod wollte sie noch die Ernte einbringen und Wintervorräte für ihren Sohn anlegen. Ich habe mir damals nicht überlegt, wie es angehen konnte, dass sie trotz ihres engen Kontaktes mit den Pflanzen ihres Gartens so krank wurde. Ich dachte, es läge vielleicht daran, dass sie kaum etwas von den Früchten selber aß. Stattdessen verkaufte sie sie und erwarb sich von dem Erlös billige Ware.

Ich beschloss also, ihr zu helfen, und als sie sich einmal schlafen gelegt hatte, begann ich sie mit meinem Strahl zu erwärmen und die Krankheiten aus ihrem Körper auszutreiben. Ich bemerkte einen Widerstand gegen den Strahl, machte aber weiter. So dauerte es mehr als zehn Minuten, bis ich mein Ziel erreichte und sie geheilt war.

Später kam Großvater. Ich erzählte ihm von der Alten und fragte ihn, was es mit dem Widerstand gegen den Strahl auf sich hatte. Er überlegte eine Weile und sagte schließlich, ich hätte etwas Schlechtes getan. Damit hatte ich nicht gerechnet, und etwas enttäuscht bat ich Großvater, mir das zu erklären. Er schwieg zuerst, dann sagte er: ‹Ihren Körper hast du geheilt …›»

«… und ihrer Seele sollst du etwas angetan haben? Meinte er das so?»

Anastasia seufzte und fuhr fort: «Die Frau starb nicht. Sie wurde wieder gesund. Dann kam der Sohn zu Besuch – etwas früher als gewöhnlich. Er blieb nur für zwei Tage und teilte ihr mit, er habe das Studium aufgegeben, da er keinen Wunsch mehr habe, Maler zu werden. Er habe geheiratet und gehe jetzt einer anderen Beschäftigung nach. Von nun an werde er genügend Geld haben. Sie solle künftig keine Einmachgläser mehr für ihn vorbereiten, denn der Transport sei teurer geworden. ‹Sorge dich lieber um deine eigene Ernährung, Mutter›, sagte er. So fuhr er fort, ohne etwas mitzunehmen.

Die Alte saß am nächsten Morgen vor dem Haus und sah sich ihr Gärtlein an – Leere, Trauer und Resignation standen in ihren Augen. Stell dir vor: ein gesunder Körper, aber kein Leben mehr darin. Ich sah, ja ich fühlte die furchtbare Leere und die Ausdruckslosigkeit in ihrer Seele.