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Glück im Job – Pech in der Liebe? Die romantische Komödie »Ein Mann gegen alle Sorgen« von Hailey North jetzt als eBook bei dotbooks. Gegen Liebeskummer hilft nur der richtige Mann … Gibt’s denn sowas? Obwohl die patente Daffy Woche für Woche verzweifelten Leserinnen ihrer Zeitungskolumne unter dem Pseudonym »Liebesexperte« in allen Herzensfragen hilft, herrscht in ihrem eigenen Liebesleben schon seit einer gefühlten Ewigkeit Flaute – bis sie den verboten gutaussehenden Hunter James kennenlernt. Doch die Sache hat einen Haken: Der sexy CEO hat immer noch daran zu knabbern, dass er von seiner Verlobten verlassen wurde … weil die dem Rat des »Liebesexperten« gefolgt ist! Nicht auszumalen, was passieren würde, sollte James hinter Daffys Geheimnis kommen … »Romantisch, rasant und hinreißend komisch – ein wunderbares Lesevergnügen!« Lexington Herald Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der warmherzige Liebesroman »Ein Mann gegen alle Sorgen« von Hailey North – der dritte Band ihrer locker zusammenhängenden New-Orleans-Reihe über die Fallstricke der Liebe. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
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Seitenzahl: 432
Über dieses Buch:
Gegen Liebeskummer hilft nur der richtige Mann … Gibt’s denn sowas? Obwohl die patente Daffy Woche für Woche verzweifelten Leserinnen ihrer Zeitungskolumne unter dem Pseudonym »Liebesexperte« in allen Herzensfragen hilft, herrscht in ihrem eigenen Liebesleben schon seit einer gefühlten Ewigkeit Flaute – bis sie den verboten gutaussehenden Hunter James kennenlernt. Doch die Sache hat einen Haken: Der sexy CEO hat immer noch daran zu knabbern, dass er von seiner Verlobten verlassen wurde … weil die dem Rat des »Liebesexperten« gefolgt ist! Nicht auszumalen, was passieren würde, sollte James hinter Daffys Geheimnis kommen …
»Romantisch, rasant und hinreißend komisch – ein wunderbares Lesevergnügen!« Lexington Herald
Über die Autorin:
Hailey North arbeitete als Anwältin, bis sie schließlich ihre wahre Leidenschaft entdeckte und als Autorin heiterer Liebesromane große Erfolge feiern konnte. Sie lebt gemeinsam mit ihrem Mann, ihrem Hund und ihren drei Katzen in Louisiana.
Bei dotbooks veröffentlichte die Autorin ihre locker zusammenhängende »New Orleans Love«-Reihe mit den Bänden »Ein Mann gegen alle Sorgen«, »Träumerin sucht Mann fürs Leben« und »Wo ein Traummann ist, ist auch ein Weg«. Außerdem erscheint bei dotbooks ihr romantischer Kleinstadtroman »Arkansas Dreams – Ein Tierarzt zum Verlieben«.
Die Website der Autorin: www.haileynorth.com/
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eBook-Neuausgabe März 2023
Die amerikanische Originalausgabe erschien erstmals 2001 unter dem Originaltitel »Dear Love Doctor« bei Avon Books, HarperCollinsPublishers, New York. Die deutsche Erstausgabe erschien 2003 unter dem Titel »Die Liebesexpertin« bei Goldmann.
Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 2001 by Nancy Wagner
Copyright © der deutschen Erstausgabe 2003 by Wilhelm Goldmann Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Copyright © der Neuausgabe 2023 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Kristin Pang, unter Verwendung von eines Motives von Marish / shutterstock.com
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (fb)
ISBN 978-3-98690-580-4
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Hailey North
Ein Mann gegen alle Sorgen
Roman
Aus dem Amerikanischen von Sabine Reinhardus
dotbooks.
Für meine Süßen, die sich diesen wunderbar anregenden Plan ausgedacht haben.
Auf euch vier!
Mein besonderer Dank gilt der liebevollen Freundschaft vier außerordentlicher und unglaublich talentierter Frauen:
Barbara Gross, Ph.D.;
Tricia Hiemstra,
Amy Powell, M.B.A.;
und Devon Scheef, M.B.A.
Ohne euch wäre Weihnachten kein Weihnachten.
Für Kathleen Nance, Genie unter Genien,
die mich in D.C. auf den
richtigen Weg gebracht hat.
Daffodil Landry musterte die Briefe, die sie im Halbkreis vor sich auf dem Tisch ausgebreitet hatte. Es blieben ihr genau siebenunddreißig Minuten, um ihre Kolumne zu schreiben, und sie hatte noch kein einziges Wort zu Papier gebracht.
»Ene mene muh«, murmelte sie und zählte den einzigen Umschlag aus, der außerhalb New Orleans’ abgestempelt worden war.
»Noch nicht fertig?« Eine rothaarige Gestalt hastete an der Tür ihres winzigen Büros vorbei, machte dann kehrt und trat gerade nahe genug an Daffodils Schreibtisch heran, um sie von ihrer Arbeit abzulenken. »Ausgebrannt? Wo bleibt der Kampfgeist, Daffy Duck?«
Daffy setzte ihr unwiderstehlichstes Lächeln für die verantwortliche Herausgeberin von The Crescent auf. Marguerite hatte sich anfangs heftig gegen den Vorschlag gesträubt, dass Daffy die Kolumne des Liebesexperten verfassen sollte. Kaum hatte sich die Idee jedoch als durchschlagender Erfolg erwiesen, war die Herausgeberin sofort fest davon überzeugt gewesen, sie selbst habe den Stein durch irgendeine Bemerkung ins Rollen gebracht.
»Ich habe noch nie meinen Abgabetermin verpasst«, erwiderte Daffy und öffnete den Brief mit dem Poststempel aus Ponchatoula. Vielleicht waren die Liebesprobleme der Landbevölkerung ja interessanter als die der Stadtmenschen. Daffy war jetzt seit sechs Monaten für die Kolumne verantwortlich und wurde langsam unruhig. Sie hatte sich durch den Inhalt vieler Postsäcke gearbeitet und vor allem eines daraus gelernt: Liebende neigten dazu, ständig die gleichen Fehler zu begehen, eine Erkenntnis, die auch auf ihr eigenes Leben zutraf.
Marguerite stand immer noch an der Tür und trommelte mit leuchtend rot lackierten Fingernägeln gegen die Metallwand des Büros. Daffy entfaltete das weiß-rosa gefärbte Briefpapier und konzentrierte sich voll und ganz auf den etwas kindlich formulierten Brief. Seit sie beim Crescent arbeitete, hatte sie festgestellt, dass Marguerite sich dann am schnellsten verzog und andere mit ihrer Gegenwart beglückte, wenn man sie einfach nicht beachtete.
Lieber Experte der Liebe, las Daffy und nahm die Umstellung ihres Titels zur Kenntnis. Nun, zumindest besser als Daffy Duck, wie Marguerite sie beharrlich nannte. Der Spitzname war von den wenigen Redaktionsmitgliedern, die wussten, wer sich hinter dem Liebesexperten verbarg, selbstverständlich gern aufgegriffen worden.
Außerhalb der Backsteinmauern des Redaktionsgebäudes ahnte natürlich niemand, wer der Liebesexperte in Wirklichkeit war. Oder, wie Marguerite sich während einer Redaktionssitzung ausgedrückt hatte, die Auflagenhöhe der Zeitung wäre durch die allgemeine Heiterkeit gefährdet, die unter den Einwohnern von New Orleans’ Lesern ausbräche, falls sie dahinter kämen, dass es ausgerechnet Daffodil Landry war, die ihnen Ratschläge in Liebesdingen erteilte! Es sei denn, man hielte die lange Reihe von Trennungen, gebrochenen Herzen und öffentlich zur Schau gestellten Beziehungskrisen einer notorischen Partygängerin für eine besonders gute Voraussetzung in diesem Job.
The Crescent hatte alles darangesetzt, um The Gambit, das Konkurrenzblatt mit der höheren Auflage, zu entthronen. Im letzten Jahr hatte Daffys Tante Wisteria ihre Nichte mit zehn Prozent am Umsatz des Crescent beteiligt. Seither hatte Daffy ein Wörtchen mitzureden und Marguerite hatte schließlich nachgegeben.
Um Interessenskonflikte zu vermeiden, hatte Daffy sich von ihrer zweiten Arbeitgeberin, der »Seriösen Tageszeitung«, schriftlich bestätigen lassen, dass sie an ähnlichen Thematiken für diese nicht zuständig war. Erst dann hatte The Crescent die erste Kolumne des Liebesexperten herausgebracht.
Inzwischen warteten Hunderte von Frauen ‒ und Männern, auch wenn sie etwas weniger offen darüber sprachen ‒ ungeduldig auf die neueste Ausgabe des Crescent, um zu lesen, welchem Opfer der freundliche, aber meist scharfzüngige Liebesexperte diesmal eine Diagnose stellen würde. Ihren Erfolg fasste Daffy in Gesprächen mit ihrer Zwillingsschwester gern mit den Worten zusammen: Offensichtlich vermasselte sie ja alles in ihrem eigenen Leben, aber sobald es um die Probleme anderer Menschen ging, war sie unschlagbar. Doch nicht einmal Jonquil, die alle Jonni nannten, kannte die wahre Identität des Liebesexperten.
Das ungeduldige Trommeln an der Tür hatte auf gehört. Daffy war wieder allein. Sie blinzelte und stellte fest, dass sie noch kein einziges Wort des Briefes gelesen hatte. Ein kurzer Blick auf ihre mit Diamanten besetzte Armbanduhr erinnerte sie mahnend an ihre Verpflichtungen.
Wir gehen seit sechs Monaten miteinander aus und ein Traum ist für mich Wirklichkeit geworden. Ich kenne H. seit Jahren, hatte mich aber noch nie mit ihm verabredet. In der High School war er sehr beliebt, und jetzt, na ja, jetzt sind alle hinter ihm her. Ich bin total verknallt, aber in letzter Zeit schiebt er dauernd Entschuldigungen vor, wenn ich ihn sehen will, und sagt, er habe keine Zeit und müsse viel arbeiten. Er ist häufig in New Orleans und man hat mir erzählt, dass er sich dort mit anderen Frauen trifft. Aber wenn wir uns sehen, sagt er, ich sei seine Prinzessin von Lande. Er braucht mich nur mit seinen großen braunen Augen anzusehen und sein aufregendes Lächeln aufzusetzen, schon schmelze ich dahin. Ich bringe es einfach nicht fertig, ihn nach diesen anderen Frauen zu fragen. Sollte ich es tun?
Treu Aber Einsam in Ponchatoula
Seufzend strich Daffy über den Brief. Was für ein Dummerchen! Nun, der Brief kam ihr gerade gelegen. Ihre Leser liebten es, wenn sie jemand abkanzelte. Und diesmal würde sie sich nicht nur die Schreiberin, sondern auch H., den Gegenstand dieses Briefes, vornehmen.
Sechs Monate und schon Hummeln im Hintern?
Angriffslustig schwebten Daffys Hände über der Tastatur ihres Computers. Länger als sechs Monate hatte sie es allerdings auch noch nie ausgehalten. Nach einem halben Jahr erwartet ein Mann, dass man exklusiv für ihn da ist und die Männer, mit denen sich Daffy getroffen hatte, hatten stets vorausgesetzt, ihr läge genauso viel an einer Heirat wie ihnen selbst. Ein schwerer Fehler. Nach sechs Monaten war Daffy noch jedesmal ein schlauer Kunstgriff eingefallen, um eine Beziehung zu beenden, die allzu selbstverständlich zu werden drohte. Sonst wäre sie ja gezwungen gewesen, ihren inneren Dämon zu überwinden und sich ernsthaft mit einem dieser Männer zu beschäftigen.
Aber dazu hatte Daffy sich bis jetzt noch nie aufraffen können.
Jede Wette, dass dieser H. aus dem gleichen Holz geschnitzt war. Mr. Stadtbekannt, hm? Daffy legte die Finger erneut auf die Tastatur. Sie wusste genau, welche Folgen es hatte, stadtbekannt zu sein. Die Männer umschwirrten einen wie Motten das Licht, aber kein einziger interessierte sich auch nur im Geringsten dafür, was sich unter der hübschen Oberfläche verbergen mochte. Nur zu schnell gewöhnte man sich daran, diesem Bild gerecht zu werden, ohne selbst genau zu wissen, was dahinter steckte. Nein, das Dummerchen in Ponchatoula war ohne diesen Kerl garantiert besser dran.
Sollten Sie ihn (sie tippte hastig, irgendwie kamen ihr die eigenen Gefühle beim Schreiben in die Quere und beeinträchtigten ihr unvoreingenommenes journalistisches Urteil) nach diesen anderen Frauen fragen? Nein, meine süße kleine Landmaus, das sollten Sie nicht. Und warum nicht? Weil Sie überhaupt nie mehr mit ihm reden sollten. Wenn er anruft, lassen Sie sich verleugnen. Wenn er vorbeikommt, ist die Türklingel kaputt. Dieser Mann ist weder bereit noch willens noch in der Lage dazu, eine dauerhafte Beziehung einzugehen, nicht mit Ihnen und auch mit keiner anderen Frau. Suchen Sie sich einen Mann, der nur Sie allein begehrt, dann werden Sie auch nicht mehr einsam sein. Meine Diagnose für Ihre Beziehung lautet: unheilbar.
Daffy speicherte den Text ab, tippte energisch auf Drucken und musterte ungehalten ihre zitternden Hände. Sie wusste, dass sie im Grunde ihre eigenen Probleme abgehandelt hatte, aber jetzt war keine Zeit zum Grübeln. Sie steckte den ausgedruckten Text in den braunen Umschlag, auf dem Marguerite aus Diskretionsgründen bestand, und hielt ihn der Herausgeberin entgegen, als diese just im selben Moment erneut neben ihrem Schreibtisch auftauchte.
Daffy strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. »Auf die Minute pünktlich«, sagte sie.
»Daffy Duck hat wieder zugeschlagen?«
»Diese Kolumne gefällt dir bestimmt«, versprach Daffy, schob ihren Stuhl zurück und griff nach der Fototasche auf ihrem Schreibtisch. »Vielleicht solltest du noch ein paar Extraausgaben für die Leser im Norden vorbereiten.«
Marguerite riss überrascht die Augen auf. »Erweiterung des Leserkreises?«
»Der Brief kam aus Ponchatoula.« Die Kleinstadt, berühmt für ihr Erdbeer-Fest und die vielen Antiquitätengeschäfte, lag im Norden von New Orleans, eine Stunde weit mit dem Auto entfernt.
Marguerite lächelte. Bestimmt überschlug sie gerade die neue Auflagenhöhe. Dann klemmte sie sich den braunen Umschlag unter den Arm und sagte: »Zu welcher Party gehst du denn heute Abend?«
»Es ist etwas Ungewöhnliches. Irgendeine Wohltätigkeitsveranstaltung, auf der ein neuer Cyber-Guru vorgestellt wird.«
Marguerite nickte. »Das muss der Hunter James Empfang sein, eine Veranstaltung des Waisenvereins. Wir schicken Jill hin, um darüber zu berichten.«
»Jill?«, fragte Daffy überrascht. Jill, deren Ressort normalerweise die Berichterstattung über Technik war, konnte eine Fischgabel nicht von einem Eislöffel unterscheiden. Außerdem wettete Daffy, dass sich in Jills Garderobe kein einziges Kleidungsstück befand, das auch nur halbwegs für festliche Anlässe geeignet war.
»Hast du deine Hausaufgaben nicht gemacht? James hat ein Vermögen mit seinen neuen Internet-Technologien gemacht.«
Geflissentlich überhörte Daffy die spitze Bemerkung.
Als Gesellschaftskolumnistin hielt man sie häufig für ein intellektuelles Leichtgewicht und unterstellte ihr, sie habe keine echten journalistischen Ambitionen. Normalerweise hätte sie im Vorfeld gründlich über Hunter James recherchiert, aber sie hatte ursprünglich gar nicht die Absicht gehabt, diesen Empfang, den sie als ziemlich unbedeutend eingestuft hatte, zu besuchen, da heute Abend noch zwei weitere Galaveranstaltungen stattfanden. Die Herausgeberin der anderen Zeitung, für die sie ebenfalls schrieb, hatte sie allerdings heute Morgen überraschend angerufen und dringend darum gebeten, sich kurz auf dem Empfang von Hunter James blicken zu lassen. Dieser finde nämlich, sagte die Herausgeberin mit Nachdruck, als Daffy murrte, nur ein paar Häuser entfernt vom Opernhaus statt und liege somit auf Daffys Weg.
»Zumindest liefert Jill einen objektiven Bericht ab«, äußerte Marguerite und kniff die Augen auf eine Art zusammen, die Daffy leicht nervös machte.
»Warum sollten andere das nicht ebenfalls tun?« Na gut, sie nahm die Herausforderung an.
»Das kannst du mir nächste Woche selbst sagen.« Die Herausgeberin lachte vergnügt und war auch schon verschwunden.
»Das kannst du mir nächste Woche selbst sagen«, murmelte Daffy vor sich hin und fasste im Stillen zusammen, was sie sich unter einem Computer-Guru vorstellte. Jung, das stand schon mal fest, mit Pickeln, Brille und Hochwasserhosen. Und natürlich reich genug, um die entscheidenden Leute in New Orleans aufhorchen zu lassen. Es musste ausschließlich an Hunter James’ Geld liegen, dass sich die Leute für ihn interessierten, denn er entstammte keiner der alteingesessenen Familien der Stadt.
Andernfalls hätte Daffy den geheimnisvollen Hunter James schon längst kennen lernen müssen. Sie war mit dem sprichwörtlichen Silberlöffel im Mund geboren und ein Spross der vermögenden Schicht der hiesigen Grundbesitzer. Daffy Livaudais Landry kannte jeden, der in dieser Stadt eine Rolle spielte. In den letzten Jahren hatte ihr Job hauptsächlich darin bestanden, unter Berufung auf ihren sozialen Hintergrund über die gesellschaftlichen Ereignisse der Stadt in der New Orleans Times zu berichten.
Am Empfang lächelte Daffy dem neuen Mädchen hinter der Rezeption zu, das ihr Lächeln scheu erwiderte und dabei einen bewundernden Blick auf Daffys elegantes schwarzes Cocktailkleid warf. »Was für ein schönes Kleid, Miss Landry«, sagte es.
»Vielen Dank«, erwiderte Daffy leichthin, aber betont freundlich, wobei sie peinlich auf würdevolle Distanz achtete, wie es ihr als Teilhaberin des Crescent zukam. Ihre Teilhaberschaft war der Grund ihrer Mitarbeit an der Zeitung und half Marguerite, die Identität des Liebesexperten geheim zu halten. Einmal hatte sie zu Daffy gesagt: »Das Letzte, was wir brauchen, ist eine zickige Empfangssekretärin, die alles ausplaudert.«
Diese junge Frau wirkte alles andere als zickig, und Daffy musste sich zusammenreißen, um ihrem ersten Impuls, sie unter die Fittiche zu nehmen und ihre Karriere als Journalistin zu fördern, zu widerstehen. Die beiden vorhergehenden Empfangsdamen waren ebenfalls unter diese Kategorie gefallen. Eigentlich hatten sie beide beim Fernsehen arbeiten wollen, dort aber keine Stelle finden können und sich daher entschlossen, im Empfang des Crescent zu sitzen, wo bestimmt in Kürze ein Produzent hereinstürmen und sie fürs Frühstücksfernsehen engagieren würde. Kein Wunder, dass die zwei nicht lange bei der Zeitung geblieben waren. Daffy kannte die Lebensgeschichte der neuen Empfangssekretärin noch nicht, aber bald würde sie mit Sicherheit auf dem Laufenden sein. Daffy wurde üblicherweise schnell ins Vertrauen gezogen.
»Gehen Sie und Mr. Landry zu einer Party?«
Daffy sah die junge Frau überrascht an. Es war natürlich, dass sie annahm, sie sei verheiratet. Wer würde das nicht? Daffy hatte gleichaltrige Freundinnen, die bereits ihre zweite Ehe geschlossen hatten. Sie schüttelte den Kopf und erwiderte nach einem kurzen Blick auf das Namensschild des Mädchens: »Nein, Yvonne. Ich bin auf dem Weg zur Arbeit.«
Ein paar Meilen entfernt von der im Stadtzentrum liegenden Redaktion des Crescent, in einem Viertel, das sich ebenso gut auf einem anderen Planeten hätte befinden können, zupfte Hunter James an dem Kummerbund, den er auf Drängen seines Partners zusammen mit einem Smoking bei formellen Anlässen trug. »Das verdammte Ding fühlt sich an wie ein Korsett.«
Aloysius Carriere grinste und antwortete: »Du gewöhnst dich schon noch dran.«
»Zum Teufel damit«, maulte Hunter. »Wer ist denn heute Abend unsere Beute?«
»Tiffany Phipps. Sie ist jung, clever und ungefähr zehn Millionen Dollar schwer.«
»Hmm.« Hunter musterte seinen Freund prüfend. Sie saßen im voll gestopften Wohnzimmer von Aloysius’ Tante, die lieber mit einer Freundin in Asien und Europa umherzigeunerte, statt ein standesgemäßes Dasein als Gattin und Mutter erwachsener Kinder zu führen. Er und Aloysius wohnten stets bei ihr, wenn sie in der Stadt waren. »Ist sie hübsch?«
Aloysius grinste erneut. »Das darfst du selbst beurteilen.
Sie kommt heute Abend mit einem ganzen Tross von Bewunderern, aber zufällig weiß ich, dass es keinen ernsthaften Rivalen gibt.«
»Wieso willst du mich eigentlich unbedingt verkuppeln?«
Aloysius’ Augen rundeten sich überrascht. »Was gut fürs Herz ist, taugt auch fürs Geschäft. Und als dein Partner und Investment-Banker wäre es doch sehr kurzsichtig von mir, lediglich nach finanzkräftigen Investoren für WebWeaver Ausschau zu halten und dabei dein emotionales Wohlbefinden zu vernachlässigen.«
Hunter gab ein unhöfliches Geräusch von sich, das keinen Zweifel daran ließ, was er von den ständigen Kuppelversuchen seines Freundes hielt. »Kümmere du dich um die Bankgeschäfte. Ich kann schon für mich allein sorgen.«
Aloysius hob einen mit Brandy gefüllten Kristallschwenker, der auf einem Tisch voller Elfenbeinfiguren stand, und sagte: »Na klar, stimmt genau. Du hast ein Mädel in jedem Hafen. Es ist kein Problem, deine Bedürfnisse zu stillen.«
Das Klingeln an der Tür ersparte Hunter den, wie er fand, überfälligen Hieb auf das Kinn seines selbstzufriedenen Partners. Er warf einen kurzen Blick auf die dekorative Porzellanuhr, die einen der beiden Kaminsimse des Zimmers schmückte. Plötzlich fiel ihm ein Bild aus seiner Kindheit ein, als seiner Mutter ausgerechnet an Weihnachten das Geld ausgegangen war. Sie hatte damals die Stromrechnung nicht bezahlen können und die Feiertage eingemummelt alleine mit ihrem Sohn vor dem Kaminfeuer verbracht. »Das ist bestimmt Mrs. Jarrigan. Sie ist immer sehr pünktlich.«
»Und obendrein so tüchtig«, lobte Aloysius und leerte mit einem Zug den Schwenker. »Bevor sie sich um den Waisenverein kümmerte, schrieben wir rote Zahlen. Inzwischen hat sich der Verein zu einem der bekanntesten und finanzkräftigsten der Stadt gemausert.«
»Ausgezeichnet«, erwiderte Hunter und schüttelte die Kälte ab, die auf einmal, trotz des ungewöhnlich warmen Aprilwetters, dessen Hitze bis in das jahrhundertealte Haus drang und dort den Kampf mit der Klimaanlage aufgenommen hatte, in ihm aufgestiegen war. »Ein Weihnachtsfest für jedes Kind«, das Motto der diesjährigen Wohltätigkeitsveranstaltung, die von Hunters Firma WebWeavers, Inc. tatkräftig unterstützt wurde, hatte New Orleans im Sturm erobert.
Während Hunter die Treppe hinunterging, stellte er fest, dass im unteren Stockwerk, wo das Ereignis stattfinden sollte, alles gut vorbereitet zu sein schien. Der gemietete Butler hatte Mrs. Jarrigan bereits die Tür geöffnet. Sie stand im großzügigen Korridor und sah so aus, als sei sie dabei, eine geistige Checkliste abzuhaken. Was sie, wie Hunter vermutete, wahrscheinlich auch gerade tat. Sie sah ihm entgegen, lächelte und schlug vor: »Wollen Sie gemeinsam mit mir das Personal inspizieren?«
Das war das Letzte, was in Hunter Begeisterungsstürme auslöste, aber er nickte und durchquerte mit ihr die beiden ineinander übergehenden Empfangsräume, die zur riesigen Küche im rückwärtigen Teil des Hauses führten. Seine Mutter hätte diese Küche geliebt, aber als er versuchte, ihr ein neues, ebenso luxuriöses Haus zu kaufen, hatte sie nur den Kopf geschüttelt und gesagt, er solle sein Geld besser anlegen.
Drei Monate nach diesem Zwischenfall hatte er den Entschluss gefasst, den Waisenverein zu neuem Leben zu erwecken. Aloysius hatte ihm erzählt, es habe Vorjahren einmal eine ähnliche Einrichtung in der Stadt gegeben, die allerdings bald durch neue, steuerlich finanzierte Einrichtungen verdrängt worden sei. Hunter war kein Waise, aber als der uneheliche Sohn einer sehr jungen Mutter, der in einer Kleinstadt in Louisiana aufgewachsen war, hatte er oft eine innere Verbundenheit mit allen Kindern gespürt, die ohne Vater oder Mutter aufgewachsen waren. Wie viel schlimmer musste es dann erst Kindern ergehen, die keine Eltern hatten.
»Heute Abend wird die Kasse bestimmt klingeln«, bemerkte Mrs. Jarrigan, während sie mit geübtem Blick den Barmann und die Kellner musterte, die zum Einsatz bereitstanden. In der Ferne hörten sie es klingeln.
Aloysius schlenderte herein. »Ich habe mir sagen lassen, die Eintrittskarten heute Abend seien begehrter als die für das Fest des Yacht-Clubs oder den Audubon-Ball.«
»Aus dem einfachen Grund, weil dies hier die teuersten Eintrittskarten sind«, erklärte Mrs. Jarrigan. »Für die Reichen ist nur das Beste gut genug.«
Hunter zwinkerte einer der Bardamen zu. Sie war ein niedliches, kleines Ding, das seine Aufmerksamkeit auch ohne die Hilfe des Push-up-BHs auf sich gezogen hätte. »Ich werde nie verstehen, warum die Leute fünfhundert Dollar dafür bezahlen, dass sie gemeinsam mit mir fotografiert werden.«
Aloysius war Hunters Zwinkern offenbar nicht entgangen, denn er wechselte ein paar Worte mit dem Mädchen, das daraufhin den Raum verließ. Hunter seufzte. Seit Aloysius sich verliebt und verlobt hatte, versuchte er mit allen Mitteln, seinen Freund in den Hafen der Ehe zu steuern ‒ vorausgesetzt, die Erwählte war in seinen Augen geeignet.
Stimmen drangen zu ihnen, während Mrs. Jarrigan dem Personal letzte Anweisungen erteilte. »Aber das spielt doch keine Rolle, oder?«, knüpfte sie an Hunters Bemerkung an, als sie sich wieder zu ihm wandte. »Solange die Leute es wollen und das Geld einem guten Zweck dient.«
»Der Punkt geht wie üblich an Sie, Mrs. Jarrigan«, entgegnete Hunter.
»Und jetzt zeig dich, alter Junge«, sagte Aloysius. »Die Show geht los.«
Im Vorübergehen sah Hunter sein eigenes Gesicht, das sich in der Tür aus glänzendem, rostfreien Stahl des begehbaren, großen Kühlschranks spiegelte.
Die Adlernase dominierte das Gesicht und verbannte ihn seiner Meinung nach aus dem Kreis wirklich gut aussehender Männer. Aber seine Mutter behauptete, Frauen würden insbesondere bei gefährlichen, irgendwie geheimnisvoll wirkenden Burschen schwach werden. Und Hunter war der Meinung, dass seine Mutter immer genau wusste, wovon sie sprach; schließlich hatte sie sich ja auch in seinen gefährlichen, irgendwie geheimnisvoll wirkenden Vater verliebt, der allerdings verschwand, als es galt, die Verantwortung für ein Kind zu übernehmen.
»Wie wär’s, wenn du die Geldsäcke mit deinem Charme bezauberst, während ich die Nacht in normalen, richtigen Männerklamotten verbringe?«
»Vergiss es«, erwiderte Aloysius. »Außerdem ist Tiffany gerade angekommen. Ein Blick auf sie ‒ und du hörst auf zu jammern.«
Die Gäste näherten sich jetzt den Festräumen. Einige unter ihnen hatten sich direkt neben der Tür um den Kellner geschart, der Drinks anbot. Die Tür öffnete sich erneut, und eine Blondine trat schwungvoll ein.
Hunter blickte sie an wie vom Donner gerührt. Die Frau war auf der Türschwelle stehen geblieben und musterte die Umstehenden wie eine Königin ihre Untertanen.
Sie war groß und sehr schlank, aber unter dem engen schwarzen Seidenkleid zeichneten sich üppige Brüste ab. Ihr blondes, kinnlang geschnittenes Haar glänzte wie das von Rapunzel, ein dummer Gedanke, der Hunter zu Bewusstsein brachte, dass er seinen scharfen Verstand für ein paar Sekunden eingebüßt hatte.
»Wer ist das?«, fragte er Aloysius möglichst beiläufig. Falls dies wirklich die viel gerühmte Tiffany Phipps sein sollte, war er bereit, seinem Partner alle Kuppelversuche zu vergeben.
Aloysius spähte erst zum Eingang hinüber und dann zu Hunter zurück. Etwas von Hunters Verzauberung musste in dessen Augen zu erkennen sein, denn Aloysius packte ihn am Arm und sagte mit fester Stimme: »O nein, Hunter, unmöglich. Ich bin dein Freund, also hör mir gut zu. Das ist die letzte Frau in der ganzen Welt, die du kennen lernen solltest.«
»Du machst mich richtig neugierig.« Hunter beobachtete die Fremde, die inzwischen das Angebot des Butlers, sie von ihrer großen schwarzen Lederhandtasche zu befreien, abgelehnt hatte. Sie nahm ein Glas Champagner vom Tablett eines vorbeikommenden Kellners und schritt dann in den Empfangssaal auf der anderen Seite des Foyers.
»Genau das, was ich vermeiden wollte«, murmelte Aloysius. »Denk an Tiffany.«
»Wenn du’s mir nicht sagst, frage ich sie halt selbst.« Mrs. Jarrigan steuerte jetzt auf die beiden zu, im Schlepptau zwei elegant gekleidete, silberhaarige Damen. In Kürze würde Hunter seine Zuhörer bezaubern und den öffentlichen Hunter James darstellen müssen, den die Leute so gern mochten.
»Wer ist die Frau?«
»Du musst mir versprechen, einen großen Bogen um sie zu machen, wenn ich es dir verrate. Man hat nichts als Ärger mit ihr. Ich kenne sie schon seit Jahren und bis jetzt hat sie noch jedem Mann übel mitgespielt.«
Hunter lächelte den herannahenden Damen und Mrs. Jarrigan zu und zischte aus dem Mundwinkel: »Ihren Namen, Aloysius.«
Aloysius stieß einen tiefen Seufzer aus und zupfte sich nervös am Ohr. »Daffodil Landry.«
»Daffy!«
Beim unverkennbaren Klang der schwesterlichen Stimme drehte Daffy sich um. Dankbar für die Ablenkung ‒ ein ehrgeiziges Ehepaar, das eindeutig von ihr fotografiert werden wollte, um sich morgen auf den Gesellschaftsseiten bewundern zu können, hielt auf sie zu ‒ umarmte sie ihren Zwilling. »Ich wusste gar nicht, dass du schon wieder in der Stadt bist.«
Jonni, Daffys blauäugiges, blondes, identisch gebautes Spiegelbild, lächelte sanft und sagte: »Wir sind gestern zurückgekommen.« Sie seufzte. »Erika hat mir gefehlt, aber David hatte natürlich Recht. Djakarta wäre nichts für ein dreijähriges Kind gewesen.«
O ja, David hatte immer Recht. »Wo steckt Darwin? Äh, Moment, David, nicht wahr?«
»Daffy, du kennst den Namen meines Mannes genauso gut wie deinen eigenen.« Da sie fünfzehn Minuten früher geboren war als Daffy, spielte Jonni gern die ältere Schwester und konnte sehr streng klingen, wenn sie Daffy kritisierte.
»Schon gut, tut mir Leid. Wo ist David denn jetzt? Hast du ihn in Djakarta gelassen?«, fragte Daffy und machte eine teils zerknirschte, teils hoffnungsvolle Miene. Sie bemühte sich nach Kräften, Jonnis eingebildeten Ehemann zu akzeptieren, aber es fiel ihr alles andere als leicht.
»Er besorgt gerade etwas zu trinken.«
»Ach so.« Jonni, die zwar so strahlend schön wie sonst aussah, wirkte in Daffys Augen etwas deprimiert.
»Und wie steht es mit dir? Gibt es einen neuen Mann in deinem Leben?«
Daffy schüttelte den Kopf. »Du warst doch nur sechs Wochen unterwegs.«
»Und es dauert nur eine Sekunde, um sich zu verlieben.«
Statt einer Antwort öffnete Daffy den Verschluss ihrer Fototasche. Sie hatte exakt zwanzig Minuten für den Hunter James Empfang eingeplant, und bis jetzt hatte sie den Gastgeber noch nicht einmal gesehen. Außerdem reagierte sie immer gereizt, wenn Jonni das Thema Lebenspartner anschnitt.
»Na, wenn das nicht meine schöne Schwägerin ist!«
Daffy wäre beinahe vor Schreck zusammengezuckt, als Jonnis Gatte unvermittelt neben ihr auftauchte. Er reichte seiner Frau ein Glas Wein, drückte Daffy zur Begrüßung ein Küsschen auf die Wange und nahm dann einen großen Schluck seines obligatorischen Getränks, Bourbon mit Wasser. »Schreibst du mittlerweile für CyberScene?«
Damit spielte er auf die Beiträge der Zeitung an, die über erfolgreiche neue Technologien berichteten. »Nein, David, ich bin nach wie vor ein verwöhntes, reiches Stadtkind, das sich als Gesellschaftskolumnistin versucht«, erwiderte Daffy und zitierte dabei Davids Lieblingsbeschreibung ihrer selbst.
»Während du darauf wartest, dass dir ein Mann ins Netz geht«, vervollständigte er. »Artikel über Hunter James gehören in Zeitschriften wie ›Money‹ oder ›CyberScene‹. In den Klatschspalten hat er nichts verloren.«
»Kennst du ihn?« Daffy blickte sich suchend um. Auf der gegenüberliegenden Seite des Empfangsraumes entdeckte sie im angrenzenden Saal, wo das Büfett aufgebaut war, den Hinterkopf eines Mannes, der ihr bekannt vorkam. Sobald er lachte, wackelten seine großen Ohren. Aloysius Carriere. Nun, sie war nicht überrascht, ihn hier zu sehen; schließlich war es das Haus seiner Tante.
Aber wer mochte der dunkelhaarige Casanova neben ihm sein, der gerade so heftig mit Mrs. DeLongpre flirtete, als sei sie in diesem Jahr und nicht vor einem halben Jahrhundert zur Schönheitskönigin der Stadt gekürt worden? Falls er ein Freund von Aloysius war, kam er nicht aus New Orleans.
Daffy kannte Aloysius von Kindesbeinen an. Er und Oliver Gotho waren ihre Spielgefährten gewesen. Oliver zählte immer noch zu ihren besten Freunden, aber sie hatte auch nie den Fehler begangen, mit ihm ins Bett zu gehen.
Aloysius hingegen ‒ nun, das war eine ganz andere Geschichte.
»Würdest du mir wenigstens zuhören, wenn ich dir schon von Hunter James erzähle?« Davids befehlsgewohnte Stimme unterbrach ihre Überlegungen.
»Aber ich höre dir doch zu.« Sie lächelte ihn gewinnend an und veränderte ihre Position, damit sie gleichzeitig David und den hoch gewachsenen Burschen, der ihre Aufmerksamkeit erregt hatte, sehen konnte.
»Nun, ich sagte gerade«, fuhr David fort, während er eine Hand in Jonnis Nacken legte und sie nebenbei streichelte, »dass ich Hunter zwar nicht persönlich kenne, dafür aber schon eine ganze Menge über ihn gehört habe.«
Jonni nippte an ihrem Wein und sah sich um. Sie wirkte in sich gekehrt, wie es häufiger bei derartigen Anlässen der Fall war. Daffy hätte sie gern bei der Hand genommen und ihr ein paar aufmunternde Worte zugeflüstert. Obwohl Jonni sich in der Rolle der älteren Schwester gefiel, war sie weitaus unsicherer als Daffy.
»James ist ein autodidaktischer Computer-Guru, der auf eine wahre Goldmine gestoßen ist, als er seine neue Internet-Technologie auf den Markt brachte. Er kommt ausgerechnet aus Ponchatoula, verbringt aber den größten Teil seiner Zeit in der Stadt.«
»Und warum interessiert er sich für Waisen?« Jonni wirkte überrascht von ihrer eigenen Frage.
»Gute Frage«, sagte Daffy. »Deine journalistischen Instinkte sind nicht verkümmert.«
Jonni zuckte die Achsel. Es war Jonni gewesen und nicht Daffy, die die High-School-Zeitung herausgegeben und ihr Anglistik-Studium am Newcomb College mit Auszeichnung abgeschlossen hatte. Seit ihrer Heirat hatte sie jedoch alle schriftstellerischen Ambitionen aufgegeben, obwohl sie gelegentlich beim Crescent als Empfangssekretärin einsprang, wenn Not am Mann war.
David leerte sein Glas. Ein grauhaariger Mann grüßte ihn im Vorbeigehen und die beiden schüttelten sich die Hand. Der Fremde lächelte die beiden Frauen an und schlenderte dann weiter.
»Mein Banker«, erklärte David. »James unterstützt den Waisenverein vermutlich deshalb, weil er selbst Halbwaise ist.«
»Halbwaise?«
David zuckte die Schultern. »Um es höflich auszudrücken. Genau genommen ist er ein unehelicher Bastard.«
Jonni sah schockiert aus, während Daffy sich subtiler über das abfällige Urteil ihres Schwagers ärgerte.
»Nun, soll er doch seinen Auftritt im Rampenlicht genießen«, fuhr David fort und gab dem Kellner, der gerade vorbeikam, ein Handzeichen zum Nachschenken. »Neureichen fließt das Geld ja bekanntlich schnell durch die Finger.«
Daffy hob den Fotoapparat. Ihre zwanzig Minuten waren um, und wenn sie ihrem eingebildeten Schwager noch länger zuhörte, platzte sie am Ende damit heraus, was sie wirklich von ihm hielt. Daffy, von Haus aus vermögend, war stolz darauf, kein Snob zu sein. »Zeigst du mir, wer Hunter James ist?«
»Kein Problem.« David sah sich zuerst prüfend im Empfangsraum um, bevor sein Blick in den angrenzenden Raum wanderte. »Dort drüben steht er, mit einem deiner früheren Bewunderer.«
»Der dunkelhaarige Mann neben Aloysius?« Daffys Stimme war ihre Überraschung anzuhören. So viel also zu Hochwasserhosen, Tennisschuhen und pubertären Pickeln! »Bist du sicher, dass das Hunter James ist?«
David spendete ihr lediglich einen gütigen Blick, während Jonni dankend ein Glas von dem Kellner entgegennahm und stellvertretend für ihn antwortete: »David ist sich stets sicher.«
»Ganz genau, mein Liebling«, stimmte ihr Gatte zu und sah sehr zufrieden mit sich und seiner Frau aus.
»Ich mache schnell ein Foto von ihm, dann muss ich weiter«, entgegnete Daffy und fragte sich, ob sie David vertrauen konnte. Womöglich wollte er sie nur hereinlegen.
Aber hereinlegen oder nicht, jedenfalls wollte sie sich den rätselhaften Fremden, der gerade Mrs. DeLongpres behandschuhte Hand an seine Lippen führte, von der Nähe betrachten.
Die ältere Dame lachte und gab ihm einen neckischen Klaps auf die Wange, bevor sie sich zum Gehen wandte.
»Was für ein Herzensbrecher«, murmelte Daffy und hoffte dabei, Aloysius würde sich von James’ Seite entfernen und sich mit einem anderen Gast unterhalten. Zwischen ihr und dem Alleinerben des einstigen Carriere-Vermögens bestand nämlich die stillschweigende Übereinkunft, einander möglichst aus dem Weg zu gehen.
Jetzt. Geh rüber, kühl wie eine Gurke. Wirf Aloysius ein Lächeln zu, das ihn in seine Grenzen verweist, und mach dich selbst mit dem Burschen bekannt. Wenn er tatsächlich Hunter James ist, erledigst du hier nur deine Arbeit.
Noch während sie in Gedanken ihre nächsten Schritte plante, war sich Daffy bewusst, dass Hunter James sie mit unverhohlenem Interesse musterte. Obwohl er in einiger Entfernung von ihr auf der gegenüberliegenden Seite des Saales stand, spürte sie genau, wie er sie beobachtete, spürte, dass auch er sie kennen lernen wollte. Sie hatte das sonderbare Gefühl, als entginge nichts an ihr seinem Blick, vom rosafarbenen Nagellack ihrer Zehen bis zu den Spitzen der perfekt geschnittenen dichten Haare, die schmeichelnd ihr Gesicht umrahmten.
Und ihr eigenes Interesse war ihm ebenfalls nicht entgangen.
Daffys Puls ging schneller.
Sein Blick durchdrang ihr Kleid bis auf den schwarzen Satin-BH und das Höschen.
Er konnte die Neugier in ihren Augen lesen.
Und hatte sogar ihre Körbchengröße zutreffend mit 75 C erfasst.
Das Herz schlug ihr bis zum Hals.
Er selbst gab nichts preis. Er machte zwar keinen Hehl aus seinem Interesse an ihr. Aber ob er etwas anderes tun würde, als seine Beute nur zu beobachten, konnte Daffy unmöglich sagen.
Und genau das brachte sie auf die Palme.
Was verbarg sich hinter den dunklen Augen und dem Lächeln, das er für jedermann bereit hielt, ob es sich nun um Mrs. Delongpre oder Aloysius handelte?
Daffy musste es unbedingt herausfinden.
Sie lehnte beim Weitergehen das Lachspastetchen ab, das ihr ein Kellner auf einem Tablett unter die Nase hielt.
Aloysius maß sie jetzt verachtungsvoll. Daffy kam näher. Sie nahm diese Herausforderung an. Vielleicht verachtete er sie, aber er konnte sie nicht davon abhalten, ein paar Worte mit seinem Begleiter zu wechseln.
Der dunkelhaarige Mann sagte jetzt etwas zu Aloysius und trat ihr währenddessen einen Schritt entgegen.
Daffy lächelte.
James war stehen geblieben: Aloysius hielt ihn am Ellbogen fest, denn ein zierlicher Wirbelwind von einer Frau kam aus der entgegengesetzten Seite des Saales auf die beiden zugestürmt und verwickelte sie in ein Gespräch.
Dabei handelte es sich nicht um irgendeine Frau, sondern um Tiffany Phipps höchstpersönlich. Daffy stöhnte innerlich, eventuell sogar hörbar, auf. James schüttelte Tiffany höflich die Hand. Aber damit gab sich Tiffany nicht zufrieden. Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange und Daffy hörte sie, wie gewöhnlich in Überlautstärke, trompeten: »Ich habe das Gefühl, als wären wir schon die besten Freunde!«
Daffy gab einem der Kellner ein Handzeichen und nahm sich ein Schnittchen mit Krabbenpastete von seinem Tablett. Mit Aloysius wäre sie fertig geworden, aber Tiffany überstieg ihre Kräfte. Seit Daffys zwölftem Geburtstag, als Tiffany einige Hygieneartikel aus Daffys Tasche entwendet und zur allgemeinen Belustigung unter den Gästen herumgereicht hatte, war sie außerstande, in ihrer Gegenwart höflich zu sein. An jenem Tag hatte sie Tiffanys Lippe auf geschlagen, und beide Elternpaare hatten anschließend Daffy bestraft, nicht aber Tiffany. Nur Daffys beste Freundin Beth hatte in dieser erniedrigenden Situation zu ihr gehalten und nicht gelacht.
Daffy säuberte ihre Fingerspitzen an der Serviette und sprach sich selbst Trost zu. Wenn Hunter sich mit Frauen wie Tiffany abgab, war er sowieso nicht ihr Typ. Sie hob die Kamera und dachte dabei, wie viel Ironie doch in diesem Gedanken lag. Sie lebte in einer Gesellschaft, in der viele Menschen eher Daffy verurteilen würden als Tiffany.
Denn worin bestanden Tiffanys Fehler? Obwohl sie selbstsüchtig, verwöhnt und extravagant war, engagierte sie sich in bewundernswerter Weise für wohltätige Zwecke. Obendrein war sie erfolgreiche Anwältin. Sie war genauso alt wie Daffy, hatte aber bereits eine Scheidung hinter sich und man munkelte, sie habe ihren Gatten, einen Senator aus Kentucky, dabei kräftig zur Kasse gebeten.
Ihre Fehler jedoch waren, nach den allgemeinen Maßstäben, nichts im Vergleich zu den Fehlern von Daffy Landry.
Während sie die trüben Gedanken gewaltsam abschüttelte, richtete Daffy langsam die Kamera auf James. Vorsichtig trat sie näher. Jedenfalls würde zumindest die Herausgeberin zufrieden sein. Gleich zwei Damen der Gesellschaft, die auf Tuchfühlung mit dem neuesten ‒ und aufregendsten ‒ Wohltäter der Stadt gingen.
Flash!
Tiffany hatte die Kamera offenbar gesehen. Sie bog sich ein wenig zurück und rückte die Krawatte von Hunter James zurecht.
Flash!
Flash!
Drei rasche Schüsse und Daffy drehte sich um. Schnellen Schrittes ging sie durch die Menge. Sie musste noch zwei weitere Empfänge besuchen.
Auf den Eingangsstufen der Villa stellte sie plötzlich überrascht fest, dass sie an keiner der beiden anderen Galaveranstaltungen nur im Mindesten interessiert war. Und Daffy ahnte auch, woran das lag. Der Fremde mit den dunklen Augen würde nicht dort sein.
Verdammt, wie schön sie war.
Nicht nur im klassischen Sinne. Natürlich, sie hatte alles, was dazugehörte ‒ den makellosen Körperbau, untadelige Haltung, samtige Haut, seidiges, blondes Haar und ein schlichtes Kleid, das nur flüsterte und nicht schrie, welchen Preis es gekostet hatte. Aber zu all dem besaß diese Frau eine einzigartige Ausstrahlung, wie Hunter sie selten, falls überhaupt je, gesehen hatte.
Noch während er Mrs. Delongpre um den Finger wickelte und dabei eine großzügige Spende für den Waisenverein entgegennahm, hatte Hunter Daffodil Landry nicht aus den Augen gelassen, die einzige Frau auf diesem Empfang, vor der ihn Aloysius nachdrücklich gewarnt hatte.
Er hatte sie im Gespräch mit einer anderen, ebenso großen und blonden Frau beobachtet, aber obwohl Hunter die andere nur von hinten gesehen hatte, spürte er instinktiv, dass sie niemals denselben Eindruck auf ihn machen würde wie Daffodil Landry.
Der Mann, der sich zu den beiden Frauen gesellt und seine Hand besitzergreifend auf den Nacken der anderen Blondine gelegt hatte, war jedoch offenbar anderer Ansicht.
Daffy hatte sich aus der Gruppe gelöst, sich von den beiden entfernt. Hunter wusste, dass sie bemerkt hatte, wie er sie beobachtete. Sie hatte sich seines durchdringenden Blickes nicht erwehrt, hatte ihm standgehalten, war weder errötet noch hatte sie schüchtern die Augen niedergeschlagen oder sich abgewandt. Er musste diese Frau kennen lernen.
»Stell mich vor«, hatte er Aloysius aufgefordert, nachdem Mrs. Delongpre sich verabschiedet hatte.
»Ich tue ja den ganzen Abend über nichts anderes«, hatte sein Partner erwidert und sich dickköpfig geweigert, die eigentliche Bedeutung seiner Worte zu verstehen.
»Stell mich ihr vor«, befahl Hunter.
»Allen, außer Daffy.« Aloysius kniff entschlossen die Lippen aufeinander.
»Zwischen Daffy und dir muss sich zwar eine Katastrophe abgespielt haben, aber das betrifft lediglich euch beide«, erwiderte Hunter, forschte aber nicht weiter. Er wollte es ehrlich gesagt gar nicht wissen. Seine eigene Vergangenheit ‒ verdammt noch mal, sogar seine eigene Gegenwart ‒ hielt ebenfalls nur wenig Gutes bereit.
»Von einer Frau den Laufpass zu bekommen, ist eine Sache«, sagte Aloysius, nun doch willens, detailliert Auskunft zu geben. »Aber Daffy ist eine andere ‒ noch schlimmer. Sie sieht aus wie eine Frühlingsblume, genau passend zu ihrem Namen, und dann spult sich irgendetwas in ihrem Kopf ab, und sie ist plötzlich wie umgewandelt, ohne jeden Grund.« Aloysius rollte mit den Schultern, als wolle er die unschönen Erinnerungen abschütteln. »Halt dich an die aufrichtigen Frauen.«
Daffy hatte einen Schritt in seine Richtung getan.
»Sehr interessant«, murmelte Hunter.
»Wenn du das interessant findest, dann stell dir mal vor, dass dein Fuß in einer Falle klemmt, die du erst durchbeißen musst, bevor du fliehen kannst.«
Daffy lächelte.
Hunter erwiderte ihr Lächeln und bewegte sich ebenfalls einen Schritt auf sie zu.
Er sollte sich von ihr fern halten, nicht, weil Aloysius ihn gewarnt hatte, sondern weil er erst einmal Ordnung in sein eigenes, vermurkstes Privatleben bringen musste, bevor er sich auf ein neues Abenteuer einließ.
Denn er war sich sicher, dass Daffodil Landry das größte Abenteuer seines Lebens werden könnte.
Aloysius’ Hand hielt ihn am Ellbogen fest und Hunter straffte sich für eine Sekunde, bevor er sich ebenso schnell wieder entspannte. Er warf seinem beharrlichen Freund einen durchdringenden Blick zu. Obwohl er lächelte, hätte jeder Mensch mit funktionierendem Überlebensinstinkt gespürt, welche Gefahr hinter diesem Blick lauerte.
»Hier ist Tiffany«, murmelte Aloysius, als auch schon eine von einer Parfümwolke umschwebte kleine Brünette vor ihnen auftauchte.
»Genau nach Ihnen haben wir bereits Ausschau gehalten«, sagte Aloysius jovial. »Darf ich vorstellen: Tiffany Phipps, Hunter James.«
Frustriert, aber wohlerzogen streckte Hunter ihr die Hand entgegen.
Ohne seine Hand zu beachten, stürzte sich die grünäugige Frau auf ihn und platzierte ihm einen koketten Kuss auf die Wange, auf den Hunter ohne weiteres hätte verzichten können. »Ich habe das Gefühl, als wären wir schon die besten Freunde!«, jubelte sie.
Ihr aufdringliches Parfüm stieg ihm genau in dem Moment betäubend stark in die Nase, als das Blitzlicht einer Kamera aufleuchtete.
Hunter drehte sich zu Daffodil Landry um. Unter dem Vorwand, sie zurechtzurücken, machte sich Tiffany an seiner Krawatte zu schaffen, als ein zweites Blitzlicht grell auf flammte.
Er blinzelte in einen erneuten Blitz und spähte dann nach der Urheberin des Spektakels ‒ doch Daffodil war verschwunden.
»Sieh nicht her«, warnte Thelma James. »Du bekommst Gesellschaft.«
Hunter, der zusammengekrümmt unter dem Computertisch im Bilderrahmengeschäft seiner Mutter hockte, hielt sich an ihre Anweisung. Er hatte nur einen kurzen Wochenendbesuch in Ponchatoula geplant, um den neuen Computer seiner Mutter zu installieren. Als er ihr angeboten hatte, ihr ein Haus auf der »richtigen« Seite der Stadt zu kaufen, hatte sie sich standhaft geweigert, aber zumindest nahm sie seine Hilfe in Geschäftsdingen an. Seit Jahren hatte sie in dem kleinen Laden für Bilderrahmen gearbeitet und inzwischen, nach dem Tode des vorhergehenden Besitzers, das Geschäft übernommen.
»Na, wenn das nicht Emily Godchaux ist, die uns da einen Besuch abstattet.«
Bei dieser ärgerlichen Nachricht hob Hunter den Kopf und stieß prompt gegen die Tischkante. »Verdam…«
»Nimm dich zusammen, in meinem Laden wird nicht geflucht.« Seine Mutter hielt sich streng an ihre Regeln ‒ so, wie jedermann in Ponchatoula. Während er heranwuchs, hatte Hunter sie mindestens eine Million Mal sagen hören: »Die Leute können über mich reden, wie sie wollen, weil ich ein Baby habe und keinen Trauring, aber sie werden niemals ein abfälliges Wort über dein Benehmen sagen können, junger Mann.«
Hunter liebte seine Mutter. Und er strengte sich außerordentlich an, sich gut zu benehmen. Er gab sich echt die größte Mühe. Aber eigentlich lag so was nicht in seiner Natur.
Er erhob sich und grinste seine Mutter an, die, über ihren Arbeitstisch gebeugt, prüfend einen mattierten Bleirahmen im Licht drehte. »Verdampfen könnte man. Unter diesem Tisch ist es zum Verdampfen warm.«
Sie grinste zurück und hob die Brauen, als die Klingel über der Tür mehrmals bimmelte. Die Augen starr auf das Bild gerichtet, mit dessen Rahmung sie gerade beschäftigt war, sagte Thelma: »Guten Morgen, Emily.«
»Guten Morgen, Mrs. James.« Emily trug ein lavendelfarbenes Leinenhemd und einen breitkrempigen Strohhut. Sie sah aus, als sei sie auf dem Weg zu einer Gartenparty.
Hunter warf einen Blick auf seine kurze Hose, an deren Saum sich ausgebleichte Flecken abzeichneten, und fragte sich, was Emily vorhatte. Zumindest hatte sie seine Mutter mit Mrs. James angeredet. Das hatten seine Schulfreunde auch getan, aber die Hassenswerten unter seinen Mitschülern hatten die Anrede immer absichtlich weggelassen. Emily hatte natürlich in die letztere Kategorie gehört.
Jetzt klapperte sie mit den Lidern und sagte: »O, Hunter, du bist ja auch in der Stadt.«
Ihre Überraschung war so schlecht gespielt, dass er beinahe gelacht hätte. Obwohl ihm nicht nach Lachen zu Mute war. Das einzige Mal in der High School, als er Emily um eine Verabredung gebeten hatte, hatte sie sich darüber lustig gemacht und den Kreis ihrer Anbeter um sich geschart, um ihnen den beleidigenden Vorschlag gleich brühwarm weiterzuerzählen. Sollte er sich noch einmal in ihre Nähe wagen, hatte sie anschließend verkündet, dann würde er von ihrem Freund Roger eine Tracht Prügel beziehen. Aber seit Hunter ein Vermögen gemacht hatte, war Emily wie umgewandelt.
Geschäftig ordnete er Verpackungsmaterial. »Mein Jeep steht direkt vor der Tür.«
»Tatsächlich?« Nach einigen belanglosen Worten kam sie dann zur Sache. »Bei Roger und mir findet heute Abend ein zwangloses Treffen statt. Nichts Besonderes, nur die altbekannte Truppe. Möchtest du kommen, wenn du schon mal in der Stadt bist?«
»Wie geht es Roger?«, erkundigte sich seine Mutter.
»Gut. Er hat viel zu tun.« Emily nahm den Hut ab, hob das schwere Haar in ihrem Nacken an und fächelte sich dort Luft zu. »Er arbeitet rund um die Uhr.« Ihre vollen Lippen verzogen sich verdrießlich, und sie warf Hunter einen unmissverständlich einladenden Blick zu. »Man könnte meinen, er sei mit der Bank verheiratet.«
Und nicht mit dir. Hunter bemerkte die undurchdringliche Miene seiner Mutter. Nur das Trommeln ihrer Finger auf dem Bilderrahmen verriet, wie verärgert sie war.
»Danke, aber ich bin sehr beschäftigt«, antwortete er jetzt.
»Na ja, dann eben ein anderes Mal.« Sie warf ihm einen schmachtenden Blick zu und verließ den Laden.
Hunter zerriss einen großen Verpackungskarton in kleine Stücke. »Ich frage mich, was sie mehr interessiert, mein Geld oder meine Männlichkeit.«
Seine Mutter hatte aufgehört zu trommeln und lächelte. »Ich glaube, du kennst die Antwort darauf. Schließlich warst du doch gemeinsam mit Roger im Sportunterricht.«
Hunter grinste. »Wie kann eine Mutter nur so schockierende Dinge zu ihrem Sohn sagen.«
»Hm. Das erinnert mich an ein anderes Thema, über das ich als Mutter mit dir reden wollte.«
Thelma ließ den Rahmen los und verschränkte die Arme über der Schürze, die sie beim Arbeiten zu tragen pflegte.
»Jetzt wird’s ernst«, stellte Hunter fest.
Sie nickte. »Es ist eine Sache, wenn du Emily was vormachst ‒ damit will ich natürlich nicht sagen, dass du diese Schlampe ermutigst. Aber die niedliche Lucy Simone hat sich Hals über Kopf in dich verliebt, und sie hat was Besseres verdient, als nur dein Spielzeug zu sein, wenn du gerade Zeit für sie hast. Sie sitzt nur zu Hause und sehnt sich nach dir, wenn du in New Orleans bist.«
Hunter scharrte mit den Füßen. Sein Nacken fühlte sich plötzlich heiß an, wie immer, wenn er im Unrecht war. Er fragte sich flüchtig, ob jemand sich vorstellen konnte, dass ein Mann, dessen Konterfei gerade die Titelseiten von Money und E-COM schmückte, sich wie ein Aal unter der spitzen Zunge seiner Mutter wand. »Es war nicht meine Absicht, dass sie sich in mich verliebt.«
»Nun, wenn das alles ist, was du zu deiner Verteidigung zu sagen hast …«
»Wir haben uns ein paar Mal verabredet. Sie ist nett. Süß. Hübsch.« Nicht schlecht im Bett, aber auf eine eher mechanische Art. Ohne inneres Feuer. Außerdem spürte sie nie, wann er Spaß machte und wann nicht. »Sie sollte genauso gut wissen wie ich, dass sie nicht die richtige Frau für mich ist.«
»Nein.« Thelma musste ihm seufzend Recht geben. »Du hättest sie nach zwei Monaten satt.«
Genau wie mein Vater.
Hunter verschränkte ebenfalls die Arme. »Ich habe Lucy nie etwas vorgemacht und gesagt, es könnte mehr zwischen uns werden. Ich habe ihr nie etwas versprochen.« Er klang zornig. »Ich lasse keine Frau einfach im Stich ‒ und ich heirate erst, wenn ich eine getroffen habe, zu der ich immer halten würde.«
»Und wann wird sich dieses Wunder deiner Meinung nach ereignen?«
Zumindest hielt sie die Arme nicht mehr verschränkt und kam zum eigentlichen Thema.
»Wenn es so weit ist, werde ich es schon merken.« Vor seinem geistigen Auge erschien ein blondes Wesen im schwarzen Cocktailkleid.
Daffodil Landry.
Er hatte absichtlich nichts unternommen, um sie kennen zu lernen. Seit dem Empfang war mehr als eine Woche verstrichen. Er hatte sich inzwischen ihre Adresse und Telefonnummer besorgt, aber mehr war nicht passiert. Ohne genau zu wissen, warum er sich so zurückhaltend benahm, hatte er das Gefühl, er müsse auf den richtigen Moment warten. Möglicherweise war es auch nur die Angst, sie könnte genauso sein wie alle anderen Frauen, denen er sich genähert hatte ‒ äußerlich schön, aber ohne jenes gewisse Etwas, das er für eine langfristige Beziehung brauchte. Was er zu seiner Mutter gesagt hatte, entsprach der Wahrheit; er suchte nach der Frau, die ihn davor bewahrte, dass er seinem unbekannten, nichtsnutzigen »Vater« nachschlug.
»Hm, hm, hm.« Seine Mutter brummelte erneut vor sich hin und schüttelte den Kopf.
Die Türklingel bimmelte zum zweiten Mal ‒ und niemand anders als die bezaubernde Lucy Simone betrat den kleinen Laden.
Er saß in der Falle.
»Hallo, Mrs. James.«
»Hallo, Lucy. Wie wär’s mit einem Glas Eistee?«
»Wunderbar.« Lucy lächelte und entblößte dabei ihre schneeweißen, makellosen Zähne.
Ach, verflixt. Thelma brachte es fertig, Lucy so lange aufzuhalten, bis Hunter auf ihre Beziehung ‒ besser gesagt, den Mangel an einer solchen ‒ zu sprechen kam. Er warf Thelma einen aufgebrachten Blick zu, aber sie hatte sich bereits zu der Kanne mit eisgekühltem Tee umgedreht, die sie den ganzen Sommer zur Hand hatte. Es war ihm klar, dass er Ordnung in die Beziehung zu Lucy bringen musste. Das überfällige Gespräch hätte er allerdings lieber unter vier Augen hinter sich gebracht.
Lucy nahm den Eistee, den Thelma ihr reichte, dankend entgegen und lenkte ihre Schritte dann direkt zu dem Computertisch hinüber, hinter dem Hunter sich schutzsuchend verschanzt hatte.
»Hunter, ich wusste ja gar nicht, dass du hier bist.« Er spitzte die Ohren. Der süße, fragende Ton würde sich spätestens zehn Minuten nachdem Lucy den Trauring am Finger trug, in Dauernörgeln verwandeln. Hunter verzog das Gesicht.
»Oh, hast du dich am Finger verletzt?« Lucy beugte sich vor und ergriff seine Hand. Der tiefe Ausschnitt ihres T-Shirts gewährte freie Sicht auf ihre beiden größten Trümpfe.
Hunter unterdrückte ein Stöhnen und sagte: »Nein, alles in Ordnung.« Seine Mutter hatte Recht ‒ er hatte Lucy zwar etwas vorgemacht, doch ihre Trümpfe waren sicherlich schuld daran, sein klares Urteilsvermögen benebelt zu haben.
»Schön. Willst du mich zu Emilys und Rogers Party begleiten? Ich habe Emily gerade zufällig getroffen und sie hat mich eingeladen.« Sehr zufrieden mit sich und der Welt nippte Lucy an ihrem Tee.
Hunter fand es aufreizend, dass Emilys Einladung offenbar solchen Eindruck auf Lucy machte. Er war schon während der Schulzeit mit Lucy befreundet gewesen, als Emily noch nicht einmal deren Namen gekannt hatte. »Wann hast du sie denn getroffen?«
»Es ist keine zehn Minuten her. Ich kam gerade aus Pauls Café, als sie das Maklerbüro verließ.«
Hunters Gedanken waren deutlich auf seiner Miene zu lesen, als er die Brauen zusammenzog. Dieses Luder hatte Lucy nur deshalb eingeladen, damit sie Hunter ‒ der Emilys Einladung ja gerade abgelehnt hatte ‒ als Begleiter mitbrachte. »Weiber!«, murmelte er erbittert. »Wie wäre es stattdessen mit einem Kinobesuch?«
Lucy ließ die Schultern hängen. »Ich war noch nie bei Emily und Roger. Ich habe gehört, dass sie sogar einen Wasserfall im Garten haben.«
Hunter umfasste sanft ihre Schultern. »Lucy, sie hat dich nur eingeladen, damit ich ebenfalls komme.«
Lucy riss sich los. Eine Sekunde lang beobachtete er seine Hände, die irgendwie zusammenhanglos in der Luft schwebten, ohne Verbindung zu seinem eigenen oder Lucys Körper und wie ein Sinnbild seines derzeitigen Lebens.
»Seit neuestem hast du ziemlich große Rosinen im Kopf, Hunter James.«
Seine Mutter hüstelte unüberhörbar.
»Warum sollte Emily hinter dir her sein? Sie hat doch einen reichen Mann.« Lucy geriet zusehends in Fahrt. »Vielleicht möchte sie meine Freundin werden.«
»Emilys Vorstellungen von Freundschaft gleichen den Vorstellungen einer Schwarzen Witwe von der Liebe«, erläuterte Hunter.
»Und ich glaube, du hältst dich plötzlich für was Besseres. Du denkst, du wärst über unser kleines Landnest rausgewachsen, und deswegen triffst du dich mit all diesen Frauen in New Orleans.«
Hunter schüttelte den Kopf. Wie konnte sie etwas über die Frauen wissen, mit denen er in New Orleans ausging ‒ und das auch nur, weil Aloysius so darauf drängte? »Lucy, sieh mich einmal an. Ich bin hier, am Samstagmittag, in meinen fünf Jahre alten Shorts und meinem T-Shirt vom College. Was ist denn eigentlich los mit dir?«
Störrisch presste Lucy die Lippen aufeinander. Hunter beobachtete, wie ihre glorreichen Brüste unter dem Baumwollhemd bebten und wünschte sich, er hätte sie nur aus der Ferne bewundert. Er hatte mit ihr gerauft und Fangen gespielt, verdammt, er hatte Lucy sogar das Autofahren beigebracht, ohne ihr je an die Wäsche zu gehen. Was war nur vor sechs Monaten in ihn gefahren? Er hatte sich einsam gefühlt, war vielleicht auch ein wenig vom plötzlichen Erfolg und Geld überwältigt worden. Hatte er sich Lucy zugewandt, weil er sich bei ihr sicher fühlte und auf bekanntem Terrain war? Falls ja, hatte er die Peitsche verdient.
Auf einmal formte sich ihr Mund zu einem makellosen Titelblattlächeln. Sie sperrte die Augen auf, trat einen Schritt auf ihn zu und umkreiste mit rosa lackiertem Fingernagel einen Punkt auf der Brusttasche seines T-Shirts. »Komm, lass uns doch auf diese Party gehen, bitte-bitte.«
Da bimmelte die rettende Türklingel ein drittes Mal. Die Tür schwang auf und Lucy vergrößerte den Sicherheitsabstand zu Hunter, als Beau, ihr fünfzehnjähriger Bruder, hereinstürmte. Er erledigte Botengänge für Mrs. James und verteilte außerdem die wöchentlich erscheinende Zeitung