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Die Pädagogik der Waldorfschule fußt auf einem vertieften Verständnis des werdenden Menschen. In seiner differenzierten Studie beleuchtet Ernst-Michael Kranich psychologische und biologische Gesetzmäßigkeiten dieser Entwicklungsprozesse und liefert damit einen wichtigen Baustein für eine am Kind orientierte Pädagogik. Zu den Aufgaben eines Waldorflehrers gehört das fortwährende Bemühen um ein Verstehen des Kindes und des Jugendlichen. Die äußeren Erscheinungen und das Verhalten sollen im Hinblick auf das innere, sich wandelnde Wesen des heranwachsenden Menschen immer transparenter werden. Jeder Aufsatz dieses Bandes ist einem zentralen Thema der anthroposophisch-pädagogischen Menschenerkenntnis gewidmet. Das Fundament bildet eine Darstellung der Gesamtkonstitution des Menschen. Auf diesem aufbauend werden die wesentlichen Umwandlungsprozesse, die im Zahnwechsel und in der Geschlechtsreife jeweils zum Abschluss kommen, behandelt. Von hier aus eröffnet sich der Zugang zu grundlegenden Themen der Erziehung und des Unterrichts. Die Darstellung wendet sich an Lehrer, Studenten der Pädagogik, Erziehungswissenschaftler sowie an Leser, die sich eingehender über Grundlagen der Waldorfpädagogik informieren wollen.
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Seitenzahl: 348
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ERNST-MICHAEL KRANICH
Vorwort zur Neuausgabe
Vorwort
Anthropologie – das Fundament der Waldorfpädagogik
Welche Bedeutung hat Anthropologie in der anthroposophischen Pädagogik?
Allgemeine Anthropologie
Der Mensch – ein Wesen mit Leib, Seele und Geist
Die menschliche Seele als Organismus
Die Herkunft der menschlichen Seele – die Präexistenz
Die Dreigliederung des menschlichen Organismus – das Leib-Seele-Problem
Anthropologie der menschlichen Entwicklung
Bemerkungen zur Anthropologie der frühen Kindheit
Bemerkungen zur anthropologischen Dimension von Unterricht zwischen Zahnwechsel und Pubertät. Bild – Kunst – Autorität
Das Erwachen der Seele in der Pubertät – die Entwicklung zu sachgerechtem Urteil und sachgerechter Tätigkeit
Entwicklung und Erziehung in der frühen Kindheit
Anthropologische Grundtatsachen
Nachahmung als Grundform frühkindlichen Lernens
Die Bedeutung von aufrechter Haltung und Sprechen
Die Entfaltung des Denkens
Der Waldorfkindergarten
Der Zahnwechsel als Abschluss der frühen Kindheit
Die Geburt des Ätherleibes. Die Kräfte leiblicher Formbildung und ihre Umwandlung zur Fähigkeit, Formen zu gestalten
Das Formbewusstsein und sein Hervortreten in der Kindheit
Die frühe Kindheit als Zeit leiblicher Umgestaltung
Die architektonische Formbildung
Die plastische Formbildung
Die frühkindliche Formbildung – ein vom Kopf ausgehendes Geschehen
Der Zahnwechsel als Abschluss der Formbildung
Das Bewusstwerden der formbildenden Kräfte
Das Einmünden der formbildenden Kräfte in das Gestalten innerer Bilder und freier Formen
Die Bedeutung des Formenzeichnens für die menschliche Entwicklung
Lebendige Begriffe – die ätherische Durchkraftung des Denkens
«Atmen-Lehren» als Aufgabe der Waldorfpädagogik
Die Geburt des Astralleibes – Wandlungen im Wesen des jungen Menschen zwischen dem zehnten und fünfzehnten Lebensjahr
Die anthropologischen Wurzeln des Urteilens und die Entwicklung der Urteilskraft
Veränderungen von Wachen und Schlafen im Kindes- und Jugendalter
Anmerkungen und Literatur
Nachweise
Über den Autor
«Wie erzogen werden soll, kann man erst wissen, wenn man weiß, was der Mensch eigentlich ist.» Diesen Satz Rudolf Steiners hat Ernst-Michael Kranich dem 1999 veröffentlichten Band Anthropologische Grundlagen der Waldorfpädagogik als Motto vorangestellt. Der Titel zeigt seine Vorsicht bei dem Unterfangen, die schwierige Aufgabe zu bewältigen, nämlich entscheidende Elemente des Menschenbildes, das der Waldorfpädagogik zugrunde liegt, zu beleuchten: nicht «Die anthropologischen Grundlagen …» heißt das Buch, womit Kranich andeutet, dass es sich um eine sorgfältig bedachte Auswahl handelt.
Ernst-Michael Kranich (29. Juni 1929 – 10. Mai 2007) hatte Biologie, Chemie, Geologie und Paläoontologie studiert, mit der Promotion abgeschlossen und war dann Waldorflehrer geworden. 1960 wurde er berufen, am Lehrerseminar in Stuttgart in der Lehrerausbildung und bei deren weiterem Aufbau tätig zu werden. Bis zu seiner schweren Krankheit war er dort unterrichtend tätig. Er gehörte zu einer Generation, welche die anthroposophischen Grundlagen der Waldorfpädagogik in einer neuen Weise mit Wissenschaftlichkeit verbinden wollten. Bald stießen weitere, ähnlich gesinnte Kollegen zu der Arbeit hinzu (wie etwa Wolfgang Schad, Stefan Leber, Christoph Lindenberg). Dieser neue Geist schlug sich sowohl in der Durchführung der Lehrerausbildung nieder als auch in vielen Forschungsprojekten und Publikationen, die sich damit befassten, die Zugänge zu dem Menschenbild auszuarbeiten, aus dem die Waldorfpädagogik hervorgegangen ist.
Ein großes Anliegen war dabei, die wissenschaftliche Methode Goethes, den Goetheanismus, weiterzuentwickeln und bei der Erfassung der Wesenheit des Menschen fruchtbar zu machen. Der vorliegende Band von Kranich ist ein Ergebnis dieser Arbeit.
Ernst-Michael Kranich hat im Laufe der Jahre eine Fülle von Aufsätzen und Büchern verfasst. Dazu gehört der Band Der innere Mensch und sein Leib, in dem einige der im vorliegenden Band behandelten Themen noch erweitert ausgearbeitet wurden. Andere Werke befassen sich mit Tierkunde oder Pflanzenkunde. In seiner letzten Arbeit beschäftige sich Kranich mit dem Thema «Urpflanze und Pflanzenreich». Wie in den meisten seiner Werke kommt auch hier sein Lebensmotiv zum Ausdruck: daran mitzuwirken, dass die Naturauffassung und vor allem die Anthropologie, die «Menschenkunde», nicht in einer Reduktion von Natur und Mensch auf die bloße physische Erscheinung und emergente psychische Phänomene stecken bleibt. Denn was mit Kindern und Jugendlichen in der Erziehung bewirkt werden soll, das ist größer und muss sich schon in der Auffassung zeigen, die die Pädagogen vom Menschen haben.
Wir wissen heute, dass jede Pädagogik, ob sie materialistisch, naturwissenschaftlich geprägt ist, ob sie geisteswissenschaftliche oder andere Grundlagen hat, im Kern ein Menschenbild hat, das sie prägt. Methodik kann ohne die Reflexion auf dieses Faktum nicht bewusst, eher nur blind und fremde Vorgaben ausführend betrieben werden. So beginnt auch das Buch mit einem Teil, in dem der Mensch als ein Wesen mit den drei Dimensionen Leib, Seele und Geist dargestellt wird.
Im Weiteren geht es um grundsätzliche Themen, die immer wieder neu von allen werdenden Waldorflehrern in ihrer Ausbildung behandelt und in Kollegien der Schulen besprochen werden.
Ein großer Abschnitt handelt von der Entwicklung des Kindes in seiner Leiblichkeit, wozu dann auch der einschneidende Vorgang der Erringung der Aufrechte und der Zahnwechsel gehören. Auch die Sprachentwicklung und die Entfaltung des Denkens werden dargestellt.
Der anschließende Teil behandelt die immer wieder befragten Vorgänge, die sich im Wirken von «Ätherleib» und «Astralleib» in Verbindung mit der Ausbildung des Leibes abspielen. Dabei werden diese Begriffe, die oft nicht leicht zu verstehen sind, nicht einfach vorausgesetzt, sondern entwickelt und dadurch dem Verständnis zugänglich gemacht.
Es folgen weitere Themen, die insbesondere dem Verständnis von Motiven aus Steiners Allgemeiner Menschenkunde dienen. Der Schlussteil ist vor allem dem Jugendalter gewidmet. Hier stehen die Fragen im Mittelpunkt: Was ist die Urteilskraft, und wie entwickelt sie sich?
Entstanden ist die Schrift aus Aufsätzen, die Kranich zu verschiedenen Zeiten verfasst hat; sie sind so überarbeitet, dass sie ein zusammenhängendes Ganzes bilden. Für ein Studium der Waldorfpädagogik ist der Band eine einführende Lektüre, dann aber auch ein das Studium begleitendes, die eigenen Erkenntnisbemühungen förderndes Vademecum.
Stuttgart, im Dezember 2018
Wenzel M. Götte
«Wie erzogen werden soll,kann man erst wissen, wennman weiß, was der Menscheigentlich ist.»
Rudolf Steiner
Seit Jahren wurde ich von verschiedenen Seiten gebeten, einige meiner früheren Arbeiten in einem gemeinsamen Band zu veröffentlichen. Es schien mir jedoch sinnvoller, eine Anthropologie der Waldorfpädagogik neu zu schreiben. Da sich ein solcher Plan gegenwärtig nicht durchführen lässt, habe ich nun einige wenige meiner Arbeiten aus diesem und dem vergangenen Jahrzehnt im vorliegenden Band zusammengestellt. Das erste Kapitel enthält in gedrängter Form eine Gesamtdarstellung der anthropologischen Grundlagen der Waldorfpädagogik. Die folgenden Kapitel behandeln zum einen anthropologische Sachverhalte, die für ein Verständnis der menschlichen Entwicklung im Kindes- und Jugendalter grundlegend sind, zum anderen einige zentrale Themen der Waldorfpädagogik. In dieser Anordnung gibt der Band wie von einigen Standorten aus Ausblicke auf das weite Gebiet der anthroposophischen Pädagogik; mit anderen Schwerpunkten und anderen methodischen Ansätzen hat vor einigen Jahren mein Kollege Stefan Leber dieses Gebiet in seinem Werk Die Menschenkunde der Waldorfpädagogik (Stuttgart 1993) dargestellt.
Ich habe selbstverständlich die Arbeiten, die nun die Kapitel dieses Buches bilden, sorgfältig durchgesehen, zum Teil stark überarbeitet und, soweit erforderlich, aktualisiert.
Juli 1999
Ernst-Michael Kranich
Welche Bedeutung hat Anthropologie in der anthroposophischen Pädagogik?
Anthropologie und Pädagogik sind unausweichlich miteinander verflochten. Jede pädagogische Konzeption, alles erzieherische Handeln enthält – ausgesprochen oder unausgesprochen – bestimmte Auffassungen über den Menschen. Bisweilen sind sie dem Pädagogen, selbst dem, der Erziehungs- oder Unterrichtskonzepte entwirft, nicht bewusst. Oder er legt seinem Tun oder System ein ihm selbstverständliches Menschenbild zugrunde. Pädagogik befindet sich dann im Zustand einer «ideologischen Befangenheit» (Loch). So hat Meinberg in einer ausführlichen Analyse gezeigt, dass in verschiedenen erziehungswissenschaftlichen Konzepten der Gegenwart der «Verstandesmensch», d.h. der um wesentliche Bereiche des Menschlichen amputierte «homo partialis», das «heimliche Leitbild» ist (Meinberg 1988). Es gibt nur einen Weg aus solcher Verengung und Befangenheit, nämlich den zu einer Anthropologie, die den Menschen möglichst umfassend erkennt.
Das ist Thema der von Scheler und Plessner am Ende der Zwanzigerjahre begründeten «Philosophischen Anthropologie». Sie bezieht sich auf den Menschen im Allgemeinen und seine Stellung in der Welt. In einer Zeit, in der die «immer wachsende Vielzahl der Einzelwissenschaften, die sich mit dem Menschen beschäftigen … das Wesen des Menschen» weit mehr verdecken, «als dass sie es erleuchten», geht es um «den Wesensbegriff des Menschen» (Scheler 1966, S. 9, 11). Die Wendung zur Pädagogik vollzog Nohl wenig später. Damit war der Anthropologie eine neue Aufgabe gestellt. Sie sollte nicht nur das Wesen des Menschen bestimmen, sondern die Praxis, die des Erziehens, auf dieses Wesen hin durchleuchten und gestalten. Durch «die Weite des so gewonnenen Blicks» wird Erziehung «aus aller handwerklichen Enge» befreit (Bollnow 1969, S. 45). Überschaut man die verschiedenen Konzepte der «Pädagogischen Anthropologie», dann drängt sich das Uneinheitliche auf; nicht nur in den Aussagen, sondern vor allem in der Fragestellung und der Methode. Die Pädagogische Anthropologie, so wurde bemerkt, hat es offensichtlich schwerer mit ihrem «Gegenstand» als die Philosophische Anthropologie. Der Weg in die Lebenspraxis ist es, der, neben anderem, Schwierigkeiten bereitet. Um diesen Weg geht es aber gerade.
Pädagogische Anthropologie lenkt unter dem Aspekt des Erziehens den Blick auf wesentliche Dimensionen des Menschlichen, z.B. auf das, «was Menschsein in seinem innersten Wesen ist und bedeutet» (Döpp-Vorwald 1976, S. 322). Hier findet sie das Ziel, zu dem hin Erziehung den heranwachsenden Menschen als zu sich selbst führen soll. So hat die Pädagogische Anthropologie einen Trend zum Normativen. Sie ist «eine normative Deutung des Menschen als Aufgabe seiner selbst» (Langeveld 1964, S. 5). Das führte denn auch zu der Frage, ob die Pädagogische Anthropologie Erziehung nicht auf ein bestimmtes Menschenbild festlege und einenge.
Das Kernproblem ist offensichtlich auch das kritische: Wie steht Anthropologie zur pädagogischen Praxis? In einem Überblick über die wichtigsten Richtungen der Pädagogischen Anthropologie liest man, dass «von pädagogischer Seite keinerlei Bereitschaft besteht, sich einer vorgegebenen Anthropologie … als ausführendes Organ unterzuordnen» (Gerner 1986, S. 20). Ganz offensichtlich besteht eine Distanz zwischen Pädagogischer Anthropologie und pädagogischer Praxis. Die anthropologischen Begriffe gehen nicht über in die konkreten Belange des Unterrichtens und Erziehens. Sie bewegen sich im Felde des Theoretischen, von dem der Übergang zu dem der Erziehungswirklichkeit kaum gelingt. So wurde einmal scharf formuliert: das Denken der Pädagogischen Anthropologie «weicht … der Erziehungswirklichkeit aus» (Kupffer 1976, S. 342). Es befähigt den Lehrer nicht, Unterricht so zu gestalten, dass er in den Kindern die Entwicklung z.B. des Gemüts oder des Willens fördert; die erzieherische Situation bleibt weitgehend außerhalb seiner Begriffe. Die Erziehungswirklichkeit wird im Bereich verwalteter Schule von Bedingungen geprägt, die zu den Inhalten der Pädagogischen Anthropologie nur wenig Beziehung haben. Die gegenwärtigen Formen der Pädagogischen Anthropologie sind selbst ein Faktor, der die Kluft zwischen Theorie und Praxis stabilisiert.
Das alles meinen wir, wenn wir die Pädagogische Anthropologie theoretisch nennen. Man kann ihr eine praktische gegenüberstellen. Das wäre eine Anthropologie, die den Weg in die Praxis findet und den Lehrer in der Vielzahl konkreter erzieherischer Fragen nicht allein lässt. Sie müsste den Menschen vom Allgemeinen seines Wesens bis hin zu den konkreten Prozessen seiner Entwicklung im Kindes- und Jugendalter umfassend verständlich machen. Und sie hätte zu zeigen, welche Prozesse im heranwachsenden Menschen sich in den verschiedenen Bereichen des Lernens abspielen. Eine Anthropologie der Unterrichtsgebiete hätte neben eine Anthropologie der menschlichen Entwicklung zu treten. Was wir mit praktischer Anthropologie meinen, ist mehr als das, was Langeveld (1964, S. 5) unter ihr versteht.
Damit ist zunächst ganz im Allgemeinen bezeichnet, was anthroposophische Pädagogik will. Es geht um die Lösung eines fundamentalen Lebensproblems, das für viele Gebiete gilt, aber in der Pädagogik besonders prekär ist, weil es die Entwicklung des Menschen betrifft. Als Steiner die Frage behandelte, «Warum eine anthroposophische Pädagogik?», ging er von diesem Lebensproblem aus, das mittlerweile weit bedrängender geworden ist. Es ist die Kluft, die zwischen dem besteht, «was man sich theoretisch aneignet, was den eigentlichen Inhalt unseres Geisteslebens bildet, und dem, was die Lebenspraxis ausmacht» (Steiner 1979 b, S. 64). Verursacht ist diese Kluft durch die Begriffe, die, durch Abstraktion gebildet, sich vom Leben entfernen, statt in dieses einzudringen. Von einer Wissenschaft, die die Summe der Tatsachen für die Wirklichkeit nimmt, sagt Wittgenstein: «Wir fühlen, dass selbst, wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind» (Wittgenstein 1964, S. 114). Die Lebenswelt ist der Tatsachenwissenschaft entfallen. Die Intention anthroposophischer Pädagogik ist die Überwindung dieses Zwiespalts von Erkenntnis und Leben durch eine Anthropologie, die zu einem Verstehen des ganzen Menschen führt, das in der Praxis fruchtbar wird. Im Hinblick auf die Reformbemühungen vom Anfang des 20. Jahrhunderts, die die intellektuelle Enge der Lernschule vom Ende des 19. Jahrhunderts durch eine Bildung des ganzen Menschen ersetzen wollte, sagte Steiner: «Wäre Menschenerkenntnis in diesen Reformplänen gewesen, Anthroposophie brauchte nichts zu sagen» (Steiner 1979 b, S. 75). Anthroposophische Pädagogik wäre nicht nötig geworden; denn das Ziel einer umfassenden Menschenbildung wäre durch eine praktische Anthropologie bis in die Einzelheiten verwirklicht worden.
Anthropologie muss den Menschen eingehender begreifen als die bisherigen Formen Pädagogischer Anthropologie, um lebenspraktisch zu werden. Das soll keine Abgrenzung, sondern eine Aufgabe formulieren. Es soll auch deutlich machen, dass es sich keineswegs um Regression auf der Stufe einer überholten Menschenbild-Anthropologie handeln kann, wie Kritiker der anthroposophischen Pädagogik behaupten.
Bevor wir mit den anthropologischen Erörterungen beginnen, wollen wir kurz skizzieren, wie sich aus der Idee einer praktischen Anthropologie Konsequenzen für das ganze Feld pädagogischer Praxis ergeben. Ein Lehrer, der sich die Fähigkeit erwirbt, die Gesetze und Bedingungen1 menschlicher Entwicklung zu verstehen und dadurch lernt, die Entwicklung des heranwachsenden Menschen im Hinblick auf dessen ganzes Wesen zu fördern, erwirbt sich durch Anthropologie erzieherische Kompetenz. Er kann die erzieherische Verantwortung, soweit sie in den Bereich schulischer Erziehung fällt, voll übernehmen. Bürokratische Verwaltung, die mit ihren Direktiven das pädagogische Handeln des Lehrers beeinflusst, wird dann nicht nur überflüssig, sondern widersinnig. Pädagogische Kompetenz kann nur in einer Schule fruchtbar werden, die sich von bürokratischem Reglement lossagt und selbst verwaltet. Dadurch wird die Lehrer- und Erzieherrolle von ihrer fatalen Ankettung an die Beamtenrolle befreit.
Lebenspraktisch wird Anthropologie aber immer nur im einzelnen Lehrer. Für ihn ist dann der Lehrplan keine Vorschrift, die er zu erfüllen hat. Denn der Lehrplan ergibt sich ihm aus den Bedingungen für die Entwicklung in einem bestimmten Lebensalter; sie bestimmen Auswahl und Behandlung der Unterrichtsstoffe. Bei einer anthropologischen Orientierung der Schule können die Lehrplan-Inhalte nicht einfach aus der Kulturtradition übernommen werden. Diese Inhalte sind z.T. durch den Reduktionismus gegenüber der Wirklichkeit geistleer. Damit fehlt ihnen jene Dimension, die nicht nur zu Kenntnissen führt, sondern auch menschliche Entwicklung anregt. Diese Dimension hat der Lehrer dem Stoff einzupflanzen, wenn Unterricht den Bedingungen menschlicher Entwicklung gerecht werden soll (siehe hierzu die beiden letzten Abschnitte dieses Kapitels). Außerdem sind aus dem Gesamtfeld der Inhalte jeweils diejenigen auszuwählen, die den spezifischen Entwicklungsdispositionen und -notwendigkeiten eines bestimmten Alters entsprechen. Auf diese Weise konkretisiert sich Anthropologie im Lehrplan. Das unterscheidet den Lehrplan vom üblichen Zustandekommen der Lehrpläne. Diese sind nach Weniger in nicht geringem Umfang das «Ergebnis gesellschaftlicher Kämpfe, bleiben auch nach ihrer Kodifizierung Gegenstand solcher Auseinandersetzung». Denn «der Lehrplan gibt an, was im Unterricht geschehen soll, und daher muss jeder gesellschaftliche Faktor, der … auf die Jugend wirken will, versuchen, Anerkennung und Stellung in den geltenden Lehrplänen zu gewinnen» (Blankertz 1972, S. 120). Durch Anthropologie soll das Kind in seinem Lernen und seiner Entwicklung aber nicht in Abhängigkeit von den einander oft widerstrebenden gesellschaftlichen Faktoren geraten, die wohl ihre Interessen, aber wenig von den Entwicklungsbedingungen des Menschen kennen.
Wenn man das pädagogisch Fatale dieser Situation nicht bemerkt und behauptet, dass Lehrpläne «immer … aus dem geistigen Kampf sozialer und weltanschaulicher Gruppen hervorgehen» (Ullrich 1986, S. 131), können nur Missverständnisse entstehen. Man kann dann aus der Tatsache, dass der Lehrplan der Waldorfschulen verschiedene Trends nicht mitvollzogen hat, ableiten, er sei weit hinter der Zeit zurückgeblieben. Die anthroposophische Pädagogik will gerade jene Einflüsse, die Schule zum Werkzeug partikulärer gesellschaftlicher Interessen machen, eliminieren. So schreibt Steiner: «Was ein Mensch in einem bestimmten Lebensalter wissen und können soll, das muss sich aus der Menschennatur ergeben … Nicht der Staat oder das Wirtschaftsleben haben zu sagen: So brauchen wir den Menschen für ein bestimmtes Amt; also prüft uns die Menschen, die wir brauchen und sorgt zuerst dafür, dass sie wissen und können, was wir brauchen» (Steiner 1982, S. 38). Damit ist auf ein anderes Verhältnis von Schule und Gesellschaft hingewiesen als das heute gängige. Nicht die Gesellschaft, die heute besteht, soll bestimmen, was aus dem heranwachsenden Menschen wird, sondern es soll sich ungehindert entwickeln, was im Menschen veranlagt ist. «Dann wird es möglich sein, der sozialen Ordnung immer neue Kräfte aus der heranwachsenden Generation zuzuführen. Dann wird in dieser Ordnung immer das leben, was die in sie eintretenden Vollmenschen aus ihr machen; nicht aber wird aus der heranwachsenden Generation gemacht werden, was die bestehende soziale Ordnung aus ihr machen will» (Steiner 1982, S. 37).
Das bedeutet aber keineswegs Ignoranz gegenüber den Forderungen der Gesellschaft. Im Zusammenhang mit der Gründung der ersten Waldorfschule hat sich Steiner entschieden gegen die Lebensfremdheit gymnasialer Bildung gewandt und eine entsprechende Erweiterung der Unterrichtsinhalte gefordert (Steiner 1964, S. 98 f.). Anthropologie verhindert aber, dass Schule in den Sog geistiger Modeströmungen gerät (Programmierter Unterricht, Neue Mathematik, PC usw.) und ihre Modernität dadurch ausweist, dass Neues ohne zureichende Reflexion zum Unterrichtsinhalt gemacht wird. Anthropologie ist die Voraussetzung für pädagogische Verantwortung, die die Forderungen der Zeit ernst nimmt, immer aber die Frage aufwirft: Wie kann das Neue in Übereinstimmung mit den inneren Bedingungen der menschlichen Entwicklung Inhalt des Unterrichts werden? Es handelt sich keineswegs um eine «freie» Entwicklung ohne objektiv-inhaltliche u.a. Bestimmungen.
Anthropologie soll vor allem den Blick für die Kinder, für ihre besondere Wesensart und ihre Anlagen schärfen. Dadurch kann das einzelne Kind dem Lehrer zum Rätsel werden. Die Lösung des Rätsels ist nicht nur das Verstehen, sondern ein Handeln, das die Situation des Kindes aufgreift und das Kind in seiner Entwicklung fördert. Der Maßstab des pädagogischen Handelns liegt im werdenden Menschen, nicht in der Beziehung zu einer Norm. Was als Norm, d.h. als Ziel von Erziehung und Unterricht gelten kann, muss dann doch aus Anlagen des Menschen hervorgehen, d.h. sich als Fähigkeit aus diesen irgendwie entwickeln. Andernfalls wäre eine Norm etwas dem Menschen Fremdes, das ihm nur von außen aufgeprägt werden könnte. Die Norm reguliert die pädagogische Wirklichkeit gleichsam von oben, vom Ziel her. Praktische Anthropologie führt dagegen zu einer Pädagogik, für die der einzelne Mensch mit seinen je individuellen Anlagen und deren Entwicklung im Mittelpunkt steht. Was der Pädagogischen Anthropologie und der Erziehungswissenschaft die Norm ist, das ist der anthroposophischen Pädagogik das einzelne Kind und die Berücksichtigung jener Gesetze und Bedingungen, die es in seiner Entwicklung, und zwar möglichst im ganzen Umfang des Menschseins, fördern. «Was der Erzieher tut, kann nur in geringem Maße davon abhängen, was in ihm durch allgemeine Normen einer abstrakten Pädagogik angeregt ist; es muss vielmehr in jedem Augenblicke seines Wirkens aus lebendiger Erkenntnis des werdenden Menschen heraus neu geboren sein» (Steiner 1982, S. 86 f.). So kompensiert die anthroposophische Pädagogik gleichsam das Defizit an Anthropologie, das der an Normen sich orientierenden Pädagogik anhaftet.
Es ist deshalb eine grobe Verzeichnung, wenn behauptet wird, anthroposophische Pädagogik sei im Konkreten normative Didaktik, die in einer «lückenlosen Deduktionskette» die «Ziele, Inhalte und Methoden schulischer Unterweisung» von ihren «anthropologischen Prämissen» ableite (Ullrich 1986, S. 121). Die folgende Darstellung soll zeigen, dass Anthropologie eine ganz andere Aufgabe hat, als Prämissen für einen Deduktionsprozess zu liefern. Es ist allerdings viel schwieriger und offensichtlich auch schwer zu verstehen, dass sie nicht nur zu einem System von Aussagen über den Menschen im Allgemeinen wird, die man in der Praxis anwendet, sondern zu einer Fähigkeit, die den einzelnen Menschen und in ihm die Bedingungen und Gesetze menschlicher Entwicklung sehen lernt und den Lehrer aus solcher Einsicht zum Erziehen und Unterrichten befähigt.
Eine der wichtigsten Fragen der Anthropologie ist die nach den Faktoren, die in ihrem Zusammenwirken den Menschen ausmachen. Denn die Anschauungen, die man sich über diese Faktoren bildet, bestimmen das ganze Denken über den Menschen. Unklarheit oder Irrtum an dieser Stelle führt zwangsläufig zu einer wirklichkeitsfremden Theorie, d.h. in das Unpraktische.
Ein so differenziertes Wesen wie den Menschen wird man nur begreifen, wenn es gelingt, seine wesentlichen Glieder klar ins Auge zu fassen, um durch das, was sich der analysierenden Betrachtung ergibt, Einblick in sein Wesensgefüge zu gewinnen. Die Aufgliederung, die die Wissenschaften vom Menschen in Anatomie, Physiologie, Psychologie, Soziologie usw. vornehmen, ist hier allerdings wenig hilfreich. Denn jede dieser Disziplinen ist durch ihre Methoden auf ihren Ausschnitt festgelegt. Es gibt wohl detaillierte Studien über die Leiberfahrung (Leib-Phänomenologie), die die innige Verflechtung von Leib und Seele aufweisen. So schreibt z.B. Merleau-Ponty: «… mein Leib steht nicht vor mir, sondern ich bin in meinem Leib, oder vielmehr ich bin mein Leib» (1966, S. 180). Neben dieser Einheit der Erfahrung untersucht die Physiologie den Leib als Gegenstand. Von ihren Befunden führt aber kaum ein Weg zu denen der Psychologie. Es fehlt innerhalb der verschiedenen Disziplinen ein methodischer Ansatz für die Erkenntnis des ganzen Menschen. Zumeist entsteht das Bild eines Konglomerates, von dem man wohl glaubt, aber nicht sieht, dass es sich immer um das gleiche Wesen handelt. Die Hoffnung, durch Integration der Spezialwissenschaften zu einer wirklichen Anthropologie zu kommen, ist wenig aussichtsreich. Wie muss man gliedern, ohne den Weg zur Synthese von vornherein zu verbauen?
Was es zu verstehen gilt, ist der Mensch, der wach und tätig im Leben steht, der Erfahrung sammelt, die Welt erlebt und über sie nachdenkt, der bestimmte Begabungen und Charaktereigenschaften hat, der vom Kind zur selbstständigen Persönlichkeit wird usw. Dieser Mensch tritt uns als leibliches Wesen, d.h. als räumlich-materielle Gestalt, entgegen. Sein Leib ist lebendiger Leib mit seinen verschiedenen Gliedern und Organen. Er ist bewegte Gestalt, durch die uns der Mensch als Person entgegentritt. Man nimmt unmittelbar wahr, dass man in der Physiognomie, im Spiel der Miene, in Blick und Stimme, in Haltung und Bewegung einem individuellen Wesen begegnet.
Wenn man den Menschen nur unter diesem Aspekt betrachtet, kommt man wie z.B. Binswanger (1962) zu der Auffassung, «dass wir anthropologisch keineswegs scheiden dürfen zwischen Leib und Seele als zwei Substanzen oder auch nur als zwei Attribute ein und derselben Substanz». Denn, wenn «einer den andern beim Ohr nimmt, beim Kragen oder bittflehend bei den Knien, so meint er doch weder Ohr noch Kragen, noch Knie …, sondern ihn». Leitet man hieraus aber ab, das Menschsein sei eine untrennbare Einheit, so bedeutet das Verengung auf eine Sichtweise. Es gibt nicht nur eine Phänomenologie im Raum menschlicher Begegnung, sondern auch in der inneren Wahrnehmung. Da erlebt man das unmittelbar (Freude usw.), was sich beim andern z.B. in der Miene äußert. So muss man zwischen eigenem unmittelbarem Erleben und dem Verstehen des andern unterscheiden. Man erlebt nur die eigenen Gefühle, nicht die des andern. Seine Auseinandersetzung mit Dilthey (a.a.O., S. 689 ff.) zeigt, dass sich Binswanger den Blick auf diesen Unterschied verstellt hat.
Buytendijk hat einmal gesagt, «für eine Erkenntnis der menschlichen Bewegung ist es … notwendig, die Identität des Sichtbaren und des Wirklichen aufzugeben» (Buytendijk 1958, S. 174). Das gilt auch für das Antlitz und die Haltung. Das Sichtbare ist der Leib, und zwar dadurch, dass er wie die anderen sichtbaren Dinge seine Gestalt aus Stoffen der äußeren Natur aufbaut. Durch den Leib steht der Mensch mit dieser in Beziehung und nimmt sie durch die Sinne wahr. Was sich am Leib aber als Ausdruck manifestiert, hat seinen Ursprung nicht im Sichtbaren. Man kann den Leib mit allen nur denkbaren Methoden untersuchen und wird das Erlebnis der Freude nicht finden, das sich im Lächeln ausdrückt. Man muss die Beobachtung nicht mehr durch die Sinne nach außen richten, sondern nach «innen», d.h. auf eine im Raum nicht mehr auffindbare Wirklichkeit. Dieses Innere, die Seele, ist es, das sich den Tatsachen und Vorgängen der Umgebung empfindend und wahrnehmend zuwendet; das durch die Wahrnehmungen zu inneren Erlebnissen (Gefallen, Freude, Ärger usw.) angeregt wird und durch sie in innere Beziehung zur Welt kommt; das Begehrungen und Wünsche gegenüber bestimmten Dingen entwickelt und eigene Absichten durch den Willen ausführt. Diese Regungen und Tätigkeiten erlebt der Mensch als sein eigenes Inneres. Er weiß unmittelbar, dass sie (nur) seine eigenen sind (Privatheit und Intimität des Seelischen). Erleben und eigenes Sein sind eine Einheit. Dadurch hat das Seelische den Charakter des Innerlichen. Es löst sich nicht vom Innern los; es gehört eben nicht dem Bereich an, in dem man die Dinge von außen wahrnimmt wie den Leib. So leben die Regungen und Tätigkeiten der Seele in einem Bereich, an den keine Sinneswahrnehmung heranreicht. Niemand kann mit den Sinnen das seelische Erleben eines andern wahrnehmen. Das Medium der Seele ist die Zeit, nicht der Raum.
Aus solchen Beobachtungen ergibt sich, dass Leib und Seele zwei Bereiche des Menschen sind, die sich in ihren Eigenschaften grundlegend unterscheiden. Es gibt kein Übergehen von dem einen in den anderen; Seelisches wird nicht zu Leiblichem, Leibliches nicht zu Seelischem. Selbst dann, wenn ein Gefühl sich im Leib als Miene oder Geste manifestiert, verliert es nicht den Charakter seiner Innerlichkeit. Und die Reize, die aus der Umgebung durch die Sinne auf den Leib einwirken, sind nicht Ursachen für seelisches Erleben wie die Wärme für das Schmelzen des Eises. Sie sind nur Anlass dafür, dass eine seelische Regung antwortet. So muss man im Menschen ein leibliches und ein seelisches Dasein als zwei eigenständige Bereiche unterscheiden. Eigenständig heißt aber nicht, dass Leib und Seele voneinander abgesondert, sondern von verschiedener Wesensart sind. Ihre Beziehung zueinander, ein wichtiges Kapitel der anthroposophischen Anthropologie, werden wir später behandeln.
Jenen Auffassungen, denen die sogenannten objektiven Tatsachen ausschließlich als das Wirkliche gelten, ist die Seele kein eigenständiger Wesensbereich. Besonders verbreitet ist die Theorie, nach der der Mensch bis in das Gebiet seiner persönlichen Wesensart sein Dasein dem Zusammenwirken von Vererbung und Umwelt verdankte. Was auf Vererbung zurückgeht, gilt als Folge materieller Strukturen und Prozesse. Deshalb sei der Mensch letzten Endes nur Leib. Die seelischen Phänomene seien auf leibliche Prozesse zurückzuführen. Wir wollen auf diese Theorie, weil sie in der Interpretation menschlicher Entwicklung eine große Rolle spielt, kurz eingehen. Wie steht es mit dem entscheidenden Punkt dieser Theorie, dem Zusammenwirken zwischen den Faktoren der Vererbung und der Umgebung?
Seit mehreren Jahren hat man durch Experimente an Säugetieren (jungen Katzen, Singer 1985, 1988) und Beobachtungen an schielenden Kindern (siehe Emrich 1986) genauere Einblicke in jene Prozesse, durch die Vererbung und Umwelt in Wechselwirkung treten. Das Gehirn des neugeborenen Tieres, auch das des Säuglings, hat zunächst einen hohen Grad an Plastizität und wird erst durch bestimmte Umstrukturierungen im visuellen Cortex zu einem für Gegenstandswahrnehmung geeigneten Organ. Es handelt sich hierbei aber nicht um eine genetisch vorgegebene Reifung, sondern nach den Beobachtungen von Singer (1985, S. 50) um «erfahrungsabhängige Entwicklungsprozesse», in denen «außergenetische Faktoren» eine entscheidende Rolle spielen. Die Experimente von Singer beweisen, dass die von der Umgebung ausgehenden visuellen Eindrücke nur dann im Gehirn zu den entsprechenden Veränderungen führen, wenn das junge Tier wach ist und sich ihnen aufmerksam zuwendet. Außerdem müssen die Eindrücke für das Verhalten des Tieres eine Bedeutung haben (Singer 1988). Aufmerksamkeit ist kein physiologischer, sondern ein psychologischer Sachverhalt. Das gilt auch für das Erfassen von Bedeutung. Man kann hieraus nur einen Schluss ziehen: Die Umwelt wirkt nicht direkt auf das Gehirn mit seinen durch Vererbung entstandenen Strukturen. Sie regt seelische Prozesse an (Aufmerksamkeit, Erfassen von Bedeutung); und diese sind entscheidend an den strukturellen Veränderungen in dem noch bildsamen Gehirn der jungen Tiere und Kinder beteiligt. Deshalb haben diese Entwicklungsprozesse «zumindest auf einer deskriptiven Ebene alle Eigenschaften eines Lernvorgangs» (Singer 1985, S. 50).
Diese Befunde verlangen eine Revision der weit verbreiteten Meinung, Entwicklung sei das Resultat des Zusammenwirkens der zwei Faktoren Vererbung und Umwelt. Singer spricht aufgrund seiner Beobachtungen von drei Faktoren. Was er als dritten Faktor bezeichnet – «den jeweiligen Zustand, in dem sich das Gehirn befindet, während es mit der Umwelt interagiert» (1985, S. 61) –, weist etwas unbestimmt auf die von außen angeregten seelischen Prozesse hin. Die Theorie, nach der «das sich entwickelnde Individuum … lediglich Objekt eines Geschehens» ist, selbst aber «keinerlei Einfluss auf die in ihm und mit ihm sich vollziehenden Vorgänge» (Nickel 1982, S. 74 f.) habe, widerspricht nicht nur der subjektiven Erfahrung, sondern auch den Ergebnissen einer objektiven Untersuchung. Sie begreift nicht die Wirklichkeit des Menschen.
Der Mensch geht aber noch nicht in dem auf, was er durch seinen Leib und seine Seele ist. Wenn der Mensch durch sein Denken den gesetzmäßigen Zusammenhang bestimmter Erscheinungen erfasst, wird ihm etwas bewusst, was der Welt angehört. Durch seinen Leib (die Sinne) lernt er die Welt in ihrer Erscheinung kennen. Diese ist aus sich selbst nicht verständlich, weil sie ihren Zusammenhang nicht ausspricht. Dieser Anteil der Welt, der den Sinnen, d.h. der Betrachtung durch den Leib, verborgen ist, wird dem Menschen im Denken bewusst. Denn das Denken umfasst mehr als den Verstand, der die Welt der Erscheinungen durch seine (definierten, starren) Begriffe zergliedert und glaubt, aus dem Teil die Welt rekonstruieren zu können. Durch das Denken kann der Mensch seine Begriffe erweitern, sodass sich in ihnen die innere Gesetzmäßigkeit oder das Wesen der Dinge immer vollkommener ausspricht. Das Denken kann auch die starren Vorstellungen und Begriffe beweglich machen, ineinander übergehen lassen und als «gestaltendes Denken» (Steiner) in Zusammenhänge eindringen, die dem Verstand verschlossen sind. Was als Erkenntnis im Denken aufleuchtet, gehört einem Bereich an, der über den Leib und die Seele als das eigene Innere hinausreicht. Das ist das objektive Gebiet des Geistes. Die Wirklichkeit der Welt geht nicht in ihrer Erscheinung auf. Erscheinung ist das, was dem Menschen von den Dingen durch seinen Leib bewusst wird. Da ist der geistige Anteil der Wirklichkeit dem Menschen noch verborgen. Diesen erfasst er erst im Denken. Noch nicht die Gedanken als solche sind das Geistige. Mit ihnen kann der Mensch im Bereich subjektiver Meinung verstrickt sein. Erst wenn in den Gedanken der zunächst verborgene Weltzusammenhang in der Erkenntnis bewusst wird, erhebt sich der Mensch in das Gebiet der Wahrheit. Denn es gibt nicht nur die umfassende Wahrheit, jenes letzte Ziel menschlichen Strebens. Jede echte Erkenntnis, jede Wahrheit, die der Mensch erringt, ist ein Schritt auf dem Weg zu diesem fernen Ziel. Soweit der Mensch sich mit der Wahrheit verbindet, ist er nicht bloß Seele, sondern auch Geist. Jene Auffassungen, die am Menschen nur Leib und Seele sehen, verkennen die Bedeutung des Denkens, durch das der Mensch zur Erkenntnis der Welt, der seines eigenen Wesens und seiner Stellung in der Welt kommen kann. Als Seele erfasst der Mensch die Dinge nur von seinem subjektiven Standpunkt aus, nicht aber in ihrer eigenen Gesetzmäßigkeit.
Der Mensch ist aber nicht nur im Erkennen ein geistiges Wesen. Er kann sich auch im Handeln in die Sphäre des Geistigen erheben. Zunächst ist Handeln Betätigung durch den Leib; es ist absichtsvolles Wirken in der Welt. Was wird aber im Handeln verwirklicht? Der Mensch ist nicht auf den engen Kreis seiner Wünsche, seiner Interessen und persönlichen Absichten begrenzt. Er kann erfassen, was andere Menschen, was die soziale Gemeinschaft und was die Natur für ihr Dasein und ihre Entwicklung benötigen. Das Erleben von Unvollkommenheit und Not führt ihn im Denken und in der Fantasie zu Anschauungen eines vollkommeneren und besseren Daseins. Der Mensch geht vom Gewordenen über zum Werden und dem Impuls, an diesem Werden mitzuwirken. Das kann sich auf Situationen des Alltags wie auf weit in die Zukunft reichende Ziele beziehen. Soweit der Mensch solche Notwendigkeit zum Inhalt seines Handelns macht, stellt er sich schöpferisch in den Lebens- und Weltzusammenhang hinein; er wirkt an dessen Werden und Fortschritt mit. Die Notwendigkeiten des Lebens und der Welt werden zum Inhalt seines Interesses; der Mensch wird selbstlos, d.h. moralisch gestimmt. Und soweit er aus einer solchen moralischen Orientierung in das Dasein eingreift, ist sein Handeln nicht mehr nur zweckmäßig; es ist geistig bestimmt, d.h. Sinn-voll. Der Mensch antwortet im Handeln nicht nur aus seinem subjektiven Erleben auf die Umgebung, er ergreift Verantwortung für die Mitmenschen und die Welt.
Ein drittes Gebiet, in dem der Mensch nicht nur körperlich und seelisch aktiv ist, sondern zugleich auch geistig, ist das künstlerische Schaffen. Im Erüben einer künstlerischen Fähigkeit lernt der Mensch den Stoff – Farben, Töne, Stein, Sprache, Bewegung usw. – so zu gestalten, dass in ihm etwas Wesenhaftes, Geistiges zur Offenbarung kommt. «Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, Kunst macht sichtbar» (Klee), nämlich das, was ohne die Kunst im Verborgenen bliebe. Bevor es aber dem Stoff eingeprägt wird, muss es innerlich erlebt werden. Deshalb ist künstlerisches Üben immer mit einer Erweiterung und Vertiefung des Erlebens verbunden – selbstverständlich auch mit Verfeinerung des technischen Könnens. Die Quelle der Kunst liegt aber in der Fantasie, die Geistiges ergreift und aus dem Unsichtbaren in die Welt des Sichtbaren hineinträgt. – Deshalb führt das Kunstwerk den Menschen im ästhetischen Betrachten zu einem Erleben, in dem sich seine Seele zum Erahnen des Geistigen weitet.
In jedem Menschen sind Leib, Seele und Geist in jeweils individueller Ausprägung miteinander verbunden. Will man den Menschen im Sinne der anthroposophischen Anthropologie verstehen, dann muss man ihn unter drei Gesichtspunkten, denen des Leibes, der Seele und des Geistes, betrachten. Das verlangt drei verschiedene Erkenntnismethoden. Durch sie erst ergeben sich jene Einsichten, die die Anthropologie der anthroposophischen Pädagogik ausmachen.
Das Bisherige ist der erste Schritt auf dem Weg zur anthroposophischen Anthropologie (siehe Steiner 1978 b, Kapitel «Das Wesen des Menschen»). Er steckt das Fundament ab und gibt die Gewähr, dass das Gebäude nicht von vornherein durch reduktionistische Tendenzen zu eng vermessen ist. Nun ist der Mensch als «Bürger dreier Welten» (Steiner) in den drei Bereichen seines Wesens genauer zu betrachten.
Für die Aufgabe des Erziehens ist ein Verständnis der menschlichen Seele von besonderer Bedeutung. Aus dem Bisherigen ergibt sich, welches die angemessene Methode ist, um die menschliche Seele als das eigene Innere zu erforschen. Es ist die innere, seelische Beobachtung. In der Psychologie wird heute nach dem Vorbild der Naturwissenschaft vielfach experimentell geforscht. Auf diesem Wege erfasst man aber nicht die Seele selbst, sondern ihre Äußerungen durch den Leib. Und bekanntlich kommt die experimentell arbeitende Psychologie für die Deutung ihrer Resultate nicht ohne Anleihen bei der inneren Beobachtung aus.
Deshalb werden wir das erste Problem, das der Klassifikation der seelischen Phänomene, nicht auf dem Wege über die Faktorenanalyse – ausgehend von der Verhaltensbeobachtung –, sondern auf dem Wege der inneren Beobachtung behandeln. Es geht hierbei nicht um Beschreibung der zahlreichen Seeleneigenschaften, sondern um die Grundkräfte der Seele, um die «Wurzeleigenschaften» (Pongratz 1967), die «grundlegenden Dispositionen» (W. Stern). Wie es zahlreiche Farben gibt, viele von ihnen aber als Mischfarben auf wenige Grundfarben zurückzuführen sind, so ergeben sich auch viele Seeleneigenschaften aus dem Zusammenwirken weniger Grundkräfte. Zunächst haben wir also die Grundeigenschaften mit ihren spezifischen Qualitäten klarzulegen. Dann ist zu zeigen, wie aus diesen Grundeigenschaften die Vielzahl der Seelenregungen verständlich wird.
Damit keine Missverständnisse entstehen, sei betont, dass das Folgende nicht eine Theorie über die Seele ist, sondern Beschreibung von inneren Beobachtungen. Diese Beschreibungen sind Hinweise auf Beobachtungen; man kann sie prüfend nachvollziehen. Es gibt gegenüber den Phänomenen des Seelischen ebenso die Möglichkeit des intersubjektiven Erfahrungsaustausches wie bei denen der äußeren Erfahrung.
Ein erstes Gebiet des Seelischen im Sinne der Grundkräfte ist das der Vorstellungen. Es liegt dort, wo die Seele durch die Sinne zur Außenwelt in Beziehung tritt. In den Vorstellungen gewinnt der Mensch Bilder dieser Außenwelt. Vorstellungen sind aber nicht ein Abdruck, den die Dinge in der Seele bewirken. Spätestens seit der Gestaltpsychologie weiß man, dass sie das Resultat seelischer Tätigkeit sind. Man bildet die Vorstellung des Baumes, des Hauses, indem man bestimmte Farb- und Formkomplexe zur Gestalt des Stammes und der Krone oder der der Wände, des Daches usw. zusammenfasst. In jeder Wahrnehmung, die die Gestalt und Bedeutung der Gegenstände erfasst, wird eine Vorstellung bzw. ein ganzer Vorstellungskomplex gebildet. So ist die Vorstellung immer schon das Resultat einer Seelentätigkeit, die von den Sinneseindrücken angeregt wird. Die Vorstellungen sind Bilder, die der Einzelne von den Erscheinungen gewonnen hat. Sie haben nicht die allgemeine Gesetzmäßigkeit bzw. das Wesen der Dinge zum Inhalt. Deshalb gehören sie in das Gebiet des Seelischen, nicht in das des Geistes.
Wenn das Kind in den ersten Lebensmonaten die Gegenstände seiner Umgebung wahrnehmen lernt, dann beruht das auf der vorstellenden Seelentätigkeit. Beim Kind geht die vorstellende Tätigkeit in den Wahrnehmungen auf. Erst später kommt das Kind zu freien Vorstellungsbildern. Hätte das kleine Kind nicht schon die Fähigkeit zu dieser Tätigkeit in seiner Seele, so könnte es nie zur Gegenstandswahrnehmung kommen.
Die bildhafte Repräsentanz der äußeren Welt in den Vorstellungen bedingt einen weitgehend sachlich-unpersönlichen Charakter.2 Nur durch ihn können die Vorstellungen ein getreues Bild der Welt vermitteln. Hieraus ergibt sich ein erzieherisches Problem. Unterricht, der ausschließlich oder vorwiegend zum Wissen führt, unterdrückt durch das unpersönliche Element des Vorstellungslebens die anderen Bereiche des Seelenlebens.
Der Innenbereich der Seele beginnt erst mit den Gefühlen. Auch in den Gefühlen wendet sich die Seele zur Welt; man freut sich über eine Pflanze, man liebt einen Menschen, man ärgert sich über ein Missgeschick. In diesen Beziehungen lebt die Seele selbst. Die Gefühle sind nicht Bild äußerer Dinge, sondern inneres Leben im Wechsel von sympathisch und antipathisch getöntem Erleben. Auf seine Vorstellungen schaut der Mensch hin; er hat von ihnen ein deutliches Bewusstsein. Mit dem wogenden Leben der Gefühle und Affekte ist er verflochten. Deshalb kommt man auch gegenüber den Gefühlen viel schwerer zu klaren Anschauungen.
Die Gefühle entstehen als Antworten auf Wahrnehmungen, Vorstellungen, Gedanken usw. Sie sind reaktiv. Im Willen ist die Seele ganz aus sich selbst tätig. Deshalb ist der Wille ein drittes Element der Seele. Um verständlich zu machen, was die anthroposophische Anthropologie mit Wille meint, sind einige Abgrenzungen nötig. Nach Wellek (1950, S. 180) ist die «Absicht das Willensphänomen katexochen». Es liege in dem Wollen, das sich zur Absicht verdichtet. Zum Willen gehört hier der Gedanke, der in jeder Absicht enthalten ist. In dem, was Wellek als Wille bezeichnet, wirken bereits verschiedene Elemente zusammen – ein Aktives und der Gedanke. Ähnlich ist es bei Lersch. Wille ist bei ihm die «Instanz, die entscheidet, ob und in welcher Richtung eine Bewegung, ein Tun, ein Verhalten an ihm (dem Menschen) und durch ihn geschehen soll» (Lersch 1970, S. 484). Diese Richtung ist wiederum eine gedankliche Bestimmung.
Das reine Seelenphänomen des Willens zeigt sich erst, wenn man von der gedanklichen Bestimmung absieht und das Aktive selbst ins Auge fasst. Dann findet man den Willen z.B. in der inneren Kraft beim Durchführen von Bewegung und Arbeit, im Überwinden der Schwere des eigenen Leibes im Stehen und Gehen, als die innere Aktivität in Aufmerksamkeit und Konzentration. Der Wille ist immer eine Aktivität, die man in jedem Augenblick seines Wirkens neu impulsiert. Er ist Seelentätigkeit, die unentwegt neu entsteht, weil sie unentwegt neu erzeugt wird. Und man erlebt mit aller Evidenz, dass man es selbst ist, der dieses immer erneute Entstehen bewirkt. Insofern ist der Wille auf nichts anderes zurückführbar. Er bildet sich nicht wie die Vorstellung und das Gefühl in der Beziehung zur Welt. Er wirkt wohl in der Auseinandersetzung mit Widerstand. Dieser bestimmt den Willen aber nicht inhaltlich wie die Dinge die Vorstellungen und Gefühle. Die Grundqualität ist eine schöpferische, denn der Wille erzeugt sein Wirken fortlaufend selbst.
Der Ausblick auf die Natur des Willens ist heute durch die physiologische Interpretation der Bewegung weitgehend verstellt. Nach dieser wird die Bewegung durch Nervenaktionsströme der efferenten Nerven in der Muskulatur ausgelöst. Verursacht man aber durch elektrische Reizung der entsprechenden Regionen des Großhirns z.B. die Bewegung einer Hand, so fehlt dieser Bewegung das, was die Willenstätigkeit kennzeichnet, nämlich das Erlebnis, die Bewegung selbst zu bewirken (Penfield 1975, S. 76). Die Willenstätigkeit ist ein anderer Tatbestand als die physiologische Deutung und ist nicht auf diese reduzierbar (Genaueres bei Kranich 1990).
So sind Vorstellung und Wille durch ihre gegensätzlichen Eigenschaften gleichsam die zwei Pole der Seele. Durch die Vorstellungen trägt die Seele Bilder der äußeren Welt in sich und ist ganz zu ihr hingewendet. Denn der Mensch weiß, dass seine Vorstellungen immer etwas Objektives meinen. Durch seine Vorstellungen gewinnt der Mensch Kenntnis der Welt. Der Wille ist dagegen das innerste Selbstsein der Seele. Und in den Gefühlen tritt der Mensch als individuelle Seele erlebend zur Welt in eine vielfältige Beziehung. Erst durch die Gefühle wird die Welt für ihn persönlich bedeutungsvoll. – Vorstellung, Gefühl und Wille sind die drei Grundkräfte der Seele.
Das innere Leben der Seele lernt man dann richtig kennen, wenn man verfolgt, wie «in der lebendigen Seele eine Tätigkeit immer in die andere übergeht» (Steiner 1973 a, S. 78). Psychologie wird erst, wie wir sehen werden, lebenspraktisch, wenn man das wechselseitige Zusammenwirken der drei Seelentätigkeiten und damit den Bereich kennenlernt, in dem sich seelische Entwicklung vollzieht. Wir können dieses große Gebiet nur in groben Zügen skizzieren, indem wir weiterhin beschreiben, was sich der inneren Wahrnehmung ergibt.
Wenn der Wille in die Vorstellungstätigkeit hineinwirkt, kommt der Mensch zu genauem und wachem Betrachten, zum aufmerksamen Wahrnehmen. Im Bereich der freien Vorstellungsbilder führt er zum willkürlich vollzogenen Erinnern, zur Konzentration auf frei gewählte Inhalte. Der Mensch gewinnt die Herrschaft über den Ablauf des Vorstellungslebens. Das ist Voraussetzung für das Denken, das aus dem Überblick über die Sachverhalte zum richtigen Urteil gelangt. Durch den Willen kommt es im Vorstellungsleben zu einer Entwicklung von der ungeregelten, assoziativen Folge der Bilder bis zu ihrer willkürlich gelenkten Abfolge.
Umgekehrt führen Vorstellungen im Willen zur bewusst gelenkten Bewegung. Als Handlungsziele sind sie Voraussetzung für eine zweckmäßige oder sinnvolle Abfolge von Bewegungen.3Der Mensch wird zu einem Wesen, das seine Tätigkeiten bewusst ausführt. Indem er im Entschluss die Vorstellung bewusst zum Inhalt seiner Handlungen macht, kann er sich über die Abhängigkeit seines Tuns von der Herrschaft der Triebe und Begierden erheben.