Baccara Exklusiv Band 211 - Catherine Mann - E-Book

Baccara Exklusiv Band 211 E-Book

Catherine Mann

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Beschreibung

KÜSSE, BERAUSCHEND WIE CHAMPAGNER von KAT CANTRELL Ein wildes Wochenende in Las Vegas, danach hat Meredith den unwiderstehlichen Geschäftsmann Jason Lynhurst nie wiedergesehen. Bis sie schockiert feststellt, dass ihre im Rausch geschlossene Ehe rechtsgültig ist. Als sie Jason aufsucht, um sich scheiden zu lassen, sagt er jedoch wider Erwarten Nein … WOHIN DIE LEIDENSCHAFT UNS FÜHRT von CATHERINE MANN „Wilde Hengste zu zähmen, ist immer eine Herausforderung.“ Bei der dunklen Stimme läuft Nina ein Schauer der Erregung über den Rücken. Das geht ja gut los! Nina ahnt nicht, dass sie mit dem Ranchbesitzer flirtet, der nur einen Hintergedanken hat, seit ihr Name auf der Anmeldeliste steht … MIT DEM BOSS IM INSELPARADIES von ROBYN GRADY Dass sie Cole Hunter wütend ihr Weinglas in den Schoß kippt, beendet wohl Taryns Karriere bei Hunter Enterprises. Aber Coles Vater, der Patriarch des Medienhauses, glaubt an ihre Reisesendung und schickt sie für Probeaufnahmen auf eine einsame Pazifikinsel. Es könnte paradiesisch sein – wäre nicht auch ihr sexy Widersacher dort!

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Seitenzahl: 610

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Kat Cantrell, Catherine Mann, Robyn Grady

BACCARA EXKLUSIV BAND 211

IMPRESSUM

BACCARA EXKLUSIV erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

Erste Neuauflage in der Reihe BACCARA EXKLUSIV, Band 211 09/2021

© 2015 by Kat Cantrell Originaltitel: „From Fake to Forever“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Kristina Langenbuch Gerez Deutsche Erstausgabe 2016 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 1939

© 2015 by Catherine Mann Originaltitel: „Pursued by the Rich Rancher“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Susanna Mewe Deutsche Erstausgabe 2016 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 1925

© 2012 by Robyn Grady Originaltitel: „Losing Control“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Johanna Lewes Deutsche Erstausgabe 2015 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg,in der Reihe BACCARA, Band 1887

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 09/2021 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751501828

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

Küsse, berauschend wie Champagner

1. KAPITEL

Eine Reise nach Manhattan stand normalerweise ganz oben auf Meredith Chandler-Harris’ Liste der wirklich tollen Dinge. Ein Besuch bei einem der angesehensten Modehäuser der Welt rangierte sogar noch darüber. Aber dem Mann gegenüberzutreten, den sie seit zwei Jahren zu vergessen versuchte, und ihm zu sagen, dass sie miteinander verheiratet waren? Eher weniger. Das ruinierte alles − Manhattan, Mode und sogar Martinis.

Martinis waren Jasons bevorzugte Drinks.

Meredith bewegte sich so wenig wie möglich auf dem knarzenden Ledersofa, während sie darauf wartete, von der Empfangsdame zu Jason Lynhurst vorgelassen zu werden, dem leitenden Geschäftsführer von Lyn Couture. Und Merediths Ehemann, wie es schien.

„Mr. Lynhurst wird sie jetzt empfangen“, verkündete die Frau am Tresen mit frostiger Stimme.

Jenseits des Empfangs herrschte wildes Treiben bei Lyn Couture. Makellos gekleidete Männer und Frauen gingen ihren Aufgaben nach, und Meredith versuchte fasziniert, einen Blick auf die auf Stoff und Papier gezeichneten Umrisse der neuesten Entwürfe zu erhaschen, die auf den Tischen verteilt lagen.

Hier kamen Mode und Stil auf magische Weise zusammen. Sie spürte, wie ihr ganz leicht zumute wurde. Lyn Couture war ein wahres Mekka für Modeliebhaber, und Meredith liebte alles, was mit Kleidung zu tun hatte: das Einkaufen, Tragen, Besitzen, Zusammenstellen.

Natürlich hatte sie damals nicht gewusst, wer Jason war, als sich ihre Blicke auf der Tanzfläche in Las Vegas getroffen hatten. Das Einzige, was sie gewusst hatte, war, dass er sich wie ein Mensch bewegte, der sich in seinem Körper wohl fühlte, und dass sie ein Stück von ihm wollte. Nur um dann zwei Jahre später zu erfahren, dass sie mehr bekommen hatte als gedacht.

Meredith spürte neugierige Blicke, als sie der eisig dreinblickenden Empfangsdame zu einem Eckbüro folgte.

„Mr. Lynhurst?“, fragte die Frau durch die offene Tür. „Ihr Besuch ist da.“

Mr. Lynhurst. Lieber Himmel. Dieser Mann hatte an einem Wochenende mehr verruchte Dinge mit Meredith getan, als alle anderen Männer seitdem … zusammen. Zu ihrem großen Leidwesen. Gab es denn keinen einzigen, der sie die Perfektion dieses Mannes vergessen lassen konnte, der ihre ganze Welt vor so langer Zeit aus den Angeln gehoben hatte?

„Danke, meine Liebe, ich übernehme ab hier.“ Meredith schritt zielstrebig an der Empfangsdame vorbei ins Büro, ganz, als würde ihr der Laden gehören. So beeindruckte man Menschen.

Und sie brauchte Jasons ganze Aufmerksamkeit. Sie musste ihn von einer schnellen, stillen Scheidung überzeugen. Und zwar sofort. Nur so konnte sie ihrem Vater unter die Augen treten und ihn um einen Kredit bitten, damit sie ins Geschäft ihrer Schwester einsteigen konnte.

Außerdem war sie überhaupt nicht dafür bereit, verheiratet zu sein, weder mit Jason noch mit sonst irgendwem. Nicht, solange sie noch unsicher war, wohin ihr eigener Weg sie führen sollte. Was auch ein Grund dafür gewesen war, warum die Las-Vegas-Hochzeit ihr am kalten, hellen Morgen danach nicht mehr wie eine ganz so großartige Idee vorgekommen war. Die Ehe hätte niemals registriert werden sollen. Aber nun war sie offiziell mit Jason verheiratet.

Der jetzt hinter seinem gläsernen Schreibtisch saß, kühl und elegant. Als sich ihre Blicke trafen, stockte ihr der Atem. Oh, yeah! Aus genau diesem Grund schaffte es keiner der anderen Männer, Jason aus ihren Erinnerungen zu vertreiben.

Diese Wangenknochen. Das stilvoll gestylte, leicht verwuschelte hellblonde Haar. Sie wollte ihre Finger darin vergraben und ihn zu einem heißen Kuss zu sich herunterziehen. Clever, sinnlich und – verdammt! – er hörte zu, wenn sie sprach. Die meisten Männer schenkten allem oberhalb von Merediths Schultern keine große Aufmerksamkeit, aber Jason hatte sie nach ihrer Meinung gefragt und ihre Ideen ernst genommen.

Sie hatte seitdem alle anderen Männer mit ihm verglichen, und keiner war ihm auch nur ansatzweise nahe gekommen. Und in den vergangenen zwei Jahren hatte seine Anziehungskraft kein Stück nachgelassen.

Jason erhob sich, perfekt gekleidet in einem schmal geschnittenen dunklen Anzug, der vermutlich nur wenige Meter von seinem Büro entfernt entworfen und geschneidert worden war.

„Meredith. Gut siehst du aus.“ Falls sie ihn mit ihrem überraschenden Besuch überrumpelt hatte, verbarg er es bestens.

„Danke, dass du so spontan Zeit für mich gefunden hast.“ Na, das lief doch großartig. Zwei Menschen, die nie gedacht hätten, dass sie sich noch einmal wiedersehen würden, machten sich erneut miteinander bekannt. Aber es gab keinen Grund, das Unvermeidliche hinauszuzögern. „Wir haben ein Problem. Je schneller wir es beseitigen können, umso besser.“

Ein verschlossener Ausdruck legte sich auf sein Gesicht. „Ich hoffe sehr, du bist nicht hergekommen, um mir zu sagen, dass du schwanger warst und leider erst jetzt dazu kommst, mich einzuweihen.“

Für was für eine Frau hielt er sie? Sie zügelte die aufkeimende Wut. Sie kannten sich wirklich nicht sehr gut. An ihrem wilden Wochenende in Vegas war es um Entscheidungen im Leben gegangen, um Möglichkeiten, nicht darum, einen lebenslangen Partner zu finden.

Ihre Heirat war ein Fehler gewesen. Das wussten sie beide.

„Nein, das nicht.“ Meredith ließ sich auf dem Stuhl vor Jasons Schreibtisch nieder, in der Hoffnung, dass er es ihr gleichtun und sich auch wieder setzen würde.

Er entspannte sich ein wenig, blieb aber stehen. „Alles andere lässt sich klären. Was kann ich für dich tun?“

Es war alles so bizarr. Sie hatte Stunden damit verbracht, ihren schweißbedeckten Körper an diesem Mann zu reiben. Ihre Zunge hatte jeden Zentimeter Haut unter diesem Anzug gekostet. Sie waren Fremde gewesen, damals wie heute. Und gleichzeitig nicht. Es fühlte sich tatsächlich so an, als hätten sie sich erst gestern gesehen.

„Okay, komische Geschichte.“ Sie grinste, als ob das der Wahrheit entspräche. „Erinnerst du dich daran, wie wir diesen Rund-um-die-Uhr-Hochzeitsladen entdeckten und dachten, es sei eine tolle Idee, den Erwachsenen-Pakt mit einer Ehe in Vegas zu beschließen?“

Der Erwachsenen-Pakt.

Es war ihnen brillant vorgekommen damals … nach vier Runden Tequila-Shots und ungezählten Cosmopolitans und Martinis. Nach einem ersten intensiven Blickkontakt hatten sie das restliche Wochenende gemeinsam verbracht. Mit einer unendlich scheinenden Unterhaltung, in deren Verlauf Meredith diesem Mann, den sie gerade erst kennengelernt hatte, mehr von sich preisgegeben hatte als jemals irgendwem zuvor. Und er hatte damals dasselbe von sich gesagt. Sie waren beide auf der Suche nach etwas gewesen, nach irgendwas, das ihnen helfen würde, diesen Abgrund zwischen den Freiheiten der Jugend und dem Rest ihres Lebens zu überbrücken.

Beim Erwachsenen-Pakt war es nie darum gegangen, tatsächlich miteinander verheiratet zu bleiben. Es ging darum zu beweisen, dass sie etwas Erwachsenes tun konnten, dass etwas so Verantwortungsvolles wie eine Heirat nicht so angsteinflößend war, wenn sie es gemeinsam taten.

„Natürlich erinnere ich mich daran“, sagte er. „Das war das einzige Mal, dass ich mich auf eine wirklich dumme Idee eingelassen habe.“

Sie seufzte. Damit war er wohl allein. Sie tat ständig dumme Dinge. Der Erwachsenen-Pakt hatte ihr die Kraft und Zuversicht geben sollen, mehr als eine Schönheitskönigin zu sein und einen Platz in der Welt zu finden, an dem sie auch für das respektiert wurde, was in ihrem Kopf steckte. Aber das hatte sie nicht, zumindest noch nicht.

„Wie sich herausstellte, wurde die Heiratsurkunde doch registriert.“

„Was?“ Jasons Gesichtsausdruck wurde hart. „Wie ist das möglich? Du solltest sie vernichten.“

„Und das habe ich! Also, ich habe sie weggeworfen“, korrigierte sie sich. Das war die einzige mögliche Erklärung. Auch wenn sie sich an das Wegwerfen nicht mehr erinnern konnte. „Von Vernichten war nie die Rede gewesen.“

„Aber das tut man mit Dingen, von denen man nicht will, dass sie in die falschen Hände gelangen, Meredith.“ Endlich setzte er sich hin. „Kreditkartennummern, juristische Dokumente, Heiratsurkunden, die sich am nächsten Morgen als Fehler herausstellen.“

Er fuhr sich mit den Fingern durch das ohnehin schon wirre Haar, und ihre Finger zuckten reflexhaft, als sie sich wünschte, ihn noch einmal berühren zu können. Ein kleiner Teil von ihr hatte sich erhofft, sie könnten die alten Zeiten noch einmal aufleben lassen, sobald dieser dumme Fehler ausgeräumt war. Eine letzte Nacht in Jasons Bett würde sie bestimmt von ihrer Sehnsucht und den ewigen Vergleichen kurieren.

Der grimmige Ausdruck auf seinem Gesicht sorgte jedoch nicht gerade für ein angenehm warmes Gefühl in ihrem Bauch.

„Es ist eben passiert“, sagte sie. „Wir sind ganz legal miteinander verheiratet, seit zwei Jahren. Jetzt müssen wir damit klarkommen. Und vielleicht könnten wir, du weißt schon, anschließend zusammen etwas trinken gehen.“

Der Vorschlag war nicht unbedingt subtil, aber sie nahm gern den direkten Weg. Sie spürte ein geradezu zwanghaftes Verlangen danach herauszufinden, ob der Funke zwischen ihnen noch immer existierte.

„Damit klarkommen? Oh, ich verstehe. Du hast meine Verlobungsanzeige gesehen und jetzt willst du eine Abfindung.“ Er nickte ergeben. „Wie viel willst du?“

Jason war verlobt? Hervorragend. Er würde sich umso schneller darum bemühen, die Scheidung einzureichen, und das möglichst ohne Aufsehen. Aber so toll fühlte es sich dann doch nicht an.

Dass er so viel besser im Leben vorangekommen war als sie, war bitter. So viel zum Auflebenlassen der alten Zeiten. Ade, letztes wildes Wochenende.

„Ich will dein Geld nicht, Jason. Nur eine schnelle Scheidung, einvernehmlich und ohne Güteraufteilung.“

„Sicher.“ Der Sarkasmus war deutlich. „Sobald du in Vegas herausgefunden hattest, dass ich Bettina Lynhursts Sohn bin, müssen kleine Dollarzeichen in deinen Augen geleuchtet haben. Gib es doch zu! Du hast die Urkunde absichtlich registrieren lassen, um später damit Geld zu machen. Ich bin ehrlich gesagt überrascht, dass du dir damit so lange Zeit gelassen hast.“

Sie starrte ihn entsetzt an. „Du hast offenbar vergessen, dass ich sowohl eine Chandler als auch eine Harris bin. Ich brauche dein kleines Mode-Imperium nicht. Mit dem Geld meines Vaters wurde Houston erbaut. Deine Dollarzeichen kannst du dir also sonstwohin stecken, und jetzt unterschreib die Scheidungspapiere und geh wieder an die Arbeit.“

Sie hatte alle Kreditkarten ihres Vaters zerschnitten, aber das musste Jason ja nicht wissen.

Aus völlig unerklärlichen Gründen grinste Jason. Die Spannung entwich, als er sich in seinem Stuhl zurücklehnte. „Schwer zu vergessen, wie starrköpfig du bist. Du hast die Papiere schon dabei? Sehr gut. Gib mir eine Kopie davon und ich schicke sie meinem Anwalt. Wenn alles in Ordnung ist, unterzeichne ich sie und schick sie dir zurück. Danke, dass du gekommen bist.“

Er erhob sich. Sie nicht.

Sollte ihr Vater jemals herausfinden, wie unüberlegt seine Tochter gehandelt hatte, würde er ihr niemals einen Kredit geben. Damit wäre ihr Traum, als Teilhaberin in Caras Unternehmen einzusteigen, unerreichbar. Und Meredith wollte um alles in der Welt beweisen, dass sie es aus eigener Kraft schafften konnte.

„Ich würde es begrüßen, wenn nie jemand herausfinden würde, dass wir verheiratet waren.“ Sie zog einen Umschlag aus ihrer Tasche. „Hier sind die Kopien.“

„Danke, geht mir genauso. Mein Anwalt wird sie sich ansehen. Bleibst du in der Stadt?“

„Einige Tage, aber nicht lange. Beeil dich also besser.“

Sie schrieb ihre Hoteladresse und Handynummer auf ein Post-it und klebte es auf sein Revers, in einem letzten Versuch, ihn noch einmal zu berühren.

Zu schade, das mit der Verlobten. Und noch bedauerlicher, dass Jason Lynhurst so gänzlich über sie, Meredith, hinweg war.

Am schlimmsten war jedoch, dass sie nicht dasselbe von sich behaupten konnte.

Meredith. Die einzige Frau, die jemals hinter seine Fassade geblickt hatte – und die einzige Frau, die von sich behaupten konnte, in seinem Bett geschlafen zu haben, da er normalerweise großen Wert auf seine Privatsphäre legte. Ihre kurze gemeinsame Zeit war wild und verrückt gewesen, wie aus seinen heißesten Fantasien – und so ganz und gar nicht wie er.

Meredith war auch die einzige Frau, die er jemals für gefährlich gehalten hatte. Für sein Seelenheil, seine Zukunft. Und natürlich für seine Selbstbeherrschung. Denn er hatte ihr in Las Vegas nicht widerstehen können, und er hatte das dunkle Gefühl, dass sich daran auch jetzt nichts geändert hatte.

Aber dies war weder die Zeit noch der Ort, um darüber nachzudenken.

Er hatte in fünfzehn Minuten ein Meeting mit Avery, und seine Schwester würde es ihm gehörig unter die Nase reiben, wenn er zu spät erschien. Um diese Uhrzeit quer durch die Stadt zu fahren, war ein schwieriges Unterfangen. Er schob seine Tasche auf die andere Schulter und rief ein Taxi, anstatt den Firmenwagen zu nehmen. Es würde viel zu lange dauern, ihn aus der Garage zu holen.

Sobald Jason im Taxi saß, wanderten seine Gedanken wieder zurück zu Meredith und der Bombe, die sie ihm vor die Füße geworfen hatte.

Verheiratet. Mit Meredith.

Damals hatte er es für einen fantastischen Plan gehalten, sich – wenn auch nur symbolisch natürlich, als Teil ihres Paktes – an eine Frau zu binden, die Verständnis für seine Sorgen und Nöte aufbrachte und diese dann alle verschwinden lassen konnte.

Der Trip nach Vegas war eine spontane Idee gewesen, entstanden aus seiner Frustration und der Verwirrung über die Ankündigung seiner Eltern, sich nicht nur nach dreißig Jahren Ehe scheiden zu lassen, sondern zudem auch noch Lynhurst Enterprises, ihr gemeinsames Unternehmen, aufzuteilen. Lyn Couture ging an Bettina, Hurst House Fashion an Paul. Jason blieb bei Lyn und Avery ging zu Hurst. Alle schienen zufrieden mit der Lösung – außer Jason, den jedoch niemand nach seiner Meinung gefragt hatte.

Er hasste es. Das Erbe, das ihm seit seiner Geburt zugestanden hatte, das zu ihm gehörte, für das er lebte, war fort. Als er es nicht mehr ausgehalten hatte, war er nach Vegas geflohen, um all das zu vergessen.

Meredith war Balsam für seine verwundete Seele gewesen. Genau das, was er in diesem Moment gebraucht hatte, und sie hatte ihm geholfen, seinen Fokus zurückzubekommen. Ohne den Tumult daheim hätte er sich niemals auf ihr Angebot eingelassen, aber an diesem Wochenende galten andere Regeln. Er hatte sich am Morgen mit einem Kuss und einem Dankeschön von ihr verabschiedet und war mit neuer Zuversicht und einem Plan nach New York zurückgeflogen.

Er würde Lynhurst wieder unter einem Dach vereinen − oder bei dem Versuch untergehen.

Das Treffen mit Avery war der nächste wichtige Schritt dorthin. Lyn Couture und Hurst House gehörten zusammen, und Jasons Platz war an ihrer Spitze, als Geschäftsführer der wiedervereinten Firma. Darin waren er und Avery sich immerhin einig, genug zumindest, um ihre Animositäten beiseitezulegen und im Geheimen an ihrem Plan zu arbeiten.

Jason konnte nicht anders, mit seinem Smartphone ging er ins Internet und stieß recht schnell auf die Seite der Registratur von Clark County, Nevada. Hier stand es, schwarz auf weiß: der Beweis seiner ganz legalen Heirat mit Meredith Lizette Chandler-Harris.

Ein kurzer Aussetzer seines Urteilsvermögens, den er nur schwerlich den Menschen in seinem Umfeld erklären konnte. Jason hatte seinen Anwalt damit beauftragt, herauszufinden, was genau damals schiefgelaufen war.

Jetzt sprang er vor dem Café, das Avery für ihr Treffen vorgeschlagen hatte, aus dem Taxi. Sie befanden sich ganz in der Nähe von Averys angeberischem Loft.

Wie er erwartet hatte, saß seine Schwester nicht sehr geduldig in einer hinteren Ecke. Ihre Finger klopften einen harten Rhythmus auf den Tisch, während er auf sie zukam.

„Wo hast du gesteckt? Ich habe in einer Stunde ein Meeting mit den Project-Runway-Marketingleuten.“ Averys Hochnäsigkeit kam heute ganz besonders durch. „Nicht alle von uns können sich auf einer gemütlichen Position in Mutters Unternehmen ausruhen. Ich habe einen richtigen Job, um den ich mich kümmern muss.“

„Dir auch einen guten Tag“, erwiderte er ruhig. Avery liebte nichts mehr, als ihn auf die Palme zu bringen, also vermied er es, auf ihre Sticheleien einzugehen. „Da du so beschäftigt bist, hättest du vielleicht besser einen Treffpunkt in Midtown aussuchen sollen.“

Jason zog die Dokumente aus seiner Tasche. Sie enthielten die detaillierten Pläne der Zusammenführung von Lyn Couture und Hurst House Fashion. Sie waren sein Beitrag zu ihrem Vorhaben, während Avery sich um die Markenpflege und die Design-Aspekte kümmerte. Sie wollten die neue Firma gleichzeitig mit der neuen Frühjahrskollektion an den Start bringen, da die Meldungen der Presse all ihren Labeln zugutekommen würden. Avery warf einen Blick auf die Papiere, an denen er wochenlang gesessen hatte. Etwas darin erregte ihre Aufmerksamkeit, und sie sah Jason unter hochgezogenen Augenbrauen an. „Hier steht, dass du der Geschäftsführer sein wirst. Aber das wirst du nicht. Ich werde Geschäftsführerin.“

„Bist du verrückt? Warum, glaubst du, habe ich mich für diese Sache so eingesetzt – damit ich dann dein Angestellter sein kann anstatt Moms?“ Avery war wahnsinnig. Sie war nicht bereit für diese Führungsposition, und außerdem gehörte diese ihm. Er hatte seinen Harvard-Abschluss für genau diese Zukunft gemacht. „Ich kümmere mich um dich, keine Sorge.“

Sie warf ihr langes blondes Haar zurück. „Ich bin die Ältere – da ist es selbstverständlich, dass ich die Firmenleitung übernehme, sobald alles wieder so ist, wie es sein soll.“

„Nichts ist selbstverständlich“, entgegnete Jason aufgebracht, bevor er seine Stimme wieder senkte. „Ich habe härter und länger an den Plänen gearbeitet als irgendjemand sonst, inklusive dir.“

Sein ganzes Leben lang war er darauf vorbereitet worden, in die Fußstapfen seines Vaters an der Spitze von Lynhurst Enterprises zu treten. Avery und Bettina spielten wichtige Rollen in den Bereichen Marketing und Design, aber sie hatten keine Visionen. Sie konnten ein derart großes Schiff wie Lynhurst nicht auf Kurs halten und in neue Richtungen lenken, schon gar nicht nach einer Fusion.

„Das ist eine Lüge.“ Ein kleines Lächeln umspielte ihre dünnen Lippen. „Wessen Idee war es, dieses Projekt gemeinsam anzugehen? Nicht deine. Die ganze Unternehmung hat viel größere Erfolgschancen, wenn wir uns zusammentun und Mom und Dad vor vollendete Tatsachen stellen. Und jetzt sag mir nicht, dass du ernsthaft damit gerechnet hast, dass ich dir die Position an der Spitze überlasse, kleiner Bruder.“

„Es gibt hier kein ‚Überlassen‘ von etwas. Ich habe mir diese Position mit den Plänen für die Fusion verdient, ganz davon abgesehen, was ich als Strategischer Leiter von Lyn Couture erreicht habe.“ Verdammt, schon allein mit dem Coup seiner Verlobung mit Meiling Lim hatte er sich die Stelle des Geschäftsführers verdient!

Dem Vater seiner Verlobten gehörte das größte Textilunternehmen Asiens, und Jasons Heirat mit Meiling würde die Partnerschaft zwischen Lyn Couture und den Produktionsstätten in Übersee noch vertiefen. Die Verbindung war am Aufsichtsratstisch geplant worden und eine ausgezeichnete Business-Entscheidung.

Meilings feine Gesichtszüge und ihre perfekten Manieren waren genau das, was ein junger, aufstrebender Geschäftsführer brauchte. Sie mochten sich und verfolgten ähnliche Ziele mit diesem Arrangement – beide wollten Vorteile für ihre Familien daraus ziehen. Keiner von ihnen erwartete eine Heirat aus Liebe. Er freute sich darauf, Meiling in seinem Leben zu haben, und ihre Ehe würde eine ruhige, vorteilhafte Verbindung sein … ganz anders als die stürmische, verrücktmachende Beziehung, die er mit jemandem wie Meredith haben würde.

Das Letzte, was er in seinem Leben brauchte, war eine Frau, die ihn dazu verführte, schlechte Entscheidungen zu treffen. Solche Frauen überließ er seinem Vater.

Jason hatte großes Glück, dass Meilings traditionsbewusste Familie fortschrittlich genug war, darüber hinwegzusehen, dass er kein Asiate war. Er brauchte sie und die Vorteile, die sie ihm in dieser von Frauen dominierten Welt versprach. Und nichts würde seine Pläne stören.

Abgesehen von Averys fehlgeleiteter Annahme, sie könne ihm die Führungsposition streitig machen. Aber darauf konnte sie lange warten.

„Warum verschieben wir die Entscheidung darüber, wer der Boss sein wird, nicht auf später, wenn die Zusammenführung erfolgreich war?“, schlug er mit ruhiger Stimme vor.

Avery zögerte kurz und nickte dann. „In Ordnung. Vorerst. Aber denk nicht, dass du mit irgendwas davonkommen wirst. Ich werde nicht nachgeben. Doch jetzt an die Arbeit.“

Sie besprachen und klärten genaue Details der Pläne, bis Avery zu ihrem Termin aufbrechen musste. Im Taxi auf dem Weg zurück ins Büro rief Jason bei Meiling an. Es erschien ihm nur richtig, dass sie das ganze Ehe-Debakel von ihm erfuhr. Hoffentlich würde sie sehen, wie praktisch es war, dass er die Scheidungspapiere bereits in der Hand hatte. Sobald sein Anwalt sie gesichtet hatte, wäre die Sache erledigt und er würde Meredith nie wiedersehen … außer in seinen Gedanken, wo ihre leuchtenden Augen ihn in eine Welt lockten, in der Vergnügen und Verständnis und Verbundenheit keine fremdartigen Konzepte waren.

Er musste aufhören, an sie zu denken. Das war Meiling gegenüber respektlos. Und es gab kein Szenario in seinem Lebensplan, in dem Meredith – selbst für eine kurze Zeit – Platz fand.

2. KAPITEL

Es war bereits nach sieben Uhr abends, aber Merediths Magen spielte verrückt und sie fühlte sich erstaunlich appetitlos. Sie war entsetzlich nervös. Alles hing von einer schnellen, unauffälligen Scheidung ab.

Lars, der Anwalt ihres Vaters, hatte ihr geduldig erklärt, wie er bei einer Routine-Überprüfung der Verwandten ihres Vaters auf ihre registrierte Ehe gestoßen war. Hätte ihr Vater sich nicht entschieden, sein Testament zu aktualisieren, hätte sie niemals erfahren, dass die Heirat mit Jason offiziell war. Zum Glück war all das geschehen, bevor sie ihren Vater um den Kredit bitten konnte.

Da es keinen Ehevertrag gab, könnte Jason vor Gericht um seinen Anteil an den Milliarden ihres Vaters streiten, wenn er wollte. Dankenswerterweise war Lars schon seit Merediths Geburt der Anwalt ihres Vaters und mochte sie sehr. Er hatte ihr versprochen, nichts zu sagen, während sie sich um die Scheidung kümmerte.

Eine legale Heirat, von der sie nicht einmal wusste, zeugte von Verantwortungslosigkeit. Deshalb brachte sie es nicht über sich, ihren Vater im selben Atemzug um Geld zu bitten, in dem sie ihm mitteilte, dass sie einen derart großen Fehler gemacht und noch nicht behoben hatte. Sie wollte ihm beweisen, dass sie genauso verantwortungsbewusst sein konnte wie ihre Schwester Cara. Und sobald sie Jasons Unterschrift auf den Papieren hatte, konnte sie Heirat und Scheidung gemeinsam präsentieren, und darauf hoffen, dass alle einsehen würden, wie erwachsen sie die Sache gehandhabt hatte. Und dass sie sich den Kredit und die Teilhaberschaft an Caras Unternehmen verdient hatte.

Eigentlich war es eine gute Sache, dass sie nicht hungrig war. Das Limit ihrer Visa-Karte war lachhaft, und sie hatte nicht damit gerechnet, das Wochenende in dem teuren Hotel in Manhattan zu bleiben. Aber sie sah die Vorzüge in Jasons Vorschlag, in Reichweite zu bleiben.

Lustlos zappte sie durch die unzähligen Fernsehkanäle. Als ihr Handy piepte, griff sie rasch danach, in der Hoffnung, es würde sie von den Gedanken an Jason ablenken.

Die Nachricht kam allerdings just von ihm: Ich bin in der Lobby. Schick mir deine Zimmernummer.

Ein kurzer, scharfer Stich durchfuhr ihre Mitte. Aber sie machte sich nichts vor. Er war nicht hier, um auf ihre plumpe Einladung zu einem Drink einzugehen. Er war schließlich verlobt, und sie hoffte ernsthaft, dass er nicht die Art von Mann war, der hinter dem Rücken seiner Verlobten mit anderen Frauen herummachte. Und selbst wenn er Interesse an ihr hätte – sie hatte keines daran, anderen Frauen die Männer auszuspannen.

Sie schickte ihm die Nummer und lief dann ins Badezimmer, um ein wenig Parfum und frisches Make-up aufzutragen. Eine Chandler-Harris ließ niemanden hinter ihre Fassade blicken.

Das Klopfen an der Tür erschreckte sie, obwohl sie damit gerechnet hatte. Das war schnell gegangen.

Sie öffnete die Tür, und der finstere Ausdruck auf Jasons Gesicht verhieß nichts Gutes. „Was ist los?“

„Lass mich rein. Ich rede nicht zwischen Tür und Angel mit dir.“

Schweigend öffnete sie die Tür und trat einen kleinen Schritt beiseite, sodass er sich an ihr vorbeizwängen musste. Sein fester Körper streifte ihren, und sie spürte kein Gefühl des Bedauerns darüber.

Jasons Präsenz nahm den ganzen Raum ein, und sie konnte ihren Blick nicht von ihm abwenden. „Ich nehme an, du willst mich nicht zum Essen einladen?“

„Du hast alles ruiniert“, stieß er hervor. „Alles. Ich habe zwei verdammte Jahre lang geschuftet wie ein Idiot, und an einem Nachmittag löst sich alles in Luft auf.“

„Wovon redest du? Ich bin hier, um das Problem zu lösen.“

„Ich habe meiner Verlobten die niedliche Geschichte von einem heißen Wochenende in Las Vegas erzählt, und – stell dir nur vor, wie witzig! – dass ich immer noch verheiratet bin. Sie war nicht begeistert. Tatsächlich so sehr nicht begeistert, dass sie unsere Verlobung gelöst hat.“

„Oh, Jason! Es tut mir so leid!“ Meredith hob unwillkürlich die Hand zum Mund. Wie schrecklich! Er musste außer sich sein. Kein Wunder, dass er in so einer schlechten Stimmung war. „Ich hätte niemals gedacht…“

„Und deswegen sieht es jetzt wie folgt aus: Du hast mich einen sehr wichtigen Kontakt in der Textilindustrie gekostet. Du schuldest mir etwas. Und du wirst es mir zurückzahlen.“

Sie wich einen Schritt zurück, als seine Wut wie eine Welle über sie hinwegrollte. „Wie … wie meinst du das, ‚zurückzahlen‘?“

Das hier war nicht der Mann, den sie in Vegas kennengelernt hatte. Er sah genauso aus, mit demselben umwerfenden Körper und einer Stimme, die ihr vierundzwanzig Stunden am Tag schmutzige Dinge ins Ohr flüstern sollte. Aber dieser Jason Lynhurst war härter, spröder. Es gefiel ihr kein bisschen.

„Auf so viele unangenehme Arten, wie mir einfallen“, erwiderte er und ließ seinen Blick über ihren Körper wandern. „Aber nicht auf diese Weise. Es geht hier nur ums Business, Herzblatt. Du musst etwas für mich erledigen.“

Da er gerade seine Verlobte verloren und wahrscheinlich ein gebrochenes Herz hatte, ließ sie seinen herablassenden Ton unkommentiert. „Es tut mir wirklich leid, dass deine Verlobte enttäuscht ist. Aber du kannst es sicherlich wiedergutmachen bei ihr. Die Dinge, die du mit deinem Mund …“

„Meiling ist nicht enttäuscht.“

Das Feuer in seinem Blick gab ihr einen guten Hinweis darauf, wer hier der Getroffene war. Da er sie unterbrochen hatte, verschränkte sie die Arme und lehnte sich an den Schreibtisch, um seine Empörung auszusitzen.

„Wenn sie nicht enttäuscht ist, was ist sie dann?“

Jason begann, im Zimmer auf und ab zu marschieren, wobei er sich mit den Fingern durch sein bereits verstrubbeltes Haar fuhr.

„Sie ist nicht gewillt, eine Ehe mit jemandem einzugehen, der eine Unbekannte in Vegas heiratet und dann nicht einmal in der Lage ist, dafür zu sorgen, dass die Ehe aufgelöst wird. Ihre Worte.“ Er warf seine Anzugjacke mit mehr Schwung aufs Bett, als nötig gewesen wäre. „Ich habe sie vor ihrer Familie blamiert, und in ihrer Welt ist das unverzeihlich. Da gibt es nichts wiedergutzumachen.“

Langsam dämmerte es ihr. „Du warst gar nicht in sie verliebt.“

Warum sie das so glücklich machte, konnte sie nicht genau sagen.

Jason warf ihr einen verärgerten Blick zu. „Natürlich nicht. Das Ganze war ein geschäftliches Arrangement, und mit ihm habe ich auch den Zugang zum asiatischen Textilmarkt verloren. Lyn brauchte Meilings Verbindungen. Und da ich das alles dir zu verdanken habe, bist du mir etwas schuldig.“

Okay, das war nicht ganz das, was sie erwartet hatte. Wo war der sensible, leidenschaftliche Mann geblieben, mit dem sie vor langer Zeit so viele sinnliche Stunden verbracht hatte? An seiner Stelle stand dieser kaltherzige Typ im Anzug, der keinen Funken Romantik mehr in der Seele hatte.

„Es ist meine Schuld?“ Sie umklammerte ihre Arme, damit sie ihn nicht mit einem rechten Haken zu Boden schickte. „Es scheint so, als verstünde deine Verlobte – entschuldige, Ex-Verlobte – es schon ganz richtig. Du hast dich auch nicht darum gekümmert, dass es keine Ehe gab. Und wäre ich nicht zu dir gekommen, hättest du die Wahrheit nie herausgefunden. Dann hättest du dich der Bigamie schuldig gemacht. Und wie hättest du das wohl deiner Meiling erklärt?“

„Ich habe mich darauf verlassen, dass du die Papiere vernichtest.“ Er machte ein angewidertes Geräusch. „Das hätte ich ganz offensichtlich nicht tun sollen.“

Das tat weh. Vor allem, da die Anklage dahinter – dass man ihr nicht einmal eine derart einfache Aufgabe anvertrauen konnte – tatsächlich zutraf. „Du sorgst nicht gerade dafür, dass ich dir gegenüber positiv gestimmt bin, Herzchen. Wie es scheint, schulde ich dir nichts weiter als eine Entschuldigung, und die habe ich dir bereits gegeben“, verteidigte sie sich.

„Du willst es auf die harte Tour?“ Er machte einige Schritte auf sie zu, der Ausdruck in seinen Augen war schwer zu deuten. „Kein Problem. Hier noch mal zum Mitschreiben: Ich habe deinetwegen einen Vorteil verloren, und du wirst mir dabei helfen, ihn zurückzubekommen. Natürlich hast du nicht Meilings Verbindungen, aber ich bin mir sicher, dass du einige Tricks parat hast. Und solange ich mich nicht wieder in einer aussichtsreichen Position befinde, habe ich auch keine Eile damit, die Scheidungspapiere zu unterzeichnen.“

Er hielt nur einen Schritt vor ihr inne, und die ganze Bedeutung seiner Worte traf sie mit einem Schlag. Er würde sich nicht scheiden lassen, solange sie nicht tat, was er von ihr verlangte. Was auch immer das sein würde – das hatte er immer noch nicht deutlich gesagt.

Sie stieß ihm einen Finger in die Brust, und wich kein Stück vor ihm zurück. „Das würdest du nicht wagen!“

„Teste mich. Ich habe nichts zu verlieren.“

Ihre Blicke trafen sich. Auf keinen Fall würde sie zuerst blinzeln. Oder ihren Zeigefinger von seinem Oberkörper nehmen.

Lieber Himmel, sein Gesicht war einfach wunderschön. Sie ließ es ganz auf sich wirken und spürte einen Stich im Unterkörper. Wie oft war sie in den vergangenen zwei Jahren morgens aufgewacht, verschwitzt und ohne eine genaue Erinnerung daran, was sie geträumt hatte, aber mit der Gewissheit, dass Jason Lynhurst darin eine Rolle gespielt hatte. Sein Gesicht hatte sich in ihrem Gedächtnis festgebrannt, obwohl sie es schon längst hätte vergessen sollen.

Und jetzt war er hier. Ihre Finger entspannten sich und legten sich auf seine Brust, ganz so, als gehörten sie genau dort hin. Er blickte auf ihre Hand hinunter und sah ihr dann wieder in die Augen, und sie glaubte zu spüren, dass er genauso gebannt war wie sie selbst.

„Wenn du nichts zu verlieren hast, nehme ich gern dein Angebot an und teste dich“, murmelte sie.

Sie ergriff sein Hemd und zog ihn zu sich heran. Er zögerte eine kleine Ewigkeit, und dann trafen ihre Lippen aufeinander. Der süße Geschmack von Jason durchdrang sie, und es kam ihr vor, als wären sie nie voneinander getrennt gewesen. Als er seine Arme um sie schloss und sie näher an sich zog, kamen ihr fast die Tränen.

Oh, ja. Ihr Herz schlug schneller und pumpte die Euphorie durch ihren ganzen Körper, als hätte es zwei Jahre lang im Tiefschlaf gelegen. Jasons Kuss war hungrig, drängend, und hinter ihren Augenlidern tanzten Funken.

Sie löste sich von ihm und ihre Brust hob und senkte sich vor Anstrengung, nicht ganz in ihm zu versinken. Als sie sich anblickten, ein gefrorener Moment im Strudel der Zeit, konnte sie für einen Augenblick den Mann in ihm erkennen, der er vor zwei Jahren gewesen war.

Etwas zupfte an ihrem Herzen. Oh, nein. Das war nicht gut. Aus genau diesem Grund hatte sie ihn nicht vergessen können – er hatte einen Teil von ihr mit sich genommen, den sie ihm niemals hatte geben wollen.

„Jetzt, wo wir das geklärt haben, können wir dann noch einmal von vorn anfangen?“, fragte sie, und ihre Stimme zitterte stärker, als ihr lieb war.

Denn ihr war gerade klargeworden, dass es wahrscheinlich der größte Fehler ihres Lebens gewesen war, ihn in Vegas gehen zu lassen.

Jason konnte ein leises Lachen nicht unterdrücken, und unwillig löste er seine Umarmung um diese Sirene, die er ganz gegen seine Absichten geküsst hatte. Er war mit dem festen Vorsatz zu ihr gekommen, ihr den Hals umzudrehen, aber stattdessen hatte sie ihm den Kopf verdreht.

Was aber nicht bedeutete, dass sie ihre verrückte Affäre wiederholen würden. Nicht, wenn so viel auf dem Spiel stand. Und wenn er seine Hände offenbar nicht von ihr lassen konnte. „Kommt ganz darauf an, wie du ‚von vorn anfangen‘ definierst.“

Meredith spitzte die Lippen, und er entschied, dass es besser war, ein wenig mehr Abstand zwischen sie beide zu bringen. Sie war noch gefährlicher, als er gedacht hatte, und er würde auf keinen Fall denselben Fehler machen wie sein Vater. Paul hatte Bettina für eine jüngere Ehefrau verlassen, ohne darüber nachzudenken, was dies für seine Familie und seine Firma bedeutete. Es lag offenbar in den Genen der Lynhurst-Familie, sich von Leidenschaft leiten zu lassen, aber das würde Jason nicht zulassen. Er würde die Fehler seines Vaters korrigieren, und keine Frau würde ihn an der Umsetzung dieser Pläne hindern. Er war stärker als sein Vater.

Während er sich auf einen der kleinen Sessel fallen ließ, ging sie hinüber zur Minibar und holte zwei Bier daraus hervor. Eines davon reichte sie ihm.

„Ich will nicht mit dir streiten, Jason. Du bist aufgewühlt. Das verstehe ich. Aber komm nicht hier hereinspaziert, setz mir ein Ultimatum und erwarte dann von mir, dass ich tue, was du willst. Lass es uns anders angehen.“

Er löste seine Krawatte, trank ein Drittel seines Biers in einem Zug aus und sah sie skeptisch an. „Und zwar wie?“

Sie ließ sich in den zweiten Sessel fallen, zog die Beine an und lehnte ihr Kinn in ihre aufgestützte Hand. „Sprich mit mir. Wie früher. Sag mir, was du im Tausch für die Scheidung haben willst, und vielleicht gebe ich es dir freiwillig, um der alten Zeiten willen.“

Wie früher. Als ob sie eine gemeinsame Geschichte hätten.

Aber hatten sie die nicht tatsächlich?

„Und was ist, wenn ich verheiratet bleiben will?“

Das wollte er nicht, aber nachdem sich alle seine sorgfältigen Pläne im Laufe eines Nachmittags in Luft aufgelöst hatten, fühlte er sich verwegen und unbekümmert. Ein Kuss war nicht genug, um ihn über die Zerstörung, die diese Frau angerichtet hatte, hinwegzubringen. Außerdem hatte sie ihn neugierig gemacht. Warum war diese Scheidung so wichtig für sie? Viele Frauen würden es als vorteilhaft sehen, mit jemandem wie ihm verheiratet zu sein. Dass sie das offenbar nicht tat, faszinierte ihn.

Aber Meredith war schon immer einzigartig gewesen.

Ihr ehrliches Lächeln traf ihn unterhalb der Gürtellinie und bestätigte das eben Gedachte. Keine andere Frau hatte ihn jemals mit einem bloßen Lächeln derart erregt.

„Du willst genauso wenig verheiratet bleiben, wie ich es will“, sagte sie. „Und die Tatsache, dass du mir damit drohst, bedeutet, dass du etwas ganz besonders willst. Was ist es?“

Sein Lächeln kam leichter als erwartet, aber ihr Verstand war schon immer das Attraktivste an ihr gewesen. Ohne ihren Einfluss hätte er Vegas niemals mit einem konkreten Plan verlassen.

„Erinnerst du dich daran, warum ich in Vegas war?“

„Ich erinnere mich an alles, inklusive des niedlichen Leberflecks auf deinem Hintern. Deine Eltern haben sich scheiden lassen und Lynhurst unter sich aufgeteilt. Du warst am Boden zerstört.“ Sie hob vielsagend die Augenbrauen. „Oder warst es zumindest, bis ich dich ablenkte.“

Das war vor zwei Jahren gewesen. Die Erinnerungen sollten nicht mehr so lebendig sein … doch offenbar waren sie es noch, und zwar für sie beide. „Du hast dich sehr gut um mich gekümmert. Und ich mich um dich, wenn ich mich nicht irre.“

„Oh ja, ohne Frage.“ Sie schloss für einen Moment die Augen und summte leise. „Die besten neunzehn Orgasmen meines Lebens.“

„Du hast mitgezählt?“

Sie sah ihn an, und ihr Blick war voller Wärme. „Oh, das musste ich nicht. Jeder einzelne ist in mein Gedächtnis eingebrannt. Unauslöschlich.“

Für einen Augenblick ließ er sich von Erinnerungen an sie einhüllen. Es schien so, als würde ohnehin keine der Barrieren, die er normalerweise bei Frauen einsetzte, bei ihr funktionieren. „Ja, ich weiß, was du meinst.“

Das Erlebte hatte sich auch in seine Seele eingebrannt. Meredith hatte eine wilde Seite an ihm zum Vorschein gebracht, von deren Existenz er nicht einmal etwas geahnt hatte. Oder vielleicht existierte sie auch nur ihretwegen – ein weiterer Grund, auf Distanz zu bleiben.

„Gibt es einen Grund dafür, warum du uns daran erinnerst?“, fragte Meredith. „Wir sind irgendwie abgelenkt worden, und ich hatte den Eindruck, du wolltest eigentlich über etwas anderes sprechen.“

Er löste sich von ihrem verführerischen Anblick und räusperte sich. Wenn er das hier erfolgreich zu Ende bringen wollte, brauchte er wohl zunächst eine kalte Dusche.

„Ich habe die vergangenen zwei Jahre damit verbracht, den Plan aus Vegas in die Tat umzusetzen. Er ist ganz einfach: Lyn Couture und Hurst House unter dem Dach von Lynhurst Enterprises wiedervereinigen und ihr Geschäftsführer werden. Wer außer mir wäre besser dafür geeignet, nicht wahr?“

Meredith legte ein wohlgeformtes Bein über die Sessellehne und trank einen Schluck Bier. Ihr hochgerutschter Rock gab dabei ein verführerisches Stück Oberschenkel frei. „Das stimmt. Du bist für die Führungsposition wie gemacht.“

„Meiling war Teil dieses Plans.“ Ein entscheidender Teil. Sie war die Art von Ehefrau, die ein Geschäftsführer brauchte – nicht diese Sexgöttin im Sessel ihm gegenüber. Aber er musste mit dem arbeiten, was er hatte. „Jetzt, wo sie mir nicht mehr zur Verfügung steht, brauche ich einen Plan B.“

„Und hier komme ich ins Spiel.“

Er nickte, erleichtert, dass sie ihn so gut verstand. „Ich möchte die Scheidung nicht als Druckmittel verwenden.“

„Aber du wirst es tun.“

Damit sie seine Beweggründe wirklich nachvollziehen konnte, musste sie auch seine weniger netten Seiten sehen, und das gefiel ihm nicht. Er zuckte mit den Schultern. „Dies ist mein Erbe. Ich kann mir nicht vorstellen, von meinem gewählten Kurs abzurücken, und das bedeutet, dass ich improvisieren muss, um den Riss im Unternehmen meiner Familie zu kitten. Du füllst den Platz aus, den Meilings Vorteile mir eingebracht hätten, und ich unterschreibe die Scheidungspapiere.“

Meredith war eine geladene Waffe – sie konnte überall losgehen und für eine Katastrophe sorgen. Aber sie war clever und entschlossen, und vor allem wollte sie etwas von ihm. Unter den gegebenen Umständen waren das die besten Voraussetzungen.

„Warum unterschreibst du sie nicht jetzt gleich, und zum Dank dafür helfe ich dir?“, entgegnete sie mit sanftem Nachdruck. Das war genau die Lücke, auf die er gewartet hatte.

„Warum bist du so versessen auf diese Scheidung? Bin ich etwa so ein schlechter Fang?“

Ihr Lachen wärmte sein Inneres. Zu sehr.

„Ich habe dich nie als Fisch gesehen.“

Was keine Antwort auf seine Frage war. Er sollte die Papiere einfach jetzt auf der Stelle unterzeichnen und sie nach Houston zurückkehren lassen. Aber das konnte er nicht, und er weigerte sich, die Gründe dafür genauer in Augenschein zu nehmen, denn er vermutete stark, dass sie etwas mit der Anziehung zwischen ihnen zu tun hatten.

Und genau das war das Problem. Eines von vielen.

„Dies hier geht in beide Richtungen, weißt du?“ Er deutete zwischen ihnen hin und her. „Ich rede. Dann bist du an der Reihe. Sag mir, warum dir die Scheidung so wichtig ist.“

Sie seufzte und ihr Gesicht wurde ausdruckslos. Es wirkte falsch an ihr. Normalerweise leuchtete ihr wunderschönes Gesicht, und für einen Moment bereute er seine Frage. Aber es wurde Zeit, dass sie mit der Wahrheit herausrückte.

„Du hast einen Traum, und den habe ich auch“, antwortete sie, und es war deutlich, dass sie jedes Wort bewusst wählte. „Mir wurde nahegelegt, dass ich, um meinen Traum erfolgreich umsetzen zu können, meine Angelegenheiten in Ordnung bringen soll. Ich korrigiere: Angelegenheit. Ich möchte nicht verheiratet sein. Nicht mit dir oder mit jemand anderem. Wenn du die Papiere unterzeichnest, gewinnen wir beide.“

Nun war seine Neugier vollends geweckt. „Was ist dein Traum, Meredith? Erzähl mir davon.“

„Warum?“ Sie betrachtete ihn argwöhnisch. „Damit du noch mehr gegen mich in der Hand hast?“

Sie war wirklich nicht dumm. Doch das machte sie für ihn nur umso anziehender. „Nein, ich bin nur neugierig. Mein Körper hat deinen im Innersten berührt – da darf es mich ja wohl auch interessieren, was im Inneren deines Kopfes vorgeht.“

Ihr breites Lächeln wischte den leeren Ausdruck von ihrem Gesicht, was gleichzeitig besser und schlimmer war.

„Du gewinnst. Aber nur, weil das ein sehr guter Einwand ist.“ Sie holte ihnen beiden ein zweites Bier und setzte sich wieder in ihren Sessel.

Er nahm einen Schluck aus der Flasche. „Versuchst du mich betrunken zu machen, sodass du mit mir tun kannst, was du willst?“

Sie schnaubte empört. „Liebling, dafür brauche ich keinen Alkohol.“

Und damit dürfte sie leider recht haben. Umso wichtiger erschien es ihm, dass sie sich schnell einigten – und ihre zukünftige Interaktion auf ein Minimum beschränkten. „Gut, dann raus mit der Sprache.“

„Ich will mich in das Brautkleid-Unternehmen meiner Schwester einkaufen.“

Das schien alles zu sein, was sie dazu sagen wollte. Doch da war noch mehr, das spürte er. „Dann dürfte es doch von Vorteil sein, selbst verheiratet zu sein.“

„Das ist es nicht, okay? Nicht so.“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich kann meiner Familie nicht erzählen, dass ich in Vegas eine Reihe Tequila-Shots hatte und dann einen Typen geheiratet habe, den ich kaum kannte. Sie würden mich nie wieder ernst nehmen.“

Da er das voll und ganz nachvollziehen konnte, grinste er. „Bei dir klingt das so schäbig. Kannst du ihnen nicht sagen, dass wir uns ineinander verliebt haben?“

„Ich bitte dich. Du kannst es nicht einmal sagen, ohne zu lachen, und ich auch nicht. Außerdem würden sie sich dann fragen, warum wir zwei Jahre lang keinen Kontakt hatten.“

„Jetzt, wo du es sagst … Hast du jemals daran gedacht, nach mir zu suchen?“

Auf dem Flug zurück nach New York hatte er kurz darüber nachgedacht, mit Meredith in Kontakt zu bleiben. Doch angesichts seiner großen Pläne für Lynhurst hatte er den Gedanken schnell wieder verdrängt. Und niemand konnte für längere Zeit eine Beziehung mit ihr führen, allein die Vorstellung war absurd. Sie war nicht die Art Frau, mit der man sich niederließ. Sie war zu … chaotisch, zu wild, zu ablenkend, zu viel von allem. Sie hatte ihn dazu verführt, dumme Entscheidungen zu treffen, selbst ohne ein Wort zu sagen.

Damals hatte er instinktiv gewusst, dass sie eine Katastrophe für seine Pläne bedeuten würde. Bedauerlicherweise hatte er offenbar ihre Fähigkeiten unterschätzt.

„Nicht ein einziges Mal.“ Sie hob wie beiläufig ihre Flasche an die Lippen. Zu beiläufig, und er sah Schuld in ihren Augen aufflackern. Aber warum sollte sie lügen? „Wir hatten in Vegas vereinbart, dass sich unsere Wege trennen würden. Beim Erwachsenen-Pakt ging es doch nicht ums Verheiratetbleiben. Wir wollten nur etwas beweisen. Deswegen verstehe ich auch nicht, warum du dich jetzt so querstellst.“

„Ich habe gute Gründe. Für das Heiraten damals, und auch jetzt für das Verheiratetbleiben. Es hat seine Vorteile.“

„Für dich, ja. Obwohl du mir noch genauer erklären musst, welche das sind.“

Es war an der Zeit, die Karten offenzulegen. „Um Lynhurst Enterprises wieder zusammenzubringen, muss ich den Geschäftsführungen von Lyn Couture und Hurst House einen strategischen Plan vorlegen. Meilings Vater gehört die größte Textilproduktion Asiens, und unsere Heirat hätte eine Partnerschaft mit Lyn Couture noch verstärkt. Das hätte die Produktionskosten dramatisch gesenkt, und Hurst House hätte einen Anreiz gehabt, davon und von meiner Führung zu profitieren.“

Es gab noch viel mehr, aber fürs Erste musste dies ausreichen. Es gab keinen Grund, Meredith seine ganze Strategie darzulegen.

„Geradezu brillant.“ Ehrliche Anerkennung lag in ihrem Blick. „Tut mir leid, dass ein Wochenende in Vegas vor hundert Jahres alles vermasselt hat.“

Ohne dieses Wochenende gäbe es diesen Plan überhaupt nicht. Aber es war geradezu ironisch, dass es nun ebenfalls die Krux an der ganzen Sache war.

„Es gibt noch mehr. Avery hat ihre Meinung geändert. Sie will Geschäftsführerin werden, und ich würde es ihr zutrauen, hinter meinem Rücken etwas Eigenes zu planen.“ Schlagartig kam ihm eine Idee, wie Meredith zu seinem Vorteil eingesetzt werden konnte. „Ich brauche jemanden, den sie nicht kennt, der als mein Spion bei Hurst House agiert. Jemand, der fest auf meiner Seite ist und der mir sagen kann, was sie plant.“

Meredith lächelte kurz, doch sie unterdrückte ihre Aufregung sofort wieder. „Du möchtest, dass ich als Spionin in ein New Yorker Fashion-Unternehmen einsteige? Im Tausch für eine Scheidung? Das kommt mir nicht wie ein fairer Handel vor.“

„Wirklich?“ Lässig nahm er den letzten Schluck aus seiner Flasche. „Was würdest du dir vorstellen?“

Ein listiges Funkeln in ihren Augen ließ ihn nichts Gutes erahnen.

„Du musst mich auf die Gehaltsliste setzen.“

Das war es, was sie wollte? Er hatte damit gerechnet, dass sie auf eheliche Pflichten pochen würde – und es wäre schwer genug gewesen, ihr diese zu verwehren. Er hätte es natürlich getan, für Lynhurst. „Sicher. Ich bezahle dich natürlich für deine Zeit, wobei du dein Gehalt von Hurst bekommen müsstest, damit niemand Verdacht schöpft. Was noch?“

„Die Ehe bleibt ein Geheimnis, jetzt und wenn die Scheidung durch ist. Ich kann nicht zulassen, dass die Sache bekannt wird, sonst sind meine Brautkleid-Unternehmensträume futsch.“

„Das ist einfach. Ich habe auch kein Interesse daran, dass jemand davon erfährt.“

Sollte Avery jemals an diese Information kommen, würde sie sicher einen Weg finden, um sie gegen ihn zu benutzen.

Sie warf ihm einen nachdenklichen Blick zu. „Vor einer Minute klang das noch anders. Da warst du bereit, deiner Familie von deiner großen Liebe zu mir zu erzählen.“

„Das war ein Scherz. Liebe mag zwar die Welt regieren, aber sie zerstört Unternehmen.“ Die gescheiterte Ehe seiner Eltern war ein gutes Beispiel dafür. Er würde diesen Fehler niemals begehen. „Man sollte nur heiraten, wenn es einen seinem Ziel näherbringt.“

„Ich verstehe. Heirat ist nur Mittel zum Zweck. Wie romantisch.“ Sie verdrehte die Augen.

„Heirat ist ein nützliches Werkzeug“, korrigierte er sie. „Romantik ist nur etwas für Verlierer, die nicht wissen, wie sie eine Frau sonst ins Bett bekommen sollen. In der Hinsicht habe ich keinerlei Probleme.“

„Du wärst überrascht, was ich alles als romantisch betrachte.“ Sie fixierte ihn mit einem heißen Blick, der ihn mit voller Kraft traf und an ihm zerrte.

„Du wirst meine Ehefrau sein − in nichts als dem rechtlichen Sinne. Das hier ist ein strikt platonischer Deal, Meredith. Ich meine es ernst.“

Ihr Lachen rollte durch ihn hindurch. „Das werden wir sehen. Du leidest ja nicht gerade an einem gebrochenen Herzen.“

Er hatte das sichere Gefühl, dass er sie gerade dazu herausgefordert hatte, ihn als Lügner zu entlarven. „Also heißt das, wir haben eine Abmachung?“

„Ich helfe dir im Tausch für die Scheidung, aber nur für einige Wochen. Ich will Zwanzigtausend, kein mieses Mindestgehalt. Und du zahlst für mein Hotelzimmer.“

Er streckte ihr seine Hand entgegen, und Meredith schlug ein. „Willkommen bei Lynhurst.“

Sie zog ihn ein wenig näher zu sich heran. „Und jetzt: Was muss ein Mädchen hier machen, um zum Essen ausgeführt zu werden?“

3. KAPITEL

Meredith verbrachte den Morgen mit Einkaufen bei Barneys und verfluchte ihr niedriges Kreditkartenlimit. Sie hatte genug Outfits für einige Tage in New York eingepackt, aber keinesfalls genug für einen zwei- oder dreiwöchigen Aufenthalt. Und nichts in ihrer Garderobe war wirklich angemessen für eine Angestellte eines erstklassigen Unternehmens wie Hurst House.

Sie konnte immer noch nicht fassen, dass sie einen Job in einem echten Mode-Unternehmen ergattert hatte. Es war, als wäre ein Traum wahr geworden – nur dass zu dem Traum auch eine passende Kleidung gehörte.

Sie hätte Jason um einen Vorschuss auf ihr Gehalt bitten können, aber das hätte nur zu unnötigen weiteren Fragen geführt. Also begnügte sie sich mit den Sale-Angeboten, doch die meisten davon waren schon wieder völlig aus der Mode. Sie würde in Sekundenschnelle als Betrügerin entlarvt werden.

Trotzdem genoss sie den morgendlichen Einkaufsbummel. Sie war in Manhattan und das Leben war nicht allzu schlecht. Abgesehen von der Tatsache, dass sie noch immer keine unterschriebenen Scheidungspapiere hatte … und einen verlängerten Urlaub von ihrer Stelle bei ihrer Schwester nehmen musste.

In den vergangenen zwei Jahren hatte sie als Caras Assistentin dabei geholfen, Brautkleider zu designen und an heiratswillige Frauen in Houston zu verkaufen. Seit Kurzem bot Cara ihre Kreationen in einer angesehenen Boutique an und das Geschäft lief prächtig. Meredith wollte mehr dazu beitragen, als nur die Assistentin zu sein. Was blieb ihr also anderes übrig, als sich als Partnerin einzukaufen? Brautkleider waren Caras große Leidenschaft und sie war einsame Spitze, wenn es um das Designen ging. Meredith konnte sie also zumindest finanziell unterstützen – viel mehr hatte sie nicht anzubieten.

Cara war zurzeit auf Barbados. Oder Saint Martin? Ihr Schwager Keith sanierte als Berater eines großen Unternehmens Urlaubsresorts in der ganzen Karibik und Cara reiste mit ihm. Meredith hoffte nur, sie würde ihre Bitte um einen längeren Urlaub ohne größere Fragen akzeptieren.

Das hier war ihre Gelegenheit zu beweisen, was in ihr steckte.

Ihr Telefon summte und sie las die eingegangene Nachricht von Jason: Wo bist du? Ich bin im Hotel.

Sie schrieb ihm zurück: Shoppen. Bin bald zurück.

Als sie schließlich ins Hotel zurückkehrte, wartete Jason in der Lobby auf sie.

Bei ihrem Anblick steckte er sein Handy weg und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, das ihr einen wohligen Schauer über den Rücken sandte.

„Du solltest mir einen Schlüssel besorgen“, schlug er vor, als sie sich auf dem Weg zum Fahrstuhl trafen.

„Für den Fall, dass du deiner Gattin einen mitternächtlichen Besuch abstatten willst? Dafür wäre ich sehr zu haben.“

Jason lachte leise und hielt ihr die Aufzugtür auf. „Weil ich für das Zimmer bezahle. Und es gut für meine Anrufe nutzen kann, anstatt diese in der öffentlichen Lobby zu machen und jeden an Lyns strategischen Plänen teilhaben zu lassen.“

Warum war er so vehement dagegen, ihre Beziehung wiederaufleben zu lassen? Es war ja nicht so, dass sie mit ihm verheiratet bleiben wollte – im Gegenteil. Anders als ihre Schwester Cara hatte Meredith nie ernsthaft gedacht, dass eine Ehe ein erstrebenswertes Ziel wäre.

Sie streckte Jason die Zunge heraus und fischte die Schlüsselkarte aus ihrer Tasche. „Was für eine Verschwendung eines guten Hotelzimmers. Bedauerlich, dass du in der Lobby herumhängen musstest, Herzchen, aber wenn du deinen Besuch angekündigt hättest, hätte ich mich darauf einstellen können.“

Sie hatte das ganze Wochenende über nichts von ihm gehört. Nicht, dass sie damit gerechnet hatte.

Er machte eine wegwerfende Bewegung und folgte ihr auf ihr Zimmer. „Ich war gerade in der Nähe und wollte sowieso mit dir über die Einzelheiten deiner Anstellung bei Hurst House sprechen.“

„Es ist alles schon geklärt?“ Ihre Kehle wurde spürbar enger vor Aufregung. Jasons verwegener Plan wurde zunehmend real.

Was wusste sie schon davon, wie man als Spionin in einem Mode-Unternehmen agierte? Die Leute bei Hurst würden sie sicherlich sofort durchschauen. Und wenn sie Jason nicht bei seinen Plänen helfen konnte, würde er dann als Rache seine Unterschrift unter der Scheidung verweigern?

Sie hätte das alles klären sollen, bevor sie zusagte. Und um ehrlich zu sein, hätte sie einfach Nein sagen und die Scheidung verlangen sollen. Aber sie erinnerte sich nur zu gut daran, wie verletzt er nach der Teilung der Firma gewesen war, und ein wenig Mitschuld an der ganzen Misere jetzt trug sie schließlich auch – auch wenn ihr noch immer nicht ganz klar war, wie die Heirat hatte registriert werden können. Der Anwalt ihres Vaters vermutete, dass ein wohlmeinendes Zimmermädchen dafür gesorgt hatte, aber die ganze Wahrheit würden sie wohl nie erfahren.

„Ja, sicherlich.“ Er sah sie unter hochgezogenen Augenbrauen an. „Denkst du, dass ich mir einen größeren Aufschub leisten kann? Avery schläft nicht, und sie ist clever und nicht zu unterschätzen. Wahrscheinlich hat sie bereits einen Plan B in der Tasche, mit dem sie mich hintergehen kann.“

„Also, was wird meine Aufgabe sein?“

„Du hast neulich beim Essen erwähnt, dass du als Designer-Assistentin arbeitest. Da bot es sich an, dich bei Hurst in eine ähnliche Position zu bringen.“

„Einfach so?“

Sie würde für ein riesiges Mode-Unternehmen arbeiten! Wenn es so einfach war, einen Job in New York zu bekommen, hätte sie es vielleicht schon vor langer Zeit probieren sollen.

Das Atmen fiel ihr ein wenig leichter. Zumindest musste sie keinen komplett neuen Job erlernen, um als Jasons Spionin zu arbeiten.

„Einfach so, ja. Nachdem ich meine Mutter darum gebeten hatte, ein gutes Wort für dich einzulegen, hat sie bei Hurst House Fashions Personalabteilung angerufen und ihnen mitgeteilt, dass du morgen früh dort anfängst. Der Personalchef von Hurst hat immer noch Schuldgefühle, weil er von Lyn dorthin gewechselt ist, also tut er so ziemlich alles, was meine Mutter von ihm will.“

„Ich verstehe.“ Wie verrückt war das denn? Wenn nur der Rest ihres Auftrags genauso einfach gehen würde … „Und das ist schon alles? Ich tauche da auf, helfe einem der Designer und warte darauf, dass Avery vorbeikommt? Und was ist, wenn ich ihr nie begegne?“

„Dafür musst du eben sorgen. Wenn dir die Scheidung wirklich so wichtig ist, wird dir schon etwas einfallen, um an die Informationen heranzukommen, die ich brauche.“

Aha. Er hatte also selbst keinen Plan, wie die ganze Sache funktionieren sollte, und hoffte, sie würde das für ihn erledigen.

Sie schnaubte, um ihre aufsteigende Panik zu überdecken. „Dein Glück, dass ich eine Improvisationskünstlerin bin.“

„Das ist kein Glück.“ Er warf ihr einen seltsamen Blick zu. „Wenn ich nicht denken würde, dass du das schaffen könntest, hätte ich die Sache niemals vorgeschlagen. Du bist einer der cleversten Menschen, denen ich jemals begegnet bin, und ich bin mir sicher, du wirst eine ganz eigene Lösung für die Aufgabe finden.“

Er hielt sie für klug. Die Erkenntnis hinterließ ein warmes Gefühl in ihrem Bauch.

Jason war der einzige Mann, der je die wahre Meredith unter ihrem Äußeren gesehen hatte. Ihm nach all der Zeit wieder so nahe zu sein, führte ihr einmal mehr vor Augen, warum seit ihrem ersten Treffen kein anderer Mann mehr für sie infrage gekommen war.

Aber es zeigte ihr auch eine unschöne Wahrheit auf: In Vegas war es vollkommen in Ordnung gewesen, all ihre Unsicherheiten mit ihm zu teilen, da sie in der gleichen Situation gewesen waren. Doch seit seiner Rückkehr war Jason erwachsen geworden, ganz wie sie es geplant hatten – und sie nicht. Und das erklärte auch, warum er ihr so fremd vorkam.

Sie wollte den Jason von vor zwei Jahren. Und diese unverhoffte gemeinsame Zeit gab ihr die Möglichkeit, all seine Schichten zu durchleuchten, um zu sehen, ob sich irgendwo darunter noch der Mann verbarg, den sie vor zwei Jahren geheiratet hatte.

Um zehn Uhr am nächsten Morgen wünschte Meredith sich nichts sehnlicher als einen Mocha Latte, ein Schaumbad und dass sie niemals auch nur von Hurst House gehört hätte. Allo – der Designer ohne Nachnamen, dem sie als Assistentin zugewiesen worden war – hasste sie. Sofern Meredith es richtig einschätzte, hasste Allo jeden Menschen.

Jetzt rief er schon wieder nach einer Schere – eben war es noch Kreide gewesen. Er konnte sich einfach nicht entscheiden. Meredith trabte gehorsam hinüber zu dem Tisch, auf dem Allos Werkzeuge fein säuberlich aufgereiht lagen. Und auch jedes Mal wieder abgelegt werden mussten, egal, ob er sie in fünf Minuten wieder in die Hand nehmen würde.

Sie legte die Schere in Allos ausgestreckte Hand und wartete auf die nächsten gebellten Anweisungen.

„Non, non, non.“ Die Schere flog auf den Boden und rutschte über den wunderschönen hellen Holzbelag. „Ich sagte Nadeln. Nimm die Watte aus den Ohren und konzentrier dich gefälligst!“

„Nadeln. Kommen sofort“, murmelte sie und fluchte leise, als sie sich erneut auf den Weg machte.

Morgen würde sie flache Schuhe anziehen. Und ein bisschen Zyanid für Allos Chai-Tee mitbringen. Zumindest hatte sie längere Zeit darüber nachgedacht, während sie seinen Tee zum vierten Mal neu zubereitete.

Aber schließlich war er Allo – der Star-Designer bei Hurst House. Sie war tatsächlich ein wenig eingeschüchtert gewesen, als sie ihn kennengelernt hatte, und hatte insgeheim gehofft, ein wenig von seiner Genialität könne auf sie abfärben. Vielleicht würde es das ja auch noch. Falls sie ihn nicht vorher umbrachte.

Laut den Gerüchten, die sie am Morgen in der Personalabteilung aufgeschnappt hatte, hielt es keiner seiner Assistenten länger als zwei Monate mit Allo aus.

Kein Wunder, dass es Jasons Mutter so leicht gefallen war, ihr diesen Job zu besorgen.

Jetzt musste sie nur noch herausfinden, wie sie zufällig mit Avery zusammenstoßen und die geheimen Informationen aus ihr herausbekommen konnte, mit denen Jasons Führungspläne gefährdet und Averys Weltherrschaft gesichert werden sollten. Ein Kinderspiel.

In der Mittagspause hatte sie das Glück, mit Janelle, einer jungen Frau aus der Personalabteilung, essen zu gehen. Deren schlechtes Gewissen über Merediths Position als Allos Assistentin sorgte dafür, dass sie ihr jede Menge Tipps gab, wie man mit Allos schillernder Persönlichkeit umgehen und Punkte bei ihm sammeln konnte.

Und kurz vor dem Ende des Essens ergab sich endlich die Gelegenheit, auf die Meredith gewartet hatte.

Janelle faltete ihre Serviette zusammen und sah auf die Uhr. „Ich muss wieder los. Aber ich sehe dich heute Abend bei der Garment Center Gala, oder?“

„Ich weiß nicht genau. Worum geht es da?“

„Samantha sollte dich einladen. Ich hatte ihr gesagt, dass sie dir eine Mail mit den Einzelheiten schicken soll.“ Janelle sah genervt aus. „Hurst House unterstützt das Save the Garment Center, und heute Abend ist eine Benefizveranstaltung dazu. Avery Lynhurst veranstaltet das Ganze und sie will, dass alle Mitarbeiter dabei sind.“

Wo könnte man Jasons Schwester besser über den Weg laufen als auf einer solchen Feier? Als neue Mitarbeiterin von Hurst hatte sie noch einen Grund mehr, hinzugehen und alle kennenzulernen.

„Ich werde da sein“, versprach sie deshalb.

Sobald Janelle außer Sicht war, rief sie Jason an. Er antwortete nach dem ersten Klingeln.

„Du hast Neuigkeiten, nehme ich an?“ Sein knapper Tonfall verriet ihr, dass sie ihn gerade bei etwas störte.

„Es gibt heute Abend einen Event“, murmelte sie leise in den Hörer, nur für den Fall, dass jemand sie belauschte. „So eine Gala-Sache. Avery wird da sein, also werde ich das auch. Eine gute Möglichkeit, mit ihr ins Gespräch zu kommen.“

„Ausgezeichnet.“ Jasons Stimme nahm einen wärmeren Ton an. „Ich hatte gar nicht mehr an die Gala gedacht, aber du hast recht, das ist eine sehr gute Gelegenheit.“

„Es gibt nur ein Problem: Ich habe nichts zum Anziehen.“

„Das ist ja nun das Gegenteil eines Problems“, sagte er trocken. „Ich kenne zufälligerweise einige Leute, die Abendgarderobe verkaufen. Ich bin um sechs bei dir im Hotel.“

„Du kennst meine Größe doch gar nicht.“

„Liebling, ich bin ein Lynhurst – du beleidigst mich. Vertrau mir.“ Er lachte leise. „Bis heute Abend.“

Dieses Versprechen reichte aus, um sie durch den Nachmittag mit Allo zu bringen.

4. KAPITEL

Bereits zum vierten Mal hämmerte Jason an Merediths Zimmertür. In der anderen Hand balancierte er mehrere Kleidersäcke. Wann war er zum Gepäckträger einer Frau geworden, die ganz offenbar keine Uhr besaß?

Es reichte. Er hatte sechs Uhr gesagt. Es war jetzt sieben Minuten nach sechs, und Meredith hatte ihm schließlich die zweite Schlüsselkarte gegeben. All die Kleider, die er für sie mitgebracht hatte, wogen mindestens eine Tonne. Und je später sie zur Gala aufbrachen, umso schwieriger würde es werden, getrennt voneinander anzukommen und erfolgreich vorzugeben, dass sie einander nicht kannten.

Damit war es entschieden.

Geschah ihr ganz recht, wenn sie nackt im Badezimmer war und nun einen Zuschauer bekam. Man durfte ja wohl noch hoffen.

Er angelte die Karte aus der Tasche, trat ein und ließ die Kleidersäcke aufs Bett fallen. Im selben Moment kam seine Frau aus dem Badezimmer – bekleidet mit nichts als einem knappen Handtuch, das den Blick auf ihre endlos langen Beine und wohlgeformten Arme freigab.

Der Anblick von so viel nackter Haut brannte sich in seine Netzhaut und ließ seine Knie gefährlich weich werden.

Wie hatte er all das