Angst im Systemwechsel - Die Psychologie der Coronazeit - Jürgen Wächter - E-Book

Angst im Systemwechsel - Die Psychologie der Coronazeit E-Book

Jürgen Wächter

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Beschreibung

Von jeher gehören Ängste verschiedenster Art zum Leben. Der Umgang der einzelnen Lebewesen mit diesen ist dabei äußerst unterschiedlich. Besonders in der Coronazeit nehmen die Ängste unter den Menschen zu, sei es z. B. die Angst, zu erkranken oder im Zuge der angeordneten Maßnahmen Job oder Existenz zu verlieren. Teils führen auch widersprüchliche Meldungen der Medien zu Verunsicherungen unter den Menschen. Wichtig ist es, aus der Angst herauszufinden. Dazu werden im vorliegenden Werk Wege gewiesen. Letztendlich wird gezeigt, wie die Menschen zu innerer Stärke finden und helfen können, die Chance aus der Krise zu nutzen, um den Weg in eine Zukunft zu finden, in der die Gesellschaft wachsen und reifen kann.

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Seitenzahl: 540

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Inhalt

Impressum 4

Vorwort 5

Haftungsausschluss 13

1. Die Zeit der Angst 15

2. Der Sinn der Angst und ihre drei Überlebensstrategien 23

2.1 Flucht 27

2.2 Angriff 33

2.3 Erstarrung 36

3. Angst ohne den Leoparden 42

4. Die vier Grundformen der sozialen Ängste 59

4.1 Die Zwanghafte Persönlichkeit 62

4.2 Die Histrionische Persönlichkeit 68

4.3 Die Depressive Persönlichkeit 73

4.4 Die Schizoide Persönlichkeit 78

5. Wenn die Angst chronisch wird 82

6. Psychologie der Massen 89

7. Wie erzeugt man Angst und Unterordnung? 104

7.1 Isolation 106

7.2 Monopolisierung der Wahrnehmung 108

7.3 Schwächung 126

7.4 Bedrohung 127

7.5 Gelegentliche wahllose Nachsicht 132

7.6. Demonstration der Allmacht 133

7.7 Erniedrigung, Entmenschlichung 137

7.8 Erzwingung trivialer Forderungen 140

8. Die Helfershelfer 147

8.1 Medien 147

8.2 Verwaltungen 151

8.3 Polizei 157

8.4 Justiz 164

8.5 Schule 168

8.6 Kirchen 185

8.7 Ärzte 188

9. Die Krieger des Lichts 206

10. Die drei Wege der Heilung 221

10.1 Informationen 222

10.2 Psychotherapien 272

10.3 Ich-Stärke aufbauen 275

11. Weltsystemwechsel 305

11.1 Eine kranke Welt 305

11.2 Stellung halten bis zur totalen Vernichtung 323

12. Wie gewinnen wir Demokratie, Freiheit und Rechtsstaat zurück? 358

13. Wie könnte unsere Zukunft aussehen? 369

13.1 Ökologische Krise 370

13.2 Soziale Krise 371

13.3 Spirituelle Krise 375

13.4 Führungskrise 379

14. Nachwort 391

15. Literatur 393

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2022 novum publishing

ISBN Printausgabe: 978-3-99131-166-9

ISBN e-book: 978-3-99131-167-6

Lektorat: Marie Schulz-Jungkenn

Umschlagfoto: Martinmark | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

Innenabbildungen: Jürgen Wächter; RKI; kurzelinks.de; aerzte-fuer-aufklaerung.de

www.novumverlag.com

Vorwort

„Die ganze Welt ist voll armer Teufel, denen mehr oder weniger angst ist.“

Johann Wolfgang von Goethe,

Dichter und Naturwissenschaftler (1749–1832).1

„Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“

Friedrich Hölderlin, Lyriker (1770–1843).2

Silvester 2019 hatten wir zwar gute Vorsätze für das neue Jahr, doch dass wir zusammen ein neues Buch schreiben würden, das wussten wir nicht. Corona kannten wir nur als lateinisches Wort für Krone und als Sonnencorona. Das Virus war uns völlig unbekannt. Und hätte man uns da erzählt, was 2020 und 2021 alles geschehen würde, wir hätten vermutet, dass der Erzähler an diesem Festtag zu tief ins Glas geschaut hat. Es sollte alles ganz anders kommen. Das Coronathema beherrscht seit März 2020 die Welt und führt zu Leid, Tod, Unterdrückung und dem Verlust von Menschen- und Grundrechten. Warum geschieht das eigentlich alles? Was ist mit den Menschen los? Geht es nur um ein Virus?

Ich, Leonard Wächter, sehe mich nicht als Corona-Leugner, Verschwörungstheoretiker oder Covidiot. Ich bin weder links noch rechts, ganz im Gegenteil war ich politisch bisher nicht aktiv interessiert. Ich bin nicht gewalttätig, nicht radikal, nicht konfliktinteressiert. Was ich bin? Ich bin Student der Biologie und der Historik, der die Wissenschaft genauso wie die Demokratie liebt.

Ich wünsche mir eine Gesellschaft der individuellen Freiheit, eine basisdemokratische Grundordnung, eine Gesellschaft der Liebe, des gegenseitigen Verständnisses und der freien Meinungsäußerung. Die letzten Monate haben mich schmerzlich erkennen lassen, dass die deutschen Staaten eine solche Ordnung nicht mehr besitzen. Aus diesem Grund sehe ich es als meine Pflicht an, meine Meinung, ohne den Glauben, sie sei die einzig richtige, zu äußern und über die regierungstreuen Leitmedien hinaus möglichst viele Menschen aufzuklären und zum eigenständigen Denken anzuregen.

Genau zu diesem Zweck dient dieses Buch. Wissenschaftliche Fakten zu vermitteln, die helfen können, sich selbst zu reflektieren, die eigenen Ängste abzubauen und eine eigene Ich-Stabilität abseits der medialen Panikmache zu erwerben. Dabei möchten wir niemanden diskriminieren, verletzen oder beleidigen, sondern ausschließlich zum allgemeinen Nachdenken anregen.

Ich, Dr. Jürgen Wächter, bin Historiker und habe mich mit der Umwelt- und Wissenschaftsgeschichte sowie der Psychologie beschäftigt. Außerdem habe ich ein Studium der Politikwissenschaft und einen Abschluss als Diplomverwaltungswirt und bin Bryologe, also auch Naturwissenschaftler. Alles sehr unterschiedliche Dinge. Dass sich all diese verschiedenen Interessen mal zusammenfinden würden, ahnte ich nicht. Doch „überall geht ein frühes Ahnen dem späteren Wissen voraus“, wusste schon Alexander von Humboldt, der große Naturforscher (1769–1859). Was ich so seit Langem schon mehr spürte als wusste, war, dass in unserer Politik etwas nicht mehr richtig läuft, und das schon seit vielen Jahren. Anfangs dachte ich, das ließe sich reformieren. So ließ ich mich in einen Stadtrat wählen und war dort für die CDU und dann die Grünen tätig. Damals lief es auf der Kommunalebene noch ganz gut, da es mehr um die praktischen Dinge vor Ort ging. Ideologien brauchte man dort nicht.

Trotz dieser politischen Praxis und meiner theoretischen Kenntnisse der Politikwissenschaft bekam ich den wirklichen Blick hinter die Kulissen der tatsächlichen politischen Prozeduren erst, als ich zum Bundestagskandidaten für die Wahlen 2016 ausgeguckt worden war. Nun bekam ich Kontakt mit der Landes- und Bundespolitik. Und was ich dort sah, war erschütternd. Die Bürger und deren Wille interessierten gar nicht. Stattdessen ging es um Ideologien und insbesondere um Posten. Die eigene politisch-gesellschaftliche Ideologie sollte die allein Glückseligmachende sein. Sich mit den anderen Parteien und ihren Programmen auseinanderzusetzen, die Argumente abzuwägen und dann evtl. die eigenen Glaubenssätze zu hinterfragen, abzuwandeln oder eine Synthese zu erreichen? Fehlanzeige. Das eigene Denken war richtig, die anderen lagen immer falsch. Und bevor man sich mit deren Gedanken auseinandersetzte, war es doch viel einfacher, die Politiker anderer Parteien zu diskreditieren. So hatten es die Bürger gefälligst auch zu akzeptieren und das Kreuzchen an die richtige Stelle zu machen. Wer das nicht wollte, war ein Feind. Unerhört, dass die Bürger nicht tun, was die Politiker wollen. Die Bürger zu fragen, was sie eigentlich als Souverän von der Politik und den Parteien erwarten und wo ihre Nöte und Bedürfnisse liegen, das interessierte nicht. Und da unterschieden sich die Parteien nicht sonderlich voneinander.

Vielmehr interessierte es die mit Mandaten in Räten, Land- und Bundestag ausgestatteten Politiker, ihre gut bezahlten Posten bei der nächsten Wahl auch zu behalten. Dafür tat man alles. Das Geschacher um Listenplätze, Mandate und Jobs, wie ich es insbesondere auf einem Landes- und einem Bundesparteitag in Berlin erlebte, schockierte mich zutiefst. Wählst du mich, dann wähl ich dich auf den nächsten Listenplatz. Ist der Kandidat dafür geeignet? Egal. Hauptsache man zeigt Linientreue zur Partei. Die tatsächlichen Abstimmungen gerieten so zur Farce. Und vieles war schon vorher beschlossene Sache. So kreiste alles um sich selbst. Was die Bürger und Bürgerinnen wollten, was ihnen helfen könnte, interessierte nicht.

Da ich mich einem Verrat an den Bürgern nicht anschließen wollte, stellte ich in meinem Wahlkampf immer wieder klar: „Wir brauchen eine Politik für die Menschen“. Das kam unter den Wählern sehr gut an, sodass ich das zweitbeste Wahlergebnis der Partei im östlichen Westfalen errang, in der Partei gab man mir aber zu verstehen, dass so ein Alleingang nicht gewollt sei. Hier habe man linientreu zu sein und zu tun, was die Partei will, nicht was der Bürger will. Aus Protest trat ich aus der Partei aus und legte auch mein Ratsmandat nieder. Mein Gewissen galt mir mehr als die Aussicht auf Geld und Macht.

Diese Erfahrungen hatten mir einen kleinen Einblick gegeben, wie schmutzig Politik sein kann, dass die eigenen Interessen in den Parteien wichtiger sind als das Wohl der Bürger, dass der Abgeordnete nicht seinem Gewissen, sondern der Parteilinie zu folgen hat. Das, was ich theoretisch gelesen hatte, hatte ich nun in der Praxis bestätigt gefunden und erkannt: Die derzeitige Politik abseits von Moral, fern von den Menschen und geleitet von Eigennutz ist zutiefst undemokratisch und dient nicht mehr dem Wohl der Bürgerinnen und Bürger.

Mit dem deutschen Grundgesetz, den Verfassungen in Liechtenstein und Luxemburg und den Bundesverfassungen von Österreich und der Schweiz haben wir die besten Verfassungen, die wir je hatten. Sie sichern unsere Grundrechte und sollten unsere freiheitlich demokratische Grundordnung gewährleiten. Sie zu bewahren und zu erhalten, ist unsere wichtigste Aufgabe. Dennoch haben eine Reihe von Akteuren Mittel gefunden, unsere Verfassungen im politischen Leben zu umgehen und ihre eigenen Süppchen zu kochen, vorbei an den Menschen, hin zu ihren persönlichen Vorteilen. Dies zukünftig zu verhindern, ist dringend geboten. Doch von den derzeitigen Politikern und der politischen „Elite“ ist eine solche Reform nicht zu erwarten. Sie rühren weiter in ihrem Sumpf und streben nach Geld und Macht. Das ist wohl den meisten Wählern mittlerweile klar geworden.

Dass die Politik das Volk aber einmal so weit manipulieren würde wie 2020 und 2021, hätte ich nie für möglich gehalten. Manipulative und auf Angst setzende Systeme hatten wir bereits zweimal in der jüngeren deutschen Geschichte. Sie haben Unfreiheit, Leid, Not und Tod über die Menschen gebracht. Das darf niemals wieder geschehen. Doch wieder geht es in diese Richtung.

Mein Vater hatte bis zum Tode im hohen Alter an seinen Kriegstraumata zu leiden. Heftige Albträume begleiteten ihn mehrere Jahrzehnte und noch mit 90 Jahren weinte er über die bei den Nazis erlebten fürchterlichen Erlebnisse. Diese verbrecherische Hitlerclique ließ ihn sein Leben lang weiterleiden, auch als die Verbrecher selbst schon fast sechzig Jahre tot waren. Meine Mutter litt durch die Unterdrückungen an Borderline. Wir haben sie als Kinder weinen und leiden gesehen. Keine Politik, zu welchem Zweck auch immer, hat das Recht, die Menschen krank zu machen, weder physisch noch psychisch. Doch heute steigen die psychischen Erkrankungen wieder und sogar Kinder in den Schulen werden traumatisiert. Menschen sterben, weil sie sich nicht mehr in die Krankenhäuser trauen, oder begehen Suizid, weil sie Angst haben oder den Regierungen nicht mehr vertrauen. Menschen sollen ihr Antlitz unter Masken verbergen und sich bei bester Gesundheit auf Viren testen lassen. Massen werden arbeitslos oder insolvent, die Innenstädte veröden und in der Dritten Welt sterben Millionen Menschen durch die Folgen der „Anticoronamaßnahmen“, in erster Linie durch blanken Hunger. Was für Verbrechen werden bereits wieder an den Menschen begangen. Und die Superreichen werden dabei immer reicher.

Dass das so nicht weitergehen darf, ist wohl mittlerweile den meisten klar. Darum ist es Zeit, mit jedem legalen Mittel gegen die Unmenschlichkeiten auf unserem Planeten vorzugehen. Wir hoffen, alles geht friedlich ab. Wir sollten nicht eher ruhen, bis wir wieder freiheitliche demokratische Länder zurückerrungen haben, unsere Grundrechte wiederhergestellt und unsere Verfassungen auch tatsächlich wieder ihre Gültigkeit zurückerlangt haben

Widerstand allein ist jedoch nicht die wirkliche Lösung. Wir müssen vielmehr wissen, warum es politischen Kräften zum dritten Mal in einem Jahrhundert gelingen kann, die Menschen in Richtung totalitärer Regime zu verführen und zu leiten. Nur mit dem Wissen über die psychologischen Mechanismen können wir die derzeitige Krise lösen und verhindern, dass es ein viertes Mal geben kann. Der Schlüssel zur Erkenntnis ist Angst. Angst ist etwas sehr Mächtiges. Und Angst ist zum wesentlichen Element von Politik und Gesellschaft in den letzten Jahren geworden, was wir in Kapitel 1 näher darstellen. Insgesamt steht die Angst als psychologisches, gesellschaftliches und politisches Phänomen im Mittelpunkt dieses Buches.

Wir werden uns dazu in Kapitel 2 näher der Emotion der Angst widmen und hinterfragen, wofür diese eigentlich da ist und welche Formen der Angst es gibt, sowohl in realen Gefahrensituationen (Kapitel 2), in der menschlichen Erziehung (Kapitel 3), als auch im sozialen und gesellschaftlichen Umfeld (Kapitel 4). Besonders arg kann Angst sein, wenn sie chronisch wird (Kapitel 5) und sich nicht nur in einzelnen Personen, sondern in ganzen Gesellschaften ausbreitet (Kapitel 6). Wir werden dazu eine neue Definition der Angst vorstellen, die zeigt, warum die Masse der Menschen in der Angst gefangen ist.

Mit diesem Hintergrundwissen gerüstet, werden wir dann näheren Einblick gewinnen, welche entscheidende Rolle die Angst in der Coronazeit spielt. Denn Angst ist nichts, was nur einfach so in uns entsteht. Angst ist auch etwas, das sich gezielt schüren lässt. Dazu gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, meist in totalitären Regimen genutzt, wie Angst durch Regierungen als Herrschaftsinstrument eingesetzt werden kann (Kapitel 7). Wie schon mehrfach in der Geschichte wird die Gesellschaft dabei in zwei Lager gespalten. Auf der einen Seite die treuen und gehorsamen Helfershelfer der Regierungen (Kapitel 8) und auf der anderen die sich für Freiheit und Rechtsstaat einsetzenden mutigen Akteure (Kapitel 9).

Haben wir die Zusammenhänge der Angstverbreitung erkannt, können wir beginnen, unsere eigenen Ängste zu überwinden. Dazu stellen wir in Kapitel 10 drei Methoden vor, die jeder hinsichtlich Corona, aber auch für alle anderen kritischen Situationen des Lebens anwenden kann, um möglichst angstfrei Herausforderungen meistern zu können. Hierfür entwickeln wir ein Konzept der vier Intelligenzen, das neben der kognitiven (IQ) und der emotionalen Intelligenz (EQ) eine moralische (MQ) und eine psychologische Intelligenz (PQ) umfasst. Damit gerüstet, können wir das Handeln der Regierungen rein sachlich entschlüsseln und verstehen, ohne dass wir unser Denken durch Angstschüren mehr beeinflussen lassen.

In Kapitel 11 schauen wir uns an, was eigentlich hinter dieser beispiellosen Angstkampagne der Regierungen steht und warum es dazu kommen konnte. Dazu entwickeln wir die Theorie, dass sich die westliche Welt seit einigen Jahren immer mehr zu einer Borderline-Gesellschaft entwickelt, die nunmehr in eine politisch-ökonomisch-soziale Systemkrise gerät und sich dabei selbst zerstört. Mit Wissen und emotionalem Abstand kann es entwickelten Menschen jedoch gelingen, diesen Prozess zu stoppen und Strategien zu entwickeln, wie Demokratie, Freiheit und Rechtstaatlichkeit zurückgewonnen werden können (Kapitel 12).

Widerstand und Erkenntnis sind schön und gut. Aber es reicht nicht, etwas zu verstehen oder nur zu bekämpfen, wenn man nicht weiß, wohin der Weg eigentlich führen soll. Wir wollen daher auch überlegen, wie das gesellschaftliche, politische und finanzökonomische System nach der Überwindung der weltweiten Systemkrise umgestaltet werden könnte (Kapitel 13). Wir kommen hierauf am Ende des Buches zurück. Ein paar Stichworte seien dazu schon vorgemerkt: Liebe, Menschlichkeit, Moral, Mitgefühl, und Herzlichkeit sowie Achtung vor der Natur, dem Leben und der geistigen Welt in uns. Alles Gegenteile der Angst.

Wenn Regierungen durch Angstschüren als psychologische Waffe auch sehr mächtig werden können, gibt es also doch Möglichkeiten, den Ängsten psychologisch zu trotzen. Es hilft uns persönlich, wenn wir in dieser angstbefleckten Zeit Ängste verlieren, wenn wir uns stärken und einen psychologischen Entwicklungssprung hin zu mehr innerer Stärke, Selbstbewusstsein und Ich-Identität finden. Und haben viele Menschen das einmal erreicht, haben totalitär handelnde Politiker keine Chance mehr. Aber das müssen wir erst lernen und leben. Dazu gehört Wissen und Mut. Wir hoffen, beides mit diesem Buch fördern zu können. Lasst uns alle zusammen die Herausforderung dieser großen Krise annehmen. Am Ende werden Wahrheit und Freiheit siegen, und das allein zählt.

Wir haben uns bemüht, recht zahlreiche und vielfältige Quellen für dieses Buch heranzuziehen. Dabei haben wir uns nicht auf Bücher, Zeitungen, Regierungsmeldungen und Internetbeiträge beschränkt, sondern auch Aussagen von Betroffenen berücksichtigt. Das war insoweit nicht ganz einfach, als sich viele Menschen ins Private zurückziehen und sich nicht äußern wollen. Andere haben Angst, sich zu öffnen, weil sie nicht wissen, welchen Konsequenzen sie seitens ihrer Regierungen ausgesetzt sein würden, wenn sie ihre Meinung frei äußern. Es gibt jedoch eine Gruppe von Menschen, die in der Coronazeit in der Öffentlichkeit besonders den Emotionen der Mitmenschen ausgesetzt sind, nämlich diejenigen, die aus medizinischen Gründen keine Masken tragen dürfen. Sie erleben hautnah, wie sie angefeindet, denunziert, kontrolliert und schikaniert werden und wie Mitbürger, Ladenbesitzer und Verkaufspersonal emotional reagieren. Aus dieser Gruppe haben wir daher viele wichtige und hilfreiche Informationen bekommen; einige von ihnen sind in den Fußnoten namentlich genannt.

Wir bitten um Verständnis, dass wir in diesem Buch keinen Gebrauch von einer „gendergerechten“ Sprache machen. Wir lieben alle Menschen und sehen die Gleichbehandlung als wesentliches Element des moralischen Handelns der Gesellschaft an. Aber die deutsche Sprache hat sich über Jahrhunderte zu einem großen Kulturgut entwickelt, das eine wunderbare Vielfalt besitzt. Diese wollen wir nicht durch Sternchen, innen-Anhänge oder sonstige unübersichtliche Strukturen der Genderideologie, die übrigens auch psychologisch erklärt werden kann, verschandeln. Egal wie wir es fortan formulieren, es sind immer alle Geschlechter in gleicher Würde gemeint.

Für unsere Untersuchungen haben wir uns im Wesentlichen auf den deutschen Sprachraum beschränkt. Wenn wir im Folgenden allgemein von Deutschland sprechen, sind alle deutschsprachigen Staaten gemeint; es wäre zu ermüdend, immer alle Staaten aufzuführen. Wir danken an dieser Stelle insoweit allen zahlreichen Menschen aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Liechtenstein, Südtirol und Luxemburg sowie anderen Ländern, die durch Mitteilung ihrer Erlebnisse wesentlich zu diesem Buch beigetragen haben. Wir verzichten hier auf eine namentliche Nennung, da einige Befürchtungen vor Repressalien haben. Dies respektieren wir. Vielleicht lässt sich dies in einer späteren Auflage nachholen, wenn die Meinungsfreiheit in unseren Ländern wiederhergestellt ist. Insbesondere bedanken wir uns auch für die freundlichen Zuschriften, die uns ermutigten, dieses Buch zu schreiben: „Ich freue mich, dass es Menschen wie Sie gibt, die sich intensiv mit dieser Problematik auseinandersetzen, jeder ist jetzt gefragt. Das, was gerade in Deutschland passiert, ist wirklich ein Skandal.“3

Haftungsausschluss

Die hier dargestellten Inhalte dienen der politischen und gesellschaftlichen Information und Weiterbildung. Sie geben die Meinungen und Ideen der Autoren und der zitierten Personen wieder. Sie stellen keine Empfehlung für oder gegen bestimmte diagnostische Methoden, medizinische oder psychologische Behandlungen oder Therapien dar. Bei gesundheitlichen Fragen, Beschwerden oder Problemen wenden Sie sich immer an einen erfahrenen Arzt oder Psychotherapeuten. Die Benutzung dieses Buches und der darin enthaltenen Informationen erfolgt ausdrücklich auf eigenes Risiko der Leser. Haftungsansprüche gegen die Autoren und den Verlag für Schäden ideeller, gesundheitlicher, seelischer oder materieller Art, die durch die Nutzung dieses Buches oder einzelner darin vorhandener Informationen verursacht werden, sind ausdrücklich ausgeschlossen. Sofern in den Literaturangaben auf Seiten der digitalen Medien hingewiesen wird, distanzieren wir uns von jeglichen strafrechtlichen oder unmoralischen Aussagen, falls diese dort drin erscheinen sollten; zum Zeitpunkt unserer Einsichtnahme haben wir solche nicht festgestellt.

Dass es eines solchen Haftungsausschlusses heutzutage für ein Buch überhaupt bedarf, ist auch ein Zeichen, wie krank unsere Gesellschaft eigentlich ist. Auch das ist letztendlich ein Zeichen der Angst; wir sind also selbst noch nicht ganz frei von ihr. Doch es geht darum, dass wir uns alle täglich weiterentwickeln. Dann schaffen wir gemeinsam auch wieder eine bessere Welt.

1 GOETHE 1810.

2 SECKENDORFF 1808.

3 Mitteilung von Silvia E.

1. Die Zeit der Angst

„Politik machen: Den Leuten so viel Angst einjagen,

dass ihnen die Lösung recht ist.“

Wolfram Weidner, Journalist (*1925).

„Das Leben wartet immer darauf, dass eine Krise eintritt,

bevor es sich von seiner glänzendsten Seite zeigt.“

Paulo Coelho, brasilianischer Schriftsteller und Philosoph (*1947).

Anfang April 2020 hatten wir bei Facebook noch gepostet: „Der größte Fake der Weltgeschichte. Und die Masse schnallt’s nicht. Das schnalle ich nicht.“ Es gab viele Likes und selbst hochgebildeten Menschen ging es nicht anders. Dr. Matthias Burchardt fragte, ob wir ein gigantisches Umerziehungsprogramm zu einem Homo hygienicus erleben.4Wie ist „es möglich, daß sich eine Gesellschaft so rasch und bereitwillig widerstandslos in die Geiselhaft einer von der WHO ausgerufenen Pandemie und ihrer Zwangsmaßnahmen nehmen und manipulieren läßt.“5Dr. Wolfgang Wodarg schrieb entsprechend: „Ich verstehe nicht, dass die Menschen so blöd sind“6und Professor Max Otte meinte zu den Coronamaßnahmen: „Völlig irre, aber die Mehrheit schluckt es“.7Erst mit der Zeit wurde es immer deutlicher. In der Coronazeit geht es hauptsächlich um Angst. Angst vor dem Virus, Angst vor den Regierungen, Angst vor dem Verlust des Jobs, Angst vor der Insolvenz, Angst vor Isolation. Dazu Ängste, die man manchmal gar nicht näher erklären kann. Angst ist die Schlüsselemotion zum Verständnis der Coronazeit. Hinsichtlich der Dummheit politischen Handelns schrieb Thilo Sarrazin völlig zu Recht: „Das Problem liegt eben nicht auf der Ebene des Verstandes …, sondern auf der Ebene der Gefühle“.8Und der bekannte Münchner Facharzt Dr. Martin Marianowicz erklärte, dass unser Hauptproblem nicht das Virus ist, sondern die Angst.9Der stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP, Wolfgang Kubicki, sagte schon im Mai 2020: „Ich verstehe nicht, warum den Menschen Angst gemacht wird“.10Eine Frau äußerte im WDR: „Da passiert durch die Angst, dass die Eltern sich nicht mehr trauen, die Kinder vor die Tür zu lassen. Es ist Wahnsinn, was in diesem Land abgeht, aber auch weltweit. Wie kann denn eine ganze Welt in sechs Monaten so lahmgelegt werden. Was passiert hier?“11

Dabei ist Angst in den deutschsprachigen Ländern gar kein so neues Phänomen. Bereits in den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts entstand der Begriff der „German Angst“ aus der für „internationale Beobachter rational wenig nachvollziehbaren Art, wie Politik und Medien … in Deutschland auf die sich verstärkt stellende Umweltproblematik im Kontext des Waldsterbens und des Atom-GAUs in Tschernobyl reagierten“.12Das Thema Angst gewann unter den Menschen immer größere Bedeutung13und die German Angst fand viele neue Themen. Immer mehr wurde plötzlich als Bedrohung angesehen, Dinge, über die man sich vorher kaum Gedanken gemacht hatte. Aber nun tauchten sie auf.

Nach der Atomkraft ergänzte eine Angst nach der nächsten unseren Panikvorrat. Angst vor dem Ozonloch, ungesunde Nahrung von unseren Äckern, Angst vor Alkohol, Zucker und Fett, Angst vor der Zerstörung unserer Umwelt, vor Waldsterben, der Verschmutzung der Meere, dem Bevölkerungsanstieg, Angst vor den Nebenwirkungen von Medikamenten, Genmanipulation, der Rentenlücke, einer Unterbrechung der Kühlkette, Arbeitslosigkeit und Klimawandel. Ebenso vor Nikotin, Feinstaub, islamischem Terror, Drogen, Überwachungskameras, den Rechten, den Linken, der AfD, den Russen, den Amerikanern, dem Meeresanstieg, Ausländern, Nazis, Aliens, der Gletscherschmelze auf Grönland, den Reichsbürgern, den Kommunisten, Nitrosamin in Bratwürsten, Glutamat in der Fertigpizza, Darmkrebs, Glyphosat auf dem Acker, Angst vor Salmonellen in Eiern und im Pudding von Altenheimen, Angst vor Elektrosmog, Ölunfällen, Autounfällen, Flugzeugabstürzen, Asteroideneinschlägen und vor Ferienwohnungen ohne Rauchmelder. Manche dieser Ängste verschwanden wieder, wie die vor dem Ozonloch, andere hielten sich oder wurden immer weiter verstärkt. In einer Schule in Osthessen verbot ein Schulleiter den Kindern sogar, Schnee anzufassen, denn dann könne kein Kind mit Schnee werfen und niemanden verletzen. Die Eltern der Kinder reagierten entsprechend: „Wie krank muss ein Schulleiter eigentlich sein?“14Angst hat er, der Verantwortliche für was auch immer zu sein.

Nun könnte man „sehr einfach“ sagen: „Die heutige Gesellschaft hat Angst vor dem Leben. Sie zeigt Furcht, das zu verlieren, was sie ausmacht“15, und Professor Dr. Meinhard Miegel meinte schon 2016: „Die deutsche Bevölkerung ist heute eine fragile, ängstliche und weitgehend erstarrte Bevölkerung.“16„Dabei ist gerade diese Angst, betrachten wir sie als gesellschaftliches Phänomen, ein Gradmesser dafür, dass wir uns möglicherweise als Gesellschaft in eine falsche Richtung bewegen. Weg von humanitären Werten oder von dem, was menschlich ist.“17

In der Vergangenheit wurde versucht, die Dinge, vor denen Ängste bestanden, in der Sache zu ändern. So folgten eine Flut von Vorschriften darüber, was nicht in unser Essen gehört, welche Abgaswerte an Autos und Industrieanlagen einzuhalten sind, wie weit Gentechnik genutzt werden darf, wie stark Äcker mit welchen Mitteln besprüht werden dürfen, wie häufig Kontrollen in Lebensmittelbetrieben, Chemieanlagen und Bratwürstchenbuden zu erfolgen haben. Technische DIN-Regeln18wurden immer mehr erweitert und Reichsbürger werden überwacht. Aber hat das alles unsere Angst genommen? Noch nicht? O. k., dann stellen wir noch mehr Verkehrsschilder auf, damit nichts passieren kann, verringern noch mehr die Geschwindigkeiten auf unseren Straßen. Wo früher 70 km/h erlaubt waren, ist nun eine Tempo-30-Zone und auf Autobahnen kommt man kaum noch über 130. Am besten, wir senken die Geschwindigkeit auf null, dann kann bald nichts mehr geschehen.

Wo früher eine Baustelle mit dünnen Dreizackstangen und rotweißem Flatterband gesichert war, da sind es heute schwere und große Absperrbaken zu Dutzenden und die sind manchmal für Autofahrer so aufgestellt, dass sie gefährlicher als die eigentliche Gefahrenstelle sind. Aber wenigstens hat man etwas getan. Ach, wäre ich doch noch einmal zwanzig Jahre alt, dann würde ich im Jahr 1982 eine Firma für solche Absperrbaken und Straßenschilder aufmachen; ich wäre heute mehrfacher Millionär bei solch einem Umsatz. Aber nicht nur dieses Gewerbe hat profitiert. Auch die Hersteller von Alarmanlagen, Tür- und Fenstersicherungen, Überwachungskameras und Sicherheitsdienste sind aufstrebende Branchen.

Angst war es, die das Vorsorgeprinzip immer mehr zur Vormacht brachte. Und diese Angst beschränkte sich bald nicht mehr auf die deutschen Staaten allein. Frank Furedi sprach schon 2002 von einer Angst- und Vorsorgekultur in den westlichen Gesellschaften19und 2007 wies der amerikanische Rechtsphilosoph Cass Sunstein auf die Überbetonung des Vorsorgeprinzips in den westlichen Gesellschaften hin.20Doch all das führte nicht dazu, dass die Angst weniger wurde. Denn Angst lässt sich nicht einfach dadurch abbauen, dass wir die Situation ändern. Angst ist in uns.

Das lässt sich sehr schön an der 2018 aufgekommenen Angst vor Feinstaub in der Luft erkennen. Wann war denn die Luft dreckig und wann sauber? Fakt ist, in meinem Leben seit 1962 war die Luft noch nie so sauber wie heute. Als Kind forderte die SPD auf Wahlplakaten den blauen Himmel über der Ruhr. Und tatsächlich war es dort eher grau und braun und dreckig und stinkend. Das ist aber durch viele Umweltmaßnahmen vorbei. Der blaue Himmel ist da. Als ich 1989 nach der Grenzöffnung Eisenach besuchte, qualmte über jedem Haus ein Schornstein Braunkohlenasche in die Luft, die Industrieanlagen bliesen Schadstoffe hinaus, wie wir es uns heute kaum noch vorstellen können. Sie wurden ebenso erneuert wie die stinkenden Trabbis, und ebenso verschwanden Blei und Schwefel aus dem Benzin. Das Immissionsschutzrecht wurde weiter verschärft, Heizungen saniert, Motoren und Verbrennungsanlagen optimiert und mit Filtern und Katalisatoren ausgestattet. Alles das war richtig und half unserer Umwelt und unserer Gesundheit. Nun ist die Luft in Mitteleuropa so sauber wie wohl seit hundert Jahren nicht mehr. Das zeigen sogar einige Flechten und Moose an den Rinden von Straßenbäumen, die teilweise ganz verschwunden waren, da sie verschiedenste Schadstoffe nicht ertragen können. Nun kehren sie zurück. Unsere Luft wird besser und besser. Das heißt nicht, dass wir sie nicht noch sauberer bekommen können. Wir sollten weiter daran arbeiten; Verunreinigungen sollten so weit wie eben möglich minimiert werden. Aber dass jetzt eine Angst vor Feinstaub aufkommt, ist völlig irre. Hätten die Menschen im Ruhrgebiet oder in der DDR damals Angst gehabt, und es gab ja tatsächlich heftige Atemwegserkrankungen durch Schadstoffe, dann wäre das erklärbar gewesen. Aber jetzt, wo alles schon relativ gut geworden ist, noch eine Panikwelle? Das hat mit den Luftwerten nichts mehr zu tun. Da steckt etwas anderes, Psychologisches, hinter.

„Da Angst ansteckend ist, kann sie zum vorherrschenden sozialen Trend werden.“21Hendrik Streeck, Chefvirologe der Universitätsklinik Bonn, betonte zu Recht, dass es „zu viel Angst“ gebe, und sieht „das Problem in den Köpfen der Menschen“.22„Zwei von fünf Menschen in Deutschland leiden heute unter einer leichten Angst, jeder 10. wird von seiner Angst im Alltag stark behindert.“23„Laut einer DAK-Studie zeigt jedes vierte Schulkind in Deutschland psychische Auffälligkeiten. Mit Corona hat sich ihre Belastung noch verschärft. Viele Kinder leiden still.“24Stäheli schrieb schon 2013: „Das ‚fear marketing‘ gedeiht in einer ‚Angstkultur‘ besonders gut, ist die Angst doch die Kehrseite einer Kultur, die Sicherheit dadurch steigert, dass immer neue Quellen der Unsicherheit geschaffen werden.“25Die Coronaangst ist somit nicht unbedingt etwas Neues. Die Angst hat nur ein neues Objekt gefunden, ein Virus.

„Angst regiert überall in der angeblich freien westlichen Welt und hat mit der Angst vor Corona die Macht ergriffen.“26Selbst Markus Lanz stellte im ZDF klar: „Ich erlebe das auch selber so in meinem Umfeld teilweise. Da ist richtig Panik teilweise. Immer noch. Da gibt es Leute, die haben richtig Angst!“27Viele Menschen sagen: „Ich habe bloß noch Angst!“ Die Folge ist, dass die Psychotherapeuten derzeit völlig überlastet sind. Probst Gerald Goesche aus Berlin berichtete: „Ganz viele Menschen sind tot in ihren Wohnungen aufgefunden worden mit Abschiedsbriefen: ‚Ich halte es nicht mehr aus‘.“28So heftig war es mit der Angst noch nie. Warum immer wieder Angst? Und warum wird sie so extrem schlimmer und findet immer neue Anlässe?

Dr. Peer Eifler sagte: „Da das ja mein Hauptmetier jetzt hier in Österreich ist, ich bin ja fast ausschließlich als ärztlicher Psychotherapeut tätig, d. h. ich habe ganz viele posttraumatische Störungen mit Menschen, die ganz viel Angst haben, mit Menschen, die Angst verdrängt haben, die ganz fürchterliche Dinge passiert haben, was manchmal Jahre, Jahrzehnte im tiefsten Inneren schlummert. Und dann kommt was und drückt sie über die Klippe und nimmt ihre letzten Chancen, damit irgendwie zu funktionieren. Genau das ist eigentlich passiert auf einer kollektiven Ebene.“29Verfassungsrichterin Juli Zeh stellte ebenfalls fest, dass Corona „konkurrierende Fundamentalängste auslöst, die aufeinanderprallen“.30Vor einem Virus, vor Existenzverlust, vor dem Regierungshandeln und mehr. „Hier wird eine Ur-Angst geweckt, die Ur-Angst vor Krankheit, Siechtum und Tod“, sagte Friedrich Pürner, Epidemiologe und Leiter des bayerischen Gesundheitsamtes.31Der weitdenkende Hirnforscher Gerald Hüther sieht eine „zunehmende Verunsicherung“ in der Gesellschaft, in der die Menschen nach „Halt und Orientierung“ suchen. „Solche Phasen allgemeiner Verunsicherung sind Umbruchphasen einer Gesellschaft.“32Wir sind ebenfalls der Überzeugung, dass wir es mit einer historisch bedeutsamen Umbruchphase des politischen, ökonomischen, finanzwirtschaftlichen und gesellschaftlichen Systems auf unseren Planeten insgesamt zu tun haben; darauf werden wir in Kapitel 11 näher eingehen. Ebenso stimmen wir Hüther völlig zu, wenn er schreibt: „Erst wenn wir verstehen, weshalb und wovor Menschen Angst haben und was mit ihnen dann passiert, können wir nach geeigneten Auswegen suchen.“

Im Folgenden werfen wir daher einen ersten Blick auf das Phänomen der Angst. Dabei gehen wir davon aus, dass die Angst nicht durch noch mehr Sicherungssysteme und Vorsorge überwunden werden kann, sondern nur durch das Verständnis, was unterbewusst in unseren Köpfen geschieht. Schauen wir nicht auf die angeblichen Gefahrenstellen, sondern auf unser Inneres, unsere persönlichen Schwächen und unsere inneren Stärken. Dieser Weg kann uns tatsächlich dazu führen, dass wir unsere Ängste schließlich abbauen und minimieren und vielleicht einmal ganz verlieren. Und dann haben wir nicht nur persönlich einen riesigen Wachstumsschub gemacht, dann verändern wir damit auch die Welt.

4 BURCHARDT 2020.

5 OLLES 2020a.

6 WODARG 2020.

7 OTTE 2020.

8 SARRAZIN 2016: 16.

9 A. A. 2020zl.

10 KUBICKI 2020a.

11 WESTDEUTSCHER RUNDFUNK 2020.

12 KOCH 2013: 1. Zur German Angst siehe auch BODE 2016.

13 Vgl. BENESCH 1994: 227.

14 A. A. 2020zzzzd.

15 A. A. 2020zzl.

16 MIEGEL 2016.

17 HAGEN 2020: 17–18.

18 Deutsche Industrienorm.

19 FUREDI 2002.

20 SUNSTEIN 2007.

21 HAWKINS 2013: 117.

22 ALTHOFF 2020a.

23 WOLF 2018: 7.

24 GROMES 2020.

25 STÄHELI 2013: 94.

26 STRAUB 2020b.

27 LANZ 2020.

28 A. A. 2020zzzf.

29 EIFLER 2020a.

30 ZEH 2020.

31 KATTENBECK 2020.

32 HÜTHER 2019: 13.

2. Der Sinn der Angst und ihre drei Überlebensstrategien

„Der Grad der Furchtsamkeit ist ein Gradmesser der Intelligenz.“

Friedrich Nietzsche, Philosoph (1844–1900).33

„Ich glaube, dass die Erkenntnis der Wahrheit nicht in erster Linie

eine Sache der Intelligenz, sondern des Charakters ist.

Dabei ist das Wichtigste, dass man den Mut hat, nein zu sagen.“

Erich Fromm, Psychoanalytiker (1900–1980).34

Angst ist eine der zentralen Emotionen des Menschen. Daher ist auch die Psychologische Wissenschaft schon seit früher Zeit bemüht, eine Definition und eine Erklärung für ihr Auftreten zu finden. Viele dieser Bemühungen schlugen jedoch fehl und führen nicht weiter, u. a. die Versuche einer Abgrenzung zwischen den Begriffen Furcht und Angst, die Frage, ob Angst eines Objektes bedürfe, dem gegenüber die Angst entstehe, die Ableitungen von Geburts- und Todesangst oder gar Sigmund Freuds Verbindung mit sexuellen Aspekten, wie seiner Theorie vom Ödipuskomplex.35Die Psychotherapie hat sich lange auf die krankhaften Formen der Angst konzentriert, die „normale“ Angst hat auch sie vernachlässigt.36

Die Zahl der Dinge, Ereignisse und Gedanken, vor denen wir Angst haben können, ist nahezu endlos. Wir alle kennen die Angst vor dem Tode, vor Höhe, dem Alleinsein, vor Alter, Krankheiten, Geräuschen in der Nacht, Tunneln, Fahrstühlen, Dunkelheit, Spinnen, Mäusen, Hunden, großen Plätzen, Enge, dem Zahnarzt mit seinem Bohrer. Dazu kommt Angst vor Enttäuschung, Prüfungsangst, die Angst, missverstanden oder nicht geliebt zu werden, nicht anerkannt oder verlassen zu werden, die Angst vor Ablehnung, Autorität und Arbeitslosigkeit, die Angst vor Kritik, allgemeine Zukunftsangst, die Angst vor Entscheidungen, vor Veränderung, die Angst, nicht zu genügen, etwas zu verpassen, zu scheitern oder von der Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden. Skurril fanden wir es, als wir hörten, dass jemand Angst vor Müllcontainern hatte, aber das ist seit dem Frühjahr 2020 vorbei. Wir hätten uns schließlich auch nie vorstellen können, dass es eine Angst geben könnte, nicht genügend Toilettenpapier zu besitzen. Alles ist möglich.

Auch die körperlichen und emotionalen Reaktionen auf Angst sind vielfältig. Was geschieht nicht alles in uns, wenn wir Angst haben. Der Herzschlag wird schneller, der Blutdruck steigt, unsere Atmung verändert sich, die Muskeln verspannen sich, wir bekommen Mundtrockenheit oder Übelkeit mit Druck in der Magengegend bis hin zum Erbrechen, wir zittern, wir schwitzen und bekommen Schweißausbrüche, unsere Nerven kribbeln. Weiterhin verengen sich unsere Pupillen, unser Blick wird enger, die Stimme zittriger, wir weinen und müssen ständig zur Toilette bis hin zum quälenden Durchfall. Uns kann schwindelig und schwarz vor den Augen werden und manche fallen gar in Ohnmacht. Auch unser Denken ändert sich unter Angst und in unserem Kopf wird es völlig verrückt. Unsere Gedanken kreisen um das Problem, wiederholen es wieder und wieder, grübeln, unsere Kreativität und logisches Denken verschwinden, unser sexuelles Interesse erlahmt gedanklich und körperlich, ein Gefühl der Ausweglosigkeit und Entsetzen macht sich breit, wir sind angespannt und reizbar. Auch hektische Betriebsamkeit und Ruhelosigkeit helfen uns nicht, und wenn dies alles zu lange anhält, können wir irgendwann nicht mehr. Es kommt zu Einschlaf- und Durchschlafstörungen, zu völliger Erschöpfung, wir ziehen uns aus der Umwelt zurück, ziehen die Bettdecke über den Kopf, essen zu viel oder zu wenig, trinken Alkohol oder greifen zu Psychopharmaka. Eventuell erfolgt eine Depression. Warum das nur alles? Das sind doch Reaktionen, die wir gar nicht wollen, die uns nicht guttun. Was soll das, warum reagieren wir so?

Da die Evolution selten auf Dauer Unsinniges bestehen lässt, muss diese Vielfalt an Reaktionen irgendeinen Sinn haben. Versuchen wir einmal, tiefer hinter das Geheimnis der Angst zu schauen.

Um die Vielfalt zu verstehen und den Sinn hinter all dem zu erkennen, müssen wir erst einmal klären, wie die Angst im Laufe der Evolution entstanden ist und wofür sie eigentlich da ist. Damit können wir dann im Umkehrschluss auch analysieren, wann Angst kein guter Ratgeber ist. Und all das führt uns dabei immer wieder zu den vielen Merkwürdigkeiten der Coronazeit. Dazu werden wir die Vielfalt der Angstformen und unsere Reaktionen zu einem kohärenten System zuordnen, das es uns ermöglichen kann, Ängste verstehen und überwinden zu lernen. Und so können wir schließlich die Coronazeit überstehen und Lösungen dafür finden, wie wir aus diesem ganzen Angstgeschehen herauskommen und es erreichen können, dass so etwas nie wieder geschehen kann.

Gehen wir einmal ganz weit zurück. Unsere Vorfahren lebten über Jahrmillionen in einer nicht ungefährlichen Umwelt. Mit einer Körpergröße von nur etwas über einem Meter waren unsere Ahnen in Afrika vor drei Millionen Jahren, wir nennen sie Australopithecus, eine beliebte Beute von Löwen, Leoparden und anderen Raubtieren. In der Psychologie wird oft das Beispiel des Säbelzahntigers bemüht, der war aber gar nicht so relevant und wurde wohl sogar vom Menschen später ausgerottet. Es gab viele andere Raubtiere, die dem Menschen gefährlicher waren. Selbst als Homo habilis und Homo erectus, unsere nachfolgenden Vorfahren, an Gehirn- und Körpergröße zunahmen und das Feuer zu beherrschen gelernt hatten, war das Leben risikohaft. Mit einfachen Lanzen auf Jagd zu gehen, konnte leicht eigene Verletzungen mit sich bringen. Noch im Mittelalter kamen viele Jäger zu Tode oder zu schweren Unfällen, die versuchten, mit einem Sauspieß ein Wildschwein zu erlegen. In südlicheren Ländern kamen Gefahren durch giftige Tiere hinzu, Skorpione, Spinnen und Schlagen etwa. Das Herunterfallen von einem Baum oder Felsen mit Knochenbrüchen konnte ebenfalls den Tod bedeuten. Da machte es in der langen Evolutionsgeschichte Sinn, eine angeborene Empfindung zu besitzen, die vor solchen Gefahren warnte. Die Angst.

Ebenso machte es Sinn, angeborene Lösungsmöglichkeiten zu besitzen, um diesen Gefahren zu entkommen. Natürlich geht das durch den Verstand, doch unser Denken ist verhältnismäßig langsam. Viel schneller arbeiten unser Unterbewusstsein und unsere Reaktionen. Und Schnelligkeit kann Leben retten. Wenn wir etwa stolpern und hinfallen, liegen wir schon auf der Nase, bevor wir bewusst nachdenken können, was eigentlich geschehen ist. Glücklicherweise hat unser Körper automatisch reagiert und uns so hinfallen lassen, dass uns meist nichts passiert ist. „Fall nicht hin“, sagen wir häufig sorgenvoll zu kleinen Kindern. Aber sie fallen dennoch immer wieder und meist geschieht ihnen nichts. So üben sie diese automatischen Körperreaktionen bis zur Perfektion. Erst im Alter, wenn unsere Muskeln und Gelenke nicht mehr so beweglich sind, können sie nicht mehr so flink die automatischen Befehle des Unterbewusstseins ausführen. Dann kommt die Zeit der Knochenbrüche, insbesondere der Oberschenkelhalsbrüche. Grundsätzlich sind unsere angeborenen und automatischen Reaktionsweisen in Gefahrensituationen jedoch eine gute Sache für unser Leben und unsere Gesundheit bis ins hohe Alter.

Begeben wir uns zurück in eine Zeit, in der unsere Vorfahren noch als Steinzeitmenschen in den Savannen Afrikas lebten. Oder noch weiter zurück, als wir als kleine mäuseartige Säugetiere in einer von Dinosauriern beherrschten Welt überleben wollten. Vielleicht noch weiter zurück als kleines Tier, das einmal der Vorfahr aller Wirbeltiere werden würde. Was hatten diese Wesen nun für ein Rüstzeug, um aus Gefahrensituationen lebend davonzukommen? Was konnten sie tun? Nun, die Evolution hat uns gleich mit drei Strategien ausgestattet. Dreifach hält halt besser. Es sind Flucht, Angriff und Erstarrung.

2.1 Flucht

Wir sind ein Steinzeitmensch, vielleicht ein kleiner Homo habilis, der vor eineinhalb Millionen Jahren in der ostafrikanischen Serengeti lebte.37Mit einem Stock und einem Faustkeil bewaffnet, ziehen wir durch die Savanne, um kleine Tiere zu erbeuten, vielleicht ein Erdferkel oder ein langsames Stachelschwein. Nebenbei sammeln wir und unsere Familienangehörigen Pflanzen und Früchte und suchen nach Aas. Da! Hinter dem Felsen bewegt sich etwas, vielleicht ein kleiner Klippschliefer, eine leckere Beute. Doch nein. Schrecken. Plötzlich und unverhofft starrt uns ein Leopard ins Gesicht, nur zwei Meter vor uns. Seine großen stechenden Augen fixieren uns. Seine starken Muskeln sind zum Sprung bereit, seine weißen großen Reißzähne leuchten uns entgegen. Höchste Gefahr. Lebensgefahr, wir sind dem Tode nahe. Jetzt muss alles ganz schnell gehen; sonst werden wir gefressen.

Was geschieht nun in uns? Angst. Panische Angst. Es gibt nichts anderes mehr als Angst. Denn nur sie kann nun unser Leben retten. Wir denken nicht, das macht unser Unterbewusstsein nun allein. Es checkt ab, ob wir die Gefahrensituation meistern können. Nein, können wir nicht, ist die Entscheidung in Bruchteilen einer Sekunde. Der Leopard ist stärker als wir. Also läuft automatisch unsere erste Bewältigungsstrategie für Angst an, die Flucht.

In Mikrosekundenschnelle drehen wir Steinzeitmensch uns um und laufen mit aller zur Verfügung stehender Kraft von dem Leoparden davon. Wir laufen schneller als jemals zuvor in unserem Leben. Denn die Angst schaltet unseren ganzen Körper auf dieses einzige Ziel der Flucht. Alle Energiereserven werden freigeschaltet. Adrenalin strömt in unsere Muskeln, sodass wir noch schneller werden. Je leichter wir sind, desto mehr Geschwindigkeit bekommen wir. Also alles raus. Heute würden wir uns in die Hose machen, aber damals liefen wir nackt umher. Das kennen wir heute noch, etwa wenn wir vor einer Prüfung noch schnell zur Toilette müssen, obwohl wir kaum etwas getrunken haben. Oder wenn sich dann plötzlich noch Durchfall einstellt. So blöd das für uns heute ist, für uns als Steinzeitmensch damals erhöhte es die Überlebenswahrscheinlichkeit. Wenn der Magen noch gefüllt ist, kann auch ein Erbrechen Sinn haben. Schlussverkauf, alles muss raus, oben und unten. Leichter werden, schneller werden.

Wer schnell läuft, darf nicht überhitzen, benötigt Kühlung. Also beginnen wir zu schwitzen, Schweiß läuft über den ganzen Körper und kühlt uns. Der Blutdruck muss steigen, ebenso der Puls, um die Muskeln mit genügend Sauerstoff versorgen zu können, den wir durch heftiges Atmen hereinhecheln. Denken hilft bei der panischen Flucht nicht, einfach weg, ist die Devise. Ach, wenn uns dies heute nur nicht bei Prüfungen geschehen würde. Angst in der Prüfung und schon kommt der Blackout und wir wissen nichts mehr von dem, was wir so intensiv gelernt hatten und genau wussten. Hier kommt es her. Denn als die Angst entstand, hatte sie den Sinn, das Überleben zu sichern, von Prüfungssituationen wusste sie noch nichts. Aber da holt sie uns dann heute leider manchmal ein.

Als Steinzeitmensch durften wir nicht eingeholt werden. Wir rennen und rennen, so schnell wie nie, so lange wie nie. Irgendwann sagte uns dann etwas im Inneren, wir sind entkommen. Der Leopard ist weg. Wir haben es geschafft, wir leben. Boah, geschafft. Er ist weg, er ist weg. ‚Ist er wirklich weg?‘, taucht als erster Gedanke des nun wieder einsetzenden Denkens auf. Ja, er ist weg. Wir sind sicher. Alles ist gut. Unser Körper entspannt, das Herz pocht noch heftig, aber nach und nach gehen Puls und Blutdruck zurück, die Muskeln erschlaffen, ein Zittern beruhigt die Nerven und wir sind völlig erschöpft und müde. Ausruhen, hinlegen, schlafen, ist unser Wunsch. Einfach erholen jetzt. Ruhe. Nach ein paar Stunden im Schatten einer Akazie kommen wir wieder auf die Beine. Wir gehen zurück zum Lager und stolz erzählen wir den Familienmitgliedern immer wieder, wie wir es geschafft haben, dieser Bestie heil zu entkommen. Nächstes Mal sind wir vorsichtiger, wenn wir etwas hinter einem Felsen rascheln hören.

Flucht kann also das Leben retten. Und diese Methode wenden wir auch heute gern an. Oft auch in Situationen, die eigentlich gar nicht so gefährlich sind. Bei Prüfungen oder Vorstellungsgesprächen ist es zum Beispiel gar nicht selten, dass manche Personen nicht erscheinen. Sie haben Angst vor der Situation bekommen und so flüchten sie vor ihr. Andere verlassen das Haus, wenn die Schwiegermutter zu Besuch kommt, oder Kinder schwänzen die Schule, weil heute der eine Lehrer oder das schlimmste Fach auf dem Stundenplan stehen. All das sind Formen des Fluchtverhaltens. Halten wir durch und stellen wir uns den Situationen, können trotzdem die körperlichen Reaktionen einsetzen. Wer kennt es nicht! Panik, innere Unruhe, Schweißausbrüche im Wartezimmer des Zahnarztes, vor der Prüfung oder neben Hooligans vor dem Fußballstadion.

Nun gibt es auch viele Menschen, die Angst vor Krankheiten haben, vor Krebs, Demenz oder ansteckenden Krankheiten, Viren und Bakterien. Bloß nicht eine Türklinke anfassen, da kann man sich ja wer weiß was holen. Und wenn doch, schnell die Hände waschen. Überall lauert Gefahr für die Gesundheit. Es kann sein, dass solche Menschen Arzt nach Arzt aufsuchen. Und obwohl die unisono beteuern, dass keine Krankheit festzustellen ist und die Patienten kerngesund sind, glauben diese es nicht. Krank sind sie tatsächlich. Nicht der Körper ist krank, sondern die Psyche. Angsterkrankung. Das ist aber nur die Steigerungsform der Angst vor Krankheit, die wir in normaler Form alle in uns haben. Diese hilft uns, vorsichtig zu sein und gesund zu leben, macht also Sinn und hilft uns beim Überleben. Leider kann man diese normale Angst manipulieren und anheizen. Verbreiten sich etwa Behauptungen über die Gefährlichkeit eines Virus oder Bakteriums und wird dies immerfort wiederholt, so steigt bei fast allen Menschen der Angstpegel. Das merken wir ganz besonders in der Coronazeit. Ein ziemlich normales Grippevirus mit dem wir schon lange Zeit leben, wird plötzlich zum Killervirus erklärt. Dabei war die Grippe 2018 viel schlimmer und hatte hohe Todesraten; in Österreich starben 2.900 und in Deutschland 25.000 Menschen daran.38Doch da machte niemand Angst. Damals war es eine normale Wintererscheinung, die mit Bettruhe und Vitaminen und einem guten Abwehrsystem von den allermeisten Menschen bewältigt wurde, ohne dass die Angst um sich griff. Das jetzige Virus ist harmloser, es sterben weniger Menschen, aber medial wird Angst verbreitet, und die wirkt bei den meisten Menschen. So wurde die Angst vor einer Coronaerkrankung geschürt.

Schlimm ist, dass das durch die Regierungen erfolgt, weiß doch jeder, dass das Immunsystem gerade durch Angst geschwächt wird. In der kurzen Angst des Steinzeitmenschen konnte der Körper darauf verzichten, aber bei der heutigen Dauerangst hat das verheerende Folgen. Angstschüren führt dazu, dass mehr Menschen erkranken, der Krankheitsverlauf heftiger wird und mehr Menschen sterben. Und es zeigt auch, dass es bei dem ganzen Coronatheater nicht um die Gesundheit der Menschen geht. Helfen würde es, Angst zu nehmen, an eine gesunde Lebensweise mit viel Obst, Gemüse, Vitaminen und frischer Luft zu appellieren. Aber nichts von dem. Die Menschen sollen ja gerade ihre Angst behalten. Dann kann man sie besser beherrschen. Und genau das funktioniert. Angst geht um in Europa und der Welt.

Und natürlich versuchen da Menschen, der vermeintlichen Gefahr durch Flucht zu entkommen. Eine Frau, die ohne Maske einkaufen ging, schrieb: „Soeben im Supermarkt. Eine Frau sprang an der Kasse zur Seite, als ich mich ihr näherte, die pure Angst!“39

Sogar im Freien sind solche Fluchtreaktionen zu erleben: „Gerade gehe ich im Park. Da ist eine alte Frau mit Rollator und etwa fünfzehn Meter entfernt hustet einer lautstark. Da sagte sie zu ihrem Mann: ‚Nicht einatmen!‘. Im Ernst. Die machen die alten Leute völlig kirre.“40

Eine Geschichte trug sich in Mitteldeutschland zu: „Margot war immer schon unsere recht merkwürdige Helferin hier bei uns im Baugeschäft. Seit Jahren liegt sie mit allen im Streit. Nicht fortwährend. Sie braucht nämlich eigentlich Menschen, die sie zuquasseln kann. Hat sie ein Opfer gefunden, erfolgt ein ununterbrochener Monolog. Ahnungslos ging ich das Treppenhaus hinunter, da kommt Margot mir entgegen. ‚Jetzt bloß nicht zu freundlich sein‘, denke ich und befürchte sonst ihr nächstes Opfer zu sein. Aber meine Angst ist völlig unnötig. Sie blickt auf. Sieht mich ohne Maske. Erstarrt in ihrer Mimik, um dann in ein Panikgesicht zu wechseln. Dann dreht sie sich zum Treppengeländer und wendet sich von mir ab, mir ihren Rücken zeigend. ‚Margot, hast du ein Problem? Kann ich dir irgendwie helfen?‘, frage ich in aufrichtigem Ton. ‚Nein, Corooona. Steck mich nicht an‘, stürzt es aus ihr heraus und sie versteckt ihren Kopf dabei noch in ihrer Jacke, schnell die Treppe hochstolpernd. Ich bin also ein potenzieller Infektionsherd. Eine Gefahr. Klasse, die nervt mich wohl nicht weiter. Wie es der Deibel will, kommt sie mir ein paar Tage später erneut auf der Treppe zur Verladerampe entgegen. ‚Hallo Margot, schaust du mich denn heute mal freundlich an?‘, necke ich sie. Natürlich geschieht das nicht. Wieder wendet sie sich ab, steckt ihren Kopf in die Jacke und schreit: ‚Ich bin nicht unfreundlich!‘. ‚Das kommt mir aber so vor, ich finde es sehr unfreundlich, wie du dich zeigst!‘, antworte ich. Darauf schreit sie dann noch irgendwas von der Verladerampe zu mir herauf, was ich leider nicht verstehen kann, da einige Kollegen von der Warenausgabe lachend die Szene beobachtet hatten. Jetzt bin ich mir sicher. Margot wird mich wohl nicht mehr nerven. Danke Coroni.“

Für diese Frau kann man nur Mitleid haben. Wie stark muss ihre Angst sein, dass sie sogar vor ihren Kollegen wegläuft, völlig auf ihre Würde verzichtet und sich lieber zum Gespött machen lässt, als souverän mit der Herausforderung umzugehen. Die Frau ist ein Opfer der Angst. Und so ergeht es leider sehr vielen Menschen. Sie haben tatsächlich Angst vor dem Virus, obwohl sie meist im besten Alter sind und zumeist selbst schon mindestens einmal eine Grippe überstanden haben. Doch damals war es nur eine normale Grippe. Heute, so wurde ihnen beigebracht, ist es Corona und da müsse man Angst vor haben. Und so haben sie Angst, fürchterliche Angst. Allein dieses Angsterzeugen stellt eigentlich eine vorsätzliche Körperverletzung dar. Unzählige Menschen leiden darunter.

Eine Frau schrieb uns: „Das Verhalten mancher Bürger kommt schon fast zwanghaft rüber. Das erschreckt mich und mir macht das mehr Angst als das Virus. Jeder schaut nur auf sich. Ob jemand einem anderen noch hilft, wenn er auf der Straße zusammenbricht, oder aus Angst, er könnte ein Virus haben, die erste Hilfe unterlässt? Solche Gedanken finde ich viel bedrohlicher.“41

Doch es geschieht noch mehr als stilles Leiden. Viele Menschen verlassen aus Angst ihre Wohnungen nicht mehr. Der Leiter des Instituts für Rechtsmedizin an der Charité in Berlin, Professor Dr. Michael Tsokos, sagte: „Wir haben natürlich jetzt auch … als Rechtsmediziner viel weniger Covid-19-Tote, sondern vielmehr die Kollateralschäden, die wir jetzt sehen. Allein letzte Woche haben wir mehrfach Menschen obduziert, die seit dem Lockdown nie wieder aus ihrer Wohnung raus sind, die da wirklich jetzt hochgradig fäulnisverändert in Messiewohnungen lagen. Mit Gasmasken und Astronautennahrung, … die auch keiner vermisst hat. Und das sehen wir ganz viel, dass Wohnungen aufgemacht werden und da werden eben hochgradig fäulnisveränderte Leichen von Menschen gefunden, die nicht ins Krankenhaus gegangen sind, weil in ihnen als Drohszenarien, die aufgemacht wurden, eben die Angst überwog, rauszugehen.“42Das ist so traurig und unmenschlich, dass es einem das Herz zerreißt. Dabei gäbe es doch auch eine ganz andere Bewältigungsstrategie als die Flucht vor dem Virus.

2.2 Angriff

Gehen wir wieder zurück in die Steinzeit Ostafrikas. Unser Steinzeitvorfahre hat nämlich eine weitere Strategie parat, die eigentlich das genaue Gegenteil darstellt, den Angriff. Tritt Angst auf, untersucht unser Unterbewusstsein ja, wie gesagt, in Sekundenschnelle, ob wir der Gefahr gewachsen sind oder nicht. Kommt es zu dem Ergebnis, wir sind es nicht, flüchten wir. Kommt es zur Auffassung, dass wir die Gefahr beherrschen können, greifen wir an. Unser Steinzeitvorfahre ist wieder in der Serengeti und hört ein Rascheln hinter dem Felsen, das sich als Leopard entpuppt.

Diesmal ist er aber nicht allein, sondern fünf erwachsene Jäger aus seiner Familie sind bei ihm, alle mit Lanzen bewaffnet. Höchste Gefahr, aber zusammen schaffen wir das (Entschuldigung, solche Urmenschensprüche verwenden manche noch heute). Die Steinzeitmenschen richten alle ihre Lanzen in Richtung Leopard, ihr Adrenalinspiegel steigt, ihre Muskeln spannen sich an. Sie richten sich auf, machen sich groß und gehen mutig auf den Leoparden los, von drei Seiten gleichzeitig. Dabei schreien sie ihn so laut sie können an. „Du Mistvieh. Wir zeigen es dir!“ Ihre Pupillen erweitern sich. Der Erste wirft seine Lanze, die den Leoparden verfehlt. Der Leopard faucht und reißt sein Maul auf. Wieder fliegt ein Speer, der ihn am Hinterlauf trifft. Jetzt wird er vollends wütend, greift an. Wir sehen in sein zähnebesetztes Maul, sehen seine Reißzähne vor uns, er springt uns an. Intuitiv richten wir die Lanze auf seinen Hals. Alles geht so schnell, wir stoßen zu. Treffer. Der Leopard schreit auf, Blut spritzt. Dann bricht er tot vor uns zusammen. „Jaaah, Sieg. Geschafft. Die Bestie ist besiegt.“ Wir alle jubeln vor Freude, Stolz. Wir sind die größten. Schließlich ziehen wir dem Tier sein Fell ab und hängen es uns triumphierend um. Wir sind so stark wie ein Leopard. Wir sind sogar noch stärker. Wir sind unbesiegbar.

Hier haben wir nahezu die gleiche Situation wie beim Beispiel der Flucht. Eine einzelne Sache ist aber anders und entscheidend. Nämlich unsere innere Einschätzung. Dieses Mal sagt unser Unterbewusstsein in Sekundenschnelle, dass wir dem Tier gewachsen sind. Und diese Entscheidung allein erzeugt ein ganz anderes Verhalten. Die erste Angst verschwindet, die eben beschriebenen Angstreaktionen des Körpers treten gar nicht auf. Niemand zittert oder macht sich in die Hose. Nein, statt einer Fortsetzung der Angst tritt nun die Wut ein, die sich zur Rage steigern kann. Zumindest entsteht ein hohes Selbstbewusstsein, eine subjektiv gefühlte Stärke. Statt wegzulaufen, werden die Lanzen geworfen, wird die Bestie angegriffen. Durch lautes Schreien, Sich-groß-Machen und Aggressivität wird der Feind eingeschüchtert. So machten das auch alle Armeen bei ihren Angriffen. Ein lautes „Hurrahhh“ beim Vorwärtsstürmen gab es noch im Ersten Weltkrieg an allen Fronten. Dazu lautes Trommeln, am besten noch im Takt, um alle geschlossen als starke Masse erscheinen zu lassen. Keine Zeit für Angst, denn wir sind stärker und kämpfen mutig. Lautes Trommeln wurde in der Coronazeit auch bei den Demonstrationen eingesetzt, etwa beim verbotenen Kerzenumzug um die Leipziger Innenstadt am 7. November 2020. Etwa 20.000 Menschen zogen friedlich unter „Wir-sind-das-Volk“-Rufen und lautem Getrommel trotz polizeilichen Hinderungsversuchen ihren vorgesehenen Weg.43Mutig, geschlossen und friedlich riefen sie „Frieden-Freiheit-Demokratie“ und trotzten so erfolgreich den Versuchen der Stadtverwaltung, die Demonstration aufzulösen.44Die Menschen zogen so, sich gegenseitig Mut machend, in Wiederholung der Demonstrationen am Ende der DDR, geschlossen mit Kerzen und Friedensfahnen ohne Angst und im Bewusstsein, sich für eine freie und moralisch edle Gesellschaft einzusetzen, ihren Weg. Auch wenn es friedlich war, die Politiker sahen es selbstverständlich als Angriff an. In psychologischer Sicht verständlich. Die Grünen forderten Konsequenzen und den Rücktritt des Innenministers, der die Verantwortung gleich an das Oberverwaltungsgericht abgab, das alles genehmigt hatte.45Die Linke sprach von Staatsversagen und der Polizeipräsident sah sich am nächsten Tag zu einer Stellungnahme genötigt.

Die Menschen hatten ein Zeichen gesetzt, hatten gezeigt, dass sie keine Angst haben, dass sie sich nicht ängstigen lassen. Es gibt also eine Möglichkeit, aus der Angstspirale herauszukommen, den Angriff, der sogar in friedlicher Form erfolgen kann. Bevor wir später näher darauf eingehen, wie man seine Ängste auf friedliche Weise überwinden kann, wollen wir aber zuerst die dritte Reaktionsweise auf Angst sowie die sozialen Ängste betrachten. Die dritte Form haben zu Coronazeiten die meisten Menschen gewählt, die Erstarrung.

2.3 Erstarrung

Es kann gefährliche Situationen geben, wo eine Flucht nicht möglich ist und wir auch nicht die Kraft eines Angriffs haben. Wir fühlen uns zu klein und es gibt keine Fluchtmöglichkeit. Was macht unser Steinzeitvorfahre dann? Beginnen wir mit einer kleinen Geschichte über unsere beiden Wellensittiche Peti und Anthea. Sie wohnen in ihrem Käfig, der auf der Fensterbank in der Küche steht. Meist können sie sich frei im Raum bewegen und sie fliegen gern hin und her oder sitzen auf ihrem Lieblingsplatz, oben auf der Gardinenstange. Das geht natürlich nicht, wenn wir kochen, denn die Herdplatten sind viel zu heiß und gefährlich. An einem Abend saßen sie daher in ihrem Käfig, während wir Fisch in der Pfanne zubereiteten. Dabei geriet etwas Fett auf die Herdplatte und es gab eine Stichflamme, nur ein bis zwei Sekunden lang. Am Fliesenspiegel blieb etwas Ruß zurück, ansonsten verlief alles glimpflich. Alles gut also.

Aber ganz anders reagierten Peti und Anthea. Sie saßen völlig erstarrt und total verängstigt in der hinteren Ecke ihres Käfigs und wirkten wie ausgestopft. Keine Regung, kein Pieps, nur ein starrer Blick in Richtung Herdplatte. Nicht mal eine Bewegung der Augenlider war erkennbar. Die beiden Wellensittiche hatten sich offenbar erschrocken, obwohl sie in ihrem ganzen Leben noch nie ein Feuer gesehen hatten. Auch konnten sie nie selber gelernt haben, dass Feuer gefährlich sein kann. Für ihre Vorfahren in Australien, was sicher mehr als zehn Generationen zurücklag, bedeutete Feuer in Form von Buschbränden im Outback allerdings eine große Gefahr, auf die durch die großen Wellensittichschwärme mit Fortfliegen, also Flucht, reagiert wird. Insoweit macht eine Angst vor Feuer Sinn. Aber dass diese Angst so tief in ihrem Erbgut gespeichert ist, das war uns neu. Aber woher kam nun ihre Erstarrung?

Das Feuer hatte tiefste Angst ausgelöst. Angriff dagegen war nicht möglich. Also Flucht. Doch diese ging am Gitter des Käfigs nicht weiter. Sie saßen fest. Auch die Flucht funktionierte also ab da nicht mehr. Als dritte Lösung auf Gefahr trat nun der Totstellreflex ein. Peti und Anthea saßen völlig erstarrt in der hintersten Ecke des Käfigs. Wir gingen zu ihnen und erklärten ihnen liebevoll, dass alles okay sei. Keine Reaktion. Wir pfiffen ihr Lieblingslied. Auch keine Reaktion. So ging es eine ganze Stunde lang. Auch das Vorspielen eines Videos mit Wellensittichen auf dem Handy, ihr Lieblingsprogramm, führte zu keiner Reaktion. Völlige Erstarrung. Wir redeten ihnen ermutigend zu, imitierten ihre Töne des Wohlbefindens. Nichts. Erstarrung. Nach etwa eineinhalb Stunden bewegte Peti leicht sein Bein und innerhalb der nächsten halben Stunde kamen leichte Bewegungen auf, um Kontakt miteinander aufzunehmen und sich eng aneinanderzuschmiegen und sich gegenseitig zu trösten und zu kuscheln.

Was bringt so eine Erstarrung? Bei Feuer eigentlich nichts. Beim Buschfeuer wären die beiden so verbrannt. Aber im Australischen Outback gibt es ja auch keine Gitter und die Flucht wäre erfolgreich gewesen. Die Erstarrung ist eigentlich nur der letzte Versuch, wenn die beiden anderen Strategien nicht zum Zuge kommen können.

Schauen wir wieder unseren Steinzeitmenschen an, der allein durch die Savanne zieht. Wieder kommt ein Leopard. Das Unterbewusstsein checkt wieder ab. Flucht? Nein, der Steinzeitmensch ist heute zu langsam. Angriff? Nein, er ist zu schwach und seine Lanze zerbrach eben beim Erbeuten eines Savannenhasen. Geht also auch nicht. Was nun? Dritte Strategie also. Der Steinzeitmensch schleicht langsam zu einem großen Felsen, lehnt sich in eine Nische und verhält sich ganz leise. Nur nicht auffallen. Vielleicht verliert der Leopard ja das Interesse. Bloß kein Geräusch machen. Auch keine Atemgeräusche. Bloß keine Bewegung, die die Raubkatze bemerken könnte. Ruhig bleiben. Das ist natürlich leichter gesagt als getan. Wie soll man innerlich ruhig bleiben bei einer so direkten Gefahr. Aber es muss sein. Am besten, wir schalten alles ab, dann sind wir am ruhigsten. Und so schaltet unser Inneres tatsächlich ab. Wir erstarren, werden in eine Art Winterschlaf versetzt oder fallen ganz in Ohnmacht. Herzschlag und Atmung werden automatisch auf das absolut Nötigste heruntergefahren. Wir wirken wie tot. Und so werden wir tatsächlich am wenigsten bemerkt, zumindest eine kleine Chance besteht als letzte Lösung. Vielleicht zieht so der Leopard von dannen. Viele Tiere fressen nur frisches Fleisch. So entdeckt der Leopard uns vielleicht, hält uns aber für tot und zieht, angewidert von diesem Aas, Leine. Erst nach einer ganzen Zeit erwachen wir wieder. Aber vorsichtig. Die Gefahr könnte ja noch da sein. Vorsichtig öffnen wir die Augen. Nichts zu sehen. Dann erst leichte Bewegungen, vorsichtig weiter ausschauend. Der Leopard ist weg und so kehrt die Lebenskraft zurück. Noch schwach, ruhen wir uns wieder unter der Akazie aus, gar nicht genau wissend, was eigentlich genau geschehen ist.

Grundsätzlich bestehen die drei angeborenen Möglichkeiten, um auf eine Gefahr zu reagieren, der Angriff, die Flucht und das Erstarren. Diese drei Möglichkeiten treten nicht nur bei Vögeln, sondern auch bei allen Säugetieren auf. Sie sind also evolutionär schon sehr früh entstanden. Da es sie bis heute gibt, liegt es nahe, dass sie im evolutionären Sinn vorteilhaft sind. Hieraus können wir erklären, warum wir uns noch heute bei Angst so oder so verhalten.

Im Internet war im Herbst 2020 ein bewegendes Video zu sehen. Eine weit über 90 Jahre alte Frau, die im Krieg mehrere Personen vor den Nazischergen versteckt hatte, wurde gefragt, was die Angst mit den Menschen damals gemacht habe. Sie antwortete: „Da waren alle ganz still und haben sich zurückgezogen, wenn sie keine Kämpfernatur waren.“ Übersetzt heißt das also, wenn sie keinen Mut hatten und nicht geflüchtet waren, gingen sie in die Erstarrung. Und genauso verhalten sich die Menschen in der Coronazeit. Eine Flucht ist nicht möglich, da ja fast die ganze Welt betroffen ist, einen Angriff gegen die Regierungen trauen sie sich noch nicht zu. Die Folge ist der soziale Rückzug in die eigenen vier Wände. Dieses Verhalten wird noch dadurch unterstützt, als in den Lockdowns Gaststätten sowie Sport- und Freizeiteinrichtungen geschlossen sind. So verkriechen sich die Menschen und vermeiden auch private Kontakte über die Verbote der Coronaregelungen hinaus. So geschah es, dass eine Freundin zum 60. Geburtstag nur Absagen beschert bekam, obwohl private Geburtstagsfeiern zulässig waren. Die Menschen gehen nur noch raus, wenn sie zur Arbeit oder zu notwendigen Besorgungen raus müssen. Viele Geschäfte, in denen man früher stöberte, leiden darunter. Laufkundschaft gibt es nicht mehr und was die Leute brauchen, bestellten sie verstärkt über das Internet. Unser Postbote, immer noch gut gelaunt, schuftet heutzutage deutlich mehr als vor Corona, seine Paketanlieferungen haben sich 2020 verdoppelt. Wo früher in den Fußgängerzonen reges Leben war, schleichen jetzt ein paar vermummte Gestalten daher; wo früher die Touristen Leben brachten, sind nun die Hotels geschlossen, Kneipen und Restaurants dunkel und vor der Kleinkunstbühne und dem Kino prangen Hinweise: „Wegen Konkurs geschlossen.“ Selbst wo früher der allabendliche Stau stattfand, rauscht man während des Lockdowns ab 19 Uhr über verlassene Straßen. Und zu Hause werden dann schnell die öffentlich-rechtlichen Medien eingeschaltet, um sich die tägliche Angstauffrischung reinzuziehen. Ist das noch ein menschenwürdiges Leben?

Dieser Rückzug an allen Fronten geschieht als Reaktion auf Angst. Er ist ein alter Schutzmechanismus, der uns viele Jahrtausende das Überleben gesichert hat, als wir noch in der Natur lebten. In der modernen Gesellschaft dagegen hindert er uns am Leben. Ein Spruch unbekannter Herkunft tauchte 2020 im Internet auf: „Ich hätte nie gedacht, dass ich eine Zeit erleben würde, in der so viele Menschen so große Angst vor dem Sterben haben, dass sie bereitwillig aufhören zu leben.“