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Howard Phillips Lovecraft (* 20. August 1890; † 15. März 1937) gilt heute als der bedeutendste Autor Phantastischer Literatur des 20. Jahrhunderts; zu seinen Lebzeiten schrieb er jedoch weit mehr Essays als Erzählungen.
Das vorliegende Buch enthält ausgewählte Essays von S. T. Joshi (* 22. Juni 1958 in Pune, Indien), des weltweit führenden Lovecraft-Kenners, sowie ein Geleitwort von Franz Rottensteiner.
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S. T. JOSHI
AUSGEWÄHLTE AUFSÄTZE ZU H. P. LOVECRAFT
Struktur, Themen Briefe
Romankiosk Sachbuch
Der Romankiosk
Inhaltsverzeichnis
Das Buch
ZUM GELEIT - S[unand] T[ryambak] Joshi von Franz Rottensteiner
Einführung
Lovecrafts außerirdische Zivilisationen - Eine politische Interpretation
Autobiographisches bei Lovecraft
Die Struktur von Lovecrafts längeren Erzählungen
Aktuelle Bezüge bei Lovecraft
Ein Blick auf Lovecrafts Briefe
H. P. Lovecrafts Rassismus und Erkenntnis
S. T. Joshi
Dr. Frank Roßnagel
Jörg Martin Munsonius
Franz Rottensteiner
Howard Phillips Lovecraft (* 20. August 1890; † 15. März 1937) gilt heute als der bedeutendste Autor Phantastischer Literatur des 20. Jahrhunderts; zu seinen Lebzeiten schrieb er jedoch weit mehr Essays als Erzählungen.
Das vorliegende Buch enthält ausgewählte Essays von S. T. Joshi (* 22. Juni 1958 in Pune, Indien), des weltweit führenden Lovecraft-Kenners, sowie ein Geleitwort von Franz Rottensteiner.
S.T. Joshi wurde am 22. Juni 1958 in Pune, Indien, geboren, übersiedelte aber schon 1963 in die U.S.A. Er gilt heute als Welt-Autorität auf dem Gebiet der phantastischen Literatur, Spezialgebiet H. P. Lovecraft, über den er zahlreiche Studien und eine umfangreiche Biographie schrieb, die in deutscher Übersetzung auch in zwei Bänden bei Golkonda ungekürzt vorliegt (H. P. Lovecraft – Leben und Werk). Seine Begeisterung für Lovecraft, den er im Alter von dreizehn Jahren entdeckte, führte sogar dazu, dass er die Möglichkeit, an prominenteren Universitäten zu studieren ausschlug und lieber die Brown University wählte, die eine große Sammlung von Lovecrafts Papieren hat. Dort erwarb er 1982 einen M.A. in klassischer Philologie. Später nahm er an einem PhD-Programm an der Princeton University teil, wofür er ein Paul Elmer-More-Stipendium in klassischer Philosophie erhielt. Nach zwei Jahren beschloss er jedoch, auf eine akademische Karriere zu verzichten und nahm eine Stelle im Verlag Chelsea House an, wo er unter Harald Bloom zahlreiche kritische Bücher lektorierte. Und er führte seine Lovecraft-Forschungen fort, veröffentlichte Bibliographien und unzählige Studien zu ihm, edierte ihm und der unheimlichen Literatur gewidmete Zeitschriften. Und er edierte Lovecrafts vier große Sammelausgaben bei Arkham House, die zuvor nur in unzuverlässigen, stark fehlerbehafteten Ausgaben vorgelegen hatte: The Dunwich Horror and Others (1984), At the Mountains of Madness and Other Novels (1985), Dagon and Other Macabre Tales (1986), and The Horror in the Museum and Other Revisions (1989). Ein Essay-Band folgte Miscellaneous Writings (Arkham House 1995). Diese Editionen und seine Lovecraft-Biographie, die zuerst 1996 als H. P. Lovecraft: A Life bei Necronomicon Press erschien und sogar in der New York Review of Books sehr positiv besprochen wurde (von keiner geringeren als Joyce Carol Oates). Die erweiterte Fassung I am Providence: The Life and Times of H. P. Lovecraft erschien 2013. Für die verschiedensten Verlage edierte er Lovecraft-Ausgaben. Er interessierte sich jedoch auch für andere Autoren der unheimlichen Literatur, schrieb Monographien zu Lord Dunsany (Lord Dunsany: Master of the Anglo-Irish Imagination, 1995) und Ramsey Campbell (Ramsey Campbell and Modern Horror Fiction, 2001). The Weird Tale (1990) ist eine Studie, die er als seine zweitwichtigste Arbeit bezeichnet, wurde gefolgt von The Modern Weird Tale (2001), eine Untersuchung der unheimlichen Literatur von den fünfziger Jahren bis zur Gegenwart, Und er edierte mit Stefan R. Dziemianowicz bei Greenwood Press Supernatural Literature oft the Word: an Encyclopedia (drei Bände mit insgesamt rund 1000 Einträgen auf 1556 Seiten). Zu seinen Werken zählt auch eine Monographie über den Kriminalautor John Dickson Carr (1990).
In neuerer Zeit edierte er Bücher zu Ambrose Bierce und H.L. Mencken und kompilierte umfassende Anthologien zu rassischen Vorurteilen (Documents of American Prejudice, Basic Books 1999) und zum Atheismus (Atheism: A Reader 2000) und eine polemische anti-religiöse Schrift: God's Defenders: What They Believe and Why They Are Wrong (2003).
Obwohl Joshi Inder ist, hat er Lovecrafts oft sehr ausgeprägten Rassismus, wie er besonders in "The Horror at Red Hook" (1925) zutage tritt, als zur Zeit Lovecrafts allgemein in der Kultur Neuenglands verbreitet und darum zeitbedingt, entschuldigt.
Die Preistrophäe der World Fantasy Awards war bis 2015 eine von Gahan Wilson gestaltete Büste H. P. Lovecrafts. Nach einer von der World-Fantasy-Preisträgerin Nnedi Okorafor ausgelösten Diskussion über Lovecrafts Rassismus, nachdem sie auf Lovecrafts erbärmliches Gedicht "On the Creation of Niggers" von 1912 gestoßen war, stellt die Statuette seitdem einen blattlosen Baum vor dem Vollmond dar. Das Gedicht enthält u. a. die Strophen: "A beast they wrought, in semi-human figure/Filled it with vice, and called the thing a Nigger." Die Petition zur Entfernung der Lovecraft-Büste wurde im August 2014 von Daniel José Older eingebracht, einem Fantasy- und SF-Autor mittlerer Güte.
Nachdem Entschluss der World Fantasy Convention, die Büste Lovecrafts, die den Gewinnern überreicht wird, durch etwas anderes zu ersetzen, retournierte S.T. Joshi seine beiden Preisstauen, die er 2005 und 2013 in der Kategorie "Special Pro" erhalten hatte, an den Co-Chairman des WFC-Komitees David. G. Hartwell mit folgendem Begleitbrief.
Lieber Mr. Hartwell,
Mit tiefer Enttäuschung erfuhr ich von dem Beschluss der World Fantasy Convention, die Büste H. P. Lovecrafts nicht mehr als Symbol des World Fantasy Awards zu verwenden. Diese Entscheidung ist in meinen Augen eine feige Kapitulation vor der schlimmsten Sorte von "political correctness" und eine ausdrückliche Anerkennung der primitiven, unwissenden und tendenziösen Verleumdungen Lovecrafts, die von einer kleinen, aber lautstarken Gruppe von Agitatoren ausgehen.
Mir bleibt keine andere Wahl, als meine zwei World Fantasy Awards zu retournieren, da sie in meinen Augen jetzt unrettbar befleckt sind. Ich schließe sie bei. Sie können mit Ihnen nach Belieben verfahren.
Bitte sorgen Sie dafür, dass ich hinfort nicht mehr für World Fantasy Awards nominiert werde. Ich werde den Preis nicht annehmen, sollte er mir zuerkannt werden.
Solange ich lebe, werde ich keine World Fantasy Convention mehr besuchen. Und ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um meine zahlreichen Freunde und Kollegen zu einem Boykott zu bewegen.
Ihr
S. T. Joshi
Starke Worte, die z. T. auch laute Widerworte auslösten und ihm den Vorwurf eintrugen, ein "alter, weißer Mann" zu sein. (obwohl er als Inder jedem Rechtspopulisten als Schwarzer gelten müsste). Joshi wies auch darauf hin, dass einige andere Preise ebenfalls nach Rassisten wie Bram Stoker oder John W. Campbell Jr. benannt seien. Nun, die politische Korrektheit trägt, zumal in den USA, seltsame Blüten, wo den zarten Seelen der Studenten nicht zugemutet werden kann, manche Literatur unzensiert zu lesen oder gewisse Sachverhalte gelehrt zu bekommen. Was war doch Mark Twain, der gewiss ein wichtigerer Autor ist als Lovecraft, für ein übler Rassist! Er verwendete nicht nur das verbotene N-Wort (das nur eine Farbe bezeichnet), sondern auch die Beleidigung "Nigger", was schon gar nicht geht. Dass da Verteidiger des Rechts, Schnellfeuerwaffen zu kaufen, regelmäßig Schulen stürmen und Blutbäder anrichten, scheint im Gegensatz zu solchen Verstößen ein vernachlässigbarer Kollateralschaden jener amerikanischen Freiheit zu sein, die im Waffenbesitz liegt.
Neben anderen Aspekten von Lovecrafts Werk und Persönlichkeit beschäftigt sich Joshi in dieser Auswahl von Essays zu Lovecraft auch mit dem Rassismus dieses Autors, und alles, was er schreibt, ist instruktiv, wohlabgewogen und lesenswert, auch wenn man seine Meinung nicht in allen Punkten teilen mag.
Franz Rottensteiner
Ich habe diese Aufsätze hauptsächlich in den 1980er und 1990er Jahren geschrieben. Das war eine Zeit großer Bewegung im Bereich der Lovecraft-Studien, die in der H. P. Lovecraft Centennial Conference gipfelte, die im August 1990 in Providence, Rhode Island, unter der Schirmherrschaft der Brown University stattfand und an der Wissenschaftler aus der ganzen Welt teilnahmen. Einige Jahre später schrieb ich meine ausführliche Biographie, die zuerst in gekürzter Form als H. P. Lovecraft: A Life (1996) erschien und in ungekürzter Form als I Am Providence: The Life and Times of H. P. Lovecraft (2010).
Seitdem habe ich mich hauptsächlich der Herausgabe von Lovecrafts Werken gewidmet - seiner Belletristik, seinen Essays, seiner Lyrik und vor allem seinen Briefen, die wahrscheinlich in einer 25-bändigen Ausgabe erscheinen werden, wenn die 2008 begonnene Reihe in ein paar Jahren abgeschlossen sein wird. Dennoch glaube ich, dass einige meiner kritischen und biographischen Essays ein wichtiges Licht auf Lovecraft als Mensch und Schriftsteller werfen, und ich freue mich, dass ich die Gelegenheit bekam, einige von ihnen in diesem Band zu sammeln. Ich habe immer versucht, mein Studium von Lovecraft zu integrieren - mein Verständnis der Ereignisse seines Lebens, seines philosophischen Denkens und der Details seines literarischen Werks zu einer Einheit zu verschmelzen. Lovecraft selbst war der Meinung, dass sein Werk eine solche philosophische und ästhetische Einheit darstellt, also sollten wir seinem Beispiel folgen. Er selbst ist oft der scharfsinnigste Kommentator seines eigenen Werks; jedenfalls hat er eine Fülle von Informationen über die Entstehung und Entwicklung seines Werks und Denkens geliefert, wie sie in den Tausenden von erhaltenen Briefen zu finden sind, die er im Laufe seines kurzen Lebens schrieb.
Der letzte Aufsatz in diesem Buch wurde erst vor kurzem geschrieben, als Reaktion auf die etwas hysterische Reaktion auf Lovecrafts Rassismus unter bestimmten Lesern und Kritikern in den letzten Jahren, besonders in Amerika, wo das Thema hochbrisant und eng mit den jüngsten politischen Entwicklungen verbunden ist. Es ist schwierig, bei diesem Thema unvoreingenommen zu sein, aber ich glaube, dass eine objektive Beurteilung des Themas Komplexitäten und Nuancen offenbart, die jede oberflächliche Verurteilung seiner Ansichten unplausibel machen. Ich sage dies als "Person of Color" (ich bin gebürtiger Inder, der in jungen Jahren in die Vereinigten Staaten ausgewandert ist) und als jemand, der in seiner politischen Einstellung überwiegend liberal ist. Aber die Analyse aller historischen Figuren muss vor allem mit dem Bewusstsein ihres (nicht unseres) kulturellen Umfelds erfolgen.
S. T. Josho
Abkürzungen (Hinweis: Wegen der unterschiedlichen Qualität der deutschsprachigen Übersetzungen, belassen wir die Verweise nach den originalen amerikanischen Veröffentlichungen)
CE Gesammelte Aufsätze (Hippocampus Press, 2004-06; 5 Bde.)
HPL H. P. Lovecraft
JHL John Hay Library, Brown University
D Dagon and Other Macabre Tales (Arkham House, 1986)
DH The Dunwich Horror and Others (Arkham House, 1984)
HM Der Schrecken im Museum und andere Überarbeitungen
(Arkham House, 1989)
MM At the Mountains of Madness and Other Novels
(Arkham House, 1985)
SL Ausgewählte Briefe (Arkham House, 1965-76; 5 Bde.)
In "The Political and Economic Thought of H. P. Lovecraft" habe ich versucht, die wichtigsten Grundzüge von Lovecrafts politischem und wirtschaftlichem Denken zu skizzieren, vor allem in der Form, wie sie sich gegen Ende seines Lebens entwickelten, als sich mit dem Beginn der Depression seine Aufmerksamkeit mehr und mehr auf die Probleme der Arbeit, der sozialen Organisation und insbesondere auf die Stellung der Ästhetik in der modernen Gesellschaft richtete. Diese Ansichten spiegeln sich aber nicht nur in seinen Briefen und in Aufsätzen wie "Some Repetitions on the Times" (1933) wider, sondern auch in seiner späteren Belletristik.
Fritz Leiber gehörte zu den ersten, die darauf hinwiesen, dass Lovecrafts spätere Erzählungen - vor allem "At the Mountains of Madness" (1931) und "The Shadow out of Time" (1934-35) - viele Diskussionen über die politischen, sozialen und kulturellen Aspekte seiner außerirdischen Zivilisationen enthalten (siehe Leiber, "Through Hyperspace"); Aber es ist jetzt klar, dass in mehreren von Lovecrafts späten Erzählungen - nicht nur in den beiden genannten, sondern auch in anderen wie "The Mound" (1929-30), "The Whisperer in Darkness" (1930), "The Shadow over Innsmouth" (1931) und "In the Walls of Eryx" (1936) - diese außerirdischen Zivilisationen entweder eine Art Lovecraft'sches Utopia darstellen oder Vorhersagen über die mögliche Zukunft der Menschheit sind. Die sechs beteiligten außerirdischen Rassen - die Große Rasse, die Alten, die Hügelbewohner, die Pilze aus Yuggoth, das Volk von Innsmouth und die Venusianer - sind in unterschiedlichem Maße Verkörperungen von Lovecrafts politischen und wirtschaftlichen Ansichten; aber während einige Utopien sind, sind andere sehr deutlich Dystopien.
Interessant ist jedoch, dass alle beteiligten außerirdischen Zivilisationen den Menschen in vielerlei Hinsicht überlegen sind - oder zumindest den Menschen in ihrem derzeitigen Zustand.
Lovecraft erklärt rundheraus, dass die Große Rasse (die wahrscheinlich seine Quintessenz der Utopie darstellt, da sie als "die größte Rasse von allen" bezeichnet wird, die "alle Dinge gelernt hat, die jemals auf der Erde bekannt waren oder jemals bekannt werden würden" [DH 385]) eine Intelligenz hat, die "weit größer ist als die des Menschen" (DH 393). In ähnlicher Weise übertraf das "wissenschaftliche und mechanische Wissen" der Alten in "At the Mountains of Madness" bei weitem das des heutigen Menschen" (MM 62) (das vorletzte Wort verdient Beachtung), während die "Gehirnkapazität [der Pilze aus Yuggoth] die jeder anderen überlebenden Lebensform übersteigt" (DH 240). (Dies scheint eine Übertreibung zu sein, da die Große Rasse und die Alten - trotz der Tatsache, dass letztere zu Beginn der Geschichte unseres Planeten von den Pilzen im Krieg besiegt wurden [siehe MM 68] - den Pilzen an reiner Intelligenz deutlich überlegen zu sein scheinen; aber da diese Bemerkung in einem Brief an Wilmarth zu finden ist, kann man berechtigterweise vermuten, dass es sich um einen Fall von selbstgefälligem Egoismus handelt). Auch hinsichtlich der Intelligenz sind die "Erdhügelbewohner" den Menschen überlegen: Sie haben die Fähigkeit zur Entmaterialisierung erlangt, unterhalten sich rein telepathisch und haben auch das Altern überwunden.
Diese letzte Eigenschaft ist interessant; denn während die unglaublichen Langlebigkeit der Großen Rasse und der Alten ein Produkt ihrer anatomischen Strukturen zu sein scheint, haben die Bewohner des Hügels über das Alter triumphiert, scheinbar durch schiere Stärke des Geistes.
Auf eine weniger intellektuelle Weise sind die Bewohner von Innsmouth unsterblich geworden, indem sie ins Meer zurückkehrten, dem ursprünglichen Lebensraum - so lässt Lovecraft Zadok Allen erklären - allen irdischen Lebens.
Die Langlebigkeit der Pilze aus Yuggoth wird nicht erläutert und ist daher wahrscheinlich nicht weiter erwähnenswert.
Lovecraft vermittelt dem Leser die große Intelligenz seiner außerirdischen Rassen auf verschiedene Weise.
Einige von ihnen besitzen mehr (oder schärfere) Sinne als Menschen: Die Große Rasse "hatte nur zwei der Sinne, die wir kennen - Sehen und Hören... [aber] von anderen und unverständlichen Sinnen... besaßen sie viele" (DH 398); die Protagonisten von "At the Mountains of Madness" haben Schwierigkeiten, einige der Basreliefs zu verstehen, die sie sehen, da "bestimmte Berührungen hier und da vage Hinweise auf latente Symbole und Reize gaben, die mit einem anderen mentalen und emotionalen Hintergrund und einer umfassenderen oder anderen sensorischen Ausstattung für uns von tiefer und ergreifender Bedeutung hätten sein können" (MM 57), während sogar die Venusianer einen "besonderen Sinn" (D 293) für die Kristalle zu haben scheinen, die sie verehren.
Die Fähigkeit zur Raumfahrt ist allen Rassen außer dem Volk von Innsmouth und den Venusianern bekannt.
Sowohl die Alten als auch die Pilze aus Yuggoth sollen auf ihren "riesigen hautähnlichen Flügeln" (MM 61) durch den Äther geflogen sein.
Diese Idee wurde von Richard L. Tierney ins Lächerliche gezogen; und vielleicht hat Lovecraft selbst die Unwahrscheinlichkeit dieses Motivs erkannt, denn er erklärt, dass die Große Rasse durch Raum und Zeit flog, indem sie ihren Geist mit "geeigneter mechanischer Hilfe" (DH 386) vorwärts (oder, seltener, rückwärts) durch die Zeit projizierte (vermutlich der seltsame Mechanismus aus "Stäben, Rädern und Spiegeln" [DH 374], den man in Peaslees Haus kurz vor dem Ende seiner "Amnesie" sieht).
In "The Mound" heißt es, das Volk von K'n-yan sei "aus einem fernen Teil des Weltraums gekommen, wo die physikalischen Bedingungen denen der Erde sehr ähnlich sind" (HM 131); diese Vorstellung ist noch schwerer zu schlucken, besonders angesichts Lovecrafts Verurteilung der Verwendung anthropomorpher außerirdischer Rassen in Aufsätzen wie "Some Notes on Interplanetary Fiction".
Lovecraft fügt die Einschränkung hinzu: "All dies... war jetzt Legende; und man konnte nicht sagen, wie viel Wahrheit darin war" (HM 131); aber wir fragen uns, wenn der Ursprung der Hügelbewohner nicht außerirdisch war, wie konnten sie dann überhaupt solche Vorstellungen von Außerirdischen haben? Es genügt zu sagen, dass Lovecrafts Vorstellungen von der Raumfahrt, mit Ausnahme von "Der Schatten aus der Zeit", etwas primitiv waren.
Drei von Lovecrafts außerirdischen Zivilisationen verfügen über die Kraft der Hypnose und Telepathie.
Die Erdhügelbewohner unterhalten sich nicht nur telepathisch, sondern kontrollieren ihre Sklaven durch "Gedankenströme" (HM 119). Eine ähnliche Kontrolle üben die Alten über ihre Sklaven, die Shoggothen, aus.
In "The Whisperer in Darkness" wird auf die "unzweifelhaften telepathischen und hypnotischen Kräfte der Hügelwesen und ihrer Agenten" (DH 231) hingewiesen.
Die wissenschaftliche Forschung ist bei mehreren von Lovecrafts außerirdischen Rassen hoch entwickelt. Die erstaunliche wissenschaftliche Intelligenz, die erforderlich ist, um das "mechanische Hilfsmittel" zu bauen, das den Gedankenaustausch ermöglicht, spricht sicherlich für eine hohe Entwicklung der Physik, Elektronik, Astronomie und vielleicht auch der Psychologie seitens der Großen Rasse. Was die Alten betrifft, so sagt Lovecraft nicht nur (wie oben erwähnt), dass ihr "wissenschaftliches und mechanisches Wissen" das der Menschen bei weitem übersteigt, sondern bemerkt auch, dass die Informationen, die ihre Karten und Diagramme offenbaren, "den neuesten Erkenntnissen der Mathematik und Astrophysik auf unheimliche Weise nahe" kommen (MM 60).
Der Pseudo-Akeley in "The Whisperer in Darkness" sagt zu Wilmarth: "Sie können sich nicht vorstellen, in welchem Maße diese Wesen [d. h. die Pilze aus Yuggoth] die Wissenschaft getragen haben" (DH 253).
Unter den Bewohnern des Hügels war "die wissenschaftliche Neugier... groß", und "die Wissenschaft war tiefgründig und genau und allumfassend, außer in der einen Richtung der Astronomie" (HM 132, 135).
Die Venusianer scheinen sich nur in einem einzigen Zweig der Wissenschaft (oder Kunst) hervorgetan zu haben - dem der Architektur.
Der Erzähler von "In the Walls of Eryx" stellt kategorisch fest: "Sie haben keine anderen Fähigkeiten als das Bauen" (D 293). In der Tat können wir die Venusianer auf der intellektuellen Skala nicht allzu hoch einstufen; denn, wenn wir glauben (wie der Erzähler), dass sie ihr unsichtbares Labyrinth nur errichtet haben, um Menschen zu fangen, die nach ihren Kristallen gieren, können wir uns nur über die ungeheure Verschwendung von Energie und Mühe wundern. Aber auch Lovecrafts andere Zivilisationen sind bemerkenswerte Baumeister: Zamacona ist fassungslos beim Anblick der "monströsen, gigantischen und allmächtigen Stadt Tsath" (HM 143), während die beiden Protagonisten von "At the Mountains of Madness" ein noch größeres Erstaunen beim Anblick der uralten Megalopolis der Alten empfinden.
Peaslee bewundert die imposante und zyklopische Architektur der Stadt der Großen Rasse und bemerkt, dass "das Prinzip des Bogens so vollständig bekannt war und so ausgiebig genutzt wurde wie von den Römern" (DH 379).
Auf Yuggoth haben die Pilze "große Häuser und Tempel" gebaut; obwohl die "mysteriösen zyklopischen Brücken... von einer älteren Rasse erbaut wurden, die ausgestorben und vergessen war, bevor die Wesen aus der großen Leere nach Yuggoth kamen" (DH 254).
Sogar die Bewohner von Innsmouth (eindeutig am unteren Ende der Skala von Lovecrafts außerirdischen Zivilisationen) haben eine unverwechselbare Architektur, aber nur in ihren Unterwasserbauten: Wer kann den Schluss der Geschichte vergessen, als der Erzähler sich danach sehnt, "Zyklopen und das vielsäulige Y'hanthlei" (DH 367) zu sehen?
Geschichte ist ein wichtiges Beschäftigungsfeld der außerirdischen Rassen bei Lovecraft, insbesondere der Großen Rasse, in deren "riesigen Bibliotheken sich Bände mit Texten und Bildern befanden, die die gesamten Annalen der Erde enthielten - Geschichten und Beschreibungen jeder Spezies, die jemals gewesen war oder jemals sein würde, mit vollständigen Aufzeichnungen ihrer Künste, ihrer Errungenschaften, ihrer Sprachen und ihrer Psychologie" (DH 386).
Lovecraft betont die "abnorme Geschichtsauffassung" (MM 57) der Alten und fügt etwas trocken hinzu, dass die Theorie der Kontinentalverschiebung von Taylor, Wegener und Joly "auffallende Unterstützung aus [der] unheimlichen Quelle" (MM 66) der Karten der Alten erhielt.
Geschichte hatte bei den Hügelbewohnern sicherlich einen hohen Stellenwert, obwohl sie zur Zeit von Zamaconas Besuch "immer mehr vernachlässigt" (HM 136) wurde.
Selbst die Pilze aus Yuggoth haben ein gewisses Interesse an Geschichte oder Ethnographie, da "sie gerne einmal Gelehrte mitnehmen, um sich über den Stand der Dinge in der Menschenwelt zu informieren" (DH 218).
Man spürt jedoch, dass diese Neugier nicht so sehr akademisch als vielmehr praktisch und sogar strategisch ist.
Schließlich ist die Medizin bei vielen der Außerirdischen auf ein hohes Niveau gehoben worden. Hier scheinen die Pilze aus Yuggoth überragend zu sein, denn "die Chirurgie ist eine unglaublich fachkundige und alltägliche Angelegenheit bei ihnen" (DH 240). In anderen Erzählungen wird diese medizinische Fähigkeit nur angedeutet: Sicherlich müssen die Hügelbewohner in der Chirurgie erfahren sein, um ihre bizarr zusammengesetzten reanimierten Sklaven zu erschaffen, während die Alten, wenn schon nicht in der Medizin bewandert, so doch zumindest neugierig auf die Anatomie von Menschen und Hunden sind (vgl. MM 37, 86).
Die medizinischen Fähigkeiten der Großen Rasse werden nicht besonders erwähnt.
In der sozialen Organisation sind Lovecrafts außerirdische Zivilisationen in mancher Hinsicht auffallend ähnlich und in anderen bemerkenswert unterschiedlich.
Letztendlich erweist sich die Große Rasse eindeutig als die aufgeklärteste und "vorbildlichste" Rasse bei Lovecraft, mit den Alten in einigem Abstand und den Hügelbewohnern weit dahinter. Die soziale Struktur der Pilze, der Venusianer und der Bewohner von Innsmouth wird kaum beschrieben, aber wir können davon ausgehen, dass alle diese Gesellschaften - trotz der Intelligenz der Pilze - mehr oder weniger stark Lovecraftsche Dystopien darstellen.
Lovecrafts Haltung gegenüber der sozialen und politischen Struktur seiner außerirdischen Rassen wird später noch genauer untersucht werden.
Es ist eine nicht uninteressante Tatsache, dass alle drei vergleichsweise utopischen Gesellschaften Lovecrafts auf Sex in normaler menschlicher Weise verzichtet haben. Dies ist im Falle der Großen Rasse und der Alten verständlich, da diese beiden Rassen biologisch völlig unmenschlich sind und sich daher kaum wie Menschen fortpflanzen könnten.
Beide pflanzen sich durch Sporen fort; folglich gibt es in den beiden Zivilisationen wenig Platz für Familienleben.
Auch bei den Erdhügelbewohnern ist das normale Familienleben abgeschafft (vgl. HM 344).
In der Frühzeit der Geschichte der Hügelbewohner hatte die "herrschende Klasse" "selektive Züchtung" (HM 134) betrieben, um die Vorherrschaft zu erlangen; und lange vor Zamaconas Besuch hatten "die Geburten aufgehört", da die Menschen "leicht wieder jung werden konnten, wenn sie Lust dazu hatten" (HM 132).
In der Tat wurden die "von Natur aus minderwertigen Mitglieder der herrschenden Rasse" (HM 134) zu Sklaven, damit der herrschende Typus rein blieb. In ähnlicher Weise entledigte sich die Große Rasse ihrer "defekten Individuen... sobald ihre Defekte bemerkt wurden" (DH 399), während die Alten alle "lästigen Formen" (MM 65) beseitigten, die sie zufällig schufen. Ein besonders überraschendes Detail ist, dass der minderwertige Teil der Hügelbewohner nicht nur zu Sklaven wurde, sondern tatsächlich der Fleischversorgung diente (HM 139).
Dass Lovecraft im Wesentlichen seine eigenen gesellschaftlichen Ansichten reflektierte, als er solche Passagen schrieb, ist aus dem erkennbar sympathischen Ton, in dem sie geschrieben sind, offensichtlich.