Der Entenschatten - Wolfgang Grund - E-Book

Der Entenschatten E-Book

Wolfgang Grund

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Beschreibung

"Der Entenschatten" ist eine geniale Sammlung von verschiedensten Kurzgeschichten, geschrieben von vier, teilweise prämierten, Autoren. Seine Nerven zerreißende Spannung und der große Unterhaltungswert bezieht sie aus der Verschiedenheit der jeweiligen Erfahrungswelten der vier Wortkünstler. Hier einige Beispiele aus den sechzehn Erzählungen. So klärt uns Zahnkünstler Martin Mohr auf, was passiert, wenn sich ein Fremder ins Ostergeschäft einmischt, Motorrad Reisender Wolfgang Grund setzt physikalischen Grundlagen, wie Schrödingers Katze, außergewöhnlich ein, Chirurgin Elli Mattar führt uns vor Augen, zu welchen Abenteuern die Lektüre von "Die Räuber" von Schiller führen kann und Kinderbändigerin Maria Stich schildert uns, wie ein Tukan schweigender Zeuge eines Cosa Nostra Mordes wird. Sie sehen also, ob Angstschweiß treibender Krimi, ausschweifende Fantasie, bewährtes Zwischenmenschliches oder zu Bauchweh führende Lachgeschichte, für jede Leserin und jeden Leser ist etwas dabei!

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Seitenzahl: 126

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Inhalt

Gebrauchsanweisung für dieses Buch

Martin Mohr

›Der Entenschatten‹

›Ostergedicht‹

›Glück 4.0‹

›Tagebuch, in Fragmenten erhalten‹

Wolfgang Grund

›Der Tank‹

›Schrödingers Katze‹

›Liebesnächte‹

›Der Mann, der die Sülze erfand‹

Elli Mattar

›Rotschöpfchen und der Wolf‹

›Verwundungen‹

›Gefallen‹

›Eingeschlossen‹

Maria Stich

›Pfefferminzbruch‹

›Fantasie im Quadrat‹

›Fröhliche Weihnachten, Tukan!‹

›Vier Todesfälle‹

Fußnoten

Gebrauchsanweisung für dieses Buch

Herzlichen Glückwunsch!

Mit dem Kauf dieses Buchs haben Sie eine hervorragende Wahl getroffen!

Was, es war ein Geschenk? Dann herzlichen Glückwunsch, dass Sie jemanden mit einem so guten literarischen Spürsinn kennen.

Man könnte dieses Werk in einem Haps verschlingen. Doch weit mehr Lesegenuss hat man, wenn man sich sorgfältig eine Geschichte aussucht und sich darin vertieft. Dann legt man das Buch beiseite und freut sich auf den nächsten Tag und die nächste Geschichte.

Die Texte sind übrigens zu jeder Tages- und Nachtzeit zu konsumieren.

Aber Vorsicht, es sind Thriller dabei, die an den Nerven zerren und Albträume verursachen könnten und Liebesgeschichten, die extrem aufwühlen und Herzschmerz erzeugen. Andere Texte befeuern den Denkapparat und setzen ein Gedankenkarussell in Gang. Fiktionale Werke lassen Sie über die Zukunft grübeln und könnten zu Schlaflosigkeit führen.

Trotzdem oder gerade deswegen ist dieses Buch auch ein Tipp für die Urlaubslektüre, da es in unbekannte Denkwelten entführt und Ihnen die nötige Balance zwischen Entspannung und Anregung gewährt.

Ob als E-book oder in gebundener Form, es ist eine hervorragende Begleitung zu einem spritzigen Aperol oder kühlen Bierchen.

Also, unser herzlicher Glückwunsch ist durchaus fundiert.

Falls Ihnen danach ist, schreiben Sie einfach eine Mail an [email protected].

Wir vier freuen uns auf jede Rückmeldung!

Martin Mohr

Wie oft entdecken wir in einem Fleck vertraute Formen oder Strukturen im Muster einer Tapete, in den Wolken, im Verputz einer Hauswand. Vielleicht lächeln wir dann kurz und tun sie wieder ab. Doch, was wäre, wenn hinter diesen Sinnestäuschungen ganz eigene Geschichten verborgen lägen? In meinen Texten erlaube ich mir, Realitäten zu verwischen und diese skurrilen Geschichten zu erzählen.

Geboren im Saarland, liegt seit 2008 mein Lebensmittelpunkt in der sanften Landschaft Oberschwabens. Hier finde ich den Raum, meine Fantasie schweifen zu lassen. Aber auch die nötige Ruhe und Konzentration, die ich in meinem Beruf als Zahntechnikermeister brauche, um die Natur zu kopieren.

›Der Entenschatten‹

»Psst! Morgen, das dritte Rennen. Willst du´s wissen? Na? Welches Pferd? Willst du´s wissen?« Dünn, ein wenig quietschend klang die Stimme, die unvermittelt die Ruhe meiner Morgendusche durchbrach. Wäre die Wassertemperatur mit einem Schlag auf vier Grad gefallen, ich hätte mich nicht schlimmer erschrecken können.

»Was? Wie?« Ich wirbelte herum. Mein Fuß versuchte der Shampoo-Flasche auszuweichen, die mir aus der Hand gefallen war. Durch den Duschvorhang hindurch, versuchte ich Bewegungen im Badezimmer auszumachen.

»Wer ist da?« Mir war bewusst, dass meine Stimme nicht selbstsicher genug klang, um einen Eindringling zu beeindrucken.

»Das spielt doch keine Rolle«, antwortete es direkt vor mir. »Das Siegerpferd! Morgen beim Pferderennen! Na? Interesse?«

Mein Herz klopfte bis zum Hals. Ich atmete tief ein, raffte allen Mut zusammen und mit einem beherzten Ruck riss ich den Duschvorhang zur Seite. Seife rann mir in die Augen. Ich tastete nach dem Duschkopf, wobei ich wohl versehentlich an den Wasserhahn stieß, denn tatsächlich übergoss mich jetzt ein eiskalter Schauer.

»Verdammt!« Ich schimpfte wie ein Rohrspatz vor mich hin und überlegte, ob ich zuerst die Wassertemperatur auf erträglich regulieren und mir danach die Augen auswaschen sollte, oder ob das Brennen schlimmer als die Kälte war. Noch bevor ich eine Entscheidung fällen konnte plärrte mich die Stimme an. Sie schien jetzt ganz dicht neben den Falten des Duschvorhangs zu sein, doch wegen der Seife in den Augen konnte ich nichts sehen.

»Na! Spinnst du? Du quetschst mich ein! Na, aufzieh´n, aufzieh´n! Zieh gefälligst den Vorhang wieder glatt.

Na, du legst mich doch in Falten«, schnatterte es neben mir. Folgsam zog ich den Duschvorhang wieder auseinander. Meine Augen brannten immer noch höllisch. Das Rasseln der Haken auf dem Metallrohr wurde von einem quakenden »Na, viel besser« begleitet. »Mach das noch mal und den Tipp mit dem Pferderennen, den kannst du dir zu dem ganzen Schaum in die Haare schmieren.«

Mit der Hand schöpfte ich ein wenig Wasser und benetzte meine Augen. Das Brennen wurde erträglicher. Jetzt konnte ich mich umschauen. Hier war niemand. Links nicht und rechts nicht und geradeaus auch nicht. Das Bad war menschenleer. Verwirrt wischte ich mir über die Augen. Na toll, es brannte schon wieder. Auch mein neuerliches Fluchen änderte nichts daran: Niemand außer mir befand sich in meinem Badezimmer. Ein beängstigender Verdacht beschlich mich. Die letzten Wochen waren anstrengend. Übermüdung, Zerstreutheit, ja, da konnte schon mal die Konzentration verloren gehen. Aber Wahnvorstellungen? Konnte es denn sein, dass die vergangenen Sekunden nur in meiner Einbildung stattgefunden hatten? Es gab keine rationale Erklärung für diese Stimme. Vielleicht wurde ich gerade verrückt? Ausgerechnet hier, unter der kalten Dusche, mit Shampoo in den Augen? Das war wirklich unwürdig. Ich war doch noch so jung. In fünfzig oder sechzig Jahren, ja, da würde ich mir schon erlauben, ein wenig wunderlich zu werden. Werbeprospekte sammeln oder dutzendweise Katzen um mich scharen. Doch anscheinend wollte das Schicksal - oder wer auch immer für so etwas zuständig war – jetzt schon ein wenig mit mir spielen.

Nun, wenn ich also verrückt würde, dann könnte das auch im Warmen geschehen.

Ich änderte die Wassertemperatur auf erträglich und wusch mir nochmal sorgfältig die Augen aus. »Na endlich, wieder warmes Wasser«, kommentierte die dünne Stimme. »Ich dachte schon, du willst uns einfrieren. Kam mir schon vor wie ein Mammut, wie in der Eiszeit«. Jetzt hörte ich konzentrierter hin und kam zu dem Schluss, dass die Stimme aus dem Duschvorhang selbst kommen musste. Damit war es amtlich, mein Verstand schien sich gerade zu verabschieden.

»Wo bist du denn?«, fragte ich zögernd und, so hoffte ich, mit der nötigen Bestimmtheit. »Na direkt vor deiner Nase. Sag mal, bist du weitsichtig? Wo schaust du denn hin? Nein, hier. Direkt vor dir. Im Vorhang! Na, das kann doch nicht so schwer sein mich zu sehen. Hören kannst du mich doch auch.«

Ich neigte mich ein wenig nach hinten. Nichts. Kippte den Kopf hin und her, ganz langsam, um meinen Blickwinkel zu verändern. Nichts. So langsam wich meine Überraschung einer leichten Verzweiflung. Es stand, ganz offensichtlich, nicht gut um mich. Mein Kinn sank auf meine Brust. Und genau in dieser unbewussten Bewegung nahm ich ihn wahr. Es war nur ein Wasserfleck auf dem Duschvorhang, aber diese Form? Woran erinnerte sie mich denn nur? Meine Augen fixierten diese eine Stelle. »Aha, jetzt! Na, kannst du mich endlich sehen?« Ich sah, aber was ich sah, konnte nicht sein. Ganz eindeutig zeichnete sich der Umriss eines Quietsche-Entchens auf meinem Duschvorhang ab.

»Bist das du, der mit mir spricht?«, hauchte ich. Hmmm, das klang jetzt wieder weniger selbstsicher, dachte ich noch, als die Antwort schon aus dem Vorhang kam.

»Klar. Ist hier sonst noch jemand? Nö, oder? Ich meine, ist ja dein Bad. Na, ich seh´ niemanden. Nur dich und mich.

Aber vielleicht bist du ja auch komplett durchgeknallt, hörst Stimmen wo niemand ist?«, ein plätscherndes Lachen war zu hören. »Na klar, bin ich es, die mit dir spricht!«

»Aber«, erwiderte ich verwirrt, »aber du bist ein Quietsche-Entchen. Vielmehr, bist du sogar nur der Umriss eines Quietsche-Entchens. Und ich bin mir sicher, du kannst überhaupt nicht reden. Zumindest nicht mit Menschen. Vielleicht mit deinesgleichen. Aber ich bin nicht deinesgleichen! Ich bin ein ... ich ... ich spreche mit einem Wasserfleck ... ich glaub ich werd verrückt«.

»Jetzt mach dich mal nicht nass.« Das Entchen schielte einem Wassertropfen hinterher, der ihm den Schnabel entlang kullerte. »Na, wir machen jetzt mal Folgendes. Ich sag dir welches Pferd gewinnt und beim nächsten Duschen haben wir bestimmt einen besseren Start. Also, morgen, setz morgen alles was du hast auf den fliegenden Holländer. Und bitte, lass das mit dem Fluchen, das ist gar nicht gut!«

Wie ich genau aus dem Badezimmer herauskam, kann ich nicht mehr sagen. Auf jeden Fall kauerte ich irgendwann abgetrocknet und angezogen, die Knie fest umschlungen, auf dem Sofa. Alles was an Kissen und Decken aufzutreiben war, hatte ich um mich herum aufgetürmt. Schon als Kind funktionierte das ganz prima, um dem Grauen, das oft den Albträumen nachklang, zu entkommen. Mit jeder Stunde die verging, wuchs in mir die Sicherheit, dass ich wohl schlicht und ergreifend zu heiß geduscht hatte und so etwas wie einen kleinen Hitzschlag unter der Dusche erlitten haben musste. Es konnte gar nicht anders sein. Und um diesem Ereignis gänzlich alles Mysteriöse zu nehmen, beschloss ich, mir einen Spaß daraus zu machen und zehn Euro beim Pferderennen zu verpulvern. Nicht, dass ich den Tipp ernst nahm. Im Gegenteil, er war töricht und albern und mit Sicherheit würde ich das Geld verspielen. Aber damit wäre dann auch belegt, dass das Entchen im Vorhang nur ein Ergebnis meines überhitzten Geistes war.

»Fliegender Holländer?«, die Frau hinter der dicken Glasscheibe hatte mich wohl nicht richtig verstanden. »Wirklich? Fliegender Holländer?«. »Ja«, rief ich etwas lauter als notwendig zurück, »genau, fliegender Holländer. Spiel, Satz, und Sieg«. Die Fachsprache der Rennbahn war mir nur wenig vertraut. Doch Sieg würde man schon verstehen. Zufrieden steckte ich die Quittung ein, welche in dem Spalt zwischen Scheibe und Tresen lag. Um mich herum begannen Menschen zu tuscheln. »Fliegender Holländer«, hörte ich einen dicken Mann zu seiner Begleitung sagen, »Idiot … Quoten sind unfassbar schlecht … selbst ein Cent zu viel.« Beunruhigende Wortfetzen drangen zu mir, dann verschwanden beide höhnisch lachend zu ihren Plätzen.

Es dauerte viele Stunden, bis sich der Tumult auf den Besucherrängen gelegt hatte. Kein Mensch konnte mit diesem Ergebnis rechnen. Deshalb war auch die Entscheidung der Rennleitung, mich mit zwei Sicherheitsleuten durch die aufgebrachte Zuschauermenge nach Hause zu begleiten, durchaus gerechtfertigt. Da saß ich nun in meinem Kissenberg, die Beine wieder eng umschlungen und starrte ungläubig die Geldscheine an, die vor mir auf dem Boden lagen. Hätte ich beim Auszahlen ein Trinkgeld geben müssen? In meinem Kopf rauschte es und mein Nacken begann sich zu verspannen.

»Heiße Dusche«, sagte ich laut zu mir selbst. »Du gehst jetzt unter die Dusche und dann sehen wir weiter.«

Das warme Wasser prasselte wohltuend auf meinen Kopf und entspannte meinen Nacken. Langsam ließen die Kopfschmerzen nach.

»Na, wie viel hat der alte Gaul denn gebracht?« Die Frage traf mich so unvermittelt, dass mein Nacken sich auf der Stelle wieder verspannte. Für einen Wimpernschlag erstarrte ich. Dann hob ich langsam den Kopf und sah genau in die Augen des Entenschattens. »Viel«, antwortete ich und stellte das Wasser ab, »sehr viel!«

»Ah, Ruhe ist doch viel besser zum Reden. Dieses ständige Rauschen. Davon wird man ja ganz närrisch im Kopf«. Das Entchen plapperte munter drauflos, während ich vor mich hin tropfte und es einfach nur anstarrte. Mir wurde langsam kalt.

»Na, ich komm´ ja aus ´ner Badewanne. Groß war die. Riesig groß und ich konnte herumpaddeln, so lange wie ich wollte. Aber, wenn das Wasser abgelaufen ist, das war das allerbeste. Dann gab´s einen Strudel. Alles hat sich dann gedreht, ganz schnell. Das war so aufregend und hat im Bauch gekribbelt.«

Ich begriff nicht ganz, was der Wasserfleck mir erzählen wollte. Das bisschen Verstand, von dem ich hoffe, dass es noch in meinem Hirn wohnte, wollte auch nicht wissen woher er kam. »Sag mir einfach, weshalb bist du hier und dann, ach, verschwinde wieder. Bitte!« Tränen traten in meine Augen.

Die Ereignisse der letzten Stunden hatten mich wohl etwas dünnhäutig gemacht.

»Oh nein, nicht weinen!«, die Ente flehte mich an. »Bitte nicht weinen, dann fang ich auch an. Ich bin ziemlich nah ans Wasser gebaut.«

»Das ist nur Seife in meinem Auge. Keine Angst, will ja auf keinen Fall deine Emotionen überstrapazieren.« Der Schatten ließ die kleine Sorgenfalte, die sich quer über seine Stirn gezogen hatte, wieder los. »Das passiert dir wohl häufig, das mit der Seife in den Augen? Taucherbrille! Du solltest dir vielleicht eine Taucherbrille anziehen zum Duschen«.

»Vielleicht sollte ich nicht mehr duschen!« Meine Geduld ging zu Ende. »Warum? Warum mein Duschvorhang? Warum ich?«

»Also, warum dein Duschvorhang? Das kann ich dir nicht so richtig erklären. Es heißt, dazu braucht es ganz schrecklich komplizierte Berechnungen; sowas wie Quantenphysik oder war es Quakenphysik?« Das Quietsche-Entchen lachte und prustete so stark vor sich hin, dass mir ein sanfter Nebel entgegen sprühte.

»Versuch es oder ich hole den Föhn und blase dich in drei Sekunden trocken.« Ich blieb standhaft.

»Okay, okay … Na, du musst ja nicht gleich die Artillerie rufen. Also, irgendwas war da mit der Adresse, der Körpergröße, der Schuhgröße und der Nummer des Elektrozählers. Aber was womit multipliziert oder dividiert wird? Mathe war noch nie meins, auf jeden Fall wurde ich strafversetzt und bin bei dir gelandet.«

Ich verstand kein Wort, nickte trotzdem und tat so als wären mir die Zusammenhänge völlig klar. Langsam wich diese seltsame Benommenheit aus meinem Hirn. Um nicht völlig auszukühlen ,griff ich mir ein Handtuch.

»Strafversetzt! aha! … Eine Strafe setzt immer auch eine Tat voraus.« Meine Folgerung kam schnell und messerscharf. »Also, ich höre …«.

»Ach, nichts. Da war gar nichts. Ich bin sowieso ein Justizirrtum.« Der Entenschatten wand sich und versuchte in einen dunkleren Teil des Vorhangs zu fließen.

»Halt!« Ich zog die Falten glatt, um jede Flucht zu verhindern. »Was hast du ausgefressen?«

»Den Abfluss habe ich verstopft«, nuschelte er in seinen Schnabel hinein. »Dreimal. Das darf man nicht. Und dann habe ich geflucht, als sie mich versetzen wollten. Das hat´s nicht besser gemacht. Jetzt bin hier, als Wasserfleck auf ´nem Duschvorhang. Blöde Regeln.«

»Gibt es noch irgendetwas, was für mich von Interesse ist?« Mit dieser Wendung hatte ich tatsächlich nicht gerechnet. Fast tat mir der kleine bleiche Schatten ein wenig leid.

»Na, vielleicht noch, dass es die Badewanne von ´nem Jockey war? Und ich hab´ die ganzen Manipulationen der Rennergebnisse für die kommende Saison belauscht.« Es zögerte.

»Noch etwas?«

»Och, nö«, es pustete sich einen Tropfen von der Schnabelkante, »eigentlich, nö«.

»69.136 Euro, das wolltest du doch wissen. Fast siebzigtausend Euro hat der alte Gaul gebracht!«

Der Entenschatten riss die Augen weit auf. »He, nicht schlecht für den Anfang. Das kannst du jetzt jede Woche haben, wenn du willst.«

Ich rubbelte mir gerade die Haare trocken und fragte unter dem Handtuch heraus: »Wie, jede Woche?« Es war schon ein wenig beängstigend, wie selbstverständlich ich mittlerweile mit diesem Wasserfleck sprach. »Na ja, bei jedem Rennen, bei dem mein Jockey mit seinem Pferd am Start ist, kann ich dir weiterhelfen. Zwischendurch musst du mal ein paar Tage Pause machen. Sonst denkt noch jemand, du würdest die Ergebnisse manipulieren«, quietschte er vergnügt. »Aber für die Rennen der nächsten sechs Monate, da hab´ ich die Ergebnisse im Kopf«.