Atlantis, Lemuria und Hyperborea - Manfred Ehmer - E-Book

Atlantis, Lemuria und Hyperborea E-Book

Manfred Ehmer

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Beschreibung

Mythische und esoterische Überlieferungen sprechen von drei untergegangenen Kontinenten, die einst machtvolle Evolutionszentren der Menschheits-Entwicklung und Träger archaischer Hochkulturen gewesen sind – Atlantis, Lemuria und Hyperborea. Das vorliegende Buch trägt alle Informationen zusammen, die wir über diese Urkontinente besitzen. Ein ganz neues Panorama der menschlichen Kulturgeschichte breitet sich damit aus, und erneut stellt sich die Frage nach den Ursprüngen allen Menschseins überhaupt.

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Manfred Ehmer

Atlantis, Lemuriaund Hyperborea

Macht und Geheimnisder versunkenenKontinente

Inhalt

Cover

Titelblatt

Terra incognita

Atlantis

Der Atlantis-Bericht Platons

Atlantis – geologisch betrachtet

Das Erbe der Sonnenreligionen

Was wussten die Phönizier?

Atlantis in Afrika?

Das Atlantis der Geheimlehre

Die theosophische Evolutionslehre

Atlantis nach Scott-Elliot

Atlantis-Visionen von Edgar Cayce

Schwarze und Weiße Magie in Atlantis

Der Untergang von Atlantis

Lemuria

Mysterien der Osterinseln

Kumari Kandam – das indische Lemurien

Hyperborea

Ein Blick auf die Geologie

Ultima Thule – das Ende der Welt

Die druidische Thule-Überlieferung

Die Insel der Hyperboreer

Die Insel Ogygia im Kronos-Meer

Das Arierstammland Aryana Vaejo

Irminsul – die Weltensäule des Atlas

Das Thule-Erbe in Amerika

Die Geheimlehre über die Hyperboreer

Das unvergängliche Heilige Land

Wanderungen und Invasionen

Der Wanderzug des Ram nach Asien

Epilog

Literaturlisten

Zitatnachweis

Urheberrechte

Atlantis, Lemuria und Hyperborea

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Terra incognita

Zitatnachweis

Urheberrechte

Atlantis, Lemuria und Hyperborea

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Unser Titelbild: Die Dame von Elche.

Die Dame von Elche ist eine prähistorische Skulptur, die man bei Elche in Südspanien fand. Die Plastik wurde als eine Priesterin von Atlantis bezeichnet und wird von vielen als ein Bindeglied zur atlantischen Prähistorie betrachtet.

Terra incognita

Unerforschte Landstriche der Erde pflegte man in früheren Jahrhunderten mit dem Vermerk terra incognita – »unbekanntes Land« – auf den Landkarten zu kennzeichnen. Gemeint war der »weiße Fleck« auf der Landkarte, das schlechthin Unbekannte, das Neuland, das noch keines Menschen Fuß betreten hatte, das Neue, noch zu Erschließende. Zu Beginn der großen Entdeckungsreisen, seit Christoph Columbus (1492), waren Amerika und Australien ein solches terra incognita, nicht minder auch Indien, und nicht zuletzt das sagenhafte Goldland El Dorado. Und das legendäre Land Ophir, aus dem König Salomo sein Gold bezog – lag es in Afrika, Asien oder gar in Amerika? War es nicht auch ein terra incognita? Und der geheimnisvolle Berg Meru, von dem die indischen Mythen berichten – gab es ihn tatsächlich? Wer aber hat ihn je aufgesucht?

Heutzutage, da buchstäblich jeder Quadratzentimeter unseres Planeten Erde lückenlos kartographisch erfasst ist, scheint der Begriff terra incognita sinnlos geworden zu sein. In Wahrheit hat er nur seine Bedeutung gewandelt. Denn auch bei uns Heutigen gibt es noch weiße Flecken auf der Landkarte, auch auf der unseres Bewusstseins. Und da der Mensch des 21. Jahrhunderts weder das Goldland El Dorado noch Salomons Ophir gefunden hat, bleibt auf der Erde noch genug Neuland, das unsere Entdeckerfreude reizen würde. Zumal da es ja noch so viele Zeugnisse vorgeschichtlicher Kulturen freizulegen, so viele Rätsel noch zu lösen gilt, Fragen nach den Anfängen und Ursprüngen der Menschheit, nach dem Geheimwissen und der Technologie früher Hochkulturen. Für den Menschen des 21. Jahrhunderts bedeutet terra incognita seine eigene Vergangenheit. Dies betrifft vor allem die versunkenen Kontinente Atlantis, Lemuria, Gondwanaland, Thule und Hyperborea, die teilweise schon in der Antike bekannt waren, heute aber hinter einem Schleier des Geheimnisses verborgen liegen.

Nur drei versunkene oder auf andere Art zerstörte Kontinente (…) werden in der Occulten Lehre beschrieben, der Hyperboreische, der Lemurische (wenn wir einen jetzt in der Wissenschaft bekannten Namen akzeptieren) und der Atlantische. – Die Geheimlehre, Band 2, Anthropogenesis, S.641

Atlantis

Atlantis, die Insel Avalon, die Gärten der Hesperiden, das Paradies, der Garten Eden, das Goldene Zeitalter – Urerinnerungen der Menschheit sprechen noch heute aus diesen mythischen Namen zu uns. Sie bezeichnen einen Urzustand des vollkommenen Glückes und Friedens, in dem der Mensch noch ganz im Einklang mit dem Göttlichen lebte. Die Menschen dieses längst verklungenen Zeitalters scheinen Halbgötter, Gottmenschen und Heroen gewesen zu sein; aber sie mussten im Laufe der Zeit einem anderen, weniger göttlichen Menschengeschlecht weichen. Der Dichter Hesiod (um 700 v. Chr.) stellte zuerst die Lehre von den fünf Weltaltern auf, von einem Goldenen, Silbernen, Bronzenen, Heroischen und Eisernen Zeitalter, wobei er das letztere mit seiner eigenen Zeit gleichsetzte. Über das längst vergangene Goldene Zeitalter sagt er folgendes:

Golden war das Geschlecht der redenden

Menschen, das erstlich die unsterblichen Götter,

Des Himmels Bewohner, erschufen. Jene lebten,

Als Kronos im Himmel herrschte als König,

Und sie lebten dahin wie Götter ohne Betrübnis.1

Die Aufeinanderfolge der Weltalter stellt eindeutig eine absteigende Linie dar, auf der sich der Mensch von seinem göttlichen Ursprung immer weiter entfernt. Auch der römische Dichter Ovid (eigentlich Publius Ovidius Naso, 43 v. Chr. bis 17 / 18 n. Chr.) besingt das »Goldene Zeitalter«; er beschreibt es als ein Land, in dem die Menschen ohne Strafgesetze und Zwangsgewalt leben, wo ewiger Frühling herrscht, wo allerwärts milde Winde wehen und wo die Erde ganz von allein, ohne die Mühsal des vom Menschen betriebenen Ackerbaus, Feldfrüchte und reiche Ernte hervorbringt:

Ewig waltete Lenz, und sanft mit lauem Gesäusel fächelten Zephirus Hauche die saatlos keimenden Blumen.

Bald gebar auch Feldfrüchte der ungeackerte Boden.2

Ganz ähnlich beschreibt viele Jahrhunderte später der Dichter Geoffrey of Monmouth in seiner Vita Merlini die Nebelinsel Avalon: »Die Apfelinsel wird auch die glückliche Insel genannt, weil sie alle Dinge aus sich selbst erzeugt. Die Äcker haben dort den Pflug nicht nötig, der Boden wird überhaupt nicht bebaut; es gibt nur, was die schaffende Natur aus sich selbst gebiert. Freiwillig schenkt sie dort Korn und Wein, und in den Wäldern wachsen die Apfelbäume in stets geschnittenem Grase. Aber nicht nur schlichtes Gras, sondern alles bringt der Boden in Fülle hervor, und hundert Jahre oder darüber währt dort das Leben. Neun Schwestern herrschen nach heiteren Gesetzen auf dieser Insel über alle, die aus unserem Lande dorthin gelangen.«3

Die irische Mythe von »Brans Meerfahrt« berichtet von den Zauberinseln Emain Ablach oder Ynys Affalach (Avalon), die weit draußen im Meer des Westens liegen; dort sollen paradiesische Zustände herrschen wie einst im Goldenen Zeitalter: »Es gibt eine Insel in weiter Ferne; um sie herum die prächtigen Rosse des Meeres; herrlicher Lauf gegen die schäumenden Wogen; eine Verzückung dem Auge, dehnt sich glorreich die Ebene, auf der die Heere sich regen im Spiel … Anmutige Erde, gespannt über die Jahrhunderte der Welt, über die sich Blumen breiten ohne Zahl. Darauf steht ein alter Baum in Blüten, in seinen Wipfeln rufen die Vögel die Stunden … Unbekannt die Klage oder der Verrat, der so bekannt ist auf der kultivierten Erde; nichts Schnödes oder Schroffes gibt es hier, stattdessen dringt sanfte Musik ans Ohr. Weder Leid, noch Trauer, weder Tod, noch Krankheit oder Siechtum, – daran erkennt man Emain, die Insel; selten wurde ein solches Wunder geschaut. Schönheit einer Erde voller Zauber, unvergleichlich sind ihre Nebel…«4

Die alten Griechen stellten sich ihr Paradies, das Elysium, wohl ähnlich vor; und sie setzten es gleich mit den fern im Westen liegenden »Inseln der Seligen«, auf denen die Hesperiden – nymphenhafte Geister des Westens – die Äpfel der Unsterblichkeit hüten. Dort befindet sich auch der Titan Atlas, der auf seinen Schultern das Himmelsgewölbe trägt, sodass man diese mythischen Inseln durchaus mit »Atlantis« in Verbindung bringen kann. Auch Hesiod spricht von »seligen Inseln«, die sich »am Rande der Welt« und »bei des Okeanos Strudeln« befinden sollen (der Okeanos ist der atlantische Ozean). Dort wohnt unter der Herrschaft des Kronos ein glückliches Geschlecht von Halbgöttern:

War ein göttlich Geschlecht von Helden,

und man benannte Halbgötter sie,

dies Vorgeschlecht auf unendlicher Erde;

Zeus, der Kronide, ließ sie hausen am Rande der Erde,

auch den Unsterblichen fern, und Kronos wurde ihr König;

und dort wohnen sie nun mit kummer-entlastetem Herzen,

auf den seligen Inseln und bei des Okeanos Strudeln,

hochbeglückte Heroen; denn süße Frucht wie Honig

reift ihnen dreimal im Jahr die nahrungsspendende Erde.5

Wenn Hesiod die Bewohner der »seligen Inseln« ein »göttlich Geschlecht von Helden« nennt, dann spricht das Alte Testament der Bibel im Zusammenhang mit der Flutlegende davon, dass es vor der Sintflut »Gottessöhne« gegeben habe, welche die Frauen der Menschen ehelichten: »Zu der Zeit und auch später noch, als die Gottessöhne zu den Töchtern der Menschen eingingen und sie ihnen Kinder gebaren, wurden daraus die Riesen auf Erden. Das sind die Helden der Vorzeit, die hochberühmten« (1. Moses, 6/4). Kamen die halbgöttlichen Menschen der Vorzeit, von denen die Bibel, das Gilgamesch-Epos und die Sagen der Griechen übereinstimmend künden, aus dem Reich des Titanen Atlas, aus Atlantis? Lebt in dem Mythos vom »Goldenen Zeitalter« vielleicht eine Erinnerung an die Blütezeit der einstigen Altantis-Kultur?

Der Amerikaner Ignatius Donnelly vertrat jedenfalls die Ansicht, »dass Atlantis die wahre vorsintflutliche Welt war, der Garten Eden, die Gärten der Hesperiden, die Insel der Seligen, die Gärten des Alkinoos, der Olymp, das Asgard der Germanen … und eine universelle Erinnerung an ein herrliches Land hinterließ, in dem die Menschheit im Frühstadium ihrer Geschichte lange Zeitalter hindurch in Glück und Frieden lebte«6. Das Problem liegt jedoch darin, dass diese vorsintflutliche Welt der Atlanter (wenn es sie denn je gegeben hat) keine materiell sichtbaren Spuren in der Geschichte hinterlassen hat, keine Monumente oder Bauanlagen, die man durch Grabungen wieder freilegen könnte. Das einstige Inselreich Atlantis liegt, wie es scheint, für immer begraben unter den Fluten jenes Ozeans, der noch heute nach ihm seinen Namen trägt. Keine Taucherexpedition, keine Echolotausmessung wird je diesen Schatz heben können. Deshalb wird das Thema »Atlantis« für die Archäologen, deren Forschungsarbeit auf Ausgrabungen beruht, immer ein ungelöstes Rätsel bleiben. Eine Lösung dieses Rätsels wird es erst dann geben, wenn irgendwann, und sei es in noch so ferner Zukunft, Teile von Atlantis aus dem Meer wiederauftauchen sollten. Schon der römische Dichter Seneca (gest. 65 n. Chr.) deutet in seiner Tragödie Medea an, dass eine Zeit käme, in der versunkene Kontinente aus dem Ozean wieder aufsteigen würden:

Es heißt, dass in späterer Zeit Jahrhunderte kämen, in denen der Ozean die Bande der Dinge löst, da werde die ungeheure Weite der Welt offenstehen und das Meer neue Länder enthüllen und Thule nicht mehr das Ende der Welt sein.7

Und in dem großartigen Prophezeiungs-Gedicht, das unter dem Namen Völuspa oder Der Seherin Gesicht am Beginn der Edda-Sammlung steht, lesen wir jenen verheißungsvollen Spruch, der gleichfalls das künftige Wiederauftauchen von Atlantis andeuten könnte:

Seh aufsteigen zum andern Male

Land aus Fluten, frisch ergrünend8

Der Atlantis-Bericht Platons

Die Zahl der erschienenen Atlantis-Bücher geht in die Tausende, und die Bandbreite der Inhalte reicht von wissenschaftlich-seriöser Standardliteratur wie Otto Mucks Alles über Atlantis9 über den Klassiker Atlantis nach okkulten Quellen von W. Scott-Elliot10 bis hin zu reinen Fantasy-Romanen wie Das Licht von Atlantis von Marion Zimmer-Bradley11. Die ganze Legion der Atlantis-Literatur geht jedoch zurück auf eine einzige, nur wenige Druckseiten umfassende Schrift, die seit rund zweieinhalb Jahrtausenden die Gemüter der Ur- und Frühgeschichtsforscher bewegt hat; eine Schrift, die man ohne Zögern als den Klassiker der Atlantis-Literatur bezeichnen kann – auf den Dialog Kritias des griechischen Philosophen Platon (427–347 v. Chr.).

Platon, von Haus aus Spross einer vornehmen Athener Adelsfamilie, gründete im Jahre 387 v. Chr. seine eigene philosophische Schule. Seine zutiefst idealistische Lehre, geschöpft aus dem Quellborn alter griechisch-ägyptischer Mysterienweisheit, pflegte er in Form von Gesprächen darzustellen, Dialoge zwischen dem von Platon als Lehrmeister verehrten Sokrates und seinen Schülern. Platon hat zahlreiche solcher Dialoge verfasst, oft Schriften von unvergleichlicher Poesie und sprachlicher Schönheit, am bekanntesten vielleicht die Schriften Symposion (Das Gastmahl) und Politeia (Der Staat) Mit dem Atlantis-Thema hat sich Platon nur ganz am Rande befasst; sein Timaios-Dialog, eigentlich naturphilosophisch-en Fragen gewidmet, enthält einen knappen Exkurs über dieses Thema, wogegen der unvollendet gebliebene Kritias-Dialog die Hauptquelle jeder Atlantis-Forschung darstellt. Beide Dialoge zählen zu den Altersschriften Platons.

Der Kritias-Dialog wiederholt im Grunde genommen nur den Wortlaut eines Gespräches, das der Weise Solon (640–561 v. Chr.) in Ägypten mit einem Priester der Göttin Neith geführt haben soll. Ägypten, das Land der Pyramiden und der Sphinxe, erweist sich somit als Hüterin der Atlantis-Tradition. Aufzeichnungen des Gespräches mit dem Neith-Priester sind in die Hände des Kritias gelangt, der seinen Bericht über Atlantis einleitet mit den Worten:

»So vernimm denn, Sokrates, eine gar seltsame, aber durchaus in der Wahrheit begründete Sage, wie einst der Weiseste unter den Sieben, Solon, erklärte.«12 Wie eine seltsame Sage liest sich der von Platon verfasste At-lantis-Bericht in der Tat, und Generationen von Gelehrten haben schon darüber gestritten, ob es sich hierbei nur um eine von Platon erdichtete Fabel handelt oder um den authentischen Bericht über eine vor Jahrtausenden untergegangene Hochkultur. Die Überlieferungs-Kette geht jedenfalls über Platon, Kritias und Solon auf jenen unbekannten ägyptischen Neith-Priester zurück. Es sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass Platon nach dem Tod seines Lehrers Sokrates ausgedehnte Studienreisen unternommen hat, die ihn auch nach Ägypten führten, wo er vermutlich mit dem dortigen Priesterstand in Berührung kam. Möglicherweise hat er dort sogar die Urfassung des Atlantis-Berichtes einsehen können, jene geheimnisvollen Papyrusschriften, auf die sich der Priester der Göttin Neith im Gespräch mit Solon bezogen hat.

Noch ein späterer Schüler Platons, ein gewisser Krantor (330–275 v. Chr.), berichtet, dass er in Ägypten die Papyrusrollen eingesehen habe, die den von Platon wiedergegebenen Atlantis-Bericht im Original enthielten. Diese ägyptische Originalfassung befand sich aller Wahrscheinlichkeit nach in der Großen Bibliothek von Alexandria, dem damals weithin bekannten Zentrum antiker Gelehrsamkeit, das mit seinen rund 700.000 Buchrollen im Jahre 47 v. Chr. fast vollständig dem Raub der Flammen zum Opfer fiel. Es gab auch eine Kleine Bibliothek in Alexandria mit gut 40.000 Buchrollen, die im Jahr 272 n. Chr. vernichtet wurde. Welch einen unermesslichen Schatz an ägyptisch-antiker Weisheit hat die Feuersbrunst in Staub und Asche verwandelt!

Ob Platon mit seinem »Atlantis« vielleicht nur ein Phantasiegebilde geschildert hat, das wissen wir nicht. Eines aber ist sicher: Wenn Platons Atlantis in der beschriebenen Form tatsächlich bestanden hat, dann müsste man die Kulturgeschichte der Menschheit noch einmal neu schreiben, und zwar von Anfang an. Alle bisher gültigen Datierungen der Kupfer-, Bronze- und Eisenzeit müssten umgeworfen werden; alle Schulweisheit über die Anfänge des menschlichen Kulturwerdens wäre ungültig. Denn wenn Platon recht hat, dann würde das bedeuten, dass es in Atlantis eine mit allen Raffinessen der Zivilisation vertraute Hochkultur gegeben hat, und zwar zu einer Zeit, als Europa noch im Dämmerlicht eiszeitlichen Höhlenmenschentums dahingelebt hat. Nach Platon sind die Atlanter die ersten Kolonisten, Besiedler, Pioniere und Kulturbringer Europas gewesen.

Zuletzt hätten sich die Atlanter entschlossen, die Ureinwohnerschaft Europas durch einen einzigen großen Heereszug zu unterjochen; allein der Untergang des atlantischen Inselreiches im Ozean setzte diesem ehrgeizigen Vorhaben ein rasches Ende: »Vor allem zuerst wollen wir uns erinnern, dass zusammengenommen 9000 Jahre verstrichen sind, seitdem, wie erzählt wurde, der Krieg zwischen den außerhalb der Säulen des Herakles und allen innerhalb derselben Wohnenden stattfand, von dem wir jetzt vollständig zu berichten haben. Über die einen soll unser Staat geherrscht und den ganzen Krieg durchgefochten haben, über die anderen aber die Könige der Insel Atlantis, von welcher wir behaupteten, dass sie einst größer als Asien [Kleinasien] und Libyen war, jetzt aber, nachdem sie durch Erdbeben unterging, die von hier aus die Anker nach dem jenseitigen Meere Lichtenden durch eine undurchdringliche, schlammige Untiefe fernerhin diese Fahrt zu unternehmen hindere…«13

Also zwei ganz deutliche Angaben – jenseits der Säulen des Herakles, der Meerenge von Gibraltar, die ja das Mittelmeer vom Atlantischen Ozean abtrennt; und größer als Asien und Libyen zusammengenommen. Mit Asien ist Kleinasien gemeint, die von Griechen besiedelte Westtürkei; und »Libyen« ist ein unmittelbar an Ägypten angrenzender Landstrich. Im Kritias-Dialog führt Platon aus, dass es auf der Insel Atlantis eine große, durch künstliche Bewässerungsanlagen furchtbar gemachte Ebene gegeben habe, die sich südlich der Hauptstadt weit ins Landesinnere erstreckt habe. Er nennt sie eine »von bis an das Meer herablaufenden Bergen umschlossene Fläche und gleichmäßige Ebene, durchaus mehr lang als breit, nach der einen Seite 3000 Stadien lang, vom Meere landeinwärts aber in der Mitte deren 2000 breit. Dieser Strich der ganzen Insel lief, nordwärts gegen den Nordwind geschützt, nach Süden«14. Da 1 Stadion, ein in der Antike übliches Längenmaß, 192 Meter beträgt, war die »große fruchtbare Ebene« 576 km lang und 384 km breit. So gelangen wir auf Grund dieser Beschreibungen zu der Vorstellung einer Insel ungefähr von der Größe Irlands; es kann aber Irland nicht gemeint sein, denn der Bericht Platons beschreibt die Insel als dicht bewaldet, in den Niederungen sehr fruchtbar, aber auch von riesigen Gebirgen umringt. Diese Beschreibung passt auf die Landesnatur Irlands überhaupt nicht!