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Thomas Kuhn

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Beschreibung

Bad Leadership – oder: Wenn Führung destruktiv, toxisch und tyrannisch wird

„Beim Suchen nach Auswegen aus der Katastrophe einer Bad Leadership sehen die Autoren die Lösung nicht in ihrer eigenen Fachrichtung: Die Korrekturmöglichkeiten des Personalmanagements sind aufgrund der Machtstrukturen in Unternehmen begrenzt. Stattdessen fordern sie eine Rückbesinnung auf die „Kardinaltugenden“: Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit, Mäßigung plus `die neue Supertugend‘ Integrität. Dies mag idealistisch klingen, vielleicht sogar blauäugig. Doch lässt die Lektüre des exzellent gegliederten und formulierten Textes nachdenken über neue Impulse für Führungsentwicklung und -kultur.“
Harvard Businessmanager

»… ein gut lesbares und fundiertes Buch, das betroffen macht und eine beträchtliche Aktualität hat, leider.«
OrganisationsEntwicklung

»Die renommierten Experten in Führungsfragen haben ein kompaktes, fundiertes Buch geschrieben, das eine erfrischend reflektierte Sicht auf Bad Leadership einnimmt.«
Wirtschaftspsychologie aktuell

»Die Lektüre dieses Bandes kann (…) allen, die sich kritisch mit Fragen der Führung in der Berufswelt, aber auch mit der Gestaltung sozialer Beziehungen im gesamten Alltag befassen wollen, bestens empfohlen werden.«
Rezensionen.ch

Schlechte Führung ist Alltag. Sie richtet sich gegen Menschen und Organisationen und ist gleichzeitig das Produkt von Personen und Institutionen. Häufig ist sie gut getarnt, gibt sich kaum zu erkennen, präsentiert Erfolge und findet Beifall. So immens ihre Schäden für viele, so groß mitunter ihr Nutzen für manche. Diese kompakte und anschauliche Anleitung hilft beim Erkennen und Verstehen schlechter Führung – ist aber auch ein Ratgeber, wie dem Bad Leadership zu begegnen und ein Good Leadership auf den Weg bringen ist.

Die Autoren:
Thomas Kuhn ist Akademischer Oberrat an der FernUniversität in Hagen und Privatdozent für Betriebswirtschaftslehre der Universität St. Gallen (HSG).

Jürgen Weibler ist Professor für Betriebswirtschaftslehre an der FernUniversität in Hagen. Er gilt als einer „der renommiertesten deutschen Experten in Sachen Mitarbeiterführung" (WirtschaftsWoche Online) und „Führungspapst“ (Martin Claßen, Changement)

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Zum Inhalt:

Schlechte Führung ist Alltag. Sie richtet sich gegen Menschen und Organisationen und ist gleichzeitig das Produkt von Menschen und Organisationen. Häufig ist sie gut getarnt, kaum zu erkennen, gibt sich erfolgreich und erntet Beifall. So immens ihre Schäden für viele, so groß mitunter ihr Nutzen für manche.

Diese kompakte und anschauliche Anleitung hilft beim Erkennen und Verstehen schlechter Führung – ist aber auch ein Ratgeber, wie dem Bad Leadership zu begegnen und ein Good Leadership auf den Weg zu bringen ist.

Teil I: Woran man schlechte Führung erkennt

Wir wissen zwar alle, dass es gute und schlechte Führung gibt, müssen aber damit rechnen, dass unsere Bewertungen von „gut“ und „schlecht“ erheblich divergieren. Alles also nur eine Frage des Standpunktes?

Teil II: Weshalb schlechte Führung entsteht

Bad Leadership hängt natürlich zusammen mit einer schlechten Führungspersönlichkeit. Aber: Bad Leadership hängt auch zu sammen mit schlechten Situationen, innerhalb derer Führung häufig stattfindet. Und die Geführten: Sind sie immer Opfer oder auch Mittäter?

Teil III: Wie wir schlechter Führung begegnen können

Zu den Autoren:

Thomas Kuhn ist Akademischer Oberrat an der FernUniversität in Hagen und Privatdozent für Betriebswirtschaftslehre der Universität St. Gallen (HSG). Er beschäftigt sich mit Fragen der Wirtschafts-, Unternehmens- und Führungsethik.

Jürgen Weibler ist Professor für Betriebswirtschaftslehre an der FernUniversität in Hagen. Er gilt als einer „der renommiertesten deutschen Experten in Sachen Mitarbeiterführung" (Wirtschafts-Woche Online). Mehr Informationen unter www.leadershipinsiders. de.

Thomas Kuhn Jürgen Weibler

Warum uns schlechte Führung oftmals gut erscheint und es guter Führung häufig schlecht ergeht

5Inhalt

Einleitung Bad Leadership – oder: Wenn Führung destruktiv, toxisch, tyrannisch oder negativ wird

Teil 1 Woran man schlechte Führung erkennt

Kapitel 1 Aggressivität und Feindseligkeit – oder: Wenn Führung sich unsauberer Mittel bedient

Kapitel 2 Gewinner und Verlierer – oder: Wenn Führung die falschen Ziele verfolgt

Kapitel 3 Das dreckige Dutzend – oder: Die Vermessung von Gut und Böse

Teil 2 Weshalb schlechte Führung entsteht

Kapitel 4 Die dunkle Triade – oder: Der Siegeszug narzisstischer, machiavellistischer und psychopathischer Führer

Kapitel 5 Die dunkle Seite des Erfolgs – oder: Wenn gute Führer schlecht werden

Kapitel 6 Von den Bad Apples zu den Bad Barrels – oder: Wie die Situation die Führung schlecht werden lässt

Kapitel 7 Bad Apples der anderen Art – oder: Wie die Geführten selbst zur schlechten Führung beitragen

Teil 3 Wie wir schlechter Führung begegnen können

Kapitel 8 Nemesis in Aktion – oder: Wie das Personalmanagement zum Terminator der dunklen Triade werden soll

Kapitel 9 Der Schrei nach Integrität – oder: Von der Detektion der dunklen Triade zur Selektion der hellen Triade

Kapitel 10 Die Schlechten raus, die Guten rein – oder: Es könnte alles so einfach sein (isses aber nicht!)

Kapitel 11 Von der Verschlechterung zur Verbesserung der Führung? – ein Fazit und ein Epilog

6Anmerkungen

Literaturverzeichnis

Stichwortverzeichnis

7EinleitungBad Leadership – oder: Wenn Führung destruktiv, toxisch, tyrannisch oder negativ wird

„And in between the moon and you, the angels get a better view, of the crumbling difference between wrong and right.“

Counting Crows, Round Here

Führung ist allgegenwärtig. In nahezu allen denkbaren sozialen und gesellschaftlichen Bezügen begegnet sie uns: in der Wirtschaft (vom Vorstandsvorsitzenden bis zum Vorarbeiter), in Politik (in Form von regierenden Parteien und Personen) und Kirche (etwa vom Papst bis zum Diakon), im Militär (siehe Rangabzeichen), in Schule und Familie (Lehrer und Eltern als „Führende“ im Sinne von Erziehenden), im Sport (vom Vereinspräsidenten bis hin zum „Aggressive Leader“ innerhalb des Teams). Und wenn Sie so wollen, natürlich auch im Kaninchenzüchterverein, im Kirchenchor oder im Kindergarten. Die Allgegenwart der Führung wird nicht zuletzt aber auch dadurch unterstrichen, dass, wenn man einmal versucht, jene sozialen und gesellschaftlichen Bereiche zu bestimmen, in denen keine Führung stattfindet, man alles andere als leicht fündig wird.

Ferner gilt: Führung ist bedeutsam. Sie bestimmt für ihren speziellen Geltungsbereich in beträchtlichen Maßen mit über das Wohl und Wehe – wahlweise der Mitarbeiter, der Bevölkerung, der Gläubigen, der Soldaten, der Schüler, unserer Kinder. In extremen Situationen entscheidet Führung sogar über Leben und Tod.

Eingedenk dieses lebenspraktisch bedeutsamen Spannungsfeldes (Wohl und Leben versus Wehe und Tod) lohnt sich der Blick auf die Frage: Was eigentlich ist das Wesen der Führung? Was hält Führung in ihrem Innersten zusammen? Hier ist zunächst natürlich klar: Führung findet immer zwischen Führenden und Geführten statt, wobei deren Beziehung denknotwendig asymmetrisch (ungleichmäßig) ist. Das heißt, der Führende verfügt über etwas, was dem Geführten fehlt – absolut oder relativ. Verwiesen ist damit vor allem auf das Phänomen der Führungsmacht. Folgt man der sogenannten Machttheorie der Führung1, dann beruht Führung insbesondere auf folgenden Machtgrundlagen: Amtsautorität (höhere Position), Belohnungsmacht (Gewährung von etwas Erwünschtem), Bestrafungsmacht 8(Entzug desselben), Expertenmacht (mehr Wissen), Überzeugungsmacht (bessere Argumente), charismatische Macht (außergewöhnliche Ausstrahlungskraft). Führung gründet also auf etwas; aber sie verfolgt in aller Regel auch etwas – nämlich (Führungs-)Ziele. Das können die des Führenden sein, die von anderen, am besten sicherlich gemeinsame Ziele, wobei Ziele sich naturgemäß häufig auch entgegenstehen (Zielkonflikte). In diesem Falle muss die Verwirklichung der einen Ziele dann zu Lasten von anderen Zielen gehen. Und eine weitere Kategorie bedarf der Erwähnung: der Führungserfolg. Als erfolgreich gilt ein Führender, wenn es ihm gelingt, das Denken und Handeln der Geführten in einer erwünschten Weise zu beeinflussen oder gar zu steuern. Sei es das Leistungsverhalten der Mitarbeiter, das Wahlverhalten der Bürger, die Gläubigkeit der Gemeindemitglieder, die Kampfmoral der Truppe, die Lernfortschritte der Schüler oder die Lebenseinstellung der eigenen Kinder. Soweit eine zwar kurze, aber dennoch nicht ganz unpräzise Bestimmung dessen, was Führung in ihrem Kern ausmacht.

Treten wir nun einen Schritt zurück und betrachten diese Bestimmungsgrößen von Führung unter Berücksichtigung der moralischen Bewertungskriterien gut und schlecht, dann können wir relativ schnell zumindest zwei Hinsichten ausmachen, in denen Führung sehr unterschiedlich ausfallen kann: Erstens: Gute Führung setzt die gegebene Führungsmacht verantwortungsvoll ein, schlechte Führung hingegen rücksichtslos. Zweitens: Gute Führung verfolgt weithin gemeinsame Führungsziele, schlechte Führung eher selektive, häufig die des Führenden und seiner erforderlichen Entourage. Kurzum: Wer sich ein wenig mit Führung beschäftigt, der kann recht schnell erkennen, dass Führung gut sein kann, aber auch schlecht.

Umso bemerkenswerter erscheint der Umstand, dass das Thema Bad Leadership bis vor Kurzem eine Art No-Go innerhalb der „Leadership Industrie“2 war, schlechte Führung also ein „Un-Thema“ gleichermaßen in der Führungsforschung, in der Leadership Aus- und Weiterbildung wie auch in der führungsbezogenen Coaching- und Beratungspraxis darstellte.3 Die Erklärung hierfür ist im Grunde leicht: Das Interesse der „Leadership Industrie“ galt (und gilt) naturgemäß der erfolgreichen Führung. Und da stets gesetzt war, dass Führung nur erfolgreich sein kann, wenn der Führende „gut ist und Gutes tut“4, gab es eigentlich keine Notwendigkeit über schlechte Führung nachzudenken. Denn schlechte Führung kann gemäß dieser „Logik“ keine erfolgreiche sein, und wenn sie nicht erfolgreich ist, dann kann sie kaum von Dauer sein. Und was nicht von Dauer ist, dem ist auch keine Beachtung zu schenken. Deshalb: Lange Zeit so gut wie nichts zum Thema Bad Leadership, stattdessen immerfort neue Überlegungen, Ansätze und Konzepte zum Good Leadership – erfolgreich, und damit auch ethisch. Diese Annahme einer Unverbrüchlichkeit von Erfolg und Ethik im Führungskontext bezeichnete die renommierte Führungsforscherin Barbara 9Kellerman treffend als „Light Side of Leadership“5 – gewissermaßen eine sehr harmonische, fast schon rosarote Sicht auf die Führungsdinge. Dass diese Prägung des allgemeinen Führungsverständnisses bis heute dominant fortwirkt, zeigen nicht zuletzt jenen Führungstheorien, die aktuell besonders en vogue sind: Authentische Führung, Achtsame Führung, Bescheidene Führung, Dienende Führung, Spirituelle Führung, Ethische Führung. Überall hier wird – kaum verborgen – der „hellen Logik“ gehuldigt: „Sei auf diese oder jene Weise ethisch, dann bist Du in jedem Falle erfolgreich!“ Und wer wollte das nicht sein?

Kritik an dieser „Light Side“ gab es zuweilen allerdings schon. So wurde durchaus bemerkt, dass gerade auf dem erfolgversprechendsten Führungsstil von allen, der charismatischen Führung, ein rechter Schatten lag. Die Verdunklungsgefahr resultierte hier vor allem natürlich aus jenen geschichtlichen Beispielen, bei denen charismatische Führungsmacht von den Führenden missbraucht und zum Schaden der Geführten – und weit über diese hinaus – eingesetzt wurde. Solchen offenkundigen Fällen von Bad Leadership wurde zunächst mit einem Kunstgriff zu begegnen versucht, indem wiederum gesetzt wurde: „All real leadership is ethical“6! Führung ist per se ethisch – was dann verbunden wurde mit der Festschreibung, dass schlechte Führer eben keine Führenden seien, sondern nur „Machthaber“ („Power-Wielder“).7 Dauerhaft überzeugend war das offensichtlich nicht.8

Bad Leadership – vom No-Go zum Boom

Die Missachtung der Bad Leadership-Thematik endete circa um die Jahrtausendwende. Ein zentraler Grund hierfür kann in der aufkommenden Diskussion über Wirtschafts- und Unternehmensethik gesehen werden, die sich ihrerseits ja wesentlich aus aufsehenerregenden Unternehmens- und Führungsskandalen speist. Auf globaler Ebene sei hier auf die Pleiten von Enron, WorldCom oder Lehman Brothers verwiesen, auf nationaler Ebene auf die Skandale rund um Arcandor, Siemens, Volkswagen oder Deutsche Bank. Und viele dieser Bad Management-Praktiken haben dabei ihre eigenen Bad Leadership-Protagonisten, so etwa Jeffrey Skilling und Kenneth Lay von Enron (die sich laut eigener Aussage überall als „the smartest guys in the room“ wähnten), Bernard „Kettensäge“ Ebbers von WorldCom, oder eben – hierzulande bekannter – Thomas Middelhoff, Martin Winterkorn oder Josef Ackermann. Führungspersonal im Übrigen, das allesamt Haftstrafen entweder verbüßen musste, einigermaßen knapp entging oder gegebenenfalls noch erhalten wird.9 Die vielfältigen Spielarten einer gesellschaftlich unverantwortlichen Unternehmensführung – von kriminellen Handlungsweisen wie Steuerhinterziehung und Bilanzmanipulation, Cum-Cum 10und Cum-Ex, „Schummel“-Software und Schmiergeldzahlungen bis hin zu „nur“ moralisch fragwürdigen Praktiken wie Lohndumping, Downsizing und Green Washing – verweisen so gesehen unmittelbar auf unser Thema und dessen Teilaspekt der schlechten Führung von Unternehmen (CEOs, Top-Manager).

Analog dazu wird allerdings zunehmend auch eine schlechte Führung in Unternehmen, also eine schlechte Personal- oder Mitarbeiterführung, konstatiert und moniert. Die Datenlage ist hier recht eindeutig: So gaben in einer Studie der Ruhr-Universität Bochum10 lediglich 20 Prozent der befragten Mitarbeiter an, mit dem eigenen Vorgesetzten zufrieden zu sein. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) war hingegen entschieden unzufrieden. Fast ein Viertel der Befragten (23 Prozent) gab dem Chef gleich die schlechteste aller möglichen Bewertungen. Fazit: Eine deutliche Mehrheit beurteilte ihre Vorgesetzten als eine „einzige Katastrophe“, weshalb der Chef in dieser Untersuchung als „Kündigungsgrund Nummer eins“ gilt.11 Nicht ganz so verheerend, aber schlimm genug, zeigt eine Studie des Gallup Umfrageinstituts aus dem Jahre 201812: Der Anteil derer, die in deutschen Unternehmen mit „Hand, Herz und Verstand“ (= hochmotiviert) arbeiten, ist mit 15 Prozent in etwa so groß wie der Anteil derjenigen, die innerlich vollständig gekündigt haben (14 Prozent). Der verbleibende „Rest“ (71 Prozent) der Beschäftigten ist irgendwo im motivationalen Mittelfeld unterwegs und leistet mehr oder weniger Dienst nach Vorschrift. Wichtig dabei: Als zentrale Ursache hierfür gelten schlechte Führungskräfte. Und eine DGB-Umfrage aus 2019 stellt ihrerseits fest, dass knapp die Hälfte der Beschäftigten Angst vor ihrem Vorgesetzten hat, insbesondere wenn es gilt, Probleme im Betrieb anzusprechen. Und etwa jeder Dritte (32 Prozent) sieht sich durch Vorgesetzte persönlich nicht ausreichend wertgeschätzt.13

Dazu kommt: Der Trend hin zum Bad Leadership findet sich nicht nur im wirtschaftlichen Umfeld, sondern ebenso im politischen Bereich. Nun gut, für diesen Bereich könnte man schnell abwinken und sagen: „Bad Leadership war hier doch schon immer ein Thema!“ – um gleich eine Aufzählung nachzulegen, die zu komplettieren dieses Buch leicht um einige Seiten verlängern würde: Idi Amin, Nicolae Ceausescu, Francois Duvalier (Papa Doc), Francisco Franco, Adolf Hitler, Ferdinand Marcos, Benito ­Mussolini, Manuel Noriega …14 Was das Thema Bad Leadership im politischen Bereich tatsächlich jedoch seit Kurzem nochmals puscht, ist etwas ganz anderes. Nämlich der bedenkliche Umstand, dass schlechte Führung keine Exklusivität mehr besitzt für die Diktatoren, Autokraten und Tyrannen dieser Welt – die im Übrigen laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung aktuell über rund 3,3 Milliarden „Geführte“ herrschen.15 Vielmehr scheint Bad Leadership auch in westlichen Demokratien auf dem Vormarsch. Die hierzulande derzeit ­medial zumeist Genannten heißen hier Jair Bolsonaro, Recep Tayyip 11Erdoğan, Jarosław Kaczyński und Viktor Orban. Dazu kommen der Quasi-Absturz der US-amerikanischen Leadership-Qualität seit dem 20. Januar 2017 sowie jener der britischen ab dem 24. Juli 2019.

Und auch damit sind wir noch nicht am Ende. Denn Bad Leadership ist zuletzt auch zu einem drängenden und brennenden Problem sogar in einem Bereich geworden, der verbunden mit der Vorstellung vom „Guten Hirten“ wie auch „Guten Oberhirten“ von vielen bis dahin eher als Archetypus oder Refugium der guten Führung gesehen wurde, den Kirchen. Und nur der Form halber sei auch noch der Bereich des Sports angefügt mit seinen allzu häufig korruptionsanfälligen Institutionen und Führungspersonal, sprich: IOC, UEFA, FIFA, DFB. Auch diese Liste ließe sich fortsetzen.

Ansätze, Ansätze, Ansätze

Das neue Augenmerk, das das Phänomen schlechte Führung in unserer Gesellschaft heute findet, war nun wohl auch der Wissenschaft und Forschung Anlass genug, die vormalige Zurückhaltung gegenüber der Thematik aufzugeben und diese nun geradezu in ihr Gegenteil zu verkehren. Ausweis dessen ist eine bemerkenswerte Flut an Begrifflichkeiten und dazu gehörigen Ansätzen, die allesamt rund um das Thema Bad Leadership kreisen. Einige dieser Ansätze lassen sich wie folgt kurz skizzieren:

Bad Leadership (Schlechte Führung): Die bislang einzige Monografie mit gleichem Titel wie das vorliegende Buch stammt von der renommierten Harvard-Professorin Barbara Kellerman.16 Die Autorin definiert schlechte Führung dort durch sieben schlechte Verhaltensweisen (inkompetent, unbeweglich, maßlos, gefühllos, korrupt, engstirnig, bösartig), deren Ursprung sie vor allem in schlechten Eigenschaften (z. B. Gier) bzw. schlechten Charakteren (z. B. Narzissmus) der Führenden sieht. Sie betont allerdings auch, dass die Geführten stets ihr Scherflein zur Entstehung und Aufrechterhaltung eines Bad Leadership beitragen, sei es, indem sie eher unbeteiligt dem schlechten Treiben zuschauen, sei es, indem sie den schlechten Führer hierbei aktiv unterstützen. Und Kellerman stellt auch deutlich heraus, dass Bad Leadership wohl vieles sein kann, keinesfalls jedoch ein objektiver Tatbestand.17 Soll heißen:

Schlechte Führung kann variieren und oszillieren, insbesondere

in Bezug auf die Intensität, d. h. manche Führer sind sehr schlecht, andere vergleichsweise weniger,in Bezug auf die Bewertung, d. h. was manche für schlechte Führung halten, kann anderen als gute Führung erscheinen, sowie12in Bezug auf den Zeitpunkt der Bewertung, d. h. was früher als gute Führung angesehen wurde, kann später als schlechte Führung erscheinen – und umgekehrt.

Kurzum: Bad Leadership ist kein Faktum, sondern eine Wertung. Dies lohnt sich im Hinterkopf zu behalten!

Toxic Leadership (Giftige Führung): Unter diesem Stichwort geht Jean Lipman-Blumen18 von der Claremont Graduate University der Frage nach, „warum wir destruktiven Vorgesetzten und korrupten Politikern folgen – und wie wir sie überleben können“, so der Untertitel ihres bekannten Buches zum Thema. Sie schert damit aus der breiten Phalanx all jener aus, die schlechte Führung im Wesentlichen durch das Schlechte in den Führenden erklären, und untersucht stattdessen, wie die Geführten ticken, wenn sie Führern selbst dann noch folgen, wenn deren destruktive Wirkungen für die Nation, die Organisation oder das Team bereits deutlich zu spüren oder sogar schon klar zu erkennen sind.Destructive Leadership (Destruktive Führung): Der Begriff der destruktiven Führung wird zwischenzeitlich von einer Vielzahl von Autoren verwendet, sodass er als der derzeit vermutlich gängigste Terminus für unsere Problematik angesehen werden kann. Schlechte Führung wird hier insbesondere mit schlechten Führungszielen in Verbindung gebracht. Mit Blick auf den organisationalen Kontext unterscheidet beispielsweise das norwegische Forscherteam um Stale Einarsen19 folgende Varianten einer destruktiven Führung: Wirkt die Führung zu Gunsten der Organisation, aber zu Lasten der Geführten, so sprechen sie von „tyrannischem Führungsverhalten“. Wirkt die Führung umgekehrt zu Gunsten der Geführten, aber zu Lasten der Organisation, dann liegt ein „unterstützend-disloyales Führungsverhalten“ vor. Die schlechteste der schlechten Führungen ist demnach ein „entgleistes Führungsverhalten“, das zu Lasten der Geführten und zu Lasten der Organisation geht. Hierzu ist beispielsweise ein Laissez-faire-Führungsverhalten zu rechnen, bei dem eine Führungsperson zwar formal eine Führungsposition bekleidet, sie Führungsfunktionen gleichwohl weitestmöglich meidet, sprich: Führungsentscheidungen verschiebt oder verweigert, weder Interesse an Performance-Zielen noch an Kontakt und Austausch mit den Geführten zeigt. In einer Untersuchung gaben für Norwegen20 über 80 % der rund 2.500 Befragten an, eine oder mehrere dieser Bad Leadership-Verhaltensweisen schon einmal in ihrer Organisation beobachtet zu haben, zuweilen sogar „nahezu regelmäßig“.Abusive Supervision (Feindseliges Führungsverhalten): Diese Bad Leadership-Variante ist aufs Engste mit dem US-amerikanischen Führungsforscher Bennett Tepper21 verbunden und behandelt genau das, was viele 13intuitiv mit schlechter Führung verbinden: Ein Vorgesetztenverhalten, das von den Geführten als feindselig und aggressiv wahrgenommen wird, und das sich sowohl auf verbaler wie auf non-verbaler Ebene vollzieht. Als typische Ausdrucksformen solchen Verhaltens gelten lautes und ärgerliches Anschreien, öffentliches Kritisieren, Bloßstellen und „zum Sündenbock“ stempeln von Geführten, taktlose und kränkende Bemerkungen, Herabsetzungen und Nötigungen, Unhöflichkeiten und Grobheiten oder die Darstellung von Ideen bzw. Leistungen der Geführten als die eigenen. Davon betroffen sind in den USA laut Tepper22 immerhin 14 % der Beschäftigten. Geschätzte Kosten pro Jahr: 23,8 Milliarden US-Dollar.Pressure to Behave Unethically (PBU; Druck zu unethischen Verhaltensweisen): Auch diese Umschreibung eines hochproblematischen Führungsverhaltens geht auf Bennett Tepper23 zurück. Angesprochen ist hier der Druck, den Geführte von Seiten übergeordneter Autoritäten verspüren und der darauf ausgerichtet ist, sich – vermeintlich „zum Wohle“ der Organisation oder Institution – in unethischer Weise zu verhalten (z. B. Übervorteilung von Kunden, Zurückhaltung kritischer Informationen). Die Feststellung von Tepper, wonach für die USA in nahezu allen Unternehmensskandalen der jüngeren Vergangenheit (z. B. Enron, Arthur Andersen, Fannie Mae) PBU gut nachgewiesen werden kann, kann mit Blick auf die Unternehmensskandale der jüngeren deutschen Vergangenheit sicher ein gutes Stück weit übertragen werden (siehe z. B. die Entwicklung und den Einbau von manipulierter Software).Exploitative Leadership (Ausbeuterische Führung): Dem PBU nicht ganz unähnlich ist das Konzept der ausbeuterischen Führung, das das Münchener Forschertrio Ellen Anke Schmid, Armin Pircher Verdorfer und Claudia Peus24 in 2019 in die Debatte einbrachte und das schlechte Führung zuvorderst von einer Größe bestimmt sieht: dem Eigeninteresse des Führenden. Um den eigenen bzw. egoistischen Interessen bestmöglich zu dienen, üben ausbeuterische Führungskräfte entweder Druck auf die Geführten aus oder sie manipulieren sie in geschickter Weise, was eine andauernde Überbelastung bei den Geführten, je nachdem aber auch eine Unterforderung und/oder eine ausbleibende Weiterentwicklung nach sich ziehen kann.

Auf alle diese Ansätze kommen wir im Weiteren an jeweils geeigneter Stelle nochmals zu sprechen. Und diese Liste der Bad Leadership-Ansätze ließe sich noch fortschreiben, etwa durch Arbeiten zu den Themen Leader Bullying25 (Mitarbeiter-Mobbing durch Vorgesetzte), Petty Tyranny26 (herrsch-/rachsüchtige Verhaltensweisen des Führenden), Supervisor Undermining27 (Führende, die die sozialen Beziehungen, Arbeitserfolge sowie das Ansehen ihrer Mitarbeiter gezielt unterminieren) oder auch Workplace Incivility2814(grobe, unhöfliche Verhaltensweisen seitens des Führenden). Hiervon wollen wir jedoch absehen. Was wir stattdessen wollen, ist, die vorliegenden Beiträge zum Thema nehmen, ihre jeweils zentralen Inhalte erfassen und diese, ähnlich Mosaiksteinen geordnet aneinanderlegen. Je nachdem, wie sorgsam wir hierbei verfahren, ergeben sich zwei Bad Leadership-Bilder. Zwei? Zwei! Das erste Bild ist gewissermaßen das, was wir zu sehen bekommen, wenn wir auf das blicken, was uns der sogenannte „Mainstream“ präsentiert: Die vorherrschende Sichtweise, der gemäß Bad Leadership schlicht eine Abnormität, eine Abweichung vom Normalen ist, die grundsätzlich dysfunktional, also unzweckmäßig wirkt und von daher von niemandem gewollt sein kann – und der es folglich mit vereinten Kräften zu begegnen gilt.29 Dieses Bild ist, wie gesagt, jenes, welches am häufigsten gezeichnet wird30 und welches wir von daher in aller Regel auch vor Augen haben, wenn wir mit dem Problem konfrontiert sind. Allerdings: Es lässt sich auch ein zweites Bild zeichnen, das nicht nur mehr Details aufweist, sondern auch Dinge abbildet, die wir im einfachen Bild gar nicht zu sehen bekommen. Betrachtet man dieses Bild genauer, dann kann man erkennen, dass Bad Leadership auch ganz anders gesehen werden kann, nämlich als eher normal für unser System, und als durchaus rational und funktional für manche seiner Akteure.31 Folgt man Stephen Linstead, Professor für kritisches (!) Management an der York Management School und seinen Koautoren, dann wird das zweite Bild zuvorderst von jenen gezeichnet, die frustriert sind darüber, wie der Mainstream ethische, politische und ideologische Aspekte der Bad Leadership-Problematik übersieht, schlicht nicht zur Kenntnis nimmt und zuweilen sogar vertuscht.32 Wir wollen hier natürlich auch die wichtigsten Facetten dieses Bildes nachzeichnen. Betrachten wir aber erst einmal das einfachere Bild – und zwar bezogen auf die Führung in Organisationen, sprich: die Personal- bzw. Mitarbeiterführung. Wir gehen dabei allerdings davon aus, dass man mit den nötigen Abänderungen ein solches Bild immer auch für andere Führungskontexte zeichnen kann (Führung von Organisationen, politische Führung etc.).

Von der Hybris zur Nemesis – das einfache Bad Leadership-Bild

Was kommt uns als Erstes in den Sinn, wenn wir den Begriff Bad Leadership hören? Der schlechte Führer! Mit ihm – kaum je: ihr – beginnt im Grunde wohl jedes gedankliche Bild zum Thema (siehe Position (1) in Abbildung 1). Hier stellt sich dann die Frage, was den Bad Leader eigentlich so schlecht macht. Barbara Kellerman ging in ihrem Ansatz davon aus, dass solche Führende durch einen schlechten Charakter und/oder schlechte Eigenschaften negativ ausgezeichnet sind. Dies entspricht im Kern auch der aktuellen 15Debatte, die zunehmend allerdings eine leicht andere Bestimmungsgröße des Schlechten fokussiert: Die sogenannte „dunkle Triade“33, bestehend aus Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie – allesamt Persönlichkeitsprägungen, die sich laut Studien erkennbar häufiger in oberen und obersten Führungspositionen nachweisen lassen als im Bevölkerungsdurchschnitt.34 Unmittelbarer Ausfluss des schlechten Wesens solcher Führungspersönlichkeiten ist ihr schlechtes Führungsverhalten – mit Bennett Tepper gesprochen: ihr feindseliger und aggressiver Führungsstil. Damit sind wir bei den Geführten (siehe Position (2) in Abbildung 1), die unter einem solchen Führungsverhalten natürlich leiden und mit einem doppelten Abwärtstrend hierauf reagieren. Erstens: Ihre Arbeits- und Lebenszufriedenheit sinkt, denn sie unterliegen zunehmend Stress, Angstgefühlen und Depression. Zweitens: Ihre Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft sinken, Demotivation und kontraproduktive Arbeitsweisen sind die Folge. Hier kommt dann die Organisation bzw. Institution ins Spiel (siehe Position (3) in Abbildung 1). Deren Leitung erkennt – wenn zuweilen auch spät –, dass Bad Leadership „eine teure Angelegenheit“35 ist, da Produktivität und Gewinnentwicklung hierdurch negativ beeinflusst werden. Dies bestätigen all jene Untersuchungen, die im Kern bedeuten, dass schlechte Führung eine negative Korrelation zu positiven Befindlichkeiten und Verhaltensweisen der Geführten aufweist (z. B. individuelle Performance und persönliches Well-Being) und gleichzeitig eine positive Korrelation zu negativen Verhaltensweisen der Geführten besteht (Jobwechsel, kontraproduktives Arbeitsverhalten).36 Und damit schließt sich der Kreis insofern, als die derart geschädigte Organisation den Bad Leader für dessen dysfunktionale Führungsfolgen natürlich zur Verantwortung zieht, also mit Sanktionen belegt, wofür in der einschlägigen Debatte vor allem der Begriff des Derailment37 („Entgleisung“) steht: Entlassung, Versetzung oder zumindest Verharrung auf einem Karriereniveau, das hinter den Erwartungen und Möglichkeiten des Betreffenden zurückbleibt. Wollten wir die griechische Mythologie an dieser Stelle bemühen, dann könnten wir kurz schließen, dass Bad Leadership mit einer Art Hybris (Hochmut, Vermessenheit, Selbstüberschätzung, Realitätsverlust) des Führenden beginnt, früher oder später jedoch von Nemesis, der Göttin des gerechten Zorns bzw. der ausgleichenden Gerechtigkeit, abgestraft wird. Moderner, mit der sogenannten Spieltheorie gesprochen, könnte man ergänzend auch festhalten: Bad Leadership kennt keine Gewinner, nur Verlierer (Geführte, Organisation, Führender) und entspricht damit einer klassischen „lose-lose-lose“-Konstellation. Fazit: Letztlich gerecht – aber vor allem schlecht.

16

Abbildung 1: Das einfache Bad Leadership-Bild

Was stimmt (nicht) an diesem Bild?

Vieles an diesem Bild ist sicher richtig, weshalb wir auf die meisten seiner Komponenten noch ausführlicher eingehen werden. Allerdings: Manches erscheint auch recht eindimensional, sprich: schlicht zu einfach dargestellt. Hier bedarf es folglich einer detailgetreueren Darstellung. Hinzu kommt: Wichtige Komponenten sind gar nicht abgebildet, womit das Bild unvollständig wird. Diesen Mängeln wollen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten begegnen, indem wir uns eher an dem zweiten, kompletteren Bad Leadership-Bild versuchen. Da wir dabei nicht alle angesprochenen und bedeutsamen Bad Leadership-Bereiche (Unternehmensführung, Mitarbeiterführung, politische Führung, Führung in kirchlichen Organisationen, Führung von NGOs etc.) in gleicher Weise betrachten können, erscheint eine Fokussierung erforderlich. Nicht zuletzt aufgrund unserer eigenen Forschungsinteressen und -schwerpunkte wollen wir uns (wie in Abbildung 1 bereits erfolgt) auf den Bereich der Führung in Unternehmen konzentrieren, zu dessen Problemverständnis ein umfassenderes Eingehen auf den Bereich der Führung von Unternehmen gleichwohl unabdingbar erscheint. Im Mittelpunkt stehen im Weiteren somit die Leadership-Felder Unternehmensführung und Personalführung, wobei viele diesbezügliche Erkenntnisse sich mehr oder minder leicht auf andere Führungskontexte übertragen lassen.

Was ist nun aber gemeint, wenn wir von Mängeln im oben skizzierten Bild sprechen?

17Mit Blick auf die Frage, woran ein Bad Leadership grundsätzlich zu erkennen ist (Teil I des Buches), gehen auch wir davon aus, dass schlechte Führung unmittelbar auf schlechtes (aggressives, feindseliges) Führungsverhalten verweist (Kapitel 1). Allerdings: Bad Leadership erschöpft sich nicht im Einsatz schlechter Führungsmittel, sondern kann sich ebenso in der Verfolgung schlechter Führungsziele vergegenwärtigen. Dabei gilt: Während Ersteres natürlich sehr leicht von den Geführten auszumachen ist, ist Letzteres in der Regel schwerer zu erkennen, erscheint die Bewusstwerdung dessen zuweilen überhaupt erst im Laufe der Zeit möglich. Dem entspricht die oben bereits erwähnte Einlassung von Barbara Kellerman, wonach eine Führung lange Zeit als gut angesehen werden kann (gutes Führungsverhalten), um viel später erst als fatale „Verführung“ entlarvt oder enttarnt zu werden (schlechte Führungsziele). Auch auf diesen – im einfachen Bad Leadership-Bild fehlenden – Aspekt wollen wir ausführlicher zu sprechen kommen (Kapitel 2). Schließlich setzen wir uns mit der Frage auseinander, inwieweit Bad Leadership als soziales Problem mit wissenschaftlichen Methoden objektiv erfasst werden kann, bzw. inwieweit wir es hier mit einem Phänomen zu tun haben, das auf subjektiven Bewertungen beruht, die auf dem Wege vernünftiger Reflexion (Nachdenken) und Deliberation (öffentlicher Debatte) zumindest aber intersubjektive Gültigkeit erlangen können (Kapitel 3). Oder ganz einfach gefragt: Wann ist jemand ein guter bzw. ein schlechter Führer? Wenn Umfragen dies ergeben oder wenn gute Gründe dies belegen? (Merke: Das eine muss nicht unbedingt dem anderen entsprechen).

Im Rahmen unserer Auseinandersetzung mit den Ursachen für die Entstehung und Verbreitung eines Bad Leadership (Teil II des Buches) folgen wir dem einfachen Bild zunächst wiederum insofern, als auch wir schlechte Führung durch charakterlich schlechte Führende (mit-)verursacht sehen. Dies verweist unmittelbar auf die „dunkle Triade“ aus Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie, die wir näher vorstellen wollen (Kapitel 4). Entgegen dem einfachen Bild gibt es allerdings noch weitere wichtige Zugänge zur Erklärung eines Bad Leadership. So ist bezogen auf die Führungsperson davon auszugehen, dass schlechte Führung nicht nur entsteht, weil Führende schlecht sind, sondern auch, wenn sie schlecht werden. Das heißt: Gute Führer können sich in schlechte Führer wandeln, was wir unter dem Stichwort der „dunklen Seite des Erfolgs“ nachzeichnen wollen (Kapitel 5). Das Bad Leadership-Phänomen kann jedoch so lange nicht umfassend verstanden werden, solange wir ausschließlich der „Bad Apple“-Theorie folgen, sprich: davon ausgehen, dass schlechte Führung immer nur auf die negative Persönlichkeit des Führenden rückbezogen werden kann. Entsprechend weiten wir den Fokus, in dem wir schlechte Führung auch als Ergebnis einer schlechten Führungssituation erklären (Kapitel 6). Motto hier also: 18Wer wissen will, warum so viele Äpfel (Führende) schlecht sind, der muss vielleicht auch einmal nachsehen, ob sie nicht in schlechten Fässern (Führungskontexten) gelagert wurden. Schließlich ist aber auch zu vermerken, dass die Geführten im Falle schlechter Führung nicht ausschließlich als Opfer zu sehen sind, sondern auch (Mit-)Täter sein können. Sprich: Sie tragen womöglich ihr Scherflein – und vielleicht mehr als das – zur Entstehung und Aufrechterhaltung einer solchen Führung bei. Auf diesen nicht zu vernachlässigenden Aspekt gehen wir zum Ende unserer Bad Leadership-Erklärungen ein (Kapitel 7).

Schließlich gilt es, einem Bad Leadership zu begegnen (Teil III des Buches). Das einfache Bild geht diesbezüglich davon aus, dass jede schlechte Führung scheitern wird, weil sie der erfolgsorientierten Organisationsleitung früher oder später zum Dorn im Auge und diese deshalb (v. a. Personalmanagement-)Aktivitäten anstrengen wird, um den schlecht Führenden ihre Macht zu nehmen und sie „entgleisen“ zu lassen. Wie dies organisiert vonstattengehen soll, zeichnen wir – versehen mit einigen kritischem Bezügen – genauer nach (Kapitel 8). Von dieser Vorstellung ist es eigentlich nur ein kurzer Sprung hin zur Überlegung, dass, wenn man einerseits schlechte Führer erkennen und aussortieren kann, man andererseits ja auch gleich gute Führer bestimmen und „einsortieren“ könnte. Eine Bekämpfung der „dunklen Triade“ beinhaltet so gesehen auch die Beförderung einer „hellen Triade“ (Kapitel 9). Das Problem dieser „Doppelstrategie“: Sie gründet auf der Vorstellung, dass schlechte Führer stets erfolglos und gute Führer stets erfolgreich wirken. Was aber, wenn dem gar nicht so ist? (Kapitel 10) Dann lässt sich erkennen, dass Bad Leadership für viele zwar mit negativen, für wenige hingegen mit positiven Auswirkungen verbunden ist – was den fortschreitenden Prozess der Verschlechterung der Führung erklärt, eine Verbesserung der Führung erschwert und letztlich in den Rang einer gesellschaftlichen Herausforderung erhebt (Kapitel 11).

Sollten unsere Überlegungen und Ausführungen mithelfen, die Fehlentwicklungen in unserer Führungswelt besser zu verstehen und damit auch ein Stück weit zu den erforderlichen Korrekturen beizutragen, dann sehen wir den Zweck dieses Buches als erreicht an.