Lass dich von der Liebe verzaubern (Die Sullivans 7) - Bella Andre - E-Book

Lass dich von der Liebe verzaubern (Die Sullivans 7) E-Book

Bella Andre

5,0

Beschreibung

Der Filmstar Smith Sullivan kann gerade jetzt keinerlei Ablenkung gebrauchen. Alles hat er auf diesen neuen Film gesetzt, seinen Ruf, seine Karriere ... doch ständig schweifen seine Gedanken zu der feurigen Valentina Landon. Valentina hat nichts gegen Sinnesfreuden und schließt auch nicht aus, eines Tages die wahre Liebe zu finden. Als Managerin in Hollywood hat sie jedoch schon zu häufig beobachtet, wie sich intelligente Frauen in Schauspieler verliebten ... und dann am Boden zerstört waren, als ihre Romanze - wie vorauszusehen war - in die Brüche ging. Während der Wochen intensiver Dreharbeiten entbrennt Valentinas und Smiths gegenseitige Anziehung jedoch zu glühender Leidenschaft. Smith weiß, dass er Valentina überzeugen muss, ihn näher an sich heranzulassen. So nah, dass er ihr Herz stehlen kann, so wie sie ihm seines gleich bei der ersten Begegnung gestohlen hat. "Die Sullivans"-Reihe *** Die Sullivans aus San Francisco *** Liebe in deinen Augen Ein verfänglicher Augenblick Begegnung mit der Liebe Nur du in meinem Leben Sag nicht nein zur Liebe Nur von dir hab ich geträumt Lass dich von der Liebe verzaubern Du gehst mir nicht mehr aus dem Sinn *** Die Sullivans aus Seattle *** Eine perfekte Nacht Nur du allein Deine Liebe muss es sein Dir nah zu sein Ich mag, wie du mich liebst Ohne dich kann ich nicht sein *** Die Sullivans aus New York *** Vier Herzen vor dem Traualtar Bilder von dir Weil es Liebe ist Die Süße der Liebe Das Beste kommt erst noch Liebe ist kein Marchen Wer Liebe sät Irgendwo auf der Welt Halt mich *** Die Sullivans aus Maine *** Mit Leib und Seele Herzbeben

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Lass dich von der Liebe verzaubern

~ Die Sullivans 7 ~

Smith & Valentina

Bella Andre

Inhaltsverzeichnis

Bucheinband

Titelseite

Copyright

Über das Buch

Eine Anmerkung von Bella

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Epilog

Alle Bücher von Bella Andre in deutscher Sprache

Über die Autorin

Lass dich von der Liebe verzaubern

Smith & Valentina ~ Die Sullivans 7

© 2020 Bella Andre

Übersetzung Christine L. Weiting – Language+ Literary Translations, LLC

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Der Filmstar Smith Sullivan kann gerade jetzt keinerlei Ablenkung gebrauchen. Alles hat er auf diesen neuen Film gesetzt, seinen Ruf, seine Karriere … doch ständig schweifen seine Gedanken zu der feurigen Valentina Landon.

Valentina hat nichts gegen Sinnesfreuden und schließt auch nicht aus, eines Tages die wahre Liebe zu finden. Als Managerin in Hollywood hat sie jedoch schon zu häufig beobachtet, wie sich intelligente Frauen in Schauspieler verliebten … und dann am Boden zerstört waren, als ihre Romanze – wie vorauszusehen war – in die Brüche ging.

Während der Wochen intensiver Dreharbeiten entbrennt Valentinas und Smiths gegenseitige Anziehung jedoch zu glühender Leidenschaft. Smith weiß, dass er Valentina überzeugen muss, ihn näher an sich heranzulassen. So nah, dass er ihr Herz stehlen kann, so wie sie ihm seines gleich bei der ersten Begegnung gestohlen hat.

Eine Anmerkung von Bella

Bereits zu Beginn der Sullivan-Reihe konnte ich es kaum erwarten, die Geschichte von Smith Sullivan niederzuschreiben. Als Filmstar ist er eine schillernde Persönlichkeit, aber auch ein unglaublich liebevoller Bruder und Sohn. Bei jedem seiner Auftritte in den anderen Büchern stahl er sofort allen anderen die Schau. Wie würde es wohl sein, fragte ich mich, wenn er sich endlich selbst verliebte? Wie würde er mit jemandem eine „normale“ Beziehung eingehen können, wenn er ständig von Kameras und Journalisten verfolgt wurde?

Ich habe jede Minute mit Smith und Valentina genossen, als ich Lass dich von der Liebe verzaubern schrieb. Ein so starker Mann wie Smith braucht eine Frau, die genauso stark ist. Die super-sexy und wahnsinnig gefühlsintensive Love-Story der beiden wird Sie bestimmt genauso fesseln wie mich.

Lassen Sie mich auch ein Wort des Dankes aussprechen, an Sie und alle anderen, die meine Bücher lesen! Es ist überwältigend für mich zu wissen, dass Sie sich genauso in meine Sullivans verliebt haben wie ich und dass Sie sich die Zeit genommen haben, ihren Freunden und Verwandten davon zu erzählen. Ihre E-Mails, Tweets, Facebook-Nachrichten und Posts auf Goodreads machen meine vollen Arbeitstage beim Schreiben des nächsten Sullivan-Romans noch schöner!

Ich kann es kaum erwarten, dass Sie sich bei mir melden, wenn Sie Smiths Geschichte ausgelesen haben. Besonders die Szene, wo er … nun, das sollte ich Sie wohl am besten selbst lesen lassen!

Ein glückliches Leseerlebnis wünscht Ihnen Ihre

Bella Andre

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Kapitel 1

Smith Sullivan liebte seine Fans. Sie waren ihm seit dem Beginn seiner Karriere treu geblieben und hatten dazu beigetragen, dass seine Filme weltweit bald zwei Milliarden Dollar eingespielt hatten. Ohne sie wäre er heute nicht in San Francisco, um mit den Dreharbeiten für den wichtigsten Film seiner Laufbahn zu beginnen.

Er hatte zwar noch eine lange Liste wichtiger Dinge vor Drehbeginn zu erledigen, aber er ließ es sich nicht nehmen, direkt auf die große Gruppe attraktiver Frauen zuzugehen, die sich vor der Absperrung am Union Square gebildet hatte, wo er heute mit seinem Team filmen würde. Einige der Frauen hatten kleine Kinder dabei, aber die meisten waren allein und auch ganz offensichtlich zu haben.

„Guten Morgen“, sagte er, während er auf die Menge zuging und dabei lächelte, selbst als sich die Frauen näher an ihn herandrängten.

Ein Lächeln und zwei kleine Worte hatten genügt: Die erste Frau griff bereits nach seiner Hand. Sie drückte ihm einen Zettel mit ihrem Namen und ihrer Telefonnummer in die Handfläche. Trotz des kühlen Nebels über dem Platz trug sie nur ein enges Top mit V-Ausschnitt und einen kurzen Rock.

„Ich bin schon so gespannt auf Ihren neuen Film, Smith“, säuselte sie. Sie strich ihm über den Arm, als würden sie sich kennen. Und als seien sie so vertraut miteinander, dass er sich gerne von ihr berühren ließ.

„Das freut mich, …“ Er machte eine Pause, damit sie ihm ihren Namen sagen konnte, denn er sah sie heute Morgen zum ersten Mal.

„Brittany.“

Er lächelte ihr zu. „Ich freue mich, dass Sie ihn sich anschauen werden, Brittany.“

„Oh, ich kann es kaum erwarten“, sagte sie mit rauchiger Stimme. „Und solange Sie hier filmen, stehe ich Ihnen jederzeit zur Verfügung, falls Sie darüber reden möchten. Oder …“ Sie leckte sich über die Lippen. „… auch für alles andere, was Sie vorhaben, während Sie hier in San Francisco sind.“

Nacheinander folgten die anderen Frauen ihrem Beispiel. Sie gaben ihm die Hand und ihre Telefonnummer und sagten, er sei ihr Lieblingsschauspieler und sie hätten alle seine Filme gesehen. Hunderte Male hatte er diese Szene in den letzten fünfzehn Jahren schon erlebt. Wenn er noch Mitte Zwanzig gewesen wäre, hätte Smith sich jetzt mit Freuden die Hübscheste ausgesucht und sie für eine Nacht oder eine Woche mit nach Hause genommen. Oder auch für länger, wenn sie pflegeleicht war.

Aber mit sechsunddreißig waren diese frühen wilden Jahre lange vorbei … und er war es leid, neben nackten Frauen aufzuwachen, an deren Namen er sich nicht erinnern konnte, die ihn niemals zum Lachen gebracht und deren Familien er nie kennengelernt hatte. Welch ein Gegensatz zu dem Leben seiner Geschwister, von denen die meisten in letzter Zeit die Liebe gefunden und geheiratet hatten und jetzt die ersten Kinder bekamen. Jede Woche aktualisierte er den Screensaver seines Handys mit einem neuen Foto seiner kleinen Nichte Emma. Bald würde seine Schwester Sophie ihre Zwillinge bekommen und er freute sich schon darauf, ein Bild von allen drei Sullivan-Babys auf seinem Handy zu haben.

Und doch, obwohl er jetzt miterlebte, wie stark wahre Liebe sein konnte und welch erstaunliche Dinge sie zuwege brachte, fiel es ihm schwer, aus seinem eigenen Teufelskreis auszubrechen. Ohne die fremden Frauen in seinem Bett war er nämlich allein.

Allein in einem anderen Hotel. Allein in einer anderen Stadt. Allein in einem anderen Land. Und weit weg von seiner Familie und seinen Freunden. Umgeben von Menschen, die entweder irgendetwas von ihm wollten oder die ihn behandelten, als sei er kein Mensch, sondern ein Gott.

Sicher, er konnte sich die Hübschesten aussuchen, aber er wusste, dass sie nur das Eine wollten: die Freundin des berühmten Smith Sullivan sein. Während der letzten Jahre hatte etwas in ihm angefangen, sich zu fragen, ob er wohl jemals eine Frau finden würde, die ihm nicht nur mehr bedeutete als ein paar heiße Stunden im Bett, sondern die auch mehr von ihm wollte als nur seine Berühmtheit.

Natürlich war Smith trotz allem ein Mann. Und zwar ein sehr sinnlicher Mann, der Frauen in all ihren Formen und Größen anbetete. Deswegen war sich Smith zwar bewusst, dass ein paar Nächte heißer Sex letztendlich nicht sehr viel brachten, aber einer schönen Frau würde er trotzdem nie die kalte Schulter zeigen.

Vor allem dieser hier nicht, dachte er, als Valentina Landon an ihm vorbeiging. Zum Schutz gegen den kühlen Morgennebel trug sie einen dicken langen Wollmantel und hob beim Anblick der kichernden Frauen, die sich um ihn versammelt hatten, nur kurz die Brauen.

„Valentina,“ sagte er, damit sie stehenblieb.

Sie drehte sich zu ihm um und in ihrem Blick lag nicht die geringste Spur der Koketterie, mit der ihn die zwanzig Frauen um ihn herum geradezu überschütteten. „Ja?“

„Haben Sie und Tatiana alles, was Sie heute Vormittag brauchen?“

„Ja, alles perfekt, vielen Dank“, sagte sie knapp. „Brauchen Sie von uns noch irgendetwas, vor Drehbeginn in …“ Sie sah auf ihre schmale Armbanduhr. „… einer Stunde?“

„Nur, dass Sie mir Bescheid sagen, falls Sie oder Tatiana irgendwelche Probleme haben oder etwas von mir brauchen.“

Sie nickte und ihr hübscher Mund wurde etwas weicher. „Danke“, sagte sie. „Das werden wir.“ Leider fiel genau in dem Moment ihr Blick auf den Stapel Zettel mit Telefonnummern, die ihm in die Hand gedrückt worden waren und sie runzelte angewidert die Stirn.

Und dennoch war sie, selbst während sie mit missbilligend zusammengepressten Lippen wegging, schön.

Smith wandte sich wieder seinen Fans zu und dankte allen nochmals für ihre Unterstützung, bevor er zu seinem Wohnwagen zurückging, der während der Dreharbeiten auch als sein Büro fungierte. Dort warf er die Zettel mit den Telefonnummern achtlos auf seinen Schreibtisch, packte sein Drehbuch und den Laptop und ging wieder hinaus. Er hatte gerade im Wohnwagen der Visagistin Platz genommen, als sein Handy summte und ihn daran erinnerte, dass er sich vor Drehbeginn noch um ein Problem mit der Beleuchtung kümmern musste.

Das war nur der Anfang eines unglaublich vollen Tages am Filmset, das dieses Mal allein ihm gehörte. Und während Smith das erste einer voraussichtlich langen Liste von Problemen dieses Tages in Angriff nahm, wusste er, dass er seinen Beruf mit keinem anderen würde tauschen wollen. Weder die Schönheit der Weinberge seines Bruders Marcus im Napa Valley, noch der Nervenkitzel von Ryans Siegen als Werfer der Hawks in der World Series, noch der Geschwindigkeitsrausch in Zachs Rennwagen wäre ihm lieber gewesen.

Smith konnte es kaum erwarten Schwerkraft zu drehen.

Die junge Frau mitten auf dem Bürgersteig war eine Schönheit. Doch die Art, wie sie sich bewegte und kleidete, ihre Frisur mit den pinkfarbenen Strähnen und das kunstvolle, um die Augen dunkel verblendete Make-up enttarnten sie sofort als Anfang Zwanzigjährige, die völlig überwältigt davon war, zum ersten Mal allein in der Großstadt zu sein. Mit staunenden Blicken nahm sie San Francisco in sich auf: die Häuser, den Verkehr, die eilenden Menschen um sich herum und die von der Bucht heraufziehenden Nebelschwaden. Einen Augenblick lang verzog sich ihr Mund fast zu einem Lächeln, aber irgendetwas, das allzu sehr nach Angst aussah, hielt dieses Lächeln von ihren vollen Lippen zurück.

Ein streunender Hund huschte über ihre billigen roten Kunstlederstiefel und die Sehnsucht in ihrem Gesicht, als sie sich hinhockte, um das verwahrloste Tier zu streicheln, war fast schmerzhaft. Aber anstatt sich ihrer geöffneten Hand zu nähern, drehte sich der kleine schmutzige Hund um und rannte, so schnell er konnte, von ihr weg.

Die großen grünen Augen des Mädchens füllten sich mit einem Schimmer von Tränen, die sie aber so schnell wegblinzelte, wie sie gekommen waren. Man musste ihr einfach wünschen, dass sie das Glück und die Liebe und alles andere finden würde, um dessentwillen sie nach San Francisco gekommen war.

Ein Stück weit weg sprach ein Geschäftsmann in sein Handy. In seinem dunklen, perfekt sitzenden und sehr, sehr teuren Anzug bewegte er sich schneller als alle anderen auf dem Bürgersteig. Er war völlig auf das Telefonat konzentriert und sein Gesichtsausdruck wirkte bedrohlich, als er mit harter Stimme eine Anweisung nach der anderen ins Telefon knurrte. Es war ihm anzusehen, dass er Macht hatte … und wie verschlossen sein Herz war.

Ein Anflug von Wut durchzog sein Gesicht. Dann fing er an, lauter ins Telefon zu sprechen. Seine gesamte Aufmerksamkeit war auf das Gespräch gerichtet, sodass er um sich herum niemanden wahrnahm. Seinem Gang war nicht das geringste Zögern anzumerken, als er gegen das Mädchen trat, das immer noch dort hockte und dem Hund hinterherstarrte, der nicht gewagt hatte, ihr zu vertrauen.

Tausend Dollar teure italienische Schuhe stießen ihr hart in den Bauch und erst als sie vor Schmerz aufschrie, hörte er auf in sein Handy zu fluchen, sah vor sich auf den Bürgersteig und erblickte sie.

Die Szene drückte perfekt aus, wie tief sie gefallen war. Aber genau in dem Augenblick, in dem sie sich eigentlich hätte wegducken müssen, wichen Angst und Sorge endlich von ihr.

Dieses Mal war sie diejenige, die wütend war. Obwohl der Tritt des Mannes so fest gewesen war, dass sie kaum noch Luft bekam, war sie doch so jung und flink, dass sie in weniger als dreißig Sekunden wieder auf ihren Füßen stand und ihn konfrontierte.

Es war gleichgültig, dass sie so viel kleiner war als er. Es war gleichgültig, dass seine Kleider mehr gekostet hatten, als sie mit doppelter Schichtarbeit in der Eisdiele ihres Heimatorts im ganzen letzten Jahr hatte zurücklegen können.

Selbst, dass die Leute auf dem Bürgersteig stehengeblieben waren, um die Szene zu verfolgen, war ihr gleichgültig.

„Glauben Sie eigentlich, Sie seien der einzige Mensch auf der Welt?“, schrie sie ihn an. „Sie reden in ihr Handy, ignorieren alle anderen und treten jeden, der ihnen in den Weg kommt?“

Bevor er antworten konnte, kam sie näher und stieß ihm den Finger in die Brust.

„Ich bin auch wer.“ Ihr Mund zitterte jetzt ganz leicht, aber irgendwie bekam sie das unter Kontrolle und sagte noch einmal: „Ich bin auch wer.“

Während ihrer Schimpftirade starrte der Mann auf sie hinunter, hielt das Handy immer noch ans Ohr und sein Blick war völlig undurchdringlich. Ganz offensichtlich war er überrascht von dem, was geschehen war. Nicht nur, dass er über sie gestolpert war, sondern auch, wie sie aufgesprungen war und ihn anschrie. Und dann war da noch etwas außer Überraschung in seinem Blick.

Es war ein Gewahrwerden, das nichts mit Wut zu tun hatte … sondern mit ihrer unglaublichen Schönheit, die von der Röte ihrer Wangen und dem Feuer in ihren Augen noch größere Kraft bekam.

Alles um die beiden herum verschwand, während sie in dem Gesicht des Geschäftsmanns nach einer Reaktion suchte. Aber es war unmöglich, etwas zu erkennen und mit einem angewiderten Ausruf wich sie vor ihm zurück und ging auf dem Bürgersteig davon.

Bevor sie sich jedoch unter die anderen Menschen mischen konnte, legte sich eine große, starke Hand auf ihren Oberarm und hielt sie fest. Sie fuhr herum, um ihn abzuschütteln. „Machen sie sich verdam…“

„Es tut mir leid.“

Echtes Bedauern klang aus seiner Stimme. Es war tiefer und echter, als irgendeiner seiner Mitarbeiter es ihm jemals zugetraut hätte. Vielleicht sogar er selbst nicht.

Nur durch den Mut der Verzweiflung hatte die junge Frau die Fassung bewahren können. Aber in dem Moment, als ein Mann, der noch nie in seinem Leben um Verzeihung gebeten hatte, sich tatsächlich bei ihr entschuldigte, kam ihr die Kraft abhanden, an die sie sich mit Müh und Not geklammert hatte.

Die erste Träne war kaum heruntergelaufen, als sie sich aus seinem Griff befreite und durch die Menge rannte, weg, nur weg von dem Mann, dessen Bitte um Verzeihung sie unwillkürlich gerührt hatte.

Die tiefe Stimme des Mannes ertönte, als er sich, nach dem Mädchen mit den pinkfarbenen Strähnen im Haar rufend, durch die Menschenmenge schob. Aber sie war klein und schnell und hängte ihn an der belebten Kreuzung am Union Square ab.

Während der Rest der Welt um ihn herum hastete und die meisten Leute entweder telefonierten oder simsten und niemanden um sich herum wahrnahmen, blieb der Mann stehen und rührte sich nicht.

Er war vollkommen allein.

Valentina Landon hielt den Atem an, bis der Ruf „Schnitt!“ ertönte. Sekunden später erklangen der Applaus und die Beifallrufe der Mitarbeiter des Filmstabs, die die Szene wie gebannt mitverfolgt hatten.

Irgendwie schaffte sie es, ihre Hände zu einem ansatzweisen Klatschen zu zwingen, aber sie war zu bewegt von dem, was sie gesehen hatte, um richtig applaudieren zu können. Es war die erste Szene am ersten Drehtag von Schwerkraft, aber die Story war ihr sofort unter die Haut gegangen und hatte sie so fest gepackt, dass sie sich praktisch vor Spannung wand, als sie darauf wartete, wie es weiterging. Smith Sullivan hatte nicht nur das Drehbuch geschrieben, er war bei diesem Film auch Regisseur, Produzent und Hauptdarsteller zugleich.

Tatiana Landon, Valentinas jüngere Schwester, war eine unglaublich begabte Schauspielerin mit zehn Jahren Berufserfahrung. Sie hatte bereits Auftritte in zahlreichen TV-Serien gehabt, ein paar Pilotfilme für Sitcoms gedreht und vor Kurzem in zwei Spielfilmen wichtige Nebenrollen gespielt. Aber Schwerkraft war ihre erste Hauptrolle in einem großen Spielfilm.

Valentina war auf ihre Schwester immer stolz gewesen, aber was sie gerade alle von Tatiana zu sehen bekommen hatten, war so fantastisch, dass Valentina immer noch nach Atem rang. Und sie wusste, warum.

Smith Sullivan hatte das Schauspieltalent ihrer Schwester bis zum allerletzten Funken hervorgebracht.

Gerade ging Tatiana über den Bürgersteig zurück zu Smith. Für Valentina war ihre Schwester wie ein offenes Buch. Auch wenn diese sich mit einem Lächeln für den Applaus der Kollegen und der Filmcrew bedankte, war klar, dass sie eigentlich nur auf das Urteil von Smith wartete.

Dieser wirkte genauso, wie der Mann, den er gerade gespielt hatte. Einen Augenblick lang war sein Gesichtsausdruck kaum zu entschlüsseln, bis er Tatianas Schultern mit beiden Händen umfasste und so laut sagte, dass es alle hören konnten: „Du. Bist. Perfekt.“ Er grinste über das ganze Gesicht und küsste sie auf die Stirn.

Tatiana blinzelte zu Smith hinauf und in ihrem Blick mischten sich Freude und Stolz einen Moment lang mit Bewunderung, bevor ihr eigenes strahlendes Lächeln erschien.

Eine Schrecksekunde lang verlor Valentina den Boden unter den Füßen, als sie den Blickwechsel zwischen ihrer Schwester und dem Filmstar beobachtete. Jede einzelne ihrer Ängste um das Wohl ihrer Schwester stieg plötzlich in ihr hoch.

Sie konnte nicht vergessen, wie er die weiblichen Fans, die vor dem Filmset am Morgen darauf gewartet hatten, einen Blick auf ihn zu ergattern, flirtend in seinen Bann gezogen hatte. Er war die leibhaftige Verkörperung aller Filmstarklischees. Die Frauen hatten ihn angehimmelt und Valentina zweifelte nicht daran, dass er jede Sekunde Aufmerksamkeit genossen hatte, ganz abgesehen von den zig Telefonnummern, die er in der Hand gehalten hatte. Sie konnte sich gut vorstellen, in welch banger Vorfreude sich die Frauen fragten, welche von ihnen er sich wohl heute Abend als Bettwärmer aussuchen würde.

Nun, ihre Schwester würde es nicht sein, darauf konnte er Gift nehmen.

Als Smith sich die gedrehte Szene noch einmal ansehen ging, überlegte Valentina nicht lange, ob sie das Richtige tat, sondern drängte sich einfach zwischen den Mitgliedern des Filmstabs hindurch zu ihm.

„Wir müssen reden. Unter vier Augen. Jetzt.“

Sie hielt ihre Stimme tief und ruhig, aber natürlich würden trotzdem alle, sobald sie weg waren, darüber lästern, was sie wohl mit dem großen Smith Sullivan zu schaffen hätte.

Valentina ging vor, auf Smiths Wohnwagen zu, der für den ersten Drehtag zum Union Square gebracht worden war. Obwohl sie nicht auf seine Antwort gewartet hatte, konnte sie seine übergroße Präsenz mit jedem seiner Schritte hinter sich spüren.

Kapitel 2

Schwerkraft hieß das Drehbuch, das Smith sein ganzes Leben lang hatte schreiben wollen. Es war weder ein Millionenprojekt noch einer der üblichen Kassenschlager. Und auch kein Historienfilm mit perfekt auf die Epoche abgestimmten Kostümen und Dialogen. Nein, dieser Film erzählte eine reine, ehrliche Geschichte von Liebe, Familie und allem, was im Leben wirklich zählt.

Für diese scheinbar banale Story hatte er alles auf eine Karte gesetzt.

Wenn es einen Zeitpunkt im Leben gab, in dem er ganz und gar präsent und hundertprozentig konzentriert sein musste, dann war es jetzt und während der bevorstehenden achtwöchigen Dreharbeiten. Er wollte den besten Film drehen, den er je gedreht hatte und nichts – und niemand – sollte ihn dabei ablenken.

Es war ihm schon klar, dass das mit der Konzentration keine leichte Sache werden würde, während er Valentina zu seinem Trailer folgte und dabei die ganze Pracht ihrer Taille, Hüften und Beine unter dem perfekt sitzenden Bleistiftrock vor sich hatte.

Von Anfang an hatte ihn Valentina Landon mit ihrem exotischen Äußeren betört, das sie mit ihrem kühlen businessmäßigen Auftreten herunterspielte. Ihm entging weder der leicht verführerische Klang ihrer Stimme, noch die Tatsache, dass ihr Duft eine reine, volle Sinnlichkeit ausstrahlte. Wenn sie dachte, sie könne irgendjemanden mit ihrer Businesskleidung abschrecken, oder damit, dass sie ihr weiches goldenes Haar zu einem schlichten Pferdeschwanz nach hinten band und sich beim Studieren von Vertragstexten eine dick geränderte Brille auf die Nase setzte, dann täuschte sie sich.

War ihr denn nicht klar, dass gerade diese bewusst konservative Aufmache für einen Mann wie ihn eine Herausforderung war, herauszufinden, welche Leidenschaft darunter verborgen lag? Und dies umso mehr, je stärker sie sich bemühte, sie zu verbergen. Natürlich hatte sie ihn die Antwort auf diese Frage bisher noch nicht einmal erahnen lassen.

Während der Proben war sie entweder mit ihrer Schwester zusammen oder sie ging immer genau in dem Moment aus dem Raum, wenn er ihn betrat. Was die Karriere ihrer Schwester Tatiana betraf, war er von ihrem Geschäftssinn in den letzten Wochen beeindruckt gewesen. Und auch sonst kümmerte sie sich rührend um ihre Schwester. Valentina lag nicht ständig auf der Lauer, aber sie war immer zur Stelle, wenn Tatiana sie brauchte.

Als zweitältester Bruder in einer Familie mit acht Kindern wusste Smith, wie schwierig es war, auf seine Geschwister aufzupassen und sie gleichzeitig loszulassen und ihnen ein eigenes Leben ohne ständige Bevormundung zu ermöglichen. Familie war alles für ihn, aber er liebte auch seine Unabhängigkeit und seine Arbeit. Es war ein ständiger Spagat, aber um alle Ruhe und Freizeit der Welt hätte er dieses Leben nicht aufgeben wollen.

Gleich nach dem College hatte er angefangen, seine Karriere in mühevoller Kleinarbeit aufzubauen. Ihm war klar, dass viele dachten, seine Schauspielerkarriere sei ihm in den Schoß gefallen und sein Aussehen habe ihm goldene Brücken gebaut und berühmte Hollywood-Bekanntschaften verschafft. In Wirklichkeit hatte es ihm sein gutes Aussehen so schwer gemacht, ernst genommen zu werden, dass er nach den ersten zwei Jahren endloser Vorsprechtermine fast eines der zig Angebote für Unterwäschewerbung angenommen hätte. Endlich hatte ihm dann ein älterer Schauspielerkollege die Chance gegeben zu beweisen, dass er mehr war als nur ein hübscher Junge. Smith hatte begeistert zugegriffen und als der Film ein Kassenschlager wurde, begannen sich endlich die Türen für ihn zu öffnen.

Das war einer der Gründe dafür, dass es für ihn so interessant gewesen war, Tatiana Landon zu casten. Sicher, Valentinas jüngere Schwester war schön. Sie wäre bestimmt sowieso irgendwann ein Star geworden. Aber bei der Arbeit sah er in ihr mehrere Eigenschaften, die er wiedererkannte und bewunderte. Entschlossenheit. Konzentration. Und Freude.

Ja, dachte er, als Valentina ohne auf ihn zu warten die Tür zu seinem Wohnwagen aufstieß. An den Schwestern Landon gab es Einiges zu bewundern. Besonders die ältere Schwester ging ihm nicht mehr aus dem Kopf, seit er sie beim ersten Casting-Termin vor zwei Monaten kennengelernt hatte.

Apropos Entschlossenheit und Konzentration: Valentina hatte ihrer Schwester eindeutig alles beigebracht, was sie wusste. Und wenn Valentina mit Tatiana zusammen war und die beiden so miteinander lachten, wie es Schwestern tun, die sich sehr nahestehen, dann ließ auch sie ihre Freude laut und klar erklingen.

Smith war kaum in den Wohnwagen gestiegen und hatte die Tür hinter sich zugezogen, da drehte sich Valentina zu ihm um und funkelte ihn an.

„Meine Schwester wird nicht eins ihrer Spielzeuge.“

Etwas verblüfft wiederholte Smith nur: „Spielzeuge?“

Valentinas Schönheit war nicht so offensichtlich und konventionell wie die ihrer jüngeren Schwester, aber auf Smith wirkte ihr Gesicht dadurch noch anziehender. Als Mann musste man bei Valentina unter die Oberfläche schauen, aber sobald man das tat, wurde man reichlich belohnt. Die Konturen ihrer hohen Wangenknochen, unglaublich lange, ungeschminkte Wimpern, leicht nach oben gebogene Augenwinkel und der Amorbogen an ihren vollen Lippen verhießen heimlich Sinnlichkeit und Leidenschaft, egal wie eng sie ihre Lippen gerade zusammenkniff.

Wie zum Beispiel in diesem Augenblick.

„Tatiana und ich sind seit zehn Jahren in diesem Geschäft“, sagte sie frostig. „Ich weiß ganz genau, wie die Dinge laufen, Mister Sullivan.“

Er musste sie unterbrechen, und sei es auch nur, weil sie diese förmliche Anrede benutzte, um ihn wie immer auf Distanz zu halten. Auf diesem ganzen verdammten Filmset redete ihn niemand mit „Mister Sullivan“ an. Und ihr würde er das auch nicht erlauben, egal, aus welchem Grund sie die Distanz wahren wollte.

„Nennen Sie mich Smith. Bitte.“

Ihre Lippen pressten sich noch enger zusammen und ihre Augen funkelten wieder, auch wenn sie nickte und sehr sanft „Smith“ sagte. Ihre langen schmalen Finger waren ineinander verschlungen, während sie ihm direkt ins Gesicht sah. „Sie sind älter. Sie sind erfolgreich. Sie sehen sehr gut …“

Sie hielt mitten im Wort inne. Er musste ein kleines bisschen grinsen und konnte es sich nicht verkneifen zu sagen: „Danke, Valentina. Ich freue mich, dass sie dieser Meinung sind.“

Ihre Augen weiteten sich, als er ihren Namen mit mehr als nur einem bisschen Wärme aussprach. Jede Frau, die es darauf abgesehen hatte, von ihm bemerkt zu werden, hätte schon vor Wochen erkannt, dass sie ihm keineswegs entgangen war. Aber sie hatte seine Aufmerksamkeit ja nicht gesucht. Ganz im Gegenteil, sie war davor geflohen.

Valentina war das Gegenteil jeder Frau, die er in Hollywood kannte. Anstatt um seine Aufmerksamkeit zu buhlen, bemühte sie sich, diese abzuwehren. Im Laufe seiner Karriere hatte Smith sich schon in sehr viele verschiedene Rollen hineinversetzt. Er wusste, dass bei ihr schon ein paar simple Veränderungen an Haaren, Kleidung, Make-up und auch an ihrer Körperhaltung ausgereicht hätten, um ihr Bleib mir vom Hals in ein Komm näher zu verwandeln.

Sie war eine unglaublich intelligente Frau. Und trotzdem hatte er den Eindruck, dass ihr gar nicht bewusst war, wie sehr ihn ihre Rätselhaftigkeit anzog und ihn dazu trieb, herausfinden zu wollen, wer sie wirklich war. Und warum sie so sehr darauf aus war, das männliche Interesse abzuwehren, das sie verdiente. Vor allem sein Interesse.

Und ihr war auch gar nicht klar, wie erfrischend er es fand, endlich einmal einer Frau zu begegnen, die nicht nur darauf wartete, sich Smith Sullivan vor die Füße zu werfen. Zumal er sich schon Sorgen gemacht hatte, es gäbe gar keine Frau auf Erden, die außer seiner Berühmtheit und dem dazugehörigen glanzvollen Beiwerk noch etwas anderes in ihm sehen konnte.

Jetzt beobachtete er, wie sie sich bemühte, ihre Wut zu zügeln und ihm fiel auf, dass sie eine exzellente Schauspielerin hätte werden können. Ihre Emotionen köchelten knapp unter der Oberfläche. Ihre Augen, ihr Mund, ihre Haut stellten eine äußere Ruhe zur Schau, die auch einen sehr aufmerksamen Beobachter hätte täuschen können. Das Talent lag also in der Familie, wobei Valentina es für das wirkliche Leben perfektioniert hatte, während ihre Schwester es nur vor der Kamera zur Geltung brachte.

Die eine Schwester war so diszipliniert, die andere so offen.

Seltsam, dachte Smith. Hatte Valentina vielleicht ihre eigene Offenheit geopfert, damit ihre Schwester so viel Freiheit haben konnte?

Valentina wies auf die vielen Telefonnummern, die auf seinem Schreibtisch verstreut lagen. Sie zog die Oberlippe kraus. „Es liegen Ihnen viele Frauen zu Füßen. Mehr als genug für jeden Mann, der sich amüsieren will.“

Wenn er es am Morgen nicht so eilig gehabt hätte, hätte er die Nummern weggeworfen, anstatt sie einfach auf den Schreibtisch zu legen. Jedem anderen hätte er das wahrscheinlich auch erklärt. Aber er wollte sich Valentina gegenüber nicht rechtfertigen müssen, zumal er sich nichts hatte zuschulden kommen lassen.

„Ich habe es ernst gemeint, als ich sagte, Sie sollten zu mir kommen, falls es irgendwelche Probleme gibt“, sagte er mit ruhiger Stimme. „Ich bin froh, dass Sie mich jetzt ganz offen angesprochen haben, aber ich muss gestehen, dass ich noch nicht ganz verstehe, was Ihnen Sorge macht.“

„Ich werde Ihnen genau sagen, was mir Sorge macht: Sie und ich wissen beide, welche Macht Sie haben. Wir wissen auch beide, dass meine Schwester für diesen Film perfekt ist.“

Er nickte zustimmend. „Sie haben ja gehört, wie ich ihr genau das gesagt habe.“

„Und es hat ihr unheimlich viel bedeutet.“ Aber anstatt darüber erfreut auszusehen, bekam Valentinas Gesicht einen sorgenvollen Ausdruck. „Tatiana schaut zu Ihnen auf. Noch nie war ihr eine Produktion so wichtig. Sie will für Sie nur ihr Bestes geben und ich weiß, sie wird tausend Prozent dafür aufbieten.“ Ihr Blick war direkt und unbewegt. „Im Gegenzug dafür will ich, dass Sie mir Ihr Wort geben, die professionellen Grenzen bei meiner Schwester nicht zu überschreiten.“

Verflixt, er hatte Tatiana doch nicht als Hauptdarstellerin für seinen Film engagiert, weil er irgendwelche heimtückischen Verführungspläne hegte. Er hatte sie engagiert, weil sie eine super Schauspielerin war, die immer besser werden würde.

Hätte sie ihn nicht innerhalb weniger Minuten mit zwei unbegründeten Anschuldigungen konfrontiert, dann hätte er sich die Zeit genommen, Valentina eine eingehendere Antwort zu geben. Aber wie die Dinge lagen, hatte sie, seit er ihre Schwester kennengelernt hatte, von der ersten Sekunde an an seiner Ehre gezweifelt. Vielleicht, ohne es zu sagen. Aber es lag in der Luft.

Seine Ehre bedeutete ihm alles. Im Moment fühlte er sich wie ein Bär, den man einmal zu viel mit einem Stock gepiesackt hatte und der jetzt missgelaunt und mit warnend gefletschten Zähnen aus seiner Höhle kam. Daher gab er ihr eine Antwort, bei der er wusste, dass sie sie mehr ärgern als beschwichtigen würde.

„Ihre Schwester hat die Verträge bereits unterschrieben.“

Anstatt vor etwas zurückzuweichen, das man durchaus als Warnung hätte verstehen können, kam Valentina näher an ihn heran. So nah, dass er den Lavendelduft ihres Shampoos riechen konnte.

„Ich habe mich umgehört, bevor wir den Vertrag für diesen Film unterzeichnet haben. Alle haben mir gesagt, Sie seien anders.“ Ihre Augen wanderten wieder zu den Telefonnummern auf dem Tisch und dann zu ihm zurück. „Aber sie sind genau wie alle anderen, nicht wahr?“ Das Feuer in ihren Augen erreichte eine neue Intensität. „Es ist mir völlig egal, was sie unterschrieben hat. Wenn Sie meiner Schwester auch nur das Geringste antun, wenn Sie es wagen, mit ihren Gefühlen oder mit ihrem Körper zu spielen, dann werde ich …“

„Verdammt, Valentina“, sagte er so laut, dass seine Stimme zu ihr durchdrang. „Ich werde Ihre Schwester nicht verführen!“ Er musste sich bemühen, etwas sanfter zu sprechen. „Tatiana ist jung und schön und ich werde mich dafür abrackern, dass sie für ihre Rolle in meinem Film einen Oscar bekommt. Aber ich bin nicht scharf auf sie.“

Doch selbst, während er sie bezüglich seiner Absichten gegenüber ihrer Schwester beruhigen wollte, schaffte er es nicht, die unausgesprochenen Worte Ich bin scharf auf dich, die zwischen ihnen im Raum hingen, aus dem Weg zu räumen.

Er war sicher, dass sie deswegen einen Schritt zurückgetreten war, bevor sie sagte: „Ich habe gesehen, wie Sie sie nach der Szene gepackt und geküsst haben. Und ich habe gesehen, wie sie Sie angeschaut hat … So als besäßen Sie den Schlüssel zu den Geheimnissen des Universums.“

Er hatte zwei Schwestern und eine Mutter, die er liebte. Deshalb wurde ihm jetzt klar, wie falsch er sich in dieser Situation Valentina gegenüber verhalten hatte. Anstatt in die Defensive zu gehen und ihr die unterzeichneten Verträge unter die Nase zu reiben, als sei er der skrupellose große Filmstar, der nur mit den Fingern schnippen musste, damit alle ihm zu Füßen lagen, hätte er sein Möglichstes tun sollen, ihr zu versichern, dass Tatiana bei ihm in Sicherheit war.

„Ihre Schwester hat die erste Szene so fantastisch gespielt, dass ich ganz begeistert war. Ich wollte ihr zu verstehen geben, wie froh ich bin, mit ihr arbeiten zu können. Aber ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass sie meinen Enthusiasmus wegen ihrer Leistung so interpretiert hat, wie Sie glauben.“

Er sah, dass Valentina immer noch misstrauisch war. Aber sie atmete tief durch und gab dann endlich so weit nach, dass sie sagte: „Ich hoffe nicht.“

Er hatte gedacht, ihre Augen seien weniger leuchtend grün als die ihrer Schwester, aber jetzt konnte er sehen, dass sie eigentlich haselnussbraun waren, mit einem hellen Grün in der Mitte und drumherum tiefbraun. Smith war an Perfektion nie besonders interessiert gewesen, vor allem nach so vielen Jahren in Hollywood, wo die Leute sich von Ärzten zerschnippeln und wieder zusammennähen ließen, bis sie aussahen wie die Flickenpuppen, mit denen seine Schwestern als Kinder gespielt hatten.

Er war ihr jetzt endlich auch nahe genug, um unter der zarten Haut unter ihren Augen dunkle Schatten zu erkennen.

„Es muss anstrengend sein, immer für die eigene Schwester die Aufpasserin zu spielen.“

„Ich bin nicht ihre Aufpasserin. Ich bin ihre Schwester und ich habe sie lieb. Ich …“ Sie seufzte und einen Augenblick lang kam ihre Erschöpfung zum Vorschein. „Ich muss nur dafür sorgen, dass sie in Sicherheit ist. Immer.“

„Ihre Schwester hat Glück, Sie als Beschützerin zu haben, Valentina. Aber wer beschützt Sie?“

Ihr Blick traf seinen noch einmal, mit Erstaunen … und mit einem Verlangen, das auf seines reagierte und das sie nicht mehr ganz verbergen konnte. Denn ihre Pupillen weiteten sich, bis das Grüne ihrer Augen das Braune am Rand fast völlig verdrängte.

Verdammt. Ihren schönen Mund wollte er küssen, als sie das Kinn hochreckte und ihre Augen ihn nochmals anfunkelten.

„Ich brauche keinen, der mich beschützt.“

Ohne einen Blick zurück verließ sie den Wohnwagen.

* * *

„Val, da bist du ja!“

Valentina konnte sehen, dass Tatiana immer noch strahlte, wegen ihrer exzellenten Darbietung und wegen Smiths Lob gleichermaßen. Sie machte sich aber offensichtlich auch Sorgen, warum ihre Schwester und Managerin den Executive Producer und Regisseur ihres neuen Films nach der ersten wichtigen Szene in seinen Wohnwagen gezerrt hatte.

„Du warst fantastisch“, sagte Valentina und umarmte ihre kleine Schwester.

Wo sie schlank war, hatte ihre Schwester Kurven. Während sie groß war, war ihre Schwester klein. Sie war nie so eine Schönheit gewesen wie Tatiana, aber Valentina hatte das auch nie gewollt. Schließlich wusste sie, wie viel Verantwortung große Schönheit mit sich brachte und welchen Druck das Licht jedes einzelnen Scheinwerfers bewirkte.

„Brauchst du vor den Nahaufnahmen noch etwas?“

„Nein, ich fühle mich super“, sagte Tatiana. „Ist bei dir alles okay?“

„Ja.“ Valentina lächelte. „Besser als okay.“

Und das war es auch, zumindest, was Smiths Pläne bezüglich ihrer Schwester betraf. Das Letzte, was sie ihrer Schwester wünschte, war in einer Hollywood-Beziehung zu landen. Wundersamerweise war das bisher bei den Männern, mit denen Tatiana gearbeitet hatte, nie ein Problem gewesen. Aber Smith war mindestens tausendmal so charismatisch wie ihre anderen Schauspielerkollegen.

Trotzdem, trotz all seinem Charme, seinem guten Aussehen und seiner Macht, hatte Valentina ihm geglaubt, als er sagte, er würde ihre Schwester nicht verführen. Sicher, er war ein hervorragender Schauspieler, aber alle ihre Instinkte hatten ihr gesagt, dass er diesen Satz ernst gemeint hatte.

Leider hatten ihr diese Instinkte auch noch andere Dinge gesagt.

Zum Beispiel, dass ihr, wenn sie nur mit ihm im selben Raum war, das Herz in der Brust herumsprang wie bei einem liebestollen Teenager.

Und dass allein schon der Klang ihres vollen Namens aus seinem Mund – alle nannten sie Val, warum musste ausgerechnet er sie als einziger Mensch auf Erden immer Valentina nennen? – in ihr das Verlangen weckte, er möge ihren Namen an ihrem Nacken flüstern und dann ihre empfindliche Haut dort küssen.

Valentina war wegen dieser Dinge nicht wütend auf ihn. Wie hätte sie auch? Aber sie war wütend auf sich selbst, dass sie so viel schwächer war, als sie jemals geglaubt hatte. Als sie in seinem Wohnwagen näher an ihn herangekommen war und dann den Fehler beging, ihm in die Augen zu schauen, war nämlich ein dermaßen gewaltiges Begehren durch sie geschossen, dass es ihr den Atem nahm.

Smith Sullivan sah auf der Leinwand fantastisch aus, aber in natura war er noch viel fesselnder. Selbst mit verbundenen Augen hätte sie es gespürt, wenn er im Raum war. So stark war seine Präsenz.

Jeder Blick, jede Bewegung strahlte bei ihm Sinnlichkeit aus. Smith bemühte sich nicht um Anziehungskraft. Er hatte sie einfach. Alles, von der männlichen Kinnlinie bis zu der Art, wie sich die Sehnen an seinem Hals bewegten, wenn er den Kopf drehte, machte aus ihm einen atemberaubend schönen Mann, ohne, dass er sich um irgendetwas bemühen musste.

Gleichzeitig war sie nicht so dumm, ihn einfach als jemanden abzuschreiben, der nur ein hübsches Gesicht und viel Glück gehabt hatte. Fraglos war er der geborene Schauspieler. Und trotzdem hatte sie während der Proben immer und immer wieder gesehen, wie hart er arbeitete, um jede Nuance einer Szene ganz genau hinzubekommen.

Tatiana war von ihrer Antwort sichtlich erleichtert. Sie hakte sich bei ihr ein und zusammen gingen sie zum Filmset. Smith war bereits da und diskutierte etwas mit dem Kameramann.

„Wusstest du, dass er mir heute Morgen vor Drehbeginn noch einmal gesagt hat, wie froh er ist, mit mir zu arbeiten?“, fragte Tatiana. „Und dass ich es ihm sofort sagen soll, falls mich irgendetwas stört.“

„Das ist super.“ Und er war viel freundlicher als irgendein anderer Schauspieler oder Regisseur, mit dem ihre Schwester bisher gearbeitet hatte.

Mehr als einmal hatte Valentina ihre Schwester in den vergangenen Jahren gefragt, warum sie Schauspielerin werden wollte. Jedes Mal waren die Gründe, die Tatiana anführte – dass sie die Menschen unterhalten und glücklich machen wollte, damit sie ihr Leben eine Weile vergessen konnten – völlig verständlich, und trotzdem konnte Valentina nicht verstehen, warum jemand freiwillig bereit war, sein Leben unter dem Mikroskop zu verbringen. Denn wenn Tatiana ein großer Star würde wie Smith, würde ihr Leben nichts anders sein: Mit jeder Bewegung stünde sie im Rampenlicht, unter dem Blitzlichtgewitter Tausender Kameras und alle Einzelheiten wären in Zeitungen, Zeitschriften und Blogs zu lesen.

Allein der Gedanke, so zu leben, ließ Valentina vor Grausen erzittern.

Tatiana seufzte mit fast religiöser Bewunderung. „Er ist Wahnsinn, findest du nicht? Ich kann es immer noch nicht glauben, dass ich mit ihm arbeiten darf.“

Valentina versuchte, herauszuhören, ob aus dem einfachen Satz ihrer Schwester noch etwas anderes herausklang als Bewunderung für einen Profi. Wie hätte da nicht noch mehr sein können? Smith sah fantastisch aus, war talentiert, nett …

Bei nett bremste sie sich. Sein Aussehen und seine schauspielerischen Fähigkeiten anzuerkennen, hieß noch lange nicht, dass sie darüber ins Schwärmen geraten musste, was er für ein toller Mensch war. Schließlich kannte sie ihn kaum.

Zum Glück hatte ihre Schwester keine Zeit auf ihren Kommentar zu warten, ob sie Smith toll fand oder nicht, denn sie musste gleich wieder vor die Kameras.

Voller Stolz schaute Valentina Tatiana in den darauffolgenden Stunden beim Filmen zu. Nicht nur hatte sie es niemals zugelassen, dass ein Schauspielerkollege ihre Schwester verletzte; sie hatte auch immer darauf bestanden, dass niemand Tatiana behandelte, als sei sie ein hübsches Dummchen. Das war auch hauptsächlich der Grund dafür, dass sie ihre Rollen so sorgfältig auswählten, anstatt einfach die bestbezahlten Angebote anzunehmen.

In Hollywood drehte sich alles darum, wie man wahrgenommen wurde, das wusste Valentina ganz genau. Niemals würde irgendjemand das Gerücht verbreiten können, die Frauen der Familie Landon seien leicht zu haben oder hätten nichts im Kopf.

Zumindest nicht die der jetzigen Generation, dachte sie gerade, als ihr Handy in ihrer Tasche vibrierte. Als sie auf das Display schaute, sah sie, dass der Anruf von ihrer Mutter kam. Sie hatte sich schon gefragt, ob Ava Landon wohl darauf bestehen würde, sie am Filmset zu besuchen.

Beziehungsweise, Smith Sullivan kennenzulernen.

Valentina seufzte und schob das Handy zurück in die Tasche ihres Blazers. Ihre Mutter war kein schlechter Mensch, sie hatte bloß eine Schwäche für gutaussehende berühmte Männer, die ihr Geld vor laufender Kamera verdienten.

Zwar liebte auch Valentina wie ihre Mutter Schokoladeneis, Sonnenuntergänge am Strand und Schlagerstars aus den fünfziger Jahren … aber sie weigerte sich kategorisch, in Bezug auf Männer in die Fußstapfen ihrer Mutter zu treten.

Eines Tages, wenn Tatianas Karriere erst einmal unter Dach und Fach wäre, dann würde Valentina einen netten Mann kennenlernen und sich verlieben. Gutaussehend und intelligent müsste er sein, starke Hände haben und gerne lächeln.

Und er dürfte absolut hundertprozentig nichts mit dem Showgeschäft am Hut haben. Für ihren Zukünftigen würde Kino nichts anderes sein, als ein Ort, wo man mit Popcorn und Lakritzschlangen einen Samstagabend verbringen kann.

Kapitel 3

Eine Woche später, auf der Eingangstreppe von Smiths Haus, blieb Valentina kurz stehen und atmete den intensiven Blumenduft tief ein. Die ganze breite Einfahrt entlang wuchsen überall wunderschöne Maiglöckchen, die als Gartenblumen ja nicht gerade pflegeleicht waren. Für einen so überaus männlichen Typen war das ein unerwartet sanfter Touch.

Die letzten zehn Jahre über hatte sie häufig ähnliche Termine gehabt – Filmstars gaben gerne mit ihren Villen an – es gab also keinen Grund sich so daneben zu fühlen. Außerdem würde ihre Schwester bald eintreffen, also würde Valentina mit Tatianas Filmpartner gar nicht lange allein sein.

Während der letzten Tage der Dreharbeiten hatte sie sich überlegt, dass sie Smith am besten immer als Tatianas Filmpartner sehen sollte, wenn sie an ihn dachte. Damit neutralisierte sie ihn, er wurde fast so eine Art Requisite.

Sie durfte sich um Himmels willen nicht dazu hinreißen lassen, an ihn als Mann zu denken, wie es ihr in der vergangenen Woche ein paarmal passiert war. Das hätte sie auch vor zwei Tagen bedenken sollen, als die Szene gedreht wurde, in der er mit bloßem Oberkörper trainierte. Dann hätte sie sich nämlich tunlichst vom Filmset ferngehalten. Ihr blieb der Mund offen stehen, als sie ihn zu Gesicht bekommen hatte, mit seinen gebräunten, muskulösen Schultern, dem wohlgeformten Bizeps und dem Waschbrettbauch. Es war echt schwierig gewesen, diese unglaubliche maskuline Schönheit einfach zu ignorieren. So schwierig, dass sie es wahrhaftig nicht schaffte.

Zu ihrem Leidwesen hatte Smith höchstwahrscheinlich auch noch bemerkt, wie sie ihn angeschmachtete. Das schloss sie aus diesem wissenden Blick, mit dem er die Hanteln abgelegt hatte und zu den Playback-Monitoren gegangen war.

Etwas verkrampft hielt Valentina jetzt ihre Lederhandtasche fest und rang sich endlich dazu durch zu klingeln. Sie war überrascht, als die Tür von einer hübschen Frau mit strahlendem Lächeln geöffnet wurde.

„Hallo, komm herein. Ich bin Nicola. Du bist sicher Valentina. Smith hat schon gesagt, du könntest jeden Moment hier sein.“ Valentina gab der Frau automatisch die Hand. „Die Jungs sind in der Küche und mixen zur Feier des Tages ein paar Margaritas.“

Valentina war ein paar Sekunden lang recht verwirrt, bis ihr klar wurde, dass Nicola in Wirklichkeit die Popsängerin Nico war, deren Songs ständig im Radio liefen.

Wieso war Nico hier?

Und wer waren die Jungs?

Und was wurde überhaupt gefeiert?

Hatte Smith sich mit seinen Terminen vertan und sie war hier beim Auftakt irgendeiner Promi-Orgie gelandet?

Als sie Nico – beziehungsweise Nicola, wie sich diese selbst vorgestellt hatte – durch Smiths Eingangshalle in die Küche folgte, sah es allerdings nicht so aus, als sei sie für eine Orgie angezogen. Enge Jeans und ein hüftlanger Pullover passten da nicht ganz.

Smith schaute hinter dem Mixer auf und sein Lächeln ließ ihr Herz noch ein bisschen schneller schlagen.

„Valentina“, sagte er und ließ sich ihren Namen ein wenig zu lange auf der Zunge zergehen. „Perfektes Timing. Ich sehe, Sie haben Nicola bereits kennengelernt. Das ist mein Bruder Marcus.“

Wenn sie nicht nur Augen für Smith gehabt hätte, dann hätte ihr der Mann neben ihm eigentlich auffallen müssen. Marcus war ebenfalls sehr ansehnlich, nur ein bisschen älter als Smith. Als Nicola sich in Marcus‘ Arm kuschelte, strich er ihr leicht mit den Fingerknöcheln über die Wange, so als könne er von ihrer Nähe nicht genug bekommen.

In Valentinas Brust krampfte sich etwas zusammen, aber sie wollte nicht zugeben, dass es Sehnsucht war. Sie versuchte, die beiden nicht anzustarren, aber es fiel ihr schwer, den Blick von diesem Bild einer so tiefen – und reinen – Zuneigung zu lösen.

„Ich freue mich, Sie kennenzulernen“, sagte sie und fühlte sich in ihrem Business-Anzug, den sie den ganzen Tag am Set getragen hatte plötzlich unwohl und völlig fehl am Platz. Alle anderen hier trugen einfach nur Jeans und Pullover. Smith hatte seine Schuhe abgestreift und sie war schockiert, als ihr bewusst wurde, dass sie sogar seine nackten Füße sexy fand. Als er dann noch den Arm hob, um den anlaufenden Mixer von oben festzuhalten, war sie kurzzeitig wie weggetreten. Es war pure Sinnlichkeit, dem Spiel der Muskeln und Sehnen in seinen Armen zuzusehen.

Eigentlich hätte sie nicht bereits von ein paar Zentimetern nackter Haut an jedem Arm Herzrasen und ein ganz heißes Gefühl im Unterleib bekommen dürfen.

Absolut lächerlich, dass Männerarme so sexy waren.

Noch viel lächerlicher war, dass sie so nervös wurde. Als wäre sie in so einer verrückten Puritanerfamilie aufgewachsen, wo es nie einen nackten Männerarm zu sehen gab.

„Nett, Sie kennenzulernen, Valentina“, sagte Marcus mit einem herzlichen Lächeln.

Sie war sich ihrer immer noch geröteten Wangen bewusst und war froh über die Ablenkung, als Smith die Margaritas verteilte. Eigentlich hatte sie heute Abend gar nichts trinken wollen, denn sie wollte absolut klaren Kopf behalten. Aber sie wollte auch keine Spielverderberin sein, obwohl sie nicht wusste, was gefeiert wurde.

Smith blieb neben ihr stehen und wandte sich seinem Bruder und Nicola zu. „Lasst uns auf eure Verlobung anstoßen. Ich freue mich so für euch beide.”

Valentina riss die Augen auf, als ihr klar wurde, in welche Feier sie hier geraten war. Es war keine Orgie, sondern ein Familienfest. Kein Wunder, dass die Liebe von Marcus und Nicola so offensichtlich war und dass beide vor Glück nur so glühten.

„Danke“, sagte Nicola mir ihrem hübschen Lächeln. „Schließlich warst du derjenige, Smith, der Marcus und mich in unserer ersten Nacht beherbergt hat. Obwohl“, sagte sie mit einem schelmischen Seitenblick auf ihren frischgebackenen Verlobten, „obwohl dein Bruder sich nicht zu mehr als einem winzig kleinen Küsschen bewegen ließ, so sehr ich auch bettelte.“

Unwillkürlich wurden Valentinas Augen noch größer. Nicola hatte Marcus in ihrer ersten gemeinsamen Nacht angebettelt, mehr zu tun, als sie zu küssen? Und er hatte widerstehen können?

„Wirklich?“, fragte Smith und zog das Wort vor lauter Neugier in die Länge. Er beugte sich vor, um ihr noch mehr intime Geständnisse über seinen Bruder zu entlocken. „Erzähl weiter.“

Aber bevor sie das tun konnte, verschloss Marcus ihr die Lippen mit seinem Mund. Als sie endlich voneinander ließen, murmelte er: „Ein Glück, dass ich dich mit meinen winzig kleinen Küsschen immer noch zum Schweigen bringen kann.“

Das hatte er gründlich getan, ging es Valentina durch den Kopf, denn nach Marcus‘ Kuss hatte Nicola ganz offensichtlich völlig den Faden verloren. Die Glut zwischen den beiden hatte sie auf der anderen Seite der Kücheninsel fast angesengt. Sie spürte genau, wie sehr die beiden ineinander verliebt waren.

Und sie hoffte, dass sie ihr Glück zu schätzen wussten, einander gefunden zu haben.

„Herzlichen Glückwunsch“, sagte sie. „Ich freue mich so sehr für Sie beide.“

Nicola hatte glänzende Augen, als sie zu viert ihre Gläser hoben und miteinander anstießen. Valentina war erstaunt, wie wohl sie sich dabei fühlte, mit den anderen in diesem Augenblick zusammen zu sein. Und wie erstaunlich normal das alles war, wo doch zwei der Personen im Raum wahrhaftige Promis waren.

So normal, dass Valentina die Worte „Was für ein schöner Ring!“ herausrutschten, nachdem sie alle den ersten Schluck getrunken hatten und sie die bunt glänzenden Edelsteine an Nicolas Hand erblickte.

Nicola stürmte förmlich um die Kücheninsel herum, um ihren Verlobungsring vorzuführen. Es war nicht der übliche Solitär, sondern eine überwältigende Zusammenstellung vielfarbiger Steine in einer einzigartigen gehämmerten Goldfassung.

Die Sullivans machten offensichtlich keine halben Sachen, dachte Valentina, während sie den Ring bewunderte.

Wie würde es wohl sein, ging es ihr plötzlich durch den Kopf, selbst zu einem von ihnen zu gehören? Und zu wissen, dass so ein starker, schöner Sullivan immer für sie da wäre?

Es war viel schwerer als erwartet, diese dummen Gedanken wieder aus ihrem Kopf zu verbannen, als sie mit Nicola wieder zu den anderen ging. Nun, dachte sie, während sie noch einmal nach ihrem Glas griff, sie würde wegen einem Schlückchen mehr sicher nicht gleich den Kopf verlieren.

Nein, wenn es hier etwas gab, das sie um den Verstand bringen würde, dann war das nicht der Drink. Das wurde ihr plötzlich klar, als sie spürte, wie Smiths dunkler Blick auf ihr ruhte, während sie an ihrem Glas nippte.

Wenn, dann wäre er der Grund.

Sie wollte bereits ihr Glas abstellen und sich aus reinem Selbsterhaltungstrieb aus dieser improvisierten Familienfeier verabschieden, als Nicola fragte: „Wie gefällt es dir in San Francisco?“

Es war eine völlig simple Frage, die zu beantworten ebenso simpel hätte sein müssen. Aber in nur ein paar Zentimetern Entfernung von Smith, der sie in Erwartung der Antwort nicht aus den Augen ließ, wurde simpel zu fast unmöglich.

Valentina spürte ihren Herzschlag an allen Pulsstellen, an den Innenseiten ihrer Handgelenke und an der Halsschlagader. Sie wusste auch, dass die Hitze, die sie in Smiths Nähe immer überkam, sie bereits hatte erröten lassen.

Sie hatte sein Interesse nicht spüren wollen. Sie hatte sich eingeredet, sie wolle nicht, dass er es auf sie richtete. Aber nach ihrem Gespräch in seinem Wohnwagen letzte Woche und nachdem sie mehrmals am Filmset seine dunklen, hungrigen Blicke aufgefangen hatte, konnte sie nicht mehr so tun, als wäre nichts. Sie konnte auch nicht leugnen, dass es sich so anfühlte, als versuche er, hinter ihre konservative Kleidung und ihren strengen Pferdeschwanz zu schauen und tiefer in sie hineinzublicken, als sie es ihm gestatten wollte.

„Ich liebe San Francisco. Obwohl es wärmer ist, als ich erwartet hatte.“ Die Sonne war soeben untergegangen, aber sie fühlte sich plötzlich so überhitzt in Smiths Küche, dass sie nicht anders konnte, als sich den Blazer aufzuknöpfen und von den Schultern gleiten zu lassen.

„Du und deine Schwester müsst die Sonne mitgebracht haben, denn letzten Monat mussten wir hier Skiklamotten anziehen, um in dem Nebel unsere Post aus dem Briefkasten zu holen“, sagte Nicola und ihr Lachen ließ ihr bereits atemberaubend hübsches Gesicht leuchten.

Kein Wunder, dass Smiths Bruder hin und weg war. Nicola war nicht nur talentiert, sie war auch ganz offensichtlich ein sehr netter Mensch.

„Ich hab gar nichts gegen Nebel“, sagte Marcus und drückte seiner Frischverlobten einen Kuss auf die Wange. „Besonders, wenn ich dich dann warmhalten darf.“

Valentina kannte die Musikbranche nicht besonders gut, aber sie nahm an, dass es zwischen Popstars auf Nicolas Niveau und Filmstars keinen großen Unterschied gab. Und trotzdem hatte sie es geschafft, mit einem Mann die Liebe zu finden, der sie ganz klar nur um ihrer selbst willen liebte.

Warum, fragte sich Valentina, hatte ihre Mutter mit keinem der Schauspieler, mit denen sie ausgegangen war, dieses Glück gehabt? Wenn nur einer von ihnen ein goldenes Herz gehabt hätte, wäre alles anders geworden. Besser.

Gold hatten die alle nur als Ringe an ihren Händen gehabt, die sie nie bei sich behalten konnten, sobald ihre Mutter einmal nicht hinsah. Valentina hatte als knapp Zwanzigjährige ein paar einfache, aber effektive Abwehrmanöver gelernt. Zumindest hatte sie gelernt, auf sich und ihre Schwester aufzupassen.

„Welchen Teil der Stadt haben Sie denn bereits besichtigen können?“, fragte Marcus.

Valentina schüttelte ihre Gedanken ab, lächelte und sagte: „Nur das beste Filmset der Welt.“

„Smith kennt die Stadt besser als wir alle,” sagte Marcus. „Er wäre ein super Stadtführer.“

„Also, Valentina“, übernahm Smith so nahtlos, dass sie sich fast fragte, ob die drei sich vor ihrem Eintreffen abgestimmt hatten, „welche Sehenswürdigkeit von San Francisco würden Sie denn am liebsten einmal sehen?“

In diesen Minuten hatte Valentina gemerkt, dass sie, wenn sie Smith so locker und gemütlich mit seiner Familie zusammen sein sah, Gefahr lief, ihre Schutzmauern ihm gegenüber abzubauen. Die Situation erinnerte sie daran, wie sie sich in Gegenwart ihrer Schwester fühlte.

Zum Glück hatte sie aber ihr Herz vor langer, langer Zeit gegen Schauspieler gewappnet. Ihre Gedanken schweiften ab zu einem Hochsicherheitsgefängnis und sie antwortete ihm mit einem Wort.

„Alcatraz.“

Smith jedoch reagierte auf diese sehr klare Botschaft ihrer Antwort keineswegs mit einem Rückzug, sondern seine Augen lachten. Auch Nicola und Marcus schafften es kaum, ihr Lachen hinter erstickten Hustenanfällen zu verbergen.

Am Ende konnte auch Valentina selbst ein Lächeln nicht mehr unterdrücken.

Und genau da wusste sie, dass sie sofort hier wegmusste. Bei Smith und seiner Familie wurde es viel zu gemütlich, sie fühlte sich zu wohl, zu behaglich und zu sehr zu Hause bei ihnen.

„Vielen Dank, dass Sie mich haben mitfeiern lassen“, sagte sie und lächelte Marcus und Nicola herzlich an, „aber ich sollte wohl jetzt besser gehen. Ich werde Tatiana sagen, dass wir unser Treffen verschieben, Smith.“

Aber bevor sie sich die Tasche wieder über die Schulter hängen konnte, sagte Marcus bereits: „Wir waren ja eigentlich nur kurz vorbeigekommen, um Smith die gute Neuigkeit zu überbringen. Meine Mutter erwartet uns zum Abendessen, wir sind auf dem Sprung.”

Ehe sie sich versah, hatte Valentina dem glücklichen Paar die Hände geschüttelt, die beiden hatten Smith zum Abschied umarmt und sie stand allein in der Küche, während er sie zur Haustür begleitete. Als diese zuschlug, begann ihr Herz hinter ihrem Brustbein wieder schneller zu schlagen.

Dass sie jetzt allein waren, würde sie aber nicht in Panik versetzen. Und wenn sie ein bisschen weich geworden war, nur weil er seinen Angehörigen so nahestand und so glücklich für seinen Bruder war, dann würde sie damit schon klarkommen.

Oder?

Kapitel 4

Nach jenem ersten Drehtag, als Valentina Smith in sein Büro gezerrt und ihn gewarnt hatte, er solle die Finger von ihrer Schwester lassen, hatte sie sich von ihm ferngehalten. Wenn sie in einer Gruppe etwas zum Drehbuch, zur Garderobe oder zu Tatianas Terminplan besprochen hatten, war sie sehr höflich gewesen. Sogar, wenn sie bei den Dreharbeiten zusah, war sie immer perfekt auf Tatiana konzentriert.

Zu perfekt.

Aber, falls sie vorgehabt hatte, von ihm unbemerkt zu bleiben, dann war ihr das nicht gelungen. Egal, wie oft er sich ermahnte, dass er keine Zeit hatte, sich auf irgendetwas anderes als seinen Film zu konzentrieren.

Er bekam Valentina einfach nicht aus dem Kopf.

Nicht nur wegen ihrer tollen Beine oder ihrer exotischen Schönheit. In Hollywood gehörten eine super Figur und ein hübsches Gesicht einfach dazu. Aber nachdem er sie mit Nicola erlebt und gesehen hatte, wie aufrichtig sie sich über den fantastischen Verlobungsring und das Liebesglück des Paares freute, dachte er wieder daran, wie viel ihr Familie bedeutete. Am Filmset – und ihm gegenüber – war sie betont professionell, aber sobald ihre Schwester sie für irgendetwas brauchte, das nur im Entferntesten mit Gefühl zu tun hatte, hörte sie sofort auf, Managerin zu sein und verwandelte sich wieder in die Schwester. Und zwar in eine Schwester, die so sehr liebte, dass sie nichts zurückhielt.

„Mein Bruder ist unbestreitbar glücklich“, bemerkte er, als er in die Küche zurückging und sie dort stehen sah, wie sie mit dem Glas in der Hand aus dem Fenster auf die Lichter der Stadt blickte.

„Das sind sie beide“, sagte sie, als sie ihm ihre schönen Augen zuwandte. „Es war sehr schön, das zu sehen.“