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Wolfgang Grund

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Beschreibung

Wolfgang Prakl, eine frühere Führungskraft, jetzt Privatier und Anfang 50, betreibt die Internetseite baenkle.de. Auf dieser Seite können Mitglieder ein Bild ihrer Lieblingsparkbank mit einer zugehörigen Geschichte einstellen und das natürlich weltweit. Eines Tages beschließt er 12 dieser Bänkle, die in seiner Nähe liegen, zu erwandern, die zugehörigen Mitglieder zu treffen und sich ihre Geschichten live erzählen zu lassen. Dabei lernt er die Domina Lucille kennen und lieben und er trifft seine geschiedene Frau Petra nach 10 Jahren wieder. Die erzählt im vom Beziehungsquotienten und wie der ihre Ehe zerstört hat. Während Prakl mit seinen Mitwanderern und einem Kriminalfall kämpft, entspinnt sich ein Gefühlsgeflecht mit Petra. Prakl muss schließlich seine Wanderung abbrechen und verzweifelt fast an seinen neu aufkeimenden Gefühlen. Nachdem ihm aber Petra eine unerwartete Neuigkeit eröffnet hat scheint sich alles zum Besseren zu wenden.

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Wolfgang Grund

baenkle.de 1

Das Geheimnis des Beziehungsquotienten

Inhaltsverzeichnis

Tag 1 – Aufbruch

Tag 2 – Petra

Tag 3 – Der Beziehungsquotient

Tag 4 – Die Entführung

Tag 5 – Die Leich

Tag 6 – Die Wandererschwemme

Tag 7 – Die Absage

Tag 8 – wieder eine Beule

Tag 9 - Heimkehr

Tag 10 – Der Brief

Tag 11 – Der Einbruch

Tag 12 – baenkletour die Zweite

Tag 13 – On the Feldweg again

Tag 14 – Der nackte Mann

Tag 15 – Gleich zwei Geschichten

Tag 16 – Das Eis des Todes

Tag 17 – Leer geräumt und los gewandert

Tag 18 – Die Zwillinge

Tag 19 – Wie gewonnen, so zerronnen

Tag 20 - Wirsing

Tag 21 - Janine

Tag 22 – Die Lösung

Tag 801 – Die Zukunft

Die baenkle Familien Saga

Impressum

Tag 1 – Aufbruch

Der Himmel war wolkenverhangen, es regnete leicht und es blies zu dieser frühen Stunde ein kühler Wind. Also nicht unbedingt das, was man von einem Junitag erwarten würde. Die aufgehende Sonne hatte mich kurz nach fünf geweckt. Mir als Frühaufsteher kam das zu pass. Nach einer erfrischenden Dusche und einem Cappuccino aus meinem Vollautomaten war ich bereit für meinen ersten Wandertag.

Schon vor dem Loslaufen stülpte ich wegen des Nasses von oben meinen schwarzen Poncho über mich und meinen Rucksack und sah jetzt aus, wie ein überdimensionaler Negerkuss mit Kopf.

Unförmig wie ich war verließ ich meine Erdgeschoss Wohnung in dem Zweifamilienhaus, in dem ich wohnte, und wanderte los in Richtung Wald. Der begann gleich hinter der Ortsgrenze meines Wohnortes Langenzenn im schönen Mittelfranken.

Mein erstes Tagesziel war ein Treffen mit dem Rentnerehepaar Scheidinger und ihrer Parkbank am Rand des ›Geischterwäldles‹. Das war schwäbischer Originalton Herr Scheidinger. Außerdem, nach meiner Kartenlesung, mit einer famosen Sicht auf den Frankenwald.

Natürlich hatte ich mich auf meiner ›baenkle.de‹ Webseite über die Geschichte meiner heutigen Bank informiert und mir auch ein Bild von ihr angesehen.

Diese Webseite war seit meinem Leben als Privatier zu meinem Hobby geworden. Auf einem Waldspaziergang mit meiner Schwester Maria war die Idee entstanden. Wir hatten darüber geredet, ob die, sich teilweise in schlechtem Zustand befindlichen Bänke an den Waldrändern, mit einer Geschichte verbunden waren und welche Schicksale von Menschen dahinter steckten.

Daraufhin entstand die Webseite ›baenkle.de‹, auf die man solche Geschichten herunterladen konnte und auch Bilder der zugehörigen Bänke. Zu meinem großen Erstaunen sammelten sich dort täglich mehr Ereignisse rund um Waldbänke. Vor allem, nachdem die regionale Presse darüber berichtet hatte.

Jetzt war ich also auf meiner ›baenkle.de Tour‹ auf Schusters Rappen unterwegs. Zehn Bänke und ihre Besitzer wollte ich in zwei Wochen erwandern. Die erste war eine ganz normale Bank am Waldrand, von der der braune Lack schon abblätterte und die ihre besten Zeiten lange hinter sich hatte. Das zumindest vermittelte das Bild von ihr im Internet.

Aber bis dahin waren es von meiner Wohnung 25 Kilometer und geschätzte sechs Stunden flotten Marsches. Ich hatte mich an Hand meiner Wanderkarte genau informiert.

Die erste Wegstrecke musste ich dem Wanderweg mit der ›Roter Punkt auf weißem Feld‹ Markierung folgen und durfte dann den Abzweig zur ›Grünes Kreuz auf weißen Grund‹ nicht verpassen. Es konnte also nichts schief gehen, wenn man einen Orientierungssinn besaß. Leider war ich mit so etwas nicht gesegnet. Oft fand ich meinen Kühlschrank in der Wohnung nicht, na ja, das war dann doch etwas übertrieben. Ich lachte in mich hinein.

Verstärkt wurde die Vermutung, dass ich die erste und weitere Bänke nicht erreichen würde durch die Mail, die ich heute Nacht bekommen hatte.

Im Betreff stand ›Deine letzte Bank‹ und der Inhalt war genauso kryptisch.

›Wenn du diese Wanderung antrittst, wirst du von einer der besuchten Bänke nicht mehr aufstehen! Mit freundlichen Grüßen Wirsing Udo‹

Diese Mail mit ›Mit freundlichen Grüßen‹ zu beenden, war ja schon etwas seltsam und passte so gar nicht zu dem Text, der offensichtlich als offene Drohung gedacht war. Vor Allem, wer war der nette Herr Wirsing, der mich so sehr hasste? Ich kannte niemanden, der so hieß.

Oder war das nur ein Deckname? So wie in dem Film ›Das Vermächtnis des geheimen Buches‹, wo der Hauptdarsteller Nicolas Cage immer wieder das Rätsel zu entwirren versucht, das er gerade entdeckt hat und dessen Lösung ihn zum nächsten führen sollte. Er steht dabei frei vor sich hin philosophierend und mit wirren Gedankenfetzen kämpfend zwischen seinen unverständig glotzenden Mitstreitern. Eine davon war übrigens die smarte Diane Kruger, die meiner Meinung nach eine sehr gute Figur machte. Aber das trug, glaube ich, weder zu Cages, noch zu meiner Lösung des Problems etwas bei.

Also, dann wollten wir auch mal mein Supergehirn einschalten, dieses Geheimnis zu lösen wäre doch ein leichtes.

Wirsing ist ein Gemüse. Udo Gemüse? Nein, das war es nicht, Wirsing ist ein Kohl. Udo Kohl? Nein!

Ich tauchte kurzzeitig aus meinen Gedankengängen auf. Wo war der rote Punkt auf der Markierung geblieben? Souverän hatte ich ihn am Anfang meiner Wanderung gefunden. An der letzten Kreuzung musste ich ihn verloren haben, als ich über Gemüse nachdachte! Verfluchter Wirsing! Vielleicht war das bereits der erste Teil seiner Verdammnis, mich hier ins Nirgendwo zu schicken.

Ich stand mitten im Wald, orientierungslos, wie sonst! Nieselregen fiel auf mich herab, den leichter Wind mir in den Rücken blies und der durch die Blätter der Bäume fuhr. Immerhin roch es herrlich nach Erde. Zu meinem Entsetzen schwirrten einige Moskitos um meinen Kopf. Ich glaube, ich hatte mein Antimückenmittel nicht benutzt. Sollte ich es jetzt aus dem Rucksack holen? Ich entschied mich dagegen. Jetzt war der rote Punkt wichtiger.

Ich überlegte, ob ich in die Wanderkarte schauen oder umkehren und den Punkt suchen sollte. Da es noch früh am Tag war, beschloss ich den Weg zurück bis zur letzten Kreuzung zu gehen. Ich drehte um, sofort wehte mir der Regen ins Gesicht, na danke!

Nach fünf Minuten erreichte ich sie und tatsächlich, da war er wieder, der rote Punkt. Ich bog, jetzt richtig, rechts ab und hatte den Regen wieder im Rücken. Gleichzeitig fing mein Gehirn wieder an zu arbeiten.

Wirsing ist eine Pflanze, nein, das wäre zu einfach, bei meinem Freund Cage ist es auch immer um die Ecke gedacht.

Aber je mehr ich grübelte desto größere Leere machte sich in meinem Gehirn breit. Vereinzelt huschten Gedanken an mir vorbei, wie Sternschnuppen am Abendhimmel, aber nichts verwertbares war darunter.

Großer Cagen’s Nicolas, steh mir bei!

Und er half! Warum stand eigentlich bei der Unterschrift der Mail das Udo hinter dem Wirsing? Das war doch ungewöhnlich! Sollte das ein Hinweis sein? Sternschnuppen huschten wieder in meinen Gehirnwindung herum!

Vielleicht war auch meine Denkenergie bereits verbraucht, aller Zucker abgebaut oder was das Gehirn so benötigte, um einen klaren Gedanken zu fassen. So viel wie in den letzten zwei Stunden hatte ich auf jeden Fall schon lange nicht mehr gedacht und noch dazu so intensiv. Ich war stolz auf mich. Ein gewisses Hochgefühl packte mich.

Gleichzeitig erschienen, ob meines Zuckerverlustes, Visionen von Schokoriegel vor meinen Augen und mein Magen meldete sich ungeduldig. Dazwischen konnte ich auch ein paar Krautwickel entdecken, was wahrscheinlich von Wirsings Namen kam und eine Idee.

Derweil stapfte ich automatisch einen Waldweg entlang und wich immer wieder den Spuren von Traktoren aus, die mit Wasser gefüllt waren. Der Regen der letzten Tage hatte den Boden aufgeweicht und sich aufgestaut.

Beim Bund hatten wir uns immer so gemeldet. Gefreiter Wirsing Udo meldet sich zu irgendwas! Natürlich im ›Still Gestanden!‹. Visionen von sechs Bett Zimmern, morgendlichem Antreten, Schießtraining auf dem Truppenübungsplatz und bierseligen NATO Pausen kamen in mir hoch.

Allerdings war meine Zeit als W15 Soldat jetzt 30 Jahre her und meine Erinnerungsfähigkeit vom dem einen oder anderem Bierchen eingeschränkt. Aber was hatte der Wirsing`s Udo mit dem Bund und mir zu tun, falls ich überhaupt auf der richtigen Spur war?

Ich beschloss auf der, erstaunlich gut gepflegten grünen Parkbank, die links neben mir im hohem Gras stand, ein Päuschen einzulegen. Hinter der Bank erstreckte sich ein Wäldchen mit Nadelbäumen und Brombeerbüschen, die ein dichtes Unterholz bildeten, und vor ihr offenes Feld, auf dem das Getreide schon braun und zur Ernte bereit stand.

›Gewidmet meiner Helga 1962‹, stand auf einem Messingschild an der Lehne der Bank.

Wie ich erst jetzt bemerkte, regnete es nicht mehr und war deutlich wärmer geworden. Die Sonne kam hin und wieder heraus. Ich schwitzte unter meinem Poncho.

Wie die Darsteller, die vor rund 40 Jahren diese Plastikwürste zum Anziehen verkauften, mit denen man im Schlaf zehn Kilo pro Nacht abnehmen sollte.

Aber wer wusste das heute noch? Ich glaube bloß Menschen, die bereits mit zwei Jahren vor dem schwarzweiß Fernseher saßen und Klaus Havenstein in ›Sport, Spiel, Spannung‹ an den Lippen hingen.

Das war, als Twix noch Raider hieß und ich mir abends meinen Schlafanzug hinter dem Sessel meines Vaters anzog, weil ich glaubte, der nette Sprecher der Tagesschau könne mich aus dem Fernseher heraus sehen.

Unglaublich, an so alten Mist erinnert man sich, weiß aber nicht mehr, ob man Schokoriegel eingepackt hat.

Ich zog meinen Poncho aus, legte ihn zusammen und verstaute ihn in seinem Beutel. Dann setzte ich mich auf die grün angestrichene Bank und kramte in meinem Rucksack.

Als erstes fiel mir eine Flasche Cola Zero in die Hände. Ich nahm einen beherzten Schluck. Dann förderte ich einen ZIP Beutel mit einer Leberwurstsemmel zu Tage. Ich hatte also doch verantwortungsbewusst an meine leiblichen Bedürfnisse gedacht, bevor ich aufgebrochen war.

Nachdem ich eine Hälfte der Semmel gegessen hatte, fühlte ich mich besser. Es ging doch nichts über fettiges Essen. Dass ich dabei wahrscheinlich mehr Kalorien meinem Körper zuführte, als ich in den letzten Stunden verbraucht hatte, war nicht so wichtig.

Mit einer halben Wurstsemmel in der Hand betrachtete ich das Widmungsschild an der Bank. Das wäre eindeutig ein Fall für meine Webseite, dachte ich. Die Bank war mir aber während der Recherche zu meiner Wandertour nicht untergekommen.

Ein alter Mann, der, mit einem kleinen wolligen Hund an der Leine, wie aus dem Nichts erschien, riss mich aus meinen Gedanken. Er dürfte auf die 70 zugehen, schätzte ich. Mit seinem grauen Trachtenjanker mit grünen Applikationen und den Knickerbocker Hosen im Fischgrätenmuster kam er mir vor wie aus dem letzten Jahrhundert. Auch die groben Lederstiefel passten ins Bild.

»Grüß Gott!«, sagte er zu mir, als er meine Bank erreichte.

Ich murmelte auch so etwas in meinen nicht vorhandenen Bart und wollte gerade wieder anfangen über Wirsing nachzudenken, als er fragte: »Darf ich mich zu Ihnen setzen?«

Ich rutschte ein Stück nach links, was er offensichtlich als Einladung verstand und sich zu mir setzte.

Nach einer kurzen Zeit des Schweigens sah er mich von der Seite an und sagte: »Wissen Sie, das war unsere Bank!«

Ausnahmsweise funktionierte mein Gehirn einmal schnell.

»Ist die Widmung von Ihnen?«, fragte ich und sah ihn gespannt an.

»Ja, Helga war meine Frau, ist aber schon lange gestorben. Diese Bank ist meine wichtigste Erinnerung an sie. Deswegen kümmere ich mich um das alte Holzgestell. Heuer habe ich sie erst neu gestrichen.«, erzählte er mir.

»Das tut mir leid mit ihrer Frau! Jede Bank erzählt eine Geschichte, das ist ja das Interessante. Was ist denn ihre?«, ich versuchte das Gespräch voranzubringen.

»Das stimmt, man könnte Romane schreiben, aber wen interessiert das schon noch?«, eine gewisse Lebenserfahrung ließ sich in den Worten des alten Mannes erkennen.

»Mich!«, sagte ich begeistert und kramte eine Visitenkarte aus meiner Tasche, »Ich sammle Bänke und Geschichten dazu. Es gibt sogar eine Internetseite, wo sie das alles nachlesen und selbst Bilder und Geschichten hoch laden können.«

»Dafür bin ich schon zu alt! Die ganzen Computer und so, sind mir ein Rätsel. Aber ich erinnere mich, ich habe über die Seite in der Zeitung gelesen, da war auch ein Bild von ihnen zu sehen. Sie sind mir gleich so bekannt vorgekommen!« Er zauberte ein Lächeln auf sein Gesicht.

»Früher bin ich viel gewandert, aber die alten Knochen wollen nicht mehr so recht.«, sagte er dann. Das war zwar etwas zusammenhanglos, aber wahrscheinlich durchaus richtig.

»Das kann ich nachvollziehen, bei mir zwickt’s auch schon manchmal!«, ich grinste breit.

»Sie sehen auch wie ein Wanderer aus, wohin sind Sie denn unterwegs?«, fragte er mich.

»Ich mache eine ›baenkle.de‹ Tour, die zehn schönsten Parkbänke auf meiner Seite in zwei Wochen, können sie auch dort nachlesen. Ich werde jeden Abend vom vergangenen Tag berichten und chatten. Sie und ihre Frau samt Bank kommen heute auf jeden Fall auch vor. Wie heißen Sie eigentlich?«

»Horst!«, sagte er, »aber ich muss jetzt weiter. Es war nett Sie getroffen zu haben.« Auf einmal kurz angebunden, stand er auf und folgte seinem kläffendem Hund weiter auf dem Feldweg.

Nach diesem verwirrenden Treffen packte ich meine Sachen zusammen und machte mich auch wieder auf den Weg.

Inzwischen lugte sogar die Sonne immer öfter zwischen den Wolken hervor und meine Laune verbesserte sich zusehends. Ich wanderte weiter am Waldrand entlang. Rechts von mir lag ein Getreidefeld, das nicht mehr lange auf die Ernte warten musste. Einzelne rote Mohnblüten lugten zwischen den vertrockneten Ähren hervor.

Doch plötzlich geisterte Wirsing wieder durch mein Gehirn, schob sich vor die Sonne und verfinsterte mein Gemüt. So, jetzt musste ich das Rätsel lösen!

Und ein Foto von der Bank hatte ich auch nicht gemacht! Ich drehte um und war nach drei Minuten wieder an der Bank. Foto von Bank, Widmung und Aussicht gemacht und wieder umgedreht.

So Wirsing ich komme, jetzt bist du dran! Und da traf es mich wie ein Hammer! Er stand vor meinem geistigen Auge. Udo, natürlich, Udo Bremmel, den wir wegen seiner unreinen Haut Wirsing nannten!

Wirsing, dass der etwas gegen mich hatte, konnte ich verstehen. Aber nach so langer Zeit, das war doch alles schon über 20 Jahre her.

In dem Zusammenhang kam mir natürlich auch Petra in den Sinn. Petra, whow, niemand konnte so tolle Briefe schreiben wie sie, das war Sex und Gehirn pur! Mir liefen gleich eisige Schauer über den Rücken.

Und wie sie aussah, sie war ab dem ersten Moment mein Typ Frau. Leider hatte ich sie nach unserer Scheidung sehr schnell aus den Augen verloren.

Hilary Swank sah in ›PS: Ich liebe dich‹, gleich am Beginn des Films genauso wie Petra aus. Sie streitet da mit ihrem Freund und hat einen Superminirock an, unglaublich, die Ähnlichkeit war frappierend. Ein ganz schmaler Typ mit relativ viel Oberweite und langen Haaren. Mir wurde ganz schwindlig. Warum hatte ich sie damals gehen lassen? Aus der Ferne betrachtet verstand ich es nicht mehr.

Aber zurück zu meinem Freund Wirsing. Damals beim Bund war ich mit Udo und noch weiteren vier Jungs auf einer Stube im ersten Stock des Gebäudes 46 in der General-von-Steuben Kaserne in Hemau. Wir waren Schreib- und Sprechfunker. Mit unserem Unimog mit Funkequipment gehörten wir zu einer Einheit, die die ›Honest John‹ Kurzstreckenraketen verschoss mit einem Raketenwerfer aus US Beständen.

Man konnte sie auch mit atomaren Sprengköpfen bestücken. Uns war das damals egal, aber das war noch eine andere Zeit.

Wir empfingen per Funk die Koordinaten für die Schießbefehle und das Wetter und gaben es an die Mannschaft um den Werfer weiter.

Und in der Kaserne verwalteten wir die Getränke-, sprich, Biervorräte, des ganzen Stockwerkes. In unserer Bude stapelten sich die Bierkisten und das wurde auch von unserem Stuffz geduldet. Mit uns legte sich nie jemand an und das Wissen über die geheimen Biere eines manchen Vorgesetzten während des Tages, brachten uns auch einige Vorzüge ein.

Ich schreckte aus meinen Gedanken hoch. Das Kreuz da auf dem Schild an dem weißen Pfahl war doch rot, es sollte aber eigentlich grün sein. Also mal wieder falsch abgebogen. Ich musste einfach besser aufpassen. Das hatte nun wirklich nichts mit fehlender Orientierung zu tun, sondern mit mangelnder Aufmerksamkeit.

Gott sei Dank stand neben dem Wanderwegweiser ein verdrecktes Ortsschild. Sailershausen stand darauf.

Hinter im waren einige verwahrloste Häuser und Scheunen zu sehen. Ein rostiger, grüner Traktor stand einsam auf einem Hof. Hühner liefen über eine Wiese. Menschen waren keine zu sehen.

Ich holte die Wanderkarte aus dem Rucksack und breitete sie auf einem großen Findling aus. Nach etwas Suchen entdeckte ich dann die ›Großstadt‹ Sailershausen. Da war ich jetzt aber richtig falsch. Ich musste fast eine dreiviertel Stunde falsch gelaufen sein.

Verdammter Wirsing und geliebte Petra, ihr habt mich abgelenkt. Ich bemerkte, dass ich wieder in die Abgründe meines Gehirns abdriftete, aber ich riss mich zusammen und konzentrierte mich wieder auf die Karte.

Umkehren wollte ich nicht, also suchte ich eine Alternative, um wieder auf den ›Grün Kreuz‹ Weg zu kommen.

Das sah nicht gut aus! Sollte das ein weiterer Teil von Wirsings Rache sein? Versuchte er mich schon vom ersten Tag an zu zermürben und deshalb diese Mail so kurz vor meinem Aufbruch? Aber informiert war er gut, das musste man ihm lassen. Wie er auf meine baenkle.de Seite gekommen war, war mir schleierhaft. Aber auch der Mann von vorhin hatte mich ja in der Zeitung erkannt. Nichts war unmöglich! Hatte Wirsing nicht in Namibia gelebt, als ich ihn das letzte Mal sah? Gab es dort deutsche Zeitungen? Ich wusste es nicht!

Wirsing, du Hundsfott, nicht mit mir!

Das Problem war, dass der kürzeste Weg zu meiner eigentlichen Route querfeldein verlief und über einen Bach oder Fluss führte. Ich konnte aber keine Brücke in der Karte finden.

Ich weiß nicht, was mich geritten hatte, ich machte mich über Stock und Stein auf den Weg und steuerte auf das flüssige Hindernis zu. Heldenmütig nahm ich mir vor, den auftauchenden Bach zu durchwaten oder den Fluss zu durchschwimmen. Da inzwischen die Sonne lachte und die Temperaturen angenehm waren, wäre das sicher kein Problem. Gott sei Dank war ich so früh aufgebrochen. Damit würde ich, auch wenn ich vor den tosenden Wassern umdrehen musste, noch den Termin mit den Scheidingers einhalten können.

Zuerst marschierte ich über eine Wiese, deren viele Blumen von Bienen und anderem Getier umflogen wurden. Ich schlug mich durch eine Hecke und zerkratzte mir dabei Arme und Gesicht. Außerdem blieb ich mehrfach mit meinem Rucksack hängen. Meine Stimmung verschlechterte sich zusehens.

Dann lag ein Haferfeld vor mir. Raschelnd durchquerte ich das trockene Getreide und erreichte den Fluss.

Es war aber nur eine verschlammte Rinne, in deren Mitte ein Rinnsal kaum erkennbar floss. Außerdem stank er nach Kuhmist und ich war von einer Trillion Mücken umgeben, die es alle auf mein, Sauerstoff gefülltes, Wanderer Blut abgesehen hatten.

Ich zog erst meine Schuhe aus, verknotete sie mit den Schnürsenkeln und warf sie über meine Schulter. Die Socken verstaute ich in der Hosentasche. Dann krempelte ich die Hose hoch, nahm einen tiefen Zug des Odelduftes, der mich umgab und begann mit der Durchquerung des Flusses.

Bereits beim zweiten Schritt sank ich mit dem Führungsbein so tief in dem Schlamm ein, dass es fast bis zum Knie verschwand. Mit aller Kraft und unter einem satten Ploppen brachte ich das hintere Bein wieder aus dem Morast, um es dann ebenfalls bis zum Knie im Modder zu versenken.

Da stand ich nun im Schlamm, wie eine aufgetauchte Moorleiche, fast blutleer, ob der vor Blut rasenden Mücken und halb bewusstlos vom Odelduft.

Sollte ich so enden? Wirsing, du hast dein Ziel erreicht! Es brauchte keine Bank, ich würde mich aus diesem Gewässer nicht mehr erheben.

Ich wartete darauf, dass mein Leben vor mir ablief und ich im Schlamm versank. Ich überlegte, ob ich schon ein Testament gemacht hatte.

Anders als in den einschlägigen Filmen, kam weder der weiße Ritter, noch die gutaussehende Fee vorbei, um mich zu retten. Im Moment hätte ich mich auch an die böse Hexe geklammert.

Eine Zeitlang bedauerte ich mich und meine missliche Lage. Dann wünschte ich mir eine Kopfbedeckung, um die brennende Sonne abzuhalten. Aber mein Käppi war sorgsam im Rucksack verstaut. Es überkam mich eine bleierne Müdigkeit. Nur jetzt nicht einschlafen! Das war immer das Ende des Helden. Man konnte das in vielen einschlägigen Filmen sehen. Nur welche, das fiel mir nicht ein. Hatte ich schon einen Hitzschlag? Waren meine Gehirnwindungen schon geschmolzen und absorbiert? Ich war kurz davor aufzugeben. Ich würde es nicht schaffen, das war jetzt klar. Das Ende lag deutlich vor mir!

Mit den letzten Gedanken, die noch durch meine Ganglien oder irgendwo spukten, kam auch die Erleuchtung. Mein Handy! Das würde die Rettung sein!

Wo war es? Ich tastete panisch alle Taschen ab! Da, in der Beintasche! Ich kramte es heraus. In jedem mittleren Katastrophenfilm hätte ich jetzt kein Netz oder der Akku wäre leer. Ich wagte nicht, auf das Display zu schauen.

Und da geschah es: Das Handy klingelte! Verdutzt versuchte ich die Nummer zu identifizieren.

Es war keine aus dem Telefonbuch, sonst hätte es irgendeinen Namen angezeigt. Aber wer rief mich jetzt an? Hier, mitten im, mich mordenden, Schlamm? Es konnte nur Wirsing sein, der seinen Triumph auskosten und meine letzten Laute hören wollte, während ich im Schlamm versank und blutleer von den Mücken, wie eine ausgedrückte Zahnpastatube, mein Leben aushauchte.

»Ja!«, mehr brachte ich nicht hervor. Mein Mund fühlte sich an wie der des deutschen Ingenieurs in ›Der Flug des Kondors‹ nach vier Tagen Wüstenwanderung.

»Scheidinger, wie sieht es mit unserem Termin aus?«, in breitestem Schwäbisch kam diese Frage.

»Das kann ich jetzt noch nicht abschätzen«, sagte ich wahrheitsgemäß und mit rauer Stimme, »Ich rufe Sie an, wenn ich mehr weiß.«

»Gut, dann bis heute Abend!«, sagte Scheidinger zuversichtlich und legte auf.

Ich musste grinsen. Der alte Scheidinger! Ob der ahnte, dass er wahrscheinlich der letzte Mensch war, der mit mir geredet hatte. Aber das war jetzt unwichtig! Hätte ich ihn um Hilfe bitten sollen? Einen Fremden?

Aber andererseits, wen ruft man in so einer Situation an? Den Katastrophenschutz? Das THW? Die GSG9? Meine Mutter?

Ich entschied mich nach intensiven Nachdenken klassisch für die Polizei. Über dem folgenden Telefongespräch liegt die Decke des Schweigens. Der Polizist am anderen Ende amüsierte sich köstlich, als ich ihm meine Situation schilderte. Erst glaubte er mir nicht, aber anscheinend klang ich so verzweifelt, dass ich ihn von der Wahrheit meiner Darlegungen überzeugen konnte.

Am Schluss fragte er mich noch, ob ich wirklich nicht Nils,der kleine Telefonschreck sei, wies mich auf die Konsequenzen eines Fehlalarms hin und sicherte mir dann prustend Hilfe zu. Ich versuchte ihm abschließend zu erklären, wo ich mich befand, was noch einmal Erheiterung erzeugte.

Nach einer gefühlten Ewigkeit näherten sich von hinten Stimmen. Ich hatte schon gefühlt mehrere Hitzschläge erlitten. Wahrscheinlich waren alle Schokoriegel in meinem Rucksack zerschmolzen und meine Colaflasche kurz vor der Detonation.

Inzwischen kannte ich meine Umgebung, beziehungsweise die 180 Grad, die mir zugänglich waren, sehr gut. Ein alter baufälliger Schuppen auf der anderen Seite des Flusses bildete den Höhepunkt meiner Aussicht. Rechts von ihm erstreckte sich eine Weidenhecke, links ein Kornfeld. Es war also einiges geboten.

Dann waren meine potentiellen Retter bei mir angelangt.

»Hilfe! Hilfe!«, brachte ich mit letzter Kraft heraus.

»Wir sind Oberwachtmeister Otto und Hauptwachmeister Brunner.«, stellten sich die zwei hinter mir stehenden Polizisten vor.

»Wir sind Bernd und Jonas von der FFW Sailershausen.«, hängten sich zwei weitere Personen an die Vorstellung an. Das war das Team.

»Sind sie verletzt?«, fragte mich Otto.

»Nein, nur Kratzer!«, wiegelte ich ab.

Na klar, das Gebüsch hatte mir Wunden im Gesicht und an den Armen beigebracht. Wahrscheinlich sah ich martialisch aus. Der, inzwischen herabrinnende, Schweiß bildete sicher mit meinem Blut ein tolles rotes Gebräu auf meiner Haut.

»Dann wollen wir sie mal da rausholen.«, ich glaubte Bernd wieder zu erkennen.

Ich hörte sie mit mit gesenkten Stimmen beratschlagen, wie sie mich aus dieser Lage befreien könnten. Ich hörte Kran, Bulldozer, Kettensäge und ähnliches.

Nach etwa zehn Minuten Unterredung gab mir Bernd den Plan bekannt: »Mit Schalbrettern werden wir eine Rettungsplattform um sie herum auf dem Schlamm aufbauen. Sie sollte es uns ermöglichen sie aus dem Modder zu ziehen.«

So der Plan.

Nach einer halben Stunde war ich von Brettern umgeben. Als erstes nahmen die FFWler, auf der Plattform balancierend, mir meinen Rucksack und meine Wanderschuhe ab. Ich forderte einen Schluck Cola Zero. Angeekelt spuckte ich die warmen Plörre aus. Dann erbarmte sich jemand und gab mir aus einer Flasche erfrischendes, kaltes Wasser. Als nächstes forderte ich mein Käppi aus dem Rucksack. Als es mein schütteres Haar bedeckte, ging es mir schon etwas besser.

Hinter mir musste sich inzwischen eine tausendköpfige Menschenmenge angesammelt haben, zumindest hörte sich das so an.

Der Redakteur der hiesigen Tageszeitung, Herr Förster, hatte mich bereits interviewt und von hinten fotografiert. Wahrscheinlich wurden bereits die Filmrechte verkauft, und der Inhalt meines Rucksacks auf ebay versteigert.

Dann der entscheidende Moment. Die zwei Feuerwehrmänner in Gummistiefeln, die Polizisten hielten sich vornehm zurück, zogen und zerrten an mir. Nichts bewegte sich. Dann versuchten sie die Beine einzeln aus dem Schlamm zu ziehen. Kein Erfolg.

Ich kam mir vor wie ein gefallener Mafiosi, dessen Beine in Betonkübeln festsaßen.

»Was ist euer Plan B?«, fragte ich die Feuerwehrmänner mit gebrochener Stimme.

»Welcher Plan B?«, Jonas wirkte erstaunt. Wieder Beratschlagungen mit gesenkter Stimme.

Dann ging ein Raunen durch die Menge.

Jonas erschien mit einem Klappspaten in meinem eingeschränkten Gesichtsfeld. Mir wurde schlagartig klar, dass es jetzt so weit war. Sie würden mir mit dem Spaten die Unterschenkel abhacken und mich blutüberströmt zum Krankenwagen schleppen.

Aber war überhaupt ein Krankenwagen da? Hatte ich noch Blut in mir? Die Mücken torkelten mit fetten Bäuchen schon seit Stunden um mich herum.

Ich fragte den Feuerwehrmann nach Morphium. Der faselte nur etwas von Hitzschlag. Dann schloss ich die Augen und rechnete jeden Moment mit den fürchterlichsten Schmerzen unter meinen Knien. Doch Jonas hatte nichts blutrünstiges im Sinn und begann nur, den Schlamm um meine Unterschenkel mit dem Spaten zu entfernen.

Zehn Minuten später waren meine Beine freigeschaufelt und die FFWler halfen mir auf die Schalbretter. Ich musste erbärmlich aussehen mit meinem blutverschmiertem Gesicht und den Schlamm bedeckten Unterschenkeln. Die Massen applaudierten trotzdem. Endlich konnte ich sie sehen. Es waren zirka zehn Personen, alle bäuerlich gekleidet.

Meine Unterschenkel waren noch dran und Wirsing besiegt, zumindest für heute. Bei der ganzen Aktion war es doch sehr spät geworden. Die Sonne versteckte sich schon hinter den Weidenbüschen neben der baufälligen Scheune.

»Gibt es hier ein Hotel oder so was ähnliches?«, fragte ich Bernd.

Der lachte nur: »So was gibt es bei uns nicht, aber du kannst bei uns übernachten. Meine Frau freut sich sicher! Und eine Vesper ist bestimmt auch drin.«

Ich nahm dankbar an und freute mich schon auf die Dusche, um meine Unterschenkel wieder zu sehen und den Angstschweiß abzuwaschen. Ich bedankte mich bei Jonas und den beiden Polizisten und verabschiedete mich. Dann liefen wir zum Haus von Bernd. Der trug meinen Rucksack, ich war ja noch geschwächt.

Es war ein schnörkelloses weiß angestrichenes, zweistöckiges Haus. Umgeben wurde es von einem gepflegten Bauerngarten. Rechts war eine Garage angebaut, vor der ein roter Opel Astra Kombi stand.

Ich spülte meine verkrusteten Unterschenkel und Füße mit dem Gartenschlauch ab, der auf dem Rasen lag. Dann betraten wir das Haus durch eine Holzeingangtür mit gelber Glasscheibe und stiegen die Treppe hinauf. Ich wurde im Fremdenzimmer im ersten Stock untergebracht. Es war ein einfach eingerichteter Raum, mit Bett, Schrank und einer Kommode, auf der ein paar Bilder standen. Sie zeigten in schwarzweiß mir unbekannte Personen. Alles wirkte wie aus einer anderen Zeit.

»Das ist die Wohnung meiner Schwester.«, sagte Bernd, als er mir das Zimmer zeigte, »Dusch erst mal und dann kommst du ins Erdgeschoss auf die Terrasse. Da gibts ein kühles Bier und was zu essen!«

Ich packte meinen Kulturbeutel aus und machte mich auf die Suche nach dem Bad. Drei Zimmer später hatte ich es gefunden. Im Gegensatz zu meinem Zimmer war es richtig luxuriös eingerichtet. An der Wand und auf dem Boden schwarzer Marmor und ein freistehendes schwarzes Waschbecken. Die Dusche ganz verglast, mit ebenerdigem Zugang und eine dreieckige Badewanne kuschelte sich in die Ecke.

Geduscht, frisch angezogen und mit leichten Kopfschmerzen, traf ich dann das erste Mal auf die Familie des Feuerwehrmannes. Ich nahm Platz auf den typischen Metallterrassenmöbeln mit karierter Auflage und mir lief das Wasser im Mund zusammen, als ich die Köstlichkeiten sah, die auf dem Tisch standen.

Das angebotene Bier lehnte ich ab. Dafür kippte ich einen Schluck eiskalter Zitronenlimo hinunter und belegte mir eine Scheibe frischen Bauernbrotes mit rotem Presssack.

»Alles von eigenen Schweinen!«, merkte Bernd an. Doch das war mir egal, es schmeckte köstlich.

»Das ist meine Frau Sabrina und meine Schwester Lucille!«, stellte Bernd die Runde vor.

Die saß zu meiner Rechten. Ich schätzte sie auf Anfang 30. Mit kurzen, blonden Haaren und einer passablen Figur, soweit man das im Sitzen beurteilen konnte. Sie hatte eine weiße, kurzärmlige Bluse an und sehr knappe Shorts. Ihre barfüßigen Beine hatte sie übereinander geschlagen.

Am Gespräch beteiligte sie sich nur wenig und wirkte etwas abwesend.

Wohingegen Bernd und seine Frau Sabrina ausschweifend vom kulturellen Leben in Sailerhausen schwärmten. Vor allem vom jährlichen Feuerwehrfest, wovon sonst, und der Kirchweih.

Außerdem war Sabrina im Landfrauenbund tätig.

Unter uns gesagt, das sah man auch. Sie war mit Kittelschürze und irgend etwas Pluderhosen ähnlichem, bekleidet und erfüllte das Klischee einer Landfrau vollens. Auch ihre kurzen braunen Haare, die leicht fettig waren, passten dazu.

Mich wunderte nur, dass nicht fünf Kinder in allen Formaten durch die Hallen tobten. Man konnte auch keine Anzeichen von ihnen erkennen. Keine Bilder an den Kühlschranktüren und keine zerkrümelten Plätzchen auf dem Sofa.

Wir lachten dann auch herzlich, als ich von meiner Angst, mir könnten die Unterschenkel mit dem Spaten abgetrennt werden, erzählte. Bei mir kam kurzzeitig doch noch mal das mulmige Gefühl hoch.

Sogar die Schwester lies ein Lachen erkennen, was sie gleich viel sympathischer aussehen lies. Doch was mich an ihr viel mehr interessierte war ihre Bluse, die sie an hatte, beziehungsweise die geöffneten Knöpfe.

Die meisten Frauen machen immer so viel Knöpfe auf, dass man gerade eben den Brustansatz erkennen konnte, oder vielleicht ein bisschen mehr.

Sie hatte dieses Maß, ich würde sagen, um zwei Knöpfe überschritten.

So hatte ich hin und wieder einen phänomenalen Ausblick auf ihren großen rechten Busen einschließlich der Brustwarze. Beides war sehr wohlgeformt.

Als ich wieder einmal meine Aussicht genoss und gedankenverloren die Blicke über ihren Busen schweifen ließ, erwischte sie mich. Ich blickte hoch und sah geradewegs in ihre, wie ich jetzt feststellte, braunen Augen.

Bis jetzt hatte mich ja auch etwas anderes interessiert. Zu meinem Erstaunen traf mich aber kein strafender, sondern eher ein ermutigender Blick. Sie machte sogar noch einen zusätzlichen Knopf auf. Wir machten ein kleines Spiel daraus. Ich versuchte ihren Busen zu erspähen und sie mich dabei zu erwischen. Meistens gewann ich! Ich glaube, sie gab sich nicht ausreichend Mühe.

Es war also, im Gegensatz zum Tag, ein erfolgreicher Abend, der harmonisch ausklang.

Gegen 22.00 Uhr teilte ich der Runde dann mit: »Ich gehe jetzt ins Bett! Ich muss bis morgen Mittag noch ein ganzes Stück laufen und von den heutigen Vorfällen bin ich auch etwas ausgelaugt!«

Die ganze Familie nickte mir mitfühlend zu und ich verschwand in meinen oberen Gemächern.

Mit Scheidinger hatte ich schon telefoniert, mein Missgeschick kommuniziert und mein morgiges Kommen angekündigt. Meine Ankunft am Bänkle war gegen Mittag geplant.

Wirsing hatte ich total verdrängt und ich fiel auch fast sofort in einen traumlosen Schlaf.

Gut und tief geschlafen.

Tag 2 – Petra

Als ich am nächsten Morgen aufwachte fühlte ich mich wieder topfit.

Ich räkelte mich in den sehr bequemen Laken und stand dann auf. Gestern hatte ich meinen Sonnenbrand im Gesicht und den Zonen darüber noch mit einer Creme behandelt. Dann war ich in einen todesähnlichen Tiefschlaf gefallen, der auch von der absoluten Stille um mich herum gefördert wurde.

Ich sah aus dem Fenster. Die Sonne strahlte vom Himmel und es versprach ein heißer Tag zu werden.

Dann stand ich unter der Dusche im Bad des ersten Stocks. Ich wusch mir gerade das Shampoo aus den Haaren und hatte meine Augen zum Schutz vor dem aggressiven Schaum geschlossen.

Da hörte ich, wie die Duschtür mit einem Ploppen geöffnet wurde und ein Körper sich an meinen Rücken schmiegte. Bernd konnte es nicht sein, da ich zwei Brüste spürte, deren Warzen an meiner Haut entlang fuhren. Eine weibliche Stimme flüsterte mir ins Ohr: »Nicht umdrehen!«

Eine Hand strich zärtlich an meiner rechten Körperseite entlang. In der Körpermitte stoppte sie und tastete sich zu meinem Glied voran. Zwei Finger schoben meine Vorhaut zurück und begannen vorsichtig meine Eichel zu massieren, was meinen Penis dazu veranlasste sich auf zu stellen.

Dann umfasste ihn die Hand und begann mit sanftem Druck vor und zurück zu fahren. Das fühlte sich wirklich sehr gut an, so kann ein Tag beginnen, dachte ich. Noch dazu fühlte ich ihre Brüste im Rücken und auch ihre steifen Brustwarzen. Zum Sprechen war jetzt wohl nicht der Zeitpunkt. Dazu hätte ich auch nicht die nötige Luft gehabt.

Ich schob meine linke Hand nach hinten und suchte zwischen den Beinen meiner Freudenspenderin nach ihrer Klitoris. Von Schamhaaren war nichts zu spüren, was mich noch etwas mehr aufgeilte. Dann begann ich diese sanft zu massieren.

Über uns rieselte das warme Wasser. Ich hörte sie leise stöhnen.

»Du kannst ruhig fester zugreifen!«, raunte sie mir ins Ohr, was ich sofort umsetzte. Ich merkte wie ihr Becken sich zu bewegen begann. Ihr Stöhnen wurde lauter. Sie küsste mich in den Nacken und spielte mit ihren Zähnen an meinem Ohrläppchen.

Wir kamen fast gleichzeitig. Als ich merkte, das sie zweimal krampfig mit ihrem Becken nach vorne fuhr und sie ein lautes »Jaaaaaa!« ausstieß hörte ich auf sie zu massieren.

Ich spürte das ziehende Gefühl, mit dem sich mein Orgasmus ankündigte. Mit einem kurzen Stöhner und dem schönen Gefühl um meinen Schwanz herum spritze ich meinen Erguss in ihre Hand, die dann verschwand. Die Frau küsste mich noch einmal in den Nacken, klappte die Duschtür auf und war verschwunden.

Ich spürte dem schönen Gefühl nach.

Das konnte nur Lucille gewesen sein. Sabrina traute ich das wirklich nicht zu. So konnte ich mich nicht täuschen! Aber trotzdem, wer hätte das gedacht, gestern Bauernschwester und zwei Knöpfe zu viel offen und heute das. Das war mir noch nie passiert, nicht mal mit Petra und das wollte schon etwas heißen. Wir hatten es wirklich in allen Stellungen und an allen denkbaren Orten getrieben.

Und da rollte er wieder in meine Gehirnwindungen, Wirsing. Guten Morgen, liebe Sorgen, seid ihr auch schon alles da, wie schon Jürgen von der Lippe sang.

Als ich aus der Dusche kam, stand Lucille in einem rosa Bademantel am Waschbecken und putzte sich die Zähne.

»Guten Morgen!«, sagte ich und ich grinste über das ganze Gesicht.

Sie gab, mit der Bürste und Schaum im Mund, ein Geräusch von sich, das ich als ähnliche Aussage interpretierte.

Als ich an ihr vorbeiging, strich sie mit ihrer linken Hand über mein, noch halb steifes, Glied und verteilte etwas Zahncremeschaum darauf. Was ihr ein glucksendes Geräusch entlockte. Das Teil begann gleich wieder in die Waagrechte zu kommen. Ich verließ das Bad fluchtartig.

»Frühstück bei mir in der Küche!«, rief sie mir noch mit Wasser im Mund hinterher.

Als ich kurz darauf die Küche betrat, saß sie schon am Tisch und rührte in einer pinken Müslischale. Die Küche war nicht sehr liebevoll eingerichtet und sehr aufgeräumt. Die hellen Schränke wirkten eher steril. Es stand fast nichts herum. Auch der Kühlschrank war fast leer, wie ich bei der Suche nach dem O-Saft bemerkte.

Ich nahm eine, auf dem Tisch stehende, Tasse. Nach kurzer Zeit hatte ich den Kaffeevollautomaten durchschaut und einen Cappuccino gewählt. Andere Geräte sah ich in der Küche nicht.

Dann setzte ich mich an den Tisch, sah in die braunen Augen von Lucille und überlegte, wie ich das Gespräch beginnen sollte. Nach unserem Intermezzo in der Dusche fiel mir das nicht leicht.

Als ob sie meine Gedanken lesen könnte, sagte sie unvermittelt: »Nein, wir brauchen nicht darüber reden« Sie lächelte mich an.

Während ich sie sinnend ansah wurde mir bewusst, dass sie sehr gut aussah. Sie war schmal gebaut, mit einem ebensolchem Gesicht. Ihre blonden Haare waren kurz geschnitten und umgaben wuschelig ihr Gesicht mit den großen Augen und den feinen Augenbrauen, die an den Enden leicht nach oben gezogen waren. Was ihr etwas chinesisches verlieh. Über ihren Mund will ich gar nicht reden. Das einzige was mir dazu einfiel war, dass ich sie küssen wollte. Ich riss mich wieder von ihr los.

Wie ich Menschen hasste, die immer das Richtige im richtigen Moment sagten, versuchte ich mich abzulenken.

Ich konzentrierte mich gerade auf meine Marmeladensemmel, als sie mir die Tageszeitung, mit einem Bild meiner Rückansicht, vor die Augen hielt. Ich sah so bescheuert aus, mit meiner hochgekrempelten Hose, zwei Feuerwehrmännern, die an mir zerrten und dem vor Angstschweiß triefenden Wandererhemd.

Als ich sie wieder ansah, begannen wir gleichzeitig lauthals zu lachen. Dann klingelte ihr Handy, genauso wie noch dreimal während des Frühstücks. Ich hörte, dass sie immer Termine vereinbarte. Ihre Stimme klang ganz anders, so verführerisch, so sanft, aber doch geschäftsmäßig.

»Was machst du eigentlich beruflich?«, fragte ich sie nach dem dritten Anruf.

»Ich bin Prostituierte, vor allem so SM Sachen.«, sagte sie beiläufig.

»Eine Domina!«, entfuhr es mir. Ich konnte in dem Moment nicht anders, ich hatte noch nie eine Domina gesehen, vor allem nicht eine, die gar nicht wie eine aussah.

»Entschuldige, ich habe noch nie eine echte, lebende Domina gesehen!«, versuchte ich zu beschwichtigen.

Sie lachte aber nur und sagte: »Da bist du sicher nicht der Einzige.«

»Aber hier auf dem Land?«, stellte ich die Frage.

»Meine meisten Freier kommen aus der nahen Kreisstadt, das sind nur 30 Minuten zu fahren, und hier kennt sie keiner, das lieben die Kunden.«

»Eine Domina!«, murmelte ich vor mich hin, »Dann hast du doch auch so Folter- und Lackzeugs?«

»Willst du mein Studio sehen, das ist im Keller.«, bot sie mir an, »Bis zum ersten Kunden habe ich noch Zeit.«

Ich nickte nur, ich in einem SM Studio, die Sache wurde immer besser. Eigentlich stand ich ja nicht auf solche Sachen, aber es würde sich sicher gut in meinem Internetchat machen. Wir verließen die Küche und stiegen in den Keller hinunter. Dort öffnete sie eine, schwarz gestrichene, Tür und schaltete das gedämpfte Licht ein.

Ich war sprachlos. Es war ein schwarzer Raum mit Gegenständen, für die ich erst einen Namen erfinden müsste, geschweige denn, zu wissen, was man damit machte.

»Warst du ein böses Kind?«, fragte sie unvermittelt und grinste.

»Natürlich!«, sagte ich, Böses ahnend.

»Dann zieh dich aus!«, befahl sie.

Ich wollte gerade antworten, dass das vielleicht nicht so eine gute Idee wäre, da drohte sie mir mit einem Peitschen ähnlichem Teil und ich ergab mich in mein Schicksal. Ruck zuck hatte ich mich meiner Kleider entledigt.

Sie fesselte meine Hände mit ledernen Schnüren an ein Möbelstück, das wie ein Hocker aussah, der allerdings verkehrt herum an die Wand geschraubt war. Dann setzte sie wieder ihre Peitsche ein, allerdings eher zärtlich als SM mäßig. So stellte ich mir so was jedenfalls vor. Sie setzte zwei Brustwarzenklemmen ein, was mich verrückt machte. Über mein Glied streifte sie einen Ring, der mein Blut vorne hielt. Ich hatte dadurch einen Dauersteifen.

Dann schaute sie plötzlich auf ihre Uhr: »Wir müssen jetzt Schluss machen, Kundschaft kommt!«

Dabei betrachtete sie meinen Penis, schob die Vorhaut gänzlich zurück und sagte: »Du hast einen Schönen!« Dann sah sie mir in meine, übrigens blauen, Augen.

»Ich habe mich ein kleines bisschen in dich verliebt!«, hauchte sie noch.

Sie fuhr gedankenverloren über meine Schwanzspitze. Und da war es wieder das ziehende Gefühl. Ich konnte ich es nicht mehr halten und stöhnte dabei etwas auf. Als sie das bemerkte hielt sie wieder die Hand vor meinen Penis und fing das Ejakulat auf. Lächelnd verschwand sie im Nebenraum. Kurz darauf kam sie zurück, löste meine Fesseln und nahm den Penisring ab. Ich zog mich wieder an und wir gingen schweigend in den ersten Stock.

»Ich pack dann mal!«, sagte ich leicht verschämt und verschwand im Gästezimmer.

Voll aufgerödelt kam ich zehn Minuten später in die Küche. Lucille war nicht da. Auf dem Tisch lag die Visitenkarte von meiner Domina. Ich hob sie auf und drehte sie um. Da stand in einer tollen Handschrift:

›Schön dich kennen gelernt zu haben, ruf doch mal an, auch, wenn du nicht gefesselt werden willst!‹ Daneben war ein Smiley gezeichnet..

Ich holte eine Bänkle Visitenkarte aus meinem Portemonnaie, die neben der SM Karte wie die eines Zweijährigen aussah, und schrieb mit krakeliger Schrift auf die Rückseite:

›Wenn ich bei dir duschen darf!‹ Und auch ein Smiley.

Dann stand ich noch ein paar Minuten sinnend in der Küche. Ich riss mich aus den Gedanken und suchte Bernd und seine Frau, von denen ich mich auch gerne verabschiedet hätte, konnte sie aber nicht finden.

Also verließ ich frischen Mutes das Haus, das ich unversperrt zurück lies, und machte ich mich auf den Weg zu dem Rentnerehepaar Scheidinger und ihrer Parkbank am Rand des ›Geischterwäldles‹, Originalton Herr Scheidinger, und der famosen Sicht auf den Frankenwald, nach meiner Kartenlesung.

Für die zehn Kilometer von Sailershausen bis zum Bänkle hatte ich zwei Stunden bei erhöhtem Tempo einkalkuliert. Am Morgen hatte ich mit Herrn Scheidinger telefoniert und ihm mitgeteilt, dass ich gegen Mittag eintreffen würde. Die Sonne strahlte auf mich herab und meine Stimmung war bestens. Die Vögel zwitscherten und ich hatte richtig Lust zum Wandern. Ich kam an Getreidefeldern und grünen Wiesen vorbei. Dazwischen lag auch mal ein Maisfeld.

Nur vom richtigen Weg durfte ich nicht wieder abkommen. Ich kannte mich genau, ich war einfach zu unkonzentriert. Also, heute volle Aufmerksamkeit. Aus naheliegenden Gründen war ich nicht die Abkürzung querfeldein gegangen, sondern auf dem normalen Wanderweg zurück auf meinen verloren gegangenen ›Grün Kreuz‹ Weg, der mich ans Ziel führen sollte. Und schon schweifte ich gedanklich wieder ab.

Ich musste an meine sehr angenehme Dusche mit Lucille am frühen Morgen denken und dann kam mir Petra in den Sinn. Die beiden waren von der Figur und vom Aussehen nicht so unterschiedlich. Lucille fand ich gut, aber sie war eine Domina! Wahrscheinlich konnte die mir in Liebessachen noch eine ganze Menge beibringen. Doch wollte ich diese Erfahrung machen? Ich war zwiegespalten.

Aber zurück zu Petra. Wir hatten es so ziemlich überall und in allen Stellungen getrieben, die man sich vorstellen konnte, aber an eine Dusche konnte ich mich nicht erinnern.

Jetzt bräuchte ich die berühmte Datei von Petra, in die sie akribisch jede Nummer von uns eingetragen hatte. Es war ein Excel Sheet, aber leider mit Passwort geschützt. Ich hatte den Inhalt nur einmal kurz gesehen, als sie ans Telefon musste und die Datei offen lies.

Es war einfach unglaublich!

Jede unserer Nummern mit Ort, Uhrzeit, Stellung und deren Bewertung. Ihre Orgasmusstärke auf einer Skala von 1 bis 10, und, jetzt wurde es lustig, meine Orgasmusanzahl und geschätzte Menge in Milliliter, Zeitdauer der Steifheit, weiter konnte ich nicht lesen.

Wie konnte sie bei dieser Datenerfassung eigentlich noch Sex machen und umgekehrt. Aber Frauen sind ja Multitaskingfähig, wie es heißt. Dazu gab es noch jede Menge von anderen Tabellen.

Man konnte zum Beispiel sehen, dass wir im ersten Monat unserer Beziehung 62 mal Verkehr hatten, also durchschnittlich zweimal am Tag.

Ihre Orgasmusstärke lag am Anfang durchschnittlich bei zwei, im nächsten Monat schon bei vier und im darauf folgenden bei sieben. Ich lag immer bei zehn, dachte ich schelmisch!

Warum bei ihr nur sieben und nicht mehr? Einen Grund hatte ich nach langer Forschung entdeckt, und das ohne ein einziges Excel Sheet. Dass sie am liebsten ihren BH oder das T-Shirt beim Verkehr anließ, bemerkte ich bald. Später kam ich dann auch auf den Grund, sie hielt ihren Busen für nicht schön. Der Meinung war ich zwar überhaupt nicht, aber was tut man nicht alles. Ich machte es dann so, das ich beim Vorspiel ihr T-Shirt nur hochschob, also hatte ich was von ihrem Busen und es dann wieder herunterzog, wenn es richtig zur Sache ging.

Über sieben kamen wir aber trotzdem nicht hinaus, irgendetwas muss sie mir verheimlichen. Ich hatte keine Vorstellung, was ich falsch machte. Einen Hinweis gab es aber.

Eine einmalige neun!

Ich hatte mich im Fasching als ›Pretty Woman‹ verkleidet. So mit kurzem Lederrock, schwarzer Strumpfhose, ausgestopftem BH und blonder Perücke. Ich sah aber auch heiß aus. Das bemerkte ich vor Allem daran, dass ich mehrere Male von Jungs zum Tanzen aufgefordert wurde. Natürlich machte ich mir den Spaß und wenn sie mehr wollten nahm ich meine Perücke ab, oder schnäuzte mich in die Taschentücher aus meinem BH. Petra amüsierte sich fast noch mehr als ich. Sie war natürlich als Richard Gere verkleidet und machte auch keine schlechte Figur.

Ich weiß noch, als wir heimkamen, ist sie regelrecht über mich hergefallen, hat meine Strumpfhose zerrissen und darauf bestanden, dass ich den Rock und den BH anließ. Es ging verdammt hoch her in den nächsten zehn Minuten. Sie explodierte fast unter mir und war ganz schön laut dabei. Danach lag sie lächelnd neben mir. Ich ahnte da schon, dass das mehr als eine sechs war!

Aber eine neun, unglaublich!

Aber wie war ich jetzt darauf gekommen? Ich war schon wieder in meine geistigen Abgründe hinabgestiegen und hatte nicht auf den Weg geachtet. War das Kreuz noch grün?

Erst einmal, es war noch grün! Aber die Frage nach dem Sex unter der Dusche mit Petra war noch ungeklärt. Ich wusste, dass sie allgemein kein Wasserliebhaber war. Die Hintergründe dazu blieben im Dunkel. Falls ich sie jemals wiedersehen sollte, würde ich sie fragen, was da bei ihr schief gelaufen war.

Genauso, warum wir nie den sieberner Schnitt geknackt hatten, jetzt konnte sie mir das ja sagen. Dass das eher passieren sollte, als ich dachte, wusste ich ja zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Ohne weitere Schwierigkeiten und Umwege erreichte ich die Bank im ›Geischterwäldle‹.

Zu meiner Überraschung erwarteten mich dort nicht nur die Scheidingers, sondern etwa 30 Menschen, mehrere Kästen Bier, ein Grill, zwei Bierbänke und Tische, ein Ziehharmonika Spieler und eine Stimmung wie auf dem Oktoberfest. An Hand der leeren Flaschen in den Kästen konnte man sehen, dass das Fest schon länger im Gange war und das um zwölf Uhr Mittags.

Ein älterer Herr stürzte auf mich zu.

»Scheidinger!«, stellte er sich vor. Ich schätzte ihn auf Ende 60, er war bullig gebaut und natürlich in Funktionskleidung gehüllt.

»Endlich sind Sie da, wir sind doch mehr geworden als ich dachte!«, strahlte er mich an und stellte mir zuerst seine Frau Helga und dann die restliche Runde vor. Mit einigen Namen konnte ich etwas anfangen. Ich hatte den Verdacht, dass es sich um Mitglieder der Bänkle Gemeinde handelte.

Scheidinger bestätigte das: »Ich habe mit Hilfe unseres Chatrooms andere Bänkle User aktiviert und sie gebeten hierher zu kommen. Die Verpflegung und alles Notwendige war schnell organisiert! Wir hatten gestern schon einen tollen Abend!« Er grinste mich selbstbewusst an. Offensichtlich hatten sie mich nicht vermisst.

Zu meinem Entsetzen sah ich auch eine Zeitung mit dem Havariebild auf dem Biertisch liegen. Mein Ruf war mir also schon voraus geeilt. Ich versuchte nicht darauf ein zu gehen und drehte die Zeitung unauffällig um.

Dann setzte ich mich und bekam sofort ein Bier hin gestellt. Ich bedankte mich, orderte aber eine Cola. Als nächstes musste ich ausführlich von meinem ersten Tag und natürlich vom Höhepunkt, der Rettungsaktion erzählen, was ich lieber vermieden hätte.

Der Bein abhack Teil bildete den humoristischen Höhepunkt und rief in mir immer noch ein seltsames Gefühl hervor. Ich nahm verstohlen einen Schluck aus meiner Cola. Dann ging es mir wieder besser.

Meine Domina- und Duschgeschichte lies ich aber weg, da es die meisten Anwesenden wahrscheinlich überfordert und geschockt hätte. Das Durchschnittsalter lag doch etwas höher und ich wusste nicht, wie diese Altersgruppe auf meine Erlebnisse reagieren würde.

Aber trotzdem fand ich es Klasse, endlich lernte ich persönlich die Menschen kennen, die meine Internetseite zum Leben erweckten. Ich sprach mit allen und konnte mich auch an die eine oder andere Bank, meistens aber an die Geschichten dahinter, erinnern.

Genauso wie die der Scheidingers.

Und da es nicht meine Geschichte war, sondern deren, durften sie sie auch hier und jetzt mir und den anderen erzählen. Sie setzten sich auf die wackelige Bank, von der der grüne Lack abblätterte und hielten sich an der Hand. Ich nahm neben ihnen Platz.

Ich musste lachen und weinen zugleich, als Herr Scheidinger in seinem breiten Schwäbisch anfing zu erzählen. Dabei schaute ich in die Runde und sah die gespannten Gesichter, teils schon mit leicht glasigen Augen.

Das waren sie, meine Bänkle Freunde! Ich konnte es gar nicht fassen. Frau Scheidinger berührte mich an der Hand, als sie sah, dass ich Tränen in den Augen hatte, auch sie hatte feuchte Augen. Seit Langem hatte ich mich nicht mehr so geborgen und freudig gefühlt. Das ist das wahre Leben, dachte ich.

Und dann ging es los.

»Es war vor 30 Jahren«, erzählte Scheidinger, »wir waren noch nicht verheiratet, geschweige denn, dass wir uns überhaupt kannten. Mich hatte es aus dem Schwabenländle nach Franken verschlagen. Ich war Tierarzt und wollte hier eine Praxis aufbauen. Was mir allerdings zum endgültigem Glück fehlte, war eine passende Frau und mit der eher spröden fränkischen Mentalität kommt man als Schwabe nicht so recht klar.

Was also tun?, war die Frage. Allein bleiben wollte ich nicht. Ich kannte niemanden, und tagsüber war ich mit meiner Praxis beschäftigt und hatte keine Zeit mich um mein Liebesleben zu kümmern. Um alles Weitere zu verstehen, muss ich aber weiter ausholen. Neben unserer Bank steht ein altes Marterl.«

Ich drehte mich um, tatsächlich da stand eins. Das hatte ich weder auf dem Bild gesehen, noch war es mir in Natura aufgefallen. Es war zirka ein Meter fünfzig hoch und aus verwittertem grauen Stein. Am oberen Ende befand sich ein Kapitel, in das ein Wappen eingeschlagen war. Darunter war eine Inschrift zu entziffern. ›Heiliger Antonius, hilf!‹ stand da.

Natürlich kam mir sofort wieder mein Freund Cage in den Sinn. Das Marterl hatte bestimmt ein schreckliches Geheimnis, das ich lösen musste oder vielleicht sogar ein Geheimfach. Ich nahm mir vor, es nachher zu fotografieren und nach Geheimfächern zu durchsuchen.

»Es geht die Sage«, fuhr Scheidinger fort, nachdem sich alle wieder zu ihm gewandt hatten, »dass König Otto III. bei einer Jagd an dieser Stelle ein Findelkind entdeckte und, da seine Frau keine Kinder bekam, es an Kindes statt annahm. Später fand er dann heraus, dass es sein Kind war, das er mit einer Magd gezeugt hatte. Die hatte es dort abgelegt, um es dem König nahe zu bringen. Daraufhin lies er an dieser Stelle dieses Marterl errichten.

Oft kamen Menschen zu dem Marterl, wenn sie den Kontakt zu jemanden verloren hatten und hofften ihn dort zu treffen oder einen Hinweis auf seinen Verbleib zu bekommen. Nach dem zweiten Weltkrieg sollen an den Bäumen rund um das Marterl unglaublich viele Suchmeldungen gehangen haben. Zumindest wird das erzählt. Ob es geholfen hat, ist wissenschaftlich nicht erforscht, aber nicht unwahrscheinlich.

Tja, und in meiner Not, dachte ich mir, schaden kann so eine Wanderung zu diesem Marterl sicher nicht. Ich zog also meine Wanderklamotten an, packte eine Vesper ein und lief an jenem Schicksalssonntag vor 30 Jahren in Richtung Marterl los. An diesem Tag war das Wetter schlecht, und ich kämpfte mich todesmutig durch Regenschauer und schlammigen Untergrund.

Aber meine Mühen sollten belohnt werden. Als ich nach einem Regenguss den Hut ausklopfte und ihn wieder aufsetzte, stand sie vor mir.

Durch die hervorbrechende Sonne und die aufsteigenden Nebel war sie wie in eine Aura gehüllt und kam mir wie eine Erscheinung vor.

Helga, die Tochter der Haushälterin der Industriellenfamilie Schornbiegel, stand vor mir. Sie kam gerade vom Marterl zurück, wo sie um einen netten Mann gebetet hatte.

Es war Liebe auf den ersten Blick. Auf beiden Seiten! Nach einem Jahr läuteten die Hochzeitsglocken!«

Scheidingers Stimme zitterte und er rang mit den Tränen. Mein Gott, war das ein Geheule! Du musst gerade was sagen, warf ich mir dann aber gleich vor.

»Und zu unserem 30. Hochzeitstag beschlossen wir dann wieder zum Marterl zu wandern und uns bei ihm zu bedanken. Als wir dann hierher kamen, lag das Marterl nicht mehr mitten im Wald, sondern am Waldrand und es stand diese Bank daneben. Und seitdem ist das unsere Bank.«, endete Scheidinger.

Nachdem sich alle geschnäuzt hatten und wieder Herr ihrer Sinne waren, applaudierten alle und ließen Scheidinger und seine Frau hoch leben.

Ich stand auf, um das Marterl zu fotografieren. Dann untersuchte ich es nach Geheimfächern, fand aber natürlich nichts. Enttäuscht wollte mich von den Scheidingers verabschieden, um weiter zu wandern. Als ich mich umdrehte, stand sie vor mir!

PETRA! Ich erkannte sie sofort! Meine Petra im Wanderoutfit und mit Rucksack. Sie hatte sich in den letzten Jahren kaum verändert. Mit ihren blonden Haaren, der schlanken Figur und ihrer großen Oberweite sah sie toll aus. Natürlich hatte der Zahn der Zeit auch an ihr genagt, was ihr aber gut stand. Alt bekannte Gefühle machten sich in mir breit!

»Was?«, mehr brachte ich nicht heraus. Das Marterl hatte seine Magie strahlen lassen und geholfen uns wieder zusammen zu führen! Ich konnte es gar nicht glauben!

»Das Marterl funktioniert!«, sagte ich mit trockenem Mund zu Petra und räusperte mich, »Gerade hat Herr Scheidinger uns seine Geschichte erzählt!«

»Die habe ich gehört, ich kannte sie aber schon von deiner baenkle.de Seite, und es ist auch kein Zufall, dass ich hier bin, ich dachte mir, das wäre für ein Wiedersehen ein guter Platz.«, sie grinste mich frech an, so kannte ich sie.

»Ich glaub’s nicht!«, ich war immer noch völlig von den Socken.

In einem kurzen Gedankenflash sah ich mich mit rotem Pretty Woman Lederrock auf Petra, die »10!, 10!, 10!« brüllte.

»Ich wollte dich fragen, ob ich dich die nächsten zwei Tage begleiten darf, ich möchte mit dir reden.«, sagte Petra in ihrer direkten Art und klimperte mit ihren phänomenalen Wimpern. Erst konnte ich nichts sagen. Was hatte sie vor? Ich war ein gebranntes Kind und kannte ihre Gefühlsausbrüche.

»Reden, nicht streiten!«, versicherte ich mich.

»Reden!«, Petra lächelte wissend. Am Ende unserer Ehe hatten wir uns nur noch gestritten und teilweise auf wirklich üble Art und Weise. Ich dachte kurz nach, war aber gespannt, was es zu reden gab. Ich mochte sie immer noch und das alles war schon so lange her. Wir waren zwar nicht wie zwei Freunde auseinander gegangen, aber doch mit Respekt voreinander.

»Ok, lass es uns versuchen. Wir müssen aber gleich los, ich möchte unbedingt noch zum nächsten Bänkle.«, sagte ich.

Ich drehte mich zu meinen Bänkle Freunden um, klopfte auf den aufgestellten Biertisch und rief ihnen zu: »Bis nächstes Mal!«

Unter lauten Rufen verabschiedeten uns die Bänkler und der Ziehharmonika Spieler stimmte »Muss i den...« an. Ich merkte, wie sich ein Kloß im meinem Hals bildete und meine Augen wieder feucht wurden.

»Nichts wie weg hier!«, raunte ich Petra zu und zog das Tempo etwas an.

Etwa zwei Kilometer liefen wir schweigend und in Gedanken versunken nebeneinander her, bis ich stehen blieb. Petra sah mich fragend an.

»Ich muss mir den Weg auf der Karte anschauen.«, sagte ich, »Sie ist in der Seitentasche meines Rucksacks, kannst du sie raus holen!« Petra fummelte an meinem Rucksack herum und hielt mir schließlich die Karte vors Gesicht.

»Bitte schön!«, sagte sie und grinste mich an. In meinem Bauch schlüpften die ersten Schmetterlinge aus ihren Kokons. Einen Augenblick zu lange sahen wir uns in die Augen. Angelegentlich breitete ich die Karte auf dem Boden aus und wir beugten uns über sie. Dabei kam Petra mir ziemlich nahe.

Genau so hatte sie immer gerochen, sie stand nicht auf die süßlichen Parfüms, sondern eher auf etwas herberen. Es war immer noch das selbe. Ich nahm einen tiefen Zug.

Wie hatte das mit uns nur so schief gehen können? Ich schüttelte leicht den Kopf. Dabei hatten wir uns doch so geliebt. Aber vielleicht war ja jetzt die Gelegenheit darüber zu reden und mit einigem abzuschließen.

»Du hast mein Parfüm immer gemocht!«, riss mich Petra aus meinen Gedanken. Wie konnte sie wissen, was in meinem Kopf so vorging?

»Und tue es immer noch!«, ich sah sie kurz an und viele Gefühle kamen in mit hoch, doch dann wurde ich wieder Geschäfts mäßig

»Wir sind jetzt ungefähr hier.« ich zeigte auf einen imaginären Punkt auf der Karte, »und dahin müssen wir.« Mein Finger deutete auf einen Punkt neben einer Mainschleife.

»Das sind ungefähr 15 Kilometer. Das Bänkle steht an dieser Biegung des Flusses, da wo in Western immer die Häuptlinge verbuddelt werden.«, wir mussten beide lachen, »Allerdings müssen wir drei verschieden markierten Wanderwegen folgen. Dass ich dazu nicht fähig bin, habe ich gestern hinreichend bewiesen. Deswegen musst du mich bei unserer Wanderung unterstützen. Erst ›Grünes Kreuz‹, dann ›Pilz‹ und dann ›Grüner Punkt‹. Das wird nicht einfach. Ich setzte alle Hoffnung auf dich!«

Petra nickte verstehend, faltete die Karte zusammen und steckte sie in die Seitentasche ihrer Hose: »Und wer erwartet uns dort?«

»Am Bänkle erwartet uns Frau Peter, die ist schon 85, hoffentlich schafft sie den Weg bis zu ihrer Bank!«, sagte ich, halb im Scherz.

»Deine Art von Humor habe ich früher schon nicht verstanden.«, merkte Petra an. Streitgefahr! Bei mir gingen alle roten Lampen an, kurzer Flash, ich im roten Rock. Ich beschloss nicht zu reagieren.

»Halte mich außerdem von allen Bächen und Flüssen fern, die ich überqueren will!«, sagte ich grinsend zu Petra und erzählte ihr, während wir wieder los liefen, die Unterschenkel ab Geschichte.

Danach liefen wir wieder schweigend, dem ›Grünen Kreuz‹ folgend, durch die Mischwälder des Frankenwaldes. Wir hielten nur einmal an, um unsere Hosen zu zippen und einen Schluck aus unseren Trinkflaschen zu nehmen. Ich bot Petra ein halbes Snickers an, was sie aber dankend ablehnte. Meine Gedanken begannen wieder ab zu schweifen.

Dabei hatte alles so Klasse mit uns begonnen! Aber eigentlich war allein Wirsing an allem schuld. Kurz kam das ungute Gefühl wieder auf, das mir seine Mail vermittelt hatte.

Ich konnte es damals nicht glauben und ich habe mich immer gefragt, wie er das hinbekommen hat, aber Petra war zu jener Zeit wirklich Wirsings Freundin. Immer noch unverständlich für mich, der Kohlkopf und die Gazelle! Zuerst kannte ich sie natürlich nicht persönlich, sondern nur von einem Bild, das er stolz in seinem Spind kleben hatte. Natürlich im Bikini, aber nichts anderes erwartete man von dem alten Macho!

Ich fand, dass sie sehr gut aussah. Sie wäre auch mein Typ gewesen. Mit ihren blonden langen Haaren, der schmalen Figur, dem großen Busen und dem betörenden Lächeln. Wie Wirsing geschafft hatte, sie für sich zu gewinnen, ich musste wieder innerlich den Kopf schütteln. Doch sie schienen recht glücklich zu sein.

Ein bis zwei mal pro Woche kam Wirsing mit einem grünen Briefumschlag in unsere Stube, riss ihn auf und verschlang den Inhalt. Meist waren es zwei Blätter, also vier Seiten mit einer eher schnörkellosen geraden Schrift bedeckt. Natürlich war der Brief von Petra, wie er uns immer wieder stolz erzählte.

Über den Inhalt ließ er uns im Dunkel.

In den seltenen, sentimentalen Momenten, die Wirsing hatte, schrieb er auch zurück, kam aber meist nicht über zwei Seiten hinaus. Mit, in voller Konzentration die Lippen reibender, Zunge, ergossen sich in großer Schrift und großen Wortabständen seine Gefühle auf das Papier.

Wir versuchten immer einen Blick auf das Geschriebene zu erhaschen. Da es uns nicht gelang, zogen wir ihn als Liebesbriefe schreibende Muschi auf.

Genervt murmelte er dann meist zustimmend: »Briefe schreiben ist was für Frauen und Schwule.«

Das war Wirsings Welt, die Welt der harten Männer aus Kruppstahl ohne erkennbare Gefühle. Er war der einzige richtige Macho, den ich kannte. Vielleicht mochte Petra genau das an ihm, oder er war eine Granate im Bett, was ich mir aber nicht so recht vorstellen konnte. Ich schätzte ihn mehr als zack rein und schnell raus Typ ein.

Eines Abends saßen wir auf unserer Stube und tranken ein Hefeweizen oder auch zwei und unterhielten uns. Über was wohl, natürlich Frauen.

Gefreiter Stan saß schon immer vor dem Frühstück mit Pornoheften herum und verdarb den anderen den Appetit. Er war auch nicht dazu zu bringen, das erst nach dem Frühstück zu machen. Man kann sich vorstellen, was seine Beiträge zu diesem Gespräch waren.

Gefreiter Beppi kam grundsätzlich besoffen am Sonntag Nacht in die Kaserne und randalierte dann zwischen den Betten. Er sprach nie über Frauen, auch nicht über Männer. Wahrscheinlich war er mit seiner Bierflasche verheiratet. Auch jetzt saß er schweigend da.

Das war also die Frauenversteher Runde einschließlich Wirsing und mir.