Auch Prinzen sind nur Männer - Christine Stutz - E-Book

Auch Prinzen sind nur Männer E-Book

Christine Stutz

4,0

Beschreibung

Andrea Hellmann ist zur Klimaforschung in der Arktis als sie der Anruf ihres kleinen Bruders Tobias ereilt. Ihre Eltern sind verunglückt und gestorben. Ihr zwölfjähriger Bruder kommt in ein Heim. Andrea macht sich sofort auf den Weg, ihren Bruder da rauszuholen. Doch als sie im Heim ankommt, erfährt sie, dass ihr Bruder bereits abgehlot wurde, Von einem ihr unbekannten, Cousin. Der Mann ist Prinz Harrybert von Jorkanien und behautet,, ihr Brudsr sei der zukünftige Herzog und muss in Jorkanien erzogen werden. Wutentbrannt macht sich Andrea auf den Weg nach Jokanien, um ihren Bruder zu sehen. Sie ist entschlossen, Tobias da rauszuholen. Doch in Jorkanien angekommen, muss sie feststellen, dass man ihr den Besuch bei Tobias verweigert. Andrea muss einen hinterhältigen Trick anwenden, um zu Tobias zu gelangen. Damit verletzt sie Prinz Harrybert, den Mann, den sie liebgewonnen hat. Wird der Mann ihr das verzeihen?

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Auch Prinzen sind nur Männer

TitelseiteProlog1 Kapitel2 Kapitel3 Kapitel4 Kapitel5 Kapitel6 Kapitel7 Kapitel8 Kapitel9 Kapitel10 Kapitel11 KapitelEpilogImpressum

Auch Prinzen

Sind nur Männer

Prolog

Prolog

„Ich bin in zwei Wochen bei dir. Halte so lange durch, Kleiner. Ich werde sofort zu dir kommen, wenn ich hier wegkomme.“ Versprach ich meinem kleinen Bruder wieder verzweifelt. Tobi grunzte nur. Mit seinen zwölf Jahren war es unter seiner Würde, zu weinen. Und er war wieder bockig. Tobi war wütend, dass ich ihn in Stich ließ. Er legte auf. Die Leitung war tot. Gerne wäre ich jetzt bei ihm. Doch ich saß hier fest. Ich sah mich in der isolierten Station um und fluchte. Das nächste Versorgungsschiff kam erst in zehn Tagen. Erst dann kam ich hier weg.

Frustriert setzte ich mich auf das Gemeinschaftssofa und ließ meinen Tränen freien Lauf. Mein armer, kleiner Bruder, dachte ich wieder. Er war so tapfer. Und das musste er auch. Denn vor einer Woche waren unsere Eltern, meine Mutter und mein Stiefvater, ums Leben gekommen. Meine Mutter war tot, dachte ich wieder. Vor sechs Monaten hatte ich mich noch fröhlich von ihr verabredet. „Wir sehen uns zu Weihnachten“ hatte ich Mutter versprochen. Und zu Tobi hatte ich gesagt. „Ich bringe dir einen echten Eisbären mit.“ Wir hatten alle drei gelacht. Jetzt plötzlich war alles anders. Meine Mutter und ihr zweiter Mann waren bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Und Tobi war in ein Kinderheim gekommen. Bis ich, die ältere Schwester, wieder Zuhause war. Tobi brauchte mich dringend, überlegte ich und dachte an seine kleine Entwicklungsstörung, die ihn hinderte mit anderen Kindern Freundschaft zu schließen. Die anderen Kinder verstanden ihn nicht und lachten ihn aus. Niemand würde ihn davor beschützen. Ich musste dringend zu Tobi.

Doch ich saß in der Arktis fest. In der berühmten Forschungsstation. Als Assistentin von Professor Ryker. Eine einmalige Chance für meinen Abschluss als Klimaforscherin. Es waren doch nur noch wenige Wochen Arbeit hier, doch ich musste trotzdem gehen. Denn Tobi brauchte mich. Auch wenn dem Professor nicht gefiel, das war mir egal. Mein kleiner Bruder ging vor. Mein kleiner, sensibler Bruder, dachte ich wieder. Das war schon immer Tobis Problem gewesen. Er war so empfindsam. Das Lernen fiel ihm so schwer. Deswegen fand er nur schwer Freunde und wurde oft gemobbt. Solange ich Zuhause gewesen war, konnte ich ihn davor schützen. Doch jetzt war ich tausende von Kilometer weit weg, mitten im ewigen Eis. Weiß, soweit man schauen konnte.

Ich legte meinen Kopf in die Hände und schluckte schwer. Tobi hatte große Probleme im Kinderheim. Er wurde dort geschlagen und beklaut. Fast jeden Tag, dachte ich. Und trotzdem konnte ich ihn nicht helfen. Ich saß ja hier fest. Ich konnte nicht mal zu der Beerdigung meiner Mutter gehen. Wieder liefen mir die Tränen übers Gesicht. Und in drei Wochen war Weihnachten, was für tolle Voraussetzungen dieses Jahr. Statt fröhlich zu feiern, würden wir uns gegenseitig trösten müssen. Ich würde meinen Bruder natürlich bei mir aufnehmen. Ich würde wieder in das kleine Haus ziehen, dass ich damals, für mein Studium, verlassen hatte. Ich erinnerte mich, wie traurig mein damals achtähriger Bruder, darüber gewesen war. Jetzt würde ich also zurückkehren.

Ich musste alles neu planen und organisieren. Meine Pläne, herumzureisen, um zu forschen, konnte ich die nächsten Jahre vergessen. Jetzt brauchte mich Tobi. Ich musste mich um ihn kümmern, wie am es immer getan hatte.

Traurig lehnte ich mein Tränennasses Gesicht gegen die kalte Fensterscheibe. Mein kleiner Tobi. Eigentlich Tobias Karl Friedrich. Darauf hatte mein Stiefvater damals bestanden. Ich erinnerte mich gut an seine Geburt. Immerhin war ich damals schon dreizehn Jahre alt. Meine Mutter war sechsunddreißig. Sie hatte Ludger, meinem Stiefvater, in ihrer Anwaltskanzlei kennengelernt. Mama liebte den Mann unglaublich und ihr Gefühl wurde von dem Mann erwidert. Ludger war ein netter Stiefvater, dachte ich wieder. Was hatten wir alles zusammen unternommen. Ludger zog bei uns ein, nachdem er mich um Erlaubnis fragte. Ich erinnerte mich gut. Was mich immer wunderte war, dass er und Mama nie geheiratet hatten. Auch nicht als Tobi geboren wurde. Aber das tat unserer kleinen Familie keinen Schaden. Wir waren eine Familie. Ludger war so stolz auf „seine“ Tochter, dachte ich traurig. Ich bekam dank Ludgers Beziehungen diesen Platz in der Forschungsstation.

Und jetzt waren Mama uns Ludger tot, dachte ich erschüttert. Ich musste meine Karriere hinter Tobis Bedürfnisse stellen.

1 Kapitel

1 Kapitel

„Was soll das heißen, Mister Roller. Tobi ist nicht mehr hier! Mein Bruder war doch in ihr Haus gebracht worden. Ich meine, nach dem Tod unserer Eltern. Warum ist Tobi nicht hier!“ schrie ich fast. Machte der alte Mann einen schlechten Scherz? Wollte er mich ärgern? Ich kam fast aus meinen Stuhl und starrte den Mann wütend an. Das durfte doch alles nicht wahr sein, dachte ich wieder. Da hatte ich schon die Beerdigung meiner Eltern verpasst und konnte nur noch ihr Grab besuchen. Und jetzt sagte mir dieser Heimleiter, dass Tobi nicht hier wäre. Ich schloss erschüttert meine Augen, um die Tränen zurückzuhalten. Kein Wunder, dass Tobi sich nicht mehr meldete, dachte ich verzweifelt.

„Das ist mein voller Ernst, Miss Hellmann. Vor einer Woche tauchte ein Cousin des Jungen auf. Er legte die benötigten Papiere vor, wies sich aus und nahm Tobias gleich nach der Beerdigung mit.“ Erklärte Mister Roller streng. Er hasste weinende Frauen. „Was für ein Onkel! Ich weiß nichts von einem Onkel oder Cousins. Wir haben keine weiteren Verwandten.“ Sagte ich mit unterdrückter Wut. Resultierend aus der Angst um meinen Bruder. Der Heimleiter hatte Tobi einem wildfremden Mann mitgegeben. Das durfte alles nicht wahr sein, dachte ich wieder. Ich ließ mich in den Stuhl zurückfallen. Auszuflippen war jetzt der verkehrte Weg, dachte ich. Man würde mich hier ohne weitere Informationen rauswerfen. Also unterdrückte ich meine Tränen und setzte ein falsches Lächeln auf. Ich wandte mich wieder an diesen Mister Roller. Zufrieden, dass ich beruhigt hatte, öffnete der Mann die Akte, die vor ihm lag.

„Ihr Stiefvater hat in seinem Testament verfügt, dass man im Falle seines Todes, die Jorkianische Botschaft benachrichtigt. Und das taten wir. Schon zwei Tage später tauchte Prinz Harrybert hier auf und legte mir die nötigen Papiere, Geburtsurkunde und alles andere von Tobi vor. Ich musste mich beugen. Und Tobi auch. Ihr Bruder hat sich geweigert und gewehrt. Ihr Bruder bekam einen Tobsuchtsanfall. Doch das imponierte den Mann nicht. Seine Hoheit, Prinz Harrybert machte Tobi klar, dass es der letzte Wille seines verstorbenen Vaters sei, dass er sich um Tobi kümmert. Notgedrungen ist Tobi dann mitgegangen.“ Erklärte mir der Mann nun etwas ruhiger. Meine Masche, mich desinteressierter zu zeigen, wirkte also, dachte ich. So kam ich wenigstens an Informationen.

„Prinz Harrybert? Was für ein Name! Und wo liegt bitte schön Jorkanien.“ Fragte ich verwundert. Das Land hörte ich zum ersten Mal. Gab es das überhaupt? Das überlegte ich fieberhaft. Und wenn, warum hatte ich noch nie etwas davon gehört. Wo hatte man meinen kleinen Buder nur hin verschleppt, dachte ich wieder volle Sorge. Armer Tobi. Vollkommen allein. Und dann nicht selbstbewusst genug, sich zu wehren. Das gefundene Opfer für machtbesessene Prinzen. „Warum hat dieser merkwürdige Prinz denn nicht auf mich gewartet. Das wäre doch wenigstens anständig gewesen.“ Sagte ich leise.

„Jorkanien ist ein kleines Land oben in Skandinavien. Ziemlich dicht am Polarkreis. Offiziell wird es zu Finnland gerechnet, ist aber ein selbstständiges Land. Prinz Harrybert ist der zukünftige König des Landes. Er sagte mir, dass Tobias den Titel eines Herzigs von seinem Vater geerbt hätte. Ihr Halbbruder sei jetzt der Herzog von Jorkanien und gehöre deswegen in sein Land. Ihr Stiefvater hat diese Pflicht zu lange ignoriert und sich dort nicht sehen lassen. Ihr Bruder befindet sich also jetzt in diesem kleinen Land.“ Erklärte Mister Roller seufzend. Der Mann wies mit einem Stock auf die Landkarte hinter sich. Dort blieb er auf einem kleinen Fleck stehen. Ich schluckte schwer. Aus der Ecke, grob gesehen, kam ich doch gerade. „Haben sie dem Prinzen nicht gesagt, dass ich unterwegs bin? Dass ich mich um Tobi kümmern werde? Wie kann er meinen Bruder so einfach mitnehmen.“ Widersprach ich verärgert. Mister Roller hörte meinen wieder wütenden Ton und verschloss sich. Besser, ich beruhigte mich wieder.

„Das habe ich dem Prinzen natürlich gesagt. Und auch Tobias hat es mehrmals lautstark geäußert. Es interessierte den Prinzen nicht. Er meinte, sie seien zu Jung und sollten sich lieber ihren Studien widmen als zu versuchen, einen Herzog zu erziehen. Das war seine Meinung, nicht meine“ sagte Mister Roller schnell. Er sah an meinem Gesicht, wie die Wut wieder anstieg. „Das hat der bornierte Mann gesagt? Ich solle mich um mein Studium kümmern und Tobi vergessen? Hat der Kerl noch alle Latten am Zaun? Ich werde meinen armen Bruder bestimmt nicht bei dem Mann lassen! Tobi braucht mich dringend. Ich werde mich umgehend in dieses komische Land begeben und Tobi da rausholen. Das ist meine Pflicht. Was fällt dem Mann ein, uns Geschwister zu trennen.“ Sagte ich bitter schluckend. Mister Roller nickte zustimmend. Endlich war der Mann mal meiner Meinung, dachte ich erleichtert. Das war doch schon mal was. Denn seit ich wieder Zuhause war, traf ich nur auf Widerstände. Sei es bei der Behörde, bei der Bank oder jetzt dem Jugendamt. Zum Glück hatte ich mich direkt an das Heim gewendet, dachte ich wieder.

„Dieser Prinz war zwar nett aber auch sehr distanziert und, ich würde sagen etwas arrogant. Er hat sehr herablassend über unser Heim hier gesprochen.“ Gab Mister Roller jetzt zu. Das wiederrum konnte ich insgeheim verstehen. Das Heim war in einem schlechten Zustand. Zuwenig Erzieher und zu viele Kinder, die hier wohnen mussten. Kein Wunder, dass Tobi so unglücklich gewesen war. In einem Zimmer wohnten bis zu vier Kinder. An beiden Wänden Hochbetten und fertig. Mehr als schlafen konnten die Kinder hier nicht. Wer sich nicht anpasste, hatte verloren. Doch ich behielt meine Meinung für mich, denn ich brauchte noch mehr Informationen von dem Mann. Also setzte ich eine verstimmte Miene auf und tat als wäre ich über die Äußerung des Prinzen ebenso empört.

„Und wo genau finde ich den Prinzen und meinen Bruder, den Herzog, jetzt in diesem Moment?“ fragte ich finster schauend. Das Wort Herzog zog ich ins sarkastische. Um nicht lachen zu müssen. Mein kleiner Bruder, ein adliger Mensch. Ich schluckte und versuchte, wieder ernst zu schauen. Mister Roller schrieb etwas auf einen Zettel. Den schob er mir über den Tisch und zwinkerte mir verschwörerisch zu. „Der Prinz wollte mit Tobias zurück in seinen Palast fliegen. Er meinte, in zwei Woche wäre Weihnachten und bis dahin muss er Tobias noch neu einkleiden und ihm auf seine zukünftige Rolle vorbereiten. Keine Ahnung, was der Mann damit sagen wollte. Ich weiß nicht, welche Rolle ein Herzog spielen muss. Aber ich bin ja auch nur ein Heimleiter.“ Erklärte mir der Mann und sah auf seine Uhr. Zeit, dass ich ging. Ich musste sehen, dass ich in dieses merkwürdige Land kam. Und dort musste ich in der Hauptstadt den Palast suchen. Das war der leichte Teil meines Plans. In den Palast zu kommen, würde wesentlich schwerer werden. Doch ich würde mich nicht aufhalten lassen. Das würde Mama von mir verlangen, dachte ich wieder traurig.

Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa

Ich kehrte in mein nun sehr leeres und stilles Elternhaus zurück. Nichts, kein Geräusch empfing mich. Das war sehr traurig, dachte ich und ließ einen un-geweinten Tränen endlich freien Lauf.

War ich sonst immer Heim gekehrt hörte ich oft Klavierspiel. Mama und Tobi liebten es, zu musizieren. Und Ludger spielte dazu Geige. Oder die drei spielten Gesellschaftsspiele. Wie konnte Tobi lachen, wenn er gewann. Und er gewann merkwürdig oft, dachte ich. Erst jetzt ging mir durch den Kopf, dass ich nie erlebt hatte, dass Ludger arbeiten ging. Darüber hatte ich mir nie Gedanken gemacht. Es war immer genug Geld im Haus, um alles anzuschaffen, was benötigt wurde. Ich wischte mir das Gesicht trocken und ging durch die stillen, kalten Räume. Die Nachbarin hatte die Heizung runtergedreht, Wenn niemand hier wohnte, musste ja nicht geheizt werden. Typisch Mrs. Darkin, dachte ich verärgert und rieb mir die kalten Arme. Selbst in der Arktis hatte ich nicht so gefroren. Da war auch eine andere Kälte, keine so feuchte, dachte ich wieder.

Mein Weg führte mich in das elterliche Schlafzimmer. Dort, so wusste ich, hatte meine Mutter immer eine Kassette mit wichtigen Unterlagen. Sie hatte sie öfter gezeigt und gesagt, dass ich sie an mich nehmen sollte, wenn ihr und Ludger etwas passierte. Damals hatten wir darüber gelacht. Jetzt war es bitterer Ernst geworden, dachte ich wieder. Plötzlich wünschte ich mir jemanden an meiner Seite. Einen Mann, der mich trösten konnte. Ich dachte wieder kurz an Jens. Der Mann, in dem ich einmal sehr verliebt gewesen war. Doch das war zerbrochen als er mich vor die Wahl stellte. Er oder mein Studium. Ich hatte mich fürs letztere entschieden und Jens war aus meinem Leben verschwunden. Sechs Monate später war der Mann mit meiner besten Freundin verheiratet. Wie sich rausstellte, war sie schon lange scharf auf Jens gewesen und hatte ihre Chance sofort ergriffen. Männer, alles Schweine, dachte ich wütend. Zum Glück brauchte ich keinen Kerl an meiner Seite. Ich war klug und stark genug, um das alles auch allein durchzustehen. Und ich würde mir Tobi zurückholen.