Arkansas Dreams – Ein Tierarzt zum Verlieben - Hailey North - E-Book
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Arkansas Dreams – Ein Tierarzt zum Verlieben E-Book

Hailey North

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Beschreibung

Der Ort, an dem Träume wahr werden: Der romantische Wohlfühlroman »Arkansas Dreams – Ein Tierarzt zum Verlieben« von Hailey North jetzt als eBook bei dotbooks. In dieser verträumten Kleinstadt werden selbst gebrochene Herzen wieder ganz … Weil ihr Leben gerade in eine bedenkliche Schräglage zu geraten droht, verschreibt Stacy sich und ihrer geliebten Collie-Hündin True ein paar Tage Wellness-Urlaub fernab der hektischen Großstadt. Doch statt im Wohlfühlhotel landet sie nach einer Bruchlandung im verschlafenen Kleinstadtnest Doolittle, wo sie für True dringend einen Tierarzt finden muss – und fällt aus allen Wolken, als sich der örtliche Doktor als Mister Charming herausstellt: Michael Halliday ist charmant, sensibel und unglaublich sexy. Plötzlich kommt ihr die Provinz wie der ideale Ferienort vor – doch hat ihre Schwärmerei für den rauen Single-Dad auch eine Zukunft? »Süß, sexy und lustig.« Bestseller-Autorin Rachel Gibson Jetzt als eBook kaufen und genießen: Die warmherzige Small-Town-Romance »Arkansas Dreams – Ein Tierarzt zum Verlieben« von Hailey North. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 464

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Über dieses Buch:

In dieser verträumten Kleinstadt werden selbst gebrochene Herzen wieder ganz … Weil ihr Leben gerade in eine bedenkliche Schräglage zu geraten droht, verschreibt Stacy sich und ihrer geliebten Collie-Hündin True ein paar Tage Wellness-Urlaub fernab der hektischen Großstadt. Doch statt im Wohlfühlhotel landet sie nach einer Bruchlandung im verschlafenen Kleinstadtnest Doolittle, wo sie für True dringend einen Tierarzt finden muss – und fällt aus allen Wolken, als sich der örtliche Doktor als Mister Charming herausstellt: Michael Halliday ist charmant, sensibel und unglaublich sexy. Plötzlich kommt ihr die Provinz wie der ideale Ferienort vor – doch hat ihre Schwärmerei für den rauen Single-Dad auch eine Zukunft?

»Süß, sexy und lustig.« Bestseller-Autorin Rachel Gibson

Über die Autorin:

Hailey North arbeitete als Anwältin, bis sie schließlich ihre wahre Leidenschaft entdeckte und als Autorin heiterer Liebesromane große Erfolge feiern konnte. Sie lebt gemeinsam mit ihrem Mann, ihrem Hund und ihren drei Katzen in Louisiana.

Bei dotbooks veröffentlichte die Autorin ihre locker zusammenhängende »New Orleans Love«-Reihe mit den Bänden »Ein Mann gegen alle Sorgen«, »Träumerin sucht Mann fürs Leben« und »Wo ein Traummann ist, ist auch ein Weg«.

Die Website der Autorin: www.haileynorth.com/

***

eBook-Neuausgabe Januar 2023

Die amerikanische Originalausgabe erschien erstmals 2002 unter dem Originaltitel »Tangled Up In Love« bei Avon Books, HarperCollinsPublishers, New York. Die deutsche Erstausgabe erschien 2004 unter dem Titel »Tierisch verliebt« in der Verlagsgruppe Random House.

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 2002 by Nancy Wagner

Copyright © der deutschen Erstausgabe 2004 by Verlagsgruppe Random House GmbH, München

Copyright © der Neuausgabe 2022 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Kristin Pang, unter Verwendung von Motiven von shutterstock.com (Just dance, Vezzani Photography, vvvita, KuLouKu)

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (fb)

ISBN 978-3-98690-451-7

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Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

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Hailey North

Arkansas Dreams – Ein Tierarzt zum Verlieben

Roman

Aus dem Amerikanischen von Dinka Mrkowatschki

dotbooks.

Kapitel 1

»Sie brauchen ganz einfach Dr. Mike.«

Stacey St. Cyr starrte den Tankstellenwärter der 24-Stunden-Tankstelle in der inständigen Hoffnung an, dass dieses Riesenbaby von Mann ihre Gebete erhören könnte.

Just in diesem Moment landete ein Strahl seines Kautabaks haarscharf rechts neben Staceys Ferragamo-Pumps.

Sie verkniff sich ein Zucken. »Wo finde ich diesen Dr. Mike?«

»Jap.« Der Mann lehnte sich gegen eine Reklame von Red Man und verschränkte die Arme. »Hatte mal ’ne Kuh. Wegen Milch. Dann is sie vertrocknet und ich hab gedacht, ich krieg einen Haufen Steaks!« Der Mann blökte vor Lachen, bis er widerlich hustete und auf die Ölbüchse spuckte.

Stacey fixierte ihn wutentbrannt, dabei galt ihre Wut eigentlich ihrer besten Freundin und Geschäftspartnerin Donna Bell. Die konnte sich auf etwas gefasst machen, wenn sie wieder in New Orleans war! Donna hatte nämlich darauf bestanden, dass Stacey Urlaub in den abgelegensten Wäldern von Arkansas machte, anstatt zu Hause in New Orleans das zu tun, was sie am besten konnte ‒ die St. Cyr & Bell Advertising and Public Relations zu leiten.

»War mein Glück und das der Kuh, außerdem«, sagte der Mann, »war’s ungefähr um die Zeit, dass Dr. Mike in die Stadt kam.«

»Wie schön«, sagte Stacey. »Haben Sie seine Telefonnummer?«

Die Antwort des Mannes bestand aus rhythmischem Kauen.

»Ich brauche einen Tierarzt«, sagte Stacey. »Und ich brauche ihn ‒ oder sie ‒ sofort.« Sie klopfte mit der Spitze ihres Pumps gegen den Betonboden.

»Also, wie ich schon sagte, Sie brauchen Dr. Mike. Er ist zu mir nach Hause gekommen, hat einen Blick auf Bossy geworfen und ihr die Zitzen mit Vaseline eingeschmiert. Am nächsten Tag hat sie Milch gegeben, als wär nix gewesen!« Er schlug sich auf sein mit einem Overall bekleidetes Knie und strahlte.

»Wie schön«, wiederholte Stacey. Das fehlte ihr gerade noch ‒ ein Hinterwäldler-Veterinär für True Blue. True Blue war ein reinrassiger Bearded Collie. Wenn auch ein paar Hundeschau-Puristen die Rasse nicht anerkannten, wusste Stacey, es gab keinen gescheiteren, gewiefteren, liebevolleren Hund als einen Bearded Collie.

Normalerweise fuhr True sehr gerne Auto und hatte ihren Spaß daran, den Kopf aus dem Fenster zu stecken und den Wind zu kosten. Doch auf der langen Fahrt von New Orleans hatte Staceys geliebter Collie nicht einmal ihren Kopf gehoben, um aus dem Fenster zu schauen. Dann hatte sie angefangen zu wimmern, und vor einer halben Stunde hatte sie den Vordersitz des makellosen Lexus voll gekotzt.

Nur ihre Sorge um True hatte sie dazu bewegt, nach Mitternacht in Doolittle, Arkansas, das offenbar völlig ausgestorben war, anzuhalten. Die blitzende Klinik direkt nach der Abfahrt von der Interstate hatte einen sehr modernen Eindruck gemacht, aber Stacey hatte keine Nachtnotrufnummer finden können. Auf der Suche nach Hilfe war sie in der Stadt gelandet. Sie hatte die Wahl zwischen zwei offenen Geschäften und entschied sich gegen die Country Western Biker Bar und für Gas N’Go.

»Die Nummer«, sagte sie und griff nach dem Telefon auf der Theke.

Der Mann drehte sich zu dem Spiegel, der mit Fischködern, vergilbten Zeitungsausschnitten und einer Ansammlung von Visitenkarten, die im Rahmen steckten, dekoriert war. Während er kaute und suchte, entdeckte Stacey sich selbst im Spiegel.

Sie straffte instinktiv die Schultern und richtete sich auf, strich sich eine verirrte Strähne ihres langen Haars über die Schulter. Ihre Mutter hatte sie dazu erzogen, immer gut auszusehen, egal wie widrig die Umstände waren. Gegen die leichten Schatten, die sich unter ihren Augen andeuteten, konnte sie nichts machen, aber als der Tankwart eine der Karten aus dem Spiegel zog, griff Stacey in ihre Handtasche, fand ihren Lippenstift und zog sich die Lippen nach.

»Sieht gut aus«, sagte der Mann.

Stacey schloss ihre Handtasche. Sie las die Nummer auf der Karte verkehrt herum, ignorierte den Dreck, der das altmodische Telefon verkrustete, nahm den Hörer und wählte. Wäre sinnlos, die teuren Roaming-Gebühren für ihr Handy zu zahlen.

»Keine Ahnung wie Dr. Mike das macht«, sagte der Mann. »Wenn seine Familie nicht so viel Verständnis hätte, hätten Sie keine Chance.«

Stacey nickte. Sie bedauerte es, irgendjemand aus dem Tiefschlaf zu reißen, aber als Tochter zweier Ärzte wusste sie, dass Mediziner ständig nachts gerufen wurden.

Das Telefon läutete und läutete. Stacey warf einen Blick aus dem Fenster zu ihrem Wagen, wo True zusammengekauert auf dem Vordersitz lag, und fragte sich, wieso sie eine Woche Urlaub genommen hatte.

Weil du keine andere Wahl hattest, erinnerte sie sich.

»Hallo«, kam eine sehr verschlafene und sehr tiefe männliche Stimme durch die Leitung.

»Entschuldigen Sie die Störung«, sagte Stacey, »aber mein Hund ist sehr krank und Mr. ‒ äh«, sie warf einen Blick auf den Namen, der auf der Hemdtasche des Tankwarts eingestickt war, »Tim ‒«

»Tim ist mein Bruder«, verbesserte sie der Tankwart. »Ich bin Billy.«

»Sie sind im Gas N’Go?«, tönte er durch die Leitung, der Mann klang jetzt etwas wacher.

»Ja, aber wie haben ‒«

»Sagen Sie Billy, er soll Ihnen den Weg zu meinem Büro beschreiben. Oder soll ich kommen und den Hund holen?« Die Stimme war jetzt nicht mehr ganz so rauchig, war aber immer noch tröstlich tief und beruhigend.

»Danke. Eine Wegbeschreibung genügt«, erwiderte Stacey von der fürsorglichen Frage beeindruckt.

»Wir sehen uns in zwanzig Minuten.« Klick.

Zwanzig Minuten. Normalerweise musste Stacey bei ihrem Friseur länger warten ‒ mit Termin. »Er sagt, wir treffen uns dort.«

Billy sah sie an, als wäre das eine ziemlich dämliche Bemerkung. »Klar hat er das. So ist Dr. Mike. Folgen Sie einfach der Straße in die Stadt. Sie können seine Praxis gar nicht verpassen. Sie ist mitten auf dem Marktplatz.« Das Letztere wurde von einem wohlwollenden Nicken begleitet.

Sie dankte ihm und rannte zu ihrem Auto. True hob den Kopf und wimmerte. »Armer kleiner Schatz«, sagte Stacey, als sie losfuhr. »Halte durch. Wir kriegen dich schon wieder hin.« Stacey hoffte das inständig, aber als Mädchen aus der Stadt war sie nicht wirklich überzeugt, dass ein Mann, der Rindvieh mit Vaseline kurierte, ihrem kostbaren Hundchen helfen konnte.

In einer Sache hatte der Tankwart zumindest Recht. Das Zentrum von Doolittle war leicht zu finden. Sie parkte am Marktplatz, wo ein imposantes Gerichtsgebäude stand und tagsüber sicherlich eine Schar Tauben lebte und eine Truppe alter Männer in Overalls auf den pittoresken Parkbänken, die über den Rasen verteilt standen, lümmelten.

Aber jetzt war alles menschenleer. Kein anderes Auto kreiste um den Platz. Trotz ihrer Sorge um True und ihrem Ärger über die Unterbrechung ihres Terminplans, spürte Stacey, wie sie etwas von der heiteren Beschaulichkeit des Ortes durchdrang. Selbst schuld. Wenn sie nicht darauf bestanden hätte, diesen Geschäftstermin in Alexandria einzuschieben, könnte sie sich bereits in Hot Springs entspannen.

Sie folgte der Straße nach rechts und suchte die Läden nach einer Veterinärpraxis ab. Ein hölzerner Gehsteig verband alle Läden und in der schwachen Beleuchtung konnte Stacey die Waren identifizieren: handgeflochtene Körbe, Antiquitäten, handgeschmiedete Eisengegenstände, Wiesenblumenbilder, Donuts. Wenn sie in ihrem Leben doch nur mehr Zeit hätte, wäre es genau so ein Ort, den sie gerne erforschen würde. Aber sobald True versorgt war, würde sie sich wieder auf den Weg machen.

Stacey umkreiste den Platz. Können Sie gar nicht verpassen, hatte der Tankstellenwart gesagt. Bei der zweiten Umkreisung entdeckte sie die Tierklinik, eingekeilt zwischen Harolene’s Craft and Hobby und einem Antiquitätengeschäft. Zwei Lampen flackerten auf und beleuchteten die Eingangstür. Stacey stellte sich auf den schrägen Parkplatz vor dem einstöckigen Gebäude.

An allen Läden auf dem Platz prangten Holzschilder. Sie entzifferte den Namen Halliday Tierklinik. Albern, aber sie hatte nach Dr. Mikes Ausschau gehalten.

Ein Mann erschien in der Tür, seine Silhouette zeichnete sich im Licht ab. Stacey strich über den Kopf ihres Collies, dann stieg sie aus dem Wagen. Der Mann überquerte den breiten, erhöhten Gehsteig, der sich an den Läden entlangzog, ähnlich wie die Banquettes am Jackson Square in New Orleans.

Er trug Jeans und ein T-Shirt, das nicht ganz in der Hose steckte. Und Cowboystiefel. Sein Haar hätte einen guten Schnitt vertragen können oder vielleicht war es nur vom Kissen zerzaust. Bei dem Gedanken wurde Stacey ein bisschen warm.

Er sah völlig anders aus als die Tierärzte, bei denen Stacey bis jetzt gewesen war. Stacey war immer noch unschlüssig, als er bei ihr angelangt war.

»Dr. Halliday«, sagte er und seine Stimme klang in natura noch tiefer als am Telefon. »Schaun wir uns den Patienten an.«

Stacey sah hinunter auf die Hand, die sie ihm automatisch zur Begrüßung entgegengestreckt hatte. Sie steckte sie in ihre Kostümtasche und sagte: »Deshalb bin ich hier.«

Er nickte und ging zur Beifahrerseite. »Am besten machen Sie die Tür auf«, sagte er. Es sollte wohl ein guter Rat sein, aber Stacey interpretierte es als unverkennbaren Befehl.

Er hatte natürlich Recht. True würde ohne Staceys Einverständnis zu keinem Fremden gehen. Erbost, weil der Mann Recht hatte, drehte ihm Stacey den Rücken zu, öffnete die Tür und rief ihren Hund. »Komm raus, True Blue.«

Ihr treuer und normalerweise gehorsamer Hund kauerte sich tiefer in den Sitz, die Nase hielt er auf die Pfoten gepresst.

»Lassen Sie mich«, sagte der Tierarzt und schob Stacey zur Seite.

Sie beobachtete etwas irritiert und gleichzeitig beeindruckt, wie Dr. Halliday elegant in die Hocke ging, bis sein Kopf auf einer Ebene mit der des Hundes war. »Tag, Mädchen«, murmelte er. »Hab gehört, dir geht’s nicht so gut. Jetzt werden wir mal nachschauen, was mit dir los ist und wie wir dir helfen können.«

»Wuff!« Zum ersten Mal, seit sie New Orleans verlassen hatten, hob True den Kopf und sah sich um. Dann ließ sie sich mit ihren ganzen sechzig Pfund vom Tierarzt hochheben und zur Tür der Tierklinik tragen.

»Machen Sie die Tür auf, ja?«, war alles, was er sagte.

Stacey knallte ihre Autotür zu, eilte am Tierarzt vorbei zur Tür der Praxis und riss sie auf. Der Mann war zwar kurz angebunden ‒ an der Grenze zu unverschämt ‒, aber irgendwie verstand er es, mit True umzugehen. Und das, erinnerte sich Stacey, war alles, was zählte.

Trotzdem registrierte sie, wie sich unter seinen Jeans seine wohlgeformten Schenkel und Hüften abzeichneten. Er hatte True hochgehoben, als wäre sie ein Sahnetörtchen. Kraft, dachte Stacey.

Andere positive Überlegungen wurden von seinem Befehl im Keime erstickt: »Warten Sie hier.« Durch eine Schwingtür verschwand er.

»Oh nein, wirklich nicht«, sagte Stacey und folgte den beiden, bevor die Tür ganz zurückschwingen konnte. »Das ist mein Baby. Wo sie hingeht, geh ich auch hin.«

Der Mann zuckte mit dem Arm voller Hund die Achseln.

Er setzte True auf einen Untersuchungstisch, der in einem kleinen Raum stand, dessen Wände mit Bildern von Hunden gepflastert waren. Windhunde, Labradors, Pudel, alle waren vertreten. Aber Staceys Aufmerksamkeit war von Dr. Hallidays T-Shirt gefesselt, das jetzt ganz aus der Jeans gerutscht war.

»Hat sie alle Impfungen?«

»Natürlich.«

Jetzt sah er Stacey direkt an und ihr gefiel nicht, wie seine braunen Augen sie musterten. Oder vielleicht gefiel es ihr besser, als es sollte.

»Sie trägt keine Impfmarke.«

»Im Auto nehme ich ihr das Halsband immer ab.«

Er grunzte.

»Also ich trage auch ungern schwere Halsketten, warum sollte der Hund es dann?«

Er schüttelte kurz den Kopf, seine Hände tasteten bereits den Leib des Hundes von oben nach unten ab.

True winselte ein bisschen, dann leckte sie dem Tierarzt die Hand, als wolle sie sich entschuldigen.

»Ich glaube, sie hat etwas gegessen, was ihr nicht bekommen ist. Aber ich kann mir nicht vorstellen, was.« Stacey begann auf und ab zu laufen. Sie hasste es stillzusitzen, wenn sie unruhig war. Bewegung beruhigte sie.

Der Mann sagte nichts, er fuhr einfach mit seiner Untersuchung fort.

»Aber ich habe keine Ahnung, was sie erwischt haben könnte. Sie kriegt nur das beste Essen und Kauspielzeug nur unter Aufsicht.« Stacey hielt inne und ließ die letzten Tage Revue passieren. Sie war tatsächlich nicht sehr oft zu Hause gewesen. Aber im letzten Jahr hatte sie praktisch keine Freizeit gehabt. »Die Nachbarstochter geht täglich mit ihr spazieren.«

»Sie nicht?« Er klang etwas vorwurfsvoll.

Stacey blieb vor einem Poster stehen, das den Lebenszyklus eines Herzwurms zeigte. »Ich habe einen sehr vollen Terminkalender.«

Der Blick des Mannes wurde schärfer. Stacey spürte, wie er ihr Geschäftskostüm, ihre Pumps, ihre vernünftige Bluse, ihren schlichten Haarschnitt registrierte. Einen Augenblick lang wünschte sie, sie hätte etwas Weiblicheres, etwas, das sexier war, angezogen. Aber das war einfach nicht ihr Stil.

»Ich verstehe«, sagte er und wandte sich wieder dem Hund zu.

»Sie ist sehr zuverlässig. Und verantwortungsvoll.«

»Sie scheint mir ein recht gutmütiger Hund.«

»Ich meinte meine Hundesitterin«, sagte Stacey.

Er streckte die Arme über den Kopf und gähnte ausgiebig. Durch die Bewegung ermöglichte er einen verlockenden Einblick auf einen flachen Bauch und eine Spur dunkler Haare. Stacey packte ein Schauder von Neugier, mehr davon zu sehen. Dieser Mann war ihr völlig fremd, aber vielleicht war sie genau deshalb in der Lage, Verlangen zu spüren ‒ ein Gefühl, das sie sich versagt hatte, seit Robert ihre sorgsam ausgearbeiteten Pläne für ein gemeinsames Leben und Liebe ruiniert hatte.

Sie streckte eine Hand aus und streichelte True hinter dem rechten Ohr ‒ ihre Lieblingsstelle. Während der ganzen Zeit fragte sie sich, wie der Rest von ihm unter seiner Kleidung wohl aussah.

Er musste ihren Blick gespürt haben. Er sah kurz zu ihr, wie sie glaubte, verärgert, dann zerrte er an seinem T-Shirt und stopfte es in die Jeans. Dann ließ ein Lächeln, das erste, das sie von ihm sah, sein Gesicht und seine Augen strahlen. »Meine Tochter Jessica wollte diese Woche bei der Wäsche helfen. Ich fürchte, keins meiner Hemden passt mir mehr.«

Stolz. Stacey hörte ihn laut und deutlich in seiner Stimme.

Er hielt inne, während er sich das Stethoskop in die Ohren steckte, grinste und sagte: »Nächstes Mal arbeiten wir am Temperaturregler für den Trockner.«

»Hat das Kind ein Glück«, murmelte Stacey.

Er schüttelte den Kopf und deutete auf die Ohrstöpsel des Stethoskops. Stacey wusste, dass er die Worte nicht verstanden hatte, aber eigentlich hatte sie sowieso mehr mit sich selbst gesprochen. Wenn sie das als Kind mit der Garderobe ihrer Mutter oder ihres Vaters angestellt hätte, würden sie ihr das heute noch vorwerfen. Natürlich hätte einer dem anderen die Schuld gegeben, weil er es ihr nicht während der Zeit, in der er gerade das gemeinsame Sorgerecht ausgeübt hatte, beigebracht hatte. Stacey seufzte. Das Kind hatte so ein Glück.

Das Stethoskop senkte sich. »Wie alt ist sie?«

»Ein Jahr, letzten Monat.« Gehörte zu einem Kind nicht auch eine Mutter?

»Ich werde erst einmal ihren Urin testen.«

»Glauben Sie, sie hat eine Infektion?« Und deutete das nicht darauf hin, dass dieser ungeheuer attraktive, aber ziemlich rätselhafte Mann verheiratet war?

Der Veterinär warf ihr einen, ihrer Meinung nach ziemlich seltsamen Blick zu, dann drehte er sich einfach um und öffnete ein ordentlich beschriftetes Schränkchen, holte einen Plastikbecher mit Deckel heraus und holte sich rasch eine Probe mittels sanftem Druck auf Trues Blase.

»Nützliche Technik«, sagte Stacey. Na ja, sie hatte eben ein bisschen in Fantasien geschwelgt.

»Ja, aber das ist nur ein Test. Ich suche auch nach anderen Anzeichen.« Er legte True auf die Seite und nachdem True ein freundlicher Hund war, bot sie ihm ihren Bauch zum Streicheln an. Der Arzt musterte sie lange eindringlich und streichelte sie sanft. Der bloße Anblick, wie seine Hände über Trues pelzigen Bauch wanderten, löste bei Stacey ein Kribbeln aus.

»Was bringt Sie nach Doolittle?« Der Tierarzt war zu einer Anrichte gegangen und stand mit dem Rücken halb zu Stacey. An der Wand neben ihm hing das einzige Bild, das keinen Hund zeigte. Auf dem Foto war ein kristallblauer See, gesäumt von bewaldeten Hügeln. Unter der sehr einladenden Landschaft zog sich ein Schriftband: Lake Doolittle ‒ Ihr Ruhestandsparadies.

»Ich mache Urlaub mit dem Auto«, sagte sie und starrte weiter auf den Kalender. Besser dorthin als auf seinen Hintern und seine Hüften. Sie stand auf Männerhintern. Fest, knackig und schlank unter abgetragenen Jeans. Sie war sechs Jahre mit Robert zusammengewesen; sie war sich restlos sicher gewesen, dass er ihr so ähnlich war, dass eine Ehe zwischen ihnen unter keinen Umständen scheitern konnte. Sie arbeiteten beide in der Werbebranche. Beide Eltern waren Freiberufler. Sie kamen beide aus New Orleans. Aber jetzt, ein Jahr nachdem er sie wegen einer zwanzigjährigen Reiterin verlassen hatte, wurde Stacey klar, dass ihr Roberts Hintern nie gefallen hatte.

Sie hätte ihrem Instinkt vertrauen sollen, nicht ihren sorgsam konstruierten Regeln.

»Haben Sie irgendein besonderes Ziel?« Er hatte sich umgedreht und lehnte sich gegen die Anrichte, die Arme über der Brust verschränkt.

True saß voller Vertrauen auf dem Untersuchungstisch, jetzt schon wieder viel munterer, scheinbar hatte sie ihre grässliche Unpässlichkeit überwunden.

»Warum fragen Sie?« Mit einem Mal war ihr nicht so wohl dabei, ihm zu erklären, dass sie auf dem Weg in ein Wellnesshotel in Hot Springs war, ganz allein, nur mit ihrem Hund als Gesellschaft. Donna hatte gewusst, dass sie nicht ohne True fahren würde und hatte sogar Dogsitterdienste in der Nähe des Hotels arrangiert. Nein, Stacey wollte nicht erklären, dass man ihr diesen Urlaub als Therapie gegen ihre Tendenzen zum Workaholic verordnet hatte. Okay, der Ausdruck Tendenzen war vielleicht etwas zu milde.

Er neigte den Kopf leicht zur Seite, als wolle er sie nicht unter Druck setzen, seine Frage zu beantworten. »Sie möchten vielleicht Ihren Hund in Pension geben, wenn Sie vorhaben, viel Zeit im Auto zu verbringen.«

»Aber sie sieht doch wieder ganz prima aus«, sagte Stacey. »Was, glauben Sie, hat ihr gefehlt?«

»Nichts, was nicht mit ein bisschen Zeit von selbst heilt. Wenn Sie erwähnt hätten, dass sie trächtig ist, hätte ich sofort gewusst, was da passiert.«

»Trächtig?« Stacey starrte den Mann fassungslos an. »Sie wollen damit sagen, True ist schwanger?«

Er nickte. »Ein Blick auf ihre Zitzen und ich hatte die Antwort.« Dann merkte er scheinbar erst, wie überrascht sie war. »Sie haben es nicht gewusst?«

»Das kann nicht sein. Ich habe sie noch nicht decken lassen. Sie ist ein Bearded Collie aus einem Topzwinger des Landes. Sie hat einen Stammbaum. Ich habe Verpflichtungen gegenüber den Eigentümern ihres Vaters für ihre ersten Welpen!«

True sah zu ihr und bellte leise. Einen verrückten Moment lang dachte Stacey, ihr Hund würde lächeln.

Dr. Halliday tat es auf jeden Fall. Genauer gesagt, er lachte.

»Das ist nicht komisch«, sagte Stacey.

Michael Halliday erstickte seinen ziemlich unprofessionellen Ausbruch und sah sich die Frau an, die ihn aus seinem ersten guten Nachtschlaf seit zwei Wochen gerissen hatte. Seit seine Tochter Kristen sich den rechten Arm beim Fußballtraining gebrochen hatte.

Die Frau fixierte ihn wütend, die Nase in die Luft gestreckt. Ihre Haltung war steif wie die eines Generals, der gerade die Truppe inspizierte. Und die Nase war wirklich hübsch. Zu schade, dass die vollen Lippen nicht lächelten. Die Frau hatte bestimmt ein hübsches Lächeln.

Wenn ihr Terminplan erlaubte, es zu zeigen. Er runzelte die Stirn. Egal wie sehr ihm weibliche Gesellschaft fehlte, es war sinnlos, sich mit einer Frau einzulassen, die zu beschäftigt war, ihren eigenen Hund spazieren zu führen.

Oder zu wichtig. Oh ja, sie hatte den Geschäftsführerlook perfekt inszeniert. Das Kostüm, die Pumps, die Ledertasche mit der Außentasche fürs Handy. Er stellte sie sich zu Hause in der City vor ‒ sie kam definitiv aus einer Stadt ‒, wie sie von Meeting zu Meeting eilte. Verwaltete sie Aktiendepots? Arrangierte Firmenübernahmen? Noch ein Blick auf ihr Kostüm, dann war er sicher, dass ihm noch eine Anwältin gegenüberstand. Noch eine herrschsüchtige Anwältin, die zu beschäftigt war, ihren eigenen Hund spazieren zu führen, ganz ähnlich wie seine Exfrau, die viel zu beschäftigt war, um sich um ihre Töchter zu kümmern oder um ihre Ehe.

Michael war jetzt nicht mehr nach lächeln zumute.

Die Frau sagte etwas. Er zwang sich, sich wieder auf die anstehende Aufgabe zu konzentrieren. Der Hund war sein Patient. Er hatte dem Tier gegenüber eine Verantwortung, und das hieß: Es war seine Pflicht, den Eigentümer zu informieren und zu erziehen.

»Ich sagte, ich glaube, Sie irren sich.«

»Wie bitte?« Michael war überzeugt, er hätte sich verhört.

Sie hatte den Mund trotzig zusammengekniffen, trotzdem bemerkte er, wie voll und rosig er war.

»Ich bin Ihnen wirklich dankbar, dass Sie uns mitten in der Nacht angenommen haben, aber True kann einfach nicht schwanger sein.«

»Weil es nicht in Ihrem Terminkalender steht?«

»Woher wissen Sie, dass ich einen Terminkalender verwende?«

»Lady, es steht Ihnen im Gesicht geschrieben. Wenn Sie eine zweite Meinung einholen wollen, da ist die Klinik an der Interstate.«

Sie nagte an ihrer Unterlippe, wägte offensichtlich seine Aussage ab. Möglicherweise überdachte sie auch ihr eigenes stures Verhalten, aber da war bei ihm wohl eher der Wunsch Vater des Gedanken. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund wollte er, dass sie nicht so von sich und ihrer Weltanschauung eingenommen wäre. Er war derjenige, der eine zweite Meinung haben wollte ‒ von einer Fremden, die ihn aus dem Bett gezerrt und dann beleidigt hatte. Trotz aller Warnzeichen, die sie ausstrahlte, hatte sie sein Interesse geweckt.

»Du solltest es mal mit Leben versuchen«, murmelte er, eigentlich zu sich selbst.

Sie warf ihm einen scharfen Blick zu. Das entlockte ihm ein Lächeln. Sie dachte sicher, er hätte sie damit gemeint.

»Um eine zweite Meinung einzuholen, müsste ich die Nacht in der Stadt verbringen«, sagte sie langsam. »Diese andere Klinik war geschlossen.«

Michael beugte sich vor, streichelte den Kopf des Collies und verkniff es sich hinzuzufügen, dass er auch geschlossen hatte. Der Hund war jetzt ruhig, alle Anzeichen von Beschwerden waren verschwunden. Sie sah ihn mit liebevollen, vertrauensvollen, großen braunen Augen an, und ihr Schwanz klopfte sanft gegen den Behandlungstisch. »Ihr scheint es hier zu gefallen«, sagte er. »Es ist ungewöhnlich, aber die Trächtigkeit könnte eine Reisekrankheit ausgelöst haben. Einfach aus dem Auto aussteigen hätte vielleicht geholfen. Aber Sie können sie gerne hier in Pension lassen, damit ich sie beobachten kann. Sie können im Schoolhouse Inn direkt neben dem Marktplatz übernachten. Ich zeig Ihnen den Weg.«

Nach kurzem Überlegen sagte sie: »Danke. Aber Sie haben schon genug getan. Sagen Sie mir einfach, wie ich fahren muss, ich bin sicher, ich werde das Motel finden. Sie wollen doch sicher zurück zu Ihrer Familie.«

»Meine Familie?« Michael hatte nichts Persönliches erwähnt.

»Der Tankwart sagte, wie verständnisvoll Ihre Familie wäre, trotzdem werden sie Ihrer Frau fehlen, wenn Sie mitten in der Nacht aus dem Bett geholt werden.«

Diese verbissene Falte war von ihrem Mund verschwunden. Sie schien mit einem Mal weicher, bedauerte wirklich, dass sie sein Leben durcheinander gebracht hatte. Und während sie redete, rieb sie mit einer Hand behutsam über Trues Bauch.

In Michaels Magen verkrampfte sich etwas. Er schluckte heftig, beobachtete ihre sanften Bewegungen und stellte sich ihre Hände auf seinem eigenen Körper vor. Irre. Er hatte kein Recht, diese Frau in seine Fantasien einzubeziehen. Zu viele einsame Jahre in diesem gottverlassenen Dorf hatten ihn schließlich doch eingeholt. Er richtete langsam den Blick auf sie und sagte: »Ich habe keine Frau.«

Kapitel 2

»Oh«, sagte Stacey. »Tut mir Leid.«

Er lachte, aber ohne Humor. »Das ist nicht nötig.«

Wer war dann die Familie, die so verständnisvoll war? Stacey studierte den Mann, der da lehnte, die Arme elegant über der breiten Brust verschränkt. Der V-Ausschnitt seines T-Shirts gewährte Einblick auf drahtige Brustbehaarung. Das braune, vom Schlaf zerzauste Haar, braune Augen, die trotz der späten beziehungsweise frühen Stunde blitzten.

Augen, die so ein gewisses hintergründiges Funkeln hatten, sodass Stacey sich fragte, was genau da unter der einladenden Fassade lag.

Und wie kommt es, dass so ein Mustermann keine Frau hat? Sind die Frauen von Doolittle blind?

Obwohl das Stacey völlig egal war. Sie hatte ihren Eheversuch hinter sich. Robert hatte alle Qualitäten besessen, die sie für eine Beziehung, die alle Stürme meistern könnte, für notwendig hielt. Nach dem, was sie als Kind mitgemacht hatte, hatte sie sich Zeit gelassen, sorgfältig ihre Wahl getroffen und jedes potentielle Problem geprüft, bevor sie sich bereit erklärt hatte, Robert zu heiraten.

Robert, der ihr nach einem Jahr Verlobung den Laufpass gegeben hatte für eine Frau, die das krasse Gegenteil von Stacey war.

Lieber würde sie ihr Leben allein leben, als diesen grauenhaften Schmerz noch einmal zu erleben.

Allein.

Aber allein hieß nicht, dass sie die ganze Zeit einsam sein musste.

True seufzte und drückte ihre Nase fester auf die Pfoten.

Stacey schleppte ihre Gedanken zurück in die Gegenwart. Der Arzt beobachtete sie mit einem fragenden, neugierigen, geradezu empathischen Blick. Bevor ihr etwas einfiel, um die Stille zu überbrücken, sagte er: »Und was für Geschäfte führen Sie nach Doolittle?«

»Wie kommen Sie darauf, dass ich zum Arbeiten hier bin? Seh ich nicht so aus, als ob ich hier Ferien mache?«

Er zog die Brauen hoch. »Mit Geschäften meinte ich lediglich den Zweck«, sagte er mit sanfter Stimme.

Sie errötete peinlich berührt von ihrer eigenen Empfindlichkeit, die zweifellos daher rührte, dass Donna hartnäckig behauptete, sie würde zu viel arbeiten. Na ja, angesichts dieser Überreaktion könnte es gut sein, dass Donna Recht hatte.

»Ich bin im Urlaub.« Das hörte sich trotzig an. Wen wollte sie überzeugen? Diesen Mann, den sie gerade kennen gelernt hatte, oder sich selbst?

Inzwischen hatte er sich zu ihr neben den Untersuchungstisch, auf dem True lag, gestellt. Er streichelte den Kopf des Hundes mit langen, sensiblen Fingern, mit gepflegten, ordentlichen Händen. Chirurgenhände, genau wie die ihres Vaters. Stacey berührte den Nacken Trues, darauf bedacht, jeden Kontakt mit dem Tierarzt zu vermeiden, und dennoch streiften ihre Finger seine, ob nun unbewusst oder nicht. Die unerwartete Hitze seiner Haut überraschte sie, sie riss ihre Hand weg und starrte entsetzt auf den Fleck, an dem sich ihre Hände berührt hatten.

»Aber Doolittle war doch nicht Ihr Ziel?« In seiner Stimme schwang ein Hauch von Ironie.

Stacey zwang sich wegzusehen, sie fixierte die Wand direkt über seiner Schulter. Lake Doolittle ‒ Ihr Ruhestandsparadies stand unter einer idyllischen Landschaftsaufnahme. Sie hatte, kurz bevor sie auf der Suche nach einem Tierarzt war, eine Reklametafel gesehen. Erlesene Golfplatzgrundstücke noch verfügbar, hatte das Schild verkündet.

Sie traf eine hastige Entscheidung. »Eigentlich bin ich unterwegs nach Hot Springs, aber unterwegs recherchiere ich Ruhestandsimmobilien.«

Er sah sie amüsiert an. »Sie sehen nicht gerade so aus, als wären Sie bereit, Ihren Ruhestand mit Wohlfahrtsempfängern zu verbringen.«

»Oh, nein, es ist für meine Eltern.« Die würden sich schlapp lachen! Dr. Louis St. Cyr und Dr. Joanne St. Cyr würden arbeiten, bis sie tot umfielen.

Jetzt lächelte er und Stacey war heilfroh, dass sie ihm diese Lüge aufgetischt hatte.

»Sie könnten sich Lake Doolittle ansehen, während True sich ausruht. Wie ich höre, ist es beeindruckend.« Das sagte er mit einer kleinen Grimasse und Stacey fragte sich, warum.

»Aber nicht ganz Ihr Fall?«

Er schüttelte den Kopf. »Viel kann man zwar in Doolittle nicht unternehmen, aber wenigstens ist ein bisschen Abwechslung geboten. Die Bibliothek, der Coffeeshop, die Bowlingbahn. Da draußen gibt’s nur Ihre Wohnung, den Golfplatz oder den Club.«

»Sind Sie von hier?« Staceys Neugier war stärker als sie, und solange er weiterhin Trues Kopf so rhythmisch streichelte und mit dieser leisen, tiefen, beschwichtigenden Stimme redete, hatte sie scheinbar kein Bedürfnis nach Schlaf.

»Nee«, sagte er und erwiderte genau so abrupt: »Zeit, sie in den Zwinger zu bringen.«

So viel dazu, sich die ganze Nacht zu unterhalten. Aber Stacey nickte. Der Typ hatte sich aus dem Schlaf reißen lassen, um ihren Hund zu retten. Klar, dass er wieder nach Hause wollte.

Und doch zögerte er. »Sie müssen Ihren Eltern sehr nahe stehen«, sagte er.

Sie nickte. Solange ihr Vater und ihre Mutter nicht gleichzeitig im selben Raum waren, stimmte das auch.

»Das ist schön«, sagte er. »Meine Eltern haben uns beigebracht, dass man gar nicht genug Zeit mit seiner Familie verbringen kann.«

»Ah«, sagte Stacey, nachdem ihr sonst nichts einfiel.

»Wann stoßen sie denn zu Ihnen?«

»Zu mir stoßen?« Sie sah ihn ratlos an, dann wandte sie rasch den Blick ab. Die Kacheln auf dem Boden hatten ein sehr faszinierendes Bienenwabenmuster. Und sie hatte ein Knäuel Hundehaare auf ihren ansonsten makellosen Pumps.

»Oder überlassen sie einfach die Entscheidung Ihnen?«

Jetzt spätestens hätte sie Farbe bekennen sollen, sagen, dass sie nur das Terrain sondieren wollte. Stacey begriff nicht, was mit ihrem ansonsten normal funktionierenden, ziemlich intelligenten Gehirn passiert war, denn sie hörte sich sagen: »Oh nein, sie werden im Lauf der Woche kommen. Aber nicht unbedingt hierher«, fügte sie hastig hinzu. »Sondern dorthin, wo’s am besten aussieht.«

Er nickte und griff nach Trues Halsband. »Nun, Lake Doolittle ist der einzige Ruhestandskomplex südlich von Hot Springs Village, wenn er Ihnen also gefällt, dann sollten Sie hoffen, dass er ihnen auch gefällt.«

Jetzt verschluckte sie sich, kaschierte aber hastig ihre Reaktion. Verflixt, dieser Mann hatte sie doch dazu gebracht, diesen Quatsch zu erzählen. Oder lag es einfach daran, dass die erste Flunkerei zur zweiten führte? Sie sah auf seine Hände, die starken Arme mit dem Hauch goldbrauner Haare und musste zugeben, dass Stacey St. Cyr, begnadete Geschäftsfrau, sich untypisch verhielt. Ihr Terminkalender war ausgebucht, ihre Termine in Hot Springs ordentlich aufgelistet. Selbst die Gesichtskosmetik, die Mineralbäder und die Massage waren eingetragen. Stacey überließ nichts dem Zufall.

»Dann darf ich wohl davon ausgehen, dass Sie True länger als einen Tag in Pension geben?«

»Sieht so aus«, sagte sie und fragte sich, ob sie den Collie ins Auto stopfen und die Flucht ergreifen sollte. Aber ein Blick auf Trues vertrauensvollen und jetzt ruhigen Blick ließ den Gedanken verpuffen. »Wo ist der Zwinger?«

»Hinten raus. Ich werde sie hinbringen«, sagte er.

Sie konnte es sich immer noch anders überlegen. Oder sich ausruhen und gleich morgen früh weiterfahren. Sie sagte, erleichtert von diesem Fluchtplan: »Ja, bitte.«

Sein Lächeln tauchte auf und verschwand dann wieder. Hatte sie sich das eingebildet? Dann nickte er und sagte: »Klar, folgen Sie mir.«

True sprang vom Tisch und folgte bereitwillig. Sie gingen einen Korridor entlang, vorbei an noch mehr Chromtischen, über gekachelte Böden. Gedämpfte Lichter, von denen eines leise summte, schwebten über ihnen. Von hinten war das heisere Bellen eines unglücklichen Hundes zu hören, dem folgte ein hündischer Chorgesang, als der Tierarzt Stacey und True in den Zwingerteil der Tierklinik führte.

»Ich halte hier nicht viele Tiere«, sagte er, »aber wie’s scheint weckt jeder Neuzugang die anderen auf.«

Das war unüberhörbar. True bellte, gesellte sich zum Chor, dann blieb sie stehen, die Pfoten in den Betonboden gestemmt. Sie sah tatsächlich aus, als hätte sie sich zu einem Sit-in entschlossen. Es war unübersehbar, dass sie sich keinen Zentimeter bewegen würde.

»Komm, True«, sagte Stacey mit ihrer besten Hundegehorsamsstimme.

Der Hund legte sich längs auf den Boden und wimmerte leise.

»Sie ist scheinbar verängstigt«, sagte der Tierarzt. »Das passiert manchmal.« Er ging nach vorn, öffnete die Tür eines großen Zwingers und füllte den Wasserbehälter und den Fressnapf.

True blieb unbeweglich. Einige der Hunde verstummten und nach kurzer Zeit weigerte sich nur noch einer, ein besonders sturer Chow-Chow, sich zu beruhigen. Stacey beobachtete, wie Dr. Halliday sich der Box des Hundes näherte und mit leiser, beruhigender Stimme auf ihn einredete. Nach kurzer Zeit herrschte friedliches Schweigen unter den Hunden. Stacey wurde klar, dass er diesen tiefen, ruhigen Tonfall auch bei ihrem Telefonat eingesetzt hatte.

Eine Frau könnte so eine Stimme lieben lernen, ganz zu schweigen von den Rundungen seines Hinterns.

»True, Zeit, ins Bett zu hüpfen«, sagte der Tierarzt wieder mit dieser magischen Stimme. Diesmal stand ihr Hund auf und Stacey folgte ihr mit locker gehaltener Leine. Sie ließ los und True lief in den Zwinger. Der Tierarzt löste die Leine, tätschelte dem Hund sanft den Kopf und sperrte ihn ein.

True schnüffelte den Zwinger ab, dann legte sie sich hin, ihre Nase ruhte auf den Stäben.

»Sei brav, Baby«, sagte Stacey und streichelte ihr die Nase. Sie drehte sich um und sah, dass der Doktor sie beobachtete, nicht mehr neugierig oder fragend, sie wusste instinktiv, dass ihm die Aussicht gefiel. Erfreut, aber dennoch besorgt um True flüsterte sie: »Ich denke, sie wird okay sein, nicht wahr?«

Er nickte und deutete zur Tür. Sie überließen die Tiere sich selbst. In dem helleren Licht, das aus dem Untersuchungsraum strömte, wirkte der Arzt ganz sachlich. Stacey hätte sich am liebsten einen Tritt versetzt, weil sie ihrer Fantasie freien Lauf gelassen hatte. In der PR-Branche mochte es ja eine Hilfe sein, aber sie durfte nicht vergessen, dass Typen eben Typen waren. Michael Halliday war nur ein Kerl. Und sie war eine Frau, die ihr Leben selbst in die Hand genommen hatte.

»Es wird ihr gut gehen«, sagte er. »Und jetzt werden wir Sie ins Schoolhouse Inn verfrachten, damit Sie auch ein bisschen Schlaf kriegen.«

»Wenn Sie mir den Weg sagen, werde ich es sicher finden.«

»Davon bin ich überzeugt«, sagte er und führte sie durch den Empfangsbereich zur Eingangstür. »Aber mir wäre wohler, wenn ich Sie sicher untergebracht wüsste.«

»Wirklich?« Seine Fürsorge erwärmte Staceys Herz, ein Gefühl, das seinen Befehlston etwas milderte.

Er zuckte mit den Schultern. »Es ist meine Pflicht, mich verantwortlich zu zeigen.«

»Sicher.« Da steckte nichts Persönliches dahinter. Wahrscheinlich würde er für jeden streunenden Hund oder jede Katze dasselbe tun.

Er öffnete die Eingangstür, dann schaltete er das Licht aus. Dunkelheit erfüllte den Bereich, der vorhin noch eine Insel aus Licht gewesen war. Stacey trat nach draußen, atmete die frische Nachtluft ein. Der Dufthauch einer Blume, die sie nicht erkennen konnte, berührte ihre Sinne.

Der Doktor schloss die Eingangstüre ab und gesellte sich dann zu ihr, schweigend ließ er den Blick über den Platz schweifen.

»Es ist schön hier draußen«, sagte Stacey im Flüsterton, um den Frieden nicht zu stören.

»Doolittle ist gar kein so schlechter Platz«, sagte er, ebenfalls leise. »Als ich in Boston lebte, war mein Leben wesentlich unterhaltsamer, aber es gibt ja immer noch das Internet.«

Stacey fragte sich, ob er sie oder sich selbst überzeugen wollte, als er fortfuhr: »In guten wie in schlechten Tagen, jeder kennt seinen Nachbarn. Das Gericht hat mehr mit Archivierung als mit Strafprozessen zu tun. Meine Mädchen können mit ihren Rädern die Straße hinunterfahren, ohne dass ich mir Sorgen machen müsste, was ihnen passieren könnte.«

Stacey hob den Kopf und musterte sein Gesicht. Wenn er von seinen Töchtern sprach, lächelte er sanft, liebevoll. Vielleicht waren die Kinder der Grund für seine Anwesenheit in Doolittle.

Und wo war ihre Mutter?

»Und wo ist das Gasthaus?« Sie ließ ihre Stimme lauter werden. Sie brauchte keine Spekulationen über das Privatleben des Arztes anstellen. Auf der anderen Seite der Straße, in den Bäumen, die entlang des Weges zum Gericht gepflanzt waren, piepste ein einsamer Vogel.

Er zeigte nach rechts. »Ein paar Straßen weiter. Warum fahren Sie mir nicht einfach hinterher. Warten Sie, bis ich mit dem Pick-up hier bin.« Er wartete nicht ab, sondern ging einfach zu ihrem Wagen, sie folgte ihm und dankte ihm, als er ihre Tür für sie öffnete. Ohne Wegbeschreibung hatte sie keine Wahl. Sie musste warten und seinem Truck folgen. Entweder das oder zurück zur Interstate in die Pappkarton Motels, die die Ausfahrten säumten.

Das Innere ihres Wagens roch nach Trues verlorenem Kampf mit der Übelkeit. Stacey rümpfte die Nase ob des Gestanks. Gleich morgen früh würde sie ihren Wagen innen waschen lassen. Aus Gewohnheit begann sie im Geiste eine Liste von Dingen anzufertigen, die zu tun waren. Da wurde ihr klar, dass sie außer den Wagen in Ordnung bringen und True besuchen nichts auf ihrer Liste hatte.

Nichts was sie tun musste.

Nichts was sie von einem sehr gut aussehenden intelligenten Typen ablenken könnte, der Kinder hatte und höchstwahrscheinlich eine Exfrau, so schroff wie er ihr Angebot von Mitgefühl abgelehnt hatte. Ein Witwer hätte sich sicher anders geäußert.

Staceys Magen rumorte bei dem Gedanken an einen geschiedenen Mann. Jeder, der die Hölle ihrer Kindheit durchlebt hatte, würde genau so reagieren, dachte sie. Und dann, als sie merkte, dass ihre Hände sich in das Steuer krallten, zwang sie sich loszulassen und über ihre eigene Albernheit zu lachen. Sie erfand Geschichten über einen Mann, der die professionelle Höflichkeit besessen hatte, nachts aufzustehen, um ihrem kranken Tier zu helfen.

Zu viel Fantasie.

Ein leiser Hupton unterbrach ihre geistige Wanderschaft. Stacey startete ihren Wagen und fuhr rückwärts aus dem Parkplatz. »Gute Nacht, True«, sagte sie leise.

Der Doktor fuhr einen dieser Macho-Pick-up-Trucks, die sie aus Autowerbespots kannte, in denen die Typen immer schwitzten und Rinder zusammentrieben oder Löcher für Zaunpfosten gruben. Er sah groß genug aus, um einen Bullen herumzukutschieren und sie musste bei dem Gedanken an die Kuh, die der gute Veterinär mit Vaseline eingeschmiert hatte, grinsen.

Nun ja, er hatte sie kuriert, vielleicht hatte er ja bei True auch Recht.

Das erinnerte sie an den dritten Posten auf ihrer Liste von Dingen, die gemacht werden mussten. Zweite Meinung einholen.

Komisch, dass ihr das einfach entfallen war.

Der Truck bremste und bog rechts ab, verließ den Marktplatz. Zwei Straßen weiter gab es keine Geschäftsgebäude mehr, sondern nur noch Häuser. Noch zwei Straßen weiter wurde der Truck langsamer und blieb vor einem eckigen Holzhaus, das von einer großen Glocke bekrönt war, stehen. Büsche und Blumen schmückten die leicht ansteigende Rasenfläche vor der Treppe, die zu einer breiten Veranda und der doppelflügligen Eingangstür führte.

Nur ein Licht schimmerte aus dem Fenster. Ansonsten war auch hier alles still.

Michael warf einen Blick auf ihre Scheinwerfer in seinem Rückspiegel. Es gehörte sich, sie zum Hotel zu begleiten. Er hätte dasselbe für jede Frau und jeden Mann getan, der nachts in einer fremden Stadt gestrandet war.

Er wusste aber, dass seine Motive bei Stacey St. Cyr zwiespältig waren. Ein Teil von ihm hoffte, sie würde in der Nacht verschwinden, der andere wollte verdammt sicher gehen, dass sie es nicht tat.

»Du hättest dich nie so lange kasteien dürfen«, murmelte er, als er einparkte und aus seinem Truck stieg. Wenn er einer Frau hinterherhechelte, die seiner Exfrau so ähnlich war, sollte er definitiv seinen Verstand untersuchen lassen.

Sie hatte auch angehalten und öffnete bereits den Kofferraum. Er ging zu ihr und wusste schon im Voraus, dass alles sehr ordentlich gepackt sein würde.

Tatsächlich. Das Kofferraumlicht schien auf einen kleinen Koffer, einen größeren Koffer und etwas, das aussah wie eine Laptoptasche. Daneben standen ein paar Joggingschuhe.

»Sie nehmen Ihren Computer mit in den Urlaub?« Michaels Ton war etwas barscher, als er sein sollte. Er joggte fast täglich. Hätte sie vielleicht Lust, sich ihm anzuschließen? Nein, wahrscheinlich wäre sie zu sehr damit beschäftigt, die Arbeit nachzuholen, die sie sich auf die Reise mitgebracht hatte.

Sie wirbelte herum. »He, ich hab Sie nicht kommen hören.«

»Tut mir Leid«, sagte er.

»Ich habe meinen Laptop immer dabei«, sagte sie etwas spitz mit kriegerisch funkelnden Augen.

»Klar, ich auch«, sagte er und rang sich ein Grinsen ab, obwohl sich seine Vermutung bestätigt hatte. Sie war genau so empfindlich über ihr zu viel Arbeiten wie er.

Sie musste lachen und ihr Gesicht strahlte. Er lachte mit ihr, dann sagte er. »Kommen Sie, wir sollten Sie ins Haus bringen. Was wollen Sie mitnehmen?«

Sie zeigte auf einen kleinen Koffer. »Nur das, aber ich kann ‒«

Er griff nach dem kleinen Koffer und würgte damit ihren Protest ab. Sie machte den Kofferraum zu und ging neben ihm her. Fortschritt, dachte Michael amüsiert und rätselhafterweise erfreut.

Sie spazierten den breiten Gehsteig entlang. »Hier haben sich früher die Kinder nach der Pause aufgestellt«, sagte er.

»Dann war das tatsächlich eine Schule!«

»Doolittles erste.«

»Sind Sie …« Sie verstummte, als hätte sie ihre eigene Frage beantwortet. Wahrscheinlich hatte sie sich das aus seiner vorigen Bemerkung über Boston zusammengereimt.

Ihre eigene Schule hatte nichts mit dieser schrulligen Schuhschachtel gemein. Boston Public war eine Welt für sich. Er drückte auf die Nachtglocke. Stacey stand so dicht neben ihm, dass er nicht wusste, ob der süße Duft, der die Nachtluft schwängerte, ihr Parfum war oder von den Blumen kam, die die Schoolhouse Sisters überall pflanzten.

»Wird denn jemand wach sein?«, fragte sie mit einem Blick auf ihre Uhr, während sie warteten.

»Das machen Sie oft, stimmt’s?«

»Was mache ich oft?«

»Auf die Uhr sehen.«

Das ärgerte sie. »Tu ich nicht.«

»Tun Sie doch.«

»He ‒«, und sie lachte wieder.

Er stimmte ein, gerade als die Tür aufging und so fand sie Sweet Martha, wie fast alle die Mitinhaberin des Schoolhouse Inn nannten.

»Guten Abend, Sweet Martha«, sagte Michael. Er war froh, dass es nicht ihre Schwester Abbie war, deren Spitzname Crabby ‒ grantig ‒ war ebenso treffend wenn auch bei weitem nicht so schmeichelhaft.

»Gütiger Himmel, Dr. Mike, es ist nicht Abend. Es ist mitten in der Nacht. Aber es könnte genauso gut Mittag sein, so wie Sie immer unterwegs sind.« Sie hielt inne, um Luft zu holen, und sah sich seine Begleiterin genauer an. Ihre buschigen Augenbrauen hoben sich bis zu der Nachthaube, die auf ihren silbrigen Locken balancierte. »Und wer ist das? Und auch noch so fein angezogen!«

»Ich bin Stacey ‒«

»Eine Klientin von mir«, unterbrach sie Mike, obwohl er wusste, dass es sie verrückt machen würde, andererseits sicherte es ihr eine Nacht im Schoolhouse Inn.

Staceys Blick besagte, dass sie mit der Situation auch gut alleine hätte fertig werden können. Er grinste, weil er da besser informiert war.

»Oh, na schön«, sagte Martha, öffnete die Tür und winkte sie herein. »Aber Sie verstehen doch, dass wir nicht einfach jeden hereinlassen können. Als die Stadt unsere wunderbare Schule geschlossen hat, haben wir uns geschworen, egal wie viel jemand bezahlen will, wir lassen nur gute Leute rein.« Sie zerrte an ihrem geblümten Morgenmantel. »Schließlich und endlich haben wir ja oben auch unsere eigenen Räume. Aber einer von Dr. Mikes Kunden, na ja, den nehmen wir natürlich.«

»Natürlich«, wiederholte Stacey.

»Also, wie war der Name noch? Kenn ich den nicht?« Sie runzelte die Stirn und die beiden Lockenwickler wackelten.

»Polly und Chucks Tochter ist eine Stacey«, sagte Michael.

Stacey verdrehte die Augen, und er grinste ihr kurz zu. Sie musste Sweet Marthas besondere Art von Verhör über sich ergehen lassen, wenn sie nicht im Motel 6 übernachten wollte.

Genau das hatte sie natürlich geplant gehabt.

Doch er hatte es nicht zugelassen.

»Die dritte Klasse ist offen«, sagte Martha, als sie sie in den Salon führte. »Ein sehr fröhliches Zimmer. In Apfelgrün und Rosa.«

Sie nickte und murmelte: »Wunderbar.«

Michael spürte durch ihre leise Antwort, dass sie nur noch einen Wunsch hatte: zu schlafen.

Die Kaminuhr schlug dreimal. Kein Wunder! Er sollte eigentlich auch müde sein, aber irgendwie war in dem Augenblick, in dem die Frau seine Klinik betreten hatte, alle Schläfrigkeit verflogen.

Zusammen mit seiner mühsam erkämpften Vernunft.

»Werden Sie lange bei uns bleiben, Liebes?«

Staceys Blick wanderte von ihren Pumps zu ihrer Uhr, dann lächelte sie. Schließlich sagte sie zu ihm etwas schüchtern, wie er fand: »Das hängt vom Doktor ab.«

Michael hätte schwören können, dass sein Herz einen Satz in seiner Brust gemacht hatte. Er grinste wie ein Idiot.

»Wissen Sie, mein Hund ist krank und Dr. Halliday ist derjenige, der sagen kann, wann sie wieder gesund genug ist zu reisen«, fuhr sie fort.

Platsch! So viel zu seiner kurzlebigen Euphorie.

Sweet Martha nickte. »Sie machen genau das, was Dr. Mike sagt. Er hat meinem kleinen Hemingway das Leben gerettet. So, und jetzt ab nach Hause, Dr. Mike«, sagte sie. »Dann kann ich die junge Lady in die Dritte Klasse führen.«

Ihm war klar, dass er damit seinen Marschbefehl gekriegt hatte. »Sie können True jederzeit nach neun Uhr besuchen«, sagte er.

»Also da wird sie noch nicht auf sein«, sagte Martha. »Obwohl es Frühstück nur bis zehn gibt, und Sie wollen doch nicht Abbies Biskuits verpassen.«

»Ich danke Ihnen, Dr. Halliday«, sagte Stacey und reichte ihm ihre Hand. »Ich weiß Ihre Hilfe heute Nacht zu schätzen.«

Michael grinste. Sweet Martha war nicht die einzige Anwesende, die wusste, wie man »Zieh Leine« vermittelte. Aber jedenfalls würde er sich nicht mit dem raschen Händedruck abwimmeln lassen, mit dem sie ihn abspeisen wollte. Er nahm Staceys Hand in seine viel größere und hielt sie länger als nötig fest. Der Blick, den sie auf ihn richtete, war die pure Herausforderung.

»Bis morgen«, sagte er und ließ ihre Hand los.

»Ich bin mir sicher, ich muss Sie nicht noch einmal strapazieren«, erwiderte sie.

»Oh, Dr. Mike hilft gerne«, sagte Martha. »Das Leben hat sich geändert, seit er nach Doolittle gekommen ist.«

Michael grinste die Schoolhouse Sister und Stacey an, die scheinbar Schwierigkeiten hatte, die Worte, die sie suchte, zu finden. Er blinzelte ihr zu, dann drehte er sich um und ging. Hinter sich hörte er Stacey zu Martha sagen: »Doolittle hat sicher gar nicht bemerkt, worauf es sich da eingelassen hat.«

Kapitel 3

Sonnenlicht strömte ins Zimmer, das erkannte Stacey, obwohl sie die Augen noch geschlossen hatte. Vögel sangen. Stacey wachte langsam auf und bewegte ihre Füße. Komisch, da war keine True zu spüren, die, wenn das auch eine schlechte Angewohnheit war, am Fußende von Staceys Bett schlief.

Sie schlug die Augen auf. Rüschen, Lochstickerei, grün und rosa geblümter Chintz füllten ihren Blick. Verschwunden war die Ruhe ihres blassgelben Zimmers, eine Farbe, die sie gewählt hatte, weil sie das sanfte Sonnenlicht in ihr Zuhause gebracht hatte.

Und dann erinnerte sie sich.

Sie war wieder in der dritten Klasse.

Stacey setzte sich in den Kissen auf und lächelte. Miss Martha hatte sie nicht geträumt.

Was bedeutete, dass sie sich Dr. Michael Hallidays lebendige, atmende und verdammt nochmal sehr attraktive, leider auch schrecklich rechthaberische Existenz auch nicht eingebildet hatte.

Genauer gesagt herrisch. Er hatte sehr arrogant ihre Unterkunft arrangiert. Auch wenn Stacey sich nicht über das Ergebnis beklagen konnte. Nachdem sich ihre Augen jetzt an das Licht gewöhnt hatten, begrüßte sie den Sonnenschein, der den Teppich sprenkelte und sie lockte aufzustehen und einen Blick aus dem Fenster zu werfen.

Aber das Bett war viel zu gemütlich, um aufzustehen. Sie kuschelte sich unter die apfelgrüne Daunendecke. Normalerweise schlief Stacey in fremden Betten sehr schlecht. Wenn sie in einem Motel an der Straße abgestiegen wäre, dann hätte sie sicher vom Dröhnen des Verkehrs die ganze Nacht kein Auge zugemacht.

Aber hier hatte sie wie ein Baby geschlafen. Oder vielleicht besser gesagt wie eine Drittklässlerin.

Stacey grinste. Vielleicht war der herrschsüchtige Doktor doch schlauer, als man dachte.

Auch wenn er behauptete, True wäre schwanger. True war doch fast noch ein zu groß geratener Welpe, wie sollte sie da einen eigenen Wurf kriegen?

»Und schon gar nicht mit irgendeiner Töle als Vater«, sagte sie mit gerunzelter Stirn. Es war unvernünftig gewesen, gegen die Diagnose des Tierarztes zu protestieren. Ihr Frust und ihr Ärger konzentrierten sich auf den Teenager, dessen Job es war, True jeden Nachmittag spazieren zu führen. Sie sollte das Mädchen anrufen und sie fragen, wie gut sie auf ihren täglichen Ausflügen in der Nachbarschaft tatsächlich auf True aufpasste.

»Tap-tap-tao-a-tap-a-tapp!«

Stacey machte einen Satz und hätte fast ihre Handtasche fallen lassen. Sie hatte gerade danach gegriffen, um ihr Handy rauszuholen, damit sie ihren Hundesitter anrufen konnte.

Wieder ertönte das forsche, recht musikalische Klopfen an der Tür ihres Zimmers.

»Ja?«, rief Stacey. »Wer ist da?«

»Mrs. Clark«, ertönte eine Stimme.

Eine Mrs. Clark kannte sie mit Sicherheit nicht. »Natürlich kennst du sie nicht«, murmelte Stacey vor sich hin. »Du kennst niemanden in dieser Stadt und niemand kennt dich.«

Abgesehen vom Doktor.

»Lassen Sie sich Zeit, Liebes«, rief Mrs. Clark mit trällernder Stimme. »Ich lass mir eine Tasse Tee mit Sweet Martha schmecken.«

Stacey schlug die Decke zurück, packte den seidenen Morgenmantel, den sie eingepackt hatte und stolzierte zur Tür. Sie legte ihre Nase an den Türstock und sagte durchs Holz: »Ich glaube, ich kenne Sie nicht.«

»Kein Problem«, sagte sie. »Dr. Mike schickt mich.«

Stacey riss die Tür auf. Sie stemmte eine Hand in die Hüfte, die andere legte sie auf den Türknopf und musterte die Frau. Ihr Kopf registrierte »rund«. Sie sah ein rundes Gesicht mit rosigen Wangen und einem Grübchen am Kinn, das weiche braune Haar war zu einem Knoten geschlungen. Sie trug ein grellblaues Kostüm und Tennisschuhe mit weißen Socken. Stacey blinzelte. Die Frau konnte nicht größer als einsfünfzig sein, denn selbst barfuß konnte sie auf sie hinunterschauen. Schließlich sagte sie: »Und warum genau schickt Sie Dr. Mike?«

Die Frau zog eine Visitenkarte heraus. »Mrs. Clark, außerordentliche Immobilienmaklerin, zu Ihren Diensten, Ms. St. Cyr.«

Stacey sah sich die Karte an. »Danke, aber ich brauche wirklich keine Maklerin.«

Mrs. Clark nickte. »Dr. Mike meinte, dass Sie das sagen würden. Also, warum ziehen Sie sich nicht etwas an, damit Sie sich nicht erkälten? Ich warte unten auf Sie, jederzeit bereit loszulegen, wenn Sie das auch sind.« Sie nickte wieder, tätschelte Staceys Schulter und huschte in Richtung Salon davon.

Stacey knallte die Tür zu.

»Dr. Mike meinte, Sie würden das sagen«, spöttelte sie.

Sie hatte ja, weiß Gott, schon oft das Pech gehabt, Männern zu begegnen, die sich überall einmischen mussten, aber Dr. Michael Halliday war die Krönung.

Sie riss sich ihren Morgenmantel vom Leib und griff in ihren Koffer.

»Arrogant! Herrschsüchtig! Muss sich überall einmischen!« Ihr gingen die Worte aus, gerade als ihr einfiel, dass sie über den Gang musste in das Bad, das sie sich mit der Ersten Klasse teilte.

Stacey streifte ihren Morgenmantel wieder über und zog den Gürtel energisch fest. Wenn es überhaupt eine Konstante in ihrem Leben gab, dann die, dass sie ein Anführer war, sie die Fäden in der Hand hielt. Donna war eine fantastische Partnerin und ihr Sprachrohr, aber Stacey hatte die Firma aufgebaut. Und das hatte sie nicht erreicht, indem sie anderen das Ruder überließ.

Sie drückte den Türgriff, dann trat sie in den Gang. Das Badezimmer funkelte im Licht der hohen Fenster. Die Armaturen glänzten. Frische Blumen schmückten den hölzernen Waschtisch, auf dem sich frische weiße Handtücher und eine Schüssel mit kirschroten Seifen türmten.

Sie hätte im Motel 6 sein können.

Vielleicht war ja der Doktor doch nicht so schlecht.

Was war denn so falsch daran, sich an ein bisschen ländlicher Gastfreundschaft zu erfreuen. Zu Hause in New Orleans hätte sie Klienten von außerhalb in die besseren Hotels oder in die pittoreskeren Bed and Breakfasts dirigiert. Sie hätte sie ganz sicher nicht in einem drögen Motel mit Blick auf den Flughafen und eine Hauptstraße untergebracht.

»Werd locker, Stacey«, ermahnte sie sich. Nur weil ein Typ ihr Vertrauen missbraucht und ihr das Herz gebrochen hatte, hieß das noch lange nicht, dass jedes attraktive Exemplar des anderen Geschlechts hintergründige Motive im Schilde führte.

Nicht nur einfach attraktiv.

Ein Mustermann.

Sie seufzte und wusch sich die Hände in der geblümten Porzellanschüssel. Mit etwas gnädigeren Gefühlen für »Dr. Mike« ging sie zurück in ihr Zimmer. Sie zog sich an und machte sich auf den Weg in den Salon.

Sobald sie die trällernde Stimme von Mrs. Clark hörte, blieb sie stehen. Jeder nette Gedanke an den Arzt verflog.

»So viel ich weiß, ziehen ihre Eltern hierher«, hörte sie, als sie sich dem zweiten der beiden Salons näherte. »Dann wird sie sicher zu Besuch kommen, wenn sie schon nicht bei ihnen wohnt. Oooh, das wird interessant.«

Das musste Marthas Stimme sein. Stacey zog die Schultern zurück und rauschte ins Zimmer. Sie war am Verhungern und sie würde sich von diesen zwei Klatschtanten ihren Tee mit Crumpets, oder was immer hier im Schoolhouse Inn zum Frühstück serviert wurde, nicht verderben lassen.

»Wenn doch nur diese Kinder ‒«

Staceys Auftritt unterbrach, was immer für eine unheilschwangere Warnung die Maklerin hatte äußern wollen.

»Guten Morgen«, sagte Stacey und sah auf die Uhr, um sich zu versichern, dass sie nicht bis Nachmittag durchgeschlafen hatte.

Martha erhob sich und ging zu einer Anrichte, auf der sich ein silbernes Teetablett und eine Kaffeekanne mit Platten voller herzförmiger Muffins und Biskuits türmten. Eine Schale, die vor Äpfeln, Orangen und Bananen überquoll, stand in einer Ecke.

»Bedienen Sie sich einfach und setzen Sie sich dann zu uns«, sagte Martha. »Die anderen Gäste sind bereits fort.«

»Und dann können wir gleich los«, tönte Mrs. Clark.

Stacey nickte und fragte sich, wie sie die angebotenen Dienste der Maklerin abblocken könnte. Sie füllte ihren Teller und goss sich eine Tasse wässrigen Kaffee ein, der aussah wie Tee und nicht wie das würzige Gebräu, das sie aus New Orleans gewöhnt war. Vielleicht könnte sie auf dem Marktplatz einen anständigen Espresso finden.

Mrs. Clark rückte ihr einen Stuhl zurecht und Stacey setzte sich mit dem komischen Gefühl, dass ihr Leben ihrer Kontrolle entglitten war.

Gerade als Stacey sich ein köstliches Stück Muffin in den Mund steckte, forderte Martha sie auf: »Erzählen Sie uns von Ihren Eltern. Was machen sie denn?«

Stacey sagte mit vollem Mund: »Doktor.« Ihre Manieren gingen den Bach runter. Je weniger sie sagen musste, desto wohler würde sie sich bei dieser Farce fühlen. Warum, oh, warum hatte sie nur gesagt, sie würde eine Ruhestandsimmobilie suchen?

»Wir könnten eine Arztfrau in unserem Gartenclub brauchen«, sagte Martha. »Dr. Edgars Sally kannte sich so gut mit Rosen aus.« Sie seufzte und fügte hinzu: »Aber jetzt guckt sie sie nur noch von unten an.«

Stacey blieb ein Stück ihres herzförmigen Muffins im Hals stecken. Sie vermied es, ihr zu verraten, dass nicht nur ihr Dad der Arzt war. Aber ihre Mutter würde ausrasten. Wahrscheinlich ihr Skalpell quer über den Stadtplatz schleudern.