Nur du in meinem Leben (Die Sullivans 4) - Bella Andre - E-Book + Hörbuch

Nur du in meinem Leben (Die Sullivans 4) E-Book und Hörbuch

Bella Andre

4,0

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Beschreibung

Sophie Sullivan, Bibliothekarin in San Francisco, war fünf Jahre alt, als sie sich Hals über Kopf in Jake McCann verliebte. Zwanzig Jahre später scheint sie der stadtbekannte Frauenheld – falls er sie überhaupt ansieht – immer noch als den ,braven' Sullivan-Zwilling zu sehen. Doch dann zieht der Zauber der ersten Sullivan-Hochzeit beide in ihren Bann. Und Sophie will ihm endlich zeigen, wer sie wirklich ist: die Frau, die ihn immer lieben wird. Jake hatte auf Frauen schon immer eine magnetische Anziehungskraft, vor allem, seit seine Irish Pubs ihn sehr wohlhabend gemacht haben. Aber er will in Wirklichkeit nur eine einzige Frau, Sophie, die jedoch als die kleine Schwester seines besten Freundes für ihn tabu ist. Er hat noch einen anderen Grund, sie nicht näher an sich heranzulassen: Sie könnte sein gut gehütetes Geheimnis lüften. Erst als Sophie plötzlich als leibhaftige Traumfrau vor ihm steht – intelligent, schön und ungehörig sexy – kann er weder seine Blicke noch seine Hände von ihr fernhalten, noch von ihrem süßen Lächeln und ihren sündigen Küssen genug bekommen. Denn auch wenn Jake weiß, dass es falsch ist, Sophie zu lieben, kann er ihr einfach nicht widerstehen. "Die Sullivans"-Reihe *** Die Sullivans aus San Francisco *** Liebe in deinen Augen Ein verfänglicher Augenblick Begegnung mit der Liebe Nur du in meinem Leben Sag nicht nein zur Liebe Nur von dir hab ich geträumt Lass dich von der Liebe verzaubern Du gehst mir nicht mehr aus dem Sinn *** Die Sullivans aus Seattle *** Eine perfekte Nacht Nur du allein Deine Liebe muss es sein Dir nah zu sein Ich mag, wie du mich liebst Ohne dich kann ich nicht sein *** Die Sullivans aus New York *** Vier Herzen vor dem Traualtar Bilder von dir Weil es Liebe ist Die Süße der Liebe Das Beste kommt erst noch Liebe ist kein Marchen Wer Liebe sät Irgendwo auf der Welt Halt mich *** Die Sullivans aus Maine *** Mit Leib und Seele Herzbeben

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Zeit:9 Std. 27 min

Sprecher:Fanny Bechert
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Nur du in meinem Leben

~ Die Sullivans, 4. Buch ~

Sophie & Jake

Bella Andre

Inhaltsverzeichnis

Bucheinband

Titelseite

Copyright

Über das Buch

Eine Anmerkung von Bella

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Epilog

Alle Bücher von Bella Andre in deutscher Sprache

Über die Autorin

Nur du in meinem Leben

Sophie & Jake ~ Die Sullivans, 4. Buch

© 2020 Bella Andre

Übersetzung Christine L. Weiting – Language+ Literary Translations, LLC

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Sophie Sullivan, Bibliothekarin in San Francisco, war fünf Jahre alt, als sie sich Hals über Kopf in Jake McCann verliebte. Zwanzig Jahre später scheint sie der stadtbekannte Frauenheld – falls er sie überhaupt ansieht – immer noch als den ,braven‘ Sullivan-Zwilling zu sehen. Doch dann zieht der Zauber der ersten Sullivan-Hochzeit beide in ihren Bann. Und Sophie will ihm endlich zeigen, wer sie wirklich ist: die Frau, die ihn immer lieben wird.

Jake hatte auf Frauen schon immer eine magnetische Anziehungskraft, vor allem, seit seine Irish Pubs ihn sehr wohlhabend gemacht haben. Aber er will in Wirklichkeit nur eine einzige Frau, Sophie, die jedoch als die kleine Schwester seines besten Freundes für ihn tabu ist. Er hat noch einen anderen Grund, sie nicht näher an sich heranzulassen: Sie könnte sein gut gehütetes Geheimnis lüften.

Erst als Sophie plötzlich als leibhaftige Traumfrau vor ihm steht – intelligent, schön und ungehörig sexy – kann er weder seine Blicke noch seine Hände von ihr fernhalten, noch von ihrem süßen Lächeln und ihren sündigen Küssen genug bekommen. Denn auch wenn Jake weiß, dass es falsch ist, Sophie zu lieben, kann er ihr einfach nicht widerstehen.

Eine Anmerkung von Bella

Manche ihrer Bücher hängen einer Schriftstellerin noch lange nach dem Eintippen des Wortes „Ende“ nach. Nur du in meinem Leben gehört zu den Geschichten, bei denen ich immer noch lächeln muss, wenn ich an sie denke.

Jake McCann, der tätowierte Kneipenbesitzer mit seiner dunklen Vergangenheit ist der Letzte, von dem man erwarten würde, dass sich die brave Bibliothekarin Sophie Sullivan, genannt ,Liebchen‘, in ihn verliebt. Aber die Love-Story, die begann, als sie fünf und er elf Jahre alt waren, ist für die beiden nie vorbei gewesen …

Die einzige Frau, die Jack wirklich will, ist diejenige, die er niemals bekommen kann. Denn obwohl er weiß, dass es falsch ist, Sophie zu lieben, kann er ihr unmöglich widerstehen. Vor allem, da sie fest entschlossen ist, ihm zu beweisen, dass ,lieb‘ und ,frech‘ sich manchmal auf ganz wundersame Weise ergänzen können.

Ich möchte mir an dieser Stelle die Zeit nehmen, Ihnen ganz herzlich für Ihre netten E-Mails, Tweets und Posts bei Facebook und Goodreads zu danken, mit denen Sie mir immer wieder berichten, wie gut Ihnen meine Sullivan-Geschichten gefallen haben! Damit machen Sie mich unendlich glücklich!

Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen Ihre

Bella Andre

P.S.: Bitte melden Sie sich für meinen Newsletter (bellaandre.com/germany) an, damit Sie keine Neuerscheinungen verpassen.

Prolog

Vor fast zwanzig Jahren …

In einer Ecke des Gartens, im Schatten einer der kleineren Eichen, saß Sophie Sullivan im Schneidersitz auf einer weichen Decke. Nachdem die Regenzeit in Nordkalifornien vorüber und es draußen warm geworden war, hatte ihr ihre Mutter dort einen Platz zum Lesen eingerichtet.

Sophie hatte im letzten Jahr mit vier Jahren lesen gelernt. Und die Bücher hatten ihr Leben verändert.

Denn beim Lesen war sie nicht mehr der ruhige Sullivan-Zwilling, der von niemandem beachtet wurde. Sie wurde zu einer Prinzessin in einem Schloss. Oder zu einem Clown, der in einem Zirkuszelt jonglierte. Sie erforschte auf Elefanten reitend Dschungelwelten und reiste mit Raumschiffen auf den Mars.

Das Lesen brachte sie an jeden Ort, den sie entdecken wollte. Und Sophie fand bald heraus, dass sie absolut überall hinwollte.

Im Moment las sie ein unheimlich spannendes Buch über ein Mädchen namens Pippi Langstrumpf, das mit einem Äffchen und einem Pferd zusammenlebte und einen Koffer voller Gold besaß. Sophie war von ihrem neuen Buch so gefesselt, dass sie ihre Zwillingsschwester Lori gebeten hatte, ihr ein Sandwich mit Erdnussbutter und Gelee zu bringen, weil sie das gemeinsame Mittagessen verpasst hatte. Natürlich hatte Lori schon ein Stück davon abgebissen, als sie es ihr gab, also musste Sophie sorgfältig die Bissränder entfernen, bevor sie den Rest aß.

Sie liebte ihre Schwester, aber oft machte Lori sie richtig wütend. Alle sagten, Zwillinge zu sein, sei ein Glück für sie beide, und Sophie wusste, dass sie recht hatten. Das einzige Mädchen der Sullivans zu sein, wäre nämlich alles andere als lustig. Trotzdem wünschte sie sich, Lori hätte nicht so viele Launen.

Zum Glück war Sophie im Moment ganz allein im Garten, also lehnte sie sich mit einem leisen, glücklichen Seufzer zurück an den Baumstamm und schlug die nächste Seite von Pippis Abenteuern auf. In Sophies Familie dauerten Phasen des Alleinseins jedoch nie lange an und als in einem anderen Teil des Gartens das Toben und Schreien losging, konnte sie sich nicht mehr richtig auf ihr Buch konzentrieren.

Ihre sechs Brüder und ihre Schwester konnte sie recht gut ausblenden.

Die eigentliche Ablenkung war Jake McCann.

Er war so alt wie ihr Bruder Zach und normalerweise hätte sie sich für elfjährige Jungs nicht interessiert. Aber Jake hatte sie in seinen Bann gezogen, seit sie ihn das erste Mal mit ihrem Bruder zur Haustür hereinkommen sah.

Er war größer und wirkte rauer als ihr Bruder. Das Gute daran, von niemandem beachtet zu werden, war, dass sie vieles mitbekam, was sich ihre Brüder zuflüsterten. So etwa auch, dass Jakes Vater irgendwie bedrohlich war und komisch roch. Es war der selbe Geruch, wie wenn jemand bei der alljährlichen Party ihrer Mutter ein alkoholisches Getränk verschüttete.

Der Gedanke, jemand könne böse zu Jake sein, bereitete ihr Bauchschmerzen und sie war froh, dass er so oft zu ihnen kommen konnte, wo alle meistens nett zueinander waren. Jake redete eigentlich nie richtig mit ihr und schenkte ihr auch sonst keine Aufmerksamkeit, aber allein das Bewusstsein, dass er in der Nähe war, gab ihr ein Gefühl von Wärme, Sicherheit und Glück.

Ihre Brüder hatten in der Krone der größten Eiche des Gartens eine Zeit lang ein Fort gebaut. Das Fort war groß und wuchs immer weiter und vom Boden aus sah es für Sophie richtig gefährlich aus … aber auch aufregend. Sie war noch nie so hoch oben in irgendetwas gewesen, das kein richtiges Gebäude war, und es sah aus, als könnte man von dort sehr tief hinunterfallen. Deswegen hatte sie sich bisher noch nie wirklich getraut, an den Seilen, die mit ein paar abstehenden Ästen zu einer Leiter verknotet waren, hinaufzuklettern.

Jakes dunkle Haare waren ein bisschen zu lang, aber wenn er lachte, legte er den Kopf nach hinten, wodurch seine Haare von den Augen wegrutschten und sie sein ganzes Gesicht sehen konnte.

Oh, Mann. Er sah so gut aus und war so intelligent und einfach fantastisch. Sie hätte ihn ewig anstarren können und hätte das wohl auch getan, wenn er sie nicht gerade in dem Moment auch angesehen hätte.

Ihre Blicke trafen sich und Sophies fünfjähriges Herz sagte ihr mit absoluter Sicherheit, dass er die gleichen Gefühle hatte wie sie … dass auch er sie liebte. Aber bestimmt hatte sie sich das nur eingebildet, denn sein Blick verfinsterte sich in Sekundenschnelle und er rief ihren Geschwistern zu: „Wer als Letzter oben im Fort ankommt, ist ein faules Ei.“

Ihre Brüder kletterten übereinander, um auf die Holzplattform zu gelangen, aber ihre Schwester Lori war kleiner und schneller als alle anderen. Sie kletterte vor ihnen am Stamm hinauf und war als erste oben. Jake kam gleich nach ihr, gefolgt von Sophies Brüdern Gabe, Ryan und Zach. Ihre größeren Brüder Chase, Smith und Marcus waren beim Baseballtraining. Sonst wäre das Fort aus den Nähten geplatzt.

Jetzt standen ihre Brüder und ihre Schwester oben und taten so, als schauten sie durch zwei alte brüchige Teleskope, die sie letzten Monat auf dem Flohmarkt gekauft hatten, über das weite Meer. Nur Jake blickte hinunter zu Sophie. Er sagte kein Wort, aber sie konnte die Herausforderung in seinem Blick erkennen … und die leise Frage:

Du hast doch nicht etwa Angst, oder?

Bei dem Gedanken, auf den Baum zu klettern und so hoch oben zu stehen, fing ihr Herz an, noch schneller zu schlagen. Sie umfasste ihr Buch fester, aber der harte Umschlag und die Seiten rutschten ihr aus den verschwitzten Händen.

Als das Buch ihr vom Schoß rutschte, sah Sophie hinab auf das Titelbild mit dem Mädchen, dem die roten Zöpfe wild vom Kopf abstanden.

Pippi hätte keine Angst, auf den Baum zu klettern.

Pippi wäre sogar noch schneller oben gewesen als Lori.

Als sich Sophie langsam erhob, rieselten die Erdnussbutter-Gelee-Sandwichkrümel von ihrem T-Shirt und ihren Shorts auf die Decke, den Ameisen zum Fraß. Mit zitternden Beinen ging sie über die Wiese zur großen Eiche. Ihre Geschwister waren viel zu sehr mit Seeräuberspielen beschäftigt, als dass sie sie hätten kommen sehen, aber Jakes Blick war die ganze Zeit auf sie gerichtet.

Ich werde nicht kneifen. Ich werde nicht kneifen. Ich werde nicht kneifen.

Aber je näher sie herankam, umso höher sah das Fort im Baum aus. Noch nie war sie an einer Strickleiter hochgeklettert und ihre Hände waren jetzt so feucht, dass sie wusste, sie würde genau dann abrutschen, wenn sie so weit oben wäre, dass ihr Gehirn bei einem Sturz auf den Boden zu Matsch würde.

Sie stand kurz davor zu kneifen, als sie hörte, wie jemand ihren Namen sagte, und zwar so leise, dass sie es fast nicht gehört hätte. Sie blickte hinauf zu Jake und wusste, sie würde es sich nie verzeihen, wenn sie jetzt kehrtmachen und zu ihrer Decke zurückrennen würde.

Er schien zu glauben, dass sie es schaffen könnte. Und sie brachte es nicht übers Herz, ihn zu enttäuschen.

Bevor sie noch aufgeregter werden konnte, als sie es ohnehin schon war, lief sie schneller und sprang fast auf die Strickleiter. Sie fühlte sich wie das Äffchen von Pippi Langstrumpf, als sie an dem Seil und den abstehenden Ästen zum Fort hinaufkletterte, und bewegte sich zu schnell, als dass sie von der Angst übermannt und zu Boden geworfen werden konnte.

Ihre Geschwister schauten erschrocken, als sie ihren Kopf auftauchen sahen, und Ryan griff sofort nach ihrem Arm, um sie heraufzuziehen.

„Du hättest uns sagen sollen, dass du auch rauf wolltest“, sagte er in Großer-Bruder-Manier, schließlich war er der Älteste im Garten.

Lori deutete auf Sophies Bein. „Aua.“

Sophie blickte hinunter und sah erst jetzt, dass sie am rechten Schienbein einen langen Kratzer hatte. Sie hatte keine Ahnung, wann sie sich den geholt hatte und auch jetzt war sie von dem Baumklettern so erfüllt von Triumph, dass sie keinen Schmerz spürte.

Jake gratulierte ihr nicht, dass sie es bis ins Fort geschafft hatte – er machte sogar eine Bemerkung zu ihren Brüdern, sie sollten Mädchen unter sechs Jahren in Zukunft den Zutritt verbieten. Dennoch wusste sie, dass er stolz auf sie war.

Und, dachte sie, als sie lächelnd um sich blickte, sie war auch selbst stolz auf sich.

Denn von hier oben sah die Welt wirklich anders aus … und vor allem freute sie sich, dass sie dieses Abenteuer mit dem Jungen erleben durfte, den sie immer lieben würde.

Kapitel 1

Heute …

Zufrieden kontrollierte Sophie Sullivan die letzten Hochzeitsvorbereitungen. Sie hatte die letzten Monate damit zugebracht, die Hochzeit ihres Bruders in allen Einzelheiten zu planen und es war herrlich, wie jetzt alles perfekt zusammenpasste.

In nicht einmal zwei Stunden würden Chase und seine Verlobte Chloe sich unter blühenden Rosenbögen vor dreihundert Gästen das Jawort geben. Das Weingut ihres ältesten Bruders Marcus im Napa Valley war nicht nur der perfekte Hintergrund für die Hochzeit, sondern auch der Ort, an dem sich Chase und Chloe kennen und lieben gelernt hatten.

Das von Sophie angeheuerte Küchenpersonal war in der vor Ort aufgebauten Küche beschäftigt. Der Blumenschmuck zu beiden Seiten des Ganges zum Traualtar und die schönen Tischgestecke auf allen Tischen im Empfangsbereich bekamen von einer Floristin den letzten Schliff. Das Wetter war perfekt. Ein paar verträumte weiße Wölkchen zogen über den blauen Himmel, in den Weinbergen sprossen üppig die grünen Weinblätter und jungen Weinbeeren; die Senfblüten zwischen den Rebstöcken ließen die scheinbar endlosen Hügel voller Reben in goldenem Glanz erstrahlen.

Die Braut und die übrigen Brautjungfern ließen sich bereits im Gästehaus frisieren und schminken. Sophie hätte schon vor einer halben Stunde dort sein sollen, um sich wie die anderen vorzubereiten, aber sie wollte erst sicherstellen, dass draußen alles perfekt war. Deshalb stand sie immer noch im Weinberg, mit ihren Jeans in den Stiefeln, einem langen blauen Pullover und einer Kappe auf dem Kopf. Sie hatte sich am Morgen gar nicht frisiert, weil es ja später die Friseuse tun würde.

Sophie war Bibliothekarin, keine Hochzeitsplanerin, aber sie hatte die Gelegenheit beim Schopf gefasst, Chases Hochzeit mitzuplanen und es hatte ihr riesigen Spaß gemacht. Nun, abgesehen von all den Besprechungen mit …

„Hallo Liebchen, gut siehst du aus.“

Jeder Muskel in Sophies Körper spannte sich an, als sie die leisen, gedehnten Worte hinter sich hörte.

Jake McCann.

Der beste Freund ihres Bruders Zach … und seit zwanzig Jahren das Objekt ihrer unerwiderten Liebe.

In diesen zwanzig Jahren war sie natürlich kein einziges Mal mehr für ihn gewesen als Zachs kleine Schwester. Was noch schlimmer war: Sie wusste genau, dass sie in den Klamotten, die sie angezogen hatte, um den ganzen Vormittag lang Möbel und schwere Blumenbehälter zu verrücken, überhaupt nicht gut aussah.

Mit einem kaum unterdrückten frustrierten Seufzer erwiderte sie, ohne sich zu ihm umzudrehen: „Ich heiße Sophie, nicht Liebchen.“ Mindestens hundert Mal hatte sie ihm das in den vergangenen Jahren gesagt, aber er hörte nicht auf, sie mit ihrem Spitznamen anzusprechen.

Von ihren Brüdern ,Liebchen‘ genannt zu werden, war eine Sache … von Jake so genannt zu werden, eine ganz andere. Besonders, wenn sie in ihren geheimen Träumen frech und wild war: genau die Frau, die er immer ersehnt hatte.

Sie fühlte, wie er näher kam und wie seine innere Hitze sie bereits aus einigen Metern Entfernung versengte. Immer schon hatte sie seine Schwingungen übermäßig intensiv wahrgenommen und seine Präsenz in einem Raum sofort gespürt. Als kleines Mädchen hatte sie, nur um in Jakes Nähe sein zu können, oft mit einer Ausrede die Nähe ihrer Brüder gesucht. Dabei war sie mucksmäuschenstill gewesen, damit die anderen sie nicht beachteten, während sie im Fort auf dem Baum oder im Keller am Billardtisch spielten und dabei schmutzige Witze erzählten, die sie erst verstand, als sie um einiges älter war.

Der Drang, sich zu ihm umzudrehen, seinen Anblick auf sich wirken zu lassen und sich dabei in dem schalkhaften Funkeln seiner schokoladenbraunen Augen zu verlieren, war so stark, dass sie ihm fast nachgab. Natürlich kannte sie jeden Zentimeter von Jakes Gesicht auswendig. Schließlich hatte sie den größten Teil ihrer Kindheit damit verbracht, ihn anzustarren, wenn sie glaubte, er merkte es nicht. Sein Unterkiefer war kantig und seine Nase hatte zwei Höcker, von denen sie wusste, dass er sie bei Prügeleien davongetragen hatte.

Anstatt ihn anzuschauen, zwang sie sich, ihren Blick auf die Sitzgruppe im Freien zu richten. Sie beobachtete, wie die Floristinnen die letzten Veränderungen am Blumenschmuck vornahmen und das Cateringpersonal Tabletts voller Speisen aus den Lieferwagen in Marcus‘ riesige Küche beförderten. Ungeachtet ihrer wahren Gefühle für Jake verlangte es Sophies Stolz, so zu tun, als sei ihr seine Anwesenheit völlig gleichgültig.

„Kaum zu glauben, dass es endlich soweit ist.“ Er machte eine Pause und sie hörte, wie sich Humor und Geringschätzung in seiner Stimme mischten. „Ein Sullivan wagt tatsächlich den Sprung.“

Sophie war als die Vernünftige und die Stille der Familie bekannt, die das, was sie tat, immer wohl überlegte. Sie hatte nie zu Ausbrüchen geneigt, oder dazu, irgendwelchen verrückten Eingebungen zu folgen. Das blieb ihrer Zwillingsschwester Lori vorbehalten, die dafür den Spitznamen ‚Früchtchen‘ bekommen hatte, so wie man Sophie ,Liebchen‘ nannte. Aber in Jakes Nähe fühlte sich Sophie nur noch selten vernünftig.

Das war auch schwer, denn sie bekam jedes Mal Herzrasen, wenn sie daran dachte, wie es sich wohl anfühlen würde, in seinen Armen zu liegen … oder, wenn er sie mit irgendeinem Machospruch in Rage brachte! Meistens geschah beides gleichzeitig. Genau wie jetzt auch. Er machte sie fürchterlich wütend und war dabei so verdammt begehrenswert, dass sie es zwar selbst für verrückt hielt, ihn so zu begehren, aber es niemals schaffte, ihre Gefühle abzustellen.

Es machte sie wahnsinnig, wie sehr er sie aus der Fassung brachte. Als sie nicht mehr in der Lage war, Gleichgültigkeit vorzutäuschen, ballte sie ihre Hände zu Fäusten und drehte sich blitzartig zu ihm um.

Dass Jake in seinem Smoking noch umwerfender aussah als je zuvor, gab ihren Hormonen den Rest. Sein blütenweißes Hemd war am Hals gerade so weit geöffnet, dass sie den Ansatz seines dunklen Brusthaares erkennen konnte. Seine Tattoos waren verdeckt, aber zu wissen, dass sie sich nur unter einer dünnen Stoffschicht verbargen, jagte ihr einen Schauer verbotener Lust durch die Adern. Gott, was würde sie nicht darum geben, seine Tattoos aus der Nähe betrachten zu können. Am liebsten würde sie stundenlang mit den Fingern über seine nackte Haut streichen und sich die Tintenzeichnungen genau anschauen.

„Chase und Chloe lieben sich“, schnappte sie und ihre Stimme klang noch schärfer, weil sie sich ärgerte, auf Jakes Aussehen nicht ein bisschen gleichgültiger reagieren zu können. „Ihre Hochzeit wird schön, nein, perfekt, und unglaublich romantisch.“

Noch schöner und perfekter und romantischer war es, dass Chloe jetzt schwanger war und nur so strahlte. Sophie freute sich schon darauf, Babysitter zu spielen und ihre Nichte oder ihren Neffen über alle Maßen zu verwöhnen. Jakes Mund verzog sich bei ihren nachdrücklichen Worten zu einem leichten Lächeln. „Nun, zumindest gibt es eine super Party.“

Was stimmte eigentlich nicht mit ihm? In zwanzig Jahren hatte Sophie sich das nun bestimmt zum tausendsten Mal gefragt. Wie konnte er auf ein ganzes Leben voller Liebe blicken und nur die Party sehen?

Dass er in erschreckendem Tempo eine Frau nach der anderen flachlegte, ließ eigentlich auch ziemlich deutlich darauf schließen, dass er zu den Idioten gehörte, die nicht an Liebe glaubten. Ein reicher, gutaussehender Typ wie Jake McCann war sicher nur auf Sex aus. Es wäre klüger, ihm nicht auch nur fünf Minuten ihrer Zeit zu widmen. Und doch … wenn es so einfach wäre, wenn Liebe so vernünftig wäre, dann hätte sie schon vor Jahren einen anderen gefunden, in den sie sich hätte verlieben können.

Leider hatte – damals wie heute – Vernunft absolut nichts mit ihren Gefühlen zu Jake zu tun.

Was noch schlimmer war, ihr wurde jedes Mal ganz heiß, wenn sie gleichzeitig an Sex und an Jake dachte. Jetzt war es nicht anders. Sophie war trotz der Vorstellungen, die manche Leute von Bibliothekarinnen hatten, weder Jungfrau noch prüde. Im Gegenteil, wenn diese Leute wüssten, was sie schon alles zum Thema Sex gelesen hatte, wären sie wahrscheinlich ziemlich geschockt. Besonders Jake.

Wäre das nicht etwas, womit sie Jake schockieren könnte, da er ja offensichtlich dachte, er habe in Sachen Verführung die Weisheit gepachtet?

Verdammt, eigentlich müsste sie mittlerweile gelernt haben, ihre Fantasien in Bezug auf Jake im Zaum zu halten, auch, wenn ihr Körper ihn seit dem ersten Hormonschub in ihrer Teenagerzeit zu seinem Lustobjekt erwählt hatte. Aber sie konnte es sich immer noch nicht verwehren, seinen Duft einzuatmen: Er bestand aus einem leichten Hauch Hopfen und aus etwas, das sie immer nur als Nacht und Dunkelheit hatte definieren können.

Sie ging zu einem bereits perfekt gerade stehenden Stuhl, um ihn nochmals gerade zu rücken. „Ich habe mir die Bar bereits angeschaut und es sieht so aus, als sei alles an Ort und Stelle.“ Eigentlich hatte sie für die Hochzeit einen professionellen Bar-Service beauftragen wollen. Jake hatte jedoch darauf bestanden, diesen Teil der Feier selbst zu organisieren. Er war Besitzer einer Kette irischer Pubs und obwohl er mit seinem Geschäft unglaublichen Erfolg hatte, war sie nicht sicher gewesen, ob er für den Barbetrieb einer eleganten Hochzeitsfeier der Richtige war.

Nun, als sie sehen konnte, was er geleistet hatte, musste sie es widerstrebend anerkennen. „Du hast das super gemacht. Echt gut.“

„Du auch, mit der ganzen Hochzeitsfeier“, sagte er und sie spürte den Blick seiner dunklen Augen auf sich. Wieder umspielte dieses leichte Lächeln seine Lippen, bei dem ihr Magen Pirouetten drehte. „Bist du sicher, dass du nicht als Managerin meiner Pubs für mich arbeiten willst? Ich könnte immer jemanden wie dich gebrauchen, der alles noch besser auf Vordermann bringt.“

Von seinem Kompliment wurde ihr vor Freude ganz warm. Das war das Problem mit Jake. Wenngleich sie sich über ihn ärgerte und er ihre Gefühle auch in einer Million, nein einer Milliarde Jahren noch nicht erwidern würde, konnte sie nicht umhin, von ihm fasziniert zu sein. Das galt für Sophie und – so hatte es oft den Anschein – auch für jede andere Frau auf der Welt.

Sie wusste natürlich trotzdem, dass sie es sich niemals verzeihen würde, wenn sie mitten in Marcus‘ Weinberg vor Lust dahinschmelzen würde. „Meine Bücher würden mir zu sehr fehlen“, erwiderte sie daher einfach.

Ihr Leben lang hatte Sophie in jedem Raum stapelweise Bücher liegen gehabt. Vor kurzem hatte sie sich für das digitale Zeitalter geöffnet und einen e-Reader erworben, der in ihre Handtasche passte. Sie hatte an der Stanford University studiert und einen kombinierten Abschluss in englischer Literatur und Bibliothekswissenschaften gemacht, den ihr jemand empfohlen hatte, der Bücher genauso liebte wie sie. Sofort nach ihrem Abschluss hatte sie sich in der Stadtbibliothek von San Francisco um eine Stelle beworben. Sie wusste, dass sie viel mehr hätte verdienen können, wenn sie zu einer Universitätsbibliothek gegangen wäre oder ihre Kompetenzen in Recherche und Katalogisierung in einem der vielen umliegenden High-Tech-Startups genutzt hätte. Aber sie hatte immer nur als Bibliothekarin arbeiten wollen. Auch, wenn ihre Wohnung eher klein war und sie nie reich werden würde, so hatte sie ihre Entscheidung nicht eine Sekunde bereut.

Ihr war bewusst, dass es sie nur durcheinanderbringen würde, wenn sie an diesem total romantischen Ort noch länger in Jakes Nähe bliebe. „Ich gehe jetzt besser zum Gästehaus“, sagte sie daher. Aber gerade, als sie sich zum Gehen umdrehte, blies ihr ein plötzlicher Windstoß die Baseballmütze vom Kopf.

Jake griff danach und bekam sie am Rand zu fassen, bevor Sophie überhaupt reagieren konnte. „Hab sie.“

Er stellte sich vor sie und strich ihr eine schwarze Haarsträhne, die ihr an den Mund gerutscht war, unter die Kappe, als er ihr diese wieder aufsetzte. Ihre Wange kitzelte von der zarten Berührung auf der Haut und sie leckte sich nervös die Lippen. Sie konnte sich nicht erinnern, wann er sie das letzte Mal berührt hatte. Nicht etwa, weil er kein liebevoller Mann gewesen wäre, sondern weil er sich scheinbar immer gescheut hatte, sie zu berühren.

Er hielt seine Hände immer noch am Rand ihrer Kappe und seine dunklen Augen wurden fast kohlschwarz, als sich sein Blick auf ihren Mund heftete. Ein paar Sekunden lang bewegte sich keiner von beiden. Aber dann trat er plötzlich einen Schritt zurück und sie spürte die kühle Luft des Weinbergs dort, wo noch vor wenigen Sekunden seine Hitze gewesen war.

„Du solltest sie ein bisschen fester herunterziehen, damit sie nicht wieder wegfliegt“, sagte er, bevor er ihr Outfit mit gerunzelter Stirn betrachtete. „Bist du nicht auch eine von Chloes Brautjungfern? Warum bist du dann noch so angezogen?“ Sie rang nach dem Schock seiner Berührung immer noch um Atem und brauchte daher viel länger als normal, bis sie seine Frage registrierte. Sein spöttischer Ton entging ihr allerdings nicht.

Vor Monaten, als Jake angeboten hatte, die Bar bei Chase und Chloes Hochzeit zu organisieren, hatte sie impulsiv beschlossen, ihm für seine Arroganz eine Lektion zu erteilen. Und auch dafür, dass er sie immer noch wie ein kleines Mädchen und nicht wie eine erwachsene Frau behandelte. Sie hatte sich vorgenommen, Begehren in ihm zu wecken. Sie wollte einen Weg finden, ihn vor Sehnsucht zur Verzweiflung zu bringen … und ihn dann zu verhöhnen und ihn das erste Mal in seinem Leben leer ausgehen zu lassen.

Aber hatte sie die letzten vier Monate wirklich für diese großen Pläne genutzt? Hatte sie Jake wirklich heiß gemacht, um ihn dann abblitzen zu lassen?

Ha!

„Ja, das bin ich“, erwiderte sie schließlich, und presste den Atem durch die zusammengebissenen Zähne. „Alle anderen sind schon beim Umziehen, aber ich musste zuerst noch ein paar Sachen kontrollieren.“

In sein perfekt geschnittenes Gesicht trat an die Stelle des Stirnrunzelns ein finsterer Ausdruck, bevor sein Blick wieder gleichgültig wurde. „Jetzt, wo du weißt, dass alles perfekt ist, solltest du dich also vielleicht besser hübsch machen gehen, was, Prinzessin?“

Jakes harsche Worte trafen sie wie ein harter Schlag. Sie wusste nicht, ob er beabsichtigt hatte, sie zu verletzen mit der Anspielung, dass es sie einige Zeit – und auch einige Mühe – kosten würde, sich hübsch zu machen. Ob nun absichtlich oder nicht, verletzt hatte er sie.

Vor ein paar Minuten war sie stolz auf das gewesen, was sie mit der Vorbereitung der Hochzeitsfeier geleistet hatte. Jetzt war dieser Stolz praktisch wie weggeblasen durch die Art, wie Jake sie angesehen hatte. Es war offensichtlich, dass sie in seinen Augen völlig unattraktiv war und über keinerlei weiblichen Charme verfügte. Aber obwohl sie wusste, dass es klüger wäre, sich nichts daraus zu machen und sich von ihm nicht verletzen zu lassen, hatten ein paar dahingeworfene Worte von ihm mehr Schaden angerichtet als alles andere es je gekonnt hätte.

Hatte sie sich denn diesen Hunger, dieses Verlangen in seinem Blick nur eingebildet, als er ihr erst vor wenigen Augenblicken über die Wange gestrichen hatte? Sie hätte schwören können, dass er mit dem Gedanken gespielt hatte, sie zu küssen!

Hatte sie diese Funken einfach nur selbst so dringend spüren wollen, dass sie sich eine sekundenlange Verbindung zurechtfantasiert hatte, die es zwischen ihnen beiden niemals geben würde?

Wie sie diesen Ton hasste, in dem er gerade mit ihr gesprochen hatte. So, als wäre sie immer noch ein kleines Mädchen und keine vollwertige, erfolgreiche, erwachsene Frau. Prinzessin. Prinzessin hatte er sie genannt.

Das war fast noch schlimmer als Liebchen. Ihre Familie hatte ihr ihren Spitznamen immerhin aus Liebe gegeben.

Mit einem Schlag war die Entschlossenheit, die sie in Bezug auf Jake nur noch mit Mühe hatte aufrechterhalten können, wieder da und sammelte sich direkt über ihrem Brustbein. Sie würde alles daran setzen, ihn zu schockieren und ihm zu beweisen, dass er absolut gar nichts über sie wusste. Er würde schon merken, dass das ,Liebchen‘, das er hatte heranwachsen sehen, und die „Prinzessin“, die er sah, wenn er sie anschaute, Frau genug waren, um ihn im Kreis laufen zu lassen.

Sophie war mit außergewöhnlichen Geschwistern aufgewachsen und klug genug gewesen, nicht mit ihnen konkurrieren zu wollen. Nie würde sie über eine Tanzfläche gleiten wie ihre Zwillingsschwester Lori, die Choreographin. Nie würde sie eine Mannschaft in die Nationalliga führen wie ihr Bruder Ryan, der Baseballprofi. Sie rettete nicht Tag für Tag Menschenleben wie ihr Bruder Gabe als Feuerwehrmann. Und sie würde nie eine so große Leidenschaft für das Fotografieren, für Autos oder Weinberge entwickeln, dass sie diese in eine erfolgreiche Karriere verwandeln könnte, so wie ihre Brüder Chase, Zach und Marcus es getan hatten.

Aber als sie eine knappe Stunde vor Chases und Chloes Hochzeit mit Jake im Weinberg stand, war Sophie sehr, sehr froh, dank ihrer Leidenschaft für Bücher Tausende von Romanen gelesen zu haben. Sie hoffte, dass dies ausreichen würde, um rasch einen Plan zu schmieden, wie sie es Jake heimzahlen konnte. Sie wollte ihn endlich mit seinen eigenen Waffen schlagen.

„Du hast recht“, sagte sie leise, „ich sollte mich bald hübsch machen gehen.“ Die Worte fühlten sich auf ihrer Zunge an wie Sand und sie hätte schwören können, dass er unmerklich zusammenzuckte, als sie sie für ihn wiederholte. „Aber erst wollte ich dich noch etwas fragen.“

„Um was geht‘s?“, fragte er leichthin. Ein bisschen zu leichthin, dachte sie, so als wolle er sich zwingen völlig locker und gleichgültig zu wirken.

„Nun“, sagte sie langsam, „ich habe gerade erfahren, dass Chloe in letzter Minute einen Ex-Freund von mir zur Hochzeit eingeladen hat.“

Es stimmte, sie war mit dem Typen namens Alex letztes Jahr ein paar Monate lang ausgegangen. Er sah gut aus und war ganz nett, aber als sie sich nicht dazu entschließen konnte, mit ihm ins Bett zu gehen, waren seine Augen jedes Mal, wenn sie zusammen weggingen, zu anderen hübschen Mädchen gewandert. Sie wusste, wenn er ihr wirklich etwas bedeutet hätte, dann hätte sie das verletzt. Stattdessen fiel es ihr ziemlich leicht, sich von ihm zu trennen, sodass er mit einer dieser anderen Frauen etwas anfangen konnte. Doch obwohl ihm hätte klar sein müssen, dass es mit ihnen beiden sowieso zu nichts geführt hätte, gefiel es ihm gar nicht, verlassen zu werden. Dabei hatte sie versucht, es ihm so schonend wie möglich beizubringen. Er hatte ihr zwar nicht direkt vorgeworfen, ihn nur heißgemacht zu haben, aber sie wusste, dass er es dachte.

Das machte es ihr ein wenig leichter, die Wahrheit für Jake ein bisschen zurechtzubiegen. „Am Ende hat er sich benommen wie ein Arsch und ich würde ihn wirklich gerne eifersüchtig machen.“ Sie senkte langsam die Wimpern, so als sei sie noch nicht ganz darüber hinweg, einfach abserviert worden zu sein.

Sie hatte zwar nur im Sprechchor bei ein paar Grundschulaufführungen mitgemacht, aber sie versuchte, Gefühl in ihre Worte zu legen, so wie es ihrer Vorstellung nach ihr Bruder Smith beim Drehen einer Filmszene machen würde. Pathos. Und ein wenig Scham, weil sie für ihren Ex-Freund nie gut genug gewesen war, egal, wie sie es anstellte.

Sie wartete einen Moment, bevor sie Jake wieder in die Augen schaute. „Würdest du mir helfen?“

Er starrte zu ihr herab und konnte offenbar nicht begreifen, was sie da vorschlug. „Moment mal, Liebchen. Du willst, dass ichdir helfe, irgend so einen Loser von Ex-Freund eifersüchtig zu machen?“

Sie knirschte mit den Zähnen, als er sie wieder bei ihrem Spitznamen nannte – und gleich annahm, jeder Freund von ihr müsse zwangsläufig ein Loser sein –, aber sie riss sich zusammen und ließ es durchgehen. Fürs Erste.

„Du hast keine Begleitung zur Hochzeit mitgebracht, stimmt‘s?“ Vor ein paar Wochen hatte er ihr gesagt, er käme allein, damit er an der Bar sein Personal im Auge behalten könne. Sophie nahm an, dass es auch eine Taktik war, um sich unter den alleinstehenden weiblichen Gästen jemanden für eine After-Party im Bett auszusuchen. Sie rang die angesichts dieser Vorstellung in ihr aufsteigende Eifersucht nieder. „Bitte Jake“, sagte sie, „wirst du mir helfen?“

Aber er schüttelte bereits den Kopf. „Niemand würde uns das jemals abnehmen. Und deine Brüder würden mich umbringen, wenn sie den Eindruck bekämen, dass ich etwas von dir will.“

Zum Teufel mit seinem schlechten Ruf und mit ihrem eigenen, der praktisch unbefleckt war. Und zum Teufel mit ihren Brüdern und ihrem Beschützergehabe.

Jake hatte recht. Sie würden ihn in Stücke reißen, wenn sie jemals den Verdacht bekämen, dass er an sie oder Lori auch nur einen nicht jugendfreien Gedanken verschwendete. Aber sie wollte jetzt keinesfalls aufgeben, besonders nach seinem geringschätzigen „Dann solltest du dich also vielleicht besser hübsch machen gehen, was, Prinzessin?“, das in ihrem Kopf immer noch nachhallte.

„Das wäre auch noch schöner“, sagte sie lachend. „Natürlich würde das niemand von ihnen glauben. Du vielleicht?“ Ihr Lachen wurde lauter. „Oder ich?“ Sie schüttelte den Kopf, als sei allein die Vorstellung ungeheuerlich … auch, wenn sie in ihren Träumen tausend Mal ihre Liebesgeschichte geschrieben hatte. „Wir wissen doch alle, auf welche Art Mädchen du stehst. Ich würde mich wundern, wenn auch nur die Hälfte von ihnen ihren eigenen Namen buchstabieren könnten.“

An seinem finsteren Blick merkte sie zu spät, dass sie vielleicht etwas zu weit gegangen war.

Ui.

„Mach dir keine Sorgen“, versicherte sie ihm, „wir werden schon dafür sorgen, dass keiner von meiner Familie oder meinen Freunden uns sieht. Nur mein Ex.“

„Hat der Typ einen Namen?“

So wie Jake jetzt dreinblickte – als würde er ihren Ex am liebsten eigenhändig in Stücke reißen – wusste sie, dass sie ihm Alex‘ Namen fairerweise lieber nicht geben sollte.

„Ich spreche ihn nicht gern laut aus“, sagte sie nach kurzem Nachdenken.

Ihre Antwort schien ihn nicht glücklicher zu machen, denn er brummte: „Hat er dir weh getan?“

Sie war froh, dass sie zum Frühstück nicht allzu viel gegessen hatte. Das wäre ihr nämlich jetzt alles hochgekommen, als sie sich übertrieben theatralisch die Hand aufs Herz legte und sagte: „Nur hier.“

Sophie war sicher, dass jeder andere ihr unmögliches Schauspiel durchschaut hätte, aber Jake war so darauf fixiert, nichts an ihr zu bemerken, dass es aussah, als käme sie tatsächlich damit durch.

In dem Bewusstsein, dass es jetzt um alles oder nichts ging, spielte sie ihre letzte Trumpfkarte aus. „Bitte, Jake. Du bist der Einzige, den ich bitten kann, mir zu einer kleinen Rache an einem großen Arschloch zu verhelfen.“ Sie beugte sich nah an sein Ohr und sagte mit gedämpfter Stimme: „Das wird unser kleines Geheimnis sein.“

Mein Gott, wie gut er roch. So gut, dass sie am liebsten mit ihren Lippen über die leichten Bartstoppeln an seiner Wange gefahren wäre. Stattdessen zwang sie sich, ihr Gewicht von ihm weg zu verlagern.

Er fuhr sich mit einer Hand durch die Haare und schüttelte den Kopf, so als wüsste er bereits, dass ihm das mit der Hilfe irgendwann leidtun würde. Schließlich sagte er: „Meinetwegen. Wenn du so verzweifelt bist, dann mach ich es. Auch, wenn ich nicht glaube, dass dein Plan funktionieren wird.“

„Oh“, sagte sie leise, und das Wort verzweifelt nagte an ihr wie Prinzessin und Liebchen. „Es wird schon funktionieren. Dafür werde ich auf jeden Fall sorgen.“

* * *

Was zum Teufel war da gerade passiert?

Jake McCann wusste, welche Gefühle für Sophie Sullivan man von ihm erwartete. Er sollte sie lieben wie eine kleine Schwester, auf sie aufpassen und dafür sorgen, dass sie in Sicherheit und glücklich war. Er sollte blind dafür sein, dass Sophie mit den Jahren zur Frau geworden war. Und er sollte hoffen, dass sie einen netten, umgänglichen Mann fand, der immer behutsam mit ihr umgehen würde.

Er hätte die Rundungen unter ihren Jeans und ihrem Pullover nicht beachten sollen, als sie mitten im Weinberg stand und die Hochzeitsvorbereitungen überwachte. Und als er sie beim Aufsetzen der Baseballmütze versehentlich berührt hatte und ihre Augen einen träumerischen Ausdruck bekamen, hätte er auf gar keinen Fall diesen unmöglichen Drang verspüren dürfen, sie an sich zu reißen, diesen weichen Mund zu küssen und herauszufinden, wie sich ihre weichen Kurven an seinen harten Muskeln anfühlen würden.

All das war ihm zwar klar, aber er konnte den Blick nicht von ihr abwenden, als sie wegging. Er konnte nicht aufhören, daran zu denken, wie weich sich ihre Wange unter seiner Daumenkuppe angefühlt hatte und wie seidig ihr Haar durch seine Finger geglitten war.

Verdammt.

Wie lange hatte er sich darum bemüht, seine Gefühle für Sophie zu verbergen?

Wie viele Jahre lang hatte er sich selbst eingeredet, sein Verlangen nach ihr sei nichts, was er sich nicht mit Hilfe anderer Frauen abgewöhnen konnte? Diese Frauen waren in Ordnung für ein paar Stunden im Bett, aber sie hatten nicht annähernd die kleinste Spur von Sophies natürlicher Eleganz. Von ihrer Intelligenz. Von ihrer Sanftheit.

Wie zum Teufel sollte er es bloß eine ganze Hochzeitsfeier lang mit Sophie aushalten, wo doch seine Selbstbeherrschung in den letzten Monaten jedes Mal ein bisschen nachgelassen hatte, wenn er sie traf, um ihr bei den Hochzeitsvorbereitungen für Chase und Chloe zu helfen? Neben ihr zu sitzen, während sie die Pläne für die Hochzeit mit ihm durchging, ihren süßen Duft einzuatmen und sich zu fragen, ob sie wohl an seiner Zunge genauso süß schmecken würde, all das hatte ihn langsam verrückt werden lassen. Tag für Tag schlich sie sich in seine Gedanken und in seine Träume. Und von Mal zu Mal verweilte sie länger darin.

Sophie war schon immer etwas Besonderes gewesen, schon als kleines Mädchen. Sie war nicht nur das hübscheste Ding, dass er je im Leben gesehen hatte, sie war auch so intelligent, dass sie ihn schon mit fünf Jahren überwältigt hatte. Und sie war mutig. Viel mutiger, als sie sich selbst zugestand. Als die kleinste und ruhigste von acht Geschwistern begab sie sich, ohne zu zögern mitten ins Gewirr herumwirbelnder Ellenbogen und Knie. Und irgendwie, wie durch einen Zauber, teilte sich das Meer von Gliedmaßen, während sie hindurchging, so als wäre ihre stille Macht viel stärker als die Muskeln ihrer Brüder oder das ständige Geschrei ihrer Zwillingsschwester.

Vor zwei Minuten, als er mitten in Marcus‘ Weinberg so nah an Sophie stand, dass er sie hätte umarmen können, hatte Jake zwischen zwei unmöglichen Entscheidungen gestanden. Auf sie zuzugehen und sie sich endlich zu nehmen, wie er es in seiner Fantasie schon viel zu lange tat … oder sie von sich zu stoßen, um sie zu schützen. Als McCann mit einem Sullivan-Mädchen befreundet zu sein, war eine Sache. Etwas ganz anderes war es anzunehmen, er würde sie für sich selbst beanspruchen und für immer behalten können.

Dass das unmöglich war, hatte er immer schon gewusst. Sophie hatte etwas Besseres verdient als den Sohn eines gewalttätigen Trinkers, der sich mit dem Ausschenken von Bier seinen Lebensunterhalt verdiente. Leider hatte dieses Wissen sein Verlangen nicht geringer werden lassen.

Reue umklammerte seine Brust, wenn er an seine Frotzelei über ihre Kleidung und das Hübschmachen für die Hochzeit dachte, und daran, wie verletzt sie danach ausgesehen hatte. Sie war der letzte Mensch auf der Welt, den er verletzten wollte, und genau deshalb hatte er sich über die Jahre bewusst von ihr ferngehalten.

Jake mochte gar nicht daran denken, dass ein Typ, mit dem sie einmal zusammen gewesen war, sie versetzt hatte und dann auch noch die Stirn besaß, bei der Hochzeit ihres Bruders aufzutauchen. Sie hätte jemanden verdient, der ihr alles geben würde. Ein Häuschen im Grünen mit weißem Gartenzaun. Eine Handvoll süßer Kinder, die so schlau waren wie ihre Mama.

Er presste mit den Fingerknöcheln fest gegen sein Brustbein und versuchte, die Enge aus seiner Brust zu vertreiben, die die Vorstellung von Sophies glücklicher Bilderbuchehe mit einem anderen Mann ausgelöst hatte. Jake wusste nicht genau, was er von dem Plan, ihren Ex eifersüchtig zu machen, halten sollte. Er nahm sich aber schon einmal vor, dem Typen unter vier Augen beizubringen, was passierte, wenn einer eine Sullivan schlecht behandelte.

Genau in dem Moment kam Chase auf Marcus‘ Terrasse, rief Jake beim Namen und ließ ihn aus seinen Gedanken hochschrecken.

Chases Brüder waren alle Trauzeugen des Bräutigams und Marcus hatte eine spezielle Lizenz erhalten, die ihn befähigte, die Trauung zu vollziehen. Jake war der einzige Nicht-Sullivan, dem die Ehre zuteil wurde, den Bräutigam als Trauzeuge zu begleiten, obwohl Chase auch einen seiner zahlreichen Cousins hätte auswählen können.

Der neunte Sullivan. Dieses Gefühl gaben sie ihm immer. So, als sei er einer von ihnen. Als er noch ein Kind war und immer zu ihnen nach Hause kam, hatte Jack so getan, als sei er dort zu Hause. Und Mary Sullivans Haus war auch wirklich das einzige wahre Zuhause gewesen, das er kannte, bis er sich vor ein paar Jahren ein eigenes Haus gekauft hatte. Seine irischen Pubs liefen hervorragend und er konnte sich mühelos ein Haus leisten, von dem er früher nur hätte träumen können.

Jake freute sich für Chase am Tag seiner Hochzeit. Als Jake Chloe kennenlernte, war er erstaunt, wie perfekt die beiden zueinander passten. Anfangs war er schon überrascht gewesen, dass sein Freund sich so schnell verliebt hatte und dass er so glücklich über die Aussicht war, so unvermittelt sowohl Ehemann als auch Vater zu werden. Aber nur, weil er selbst sich niemals an die Kette legen lassen würde, hieß das noch nicht, dass Jake einen Sullivan nicht immer unterstützen würde.

Trauzeuge bei Chases Hochzeit zu sein und die Bar für die Feier zu organisieren war für ihn eine Möglichkeit, der Familie etwas zurückzugeben, die ihn mit großgezogen hatte, als sich seine eigene Familie einen Dreck um ihn scherte.

Die beiden Männer gaben sich die Hand und umarmten sich. „Wie fühlst du dich an deinem großen Tag?“, fragte Jake.

Chase grinste. „Gut.“ Sein Grinsen wurde breiter. „Richtig gut.“

Jake hatte Chase und Chloe oft genug zusammen gesehen, um zu wissen, dass er einen wirklich glücklichen Mann vor sich hatte. Chase schien es nicht im Geringsten zu bereuen, dass er nun sesshaft wurde werden würde und darauf verzichtete, seine beachtliche Auswahl an heißen Models zu nutzen.

„Hast du Chloe gesehen?“, fragte Chase. „Weißt du, ob sie irgendetwas braucht?“

Sobald Chloe verkündet hatte, dass sie schwanger war, war Chase zu einem Abklatsch des typischen werdenden Vaters verkommen, der seine schwangere Frau ständig in Watte packt. Es war genau die Art idiotisches Verhalten, das Jake niemals verstehen würde. Deswegen passte er auch verdammt gut auf, dass bei keiner seiner Bettgeschichten etwas passieren konnte.

„Ich habe gerade mit Sophie gesprochen“, sagte er Chase. „Sieht so aus, als sei bei den Mädels alles unter Kontrolle.“

„Gut.“ Chase nickte und grinste dann. „Komm mit rein. Smith erzählt uns gerade von einer Orgie, in die er vor ein paar Wochen bei der Party nach einer Preisverleihung hineingeraten ist. Ich habe den Eindruck, er wärmt sich für seine Ansprache nach der Trauung auf.“

Jake grinste. „Und all das wird dir also gar nicht fehlen, was?“

Chase schüttelte ohne zu zögern den Kopf. „Chloe bedeutet mir viel mehr als all das.“

In kameradschaftlichem Schweigen gingen die beiden Männer Richtung Haus und Jake hörte die Sullivans lachen, als sie gemeinsam hineingingen. Er liebte die Familie, als wäre es seine eigene. Er würde für jeden von ihnen sein Leben geben.

Besonders für die dunkelhaarige Schönheit, die ihm nicht mehr aus dem Kopf ging.

Beziehungsweise aus seinem Herzen.

Kapitel 2

„Hier bist du! Wir wollten schon einen Suchtrupp nach dir losschicken.“ Kalen, die Visagistin, mit der Chase normalerweise bei seinen Foto-Shootings arbeitete, schnappte sich Sophie in dem Moment, als sie das Gästehaus betrat. „Alle ziehen schon ihre Kleider an.“ Eingehend musterte sie Sophies ungeschminktes Gesicht. „Zum Glück brauchst du nur ein wenig Wimperntusche und etwas Lippenstift.“ Kalen legte die Produkte zurecht, die sie bei Sophie verwenden wollte. „Ich schwöre, ihr habt alle fantastische Gene. Ich wünschte, ich hätte mit eurer Mutter arbeiten können, als sie noch Model war. Sie ist jetzt noch so schön, da muss sie in jüngeren Jahren einfach unbeschreiblich gewesen sein.“

„Wenn du das nächste Mal zu uns kommst, solltest du sie nach ihren Fotoalben fragen“, schlug Sophie vor. „Als kleines Mädchen verbrachte ich Stunden damit, sie durchzublättern. Ich konnte kaum glauben, dass die Frau auf den Fotos meine Mutter war.“ Während Sophie in den Fotoalben geblättert hatte, spielte ihre Schwester Lori vor dem Spiegel mit den Lidschatten, Pudern und Lippenstiften ihrer Mutter.

Normalerweise hätte Sophie Kalen zugestimmt, dass sie ihr Gesicht eher natürlich belassen sollte. Sie hatte sich mit Schminke nie besonders wohl gefühlt. Sophie fand es immer viel interessanter, Lori laut aus den Schminkbüchern vorzulesen, die sie entdeckt hatte, anstatt selbst auf dem Schminkstuhl zu sitzen.

„Eigentlich“, sagte sie mit einigem Herzklopfen angesichts ihres Plans, „hatte ich gehofft, du könntest mich ein bisschen verwandeln.“

Kalen hob eine Braue. „Verwandeln?“

Sophie nickte. „Da ist dieser Typ …“, überwand sie sich einzugestehen.

„Ein Typ also?“ Kalen schenkte Sophie ein breites Grinsen. „Nun, wenn das so ist, dann werde ich dich gerne ein bisschen verwandeln. Er wird gar nicht wissen, wie ihm geschieht.“ Sie rief die befreundete Friseuse, die sie mitgebracht hatte. „Jackie, kannst du mal bitte eine Sekunde herkommen?“

Nach ein paar Minuten angeregtem Flüstern, während derer Sophie klargestellt hatte, dass sie nicht übertrieben stark geschminkt oder ordinär aussehen wollte, sondern einfach viel sexyer als sonst – hatten die drei Frauen einen Plan geschmiedet.

Sophie lehnte sich vor dem Spiegel zurück und versuchte, ihr Herzklopfen zu ignorieren, während die beiden das Liebchen in etwas ganz anderes verwandelten.

* * *

Kalen und Jackie waren gerade mit Sophies Frisur und Make-up fertig und halfen ihr in ihr Brautjungfernkleid, ohne ihr Kunstwerk zu zerstören, da trat Lori ins Zimmer.

Sie bewegte sich immer schnell, aber ein Blick auf Sophie brachte sie ins Stocken und sie wurde so still, wie Sophie ihren Zwilling noch nicht erlebt hatte.

Lori starrte sie schockiert an. „Was zum Teufel habt ihr mit meiner Schwester gemacht?“

Die beiden hatten sich im letzten Jahr nicht so gut verstanden. Sophie konnte nicht mitansehen, wie Lori sich von dem Mistkerl, mit dem sie sich heimlich traf, behandeln ließ. Alle sahen ihre Zwillingsschwester immer als ungestüm und furchtlos an, aber Sophie wusste, dass Lori einfach ihre Gefühle besser verbergen konnte als alle anderen.

Jedes Mal, wenn Sophie versucht hatte, das Thema anzuschneiden, hatte Lori, anstatt sich ihr anzuvertrauen, sie immer mehr aus ihrem Leben ausgeschlossen. Lori war eine Meisterin spitzer, sarkastischer Bemerkungen, das wusste Sophie nur zu gut. Und in den vergangenen Monaten hatte sie den Bogen einmal zu oft überspannt. Aber trotz allem, was sich im letzten Jahr zwischen sie gedrängt hatte, liebte sie ihre Schwester.

Sie konnte gar nicht anders, denn waren sie nicht immer zwei Hälften eines Ganzen gewesen?

Heute war einer der Tage, an denen Sophie von ihrer Schwester Bestätigung brauchte. Lori war die Einzige, die automatisch alles verstand, was sie betraf, rein auf der genetischen Ebene.

Im Eifer des Gefechts, als die Art, wie Jake sie behandelte, sie endlich zu der Entscheidung veranlasst hatte, ein bisschen Leben in die Bude zu bringen, hatte es ihr ein Gefühl der Stärke gegeben, Kalen und Jackie an ihrem Look arbeiten zu lassen. Aber für jemanden wie Sophie, die immer absolut zufrieden damit gewesen war, im Hintergrund zu bleiben, waren diese Frisur, dieses Make-up und diese Haltung ein großer Schritt.

Was, wenn sie ausgelacht würde?

Was, wenn Jake sie auslachte?

Sie würde sterben. Oh ja. Gleich hier, mitten am großen Tag von Chase und Chloe und vor dreihundert Leuten würde sie vor Scham vergehen und tot umfallen.

Lori kam näher und ging einmal ganz um Sophie herum, die in ihrem leuchtend rosa trägerlosen Satinkleid völlig still dastand. Sie war die letzte gewesen, die sich mit Chloe im Brautmodengeschäft getroffen hatte, um ihr Brautjungfernkleid auszusuchen. Obwohl es um einiges konservativer war als Loris Kleid, hatte Sophie bereits vergessen, wie schön der Satin ihre Kurven umschmeichelte. Es saß enger als alles, was sie sonst im Schrank hatte, so viel war sicher. Es war ein klassisches Filmstarkleid, hochgeschlitzt an einem Bein, wie das, in dem Marilyn Monroe „Happy Birthday, Mr. President“ sang. Ihr dunkles Haar war so geföhnt, dass es ihr unwahrscheinlich glänzend und weich über die Schultern fiel, bis knapp über die obere Rundung ihres Busens.

„Du siehst umwerfend aus, Soph“, sagte Lori endlich.

Sophie stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. „Gott sei Dank.“

„Aber“, fügte Lori mit einem leichten Stirnrunzeln hinzu, „du siehst gar nicht aus wie du selbst.“ Ihr Ausdruck verfinsterte sich. „Hat dich Kalen dazu überredet?“

Sophie schüttelte den Kopf in dem Bewusstsein, dass sie, wenn alles fürchterlich schiefging, nur sich selbst die Schuld daran geben könnte. „Das mit dem Make-up war meine Idee. Und auch die Frisur.“