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"Bella Andre schreibt gefühlvolle und sexy Liebesromane." NYT-Bestsellerautorin Maya Banks "Reine Sinnesfreude! Ich konnte gar nicht schnell genug lesen. Ich bin richtig süchtig nach den Sullivans!" Marie Force, NYT-Bestsellerautorin Gabe Sullivan riskiert tagtäglich sein Leben als Feuerwehrmann in San Francisco. Doch er hat seine Lektion gelernt und weiß, er darf nie wieder die professionellen Grenzen überschreiten und sein Herz für ein Brandopfer aufs Spiel setzen. Insbesondere nicht für die tapfere Frau, die er aus einem tödlichen Wohnungsbrand gerettet hat und die ihm nicht mehr aus dem Kopf geht. Megan Harris weiß, dass sie dem heldenhaften Feuerwehrmann, der sie und ihre siebenjährige Tochter gerettet hat, alles schuldet. Alles, außer ihrem Herzen. Denn sie hat sich geschworen, ihr Herz nie wieder einem Mann mit einem gefährlichen Beruf zu schenken: Fünf Jahre zuvor hat sie ihren Ehemann, einen Navy-Piloten, aufgrund seines riskanten Jobs verloren. Aber wie kann Gabe die unkontrollierbare Begierde ignorieren, die zwischen ihm und Megan entflammt, oder ihren Mut, ihre Entschlossenheit und ihre Schönheit? Wenn sie nicht vorsichtig sind, könnten sie sich letztendlich doch noch ineinander verlieben. "Die Sullivans"-Reihe *** Die Sullivans aus San Francisco *** Liebe in deinen Augen Ein verfänglicher Augenblick Begegnung mit der Liebe Nur du in meinem Leben Sag nicht nein zur Liebe Nur von dir hab ich geträumt Lass dich von der Liebe verzaubern Du gehst mir nicht mehr aus dem Sinn *** Die Sullivans aus Seattle *** Eine perfekte Nacht Nur du allein Deine Liebe muss es sein Dir nah zu sein Ich mag, wie du mich liebst Ohne dich kann ich nicht sein *** Die Sullivans aus New York *** Vier Herzen vor dem Traualtar Bilder von dir Weil es Liebe ist Die Süße der Liebe Das Beste kommt erst noch Liebe ist kein Marchen Wer Liebe sät Irgendwo auf der Welt Halt mich *** Die Sullivans aus Maine *** Mit Leib und Seele Herzbeben
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Seitenzahl: 406
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~ Die Sullivans, 3. Buch ~
Gabe & Megan
Bella Andre
Bucheinband
Titelseite
Copyright
Über das Buch
Ein Hinweis von Bella
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Epilog
Alle Bücher von Bella Andre in deutscher Sprache
Über die Autorin
Begegnung mit der Liebe
Gabe & Megan ~ Die Sullivans
© 2020 Bella Andre
Übersetzung Sophie Beck – Language+ Literary Translations, LLC
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Gabe Sullivan riskiert tagtäglich sein Leben als Feuerwehrmann in San Francisco. Doch er hat seine Lektion gelernt und weiß, er darf nie wieder die professionellen Grenzen überschreiten und sein Herz für ein Brandopfer aufs Spiel setzen. Insbesondere nicht für die tapfere Frau, die er aus einem tödlichen Wohnungsbrand gerettet hat und die ihm nicht mehr aus dem Kopf geht.
Megan Harris weiß, dass sie dem heldenhaften Feuerwehrmann, der sie und ihre siebenjährige Tochter gerettet hat, alles schuldet. Alles, außer ihrem Herzen. Denn sie hat sich geschworen, ihr Herz nie wieder einem Mann mit einem gefährlichen Beruf zu schenken: Fünf Jahre zuvor hat sie ihren Ehemann, einen Navy-Piloten, aufgrund seines riskanten Jobs verloren.
Aber wie kann Gabe die unkontrollierbare Begierde ignorieren, die zwischen ihm und Megan entflammt, oder ihren Mut, ihre Entschlossenheit und ihre Schönheit?
Und wie kann Megan die starke Verbindung ignorieren, die zwischen Gabe und ihrer Tochter wächst… oder die Art, wie er sie mit seinen süß-sinnlichen Küssen herausfordert, alles zu riskieren? Wenn sie nicht vorsichtig sind, könnten sie sich letztendlich doch noch ineinander verlieben.
Feuerwehrmänner sind stark, mutig und gewillt, Gefahren auf sich zu nehmen, vor denen alle anderen davonlaufen. Noch erfreulicher ist, dass sie zufälligerweise zu meinen Lieblingshelden in Liebesromanen zählen!
In BEGEGNUNG MIT DER LIEBE kann Gabe nicht den Fehler begehen, sich noch einmal in ein Brandopfer zu verlieben. Megan hingegen kann nicht aufs Neue einen Mann mit einem gefährlichen Beruf lieben, um ihn dann wieder zu verlieren. Sie haben allen Grund, sich voneinander fernzuhalten. Doch sie können nicht anders, als einander zu verfallen.
Genau wie Megan musste ich mich einfach in meinen Feuer löschenden Sullivan verlieben. Vor allem, da mich ein wenig Kuppelei seitens eines siebenjährigen Mädchens irrsinnig schmunzeln ließ, wann immer Summer auf der Bildfläche erschien.
Ich hoffe, dass Ihnen dieser knisternde Liebesroman gefällt … und kann es kaum erwarten, dass sich auch Sie in Gabe verlieben.
Viel Spaß beim Lesen!
Bella Andre
Es war ein herrlicher Samstagnachmittag in San Francisco. Die Luft war kühl, der Himmel klar. Paare spazierten Hand in Hand durch den Golden Gate Park, Touristen entdeckten im Hafenviertel Fisherman’s Wharf Clam Chowder, die herrliche Kombination aus sämiger Muschelsuppe in Schüsseln aus Sauerbrotteig, und Massen von Kitesurfern tummelten sich in der Bucht und umkreisten im Zickzack Yachten und Segelboote mit ihren glänzenden Segeln.
Für die zwei Dutzend Menschen, die an der Conrad Street 1280 wohnten, hatte ein Brand den perfekten Samstag unglücklicherweise in einen Albtraum verwandelt.
Zuerst trafen die Löschfahrzeuge und Feuerwehrmänner ein, dicht gefolgt von den Übertragungswägen der Nachrichtensender. Auf den zufälligen Beobachter wirkten die sich schnell bewegenden Männer in ihrer Schutzkleidung, die sich gegenseitig Informationen und Koordinaten zubrüllten und Funkgeräte auf höchster Lautstärke in Händen hielten, sowie die sich über Straße und Bürgersteig schlängelnden Schläuche wie heilloses Chaos. In Wahrheit aber arbeiteten die Männer der Feuerwache 5 wie eine gut geölte Maschine.
Am frühen Nachmittag desselben Tages hatte Feuerwehrmann Gabe Sullivan ein von Nicola, der Freundin seines Bruders Marcus, auf der Feuerwache veranstaltetes Fundraising-Konzert genossen. Alle waren außer sich vor Begeisterung und machten größere Summen locker, um Nicolas Konzert, deren Künstlername Nico war, im engsten Kreis beiwohnen zu können. Wie gewohnt hatte sie eine fantastische Show hingelegt und Gabe war immer noch mehr als beeindruckt davon, dass sein ältester Bruder eine Frau wie sie hatte erobern können. Sie war nicht nur schön, sexy und ausgestattet mit einem erstaunlichen musikalischen Talent: Sie war auch wirklich süß.
Nicola hatte eben erst ihre dritte Zugabe beendet, als der Notruf einging. Zehn Minuten später waren die Feuerwehrmänner der Feuerwache 5 vor Ort. Sie schlossen ihre Schläuche an, begannen mit der Räumung des Gebäudes und machten sich daran, das Feuer zu löschen.
Mit seiner kompletten Schutzausrüstung bekleidet half Gabe einem älteren Ehepaar dabei, die Stiege des in die Jahre gekommenen Appartementgebäudes in San Francisco hinunterzusteigen und hinaus auf den Bürgersteig zu gelangen. Sie hatten den Vorfall zwar unverletzt überstanden, doch durch die Aufregung über das Feuer hatten sie Mühe mit den Stufen. Er hatte seine Hand behutsam auf ihre Ellbogen gelegt, um so ihr Schritttempo aufrecht zu halten, und sie so rasch wie möglich aus dem Gebäude und weg vom Feuer zu bringen. Unmittelbar nachdem sie auf dem Bürgersteig angelangt waren, begann der grauhaarige Mann zu husten. Gabe führte sie deshalb hinüber zum Krankenwagen, der nur wenige Meter hinter dem größten Löschfahrzeug geparkt war.
Gestikulierend forderte er einen der Sanitäter auf, zu ihnen zu kommen, während er zum Ehepaar sagte: „Wir werden untersuchen, ob Sie eine Rauchgasvergiftung haben. Wenn Sie irgendwelche Fragen haben, dann sollten Sie unbedingt …“
Seine Worte wurden durch eine von Flammen und Rauch begleitete Explosion aus einem Fenster im zweiten Stock unterbrochen.
Nach zehnjähriger Tätigkeit als Feuerwehrmann wusste Gabe, dass kein Brand routinemäßig ablief. Keine Flamme hielt sich an irgendwelche Regeln. Und manchmal kam es vor, dass sich ein harmloser Notruf als der komplizierteste Fall entpuppte. Als der gefährlichste.
Über Funk nahm Gabe die Besorgnis in der Stimme des Captains, der seinem Löschzug vorstand, wahr. „Alle raus!“, herrschte Todd die Mannschaft an. „Der Brand hat sich beschleunigt. Wir gehen in die Defensive. Ich wiederhole, Gebäude räumen.“
Gabes Hand lag immer noch auf dem Ellbogen der grauhaarigen Frau, als sie sich ihm mit schreckerfüllter Miene zuwandte.
„Megan und Summer sind immer noch drin. Sie müssen sie rausholen!“
Aus ihrer beschleunigten Atmung und ihren erweiterten Pupillen konnte er schließen, dass die Frau kurz davor war, in einen Schockzustand zu geraten. Deshalb sprach er in klarem, gleichförmigem Tonfall, um sicherzustellen, dass er auch alle wichtigen Informationen von ihr bekommen würde.
„Wer sind Megan und Summer?“
„Meine Nachbarn, eine Mutter und ihr kleines Mädchen. Ich habe sie vor einer Weile in ihre Wohnung gehen sehen.“ Die Frau sah zu den anderen Mietern, die sich um die Löschfahrzeuge versammelten und entsetzt beobachteten, wie ihr Zuhause und ihr Besitz in Flammen aufgingen. Flammen, die mit jeder Sekunde immer mehr außer Kontrolle gerieten. „Megan und Summer sind nicht hier draußen.“ Sie hatte ohne Frage panische Angst und packte seinen Arm weit fester, als man ihr das angesichts ihrer zuvor an den Tag gelegten Gebrechlichkeit zugetraut hätte. „Sie müssen wieder ins Haus, um sie zu retten. Bitte!“
Gabe war kein abergläubischer Feuerwehrmann. Er hatte keinerlei Routine, für die er lebte und starb. Er glaubte jedoch an sein Bauchgefühl.
Und sein Bauchgefühl sagte ihm, dass es da ein Problem gab.
Ein großes Problem.
„In welcher Wohnung sind sie?“
Mit zitternder Hand zeigte sie auf die Fenster im dritten Stock. „Nummer 31. Sie sind in der obersten Etage in der Eckwohnung.“ Ihr Gesicht war von Angst verzerrt. Die Belastung durch diese Situation überforderte sie eindeutig.
„Alles wird gut“, beruhigte sie ihr Ehemann. „Er wird Megan und Summer finden.“ Er richtete seine Worte zwar an seine Frau, seine Augen waren jedoch auf Gabe gerichtet und enthielten eine stumme Botschaft: Wagen Sie es nicht, meine Frau zu enttäuschen. Sie liebt diese Mädchen, als wären sie unsere eigenen.
Sekunden später entdeckte Gabe seinen Vorgesetzten und seinen Kollegen Eric, wie die beiden die Menschenmenge auf der Straße und dem Bürgersteig einwiesen. Mittlerweile drängelten sich unzählige Reporter auf der Straße, was für noch mehr Verwirrung sorgte.
„Wir müssen noch einmal rein. Einer der Nachbarn hat mir eben gesagt, dass vermutlich immer noch eine Mutter und ihre Tochter im Gebäude sind. Dritter Stock, Eckwohnung.“
Sie alle blickten nach oben in die von Gabe gezeigte Richtung. Alles, was man sehen konnte, waren dunkle Rauchschwaden, die über dem Hausdach umherzogen.
Todd sah von Gabe zurück zum Feuer, das im Gebäude wütete. „Macht schnell, Jungs. Ihr habt vermutlich maximal zehn Minuten“, sagte er, bevor er sich umdrehte und dem Rest der Mannschaft Anweisungen erteilte, damit sie ihre Feuerwehrschläuche hinauf in Richtung der betreffenden Wohnung positionierten.
Ebenso wie zuvor durch die Explosion ein lautes ‚Wumm‘ die Menschenmenge erschüttert hatte, herrschte unter den Versammelten nun kurzzeitig absolute Stille, während Eric und Gabe zusammen versuchten, einen weiteren Schlauch in das Gebäude zu ziehen. Mit Atemschutzmasken ausgerüstet und eingeschalteten Ohrhörern bewegten sie sich so schnell wie irgend möglich durch den Rauch, der dichter war als der für San Francisco typische Nebel, die Treppe hinauf. Da sie Atemgeräte trugen, waren sie okay. Ein Zivilist hätte es jedoch unter diesen Bedingungen und ohne häufige Sauerstoffzufuhr nicht lange durchgestanden.
Entschlossen verdrängte Gabe seine Befürchtungen in Bezug auf Mutter und Tochter und konzentrierte sich darauf, sich vom ersten in den zweiten und weiter in den dritten Stock vorwärtszubewegen. Die ganze Zeit über nahmen das Getöse des Feuers und die Hitze immer mehr zu. Eine Tür auf der zweiten Etage flog aus den Angeln und brachte den Flur zum Erbeben.
Gabe und Eric schleiften den schweren Schlauch durch den dichten Rauch und die Trümmer. Trotz der steilen und engen Treppen und der immensen körperlichen Anstrengung, schafften es die beiden in Minutenschnelle bis zu Wohnung 31.
Gabe versuchte, die Tür zu öffnen, doch sie war versperrt. Er betete, dass die Menschen im Inneren der Wohnung noch eine Chance hatten, da das Feuer die Tür noch nicht herausgedrückt hatte. Er zog seine Axt aus ihrer Halterung. Und während Eric einige Meter hinter ihm wartete, hämmerte Gabe an die Tür und rief: „Falls jemand an der Tür ist, ich werde sie jetzt mit einer Axt einschlagen. Bitte zurücktreten.“ Er schrie zwar aus vollem Hals, aber seine Stimme wurde durch die Schutzmaske gedämpft.
Herrgott, wie dicht der Rauch doch war. Man hätte ihn nahezu mit dem Messer schneiden können. Und die Hitze war inzwischen vermutlich auf an die vierhundert Grad Celsius angestiegen.
Würden sie Überlebende in der Wohnung vorfinden?
„Hast du es geschafft?“, brüllte Eric und nahm dann ein paar rasche Züge aus dem Sauerstoffgerät.
Gabe nickte, holte mit dem schweren Gerät nach hinten aus und landete mit der Spitze der Axt gleich neben dem Türgriff. Eine hohle Tür wäre binnen Sekunden zersplittert, aber diese alte Holztür war stark genug, dass er ihr ein Dutzend nachhaltige Hiebe versetzen musste, damit sie sich überhaupt bewegte. Als er spürte, dass sich der Türrahmen zu lockern begann, trat er dagegen, wobei er dafür die gesamten gut neunzig Kilogramm seines muskulösen Körpers einsetzte.
Schließlich ging die Tür auf und er stand plötzlich mitten in der Wohnung.
Er schob die Axt zurück in ihre Halterung und wollte dann den Schlauch nach drinnen ziehen. Dieser war jedoch nicht von der Stelle zu bewegen.
„Er steckt fest. Ich brauche noch mehr Schlauch“, rief Gabe Eric zu.
Er warf einen Blick hinter sich und sah Eric, wie dieser mit seiner ganzen Kraft am Schlauch herumzerrte. „Das verdammte Ding hängt irgendwo fest! Ich muss nach unten, um herauszufinden, wo er festsitzt.“
Es war ihnen beiden klar, wie gefährlich die Situation plötzlich geworden war. Kein Feuerwehrmann würde seinen Kollegen jemals alleine zurücklassen, es sei denn, es handelte sich um eine schreckliche Notsituation.
Wenn in Wohnung 31 eine Mutter mit Tochter festsaß, dann war das ohne Zweifel eine solche Notsituation. Sie hatten keine andere Wahl. Sie brauchten einfach mehr Schlauch.
Gabe und Eric warfen sich gegenseitig einen Blick zu, der viel besagte. Sollte einer von ihnen, oder gar sie beide, nicht lebend durchkommen, dann hatten sie zumindest eine gute gemeinsame Zeit voller Auszeichnungen, Lachen und unzähliger Chilieintöpfe auf der Feuerwache gehabt.
„Beeil dich“, brüllte Gabe Eric an.
An diesem Abend standen Leben auf dem Spiel. Und die sechzig Sekunden, die Gabe benötigen würde, um Eric mit dem Schlauch zu helfen, konnten ein Kind das Leben kosten.
Eric rannte so schnell er nur konnte durch den Rauch die Treppe hinunter. Als Gabe an die Decke der Wohnung hochsah, schlugen die Flammen bereits über seinem Kopf zusammen. Gabe öffnete die Düse am Schlauch und richtete den Wasserstrahl auf die Wohnungsdecke, um den Brand zu löschen. Er spürte, wie die drückende Hitze von oben auf ihn einwirkte, während er weiter in den Raum vordrang. Dem schwarz-weißen Ruß nach zu schließen, welcher sich bereits über die Einrichtung gelegt hatte, war die Wohnung eindeutig einer der für den Brand verantwortlichen Gefahrenherde, womöglich sogar die Quelle, von der aus sich das Feuer ausgebreitet hatte.
Als er meinte, jemanden um Hilfe rufen zu hören, hielt er inne. Da der Schlauch immer noch feststeckte, hatte er keine Wahl. Er musste ihn fallen lassen und in Richtung dieser Laute gehen, auf eine weiße Innentür zu, auf der ein Spiegel angebracht war. Die Tür war verschlossen, also trat Gabe sie mit seinen Stahlkappenstiefeln ein.
Ein neuerlicher dicker Rauchschwaden drang durch die Tür und beeinträchtigte für den Bruchteil einer Sekunde seine Sicht. Obwohl er auf den ersten Blick in dem kleinen Badezimmer niemanden erkennen konnte, wusste er genau, wo er hinsehen musste.
Er riss den Duschvorhang beiseite und fand in der antiken Badewanne mit Krallenfüßen eine zusammengekrümmte Frau vor, die ihre Tochter im Arm hielt.
Er hatte Megan und Summer gefunden. Gott sei Dank waren seine Gebete erhört worden und beide waren am Leben.
„Gut gemacht, Megan, wirklich gut“, erklärte er ihr hinter seiner Maske.
Die Augen der Frau waren so groß und so verängstigt. Sie war eindeutig in Panik. Gabes Brustkorb zog sich zusammen und die emotional aufgeladene Situation wühlte ihn einen kurzen Augenblick im Innersten auf. Einen Augenblick, den er gerade jetzt nicht erübrigen konnte. Nicht jetzt, da es einzig und allein darum ging, Megan, Summer und letztlich auch sich selbst lebend aus dem Wohnblock zu bringen.
„Ich werde Sie und Summer hier rausbringen. Jetzt.“
Megan öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Sie brachte jedoch nur ein Husten hervor und schloss ihre Augen, als Tränen über ihr Gesicht tropften.
Als Gabe bemerkte, dass das kleine Mädchen bewusstlos war, zog er sich einen seiner Handschuhe aus, um ihren Puls zu kontrollieren. Im Stillen dankte er abermals dafür, dass er immer noch regelmäßig war, zog sich den Handschuh wieder an und streckte seine Arme aus, um sie an sich zu nehmen.
Die Augen der Mutter waren plötzlich ganz weit offen. Einen Moment lang lieferten sie sich ein wortloses Tauziehen, bevor sie bereit war, das Mädchen loszulassen. Ihr Lippen formten einen lautlosen Appell: Bitte.
Er hütete sich davor, sich durch ihre Angst und ihren Schrecken davon abhalten zu lassen zu tun, was er musste, um sie lebend hinauszubringen. Und dennoch hielten ihn ihre Augen einen Moment länger zurück, als er es hätte zulassen dürfen. Die Liebe, die sie für ihre Tochter empfand, war so offensichtlich und so spürbar. Gabe fühlte ihre Verzweiflung. Dieser kurze Blick vermittelte Gabe das Gefühl, als hätte er sie immer schon gekannt. Viel länger als nur die paar rasch verstreichenden Sekunden inmitten eines Ortes, der zum Kriegsschauplatz geworden war.
„Ich werde Summer nehmen und mit ihr hier hinauskriechen. Schaffen Sie das auch?“
Sie nickte und er griff nach ihrem Arm, um ihr über den Wannenrand zu helfen. Sie schwankte, war jedoch eindeutig eine Kämpfernatur. Nachdem er ihr aus der Badewanne und hinunter auf den Boden geholfen hatte, wo der Rauch am dünnsten war, zog er eine zweite Atemmaske hervor und wollte sie ihr übers Gesicht legen, damit sie ihre Lungen mit etwas reinem Sauerstoff füllen konnte. Sie versuchte daraufhin, die Maske umgehend ihrer Tochter aufzusetzen, aber er hatte bereits damit gerechnet und schüttelte den Kopf.
„Sie müssen sie zuerst nehmen.“ Er sprach laut und mit Nachdruck, damit sie ihn durch seine Maske auch hören konnte. „Andernfalls sind Sie nur Ballast und keiner von uns wird hier lebend herauskommen.“
Sie nahm die Maske von ihm und drückte sie sich vors Gesicht. Ihre Augen weiteten sich mit dem ersten Atemzug. Er wusste, dass man die Maske wieder abnehmen musste, damit sie ein paar Mal husten konnte, bevor sie sie wieder anlegte. Er hielt sie ihr behutsam hin, sodass sie reine Luft, die sie so dringend benötigte, einatmen konnte.
Als sie ihren Kopf schüttelte und heftig ihre Tochter ansah, nahm er ihr die Maske wieder ab und legte sie über Mund und Nase der Kleinen. Das Mädchen rührte sich ein wenig, hustete und schien sich zu beruhigen. Seit er die beiden in der Badewanne vorgefunden hatte, war zwar kaum eine Minute vergangen, aber diese sechzig Sekunden hatten ausgereicht, um die Flammen noch höher, heißer und höllischer lodern zu lassen.
Um der Hitze zu entfliehen, lagen sie alle flach auf dem Boden. Und als er Megan gerade die nächsten Schritte ihres Fluchtplans erläutern wollte, ging der Bewegungsalarm an seinem Gürtel los. Es war normalerweise eine Selbstverständlichkeit für ihn, den Alarm zurückzusetzen, bevor irgendjemand aus dem Team alarmiert würde, wenn er auf dem Boden lag. In der Wohnung im dritten Stock war es höllisch gefährlich und er wollte nicht, dass jemand anders aus der Mannschaft zu ihnen stieß, außer es bliebe ihnen keine andere Wahl.
Als man kaum mehr etwas sehen konnte, schrie er: „Wir werden jetzt an der Wand entlang robben, um dem Rauch und der Hitze aus dem Weg zu gehen, bis wir die Türöffnung gefunden haben. Da draußen ist es heiß, aber wenn Sie sich fortbewegen, verspreche ich Ihnen, dass wir heil hier herauskommen werden.“ Gabe hätte niemals ein Versprechen gegeben, das er nicht hätte halten können.
Dieses Versprechen würde er in jedem Fall halten.
Langsam krochen sie an der Sockelleiste des gekachelten Badezimmerbodens entlang in Richtung Ausgang. Gabe hatte Summer unter seinem linken Arm, während er mit nur einer Hand am Boden vorwärts kroch und kaum wahrnahm, wie die Muskeln in seinem rechten Trizeps und Bizeps brannten.
Gabe warf häufig Kontrollblicke auf Megan, während sie durch die Tür ins Wohnzimmer vorwärtskrochen, in dem es noch heißer war als im Badezimmer. Er betete, dass sie aufgrund der Hitze nicht in Ohnmacht fallen würde. Für alle Fälle half er ihr alle paar Sekunden weiter, indem er mit seinem freien Arm ihre Taille umfasste und sie vorwärts zog. In seinen Armen war sie nicht schlaff, was ein gutes Zeichen war, doch er konnte spüren, wie schwach sie wurde und wie sie mit letzter Kraft darum kämpfte, bei Bewusstsein zu bleiben.
Schließlich schafften sie es bis an die Spitze des Schlauchs und ihm wurde klar, dass Eric es nicht wieder zurück in die Wohnung geschafft hatte. Gabe hoffte inständig, dass sein Partner wohlauf war.
Er machte sich darauf gefasst, dass Eric es vermutlich nicht wieder die Stufen hinauf zur Wohnung in der dritten Etage geschafft hatte, weil die Treppe entweder ein Raub der Flammen geworden oder während er Megan und Summer geholfen hatte, zusammengebrochen war. Deshalb rief Gabe Megan zu: „Sie machen das fabelhaft. Wir müssen uns nur noch den Schlauch schnappen und ihm nach unten folgen.“ Es blieb keine Zeit, seinem Vorgesetzten die Koordinaten per Funk zu übermitteln. All seine weiteren Maßnahmen würden nun von einem Jahrzehnt Brandschutztraining abhängen … und von seinem Fingerspitzengefühl.
Er nahm ihre Hand und legte sie auf den steifen Hochdruckschlauch. Sobald er sich sicher war, dass sie ihn auch wirklich festhielt, rückte er hinter sie, schob sie nach vorne und hob sie hoch, wenn ihre Beine immer wieder einknickten oder sie so sehr hustete, dass sie alleine nicht mehr weiterkam.
Der Weg durch Hitze und Rauch war verdammt hart und er bewunderte sie höllisch. Er hätte zwei volle Körpergewichte aus dem Wohnhaus tragen sollen, nicht nur ein kleines Mädchen. Doch irgendwie blieb Megan bei der Stange. Ungeachtet aller Umstände war sie konzentriert.
Ein Bein und einen Arm nach dem anderen bewegte sie sich mit letzter Kraft vorwärts. Seine Sicherheitsausrüstung und der Sauerstofftank wogen schwer. Da er gleichzeitig auch noch Summer unterm Arm hielt, war die Belastung außerordentlich hoch. Er hatte jedoch die letzten fünfzehn Minuten nicht damit zugebracht, sich in einer Badewanne zu verstecken und voller Hoffnung abzuwarten, bis ihn irgendwer finden würde. Er hatte es viel leichter als Megan.
„Drehen Sie sich um“, rief er ihr zu, als sie das Podest oben an der Treppe erreichten. „Wir werden rückwärts hinuntergehen. Und wir machen weiter, egal was passiert.“
Er rückte erneut hinter sie und ging dann vor, damit er sie auffangen konnte, falls sie stürzte. Ihr kleines Mädchen rührte sich in seinen Armen und er betete, dass sie nicht mitten in der Feuerhölle erwachte.
Ein laut dröhnendes Geräusch war zu hören, woraufhin er nach oben sah, wo ein Teil der Wand neben der Eingangstür zu Megans Wohnung lose in sich zusammenfiel. Sauerstoff war aus dem Badezimmer in die Wohnung gedrungen, hatte sich mit der Hitze verbunden und zu einer Brandbeschleunigung geführt.
Er griff nach Megan und lief mit ihr und ihrer Tochter so schnell er konnte mehrere Stufen hinunter. Sie hatte ihren Kopf eingezogen und ihre Arme über ihrem Kopf verschränkt, um sich vor fallenden Rigipsplatten zu schützen.
„Gehen Sie weiter!“, brüllte er.
Während die Sekunden verstrichen, schafften sie es eine weitere Stufe nach unten, und dann noch eine. Es ging aber alles sehr langsam und die Gefahr war ihr ständiger Begleiter. Unter seinen Füßen nahm Gabe wahr, wie dünn die ausgetretenen Stufen waren. Sie konnten jeden Moment einstürzen.
Nachdem sie zwei Treppenläufe überwunden hatten, hörte er durch den ohrenbetäubenden Lärm der kleineren Explosionen, die sich rund um sie ereigneten, die Schreie seiner Mannschaftskollegen.
Gabe wusste, dass die Zeit drängte. Es war Zeit für den Endspurt.
Beim Hinabsteigen über die letzten paar Stufen musste er sich – Megan und Summer immer noch fest im Griff – alles abverlangen.
Als er beinahe am untersten Treppenabsatz angelangt war, sah er schließlich, was Eric daran gehindert hatte, die Treppe wieder hochzusteigen. Ein riesiger Deckenbalken war über das Geländer gefallen und hatte den gesamten Nahbereich in kolossale Flammen gehüllt. Dem Wasser und dem daraus aufsteigenden Rauch nach zu schließen, hatte Eric vermutlich versucht, das Feuer zu löschen, noch bevor es das gesamte Treppenhaus zerstören konnte. Er wollte so verhindern, dass Gabe und seine Brandopfer in den oberen Stockwerken festsaßen.
Irgendwie musste er den Balken umgehen. Er war jedoch immer noch zu groß und zu heiß, so dass er an ihm nicht vorbeikommen konnte, ohne vorher Megan loszulassen. Verdammt nochmal! Er wollte sie nicht alleine dort zurücklassen, wo ihr alles Mögliche passieren konnte, während er Summer ins Freie brachte.
Gott sei Dank hörte er genau in diesem Moment Stimmen durch den Rauch dringen, die brüllten: „Übergib sie uns“, und einen Augenblick später zogen Eric und Todd bereits Mutter und Tochter aus seinen Armen und brachten die beiden in Sicherheit.
Erstaunlicherweise verlor Megan erst in diesem Augenblick das Bewusstsein. Ihr fester Griff an seinem Arm wurde schlaff, als Eric sie von Gabe übernahm.
Als dieser in Richtung seines Partners: „Die Mutter ist gerade ohnmächtig geworden“, rief, war Gabes Aufmerksamkeit so sehr auf Megan gerichtet, dass er einen Augenblick zu lange zögerte, bevor er selbst über den rauchenden Balken sprang.
Den Bruchteil einer Sekunde bevor ein Teil der Decke geradewegs auf seine Stirn herunterstürzte, vernahm er das laute Knacken. Er schlug mit derselben Wucht auf den Boden auf, mit der ihn das Gebälk getroffen hatte. Dunkelheit legte sich vor seine Augen.
Er konnte nur noch hören, wie der Bewegungsalarm an seinem Gürtel losging.
Megan Harris erwachte mit ihrer Tochter im Arm. Oft kuschelten sie noch spätabends nach einem Film oder wenn Summer schlecht geträumt hatte, doch etwas fühlte sich jetzt anders an. Nicht nur das Bett, sondern auch die juckende Stelle an der Innenseite von Megans Ellbogen und das raue und schmerzende Gefühl in ihrer Kehle.
Sie roch den Rauch in ihren und Summers Haaren und rümpfte die Nase, da es sich anfühlte, als würde der Feuergeruch aus all ihren Poren treten.
Schlagartig war alles wieder präsent. Mit einem tiefen Atemzug fuhr sie aus dem Schlaf hoch und öffnete jäh die Augen. Im Zimmer des Krankenhauses waren zwei schmale Betten aneinandergeschoben worden, doch Summers Bett war leer. Irgendwann mitten in der Nacht hatte ihre Tochter beschlossen, zu ihr ins Bett zu steigen und sich ganz dicht an sie zu schmiegen.
Das Feuer.
Oh Gott, das Feuer.
Beinahe hatte sie …
Nein. Summer war hier bei ihr, in ihren Armen.
Megan zog ihre Tochter dicht an sich heran und Summer verlagerte ihre Position, um zu ihr aufzublicken.
„Mami?“
„Hallo, mein Schatz.“ Ihre Worte klangen kratzig und rau. So als hätte sie tatsächlich Feuer geschluckt. Was sie mehr oder weniger auch getan hatte. Megan küsste ihr kleines Mädchen auf die Stirn und auf beide Wangen, worauf ein Spitzmund-Schmatzer auf ihre weichen kleinen Lippen folgte. „Wie geht es dir?“
Summer zappelte ein wenig hin und her. „Ganz okay, aber ich möchte gerne, dass sie mir den juckenden Schlauch aus meinem Arm nehmen.“ Sie hob ihren linken Arm und sah auf Megans Arm. „Wir passen zusammen.“
Durch Tränen der Freude und Dankbarkeit lächelnd stimmte Megan ihrer Tochter zu. „Ja, das tun wir“, sagte sie und hielt dann vier Finger hoch. „Wie viele Finger halte ich hoch?“
„Sechs.“ Das schiefe Grinsen ihrer Tochter zeigte ihr, dass sie sie neckte. „Vier.“ Summer hielt einen Finger nach oben. „Und ich?“
„Einen“, sagte Megan und küsste dabei ihre Fingerspitze. „Was hältst du davon, wenn wir den Arzt rufen und nachfragen, ob sie uns wegen der Infusionen hierbehalten oder uns vielleicht doch entlassen können?“
Kurz nachdem Megan die Ruftaste gedrückt hatte, kam eine lächelnde Ärztin mittleren Alters ins Zimmer. Sie war eindeutig erfreut darüber, die beiden wach und wohlauf zu sehen. Die Ärztin kontrollierte rasch die wichtigsten Organe und lächelte, während sie die Ergebnisse auf ihre Krankenblätter schrieb, bevor sie die Infusionen entfernte. „Wenn Sie möchten, können Sie gerne noch ein Weilchen hierbleiben. Meiner Ansicht nach sieht es aber nicht so aus, als hätte eine von Ihnen aufgrund der länger andauernden Rauchinhalation ernstzunehmende Folgeerscheinungen. Vermutlich ist das so, weil Sie beide jung und gesund sind.“
Megan warf Summer einen kurzen Blick zu. Sie wollte ihre Tochter nicht ausflippen lassen, musste der Ärztin aber unbedingt eine sehr wichtige Frage stellen. „Summer war für kurze Zeit ohnmächtig. Glauben Sie wirklich, dass sie keinen Facharzt braucht, der sicherstellt, dass alles in Ordnung ist?“
Die Ärztin schüttelte den Kopf und lächelte Megan und Summer erneut an. „Nein. Alles sieht großartig aus.“ Dann richtete sie ihr Augenmerk auf Summer. „Du bist in Topform, Kleine.“
Summer grinste die Ärztin an. „Ich bin die Schnellste in meiner Klasse, wenn wir auf die Laufbahn hinausgehen. Sogar schneller als die Jungs.“
Die Ärztin lachte. „Das bezweifle ich nicht. Wissen Sie nun“, fragte sie Megan, „was Sie tun möchten? Würden Sie gerne noch einen Tag hierbleiben?“
„Danke, aber ich glaube, dass wir uns beide wieder gerne auf den Heimweg machen.“ Nur einen Moment zu spät wurde ihr klar, dass sie kein Zuhause mehr hatte, wohin sie hätte gehen können.
Die Ärztin sah sie mitfühlend an. „Ich bin sicher, Sie möchten sich waschen und umziehen.“ Noch bevor Megan sie daran erinnern konnte, dass sie keine saubere Kleidung zum Umziehen hatten, brachte die Ärztin eine Tasche. „Das Krankenhaus bewahrt immer einen Kleidervorrat für Menschen in Ihrer Situation auf. Es tut mir so leid, was Ihnen passiert ist. Ich bin aber auch sehr froh, dass es Ihnen beiden so gut geht.“
Tränen stiegen erneut in ihr auf. Sie war in einer Situation. Wie sehr sie doch gehofft hatte, dass ihre Situationen bereits hinter ihr lagen.
Nun ja, dachte sie, während sie schonungslos weitere Tränen zurückdrängte, sie und Summer hatten auch die erste ‚Situation‘ fünf Jahre zuvor überlebt und würden auch diese überleben. Verdammt, sie hatten ja bereits überlebt, nicht wahr? Nun ging es nur mehr um Details.
Wenn es etwas gab, womit Megan umzugehen wusste, dann waren es Details. Ihre Arbeit als zertifizierte Buchhalterin und Rechnungsprüferin sah vor, dass sie eine Meisterin darin war, die oftmals chaotischen Finanzdaten aus dem Leben ihrer Kunden in saubere, durchorganisierte Konten und Tabellen zu verwandeln. Nun musste sie das einfach für sich selbst umsetzen. Die Buchhalterwitze, die sie gehört hatte, reichten zwar für mehrere Leben, doch sie liebte ihre Arbeit. Es bereitete ihr große Freude, Sinn ins Chaos zu bringen und zu beobachten, wie sich die Zahlen zu perfekten Reihen und Summen formierten. Und nach all dem, was sie mit Megans Vater mitgemacht hatte, liebte Megan die Sicherheit einer Arbeit, in der es einfach keine Grauzonen gab. Jedes einzelne Mal mussten die Zahlen stimmen und für jede Unstimmigkeit gab es auch einen entsprechenden Grund, mit Hilfe dessen sich das Problem auch wieder klären ließ.
Dankenswerterweise war sie sehr gewissenhaft, wenn es darum ging, Sicherheitskopien ihrer Kundendateien auf einem externen Server zu speichern. Was dies betraf, war sie zumindest auf der sicheren Seite, wenn sie erst einmal eine neue Bleibe gefunden haben würde und wieder bereit für die Arbeit war.
Bevor die Ärztin das Krankenzimmer verließ, erinnerte sie die beiden daran, sich für ein paar Tage zu schonen und sich im Fall von Atembeschwerden, Hustenanfällen, Schwindel oder Verwirrung bei ihr zu melden.
Ein paar Minuten später traf die Polizei ein, um ihre Aussage bezüglich des Brandfalls aufzunehmen. Sie versuchte, mit fester und ruhiger Stimme zu sprechen, während Summer zuhörte, doch sie versagte mehr als nur einmal. Die beiden Polizeibeamten unterbrachen dann jeweils ihre Befragung, damit sie sich wieder sammeln konnte.
Als sie letztendlich wieder alleine waren, sagte Megan zu ihrer Tochter: „Ich werde jetzt duschen und dann kannst du dich zurechtmachen.“
Summer nickte, langte nach der Fernbedienung und richtete einen flehenden Blick aus großen Augen auf sie: „Darf ich fernsehen?“
Obwohl Megan normalerweise in Sachen Fernsehen tagsüber sehr streng war, beschloss sie kurzerhand, dass etwas Anspruchsloses ihrer Tochter im Augenblick sehr gut tun würde. Sie nickte und zerzauste Summers kurze blonde Haare, bevor sie schnell aus dem Bett stieg. „Nur ein Weilchen.“
„Juhu!“
Während Megan auf das Badezimmer zusteuerte, in dem sie die Dusche ihres Lebens erwartete, war sie froh zu wissen, dass es allen Anschein hatte, als würde mit ihrer äußerst robusten Tochter alles in Ordnung sein.
Als sie dann jedoch unter dem warmen Wasserstrahl stand, der langsam die schwarzen Schmutzrückstände vom Rauch auf ihrer Haut – zusammen mit ihren, wie sie selbst erkannte, verkohlten Haarspitzen – abwusch, hatte sie keinerlei Ahnung, wie lange sie selbst wohl brauchen würde, um sich wieder gut zu fühlen. Was sie daran hinderte, waren die Vorstellungen dessen, was ihnen alles hätte zustoßen können, die nacheinander in ihrem Kopf auftauchten; geistige Bilder ihrer durchgestandenen Qual, die mit den dunklen Rändern dichten schwarzen Nebels verschwammen.
Doch obwohl sie sich vollkommen ausgelaugt und erschöpft fühlte, hatte sie den heldenhaften Feuerwehrmann, der sie aus ihrer lodernden Wohnung gezogen hatte, nicht vergessen. Er hatte sein Leben für sie aufs Spiel gesetzt. Sobald sie und Summer wieder auf den Beinen waren, würde sie ihn ausfindig machen. Nicht nur, um sich zu bedanken, sondern auch um ihm das unbeschreibliche Geschenk, das er ihnen gemacht hatte, zu vergelten.
Das kostbare Geschenk des Lebens … als der Tod so schrecklich nahe war.
Als würde ihr dies die düsteren Visionen vom Leibe halten, kniff sie die Augen fest zu, hob ihr Gesicht dem Wasserstrahl entgegen und ließ ihn die Tränen des Schocks – und der Freude – wegspülen, da sie einen weiteren Tag mit dem kleinen Mädchen leben durfte, das ihr absolut alles bedeutete.
* * *
Als sie einige Stunden später durch einen nahegelegenen Target-Discounter gingen, stellte Megan erstaunt fest, dass Summer trotz ihres entsetzlichen Branderlebnisses so gut wie unverzüglich wieder zu ihrem normalen, lebhaften Naturell zurückgefunden hatte.
Megan wünschte, auch sie würde sich so rasch wieder erholen. Gleich nachdem sie das Geschäft betreten hatten, setzten sie sich auf die roten Plastikstühle in dem kleinen Café und machten eine To-do-Liste. Es gab so Vieles, woran sie zu denken hatten, und so viele Dinge, die sie in Angriff nehmen mussten.
Ungeachtet dessen, was die behandelnde Ärztin ihnen gesagt hatte, hatte Megan bereits einen Termin mit Summers Kinderarzt vereinbart. Sie wusste, dass ihre Tochter nicht versessen darauf sein würde, nochmals einen Arzt aufzusuchen, aber Megan wollte, was sie anbelangte, kein Risiko eingehen. Aus Gründen der Fairness, da Fairness für Sechsjährige nun einmal von allergrößter Wichtigkeit war, hatte Megan auch für sich selbst einen Termin vereinbart.
Sie trugen zusammengewürfelte Kleidung, die zudem nicht wirklich passte. Sie musste auch neue Personaldokumente besorgen. Ihre Haarspitzen waren durch das Feuer auch so versengt worden, dass sie nun dringend einen Haarschnitt benötigte, wenn sie vorzeigbar sein wollte. Und sie musste schleunigst herausfinden, ob es ihren Nachbarn gut ging. Als sie sich im Krankenhaus umgehört hatte, hatte niemand erwähnt, dass jemand anders aus ihrem Gebäude eingeliefert worden wäre. Sie betete, dass dies darauf zurückzuführen war, dass alle anderen unbeschadet davongekommen waren.
Natürlich war es ihrer Gemütsverfassung nicht wirklich zuträglich, nach gefühlten zigtausenden Formularen für die Versicherung nun auch noch diese überbordende Liste zu machen. Sie war gewohnt, Unmengen von Papierkram zu bewältigen, aber das war zu viel des Guten.
Sie hatte ihre kleine, aber reizende Wohnung vergangenen Winter gekauft und sie in ihrer Freizeit renoviert. Nach all der Schwerstarbeit war nun alles, was sie vorweisen konnte, ein Zahlungsversprechen der Versicherung. Natürlich nach erfolgter Schadensbegutachtung. Bis dahin hatten sie ihr genug Bargeld gegeben, damit sie ein Auskommen fand, bis sie Kontakt mit ihrer Bank aufnehmen konnte, um eine neue Bankomatkarte und Kreditkarten zu bekommen. Sie hatten ihr auch mitgeteilt, dass man sie in einem Best Western Hotel unweit des Krankenhauses untergebracht hatte, bis sie etwas anderes finden würde.
Gleich nach dem Kauf eines neuen Handys wollte sie ihre Eltern anrufen und versuchen, ihnen vom Brand zu berichten, ohne dass sie einen Herzanfall bekamen. Zweifelsohne würden sie den nächsten Flug von Minneapolis nehmen und sich um sie und Summer kümmern. Natürlich wollte sie sie sehen und ihre herzlichen Umarmungen spüren, aber gleichzeitig … nun ja, sie war nicht erpicht auf eine Neuauflage der Situation von vor fünf Jahren, als David gestorben war.
Sie würden sie zweifellos drängen, wieder ‚nach Hause‘ zurückzukehren. Sie würden den Brand als perfektes Beispiel dafür verwenden, um wie viel sicherer sie und Summer doch in der Kleinstadt wären, in der sie aufgewachsen war.
Megan hob unbewusst ihr Kinn. Sie war stolz darauf, wie gut es ihr gelungen war, ihre Tochter alleine großzuziehen. Und unabhängig davon, was ihre Eltern dachten, hatte sie ihre Lektionen in Sachen Sicherheit perfekt gelernt. Die Männer, mit denen sie in den letzten paar Jahren zusammen gewesen war, waren alle Buchalter so wie sie oder Lehrer oder Ingenieure. Sie würde niemals mehr den Fehler begehen und sich mit jemandem einlassen, der das Risiko liebte, der der Gefahr entgegenrannte anstatt von ihr weg, wie jeder gescheite, vernünftige Mensch.
Summer zupfte sie am Fuß und Megan brach eine weitere ihrer Regeln, diesmal in Bezug auf Junkfood, da sie Hotdogs und Nachos und riesige Kirsch-Granités kauften. Doch obwohl Summer alles restlos verputzte, brachte Megan nur ein paar Bissen hinunter.
Da sie wusste, wie sehr ihre Tochter neue Kleidung mochte, – oh, aber wem machte sie etwas vor, sie beide liebten neue Kleider – sagte Megan zu ihr: „Wir kaufen heute nur ein paar Basics, wie Jeans und T-Shirts.“
„Bald werden wir uns aber einen ganzen Haufen neues Zeug besorgen, nicht?“
Stillschweigend dankte sie Gott dafür, dass die Freude ihrer Tochter über den Kauf neuer Klamotten weit größer war als ihre Verzweiflung darüber, dass sie ihre alten Sachen bei dem Brand verloren hatte. Und so probierten sie eine Handvoll Sachen und waren gerade auf dem Weg zum Eingangsbereich des Ladens, um sie zu bezahlen, als Megan bemerkte, dass sie etwas sehr Wichtiges vergessen hatte.
Ja, sie brauchten Kleidung. Und selbstverständlich mussten sie einige Lebensmittel kaufen. Doch Summer hatte, trotz der Fröhlichkeit, die sie angesichts ihrer Situation an den Tag legte, alle ihre Sachen verloren … einschließlich der Rapunzel-Puppe, mit der sie Nacht für Nacht schlief.
Da sie sehr wohl wusste, dass sie vorläufig äußerst vorsichtig mit ihrem Bargeld umgehen mussten, legte sie eines der T-Shirts, das sie eigentlich kaufen wollte, wieder auf den dafür vorgesehenen Ablagewagen in der Umkleide zurück und führte ihre Tochter in Richtung Spielwarenabteilung.
„Sieh mal, ich glaube, die haben hier Rapunzel-Puppen. Warum suchst du dir nicht eine aus?“
Summers Augen leuchteten auf und sie warf ihre Arme um ihre Mutter. „Du bist die beste Mama auf der ganzen Welt!“ Während sie den Gang hinunterlief, um sich die Puppe zu holen, stand Megan mitten in dem Riesenladen und war kurz davor, wieder in Tränen auszubrechen.
Als sie in der Badewanne eingeschlossen waren, hatte sie gehofft, ja gebetet, dass sie und ihre Tochter am Leben bleiben und wieder so etwas Banales wie gemeinsames Shoppen tun können würden. Tatsache war jedoch, dass sie, als das Feuer immer heißer tobte und größer wurde und die Sirenen immer lauter, ohne dass ihnen irgendjemand zu Hilfe gekommen wäre, ihr Glaube beinahe verlassen hatte.
Als Summer mit der nagelneuen Puppe zurückkam, die in ihrer glänzenden Verpackung perfekt aussah, wischte Megan sich die Anzeichen der Emotionen, die überzulaufen drohten, weg. Sie wusste, dass sie sich vom lächelnden Gesicht ihrer Tochter eine ganze Menge abschauen konnte, von ihrer Fröhlichkeit, die von etwas so Kleinem wie einer hübschen Puppe ausgelöst worden war.
Sie hatten zwar Dinge verloren, aber sie lebten beide noch.
Alles, was sie nun wollte, war ihr Hotelzimmer zu beziehen und sich mit Summer einzuigeln, um ein längst fälliges Nickerchen zu machen. Doch, gleich nachdem sie im Hotel angekommen waren, zog sie ihre alte Nachbarin und Freundin Susan Thompson zur Seite.
„Megan, Summer, Gott sei Dank, dass es euch gut geht!“
Die ältere Dame holte sie beide herein, um sie zu umarmen. Wieder war Megan den Tränen nahe, musste die Luft anhalten und sich auf einen eingetrockneten Kaugummifleck auf dem Teppich konzentrieren, um nicht zusammenzubrechen. Sie war normalerweise keine Heulsuse und hatte nicht einmal nach Davids Tod den Tränen freien Lauf gelassen. Sie war damals zu beschäftigt damit gewesen, mit ihrer Zweijährigen Schritt zu halten, weiter als Buchhalterin zu arbeiten, sie beide zu ernähren, ihnen ein Dach über dem Kopf zu sichern und dem Druck ihrer Eltern standzuhalten, die wollten, dass sie umgehend und für alle Zeit wieder nach Minneapolis zurückkehrte.
Frau Thompson hingegen hatte, was das Weinen betraf, keinerlei derartige Bedenken. Ihre Wangen glänzten von den Tränen, als sie endlich losließ. „Gleich, nachdem ich dem Feuerwehrmann gesagt hatte, dass ihr beide noch im Haus seid, ist er schnurstracks hineingelaufen, um euch zu holen.“
Im Verlauf der vergangenen Stunden waren Megans Gedanken wieder und wieder zu dem Feuerwehrmann zurückgekehrt, der sie in der Badewanne entdeckt hatte, und zu seiner entschlossenen, zuversichtlichen Stimme, mit der er ihr Weisungen gab. Ihre Haut, ihre Muskeln und Knochen spürten immer noch die Phantomabdrücke seiner Hände und die Kraft, mit der er sie und Summer hochgehoben, geschoben und in Sicherheit gezogen hatte.
Dass sie am Leben waren, hatten sie ihm zu verdanken.
Susan saß mit Megan auf der nahegelegenen, ausgebleichten Couch in der Lobby. „Er hatte mir und Larry gerade auf den Bürgersteig hinausgeholfen, als ich mich umsah und bemerkte, dass du und Summer nicht gemeinsam mit allen anderen dort wart.“ Ihr Mund zitterte. „Kurz bevor der Brand ausgebrochen ist, hatte ich dich nach Hause kommen sehen. Ich wusste also, dass etwas nicht stimmte.“
Megan schluckte schwer und streckte ihre Hand aus, um sie über die Hand der Frau zu legen. „Vielen Dank“, flüsterte sie. „Wenn du es ihm nicht gesagt hättest –“
Megan warf einen kurzen Blick auf Summer, die vergnügt ihre Puppe auspackte. Ihre Tochter schien total in ihr Spielzeug vertieft zu sein, doch Megan wusste verdammt gut, dass sie in Wirklichkeit jedes kleine Detail ringsum in sich aufnahm. Jede Miene, jedes Wort. Megan wollte nicht, dass Summer aufgrund dessen, was beinahe geschehen wäre, eine Angst entwickelte, die sie dann immer begleiten würde.
Doch Frau Thompson schüttelte ihren Kopf. „Der Feuerwehrmann war der wahre Held. Sie wollten nicht, dass noch irgendjemand in das Gebäude geht, aber er hat nicht gezögert und ist hineingerannt, um euch zu retten. Ich hoffe nur, dass es ihm nach allem, was ihm passiert ist, gut geht.“
Megan sah voller Entsetzen zu ihrer Freundin auf. „Wurde er verletzt?“
Susan runzelte die Stirn. „Wusstest du das nicht?“
„Nein.“ Nachdem sie es die Treppe hinunter geschafft hatten, konnte sie sich an nichts mehr erinnern.
„Mami?“
Megan wusste, dass sie sich für ihre Tochter am Riemen reißen musste. Sie wusste, dass es das Wichtigste war, das sie für sie tun musste. Stattdessen konnte sie jedoch nur eine Frage stellen: „Wie ernst ist es?“
Ihre Freundin seufzte und sah nun noch mitgenommener aus. „Sie mussten ihn auf einer Krankentrage hinausbringen.“
Megan fühlte sich genauso wie zuvor, als sie in der Badewanne festsaßen – sie konnte kaum atmen und es war, als würde sich erneut Dunkelheit über sie legen.
Sie sprang von der Couch hoch. „Ich muss die Feuerwache anrufen. Ich muss herausfinden, wie es ihm geht.“ Susan stand ebenfalls auf und folgte ihr an die Rezeption. „Ich muss telefonieren. Bitte.“
Der junge Mann an der Rezeption nickte schnell und sie begriff, dass er ihre Konversation zufällig mitgehört haben musste. „Natürlich. Kein Problem.“
Ihre Hand am Hörer zitterte, als sie die Auskunft anrief, um die Telefonnummer der Notrufzentrale der Feuerwehr zu erfahren. Sie bat um Weiterleitung ihres Anrufs zur Feuerwache in ihrer Nachbarschaft.
Während ihr Anruf weitergeleitet wurde, war sie nahe daran zu verzweifeln. Eine tiefe Männerstimme konnte gerade noch Hallo sagen, als sie sagte: „Ich bin die Frau, die der Feuerwehrmann gestern gerettet hat. Ich und meine Tochter wurden gerettet. Ich habe eben erst erfahren, dass er verletzt wurde. Ich muss wissen, wie es ihm geht. Wurde er schwer verletzt? Wie lange wird es dauern, bis er wieder gesund ist?“
Der Mann am anderen Ende der Leitung war einen Moment lang still. „Tut mir leid gnädige Frau, aber ich kann Ihnen diesbezüglich nichts sagen.“
„Er hat sich selbst in furchtbare Gefahr gebracht, um mich und meine Tochter zu retten. Ich muss mich bei ihm bedanken. Ich muss ihn wissen lassen, wie viel uns bedeutet, was er für uns getan hat.“
„Ich verstehe Ihre Erregung, aber …“. Er hörte auf zu sprechen und sie hörte eine andere Stimme im Hintergrund. „Warten Sie einen Moment.“
Ein anderer Mann kam ans Telefon. „Sind Sie Frau Harris?“
Sie war momentan überrascht, dass der Mann ihren Namen kannte. „Ja, hier spricht Megan Harris.“
„Mein Name ist Todd Phillips. Ich bin der Captain der Feuerwache 5. Wie geht es Ihnen und Ihrer Tochter?“
„Wir haben das Krankenhaus vor ein paar Stunden verlassen“, erzählte sie ihm rasch.
„Freut mich sehr, das zu hören. Es tut mir leid, dass es einen Brand in Ihrer Wohnung gegeben hat.“
Megan wusste, dass sich eines Tages über den Verlust all ihrer wertvollen Erinnerungsstücke an die Babyjahre ihrer Tochter und an David grämen würde. Der Verlust ihrer Sachen wurde jedoch nebensächlich angesichts der schrecklichen Tatsache, dass ein Feuerwehrmann im Zuge ihrer Rettung verwundet worden war.
„Ich muss mich persönlich bei dem Feuerwehrmann dafür bedanken, dass er mir und meiner Tochter geholfen hat.“
Sie konnte durch die Telefonleitung beinahe hören, wie der Captain am anderen Ende den Kopf schüttelte. „Ich bedauere, Frau Harris, aber …“
„Bitte“, flehte sie. „Ich verdanke ihm alles.“
Alles.
Nach einer kurzen Funkstille sagte er: „Ich muss erst Gabe fragen.“
„Vielen, vielen Dank.“
Bevor sie wieder auflegte, gab sie dem Captain die Nummer des Telefons an der Rezeption. Doch selbst als sie und Summer endlich nach oben in ihr vorübergehendes Zuhause gingen und ihre Tochter erneut wie ein Zombie vor dem Disney Channel saß, konnte Megan nicht aufhören, sich um den Mann – Gabe – zu sorgen, der seine eigene Sicherheit für ihre aufs Spiel gesetzt hatte.
In ihrem Zimmer telefonierte sie wieder und arbeitete sich mit einem Mitarbeiter ihrer Bank durch weiteren Verwaltungskram, als es an ihrer Tür klopfte. Vor der Tür stand der junge Mann von der Rezeption mit einer Nachricht.
„Ein Captain der Feuerwache hat angerufen. Er sagte, er würde in dreißig Minuten beim Krankenhaus auf sie warten.“
Raus! Gabe Sullivan wollte raus aus dem verfluchten Krankenbett. Er wollte sich die Infusion aus dem Arm reißen und war schon kurz davor, als seine Mutter ins Zimmer kam.
„Wage es nicht, sie rauszureißen.“
Mary Sullivan war bereits früher am Tag bei ihm gewesen, doch diesmal kam sie mit zwei seiner Brüder und deren Partnerinnen zurück.
Nicola rannte nach vorne. „Oh, mein Gott, ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht!“
Nachdem Marcus’ Popstar-Freundin erfahren hatte, dass die städtischen Feuerwachen erhebliche Budgetkürzungen hinnehmen mussten, hatte sie die Idee für eine Fundraising-Show zu ihren Gunsten. Offensichtlich war sie erschrocken darüber, dass die Feuerwache 5 am Ende ihres Wohltätigkeitskonzerts in das dreistöckige Gebäude in der Conrad Street gerufen worden … und Gabe verletzt worden war.
Sie warf ihre Arme um ihn, und er zog sie absichtlich näher an sich heran, als Marcus ihnen zuschaute. Die Art wie sein Bruder den Kopf schüttelte, ließ ihn wissen, dass dieser Gabes Vorgehen ganz klar durchschaute. Zu jeder anderen Zeit hätte Marcus ihn dafür, dass er seiner Frau derart auf die Pelle rückte, an die Wand genagelt, doch offensichtlich brachte ihm der unfreiwillige Krankenhausaufenthalt ein paar Bonuspunkte ein. Wie die Tatsache, dass Marcus zu erfreut darüber war, dass Gabe überlebt hatte, und deshalb auch nicht total ausrastete, als dieser seine Hände knapp über Nicolas kurvige Hüften legte.
Dennoch wusste Gabe, dass er den Bogen nicht mehr weiter spannen konnte, als Marcus seine Hände um Nicolas Taille schlang und brummte: „Such dir eine eigene Freundin“, und sie dabei an sich zog.
Gabe wusste genau, warum sein ältester Bruder sich in den Popstar verguckt hatte. Sie sah nicht nur gut aus und war talentiert, sondern hatte auch ein riesiges Herz. Gabe war noch nie mit so jemandem zusammen gewesen – jemandem, mit dem er sich eine langfristige Beziehung hätte vorstellen können, und nicht nur einige Stunden zwischen den Laken.
Glücklicherweise nahm Chloe, die Verlobte seines Bruders Chase, gleich nachdem Nicola weggezogen worden war, deren Platz in Gabes Armen ein.
„Verdammt“, murrte Chase, „nun hat er mein Mädchen. Man muss eben ein Held sein, damit die Frauen sich einem an den Hals werfen.“
Offensichtlich waren alle so glücklich darüber, dass es ihm gut ging, dass sie ihm im Augenblick so gut wie alles durchgehen ließen. Alle außer seiner Mutter, die mit Adleraugen auf ihn starrte.
„Ich habe gerade mit dem Arzt gesprochen. Er hat mir mitgeteilt, dass sie dich noch eine Nacht hierbehalten werden, damit sie noch eine CT machen können. Ich bin froh darüber. Du hast einen schweren Schlag auf den Kopf abbekommen. Wir alle wollen sichergehen, dass du auch absolut unversehrt bist.“
„Ach, Mama“, sagte Gabe und hörte sich dabei vielmehr wie ein 14-jähriger Junge an und nicht wie ein erwachsener, 28 Jahre alter Mann. „Ich fühle mich gut.“ Sein Kopf schmerzte höllisch. Doch wenn er einen Kater hatte, tat es fast genauso weh.
„Wie ich sehe, hat der Balken das bisschen gesunden Menschenverstand getroffen, das du noch hattest. Folglich werde ich dem Arzt vertrauen.“ Er konnte gerade noch das Seufzen angesichts der Tatsache unterdrücken, dass er stundenlang in einem kleinen Krankenhauszimmer feststeckte, als seine Mutter hinzufügte: „Und du auch.“
Chase gelang es recht gut, so zu tun, als wäre der Verband um Gabes Kopf keine allzu große Sache. Doch Marcus, der die Rolle ihres Vaters nach dessen Tod vor über zwanzig Jahren übernommen hatte, machte sich ernsthaft Sorgen.
„Wie ist das passiert, Gabe? Ich weiß, dass du bei Einsätzen immer vorsichtig bist. Den Berichten über den Brand in den Nachrichten nach zu schließen, war es zum besagten Zeitpunkt bereits nicht mehr sicher, in das Gebäude zu gehen.“ Die Miene seines Bruders verfinsterte sich weiter. „Nicht annähernd sicher.“
Gabe wunderte es nicht, dass es Marcus war, der ihn für sein Handeln rügte. Marcus hatte stets alles stehen und liegen gelassen, um ihnen, wenn nötig zu helfen. Und sogar jetzt, da Marcus sein Leben mit jemandem wirklich Besonderen teilte, wusste Gabe, dass er sich auch künftig immer um jeden Einzelnen von ihnen Sorgen machen würde.
Obwohl die Rettungsaktion beinahe mit einem Desaster ausgegangen wäre, hätte Gabe absolut gar nichts anders gemacht. Nichts, denn er sah das hilflose Mädchen in den Armen ihrer Mutter und Megans weit aufgerissene Augen, die ihn anflehten, das Liebste, das sie auf der Welt besaß, zu retten, immer noch vor sich.
„Das Gebäude war nicht leer.“ Das war die einzige Erklärung, die ein Feuerwehrmann braucht.
„Du hättest sterben können, Gabe.“
Er hielt dem Blick seines ältesten Bruders stand. „Du hast recht. Ich hätte sterben können.“ Er machte eine kurze Pause, bevor er sagte: „Aber ich bin immer noch hier.“
Marcus stieß einen angestrengten Atemzug aus. „Wie viele gottverdammte Leben willst du eigentlich verheizen, indem du den Helden spielst?“
„Marcus!“, rief ihre Mutter.